6_pruefungsschema_grundfreiheiten_allgemein.pdf (62.6 KB)
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Aufbauschema: Prüfung einer nationalen Maßnahme anhand der<br />
Grundfreiheiten<br />
Wichtig: Trotz Parallelen nicht pauschal den Prüfungsaufbau und die Terminologie der<br />
deutschen Verfassungsbeschwerde übernehmen! Typische Fehler bei einer pauschalen<br />
Übertragung der VB-Prüfung sind beschrieben.<br />
Zu beachten ist auch, dass es sich um ein vereinfachtes Schema handelt und manche<br />
Fragen in der Rechtsprechung des EuGH nicht abschließend geklärt sind, z.B. ob die Keck-<br />
Rechtsprechung für alle Grundfreiheiten gilt und wenn ja wie.<br />
I. ANWENDUNGSBEREICH<br />
A) Kein lex specialis<br />
NUR wenn der Sachverhalt Anlass zur Prüfung gibt: Sekundärrechtliche Ausformung der<br />
Grundfreiheiten? Falls ja: Kontrolle der nationalen Maßnahme am Maßstab des Sekundärrechts,<br />
bei der Auslegung die Grundfreiheiten beachten; ansonsten weiter im Prüfungsschema<br />
B) Sachlicher Anwendungsbereich der Grundfreiheit<br />
Wenn mehrere Grundfreiheiten in Betracht kommen, Feststellung, welche hauptsächlich<br />
betroffen ist<br />
C) Unionsbezug (d.h. grenzüberschreitender Sachverhalt)<br />
Achtung: Bei Überprüfung eines nationalen Gesetzes kann sich der grenzüberschreitende Bezug<br />
nur daraus ergeben, dass das Gesetz grundsätzlich auch grenzüberschreitende Sachverhalte<br />
erfasst. Das Abstellen auf einen Einzelfall ist hier – anders als bei der Verfassungsbeschwerde –<br />
nicht richtig! Vgl. EuGH, Rs. C-471/04 (Keller Holding), Slg. 2006, I-2107, Rn. 24: „Da die im<br />
Ausgangsverfahren streitige Regelung auf Fälle Anwendung findet, die einen Bezug zum<br />
innergemeinschaftlichen Handel aufweisen, geht es hier um ein Problem, das in den<br />
Anwendungsbereich der Bestimmungen des Vertrages über die Grundfreiheiten fallen kann.“<br />
D) Staatliche Maßnahme (auch zurechenbar oder Unterlassen) oder von den Grundfreiheiten<br />
erfasstes Handeln Privater?<br />
E) Vorliegen einer Bereichausnahme (ArbNFrz. - Tätigkeit im öffentlichen Dienst; DLF und NLF –<br />
Ausübung öffentlicher Gewalt)<br />
NUR ! Wenn Anlass zu eingehender Prüfung besteht<br />
II. BEEINTRÄCHTIGUNG<br />
A) Offene/direkte Diskriminierung<br />
B) Mittelbare Diskriminierung<br />
C) Allgemeine Beschränkung<br />
1. Kann die Maßnahme „die Ausübung einer Grundfreiheit unterbinden, behindern oder<br />
weniger attraktiv machen“ (EuGH, van Binsbergen) bzw. ist sie „geeignet, den<br />
innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu<br />
behindern“ (EuGH, Dassonville)<br />
2. Handelt es sich um eine reine „Verkaufsmodalität“ i.S.d. Keck-Rspr., die nicht den Zugang<br />
zum Markt beeinträchtigt, sondern nur das Verhalten im Markt regelt? → dann keine<br />
Beeinträchtigung, sonst weiter zur Rechtfertigung<br />
III. RECHTFERTIGUNG<br />
Die Rechtfertigungsprüfung unterscheidet sich nach der Art der Beeinträchtigung der Grundfreiheit.<br />
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A) Offene Diskriminierungen (nur aufgrund geschriebener Ausnahmen zulässig)<br />
Geschriebene Ausnahmen<br />
a) Anwendbarkeit (unterschiedlich und unterschiedslos geltende Maßnahmen)<br />
b) Voraussetzungen (abschließende Auflistung geschützter Rechtsgüter)<br />
c) Schranken-Schranken<br />
- Unionsgrundrechte<br />
- Primärrecht (zB Art 5 EUV; Missbrauchsverbot iSd Art 36 Satz 2 AEUV)<br />
- Sekundäres Recht<br />
- Verhältnismäßigkeit (legitimer Zweck, Eignung, Erforderlichkeit)<br />
Achtung: anders als bei der VB, keine <strong>allgemein</strong>e Angemessenheitsprüfung<br />
B) Mittelbare Diskriminierungen und <strong>allgemein</strong>e Beschränkungen<br />
1. Geschriebene Ausnahmen: wie oben<br />
2. Immanente Ausnahmen (Rs 120/78 Cassis de Dijon)<br />
a) Voraussetzungen<br />
- zwingende, nicht-wirtschaftliche Erfordernisse des Gemeinwohls<br />
- nur unterschiedslos geltende Maßnahmen<br />
- bei mittelbarer Diskriminierung aber: trägt die Ungleichbehandlung einem<br />
„objektiven Umstand“ Rechnung?<br />
b) Schranken-Schranken<br />
- Unionsgrundrechte<br />
- Primärrecht (zB Art 5 EUV)<br />
- Sekundäres Recht<br />
- Verhältnismäßigkeit (legitimer Zweck, Eignung, Erforderlichkeit)<br />
Achtung: anders als bei der VB, keine <strong>allgemein</strong>e Angemessenheitsprüfung<br />
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