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Euripides: Medea - Anadiplosis.de

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LGG Griechisch Gk 13 [Kd] Viktoria Frajs, 22.02.2013<br />

1. Mythologische Vorgeschichte<br />

<strong>Euripi<strong>de</strong>s</strong>: <strong>Me<strong>de</strong>a</strong><br />

Das Gol<strong>de</strong>ne Vlies<br />

Athamas, <strong>de</strong>r König von Boiotien, geht mit Ino eine zweite Ehe ein. Diese versucht, die Kin<strong>de</strong>r Nepheles<br />

(Athamas' erste Ehefrau) durch eine List zu opfern. Auf Nepheles Bitten hin retten Hera und Hermes die Kin<strong>de</strong>r,<br />

in<strong>de</strong>m sie diese von einem geflügelten gol<strong>de</strong>nen Wid<strong>de</strong>r nach Kolchis bringen lassen. Unterwegs dorthin fällt<br />

Helle ins Meer (→ Hellespont), ihr Bru<strong>de</strong>r Phrixos erreicht aber Kolchis, wo er Zeus <strong>de</strong>n Wid<strong>de</strong>r opfert und<br />

<strong>de</strong>ssen gol<strong>de</strong>nes Fell von einem unsterblichen Drachen bewacht wird. Phrixos heiratet die Königstochter (und<br />

<strong>Me<strong>de</strong>a</strong>s Schwester) Chalkiope.<br />

Argonauten-Sage<br />

Nach Aisons Tod übernimmt Pelias die Herrschaft in Iolkos (Thessalien). Da er fürchtet, diese an <strong>de</strong>n<br />

rechtmäßigen Thronfolger Jason zu verlieren, schickt er ihn auf die lebensgefährliche Suche nach <strong>de</strong>m Gol<strong>de</strong>nen<br />

Vlies. Für diese Reise wird die Argo gebaut und Jason lädt einige Hel<strong>de</strong>n ein, ihn zu begleiten. Unterwegs<br />

bewältigen die sogenannten Argonauten viele Gefahren und kommen schließlich in Kolchis an, wo sie das<br />

Gol<strong>de</strong>ne Vlies mit Hilfe <strong>de</strong>r Königstochter <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>, die sich in Jason verliebt, erlangen. <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> verrät ihr Vaterland<br />

und tötet auf <strong>de</strong>r Flucht mit Jason ihren Bru<strong>de</strong>r. Zurück in Iolkos verweigert Pelias Jason -trotz <strong>de</strong>r erfüllten<br />

Aufgabe- <strong>de</strong>n Thron und so flieht dieser auf Einladung Kreons mit <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> nach Korinth. Dort angekommen,<br />

verlässt Jason <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> und seine Kin<strong>de</strong>r nach einiger Zeit und verlobt sich mit <strong>de</strong>r Königstochter Glauke.<br />

2. Die Handlung <strong>de</strong>r Tragödie (1419 Verse)<br />

Ausgangssituation: Die Hochzeit von Jason und Glauke steht kurz bevor. <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> lebt mit ihren Kin<strong>de</strong>rn und<br />

Dienern. Zorn und Selbstmitleid bestimmen ihr Leben.<br />

Prolog V. 1-212 (Amme, Erzieher, <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>):<br />

Die Amme <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>s äußert die Sorge, <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> plane Rache an Jason und <strong>de</strong>r Königsfamilie, und fürchtet dabei um<br />

die Sicherheit <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r. Der Erzieher <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r berichtet vom Gerücht, Kreon wolle <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> und die Kin<strong>de</strong>r aus<br />

Korinth verbannen.<br />

1. Epeisodion V. 213-409 (<strong>Me<strong>de</strong>a</strong>, Kreon):<br />

<strong>Me<strong>de</strong>a</strong> beklagt die Rechtlosigkeit <strong>de</strong>r Frau und ihre Situation als „Frem<strong>de</strong>“ sowie ihre persönlichen „Opfer“ für<br />

Jason. Kreon verkün<strong>de</strong>t <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> ihre Verbannung, da er um die Sicherheit <strong>de</strong>r Königsfamilie fürchtet, gestattet<br />

jedoch aus Mitleid einen weiteren Tag Aufenthalt. <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> beschließt <strong>de</strong>n Mord an Glauke und Kreon.<br />

2. Epeisodion V. 446-626 (<strong>Me<strong>de</strong>a</strong>, Jason):<br />

Jason rechtfertigt im Gespräch mit <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> seinen Verrat und bietet Hilfe an, stößt aber auf Unverständnis und<br />

Wi<strong>de</strong>rstand. <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>: Ruf / Ehre wichtiger als gutes Leben durch Opportunismus! → Chor unterstützt <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>!<br />

3. Epeisodion V. 663-823 (Aigeus, <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>):<br />

<strong>Me<strong>de</strong>a</strong> berichtet Aigeus von ihrem Leid. Abmachung zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n: Aigeus gewährt ihr Schutz und nimmt<br />

sie bei sich auf; <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> verspricht ihm Nachkommen. Bedingung: <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> muss selbst in sein Land kommen →<br />

Gesetze einhalten....Die Zukunft gesichert, plant <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> ihre Rache sorgfältig → Schwankt stark zwischen<br />

rationaler und emotionaler Ebene hin und her! Der Chor versucht, ihr <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rmord auszure<strong>de</strong>n.<br />

4.Epeisodion V. 866-975 (Jason, <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>):<br />

<strong>Me<strong>de</strong>a</strong> gibt vor, die Richtigkeit von Jasons Taten einzusehen (→ Bild von „typisch Frau“ entsteht im Gespräch)<br />

und sichert sich <strong>de</strong>ssen Hilfe → Verzauberte Geschenke für Glauke gelangen mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn ins Königshaus.<br />

5. Epeisodion V. 1002-1250 (<strong>Me<strong>de</strong>a</strong>, Erzieher, Bote):<br />

Die Kin<strong>de</strong>r kehren zurück. Glauke hat die Geschenke angenommen, die Kin<strong>de</strong>r dürfen im Land bleiben! →<br />

Racheplan <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>s scheint bald aufzugehen → Dann müssen die Kin<strong>de</strong>r sterben! In einem langen Monolog wird<br />

<strong>Me<strong>de</strong>a</strong>s Zerrissenheit und Verzweiflung über <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rmord <strong>de</strong>utlich: innerer Kampf zwischen rationalem und<br />

emotionalem Teil! Ein Bote schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n grausamen Tod von Glauke und Kreon → <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> genießt es! ….<br />

Während <strong>de</strong>s darauffolgen<strong>de</strong>n Chorlie<strong>de</strong>s ermor<strong>de</strong>t <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> ihre Kin<strong>de</strong>r hinter <strong>de</strong>r Bühne (→ Rache an Jason).


LGG Griechisch Gk 13 [Kd] Viktoria Frajs, 22.02.2013<br />

Exodos V. 1293-1419 (Jason, <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>):<br />

Jason erfährt vom Kin<strong>de</strong>rmord und eilt zu <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>. Ein heftiger Streit folgt, bei <strong>de</strong>m bei<strong>de</strong> die Schuld beim jeweils<br />

an<strong>de</strong>ren suchen. <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> kann mit göttlicher Hilfe (→ <strong>de</strong>us ex machina) fliehen. Sie nimmt die Kin<strong>de</strong>rleichen mit,<br />

damit Jason diese nicht bestattet kann.<br />

3. Tragisches Zentrum <strong>de</strong>s Stückes<br />

Gerechtigkeit um je<strong>de</strong>n Preis: <strong>Euripi<strong>de</strong>s</strong> verbin<strong>de</strong>t in <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> das Verlangen nach Gerechtigkeit mit <strong>de</strong>m maßlosen<br />

Wunsch nach Rache. Als sie verbannt wer<strong>de</strong>n soll, nutzt sie die Möglichkeit zum Han<strong>de</strong>ln. Auch wenn <strong>de</strong>r Mord<br />

ihrer Kin<strong>de</strong>r für sie das „Grässlichste“ (781) ist, führt sie ihn aus, um Jason größtmöglich zu scha<strong>de</strong>n.<br />

Rechtlosigkeit <strong>de</strong>r Frau: Nach<strong>de</strong>m <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> ihre Heimat verlässt, ist sie ganz auf Jason angewiesen. Als er sie<br />

verlässt, kommt <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> in eine aussichtslose Situation, in <strong>de</strong>r ihr als Frau die Hän<strong>de</strong> gebun<strong>de</strong>n sind. Um aus<br />

diesem Zustand <strong>de</strong>r Ohnmacht auszubrechen, bleibt ihr nur <strong>de</strong>r Mord.<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Titelheldin: Während <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> anfangs an ihrem Hass zugrun<strong>de</strong> zu gehen scheint, bietet sich ihr<br />

durch die Verbannung <strong>de</strong>r Vorwand zur Rache: Um nicht als „schwaches Weib“ verspottet zu wer<strong>de</strong>n, muss sie<br />

sich an <strong>de</strong>m Verräter Jason rächen. Sie plant, führt aus und genießt das Ergebnis (5.Epeisodion, Botenbericht).<br />

Trotz großer Verzweiflung führt <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> <strong>de</strong>n Plan zu En<strong>de</strong>. Dabei zeigt sie immer wie<strong>de</strong>r für die Griechen „typisch<br />

männliche“ Eigenschaften wie Willensstärke und rationale Planung. Schließlich fühlt sie sich Jason überlegen.<br />

4. Textstelle V.775-793 – <strong>Me<strong>de</strong>a</strong>s Plan<br />

Ich will also einen meiner Diener schicken<br />

und Jason bitten, mir vor Augen zu treten.<br />

μολόντι δ΄ αὐτῷ μαλθακοὺς λέξω λόγους͵<br />

ὡς καὶ δοκεῖ μοι ταὐτά͵ καὶ καλῶς ἔχειν<br />

γάμους τυράννων οὓς προδοὺς ἡμᾶς ἔχει·<br />

καὶ ξύμφορ΄ εἶναι καὶ καλῶς ἐγνωσμένα.<br />

παῖδας δὲ μεῖναι τοὺς ἐμοὺς αἰτήσομαι͵<br />

οὐχ ὡς λιποῦσ΄ ἂν πολεμίας ἐπὶ χθονὸς<br />

ἐχθροῖσι παῖδας τοὺς ἐμοὺς καθυβρίσαι͵<br />

ἀλλ΄ ὡς δόλοισι παῖδα βασιλέως κτάνω.<br />

Denn ich will sie mit Geschenken in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n hinsen<strong>de</strong>n,<br />

sie <strong>de</strong>r Braut zu bringen, dass sie dieses Land nicht verlassen<br />

müssen,<br />

ein dünnes Gewand und ein goldgetriebenes Geflecht.<br />

κἄνπερ λαβοῦσα κόσμον ἀμφιθῇ χροΐ͵<br />

κακῶς ὀλεῖται πᾶς θ΄ ὃς ἂν θίγῃ κόρης·<br />

τοιοῖσδε χρίσω φαρμάκοις δωρήματα.<br />

ἐνταῦθα μέντοι τόνδ΄ ἀπαλλάσσω λόγον·<br />

ᾤμωξα δ΄ οἷον ἔργον ἔστ΄ ἐργαστέον<br />

τοὐντεῦθεν ἡμῖν· τέκνα γὰρ κατακτενῶ<br />

τἄμ΄· οὔτις ἔστιν ὅστις ἐξαιρήσεται·<br />

5. Literatur<br />

βλώσκω (Aor: μολεῖν) : kommen, gehen<br />

μαλθακός, -ά , -όν : schmeichelnd<br />

προδίδωμι : verraten, überliefern<br />

σύμφορος, -α, -ον : nützlich<br />

λείπω : lassen<br />

ἡ χθών, χθονὸς : Er<strong>de</strong>, Land<br />

κἄνπερ = καίπερ + ἐάν : und wenn<br />

ὁ κόσμος, -ου : Schmuck<br />

ἀμφιτίθημι : (um etw.) herumstellen /-legen<br />

ὁ χρώς, χρωτός : Körper, Haut<br />

θιγγάνω : berühren<br />

χρίω : salben<br />

τò φάρμακον, -ου : hier: Zaubermittel, Gift<br />

ἀπαλλάσσω λόγον : eine Re<strong>de</strong> abbrechen<br />

ᾤμωξα : 1.Sg Aor Ind Akt von οἰμώζω (jammern,<br />

wehklagen)<br />

(ἔργον)ἐργαστέος : zu verrichten<strong>de</strong>s (Werk)<br />

τοὐντεῦθεν (Adv) : von hier an, von jetzt an<br />

τò τέκνον, - ου : Kind<br />

Karl Heinz Eller, <strong>Euripi<strong>de</strong>s</strong> <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> (Griechisch / Deutsch), Stuttgart: Reclam, UB 7978<br />

Stefan Munaretto, <strong>Me<strong>de</strong>a</strong> – Ein Mythos und seine Bearbeitungen, Bange 2009<br />

Martin Hose, <strong>Euripi<strong>de</strong>s</strong> – Der Dichter <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>nschaften, München: Beck, 2008

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