Profil - Deutsche Hochschule der Polizei
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Fachgebiet 09<br />
Einsatzlagen <strong>der</strong> Schwerkriminalität,<br />
Bedrohungs- und Amoklagen<br />
1. Hintergründe und Begrifflichkeiten 1<br />
Einsatzlehre beschäftigt sich mit dem zielgerichteten Einsatz von Kräften<br />
sowie Führungs- und Einsatzmitteln zur Bewältigung polizeilicher Lagen<br />
des täglichen Dienstes und aus beson<strong>der</strong>en Anlässen. Dabei werden konzeptionelle<br />
und organisatorische Aspekte sowie strategische und taktische<br />
Grundsätze berücksichtigt. Die Wissensbasis <strong>der</strong> Einsatzlehre wird<br />
inhaltlich durch polizeiinterne Fachliteratur, <strong>Polizei</strong>dienstvorschriften und<br />
die Beschlüsse <strong>der</strong> Gremien <strong>der</strong> Innenministerkonferenz 2 geprägt.<br />
In die Beurteilungs- und Entscheidungsprozesse des Einsatzmanagements<br />
sind vielfältige interdisziplinäre Sichtweisen (z.B. psychologische,<br />
rechtliche, ökonomische) einzubeziehen. Insofern verkörpert die Einsatzlehre<br />
den integrationswissenschaftlichen Ansatz als Kernelement zur<br />
Entwicklung einer <strong>Polizei</strong>wissenschaft, <strong>der</strong> als Auftrag aus dem DHPolG 3<br />
profilbildend für die DHPol hervorgegangen ist.<br />
Das Fachgebiet 09 „Einsatzlagen <strong>der</strong> Schwerkriminalität“ setzt seine<br />
Schwerpunkte im Wesentlichen auf die spezifischen strategischen und<br />
taktischen Anfor<strong>der</strong>ungen des Einsatzmanagements bei Geiselnahmen,<br />
Bedrohungslagen und Amoktaten sowie Entführungen und herausragenden<br />
Erpressungen.<br />
Die grundlegenden Theorien und Methoden <strong>der</strong> polizeilichen Einsatzlehre<br />
sind in diesem Fachgebiet, bezogen auf die genannten Einsatzlagen, Gegenstand<br />
von Forschung und Lehre. Bei den oben genannten Einsatzlagen<br />
handelt es sich überwiegend um Sofortlagen, die durch eine beson-<br />
1 Soweit Personen- und Funktionsbezeichnungen aus Gründen <strong>der</strong> Lesbarkeit nur in <strong>der</strong> männlichen Form<br />
verwendet werden, gelten sie gleichermaßen für Frauen.<br />
2 Die Zuständigkeit für polizeiliche Angelegenheiten liegt, bedingt durch den fö<strong>der</strong>alen Aufbau <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik Deutschland, bis auf spezielle Sicherheitsbehörden des Bundes (z. B. Bundespolizei,<br />
Bundeskriminalamt), bei <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong>n. 1954 haben die Chefs <strong>der</strong> Innenressorts die "Ständige Konferenz<br />
<strong>der</strong> Innenminister und -senatoren <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>" - kurz Innenministerkonferenz (IMK) - errichtet, um die zuvor<br />
im Wesentlichen auf Beamtenebene durchgeführte län<strong>der</strong>übergreifende fachliche Zusammenarbeit auch auf<br />
<strong>der</strong> politischen Ebene zu verankern.<br />
3 Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen über die <strong>Deutsche</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>der</strong> <strong>Polizei</strong> (DHPolG) und zur Än<strong>der</strong>ung<br />
dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. Februar 2005.
<strong>der</strong>e Komplexität <strong>der</strong> Rahmenbedingungen (beispielsweise psychologische<br />
Wechselwirkung zwischen Tätern und Opfern) gekennzeichnet sind.<br />
Darüber hinaus spielen unter an<strong>der</strong>em die Hochwertigkeit <strong>der</strong> gefährdeten<br />
Rechtsgüter (zum Beispiel Leben/Gesundheit <strong>der</strong> Geiseln o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
eingesetzten <strong>Polizei</strong>vollzugsbeamten) sowie ein großes Interesse von Öffentlichkeit<br />
und Medien eine wesentliche Rolle.<br />
Weiterhin ist diesen Lagen eine nicht unerhebliche Brisanz für politische<br />
Entscheidungsträger (etwa Behördenleiter o<strong>der</strong> Innenminister) immanent.<br />
Führungskräfte sind dabei einem außerordentlichen, durch Dynamik<br />
und Unbestimmtheit verursachten Beurteilungs- und Entscheidungsdruck<br />
ausgesetzt. Daraus ergeben sich beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an das<br />
Führungsverhalten, die Strategie sowie das taktische, organisatorische<br />
und technische Fachwissen.<br />
2. Einsatzlehre in <strong>der</strong> polizeilichen Ausbildung und im<br />
universitären Umfeld<br />
Das Fach „<strong>Polizei</strong>liche Einsatzlehre“ ist eine Spezialität <strong>der</strong> DHPol. An allgemeinen<br />
<strong>Hochschule</strong>n ist die polizeiliche Einsatzlehre nicht vertreten.<br />
Fachhochschulen des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> für öffentliche Verwaltung/<strong>der</strong><br />
<strong>Polizei</strong> unterrichten lediglich Teilbereiche dieses Spezialgebietes<br />
für die Ausführungsebene und die mittlere Führungsebene.<br />
Sie deckt dabei das Spektrum von <strong>der</strong> <strong>Polizei</strong>dienstkunde (z. B. Verhalten<br />
am Tatort bei Einsätzen von Streifenwagenbesatzungen) bis zur Konzeptionierung<br />
(kleinerer) polizeilicher Einsätze auf Ebene von Dienstbezirken<br />
(z. B. <strong>Polizei</strong>station, <strong>Polizei</strong>revier) bzw. <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong><br />
Phase 1 solcher Einsatzlagen ab.<br />
Die <strong>Polizei</strong>liche Einsatzlehre an <strong>der</strong> DHPol beschäftigt sich mit <strong>der</strong> Führung<br />
und Konzeptionierung herausragen<strong>der</strong> Einsatzlagen aus beson<strong>der</strong>em<br />
Anlass, bei denen Führungskräfte des höheren Dienstes als <strong>Polizei</strong>führer,<br />
Leiter Führungsstab und / o<strong>der</strong> Einsatzabschnittsführer / Unterabschnittsführer<br />
eingesetzt sind. Die strategische Bedeutung solcher<br />
Einsatzlagen ergibt sich aus dem hohen Personalaufwand (z. B. Geisel-
nahmen, insbeson<strong>der</strong>e mobile und län<strong>der</strong>übergreifende), <strong>der</strong> Gefährdung<br />
wichtiger Rechtsgüter (z. B. bei Entführungen) und / o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>er<br />
öffentlicher / politischer Sensibilität (z. B. bei Amoklagen in öffentlichen<br />
Gebäuden). Die beson<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ungen an Führungskräfte in kritischen<br />
Situationen, alle Phasen <strong>der</strong> Einsatzbewältigung und die strategische<br />
Vorbereitung sind Gegenstand von Forschung und Lehre an <strong>der</strong><br />
DHPol.<br />
3. Entstehung und Struktur des Fachgebiets<br />
Das FG „Einsatzlagen <strong>der</strong> Schwerkriminalität“ ging als eines von drei<br />
Fachgebieten 4 für polizeiliche Einsatzlehre am 01. Oktober 2007 aus dem<br />
bisherigen Fachbereich „<strong>Polizei</strong>liches Management“ <strong>der</strong> <strong>Polizei</strong>-<br />
Führungsakademie (PFA) hervor.<br />
Die Leitung des FG 09 wird durch einen <strong>Polizei</strong>vollzugsbeamten in <strong>der</strong><br />
Eingruppierung A 15 (<strong>Polizei</strong>-/Kriminaldirektor im Hochschuldienst)<br />
wahrgenommen. Darüber hinaus arbeitet im FG ein <strong>Polizei</strong>vollzugsbeamter<br />
als Lehrkraft für beson<strong>der</strong>e Aufgaben (<strong>Polizei</strong>-/Kriminaldirektor<br />
im Hochschuldienst). Die weiteren Stellen werden von einer Wissenschaftlichen<br />
Hilfskraft sowie einer Bürokraft besetzt.<br />
Diese Personalstruktur ergibt sich aus <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Stellung <strong>der</strong> Einsatzlehre,<br />
die aufgrund des Stundenansatzes im Curriculum als eines <strong>der</strong><br />
zentralen polizeipraktischen Fächer des Masterstudiengangs „Öffentliche<br />
Verwaltung – <strong>Polizei</strong>management” angesehen wird.<br />
4. Aufgabenfel<strong>der</strong> des Fachgebiets<br />
a. Lehre<br />
Im Masterstudiengang „Öffentliche Verwaltung – <strong>Polizei</strong>management“<br />
wirkt das Fachgebiet 09 im zweiten Studienjahr an folgenden Modulen<br />
mit:<br />
4 Neben dem FG „<strong>Polizei</strong>liches Krisenmanagement“ sind dies die Fachgebiete 08 („Grundlagen <strong>der</strong> <strong>Polizei</strong>lichen<br />
Einsatzlehre und Zeitlagen“) und 10 („<strong>Polizei</strong>liches Krisenmanagement“).
Modul 15 – Kriminalität – Phänomen und Intervention<br />
• 15.05 – Politisch motivierte Kriminalität, insbeson<strong>der</strong>e Gewaltkriminalität,<br />
Terrorismus, Anschläge und Gefahr von Anschlägen<br />
Modul 16 – Einsatzlagen <strong>der</strong> Schwerkriminalität – Verhin<strong>der</strong>ung,<br />
Bewältigung und Strafverfolgung<br />
• 16.01 – Sozialwissenschaftliche und kriminologische Aspekte<br />
<strong>der</strong> Bekämpfung <strong>der</strong> Schwerkriminalität am Beispiel von Geiselnahmen,<br />
Bedrohungs- und Amoklagen sowie Entführungen<br />
und herausragenden Erpressungen<br />
• 16.02 – Strategische und taktische Konzeptionen zur Bekämpfung<br />
<strong>der</strong> Schwerkriminalität am Beispiel von Geiselnahmen,<br />
Bedrohungs- und Amoklagen sowie Entführungen und herausragenden<br />
Erpressungen unter Berücksichtigung wesentlicher<br />
rechtlicher Aspekte<br />
• 16.03 – Aktuelle Herausfor<strong>der</strong>ung bei <strong>der</strong> Bewältigung beson<strong>der</strong>er<br />
Einsatzlagen<br />
Modul 17 – Bewältigung komplexer Großlagen II<br />
• 17.01 – Grundlagen aktueller Einsatzkonzeptionen zur Bewältigung<br />
ausgewählter Großlagen<br />
• 17.02 – Verhin<strong>der</strong>ung und Bewältigung gewalttätiger Aktionen<br />
bei Veranstaltungen und Versammlungen<br />
• 17.03 – Größere Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen<br />
Die Inhalte <strong>der</strong> Einsatzlehre in den Modulen 15, 16 und 17 werden im<br />
Rahmen einer Querschnittslehre insbeson<strong>der</strong>e zusammen mit den Fachgebieten<br />
08 und 10 angeboten. Die Lehrveranstaltungen des Moduls 16<br />
werden vom Fachgebiet 09 fe<strong>der</strong>führend betreut, bei dem auch die Modulkoordination<br />
liegt.
. Fortbildung<br />
Das Fachgebiet 09 zeichnet für folgende Fortbildungsseminare verantwortlich:<br />
• „Web 2.0 unter einsatztaktischen Gesichtspunkten“<br />
• „Strategie und Taktik von Verhandlungsgruppen“<br />
• „Führung, Einsatz, Ausstattung sowie Aus- und Fortbildung von<br />
Spezialeinheiten und Spezialkräften“<br />
• Arbeitstagung „Amok“<br />
• „Strategie und Taktik zur Bewältigung von Einsatzlagen <strong>der</strong><br />
Schwerkriminalität“<br />
• Anlass- und Themenbezogene Arbeitstagungen und Seminare<br />
(z.B. Informationsveranstaltung für ausgewählte <strong>Polizei</strong>führer<br />
bei „Massengeiselnahmen)<br />
c. Forschung<br />
Sowohl in <strong>der</strong> Aus- als auch in <strong>der</strong> Fortbildung wird die praxisnahe Fortentwicklung<br />
von Rollenverständnis, Methoden, Strategien und Taktiken<br />
insbeson<strong>der</strong>e bei Einsatzlagen <strong>der</strong> Schwerkriminalität, Bedrohungslagen<br />
und Amoktaten angestrebt. Daraus lassen sich folgende Hauptziele <strong>der</strong><br />
Forschung ableiten:<br />
• Erweiterung <strong>der</strong> strategisch/taktischen Handlungskompetenz<br />
<strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>.<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Wirksamkeit und Sicherheit <strong>der</strong> Handlungssysteme.<br />
• Optimierung <strong>der</strong> Aus- und Fortbildung im Bereich des polizeilichen<br />
Einsatzmanagements.<br />
Aus den Notwendigkeiten <strong>der</strong> Praxis abgeleitet ergeben sich daraus unter<br />
an<strong>der</strong>em folgende aktuelle Forschungsfel<strong>der</strong>:
• Antizipation neuer Phänomene im Bereich <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Anlässe<br />
und Entwicklung von strategischen Ansätzen zur Lagebewältigung,<br />
taktischen Zielen, Einsatzgrundsätzen und taktischen<br />
Konzeptionen (zum Beispiel Fahndungs- und Schutzkonzepte<br />
zur Risikominimierung bei Schwerkriminellen, von denen<br />
beson<strong>der</strong>e Gefahren für die Bevölkerung ausgehen, Rolle von<br />
Social Media bei Einsatzlagen).<br />
• Entwicklung von Kriterien zur Evaluation von Einsätzen unter<br />
Berücksichtigung ökonomischer Aspekte und aktueller Erfahrungen.<br />
• Erhebung und Auswertung von Erwartungen von Opfern und<br />
unbeteiligten Dritten an Sicherheitsbehörden zur Erhöhung <strong>der</strong><br />
Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen.<br />
• Evaluation <strong>der</strong> taktischen Effektivität und Effizienz des Einsatzes<br />
spezieller technischer Führungs- und Einsatzmittel.<br />
d. Dienstleistungen und Aufgaben außerhalb <strong>der</strong> <strong>Hochschule</strong><br />
Zusammen mit den Fachgebieten 08 und 10 wirkt das FG 09 in <strong>der</strong> Kooperation<br />
„Netzwerk Einsatzlehre“ mit den Fachhochschulen des Bundes<br />
und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> zusammen, um Theorien und aktuelle Problemstellungen<br />
zu diskutieren sowie Empfehlungen für die polizeiliche Aus- und Weiterbildung<br />
im Bereich <strong>der</strong> Einsatzlehre zu entwickeln.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> fachgebietsbezogenen Expertise werden die Vertreter<br />
des FG 09 in bundesweite Arbeits- und Projektgruppen des UAFEK (z.B.<br />
zum Thema „Geiselnahme größerer Menschengruppen durch terroristische<br />
Gewalttäter“) entsandt.