4~no[Drn[IDffi]] - Bürgerverein St. Georg
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Eine heimatfrohe Lübeckerin machte uns<br />
beim Kennenlernen von Lübeck vor 20 Jahren<br />
auf den Hasenhof aufmerksam. Sie war<br />
stolz darauf, daß Lübeck solch Juwel besaß,<br />
und auch wir waren begeistert über diese<br />
abseits gelegene Idylle von Altfrauenwohnungen.<br />
Ob das reiche Hamburg nicht<br />
etwas Ahnliches aufzuweisen hat? Der Zufall<br />
führte uns bald darauf nahe beim<br />
Lübecker-Tor-Feld in <strong>St</strong>. <strong>Georg</strong> in einen stillen<br />
Winkel, der in die <strong>St</strong>iftstraße führte.<br />
Angelockt, näher zu treten, wurden wir<br />
durch ein formschönes Tor, das schon im<br />
Jahre 1893 den <strong>St</strong>. <strong>Georg</strong>er Künstler Theobald<br />
RiefeseIl zum Zeichnen veranlaßte. Wir<br />
gingen hindurch. Eine stille, kleinstädtische<br />
Welt nahm uns auf. Und dies Wunder nur<br />
1 Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt! Es<br />
waren die 1824 erbauten Hartwig-Hesse<br />
Witwenhäuser. Welch schöner Glockenturm!<br />
Welch altertümliche Pumpe mit Schwengel!<br />
Welch Baum- und Blütenschmuck! Rechts<br />
und links vom breiten Mittelgang lagen je<br />
12 einfache Rotsteinhäuschen, Wohnungen<br />
für 24 Hamburger Witwen. Bereitwillig<br />
gaben die alten Damen, die gerade des<br />
Wegs kamen, Auskunft und waren glücklich,<br />
uns einen Blick in ihr Paradies geben<br />
zu können. Sogar früchteschwere Apfelbäume<br />
standen in den Hintergärten, wie im wirklichen<br />
"Paradies."<br />
Jede Alte hatte ihr Reich und ihr Haus<br />
für sich: Unten 2 Zimmer und Küche, eine<br />
Wendeltreppe führte ins Mansardenzimmer,<br />
ein paar <strong>St</strong>ufen in den Vorratskeller. Die<br />
Miete war gering, 5 Mark im Monat. Holz<br />
und Torf zur Feuerung wurde, wie die Beleuchtung,<br />
unentgeltlich geliefert. Bedingungen<br />
zur Aufnahme waren: Die Witwe<br />
mußte mindestens 45 Jahre alt und von lauterem<br />
Lebenswandel sein. Nie durfte sie<br />
Armengeld empfangen haben noch gewillt<br />
sein. es zu tun. Also Unvermögende waren<br />
ausgeschlossen. Oft gabs noch geldliche<br />
Spenden aus einem Testament.<br />
"Das sind ja ideale Zustände. Da ist der<br />
Andrang, hier zu wohnen, wohl groß?"<br />
"Söben Johr hew ick täuben mußt, un wer<br />
hier keen Protekschon hett durch Herrn Senater<br />
oder Fm Pastohr kümmt gornich an<br />
de Reeg." Ich schaute mir die zufriedenen<br />
alten Damen an, die es "geschafft" hatten.<br />
Umsonst suchte man nach Altweibertypen,<br />
"so recht spitälsch".<br />
Durch Nachschlagen in alten Hamburger<br />
Adreßbüchern von 1793 an konnte gefunden<br />
werden: Das <strong>St</strong>ammhaus hieß "Isaack Hesse,<br />
Kattunmakler und alle Sorten Ellenwaren" .<br />
(Textilkaufmann würde man heute sagen.)<br />
Im Jahre 1830 hatte Hartwig Hesse sein Geschäft:<br />
Admiralitätstraße 21. Im Jahre 1840<br />
scheint er sich zur Ruhe gesetzt zu haben<br />
und wohnt Esplanade 37, Wallseite. Er starb<br />
als Junggeselle. 100000 Mark waren die<br />
Wohnungen ohne das Grundstück wert.<br />
Diese 24 Wohnungen schenkten mehr als<br />
100 Jahre vielen Hamburger Witwen Haus<br />
und Heim, in dem sie geborgen vor den<br />
Lebensstürmen waren. Bis 1943 der Terrorsturm<br />
über <strong>St</strong>. <strong>Georg</strong> und die <strong>St</strong>iftswohnungen<br />
hinwegfegte.<br />
Und heute? Wer durch die <strong>St</strong>iftstraße<br />
geht, dem fallen die schönen Neubauten auf.<br />
In goldenen Lettern lesen wir: "Hartwig<br />
Hesses Witwenstift." Beim langsamen Wandern<br />
um die 3 Bauabschnitte freuen wir uns<br />
über den bunten Blumenschmuck und die<br />
vielen weißen Ruhebänke. Jede Wohnung<br />
scheint Laubengang oder Balkon zu haben.<br />
Hier der Gedenkstein sagt uns: "Hartwig<br />
Hesse, geboren in Hamburg 1778, gestorben<br />
daselbst 1848." Wie schön dort auf den Fliesen<br />
der Sonnenweiser, ein kunstvolles Kreuz<br />
X mit den Tageszeitenl Er hat den Terror<br />
überlebt wie die hohen Platanen im Vorgarten<br />
in der <strong>St</strong>iftstraße und der mächtige<br />
Sperrgranit, der jetzt zwischen den Bäumen<br />
aufgestellt ist und früher, vor dem Terror,<br />
den Eingang zum <strong>St</strong>ift für Fahrzeuge sperrte.<br />
Um so verlockender war es für die <strong>St</strong>. <strong>Georg</strong>er<br />
Jugend zum Hinüberjumpen. Ob noch<br />
mehr Andenken an die alten <strong>St</strong>iftwohnungen<br />
erhalten geblieben sind?<br />
Auskunft vermag uns die Verwalterin,<br />
Frau Duncker, zu geben. Erfreut, daß jemand<br />
Interesse für ihr <strong>St</strong>ift hat, beantwortet sie<br />
J~l(J.<br />
-H. -H.1flöILep<br />
HAMBURG 1<br />
Schmilinskystraße 49<br />
Tel. 24 35 40<br />
REPARATUREN<br />
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