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Gruppe x: Die gebro¡enen S¡ri]en

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Schriftklassifikation<br />

<strong>Gruppe</strong> X: <strong>Die</strong> <strong>gebro¡<strong>en</strong><strong>en</strong></strong> <strong>S¡ri</strong>]<strong>en</strong><br />

Regeln für d<strong>en</strong> Satz gebroch<strong>en</strong>er Schrift<strong>en</strong><br />

Alle älter<strong>en</strong> Schrift<strong>en</strong> (nicht nur die gebroch<strong>en</strong><strong>en</strong>) biet<strong>en</strong> ein<br />

„langes“ und ein „rundes“ s. Das runde s steht nur am Ende eines<br />

Wortes oder Wortteils. Das ß ist eine Ligatur aus langem und<br />

rundem s, deshalb darf (bzw. muss) das ß am Ende eines Wortes<br />

oder Wortteils verw<strong>en</strong>det werd<strong>en</strong>. <strong>Die</strong> ss-Regeln der neu<strong>en</strong><br />

deutsch<strong>en</strong> Rechtschreibung sind für d<strong>en</strong> Satz gebroch<strong>en</strong>er Schrift<strong>en</strong><br />

nicht anw<strong>en</strong>dbar.<br />

Gebroch<strong>en</strong>e Schrift<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> meist mehrere Ligatur<strong>en</strong>. <strong>Die</strong>se sollt<strong>en</strong><br />

nach Möglichkeit eingesetzt werd<strong>en</strong>, jedoch nur, w<strong>en</strong>n die<br />

betreff<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Buchstab<strong>en</strong> zum selb<strong>en</strong> Worteil gehör<strong>en</strong>: Keine<br />

Ligatur<strong>en</strong> über Tr<strong>en</strong>nfug<strong>en</strong>! „st“ ist eine Ligatur, deshalb darf st<br />

nicht getr<strong>en</strong>nt werd<strong>en</strong>.<br />

Gebroch<strong>en</strong>e Schrift<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> meist nur ein<strong>en</strong> Schriftschnitt. Deshalb<br />

sind Sperrung und Unterstreichung als Möglichkeit der<br />

Auszeichnung zugelass<strong>en</strong>. Historisch wurd<strong>en</strong> oft fettere, aber<br />

stilistisch unpass<strong>en</strong>de Schrift<strong>en</strong> verw<strong>en</strong>det. Davon sollte abgeseh<strong>en</strong><br />

werd<strong>en</strong>. Versalsatz ist bei gebroch<strong>en</strong><strong>en</strong> Schrift<strong>en</strong> noch verbot<strong>en</strong>er als<br />

bei Antiqua, da völlig unlesbar.<br />

Gebroch<strong>en</strong>e Schrift<strong>en</strong> k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> ursprünglich keine akz<strong>en</strong>tuiert<strong>en</strong><br />

Buchstab<strong>en</strong>. Deshalb werd<strong>en</strong> Fremdwörter sowie fremdsprachige<br />

Zitate und Nam<strong>en</strong> traditionell in Antiqua gesetzt. Dabei ist auf eine<br />

harmonische Schriftmischung zu acht<strong>en</strong>: Idealerweise pass<strong>en</strong><br />

Mittelhöhe, Strichstärk<strong>en</strong> und Stil der Schrift<strong>en</strong> zusamm<strong>en</strong> (hier<br />

nicht).<br />

Beispiele<br />

© fiëé visuëlle<br />

Wa¡‰ube ≈ Wa¡-Stube<br />

Wa¡–tube ≈ Wa¡–-Tube<br />

Krei–sparka‹e daß<br />

ch ≠ ¡ fi ≠ fi ss ≠ ‹<br />

W<strong>en</strong>n ein Wort besonder–<br />

wi¡tig i‰, darf e– gesperrt<br />

werd<strong>en</strong>, aber in Maß<strong>en</strong>, bitte!<br />

UNLESBAR<br />

Wa– heißt fiëé?<br />

Geschichtlicher Überblick<br />

Johannes Gut<strong>en</strong>berg verw<strong>en</strong>det eine Textura-Type, die nach der zeitg<strong>en</strong>össisch<strong>en</strong> Buch-Handschrift geschnitt<strong>en</strong> ist. Sie hat<br />

ursprünglich keine Versali<strong>en</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Kunst des Buchdrucks breitet sich ras<strong>en</strong>d schnell aus. In Itali<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> aus karolingischer Minuskel und römisch<strong>en</strong><br />

Versali<strong>en</strong> die Antiqua und die Rundgotisch <strong>en</strong>twickelt. Beide werd<strong>en</strong> in Deutschland vor allem für die lateinisch<strong>en</strong> Texte der<br />

Humanist<strong>en</strong> verw<strong>en</strong>det. <strong>Die</strong> Rundgotisch gerät aber schnell in Vergess<strong>en</strong>heit.<br />

Ende des 15. Jahrhunderts <strong>en</strong>tsteht in Süddeutschland die Schwabacher. Sie bleibt vor allem in Bayern bis ins 19. Jahrhundert<br />

die beherrsch<strong>en</strong>de Buchschrift.<br />

Im 16. Jahrhundert wird von begabt<strong>en</strong> Schönschreibern die Fraktur <strong>en</strong>twickelt. Sie verbindet die Ideale der R<strong>en</strong>aissance mit<br />

barockem Form<strong>en</strong>drang. Sie löst außerhalb Süddeutschlands die Schwabacher als Buchschrift ab und hält sich bis ins 18.<br />

Jahrhundert. Aus der Fraktur <strong>en</strong>tsteht die Kanzleischrift, die allerdings als Buchschrift keine Bedeutung hat.<br />

Außerhalb Deutschlands werd<strong>en</strong> die gebroch<strong>en</strong><strong>en</strong> Schrift<strong>en</strong> immer w<strong>en</strong>iger verw<strong>en</strong>det. Im 20. Jahrhundert werd<strong>en</strong> sie als<br />

„deutsche Eig<strong>en</strong>heit“ von Nationalist<strong>en</strong> in Beschlag g<strong>en</strong>omm<strong>en</strong>. <strong>Die</strong> Nationalsozialist<strong>en</strong> fördern ihre Verw<strong>en</strong>dung zunächst;<br />

es werd<strong>en</strong> diverse „markige“ Variant<strong>en</strong> <strong>en</strong>twickelt, unter anderem „groteske“ (serif<strong>en</strong>lose) Fraktur<strong>en</strong>. Mitt<strong>en</strong> im Krieg werd<strong>en</strong><br />

die gebroch<strong>en</strong><strong>en</strong> Schrift<strong>en</strong> dann plötzlich verbot<strong>en</strong>, mit dem Argum<strong>en</strong>t, sie sei<strong>en</strong> von Jud<strong>en</strong> <strong>en</strong>tworf<strong>en</strong> word<strong>en</strong>.<br />

Nach dem Zweit<strong>en</strong> Weltkrieg könn<strong>en</strong> die gebroch<strong>en</strong><strong>en</strong> Schrift<strong>en</strong> nicht wieder so richtig Fuß fass<strong>en</strong>. Sie find<strong>en</strong> hauptsächlich<br />

dort Verw<strong>en</strong>dung, wo Tradition oder Seriosität signalisiert werd<strong>en</strong> soll<strong>en</strong> (Zeitung<strong>en</strong>, Bier und Wein, Gaststätt<strong>en</strong>). Aufgrund<br />

ihrer „Härte“ werd<strong>en</strong> gebroch<strong>en</strong>e Schrift<strong>en</strong> von Heavy-Metal-Bands verw<strong>en</strong>det. <strong>Die</strong>s und der Bezug auf ein mythisches<br />

Mittelalter begründet auch ihre Beliebtheit im dunkler<strong>en</strong> Bereich der Musik (Dark Wave, Death Metal…)


Schriftklassifikation © 2000 <strong>Gruppe</strong> X / fiëé visuëlle<br />

<strong>Gruppe</strong> X: Merkmale der <strong>gebro¡<strong>en</strong><strong>en</strong></strong> <strong>S¡ri</strong>]<strong>en</strong><br />

<strong>Gruppe</strong> Xa Xb Xc Xd Xe<br />

Name Gotisch Rundgotisch Schwabacher Fraktur Fraktur-Variant<strong>en</strong><br />

(Textura) (Rotunda)<br />

Wirkung gitterartig, <strong>en</strong>g, rund, ruhig, ländlich, gemütlich, elegant, stimmig, unterschiedlich<br />

hochstreb<strong>en</strong>d „modern“, breit breit, geschwung<strong>en</strong> teilw. schnörkelig<br />

Merkmale alle Rundung<strong>en</strong> ge- w<strong>en</strong>ig Brüche; Rundung<strong>en</strong> rund „Elefant<strong>en</strong>rüssel“; Sammelgruppe für<br />

broch<strong>en</strong>; würfelförmige gerade, runde oder mit Spitz<strong>en</strong> (zwei- gespalt<strong>en</strong>e Oberläng<strong>en</strong> nicht eindeutig zuzu-<br />

An- und Abstriche; schräge Endung<strong>en</strong> eckig); Querstrich bei d<strong>en</strong> Gemein<strong>en</strong>; ordn<strong>en</strong>de Schrift<strong>en</strong>;<br />

Versali<strong>en</strong> oft mit Haar- (keine Abstriche); beim g; besondere k wie l, x wie r; Kanzlei-, Kurr<strong>en</strong>t- und<br />

lini<strong>en</strong> und „Zähn<strong>en</strong>“ Form des H raut<strong>en</strong>förmige deutsche Schreibschrift<strong>en</strong><br />

verziert Abstriche<br />

Typische Buchstab<strong>en</strong> A, o P, o, n H!, S, g!, d A, M, I, h, k!, x! unterschiedlich<br />

Gebräuchliche Vertreter Fette Got., Goudy Text, Wallau, Alte Schwabacher, Fette Fraktur, Koch-Schrift, Rhapsody,<br />

Wilhelm-Klingspor-Got. Weiß-Rundgotisch Nürnberger Schwab. Unger-F., Z<strong>en</strong>t<strong>en</strong>ar-F. Claudius, Koch-Kurr<strong>en</strong>t<br />

Entstehung 14./15. Jhd. 15. Jhd. 15./16. Jhd. 16. Jhd. 14.–21. Jhd.<br />

Hauptsächliche Verbreitung Europa Südeuropa Süddeutschland Deutschland Europa, USA

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