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Komplexe Zahlen

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<strong>Komplexe</strong> <strong>Zahlen</strong><br />

Ein Student<br />

1. März 2013<br />

1 Körper<br />

Körper, hää? Der Körper ist nur ein Begriff der Analysis. Wir wollen und gleich mit dem Körper der<br />

komplexen <strong>Zahlen</strong> beschäftigen. Deswegen gucken wir erstmal, was das heißt:<br />

Ein Körper beinhaltet die <strong>Zahlen</strong> 0 und 1, ”besitzt”die ”Verknüpfungen, Addition und Multiplikation,<br />

diese sind assoziativ und kommutativ, und es gilt ein Distributivgesetz. Es gibt neutrale Elemente<br />

bezüglich Addition und Multiplikation, und genau so auch die jeweiligen Inversen.<br />

Das ist alles gar nicht so kompliziert. Wir können eine Menge von <strong>Zahlen</strong> betrachten, und herausfinden,<br />

ob sie ein Körper sind. Wichtig ist es, dass der Körper abgeschlossen ist. Das heißt, dass das Ergebnis<br />

einer Verknüpfung zweier Elemente auch Element des Körpers sein muss. Zum Beispiel kann die Menge<br />

{0,1} einen Körper darstellen! Bevor wir das testen, gucken wir mal, was unter dem neutralen Element<br />

und den Inversen zu verstehen ist:<br />

Ein neutrales Element bezieht sich auf eine Verknüpfung. Bei der Addition ist es die 0, bei der Multiplikation<br />

die 1. Wird ein beliebiges Körperelement mit dem neutralen Element verknüpft, ist das Ergebnis<br />

das Element selber. Eine beliebige Zahl +0 ist die Zahl selbst. Und eine beliebige Zahl, multipliziert<br />

mit 1? EBBE! :D<br />

Auch der Begriff des Inversen ist relativ einfach: Das Inverse eines Elementes bezüglich einer Verknüpfung<br />

ist das Element, das dafür sorgt, dass das Ergebnis der Verknüpfung das neutrale Element<br />

der Verknüpfung ist. Das additive Inverse (im Fall der ganzen, rationalen, reellen und komplexen <strong>Zahlen</strong>)<br />

zu 2? Ist also −2. Weil: 2 + (−2) = 0! Das multiplikative Inverse (im Fall der rationalen, reellen<br />

und komplexen <strong>Zahlen</strong>) zu 3? 1 3 . Weil 3 · 1<br />

3 = 1.<br />

In den Klammern seht ihr schon; additive Inverse bei natürlichen <strong>Zahlen</strong>? Fehlanzeige. Es gibt ja keine<br />

−2 in den natürlichen <strong>Zahlen</strong>. Ob sie jetzt bei 0 oder 1 anfangen (ist auch an der Uni unterschiedlich),<br />

ist egal. Die −2 kommt in dern natürlichen <strong>Zahlen</strong> nicht vor. Und beim multiplikativen Inversen? Gibt<br />

es die Zahl 1 3<br />

in den natürlichen oder ganzen <strong>Zahlen</strong>? Natürlich nicht. Die natürlichen und die ganzen<br />

<strong>Zahlen</strong> sind also schon mal keine Körper!<br />

Wie kommt es dann, dass man auf der Menge {0,1} einen Körper definieren kann? Genau; man muss<br />

richtig definieren:<br />

Neutrale Elemente: Addition: 0, Multiplikation: 1. check!<br />

0 + 0, 0 + 1, 1 + 0 sind ja noch klar, aber 1 + 1? Das wäre doch 2, oder nicht? Haben wir nicht, geht<br />

nicht! . . . Aber was wäre, wenn wir 1 + 1 = 0 definieren würden? Das löst auch gleich das Problem<br />

des additiven Inversen zu 1! −1 konnte es ja nicht sein. Jetzt ist 1 einfach zu sich selbst additiv invers!<br />

1 + 1 ergibt das neutrale Element der Addition. Und 0 + 0 ebenfalls. Die Addition hat also ihr neutrales<br />

Element, ist abgeschlossen, und alle Elemente besitzen Inverse. Kommutativ ist es auch. 0 + 1 und 1 + 0<br />

ergeben das gleiche! Assoziativ? Was heißt das überhaupt?<br />

Assoziativ heißt: ∀x, y, z ∈ K : (x + y) + z = x + (y + z)<br />

1


Im schlimmsten Fall, können wir das ausprobieren. Es gibt ja ”<br />

nur“8 Möglichkeiten:<br />

(0 + 0) + 0 = 0 + (0 + 0), (0 + 0) + 1 = 0 + (0 + 1), (0 + 1) + 0 = 0 + (1 + 0), (1 + 0) + 0 = 1 + (0 + 0)<br />

sind noch einfach. Die anderen untersuchen wir genauer:<br />

(0 + 1) + 1 ? = 0 + (1 + 1) → (0 + 1) + 1 = 1 + 1 = 0, 0 + (1 + 1) = 0 + 0 = 0 passt.<br />

(1 + 0) + 1 = 1 + (0 + 1) ist einfach.<br />

(1 + 1) + 0 = 1 + (1 + 0) ist fast das gleiche wie oben.<br />

(1 + 1) + 1 ? = 1 + (1 + 1) → (1 + 1) + 1 = 0 + 1 = 1, 1 + (1 + 1) = 1 + 0 = 1 passt.<br />

Die Addition ist also assoziativ. Als Übung könnt ihr ja prüfen, ob die Multiplikation auch assoziativ<br />

ist.<br />

Bei der Multiplikation ist alles wie gewohnt. Mit 0 mal nehmen, kommt auch 0 raus, und 1 · 1 = 1. Nun<br />

gibt es noch das Distributivgesetz. Dabei kommen beide Verknüpfungen vor:<br />

x · (y + z) ! = x · y + x · z.<br />

Auch das kann man leicht testen. Auf der Menge {0,1} kann man also einen Körper definieren! Und<br />

nicht nur darauf. Das lustige ist: Auf den Mengen bis 2,3,5,7,11,13,17,19,usw. (Primzahlen), also {0,1,2,},<br />

{0,1,2,3}, usw. kann man ebenfalls Körper definieren. Ihr könnt das selbst ausprobieren, indem ihr eine<br />

Multiplikations- und Additionstabelle aufstellt. Dabei darf in jeder Spalte und Zeile jede Zahl nur einmal<br />

vorkommen, wie bei Sudoku. ”<br />

Sudoku“hat auch der Professor gesagt ;)<br />

2 <strong>Zahlen</strong>mengen<br />

Welche bekannten <strong>Zahlen</strong>mengen sind jetzt Körper? Oben haben wir schon die natürlichen <strong>Zahlen</strong> ausgeschlossen<br />

(weder additives noch multiplikatives Inverses). Und die ganzen <strong>Zahlen</strong> (kein multiplikatives<br />

Inverses). Die rationalen <strong>Zahlen</strong> haben aber beides. Es handelt sich bei den rationalen <strong>Zahlen</strong> wirklich<br />

um einen Körper! Im Gegensatz zu den reellen <strong>Zahlen</strong> fehlen aber die Wurzeln und transzendente <strong>Zahlen</strong>,<br />

wie π oder e. Auf den rationalen <strong>Zahlen</strong> kann man die Gleichung x 2 = 2 nicht lösen. Setzt man als<br />

Grundmenge die rationalen <strong>Zahlen</strong> voraus, ist die Lösungsmenge leer!<br />

In den reellen <strong>Zahlen</strong> würde einfach ± √ 2 raus kommen. Gibt es denn eine Gleichung, die man in den<br />

reellen <strong>Zahlen</strong> nicht lösen kann? Ja. Vielleicht kennt ihr das schon aus der Schule: Aus negativen <strong>Zahlen</strong><br />

kann man keine Wurzel ziehen.<br />

Hier wird es jetzt interessant! Und manche von euch haben vielleicht schon eine Ahnung. Es geht<br />

um die imaginäre Zahl i. Sie hat folgende Eigenschaft: √ −1 = ±i<br />

Das ± ist wichtig: i 2 = −1 ist klar. Aber (−i) 2 = (−1) 2 · i 2 = i 2 = −1!<br />

Und damit können wir alle Wurzeln ziehen. √ −16 = √ −1 · √16<br />

= ±4i.<br />

Wenn man nun eine reelle Zahl und eine imaginäre zusammen tut, hat man eine komplexe Zahl. Diese<br />

wird meistens mit z abgekürzt und so geschrieben: z = a+ib, wobei a der Realteil und b der Imaginärteil<br />

der komplexen Zahl ist. a und b sind jeweils reelle <strong>Zahlen</strong>!<br />

Reelle <strong>Zahlen</strong> sind ja ganz einfach auf einem <strong>Zahlen</strong>strahl darstellbar. Und komplexe <strong>Zahlen</strong>? Nun,<br />

man braucht einfach eine Dimension mehr. Auf der einen Achse trägt man den Realteil auf, auf der<br />

anderen den Imaginärteil. Ich empfehle euch im Internet mal nach Addition und Multiplikation von<br />

komplexen <strong>Zahlen</strong> zu recherchieren. Ich kann euch das nicht gut aufmalen. Ich kann euch aber sagen,<br />

wie man Addition und Multiplikation geometrisch verstehen kann.<br />

Eine komplexe Zahl kann man sich also in einem 2-dimensionalen Koordinationsystem als ”<br />

Pfeil“, oder<br />

eher als Vektor darstellen. Bei der Addition zweier komplexer <strong>Zahlen</strong>, werden die Vektoren einfach ad-<br />

2


diert. Bei der Multiplikation wird der Betrag multipliziert und der Winkel von der x-Achse aus addiert.<br />

Ihr seht schon, ich kann euch das mit Worten sehr schlecht erklären. Deswegen solltet ihr ein bisschen<br />

recherchieren. Falls ihr dann noch Fragen habt, werd ich sie euch beantworten :)<br />

Ein komplexe Zahl kann man einfach als Paar darstellen: (a,b) hat jetzt die gleiche Aussage wie: a + ib.<br />

Damit kann man die Addition und die Multiplikation so aufschreiben:<br />

Addition: (a 1 , b 1 ) + (a 2 , b 2 ) = (a 1 + a 2 , b 1 + b 2 )<br />

Einfach komponentenweise: a 1 + ib 1 + a 2 + ib 2 = (a 1 + a 2 ) + i(b 1 + b 2 )<br />

Bei der Multiplikation ist das komplizierter:<br />

(a 1 + ib 1 ) · (a 2 + ib 2 ) = a 1 a 2 + a 1 ib 2 + ib 1 a 2 + i 2 b 1 b 2 = (a 1 a 2 − b 1 b 2 ) + i(a 1 b 2 + a 2 b 1 )<br />

Oder so: (a 1 , b 1 ) · (a 2 , b 2 ) = (a 1 a 2 − b 1 b 2 , a 1 b 2 + a 2 b 1 )<br />

3 Eulersche Formel<br />

Wenn man sich eine komplexe Zahl als Vektor vorstellt, hat man einen Winkel zwischen reeller Achse<br />

und Vektor. Diesen nennt man Argument. Mit dem Betrag (r), also der Länge des Vektors, und dem<br />

Winkel können wir mit Sinus und Cosinus den Realteil und den Imaginärteil darstellen:<br />

sin(ϕ) = Imaginärteil<br />

Betrag<br />

cos(ϕ) = Realteil<br />

Betrag<br />

Imaginärteil = sin(ϕ) · Betrag<br />

Realteil = cos(ϕ) · Betrag<br />

Wollen wir also die komplexe Zahl durch Betrag und Argument darstellen, sieht das so aus:<br />

z = a + ib = r · (cos(ϕ) + i sin(ϕ))<br />

Ihr werdet es nicht glauben, aber die folgende Formel ist richtig:<br />

r · (cos(ϕ) + i sin(ϕ)) = e iϕ<br />

Das wollen wir mit Hilfe der Taylorentwicklung überprüfen:<br />

e x = 1 + x + x2<br />

2 + x3<br />

3!<br />

+ x4<br />

4!<br />

+ . . .<br />

cos(x) = 1 − x2<br />

2 + x4<br />

4!<br />

− . . .<br />

sin(x) = x − x3<br />

3!<br />

+ x5<br />

5!<br />

− . . .<br />

Jetzt geht es los:<br />

e iϕ = 1 + iϕ + i2 ϕ 2<br />

2<br />

+ i3 ϕ 3<br />

3!<br />

+ i4 ϕ 4<br />

4!<br />

+ i5 ϕ 5<br />

5!<br />

+ . . .<br />

Sortieren:<br />

= 1 + i 2 ϕ2<br />

2!<br />

+ i 4 ϕ4<br />

4!<br />

+ · · · + iϕ + i 3 ϕ3<br />

3!<br />

+ i 5 ϕ5<br />

5!<br />

+ . . .<br />

(i 2 = −1, i 4 = 1, . . . , i 3 = −i, i 5 = i, . . . )<br />

= 1 − ϕ2<br />

2 + ϕ4<br />

4!<br />

− · · · + i(ϕ − ϕ3<br />

3!<br />

+ ϕ5<br />

5!<br />

− . . .<br />

= cos(ϕ) + i sin(ϕ)<br />

Schön, nicht wahr? ;)<br />

Wir werden in der Physik noch darauf zurück kommen. Wir werden nämlich Schwingungen, die ja<br />

eigentlich mit sin oder cos dargestellt werden, mit komplexen <strong>Zahlen</strong>, und sogar mit der e-Funktion<br />

darstellen! :)<br />

3

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