19.11.2013 Aufrufe

Die Entwicklung der Chemiefaserverarbeitung in Wirkerei ... - Lenzing

Die Entwicklung der Chemiefaserverarbeitung in Wirkerei ... - Lenzing

Die Entwicklung der Chemiefaserverarbeitung in Wirkerei ... - Lenzing

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FOLGE 22 LENZINGER BERICHTE AUGUST 1966<br />

Textil<strong>in</strong>g.<br />

H. Kox, Leverkusen<br />

<strong>Die</strong> Geschichte <strong>der</strong> Verarbeitung von Chemiefasern <strong>in</strong> <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei ist von <strong>der</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Chemiefasern nicht zu trennen. Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Zwanzigerjahre g<strong>in</strong>g die Vervollkommnung<br />

<strong>der</strong> Viskose- und Kupferkunstseide und etwas später <strong>der</strong> Acetatkunstseide mit <strong>der</strong> fortschreitenden<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Kettenschär- und Kettenwirkmasch<strong>in</strong>en, <strong>der</strong> Gottonmasch<strong>in</strong>en und mit <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Färbe- und Ausrüstungstechnik für Ketten- und Rundwirkware Hand <strong>in</strong> Hand. Daher<br />

war den chemischen Fäden schon 1939 e<strong>in</strong> großer E<strong>in</strong>bruch <strong>in</strong> die Gebiete <strong>der</strong> Damenwäsche und Damenfe<strong>in</strong>strümpfe<br />

aus Naturseide und aus Baumwallflor gelungen.<br />

Als die Chemiefaser<strong>in</strong>dustrie etwa ab 1950 die auf Grund vorausgegangener Erf<strong>in</strong>dungsarbeiten von<br />

C Q r o t h er s und S c h 1 Q c k entstandenen endlosen synthetischen Fäden aus Polyamid <strong>der</strong> MQschen<strong>in</strong>dustrie<br />

<strong>in</strong> Europa zur Verfügung stellte, begann <strong>der</strong> steile Aufstieg, den die Maschen<strong>in</strong>dustrie,<br />

beson<strong>der</strong>s die Kettenstuhl<strong>in</strong>dustrie, <strong>in</strong> den letzten e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahrzehnten genommen hat. Wenn es<br />

auch zuerst die endlosen Chemiefäden waren, <strong>der</strong>en Auftreten den Emporstieg <strong>der</strong> <strong>Wirkerei</strong>- und<br />

Strickerei<strong>in</strong>dustrie beschleunigten, so haben aber doch auch die chemischen Sp<strong>in</strong>nfasern, die später<br />

QUf den Plan getreten waren, im letzten Jahrzehnt für das starke Wcchsen <strong>der</strong> Maschen<strong>in</strong>dustrie e<strong>in</strong>e<br />

nicht zu übersehende Bedeutung gehabt.<br />

E<strong>in</strong>en wichtigen Platz nahmen diese Fasern auf Zellulose- und ZellUlOSeQCetQtbQSiS aber schon <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Hälfte <strong>der</strong> Zwanzigerjahre e<strong>in</strong>, als sie, zusammen mit Baumwolle o<strong>der</strong> mit Wolle versponnen, es ermöglichten,<br />

beson<strong>der</strong>s gleichmäßige Garne zu sp<strong>in</strong>nen. <strong>Die</strong>se Vergleichmäßigung <strong>der</strong> Garne aus <strong>der</strong> Dreizyl<strong>in</strong><strong>der</strong>sp<strong>in</strong>nerei<br />

und <strong>der</strong> Kammgarnsp<strong>in</strong>nerei durch die Zusammenversp<strong>in</strong>nung <strong>der</strong> Naturrohstoffe<br />

mit den Chemiefasern mit ihrem günstigen Stapelbild war e<strong>in</strong> Fortschritt. <strong>der</strong>, durch die Chemiefasern<br />

geboten, sowohl von <strong>der</strong> Sp<strong>in</strong>nerei als auch von <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei gerne und <strong>in</strong> großem Umfang<br />

wahrgenommen worden ist.<br />

Past developments <strong>in</strong> the ffeld of man-made ffber process<strong>in</strong>g <strong>in</strong> knitt<strong>in</strong>g mills are closely related to<br />

the history of man-made fibers QS such. In the early twenties, progressive improvements of viscose<br />

and cuprammonium rayon - closely followed by those of acetate - were accompanied by advanc<strong>in</strong>g<br />

mo<strong>der</strong>nization of warp<strong>in</strong>g and warp knitt<strong>in</strong>g mcrch<strong>in</strong>ery and cotton mach<strong>in</strong>es, as well QS by<br />

Qdvances <strong>in</strong> dye<strong>in</strong>g and ffnish<strong>in</strong>g processes for Warp-knitted and circular-knitted articfes. Thanks to<br />

these developments, man-made fflaments were able to make consi<strong>der</strong>able <strong>in</strong>roads <strong>in</strong>to the l<strong>in</strong>gerie<br />

and ladies’ hosiery sectors previously dom<strong>in</strong>ated by silk and cotton, QS eorly QS irr 1939.<br />

The steep rise, however, which the knitt<strong>in</strong>g <strong>in</strong>dustry and, <strong>in</strong> particular, the warp knitt<strong>in</strong>g.sector took<br />

dur<strong>in</strong>g the past ten to fifteen years was <strong>in</strong>itiated by the <strong>in</strong>ventions of Carothers and Sehlack, thanks<br />

to which the man-made ffber <strong>in</strong>dustry was abfe to make avaifabfe to European knitters cont<strong>in</strong>uous<br />

synthetic Polyamide filoments, around 1950. Even though cont<strong>in</strong>uous fflaments were ffrst to accelerate<br />

the rise of the knitt<strong>in</strong>g <strong>in</strong>dustry, the subsequent advent of man-made staple has also contributed a<br />

substantial share to the consi<strong>der</strong>able growth of the knitt<strong>in</strong>g <strong>in</strong>dustry dur<strong>in</strong>g the past decade.<br />

As early as around 1925, however, these ffbers based on cellulose and cellulose acetate had assumed<br />

consi<strong>der</strong>able importante by impart<strong>in</strong>g high yarn regularity <strong>in</strong> blends with cotton or wool. This<br />

enhanced uniformity of yarns obta<strong>in</strong>ed <strong>in</strong> three cyl<strong>in</strong><strong>der</strong> sp<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g and worsted sp<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g by blend<strong>in</strong>g<br />

natura1 products with man-made fibers and mak<strong>in</strong>g use of the latter’s fQVOrQble staple diagram&<br />

represented an achievement on the part of the man-made ffber <strong>in</strong>dustry which has been cordially<br />

welcomed and widely taken QdVQntQge of by both Sp<strong>in</strong>ners and knitters.<br />

Wenn man e<strong>in</strong> Bild von <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemiefaserverarbeitung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Masdren<strong>in</strong>dustrie entwerfen<br />

will, dann wird unvermeidlich e<strong>in</strong> Abriß von<br />

<strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Chemiefaser überhaupt daraus.<br />

Mehr noch als sie das Bild <strong>der</strong> Weberei verän<strong>der</strong>ten,<br />

haben die Endlosfäden und Fasern die <strong>Wirkerei</strong> und<br />

Strickerei <strong>in</strong> entscheidendem Maß bee<strong>in</strong>flußt.<br />

<strong>Die</strong> Rohstoffe <strong>der</strong> <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei waren zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des Jahrhun<strong>der</strong>ts ausschließlich natürliche, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Hauptsache Wolle, Baumwolle und Naturseide. Auf<br />

diese klassischen Rohstoffe war das Herstellungsprogramm<br />

<strong>der</strong> <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei abgestimmt. Auch<br />

die Verbraucher waren <strong>in</strong> ihren Ansprüchen ganz und<br />

gar auf die klassischen Rohstoffe e<strong>in</strong>gestellt und akzeptierten<br />

selbstverständlich die nach heutigen Begrif-<br />

fen e<strong>in</strong>geschränkte Eleganz und die vielfach bescheidene<br />

Bequemlichkeit <strong>der</strong> Erzeugnisse. <strong>Die</strong> heute schon<br />

selbstverständliche For<strong>der</strong>ung nach Pflegeleichtheit<br />

bestand noch nicht. Der Verbraucher ertrug gelassen<br />

manche Unbequemlichkeit und Mühe beim Tragen<br />

und Pflegen se<strong>in</strong>er Bekleidungsstücke.<br />

Nun waren die Erf<strong>in</strong><strong>der</strong> und Produzenten <strong>der</strong> ersten<br />

Nitrozellulose-Kunstseide und später auch <strong>der</strong> Kupferkunstseide,<br />

Viskosekunstseide und Acetatkunstseide<br />

<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise von <strong>der</strong> Absicht geleitet, etwas<br />

,,Pflegeleichtes” - dieser Begriff konnte damals noch<br />

gar nicht entstehen - hervorzubr<strong>in</strong>gen. Sie hatten das<br />

Ziel, Endlosfäden herzustellen, die <strong>in</strong> Funktion und<br />

Aussehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong> könnten, die teure Naturseide<br />

zu ersetzen.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Chemiefasern ist <strong>in</strong> zwei Bahnen<br />

verlaufen. Zuerst kamen die Endlosfäden und später,<br />

aus dieser Richtung hervorgehend, die Sp<strong>in</strong>nfasern<br />

und Fasergesp<strong>in</strong>ste. Auch bei den Gesp<strong>in</strong>sten schwebte<br />

84


A UG UST 1966 LENZINGER<br />

BERICHTE FOLGE 22<br />

zunächst <strong>der</strong> Gedanke vor, die teure Naturseidenschappe,<br />

das Fasergarn aus naturseidenen E<strong>in</strong>zelfasern,<br />

nachzuahmen. Daraus hervorgehend entwickelte<br />

sich aber bald das Bestreben, Fasergarne nach dem<br />

Bild <strong>der</strong> Baumwolle und <strong>der</strong> Wolle herzustellen. Beide<br />

Ersche<strong>in</strong>ungsformen, die Endlosfäden und die Fasergarne,<br />

ersche<strong>in</strong>en heute unter dem Begriff ,,Chemiefasern”<br />

zusammengefaßt. Da beide Ersche<strong>in</strong>ungsformen<br />

für sehr verschiedene Verarbeitungstechniken<br />

und Fertigungserzeugnisse verwendet werden, liegt es<br />

nahe, die L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Endlosfäden und die L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong><br />

Fasergarne fn <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei getrennt aufzuzeichnen.<br />

Entsprechend dem gesteckten Ziel wurde die<br />

Kunstseide zunächst für Gebiete e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>in</strong> denen<br />

bisher Naturseide und fe<strong>in</strong>e Baumwollflors verarbeitet<br />

worden ‘waren. Das waren hauptsächlidr Kettenstuhlgewirke<br />

für Damenwäsche.<br />

Es gab natürlich im Anfang große Schwierigkeiten<br />

bei <strong>der</strong> Verarbeitung dieser seltsam glänzenden Garne,<br />

die dem Verarbeiter <strong>in</strong> Strängen angeliefert und die<br />

<strong>in</strong> Strangform genau wie Naturseide gefärbt wurden.<br />

Formbeständigkeit und Verschleißfestigkeit <strong>der</strong> ersten<br />

Kunstseidenerzeugnisse vom Kettenstuhl und von <strong>der</strong><br />

Bandwirkmasch<strong>in</strong>e waren nach heutigen Maßstäben<br />

absolut unbefriedigend. Schließlich konnte aber doch<br />

schon Anfang bis Mitte <strong>der</strong> Zwanzigerjahre <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kettenstuhlwirkerei aus Kupferkunstseide, Viskosekunstseide<br />

und etwas später auch aus Acetatkunst-<br />

Seide sehr ansehnliche seidige Ware hergestellt werden.<br />

<strong>Die</strong>se Stoffe wurden im Stück gefärbt - e<strong>in</strong>e<br />

Färbemethode, die bis dah<strong>in</strong> für Kettenstuhlware noch<br />

nicht allgeme<strong>in</strong> üblich war.<br />

<strong>Die</strong> neuen Kunstseidenfäden haben von Anfang an<br />

umwälzend gewirkt. Sie brachten nicht nur die Hersteller<br />

von Kettenwirkmasch<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Bewegung, son<strong>der</strong>n<br />

sie begannen auch die Färbung und Ausrüstung<br />

von Gewirkbahnen zu verän<strong>der</strong>n. Wq bisher Baumwollbahnen<br />

nur gebleicht o<strong>der</strong> schwarz gefärbt worden<br />

waren, begann nun <strong>der</strong> Vormarsch <strong>der</strong> modischen<br />

bunten Farben, denn die Textilien aus den neuen,<br />

glänzenden Endlosfäden verlangten nach leuchtenden<br />

Farben. Auf den Rundwirkmasch<strong>in</strong>en fand die Kunstseide,<br />

wie sie se<strong>in</strong>erzeit durchwegs hieß, ebenfalls<br />

E<strong>in</strong>gang. Das Garn wurde von Scheibenspulen auf<br />

Flaschenspulen, die anfangs aus Holz, später aus Metall<br />

bestanden, umgespult, was se<strong>in</strong>er Qualität nicht<br />

dienlich war, sodaß Ware ohne Fehler kaum erzeugt<br />

werden konnte. Wenn auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge Kunstseide<br />

auf Rundwirk- und Rundstrickmasch<strong>in</strong>en mit zuneh-<br />

mendem Erfolg verarbeitet wurde, so war es doch <strong>der</strong><br />

Kettenstuhl, (auf dem die endlosen Chemiegarne ihren<br />

Fortschritt am stärksten demonstrieren sollten.<br />

Der Aufstieg <strong>der</strong> Kettenstuhl<strong>in</strong>dustrie g<strong>in</strong>g mit dem<br />

qualitativen Vorwärtsschreiten <strong>der</strong> endlosen Kunstseidefäden<br />

Hand <strong>in</strong> Hand. Etwa um 1927 hatte die<br />

Qualität <strong>der</strong> Kettenstuhlware aus Kunstseide e<strong>in</strong>en<br />

Stand erreicht, <strong>der</strong> es gestattete, aus <strong>der</strong> Ware fabrikmäßig<br />

Wäsche herzustellen, wenn auch <strong>in</strong> jener Zeit<br />

noch bis zu 20 Fehler pro Stück ke<strong>in</strong>e Seltenheit waren<br />

und akzeptiert wurden, <strong>Die</strong> Qualität <strong>der</strong> Kunstseidengarne<br />

ließ damals wegen Flusen und sonstigen Unsauberkeiten<br />

ke<strong>in</strong>e höhere Geschw<strong>in</strong>digkeit <strong>der</strong> Kettenstühle<br />

als 180 bis 200 trs/m<strong>in</strong> zu.<br />

Noch 1930 wurde alle Kunstseide, die auf Kettenstühlen<br />

verarbeitet wurde, vom Strang o<strong>der</strong> Sp<strong>in</strong>nku-<br />

chen auf Scheibenspulen gewunden, Von hölzernen<br />

Schärgattern wurden die Scheibenspulen o<strong>der</strong> Randspulen<br />

abrollend auf von Hand angetriebene, hölzerne<br />

Schärrahmen geschärt. <strong>Die</strong> Kette wurde mit <strong>der</strong> Hand<br />

vom Schärhaspel auf den Baum gebäumt, genauso wie<br />

das seit Generationen mit den Baumwollgarnen geschehen<br />

war. <strong>Die</strong> Kettbäume waren durchgehend. Erst<br />

ab 1934 begann sich das Sehären auf Teilkettbäume -<br />

immer noch von Scheibenspulen - durchzusetzen. <strong>Die</strong><br />

Qualität <strong>der</strong> Kunstseide erlaubte noch immer ke<strong>in</strong>e<br />

nennenswerte Steigerung <strong>der</strong> Arbeitsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

<strong>der</strong> Kettenstühle, denn die Ware wurde noch immer ab<br />

Strang o<strong>der</strong> Sp<strong>in</strong>nkuchen auf Scheibenspulen gewunden,<br />

was e<strong>in</strong>e durchschlagende Verbesserung <strong>der</strong><br />

textilen Qualität und <strong>der</strong> Verarbeitung auf dem Stuhl<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>te.<br />

Etwa 1936 wurde von <strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>en<strong>in</strong>dustrie das<br />

bis dah<strong>in</strong> nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Baumwollweberei gebräuchliche<br />

Schärgatter zum Abzug über Kopf für das Abarbeiten<br />

von Kunstseide geeignet gemacht. Gleichzeitig wurden<br />

die Scheibenspulen beim Sehären durch konische<br />

Kreuzspulen ersetzt. Das ermöglichte e<strong>in</strong>e Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Tourenzahl <strong>der</strong> Kettenstühle, die bis 1936/38 auf<br />

ca. 400 bis 500 trslm<strong>in</strong> gebracht werden konnte. Das<br />

war für die damalige Zeit e<strong>in</strong>e gute Leistung. E<strong>in</strong>e<br />

weitere Erhöhung <strong>der</strong> Tourenzahl wäre zwecklos gewesen,<br />

da die zur Verfügung stehende Kunstseide<br />

h<strong>in</strong>sichtlich Flusenfreiheit nicht über den damaligen<br />

Stand h<strong>in</strong>auskam. Durch die relativ hohe Fehlerzahl<br />

im Gewirk wurde <strong>der</strong> Fortschritt, den die chemischen<br />

Fäden an sich gebracht hatten, noch gehemmt.<br />

<strong>Die</strong> Bemühungen <strong>der</strong> Kunstseidefabriken erstreckten<br />

sich <strong>in</strong> jener Zeit darauf, Spulensp<strong>in</strong>nverfahren und<br />

Zentrifugensp<strong>in</strong>nverfahren zu verbessern, um die Fäden<br />

so schonend wie möglich zu produzieren. Der<br />

Kettenstuhl<strong>in</strong>dustrie mußte Ware mit weniger Flusen<br />

und weniger Knoten zur Verfügung gestellt werden,<br />

damit die immer schneller laufenden Stühle möglichst<br />

ohne Stillstände produzieren und möglichst wirtschaftlich<br />

Stoffe mit möglichst wenigen Fehlern pro Stück<br />

herstellen konnten.<br />

Etwa 1950 waren kont<strong>in</strong>uierliche Sp<strong>in</strong>nverfahren<br />

entwickelt. Jetzt konnte direkt von <strong>der</strong> Sp<strong>in</strong>ndüse auf<br />

Teilkettbäume gesponnen werden. Das Ziel, das Kunstseidengarn<br />

ohne Berührung durch die menschliche<br />

Hand herzustellen, war erreicht. Beson<strong>der</strong>s die Kupferkunstseide<br />

wurde und wird auch heute noch <strong>in</strong> hoher<br />

Vollendung <strong>in</strong> dieser Aufmachungsform ‘angeboten.<br />

Nun konnte <strong>der</strong> Kettenstuhl se<strong>in</strong>e dem Webstuhl überlegene<br />

Produktionsgeschw<strong>in</strong>digkeit ausspielen. Mit<br />

1000 trs/m<strong>in</strong> produzierte man Anfang <strong>der</strong> Fünfzigerjahre<br />

Ware mit nur e<strong>in</strong>em Fehler auf 10 kg Material.<br />

<strong>Die</strong>se Produktivität des Kettenstuhles und das erreichte<br />

gute Qualitätsniveau hatten dazu geführt, daß<br />

1953 e<strong>in</strong> großer Teil des Bedarfs an Damenwäsche aus<br />

Kunstseide auf dem Kettenstuhl fabriziert wurde. E<strong>in</strong><br />

schöner Fortschritt <strong>der</strong> Chemiefäden und e<strong>in</strong> großer<br />

Erfolg <strong>der</strong> Kettenstuhl<strong>in</strong>dustrie!<br />

Aber das war erst <strong>der</strong> Anfang. Etwa 1952 kamen die<br />

synthetischen Endlosgarne auf den Markt. Zuerst aus<br />

USA, dann aber bald von europäischen Herstellern.<br />

<strong>Die</strong>se Polyamidfäden mit ihrer unglaublich hohen<br />

Reißkraft und Scheuerfestigkeit sowie ihrer ger<strong>in</strong>gen<br />

Wasseraufnahme eroberten <strong>in</strong> kurzer Zeit den Ketten-


FOLGE 22 LENZINGER BERICHTE AUGUST 1966<br />

Stuhl. Es entstand Wäsche, <strong>in</strong> Griff und Aussehen fe<strong>in</strong>seidig<br />

und gleichzeitig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Strapazierfähigkeit allem<br />

überlegen, was bisher angeboten worden war.<br />

Es ist schon immer <strong>der</strong> Traum <strong>der</strong> Kettenstuhlwirkerei<br />

gewesen, Hemdenstoffe zu machen. Auch aus Acetatseide,<br />

Kupferkunstseide und Viskosekunstseide<br />

hatte es schon <strong>in</strong> großen Mengen Hemden aus Kettenstuhlware<br />

gegeben, Aber das waren Produkte, die nur<br />

solange gut aussahen und paßten, als sie neu waren.<br />

Nach dem Waschen hatten sie <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> hohen Wasseraufnahme<br />

Aussehen und Form e<strong>in</strong>gebüßt. Nun aber<br />

entstanden <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit zwischen Chemiefaserhersteller,<br />

Wirker, E<strong>in</strong>lagenhersteller, Ausrüster<br />

und Konfektionär Hemdenstoffe bzw. Hemden aus<br />

Polyamidgarnen, die alle Fehler <strong>der</strong> alten Kunstseidenhemden,<br />

wie aufgerauhte Kragen und Instabilität<br />

<strong>der</strong> Form nach dem Waschen, nicht mehr aufwiesen,<br />

<strong>Die</strong>se Hemden aus Kettenstuhlstoff aus Polyamid waren<br />

mühelos zu waschen und <strong>in</strong> kürzester Zeit trocken.<br />

Das gleiche gilt auch für Blusen- und Kittelstoffe. Endlich<br />

war das Ziel erreicht, Stoffe für Hemden, Klei<strong>der</strong><br />

und Blusen nicht mehr nur weben, son<strong>der</strong>n außerordentlich<br />

wirtschaftlich auch wirken zu können, unter<br />

voller Ausnutzung <strong>der</strong> schnellen Kettenstühle mit<br />

ihrer überlegenen Produktivität. In kurzer Zeit stieg<br />

die Produktion an Kettenstuhlstoffen für Hemden,<br />

Blusen, Klei<strong>der</strong> und Freizeitkleidung so, daß sich zum<br />

Beispiel <strong>der</strong> Anteil an gewirkten Synthetikhemden am<br />

Gesamtverbrauch bis 1965 auf ca. 60 Prozent belief.<br />

Ohne die Verarbeitungsgüte und die überlegenen<br />

Eigenschaften <strong>der</strong> Polyamidfäden wäre <strong>der</strong> beispiellose<br />

Aufstieg <strong>der</strong> Kettenstuhl<strong>in</strong>dustrie auf dem Sektor<br />

<strong>der</strong> Hemden-, Blusen- und Klei<strong>der</strong>stoffe nicht möglich<br />

gewesen.<br />

In dieser Zeit entstanden aus endlosen Synthesefäden<br />

auch gewirkte Gard<strong>in</strong>enstoffe, die beständig gegen<br />

Sonnenlicht, leicht waschbar, rasch trocknend und<br />

bügelfrei waren. Auch dies war e<strong>in</strong>e umwälzende<br />

Neuerung. <strong>Die</strong> Gard<strong>in</strong>enstoffe aus Naturfasern verschwanden<br />

<strong>in</strong>nerhalb weniger Jahre fast gänzlich vom<br />

Markt. Heute s<strong>in</strong>d von den Gard<strong>in</strong>en aus Synthesefasern<br />

ca. 80 Prozent gewirkt.<br />

<strong>Die</strong> Fe<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Polyamidfäden versetzte die Kettenstuhl<strong>in</strong>dustrie<br />

auch <strong>in</strong> die Lage, auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

fe<strong>in</strong>en Damenwäsche e<strong>in</strong>e Steigerung <strong>der</strong> Qualität zu<br />

erreichen, die weit über das h<strong>in</strong>ausreichte, was mit den<br />

fe<strong>in</strong>titrigen Kupferseidegarnen möglich gewesen war.<br />

<strong>Die</strong> Wäscheerzeugnisse aus synthetischen Endlosfäden<br />

waren nun nicht nur seidig und von höchster Eleganz,<br />

sie waren auch <strong>in</strong> bisher nicht gekanntem Maße<br />

pflegeleicht und von unglaublicher Gebrauchstüchtigkeit.<br />

Das hat dazu geführt, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

heute 90 Prozent des Gesamtverbrauchs an Unterklei<strong>der</strong>n<br />

und e<strong>in</strong> hoher Prozentsatz an fe<strong>in</strong>er Damenwäsche<br />

aus Polyamidfäden hergestellt werden.<br />

Parallel zur Kettenstuhl<strong>in</strong>dustrie verlief das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen<br />

<strong>der</strong> Chemiefäden <strong>in</strong> die Strumpfwirkerei. Als<br />

schon seit Anfang <strong>der</strong> Zwanzigerjahre die Kupferkunstseidefäden<br />

und die Viskosefäden Baumwollflor und<br />

Naturseide weitgehend aus <strong>der</strong> Strumpfwirkerei verdrängt<br />

hatten, war das bereits e<strong>in</strong> großer Erfolg <strong>der</strong><br />

chemischen Endlosfäden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Wirkerei</strong>. <strong>Die</strong> grundsätzliche<br />

Umwälzung <strong>der</strong> Damenmode nach 1920, die<br />

erstmals <strong>in</strong> <strong>der</strong> modischen <strong>Entwicklung</strong>sgeschichte<br />

kurze Klei<strong>der</strong> und Röcke brachte und das Be<strong>in</strong> sichtbar<br />

werden ließ, wäre ohne die relativ preiswerten Kunstseidenstrümpfe<br />

nicht möglich gewesen.<br />

Aber diese Strümpfe aus Kunstseide waren noch unvollkommen.<br />

Sie brauchten lange zum Trocknen und<br />

sie mußten <strong>in</strong> nicht enden<strong>der</strong> Fron fortwährend gestopft<br />

werden. Es war daher geradezu e<strong>in</strong> Triumph, als<br />

etwa ab 1950 bis 1952 allmählich die Strümpfe aus<br />

Polyamidfäden den Markt besetzten. Der schnell trocknende,<br />

pflegeleichte und haltbare Strumpf war Wirk-<br />

Iichkeit geworden, und noch schneller als se<strong>in</strong>erzeit die<br />

Kunstseidenstrümpfe die naturseidenen und die baumwollenen<br />

Strümpfe verdrängt hatten, fegten jetzt die<br />

Polyamidstrümpfe die kunstseidenen vom Markt. Im<br />

Jahre 1964 bestanden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik 99 O/o aller<br />

Fe<strong>in</strong>strümpfe aus Polyamid.<br />

Während bei den Strümpfen <strong>der</strong> glatte Charakter <strong>der</strong><br />

synthetischen Fäden erwünscht ist, weil die Strümpfe<br />

so dünn wie möglich und praktisch ohne Volumen se<strong>in</strong><br />

sollen, ist <strong>der</strong> sehr glatte, nicht füllende synthetische<br />

Faden dagegen <strong>in</strong> vielen Fällen, zum Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Strickoberbekleidung, unbrauchbar. Das war ja mit e<strong>in</strong>e<br />

Ursache für den Erfolg des gewirkten Hemdes, daß aus<br />

den an sich glatten Fäden durch die Verlegungstechnik<br />

des Kettenstuhles e<strong>in</strong> strukturiertes Flächengebilde entsteht,<br />

das Luft e<strong>in</strong>schließt, Lichtbrechung und textiles<br />

Aussehen aufweist.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Weg, dem glatten synthetischen Faden<br />

Volumen, Lufte<strong>in</strong>schluß, Lichtbrechung und textiles<br />

Aussehen zu verleihen, ist die Texturierung. Uber die-<br />

ses Thema hat gestern bereits Herr Dr. Studt gesprochen.<br />

Hier soll nur gesagt werden, daß die synthetischen<br />

Endlosgarne nur auf dem Wege über die<br />

Texturierung geeignet s<strong>in</strong>d, zu solchen gestrickten<br />

o<strong>der</strong> gewebten Flächengebilden verarbeitet zu werden,<br />

die den natürlichen physiologischen und textilen An-<br />

for<strong>der</strong>ungen entsprechen.<br />

<strong>Die</strong> Texturierung, beson<strong>der</strong>s die am meisten angewandte<br />

Methode <strong>der</strong> fixierten Hochdrallgebung, war<br />

schon lange bekannt, aber erst mit dem Auftreten <strong>der</strong><br />

synthetischen Filamentgarne hat sie S<strong>in</strong>n und e<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung bekommen, die heute noch gar nicht <strong>in</strong><br />

ihrem vollen Umfang abzusehen ist. Man kann unbedenklich<br />

vorhersagen, daß das endlose Synthesegarn<br />

<strong>der</strong> Zukunft e<strong>in</strong> texturiertes Garn se<strong>in</strong> wird, denn die<br />

Verbraucher werden sich von den unvollkommeneren<br />

Produkten abwenden und die vollkommeneren bevorzugen,<br />

wenn diese erst e<strong>in</strong>mal bekannt geworden<br />

s<strong>in</strong>d. Das ist am Beispiel <strong>der</strong> gestrickten Oberbekleidung<br />

deutlich sichtbar. Pullover, Strickjacken und Strickklei<strong>der</strong><br />

wurden im Anfang aus glatten Endlosgarnen her-<br />

gestellt. <strong>Die</strong>se Erzeugnisse wurden <strong>in</strong> Ermangelung des<br />

Besseren zwar gekauft und getragen, aber sie waren<br />

häßlich glänzend, fast ohne Wärmehaltevermögen und<br />

untextil <strong>in</strong> Griff und Aussehen. Sie verschwanden bald<br />

wie<strong>der</strong> vom Markt, bis sich vor e<strong>in</strong>igen Jahren die<br />

endlosen texturierten Garne aus Polyamid, Polyester,<br />

Polyacrylnitril und Acetylzellulose <strong>in</strong> <strong>der</strong> Strickerei<br />

e<strong>in</strong>führten. Sie br<strong>in</strong>gen alles mit, was an Voraussetzungen<br />

für physiologisch brauchbare, textil aussehende<br />

und pflegeleichte Strickware gebraucht wird.<br />

<strong>Die</strong>se Strickwaren aus texturierten Endlosgarnen haben<br />

neben den genannten noch e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en<br />

Vorteil, nämlich, daß sie e<strong>in</strong> absolut gleichmäßiges,<br />

86


AUGUST 1966 LENZINGER BERICHTE FOLGE 22<br />

ruhiges Warenbild aufweisen, denn Ungleichmäßigkeiten,<br />

die bei fasergesponnenen Garnen unvermeidlich<br />

s<strong>in</strong>d, fehlen hier naturgemäß gänzlich. Noch haben die<br />

Strickwaren aus texturierten Endlosgarnen e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />

Wärmerückhaltevermögen als gleichkonstruierte<br />

Gestricke aus Sp<strong>in</strong>nfasergarnen, sodaß erstere bevorzugt<br />

für sommerliche Verwendung brauchbar s<strong>in</strong>d. Da<br />

das Wärmerückhaltevermögen hauptsächlich vom Lufte<strong>in</strong>schluß<br />

und von <strong>der</strong> möglichst großen Zahl <strong>der</strong> Luftkammern<br />

abhängig ist, bleibt es e<strong>in</strong>e Aufgabe für die<br />

Texturierungstechniker, fe<strong>in</strong>ere und zahlreichere Kräuselungen<br />

zu erzeugen, um die Luftkammern kle<strong>in</strong>er<br />

und zahlreicher zu machen und damit das Wärmerückhaltevermögen<br />

zu verbessern.<br />

Immerh<strong>in</strong> nehmen die texturierten synthetischen<br />

Filamente heute schon e<strong>in</strong>en gewichtigen Anteil auf<br />

dem Markt <strong>der</strong> gestrickten Oberbekleidung e<strong>in</strong> und<br />

haben e<strong>in</strong>en sichtbaren E<strong>in</strong>bruch <strong>in</strong> die E<strong>in</strong>satzgebiete<br />

<strong>der</strong> Gesp<strong>in</strong>stgarne erreicht. Ihr Anteil an <strong>der</strong> gestrickten<br />

Oberbekleidung und <strong>der</strong> wärmenden Wäsche wird<br />

schnell weiterwachsen.<br />

Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Verwendung<br />

von texturierten Endlosgarnen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Strickerei<br />

mit hochelastischen Kräuselgarnen für Herrensocken,<br />

Strumpfhosen und Badebekleidung begonnen hatte.<br />

68 O/o aller Herrensocken, e<strong>in</strong> großer Teil <strong>der</strong> gewirkten<br />

Badebekleidung und 85 O/O <strong>der</strong> Strumpfhosen werden<br />

heute aus texturierten synthetischen Garnen hergestellt.<br />

Ubrigens haben sich, ebenso wie bei den<br />

Damenstrümpfen, bei den Herrensocken aus synthetischen<br />

Kräuselgarnen die ursprünglich gehegten Bedenken<br />

wegen unzureichen<strong>der</strong> physiologischer Eigenschaften<br />

als unbegründet erwiesen, wie die Praxis<br />

zeigt.<br />

Wie gesagt, spielen die durch die Texturierung<br />

elastisch gemachten synthetischen Endlosgarne heute<br />

bei <strong>der</strong> Erzeugung von elastischen Textilien, wie<br />

Strümpfen, Socken, Badeanzügen, Skihosen, e<strong>in</strong>e hervorragende<br />

Rolle. Sie haben Möglichkeiten erschlossen,<br />

die früher selbst dem Gummi unerreichbar waren.<br />

Wie weit die <strong>Entwicklung</strong> auch über diesen Erfolg <strong>der</strong><br />

elastischen, texturierten Gummifäden h<strong>in</strong>ausgreifen<br />

wird, wird sich bald zeigen, denn schon stehen neue<br />

synthetische Garne <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> elastomeren Filamentgarne<br />

bereit, um immer weiterreichende For<strong>der</strong>ungen<br />

an die Dehnbarkeit und die Elastizität <strong>der</strong> Bekleidung<br />

zu erfüllen. <strong>Die</strong> neuen Polyurethangarne, elastisch<br />

durch die alternierende Anordnung weicher und starrer<br />

Segmente, haben e<strong>in</strong>e mehrfach höhere Dehnung<br />

und Rückstellkraft als die elastischen, texturierten<br />

synthetischen. Endlosgarne. Gummi übertreffen sie<br />

durch ihre bessere Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit gegen oxydative<br />

und chemische Angriffe und vor allem dadurch,<br />

daß sie multifil und <strong>in</strong> viel fe<strong>in</strong>eren Nummern als<br />

Gummifäden erzeugt werden können. Gleichgültig, ob<br />

die texturierten Garne weiterh<strong>in</strong> <strong>der</strong> Rohstoff für elastische<br />

Artikel se<strong>in</strong> werden, o<strong>der</strong> ob die elastomeren<br />

Polyurethanendlosfäden über sie h<strong>in</strong>ausgreifend auf<br />

breiter Front Rohmaterial für die immer stärker gefor<strong>der</strong>te<br />

dehnbare Bekleidung se<strong>in</strong> werden, e<strong>in</strong>es ist<br />

sicher: Es werden Chemiefäden se<strong>in</strong>, die es <strong>der</strong><br />

Maschen<strong>in</strong>dustrie ermöglichen werden, neue fortschrittlichere<br />

Erzeugnisse hervorzubr<strong>in</strong>gen und ihren<br />

Anteil an <strong>der</strong> Gesamtproduktion an Textilien auszuweiten.<br />

Maschenerzeugnisse, die von <strong>der</strong> Stricktechnik her<br />

elastisch s<strong>in</strong>d, brauchen zwar selten e<strong>in</strong>e zusätzliche<br />

. .<br />

Elastrzitat, sie bedürfen jedoch häufig e<strong>in</strong>er Stabilisierung<br />

des elastischen Zustands, das heißt e<strong>in</strong>er Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Rücksteilkräfte, um das gefürchtete Ausbeulen<br />

und Ausweiten <strong>der</strong> Wirk- und Strickwaren zu<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Dazu werden <strong>in</strong> immer größerem Umfang<br />

texturierte Endlosgarne o<strong>der</strong> elastomere Polyurethangarne<br />

herangezogen. <strong>Die</strong> Maschen<strong>in</strong>dustrie wird dadurch<br />

<strong>in</strong> die Lage versetzt, e<strong>in</strong>en unangenehmen<br />

Fehler mancher ihrer Erzeugnisse vermeiden zu können.<br />

Der Anteil an gestrickter o<strong>der</strong> gewirkter Bekleidung<br />

am Gesamtverbrauch wird dadurch noch weiter<br />

anwachsen.<br />

<strong>Die</strong> elastomeren Fäden, die zur Herstellung von elastischer<br />

Maschenware, wie Mie<strong>der</strong>stoffe von <strong>der</strong><br />

Rasche1 und von <strong>der</strong> Rundstrickmasch<strong>in</strong>e, elastische<br />

Spitzen, elastische Wäschestoffe, elastische Bündchen<br />

an Strick- und Wirkwaren, Socken und Strümpfe,<br />

benötigt werden, können übrigens nackt, umwunden<br />

o<strong>der</strong> umsponnen (corespun) e<strong>in</strong>gesetzt werden; vielseitige<br />

Verwendungsmöglichkeiten, die die Voraussetzung<br />

für e<strong>in</strong>en breiten E<strong>in</strong>satz se<strong>in</strong> werden!<br />

Wir haben bis jetzt von <strong>der</strong> großen, ja dom<strong>in</strong>ierenden<br />

Bedeutung gesprochen, die die Chemie-Endlosgarne<br />

auf den verschiedenen Gebieten <strong>der</strong> Maschen<strong>in</strong>dustrie<br />

gewonnen haben und auch davon, wie <strong>der</strong> Aufstieg<br />

<strong>der</strong> Maschen<strong>in</strong>dustrie im letzten Jahrzehnt unlöslich<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Chemiegarne verknüpft war.<br />

Aus <strong>der</strong> Herstellung <strong>der</strong> künstlichen Endlosgarne hat<br />

sich bekanntlich die Herstellung <strong>der</strong> sogenannten Stapelfasern<br />

und <strong>der</strong> Fasergarne entwickelt, und zwar<br />

später. Auch <strong>in</strong> <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei fanden Garne<br />

aus künstlichen Sp<strong>in</strong>nfasern erst später E<strong>in</strong>gang als<br />

die Filamentgarne. Es war nach 1926, als die ersten aus<br />

Viskosefasern gesponnenen Garne auf Rundstuhl und<br />

Rundstrickmasch<strong>in</strong>e zu Damen- und Herrenwäschestoffen<br />

verarbeitet wurden. <strong>Die</strong>se aus Viskosefasern<br />

gesponnenen Garne haben später überall da, wo die<br />

Baumwolle knapp war o<strong>der</strong> fehlte, bei <strong>der</strong> Garnversorgung<br />

<strong>der</strong> <strong>Wirkerei</strong><strong>in</strong>dustrie hervorragend ihren Mann<br />

gestanden. <strong>Die</strong> Wirker haben die Viskosefasergarne<br />

gerne verarbeitet, denn <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> absolut gleichen<br />

Stapellänge <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelfasern lassen sich Garne von<br />

höchster Gleichmäßigkeit und Re<strong>in</strong>heit daraus sp<strong>in</strong>nen,<br />

die e<strong>in</strong>e völlig glatte Verarbeitung auf allen Rundstrick-<br />

und Rundwirkmasch<strong>in</strong>en zulassen. <strong>Die</strong> Fasergarne,<br />

zu 100 O/o re<strong>in</strong> aus Viskose- und später auch aus<br />

Kupfersp<strong>in</strong>nfaser, haben viele Jahre e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Rolle bei <strong>der</strong> Erzeugung von Herren- und Damenwäsche,<br />

Strümpfen und Socken gespielt, und wir haben<br />

Zeiten erlebt, <strong>in</strong> denen die <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei<br />

ohne diese Chemiefasergarne am Ende gewesen wäre.<br />

Aber nicht nur <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>verarbeitung, auch <strong>in</strong> Mischung<br />

mit den Naturfasern Baumwolle o<strong>der</strong> Wolle<br />

erlangte die Sp<strong>in</strong>nfaser auf Zellulosebasis bald große<br />

Bedeutung. <strong>Die</strong> bei den Naturfasern unbekannte<br />

Gleichmäßigkeit <strong>der</strong> Stapellänge führte die Kammgarnsp<strong>in</strong>ner,<br />

Baumwoll- und Streichgarnsp<strong>in</strong>ner dazu, durch<br />

Mitverwendung bzw. Beimischung <strong>der</strong> künstlichen<br />

Sp<strong>in</strong>nfasern zu den Naturfasern e<strong>in</strong>e Vergleichmäßigung<br />

des Garnausfalles zu erzielen, <strong>Die</strong>se Mischgarne<br />

87


FOLGE 22 LENZINGER BERICHTE AUGUST 196U<br />

--. -~<br />

aus Baumwolle o<strong>der</strong> Wolle mit Zellulosesp<strong>in</strong>nfasern<br />

waren nicht nur gleichmäßiger, son<strong>der</strong>n es war auch<br />

möglich, sie unter Verwendung preiswerterer Naturrohstoffe<br />

zu sp<strong>in</strong>nen, sodaß die künstlichen Fasern<br />

Ausgangspunkt für bessere und preiswertere Garne<br />

bei unverän<strong>der</strong>t hoher Gebrauchstüchtigkeit waren.<br />

Im ganzen gesehen ist aber die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Garne<br />

aus künstlichen Sp<strong>in</strong>nfasern <strong>in</strong> <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei<br />

zunächst weniger attraktiv verlaufen als die <strong>der</strong> endlosen<br />

Chemiegarne. Während diese <strong>in</strong> Wäsche und<br />

Strumpf schon relativ früh Gebiete gefunden hatten,<br />

auf denen sie ihre neuartigen Vorzüge zeigen konnten,<br />

hatte sich für die Gesp<strong>in</strong>ste aus Chemie-Sp<strong>in</strong>nfasern<br />

ke<strong>in</strong> gewirkter o<strong>der</strong> gestrickter Artikel gefunden, mit<br />

dem sie sich als Neuentwicklung überzeugend hätten<br />

darstellen können. Für die Chemiefasergarne kam dieser<br />

Zeitpunkt erst, als die synthetischen Fasern auf den<br />

Plan traten. Man muß auch hier vor Augen haben, daß<br />

die gewirkten und gestrickten Erzeugnisse aus Zellulosefasern<br />

zwar schön und gleichmäßig, aber <strong>in</strong>folge<br />

ihrer hohen Wasseraufnahme; ihrer niedrigen Naßscheuerfestigkeit<br />

überaus anfällig gegen Formverän<strong>der</strong>ung<br />

beim Waschen, gegen Durchscheuerung und wegen<br />

ihrer langwierigen Trocknung unangenehm zu<br />

handhaben waren. Mit dem Ersche<strong>in</strong>en <strong>der</strong> synthetischen<br />

Gesp<strong>in</strong>stfasern erhielt das alles mit e<strong>in</strong>em Mal<br />

e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Aspekt, Zunächst erschienen schon vor<br />

1950 die Polyamidsp<strong>in</strong>nfasern, aus denen Garne gesponnen<br />

werden konnten, <strong>der</strong>en Reiß- und Scheuerfestigkeiten<br />

trocken und naß praktisch gleichhoch waren.<br />

Ihre nie<strong>der</strong>e Wasseraufnahme ermöglichte kürzeste<br />

Trodcnungszeit nach <strong>der</strong> Wäsche. Damit ließen sich<br />

Wäsche, Strümpfe und Strumpfverstärkungen herstellen,<br />

die <strong>in</strong> ihrer Gebrauchstüchtigkeit, vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Naßscheuerfestigkeit alles <strong>in</strong> den Schatten stellten,<br />

was bis dah<strong>in</strong> aus Naturfasern und aus künstlichen<br />

Zellulosefasern gemacht worden war. <strong>Die</strong> Polyamidfasergarne<br />

bzw. Mischgarne wurden sofort nach ihrem<br />

Ersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> größtem Umfang zur Verstärkung <strong>der</strong><br />

verschleißempf<strong>in</strong>dlichen Stellen an den Herrensocken<br />

und Strümpfen e<strong>in</strong>gesetzt, sodaß sehr bald e<strong>in</strong> Socken<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Strumpf, <strong>der</strong> nicht als mit Perlon o<strong>der</strong> Nylon<br />

verstärkt deklariert war, unverkäuflich wurde. <strong>Die</strong><br />

polyamidverstärkten Socken s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ganz großen<br />

Fortschritte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bekleidung überhaupt gewesen.<br />

<strong>Die</strong> Sockenstrickerei und auch die Rundstrickerei s<strong>in</strong>d<br />

erst durch die Polyamidfasern <strong>in</strong> die Lage gekommen,<br />

Produkte zu erzeugen, die den mo<strong>der</strong>nen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

gerecht werden.<br />

1953154 begannen <strong>in</strong> Europa die Polyacrylnitrilfasern<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung zu treten, Während die Polyamidfasern<br />

glatte Fasern von ger<strong>in</strong>gem Standvermögen<br />

waren, zeigten sich die Polyacrylnitrilfasern als ausgesprochen<br />

wollig, kräftig gekräuselt, volum<strong>in</strong>ös und<br />

weich. Sie ließen sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kammgarnsp<strong>in</strong>nerei,<br />

Baumwallsp<strong>in</strong>nerei und Streichgarnsp<strong>in</strong>nerei auf den<br />

vorhandenen Sp<strong>in</strong>naggregaten versp<strong>in</strong>nen, und es ergaben<br />

sich gleichmäßige, wollige Garne. <strong>Die</strong>se Garne<br />

konnten mit basischen Farbstoffen leuchtend wie<br />

Wolle, aber <strong>in</strong> vielen Fällen mit besseren Echtheiten<br />

gefärbt werden,<br />

<strong>Die</strong> Strickerei war nun <strong>in</strong> die Lage versetzt, absolut<br />

wollartige Strickwaren mit neuen Pflegeeigenschaften<br />

herzustellen, wie<br />

leichteste Wäsche<br />

schnelle Trocknung<br />

völlige Filzfreiheit und Formbeständigkeit<br />

leuchtende Farben bei höchster Echtheit<br />

hervorragendes<br />

Wärmerückhaltevermögen.<br />

Rundstrickerei und Flachstrickerei bedienten sich<br />

<strong>der</strong> neuen Garne, die sowohl im Stück als auch im<br />

Strang gefärbt wurden. Beson<strong>der</strong>s für die Flachstrickerei<br />

war aber das Garn aus Polyacrylnitrilfasern e<strong>in</strong><br />

anziehen<strong>der</strong> Rohstoff, den sie mit voller Intensität ergriff<br />

und <strong>in</strong> wenigen Jahren <strong>in</strong> größtem Umfang zu<br />

Damen- und Mädchenstrickwaren sowie zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und<br />

Babystricksachen verarbeitete. Im Sommer 1965 waren<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland bereits 39 O/o des<br />

Gesamtverbrauchs an Strickwaren für Damen und<br />

Mädchen Polyacrylnitrilgarne. <strong>Die</strong> Wolle bediente <strong>in</strong><br />

dieser Zeit noch 43 O/o des Gesamtverbrauchs. An<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>strickwaren wurden zum gleichen Zeitpunkt<br />

42 O/. des Gesamtverbrauchs aus Polyacrylnitrilgarnen<br />

hergestellt.<br />

Den Vorstellungen <strong>der</strong> Strickerei vom volum<strong>in</strong>ösen<br />

Ausfall <strong>der</strong> Strickwaren kam die von den Polyacrylnitrilfasern<br />

gebotene Möglichkeit, ,,high-bulk”-Garne<br />

herzustellen, <strong>in</strong> höchstem Maße entgegen. In <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik und <strong>in</strong> Europa haben die Farbenfabriken<br />

Bayer diese Garne, die durch Zusammenversp<strong>in</strong>nung<br />

von 40 O/o sehrumpffähiger Faser und 60 O/O ausgeschrumpfter<br />

Faser erzeugt werden, von Anfang an<br />

unter dem Begriff ,,Hochbausch” e<strong>in</strong>geführt und weith<strong>in</strong><br />

bekannt gemacht. <strong>Die</strong> Bauschung erfolgt im Strang<br />

durch Dampfe<strong>in</strong>wirkung o<strong>der</strong> direkt <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit <strong>der</strong> Färbung, gelegentlich auch im Stück.<br />

Selten hat die Strickerei, beson<strong>der</strong>s die Flacbstrickerei,<br />

e<strong>in</strong>e so bedeutsame Verän<strong>der</strong>ung ihrer Rohstoffbasis<br />

erfahren, wie dies mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> glatten<br />

und <strong>der</strong> gebauschten Garne aus Polyacrylnitril geschehen<br />

ist. <strong>Die</strong>se grundlegende Strukturän<strong>der</strong>ung ist nicht<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Folge modischer E<strong>in</strong>wirkungstendenzen<br />

gewesen, als vielmehr e<strong>in</strong>e Folge <strong>der</strong> Tatsache,<br />

daß <strong>der</strong> Verbraucher die echten Vorteile <strong>der</strong> Strickwaren<br />

aus Polyacrylnitrilfasern bestätigt gefunden hat<br />

und nun diese bewährten Eigenschaften immer wie<strong>der</strong><br />

nachkauft und dadurch für sie weiterwirbt.<br />

Das alles gilt nun nicht nur für Strikwaren aus re<strong>in</strong>en<br />

Synthetikgarnen. Man hat auch schon frühzeitig<br />

die neuen Eigenschaften <strong>der</strong> Synthetics mit den bewährten<br />

Eigenschaften <strong>der</strong> Wolle verbunden. Mischkammgarnzwirne<br />

aus Polyacrylnitrilfaser mit Wolle<br />

und Polyv<strong>in</strong>ylchloridfaser mit Wolle werden <strong>in</strong> großem<br />

Umfang <strong>in</strong> <strong>der</strong> Flachstrickerei verarbeitet. In <strong>der</strong> Jerseyfabrikation<br />

werden auf Raschel, Rundstuhl und<br />

Rundstrickmasch<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>fachgarne aus Polyacrylnitrilfaser/Wolle,<br />

Polyesterfaser/Wolle und Polyv<strong>in</strong>ylchloridfaseriWolle<br />

verarbeitet. <strong>Die</strong>se Jerseystoffe<br />

können kammzuggefärbt und stückgefärbt gearbeitet<br />

werden und zeichnen sich durch sehr gute Waschbarkeit,<br />

Filzfreiheit und Formbeständigkeit aus. Bei e<strong>in</strong>em<br />

Mischungsverhältnis 55 O/o synthetische Faser/45 O/o<br />

Wolle ist weitgehende Filzfreiheit gegeben. Beim<br />

Mischungsverhältnis 65 bis 75 O/o synthetische Faser<br />

und 35 bis 25 O/o Wolle wird absolute Waschmasch<strong>in</strong>enfestigkeit<br />

erreicht. E<strong>in</strong>e hochwertige Spezialität s<strong>in</strong>d<br />

Mischungen aus Polyacrylnitrilfasern mit Alpaka, Mo-<br />

88


A UG UST 1966 LENZINGER BERICHTE FOLGE 22<br />

- ~-<br />

hair, Kaschmir und Kamelhaar. In <strong>der</strong> Mischung mit<br />

synthetischen Fasern werden diese edlen Rohstoffe <strong>in</strong><br />

ihrer Gebrauchstüchtigkeit so gesteigert, daß sie vom<br />

Luxusartikel zu e<strong>in</strong>em wahren Gebrauchsartikel gewandelt<br />

werden.<br />

Aber nicht nur für Strickoberbekleidung, auch für<br />

wärmende Damen- und Herrenwäsche wurden die<br />

Garne aus Polyamidfasern, Acrylfasern und Polyv<strong>in</strong>ylchloridfasern<br />

mit Erfolg verwendet. <strong>Die</strong>se Wäsche hat<br />

e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s gutes Wärmehaltevermögen. Rheumaleidende<br />

berichten, daß Wäsche aus Polyacrylnitrilfasern<br />

und Polyv<strong>in</strong>ylchloridfasern e<strong>in</strong>en ausgesprochen<br />

l<strong>in</strong><strong>der</strong>nden Effekt habe. Sie ist gleichzeitig leicht und<br />

nicht auftragend. Durchgesetzt hat sie sich wegen ihrer<br />

leichten Waschbarkeit, schnellen Trocknung und guten<br />

Formbeständigkeit beim Waschen. Auch Mischungen<br />

synthetischer Fasern mit Wolle o<strong>der</strong> Zellwolle verhalten<br />

sich günstig. In physiologischer H<strong>in</strong>sicht hat sich<br />

Wäsche aus synthetischen Fasergarnen als e<strong>in</strong>wandfrei<br />

erwiesen.<br />

Ich habe versucht, unter Verwendung e<strong>in</strong>iger Rem<strong>in</strong>iszenzen,<br />

die heute schon historisch s<strong>in</strong>d, Akzente auf<br />

den Fluß <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemiefaserverarbeitung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Maschen<strong>in</strong>dustrie zu setzen. <strong>Die</strong> Maschen<strong>in</strong>dustrie<br />

wendet sich <strong>in</strong> immer noch wachsen<strong>der</strong><br />

Entschiedenheit <strong>der</strong> Verarbeitung von synthetischen<br />

Filament- und Sp<strong>in</strong>nfasergarnen zu, und die Beispiele<br />

zeigen, daß die <strong>Wirkerei</strong> und Strickerei durch die<br />

Chemiefasern seit <strong>der</strong>en Ersche<strong>in</strong>en entscheidende<br />

Impulse empfangen haben, die sie befähigen, qualitativ<br />

und wirtschaftlich <strong>in</strong> unaufhaltsamem Fortschritt zu<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Diskussion<br />

Dipl.-Ing. Keller: Ich hätte folgende Frage: Bisher hat man<br />

<strong>der</strong> Maschenware immer vorgehalten, daß sie nicht formstabil<br />

sei. Wieweit kann die Chemiefaser <strong>in</strong> ihren verscbiedenen,<br />

jetzt mo<strong>der</strong>n gewordenen Formen zur FläChen- und<br />

Formstabilität von Wirk- o<strong>der</strong> Strickwaren beitragen und wie<br />

weit kann dadurch für Maschenwaren e<strong>in</strong> neues Feld <strong>in</strong> den<br />

E<strong>in</strong>satzgebieten, die bisher Geweben vorbehalten waren, gefunden<br />

werden?<br />

Text.-Ing. Kox: Das ist gerade <strong>der</strong> Fortschritt, <strong>der</strong> dur& die<br />

Synthesefasern <strong>in</strong> die Strickerei und <strong>Wirkerei</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>getragen<br />

worden ist, daß sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, uns die bisher fehlende<br />

Formbeständigkeit zu br<strong>in</strong>gen. Da diese Fasern fast nicht<br />

quellen, gerade aber durch die Quellung bei den bisherigen<br />

Strickwaren aus Baumwolle, Regeneratzellulosefasern und<br />

an<strong>der</strong>en die Form<strong>in</strong>stabilität verursacht wurde, s<strong>in</strong>d wir nun<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, formstabile Materialien herzustellen, wie Sie<br />

dies am Beispiel des gewirkten Hemdes sehen.<br />

Kreidler: Ich glaube, Sie haben die Frage von Herrn Dipl.-<br />

Ing. Keller nicht ganz entsprechend beantwortet, wenigstens<br />

nicht so, wie ich sie verstanden habe. Er fragte nämlich, ob<br />

die Chemiefasern zusammen mit neuen Techniken <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wirkerei</strong> e<strong>in</strong>e Ware mit gleicher Formstabilität, wie wir sie<br />

vom Gewebe her kennen, ergeben könnten. Es ist doch heute<br />

immer noch so, daß die Formbeständigkeit sogar bei den<br />

kettengewirkten Hemdenstoffen nicht <strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Gewebes entspricht.<br />

Text.-Ing. Kox: Ich glaube, so weit s<strong>in</strong>d wir noch nicht. Nach<br />

me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung ist die Formbeständigkeit vor allem durch<br />

die Eigenschaften <strong>der</strong> neuen Fasern bed<strong>in</strong>gt und beruht weniger<br />

auf <strong>der</strong> Anwendung neuer Techniken. Hier könnte höchstens<br />

die blockierte Maschenlegung, die bei den gewirkten<br />

Hemdenstoffen neu angewendet wurde, erwähnt werden. <strong>Die</strong><br />

Knitterfreiheit und Formbeständigkeit <strong>der</strong> Wirkwaren wird<br />

jedoch <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie durch die ger<strong>in</strong>ge Quellung <strong>der</strong> synthetischen<br />

Fasern bewirkt.<br />

Dr. Herion: Sie sagten, daß man texturierte Garne mit höherer<br />

Kräuselung herstellen müsse, um beispielsweise das<br />

Warmhaltevermögen zu erhöhen, Ich wollte nun fragen, ob<br />

schon versucht wurde, Hohlfäden zu texturieren, beziehungsweise<br />

mit welchem Ergebnis.<br />

Text.-Ing. Kox: Darüber ist mir nichts bekannt. Wir haben<br />

nur an gleichschweren und gleichkonstruierten Strickwaren<br />

aus Wolle, Zellwolle und Baumwolle, also aus Stapelfasergarnen,<br />

und im Vergleich dazu an Strickwaren aus texturierten<br />

Garnen die Wärmerückhaltung sehr genau gemessen,<br />

wobei wir fanden, daß Waren aus Texturgarnen e<strong>in</strong> wesentlich<br />

ger<strong>in</strong>geres Wärmerückhaltevermögen hatten. Me<strong>in</strong>es Erachtens<br />

könnte hier e<strong>in</strong>e Verbesserung erzielt werden, wenn<br />

man texturierte Garne mit e<strong>in</strong>er höheren Kräuselbogenzahl<br />

pro Maße<strong>in</strong>heit hätte, sodaß durch kle<strong>in</strong>ere und zahlreichere<br />

Luftkammern im Gestricke e<strong>in</strong>e bessere Isolierung erreichbar<br />

wäre.<br />

Professor Dr. Köb: Es wäre jedenfalls nicht e<strong>in</strong>fach, bei e<strong>in</strong>er<br />

Hohlfaser während des Texturierprozesses den Querschnitt<br />

zu erhalten, zum<strong>in</strong>dest nicht beim Falschdrahtverfahren, eventuell<br />

bei e<strong>in</strong>er Stauchkräuselung o<strong>der</strong> bei e<strong>in</strong>em Hochbauschgarn,<br />

<strong>in</strong> welchem man die Hohlfaser als nichtsehrumpfende<br />

Komponente e<strong>in</strong>setzen könnte. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d Hohlfasern<br />

heute noch kaum auf dem Markt, da ihre Herstellung schwierig<br />

ist und die Kosten ziemlich hoch s<strong>in</strong>d. Mir ist jedenfalls<br />

noch ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong> größerem Maßstab erprobte Hohlfaser bekannt.<br />

Dr. Laub: Sie haben <strong>in</strong> rückblicken<strong>der</strong> Betrachtung ausgeführt,<br />

welche Vorteile die synthetischen Fasern dem Stricker<br />

und Wirker bieten. Ich würde Sie gerne um Ihre Me<strong>in</strong>ung<br />

fragen, welche For<strong>der</strong>ungen im H<strong>in</strong>blick auf die Zukunft vom<br />

Wirker und Stricker an die Synthesefasern etwa bezüglich<br />

<strong>der</strong> physikalischen Daten, wie Dehnung, Festigkeit und Elastizitätsmodul,<br />

zu stellen s<strong>in</strong>d.<br />

Text.-Ing. Kox: Dazu möchte ich sagen, daß aus <strong>der</strong> Strickerei<br />

noch ke<strong>in</strong>e Wünsche <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht kommen, da man im<br />

E<strong>in</strong>satz dieser neuen Garne noch am Beg<strong>in</strong>n steht und mehr<br />

nach modischen Effekten, wie beispielsweise mit trilobalen<br />

Fäden o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen, trachtet. Es wäre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen<br />

vorstellbar, daß e<strong>in</strong>e Faser noch kochbeständiger o<strong>der</strong> fester<br />

se<strong>in</strong> könnte, doch im allgeme<strong>in</strong>en ist man mit den gegebenen<br />

Eigenschaften zufrieden. Wichtig ist die ger<strong>in</strong>ge Quellfähigkeit<br />

all dieser synthetischen Garne, denn dadurch wird <strong>der</strong><br />

entscheidende Fortschritt erzielt.<br />

Dr. Laub: Vielleicht darf ich me<strong>in</strong>e Frage noch durch e<strong>in</strong>e<br />

etwas spezieller gefaßte ergänzen. Es wurde gesagt, daß <strong>der</strong><br />

Stabilität des entstandenen Maschengewebes e<strong>in</strong>e erhebliche<br />

Bedeutung zukommt und daß sie auch beim heutigen Stand<br />

im Pr<strong>in</strong>zip noch nicht ganz ausreichend sei. Glauben Sie, daß<br />

nun Fasern mit e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>s hohen Elastizitätsmodul diesen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen besser gerecht werden könnten o<strong>der</strong> ist<br />

diese Uberlegung aus Ihrer Perspektive nicht richtig?<br />

Text.-Ing. Kox: Wie groß hier die Wirkung des Elastizitätsmoduls<br />

ist, möchte ich nicht entscheiden. Wichtig ist natürlich<br />

die Stricktechnik, denn das Ausbeulen und Ausweiten ist e<strong>in</strong><br />

traditioneller Fehler <strong>der</strong> Strickwaren und hängt nicht mit dem<br />

89


FOLGE 22 LENZINGER BERICHTE AUGUST 15’66<br />

E<strong>in</strong>satz von Synthesegarnen zusammen. Um das zu beheben,<br />

bedarf es e<strong>in</strong>er Verstärkung. Früher hat man es mit Gummifäden<br />

versucht, die sich allerd<strong>in</strong>gs nicht bewährten. Heute<br />

verwendet man für diesen Zweck texturierte o<strong>der</strong> elastomere<br />

Fäden.<br />

Dr. Laub: Ich würde noch gerne e<strong>in</strong>e Frage, die sich auf die<br />

Garnsp<strong>in</strong>nerei bezieht, stellen. Bei Naturfasern ist die Garnsp<strong>in</strong>nerei<br />

erfor<strong>der</strong>lich, da es sich großteils um Stapelfasern<br />

handelt. Bei den Chemiefasern, die vom Herstellungsprozeß<br />

aus endlos wären, beschreitet man nun e<strong>in</strong>en Umweg; man<br />

schneidet sie auf Stapel und versp<strong>in</strong>nt diese Fasern wie<strong>der</strong><br />

zu Garnen. <strong>Die</strong> Texturierung versucht dies nun zu umgehen.<br />

Mich würde <strong>in</strong>teressieren, ob Sie glauben, daß durch Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Texturierverfahren die Stapelfasergarne<br />

s&ließlich weitgehend ersetzbar se<strong>in</strong> werden o<strong>der</strong> ob dem<br />

e<strong>in</strong>e pr<strong>in</strong>zipielle Grenze gesetzt ist.<br />

Text.-Ing. Kox: Ich glaube, daß man mit <strong>der</strong> Texturierung<br />

no& manches erreichen wird und daß man mit texturierten<br />

Garnen auch Effekte erzielen wird, die bisher den Stapelfasergarnen<br />

vorbehalten s<strong>in</strong>d. Ich sagte schon, daß nach me<strong>in</strong>er<br />

Ansicht die Texturierung noch Fortschritte machen muß, die<br />

sie auch machen wird.<br />

Dr. Albrecht: Sie haben uns berichtet, daß 1965 <strong>der</strong> Anteil<br />

an Wirkhemden <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD 60 O/o betragen hat. Wir wissen<br />

aber alle, daß dieser Anteil sehr stark rückläufig ist, und ich<br />

möchte <strong>in</strong> dieser Beziehung an die Frage vqn Herrn Dr. Laub<br />

anknupfen, ob man daraus Lehren gezogeh hat, denn diese<br />

Riickläufigkeit beweist doch, daß an diesem Hemd etwas noch<br />

nicht zufriedenstellend war. Es erhebt sich nun die Frage, was<br />

daran sowohl von <strong>der</strong> Faser her als auch verarbeitungsmäßig<br />

zu verbessern wäre.<br />

Text.-Ing.Kox: Ich denke, daß diese Riickläufigkeit im Absatz<br />

von gewirkten Hemden, die zweifellos vorliegt, nicht<br />

e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> Qualität, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Folge von Marktgegebenheiten<br />

ist, und nicht zuletzt dur& die großen Anstrengungen<br />

<strong>der</strong> Baumwall<strong>in</strong>dustrie bed<strong>in</strong>gt ist, denn <strong>der</strong> Verbrauch<br />

an Baumwollhemden ist doch vor allem deshalb angestiegen,<br />

weil sie jetzt auch pflegeleicht s<strong>in</strong>d.<br />

Dr. Albrecht: Ich glaube, daß wir <strong>in</strong> diesem Punkt lei<strong>der</strong> nicht<br />

ganz <strong>der</strong>selben Me<strong>in</strong>ung s<strong>in</strong>d. Me<strong>in</strong>es Erachtens s<strong>in</strong>d außer<br />

dem Preis auch noch an<strong>der</strong>e Gründe maßgeblich, und sowohl<br />

wir als Chemiefaserhersteller wie auch die Wirker müssen<br />

nach Verbesserungen streben, denn selbst wenn wir e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />

Material als Polyamid e<strong>in</strong>setzen, so bleibt noch immer das<br />

schlechtere physiologis&e Verhalten. Ich wollte damit nur<br />

sagen, daß man noch nicht alle Probleme als gelöst betrachten<br />

kann.<br />

Text.-Ing. Kox: Sie haben vollkommen recht. Es muß und<br />

wird noch manches verbessert werden. Ich sagte schon vorh<strong>in</strong>,<br />

daß ich persönlich von <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> texturierten Garne<br />

auch für den Hemdensektor viel erwarte, denn texturierte<br />

Garne verhalten sich bei im übrigen gleichen Eigenschaften<br />

physiologisch an<strong>der</strong>s.<br />

Dr. Ing. Szucht : Ich möchte Sie bitten, e<strong>in</strong>ige Worte über den<br />

E<strong>in</strong>satz von Corespun-Garnen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Wirkerei</strong>, bei denen als<br />

Kern elastomere Spandexfäden benützt werden, zu sagen und<br />

weiters, ob spezielle Umstellungen an den Masch<strong>in</strong>en bei <strong>der</strong><br />

Verarbeitung dieser Garne erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d.<br />

Text.-Ing. Kox: Dazu muß ich sagen, daß auf unserem Markt,<br />

von dem ich spreche, Corespun-Garne erst <strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>gem<br />

Umfang vorliegen und sich auch noch ke<strong>in</strong> großes E<strong>in</strong>satzgebiet<br />

für diese Garne herausgebildet hat. Es wurden wohl<br />

zahlreiche Versuche durchgeführt, sie beispielsweise für Skihosenstoffe<br />

o<strong>der</strong> Freizeithemdenstoffe zu verwenden, aber<br />

bisher hat sich, mit Ausnahme <strong>der</strong> Skihose, ke<strong>in</strong> Artikel aus<br />

diesen Materialien auf dem Markt durchzusetzen vermocht.<br />

Direktor Ing. Brandt: Zu dem Thema <strong>der</strong> Verbesserungen auf<br />

dem Chemiefasersektor im H<strong>in</strong>blick auf die <strong>Wirkerei</strong> wäre<br />

doch noch das Problem <strong>der</strong> egalen Anfärbbarkeit zu erwähnen.<br />

Beispielsweise ist es heute noch sehr schwierig,<br />

e<strong>in</strong>en Jerseystoff aus Polyester im Stück egal zu färben. Ich<br />

glaube also, daß die Chemiefaserhersteller, die e<strong>in</strong>e Brücke<br />

zur Maschenware suchen, hier den Hebel für Verbesserungen<br />

ansetzen könnten, sodaß e<strong>in</strong> Ubergang von <strong>der</strong> Garnfärbung<br />

zur Stückfärbung möglich wäre.<br />

Text.-Ing.Kox: Ich denke, daß auf diesem Gebiet viel gearbeitet<br />

wird. Polyesterfasern fallen zwar nicht <strong>in</strong> me<strong>in</strong> Aufgabengebiet,<br />

aber soviel ich weiß, wird die Mischung von<br />

Polyesterfasern mit Wolle doch sehr zielstrebig erprobt und<br />

e<strong>in</strong>geführt, wobei die Stückfärbung e<strong>in</strong>e große Rolle spielt.<br />

Professor Dr. Köb: Ich kann Ihnen versichern, daß an diesem<br />

Problem <strong>in</strong>tensiv gearbeitet wird. An<strong>der</strong>seits muß auch <strong>der</strong><br />

Weiterverarbeiter und <strong>der</strong> Färber-Ausrüster so beraten werden,<br />

daß er die Differenzen, die heute, bed<strong>in</strong>gt durch die<br />

Faserrohstoffe, durch die Texturierung o<strong>der</strong> durch unterschiedliche<br />

Fadenspannung, zweifellos noch vorhanden s<strong>in</strong>d,<br />

aber sicherlich <strong>in</strong> absehbarer Zeit durch neue, kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Anlagen behoben werden können, durch Verwendung geeigneter<br />

Farbstoffe und Verfahren weitgehend auszugleichen<br />

vermag.<br />

Direktor Dr. Bürger: Herr Professor Köb, ich möchte auf Ihre<br />

Bemerkung, daß Hohlfasern noch ke<strong>in</strong>en entsprechend größeren<br />

E<strong>in</strong>satz gefunden haben, zurückkommen. Ich kann diese<br />

Auffassung nicht teilen. Das VEB-Chemiefaserwerk <strong>in</strong> Premnitz<br />

stellt doch heute e<strong>in</strong>e recht ansehnliche Menge an profilierten<br />

und vor allem auch hohlprofilierten Polyamidfasern<br />

her, die <strong>in</strong> Mischungen mit Naturfasern und auch an<strong>der</strong>en<br />

Chemiefasern <strong>in</strong> nicht unbedeutendem Maße im Untertrikotagensektor<br />

E<strong>in</strong>gang gefunden haben und die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis<br />

gut bewährte Gebrauchseigenschaften aufweisen. Wir<br />

haben auch die Frage e<strong>in</strong>er Texturierung von hohlprofilierten<br />

Fasern, allerd<strong>in</strong>gs nicht auf Basis e<strong>in</strong>er hohlprofilierten<br />

Polyamidseide, son<strong>der</strong>n auf Basis e<strong>in</strong>es hohlprofilierten<br />

Polyamid-Sp<strong>in</strong>nbändchens, nach e<strong>in</strong>em speziellen<br />

Stauchkammerverfahren untersucht. Ich kann also <strong>in</strong> diesem<br />

Punkt voll und ganz Ihre Auffassung unterstützen, daß es<br />

grundsätzlich möglich ist, ich betone aber auch mit dem<br />

Stauchkammerverfahren, hohlprofilierte Polyamidfasern zu<br />

texturieren.<br />

Ich habe dann noch e<strong>in</strong>e Frage. Herr Dr. Griehl hat heute als<br />

e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wesentlichen Vorteile <strong>der</strong> Polyätheresterfaser ihre<br />

Sehrumpfeigenschaften herausgestellt und uns hier Handstrick-Bauschgarne<br />

vorgelegt, die aus e<strong>in</strong>em hoch- und e<strong>in</strong>em<br />

niedrigschrumpfenden Anteil <strong>der</strong> Polyätheresterfasertype bestanden.<br />

Wir s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Auffassung, daß <strong>der</strong>artige Polyester-<br />

Hochbauschgarne für den Strickereisektor gegenüber den<br />

Polyacrylnitril-Hochbauschgarnen aus preislichen Gründen<br />

und wegen <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>geren Pill<strong>in</strong>gresistenz nicht konkurrenzfähig<br />

s<strong>in</strong>d. Mich würde Ihre Auffassung über die Chance, die<br />

e<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiges Produkt auf dem Strickereisektor hat, sehr<br />

<strong>in</strong>teressieren.<br />

Text.-Ing. Kox: Gegenwärtig s<strong>in</strong>d, soviel mir bekannt ist,<br />

noch ke<strong>in</strong>e Polyester-Hochbauschgarne auf dem Markt. Wenn<br />

es sich um e<strong>in</strong> echtes Hochbauschgarn handelt, könnte es sehr<br />

wohl Chancen haben. Das hängt weitgehend vom Preis ab.<br />

Solange jedoch nur Versuchsprodukte vorliegen, s<strong>in</strong>d Voraussagen<br />

<strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht kaum möglich.<br />

Direktor Dr. Harms: Ich möchte noch e<strong>in</strong>mal an die Bemerkung<br />

von Herrn Dr. Albrecht anknüpfen. Wenn wir an den<br />

Oberhemdensektor denken, wünschen wir doch vor allem e<strong>in</strong><br />

pflegeleichtes Hemd. <strong>Die</strong> Maschenware hat hier gegenüber<br />

dem Gewebe, ganz abgesehen von aller Wash and wear-Ausrüstung,<br />

e<strong>in</strong>en großen Vorteil: sie ist von vornhere<strong>in</strong> pflegeleichter.<br />

<strong>Die</strong> Gründe, weshalb nun trotzdem die Rückläufigkeit<br />

im Absatz e<strong>in</strong>getreten ist, s<strong>in</strong>d me<strong>in</strong>es Erachtens e<strong>in</strong>erseits<br />

dar<strong>in</strong> zu suchen. daß die Hemden zu hun<strong>der</strong>t Prozent aus<br />

90


A UG UST I!?ifti LENZINGER BERICHTE FOLGE 2-Y<br />

Synthetics bestehen und <strong>in</strong> dem vielleicht dadurch bed<strong>in</strong>gten<br />

mangelnden Tragkomfort, welcher sicher auf den schlechteren<br />

Wassertransport und ähnliches zurückzuführen ist, und an<strong>der</strong>seits<br />

dar<strong>in</strong>, daß diese Hemden gegenüber solchen aus Geweben<br />

doch noch zu wenig elegant aussehen. Der Charakter e<strong>in</strong>es<br />

fe<strong>in</strong>en Popel<strong>in</strong>hemdes ist immer noch nicht erreicht. Wenn<br />

man das e<strong>in</strong>mal als richtig annähme, dann ergäbe sich die<br />

Frage, <strong>in</strong> welcher Richtung sich die Maschenwaren entwickeln<br />

müssen. Sie müßten erstens vielleicht noch fe<strong>in</strong>er werden,<br />

damit sie den Geweben ähnlicher werden, und zweitens müßten<br />

sie vielleicht doch aus gesponnenen Garnen hergestellt<br />

werden, damit man Mischungen von Synthetics mit Zellulosefasern<br />

verwenden könnte. Ich b<strong>in</strong> nicht unbed<strong>in</strong>gt Fachmann<br />

auf diesem Gsebiet und vielleicht ist dies nicht alles richtig,<br />

aber es wäre <strong>in</strong>teressant, welche Me<strong>in</strong>ung Sie dazu haben.<br />

Professor Dr. Köb: Wenn jemand zu dieser Frage noch etwas<br />

bemerken möchte, wäre es günstig, dies gleich zu tun, denn<br />

ich glaube, das Thema ist so <strong>in</strong>teressant, daß wir es nicht ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>reißen,<br />

son<strong>der</strong>n besser auf e<strong>in</strong>mal zu Ende diskutieren<br />

sollten.<br />

Dr. Albrecht: Ich glaube, wenn Herr Dr. Harms auf dieses<br />

Problem nochmals zurückkommt, sollten wir es uns doch e<strong>in</strong>mal<br />

überlegen. Wenn wir nun darüber diskutieren wollen,<br />

dann müssen noch e<strong>in</strong>e Reihe von Ursachen und Gegebenheiten<br />

berücksichtigt werden. Der erste wichtige Punkt wäre <strong>der</strong><br />

Wärmestau, <strong>der</strong> sich trotz des vielen Redens darüber nicht<br />

wegdiskutieren läßt. <strong>Die</strong>ses Problem kann me<strong>in</strong>es Erachtens<br />

von zwei Seiten angefaßt werden, nämlich e<strong>in</strong>mal über das<br />

e<strong>in</strong>gesetzte Fasermaterial und zum an<strong>der</strong>en über die Wirktechnik.<br />

<strong>Die</strong>s möchte ich beson<strong>der</strong>s betonen, da man auch<br />

schon früher -versucht hat, kunstseidene Maschenwaren auf<br />

dem Bettwäschesektor e<strong>in</strong>zusetzen, aber wegen des mangelnden<br />

Komforts ke<strong>in</strong>en Erfolg hatte. Wahrsche<strong>in</strong>lich liegt es<br />

daran, daß die Kapillaraktivität im Gewebe mit se<strong>in</strong>en Kettund<br />

Schußfaden doch gänzlich an<strong>der</strong>e Funktionen hat als im<br />

Gewirke mit dem praktisch endlos umlaufenden Faden. Der<br />

nächste Punkt bezieht sich auf den E<strong>in</strong>satz von Synthesefasern<br />

alle<strong>in</strong>. Dagegen dürfte pr<strong>in</strong>zipiell nichts e<strong>in</strong>zuwenden se<strong>in</strong>,<br />

und ich glaube, daß neuere Texturierverfahren hier fraglos<br />

Verbesserungen br<strong>in</strong>gen werden. Als drittes wäre noch die<br />

Vergilbung zu erwähnen. Das ist nun lei<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Problem mit<br />

dem wir uns noch ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen müssen, und Herr Professor<br />

Sehlack arbeitet <strong>in</strong>tensiv daran, den Ursachen auf die<br />

Spur zu kommen. Schließlich kommen wir noch zum Aussehen<br />

<strong>der</strong> gewirkten Hemdenstoffe, und ich denke, daß sich hier<br />

durch verfahrenstechnische Maßnahmen noch Verbesserungen<br />

erzielen lassen. Es s<strong>in</strong>d doch schon gewirkte Hemden, an<br />

denen man bei oberflächlicher Betrachtung den Charakter<br />

e<strong>in</strong>er Webware zu erkennen me<strong>in</strong>t, hergestellt worden. Dann<br />

kommt es nur noch auf e<strong>in</strong>en formstabilen Kragen an. Das<br />

s<strong>in</strong>d so me<strong>in</strong>e Gedanken zu diesem Problem, da wir auch bestrebt<br />

s<strong>in</strong>d, hier noch etwas zu verbessern.<br />

Ich möchte aber noch an etwas an<strong>der</strong>es anknüpfen, und zwar<br />

an die Hohlfaser. Herr Dr. Bürger, Sie haben so nett gesagt,<br />

daß Sie e<strong>in</strong>e Polyamidhohlfaser produktionsmäßig herstellen.<br />

Darf ich Sie fragen, welchen Effekt Sie durch den E<strong>in</strong>satz dieser<br />

Hohlfaser tatsächlich erzielen? Ist die Wirkung des Lufte<strong>in</strong>schlusses<br />

wirklich so em<strong>in</strong>ent, daß beispielsweise das<br />

Wärmerückhaltevermögen augensche<strong>in</strong>lich verbessert wird?<br />

O<strong>der</strong> haben Sie an<strong>der</strong>e (Gründe, die Sie veranlassen, e<strong>in</strong>e<br />

Hohlfaser e<strong>in</strong>zusetzen?<br />

Direktor Dr. Bürger: Es spielen mehrere Gründe e<strong>in</strong>e Rolle,<br />

maßgeblich s<strong>in</strong>d jedoch zwei: erstens das nachgewiesenermaßen<br />

bessere Wärmehaltungsvermögen und zweitens e<strong>in</strong>e<br />

wesentliche Materiale<strong>in</strong>sparung, bezogen auf e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Flächenmasse bei diesen Produkten.<br />

Professor Dr. Köb: Mich würd e <strong>in</strong>teressieren, ob es sich bei<br />

Ihren Hohlfasern um Endlosfäden o<strong>der</strong> Stapelfasern handelt.<br />

Direktor Dr. Bürger: Es s<strong>in</strong>d Stapelfasern, und zwar ist es e<strong>in</strong><br />

W-Typ. Polyamid-Sp<strong>in</strong>nbändchen werden, wohlgemerkt, nur<br />

nach dem Stauchkammerverfahren texturiert. Als Endlosfäden<br />

s<strong>in</strong>d sie nicht handelsüblich.<br />

Professor Dr. Köb: Darf ich noch e<strong>in</strong>e Frage bezüglich <strong>der</strong><br />

Produktionskosten stellen? S<strong>in</strong>d diese nicht zu hoch - ich<br />

me<strong>in</strong>e ke<strong>in</strong>e konkreten Zahlen - gegenüber Normalfasern,<br />

denn die Profildüse ist doch immerh<strong>in</strong> schwieriger herzustellen,<br />

noch dazu wenn es sich um e<strong>in</strong>e Düse für Sp<strong>in</strong>nfasern<br />

mit e<strong>in</strong>er relativ hohen Lochzahl handelt.<br />

Direktor Dr. Bürger: Das ist wohl richtig. Aber die Sp<strong>in</strong>ndüsenfabrik,<br />

welche uns diese Düse liefert, hat auf Grund <strong>der</strong><br />

sehr umfangreichen Versuche und <strong>der</strong> bereits langjährigen<br />

Produktion auf diesem Gebiet nicht nur bei uns selbst, son<strong>der</strong>n<br />

auch bei Lizenzproduktionen <strong>in</strong> den USA und Japan so<br />

viele Erfahrungen gesammelt, daß sie heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist,<br />

uns die Düsen zu Preisen <strong>in</strong> erträglicher Größenordnung zu<br />

liefern.<br />

Professor Dr. Köb: Me<strong>in</strong>e dritte Frage zu diesem Thema ist<br />

diese: Drückt sich beim Thermofixieren <strong>der</strong> Hohlquerschnitt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Hitze unter E<strong>in</strong>wirkung <strong>der</strong> Spannung nicht zusammen<br />

und bleibt hier das Volumen erhalten?<br />

Direktor Dr. Bürger: Sie müssen davon ausgehen, daß das<br />

Haupte<strong>in</strong>satzgebiet ke<strong>in</strong>e Re<strong>in</strong>aussp<strong>in</strong>nung dieser Type ist,<br />

son<strong>der</strong>n Mischversp<strong>in</strong>nungen, und daß diese Frage dann nicht<br />

<strong>in</strong> dem Maße <strong>in</strong>s Gewicht fällt wie bei e<strong>in</strong>er Re<strong>in</strong>versp<strong>in</strong>nung.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!