Bragg Brentano Diffraktometer -- Versuch zur Bestimmung von ...
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Das BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong><br />
<strong>Diffraktometer</strong> des BRAGG-BRENTANO-Typs werden ihnen in Forschungseinrichtungen aller<br />
Art, sei es an der Hochschule oder Forschungs- und Entwicklungslaboratorien der Industrie,<br />
wohl am häufigsten begegnen. Schon deshalb ist es nützlich, wenn sie <strong>von</strong> der Existenz dieser<br />
Geräte und ihrer prinzipiellen Arbeitsweise Kenntnis haben. Diese Geräte werden heute mit<br />
großer mechanischer Präzision hergestellt, -Winkelpositionierungen bis zu einer Genauigkeit<br />
<strong>von</strong> 1/10.000tel Grad sind Stand der Technik-, sie sind einfach zu bedienen und mit leistungsstarker<br />
Software <strong>zur</strong> Bearbeitung der unterschiedlichen kristallographischen Problemstellungen<br />
ausgestattet. Es sind gewissermaßen die 'Arbeitspferde' in vielen Forschungseinrichtungen,<br />
aber auch Stellen der Qualitätssicherung und Materialcharakterisierung. Denken sie z.B.<br />
an die routinemäßig durchgeführte RÖNTGENographische Phasenanalyse der Rohstoffe in Zementwerken<br />
und der fertig gebrannten Zementklinker, oder die verschiedenen röntgenographischen<br />
Methoden <strong>zur</strong> Materialcharakterisierung <strong>von</strong> Wafern aus Halbleiterkristallen wie<br />
Silizium, Siliziumkarbid oder Galliumarsenid, oder photovoltaischer Materialien <strong>zur</strong> Herstellung<br />
<strong>von</strong> Solarzellen.<br />
Wie ist ein BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong> prinzipiell aufgebaut?<br />
Als Quelle verwenden wir eine Röntgenröhre mit Kupferanode. Der vom Strichfokus der<br />
Röhre emittierte Strahl wird durch einen Soller-Kollimator in seiner axialen Divergenz eingeschränkt.<br />
Axial heißt hier die Divergenz parallel <strong>zur</strong> Probendrehachse des <strong>Diffraktometer</strong>s.<br />
In der hierzu senkrechten Richtung wird die Divergenz durch eine zweite einfache Blende aus<br />
Messing zusätzlich in ihrer vertikalen Divergenz eingeschränkt. Vertikal heißt hier vertikal<br />
<strong>zur</strong> bestrahlten Probenoberfläche. Die Kombination beider Blenden schneidet aus der <strong>von</strong> der<br />
Anode isotrop in den Raum emittierten Strahlung sozusagen einen 'Lichtmast aus RÖNTGENstrahlung'<br />
heraus, der dann im Mittelpunkt des <strong>Diffraktometer</strong>s auf die ebene Probe trifft. Das<br />
<strong>Diffraktometer</strong> arbeitet in Reflektionsgeometrie, nicht in der Durchstrahlung der Probe. Das<br />
System <strong>von</strong> DEBYE-SCHERRER-Kegeln (Abb. 1) wird in den Halbraum oberhalb der ebenen<br />
Probe gebeugt.<br />
Abb. 1:<br />
DEBYE-SCHERRER-Kegel<br />
Die an richtig orientierten Kristalliten gebeugte Strahlung wird unter dem Beugungswinkel<br />
2 wieder in etwa auf einen Strich abgebildet. Am Ort dieser Abbildung befindet sich erneut<br />
1
eine Blende, die sogenannte Aufnahmeblende. Der Abstand zwischen Strichfokus, also Strahlungsquelle<br />
und Probe sowie zwischen Probe und Aufnahmeblende ist derselbe. Dies ist in<br />
allen BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong>n so und Voraussetzung für die sogenannte Parafokussierung,<br />
ein essentielles Charakteristikum des Gerätes (siehe Abb. 2).<br />
Abb. 2:<br />
<strong>Bragg</strong>-<strong>Brentano</strong> <strong>Diffraktometer</strong> (-Geometrie, siehe Kap. Bauarten <strong>von</strong><br />
<strong>Bragg</strong>-<strong>Brentano</strong> <strong>Diffraktometer</strong>n …)<br />
Entweder vor oder hinter der Aufnahmeblende können noch ein zweiter Sollerkollimator und<br />
eine Blende <strong>zur</strong> Reduzierung <strong>von</strong> Streustrahlung angebracht sein, die <strong>von</strong> der Probe und dem<br />
Probenhalter ausgeht (-der Ursprung dieser unerwünschten Streustrahlung kann z.B. Fluoreszenz<br />
oder COMPTONstreuung sein). Nach der Aufnahmeblende befindet sich ein Sekundärmonochromator<br />
aus Graphit. Dieser bildet den detektierten Ausschnitt der DEBYE-SCHERRER-<br />
Ringe auf die Detektorblende ab. Direkt hinter der Detektorblende befindet sich der Strahlungsdetektor.<br />
Das Gerät, welches sie bedienen werden, ist mit einem Gas-Proportionalzähler<br />
ausgestattet. Diesem widmen wir ein eigenes kleines Kapitel. Das Ensemble <strong>von</strong> Aufnahmeblende,<br />
Sekundärmonochromator und Detektor kann als Ganzes fest zueinander positioniert<br />
um die Probenachse gedreht werden. Dabei durchfährt die Aufnahmeblende das System <strong>von</strong><br />
DEBYE-SCHERRER-Kegeln, welches an der Probe abgebeugt wird.<br />
Der Röntgendetektor – ein Gas-Proportionalzähler<br />
Alle RÖNTGENdetektorsysteme basieren auf der Eigenschaft <strong>von</strong> hochenergetischer elektromagnetischer<br />
Strahlung, die Materie zu ionisieren. Röntgenquanten treffen auf das Detektormaterial<br />
und setzen Ladungen, d.h. Elektronen frei. Diese Ladungen werden detektiert und<br />
sind ein Maß für die Intensität der auftreffenden Strahlung. Die Detektoren müssen drei essentielle<br />
Eigenschaften in sich vereinen: Sie sollten eine große Quantenausbeute besitzen; im<br />
Idealfall sollten sie jedes auftreffende RÖNTGENquant nachweisen. Ihr Ansprechverhalten<br />
sollte über einen großen Bereich einfallender Strahlungsintensität linear sein, d.h. es sollte<br />
2
eine direkte Proportionalität zwischen der Rate einfallender Photonen pro Sekunde und der<br />
Anzahl resultierender Spannungspulse bestehen. Der Detektor sollte Spannungspulse produzieren<br />
deren Absolutwert proportional <strong>zur</strong> Energie der Röntgenquanten ist. So wird eine<br />
Energiediskriminierung durch die folgende Detektorelektronik ermöglicht. Das ist sehr wünschenswert,<br />
weil dann elektronisch ein 'Energiefenster' eingestellt werden kann, so dass nur<br />
Photonen mit Energien E±E um die charakteristische Energie der RÖNTGENanode detektiert<br />
werden. Der Untergrundbeitrag in ihrer Energie verschobener, d.h. inelastisch gestreuter Photonen<br />
wird so reduziert.<br />
Hauptsächlich verwendete Detektortypen sind Gas-Proportionalzähler, auch bekannt unter<br />
dem Begriff GEIGER-MÜLLER-Zählrohr, Szintillationszähler und Festkörperdetektoren mit<br />
aktiven Dioden aus Si(Li), Ge(Li), CdTe oder HgI. Wir beschreiben nun kurz die Arbeitsweise<br />
des Gas-Proportionalzählers. Im Wesentlichen besteht der Zähler aus einer gasgefüllten<br />
Röhre durch die ein Zähldraht gespannt ist. Zwischen dem Draht und der Röhrenwand wird<br />
eine Potentialdifferenz <strong>von</strong> 1.5-2 kV aufrechterhalten. Durch ein RÖNTGENdurchlässiges Fenster,<br />
z.B. aus dünnem Berylliumblech, treten die Photonen in das Detektionsvolumen ein. Treffen<br />
sie auf ein Gasmolekül, so ionisieren sie es. Es bildet sich ein Ionenpaar aus Elektron und<br />
positiv geladenem Ion. Ist das Detektionsgas Xenon, so genügt eine Energie <strong>von</strong> 20.8eV, um<br />
das Molekül zu ionisieren. Arbeiten sie mit einer Kupferanode, dann hat die primäre RÖNT-<br />
GENstrahlung der charakteristischen Kupfer K Linie eine Energie <strong>von</strong> 8.04keV und jedes<br />
Photon kann maximal 8040/20.8 = 387 Ionenpaare erzeugen. Die freien Elektronen wandern<br />
<strong>zur</strong> Anode, die positiv geladenen Ionen <strong>zur</strong> geerdeten Gehäusewand. Dort werden sie wieder<br />
elektrisch neutralisiert und stehen für weitere Ionisationsprozesse <strong>zur</strong> Verfügung. Die Elektronen<br />
werden vom positiven Feld der Anode angezogen und beschleunigt. Diese kinetische<br />
Energie wird teilweise in weiteren Stößen mit Gasmolekülen <strong>zur</strong> erneuten Ionisation umgesetzt.<br />
D.h. jedes primär durch ein RÖNTGENquant freigesetzte Elektron kann etliche sekundäre<br />
Elektronen freisetzen. Diesen Prozess nennt man Gasverstärkung. Der Verstärkungsfaktor<br />
liegt zwischen 10 3 und 10 5 und ist abhängig <strong>von</strong> der Feldstärke. Diese wiederum wird <strong>von</strong> der<br />
angelegten Spannung und dem Durchmesser des Zähldrahtes zum Durchmesser des Detektorgehäuses<br />
bestimmt. Ein solcher Schwarm <strong>von</strong> Elektronen, der wie ein kurzer elektrischer<br />
Blitz das Gasvolumen durchschlägt, verursacht einen Spannungsabfall am Kondensator eines<br />
RC-Glieds. Die Spannungspulse werden weiter verstärkt und der Zählelektronik zugeführt.<br />
Wenn alles richtig eingestellt ist, sagt ihnen diese dann, wie viele RÖNTGENquanten pro Zeit<br />
auf ihren Detektor aufgetroffen sind. Es folgt noch die Übersetzung des Analog- in ein Digitalsignal,<br />
damit es ihr Rechner auch noch verstehen kann. Produkt der Messung wird also eine<br />
zweispaltige Zahlenkolonne sein in der Paare <strong>von</strong> Winkel- und Intensitätswerten notiert sind.<br />
Diese Kolonne wird im Speicher eines Rechners abgelegt und steht für folgende Auswerteprozeduren<br />
<strong>zur</strong> Verfügung.<br />
Bauarten <strong>von</strong> BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong>n und generelle<br />
Betrachtungen<br />
Es gibt vertikale und horizontale Bauarten <strong>von</strong> BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong>n. In vertikalen<br />
<strong>Diffraktometer</strong>n liegt die ebene Probe, in Horizontalen steht sie aufrecht. An horizontalen<br />
<strong>Diffraktometer</strong>n können sie einfacher schwere Zusatzgeräte zum Heizen, Kühlen, Drücken<br />
etc. um die Probe montieren, weil diese dann nicht an der Probenachse ziehen. Vertikale<br />
<strong>Diffraktometer</strong> haben den Vorteil, dass sie im Modus betrieben auch flüssige Proben<br />
untersuchen können, ohne dass diese aus dem Probenhalter fließen. Im Modus liegt die<br />
Probe im <strong>Diffraktometer</strong> und wird nicht bewegt. Stattdessen bewegen sich die Quelle und der<br />
3
Detektor um die Probe. Diese Betriebsart werden sie im Praktikum kennen lernen. Frühere<br />
<strong>Diffraktometer</strong> konnten nur im Modus betrieben werden. Die Quelle war immer in Ruhe;<br />
bewegt wurden der Detektor um die Probe und die Probe selber. Ältere Modelle <strong>von</strong><br />
Röntgenröhren mit ihrem umgebenden Strahlenschutzgehäuse waren voluminös und deutlich<br />
schwerer als heutige Röntgenquellen. Dadurch bewegte man sie nur ungern, und es war auch<br />
nicht so einfach, die erforderliche Präzision der Bewegung zu erreichen. Die beiden Betriebsarten<br />
des vertikalen BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong>s werden möglich, weil es zwei Arten<br />
gibt, das System der Beugungskegel auszumessen; Arten, die sich in den relativen Bewegungen<br />
<strong>von</strong> Quelle, Probe und Detektor zueinander unterscheiden. Natürlich müssen sie immer<br />
die <strong>Bragg</strong>sche Beugungsbedingung erfüllen und dies für alle Netzebenenabstände, die sie<br />
ausmessen wollen. Dies ist in der BRAGG-BRENTANO-Geometrie ganz analog <strong>zur</strong> DEBYE-<br />
SCHERRER-Technik schon dadurch gegeben, dass der einfallende primäre Röntgenstrahl auf<br />
eine Probe trifft, in der idealerweise alle Orientierungen der Kristallite mit gleicher Häufigkeit<br />
anzutreffen sind. Sie regen also auch im BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong> immer alle Beugungskegel<br />
gleichzeitig an und können nun deren Intensität ausmessen, indem sie den Detektor<br />
auf einem Kreis, dessen Mittelpunkt die Probenachse ist, herumfahren lassen. Dieser Kreis<br />
heißt Detektorkreis. Wie sie sehen werden, geschieht dies auch in dem <strong>Diffraktometer</strong>, welches<br />
sie benutzen werden. Sie könnten sich nun fragen, warum sie die Probe selber auch noch<br />
drehen müssen, wenn sie mit feststehender Quelle messen? Die Antwort ist, dass sie ansonsten<br />
die Parafokussierungsbedingung verletzten. Und das wäre schade, ist doch die Parafokussierung<br />
gerade eine der wesentlichen Modifikationen des BRAGG-BRENTANO-Prinzips gegenüber<br />
der DEBYE-SCHERRER-Kamera, welche zu größeren Beugungsintensitäten führt. Um die<br />
Parafokussierungsbedingung für alle Beugungswinkel zu erhalten, müssen sie gleichzeitig die<br />
Probe mit der halben Winkelgeschwindigkeit des Detektors drehen.<br />
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass andere Methoden, bzw. andere geometrische<br />
Realisierungen desselben Beugungsprinzips wie die DEBYE-SCHERRER-Kamera, GAN-<br />
DOLFI- oder GUINIER-Kameras oder <strong>Diffraktometer</strong> ihren Nutzen und ihre Berechtigung gegenüber<br />
dem BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong> nicht verloren haben. Jede Methode hat ihre<br />
Vorteile und ihre Nachteile und man sollte immer prüfen, welche Beugungsgeometrie sich <strong>zur</strong><br />
Lösung eines speziellen materialwissenschaftlichen Problems am besten eignet. An Gebräuchlichkeit<br />
haben die anderen Methoden sicherlich mit der Entwicklung der digitalisierten<br />
Datenaufnahme eingebüßt. Durch Detektoren wie den Gas-Proportionalzähler und Szintillationszähler<br />
mit entsprechender elektronischer Signalweiterverarbeitung und letztlich der Speicherung<br />
der Daten mit Rechnern, wurde die Arbeit in der Dunkelkammer <strong>zur</strong> Entwicklung<br />
des 'Detektormediums Film' zunehmend abgelöst. Dieser Trend wurde inzwischen längst wieder<br />
gebremst. Der große Vorteil des Films ist seine Flächigkeit, d.h. er kann je nach Zuschnitt<br />
große Ausschnitte aus dem Beugungsraum gleichzeitig detektieren. Außerdem ist RÖNTGENfilm<br />
kostengünstig. Mehr und mehr werden die klassischen Filmmethoden mit alternativen<br />
Flächendetektoren ausgerüstet, die die Vorteile des Films mit denen der digitalisierten Datenaufnahme<br />
vereinen. Zu nennen sind hier ganze Arrays aus Gas-Proportionalzählern, CCD<br />
(Charge Coupled Device) basierte Detektoren (-die nicht kostengünstig sind, sondern auch<br />
schon mal einige 100T€ kosten-) und Speicherleuchtstoffe, die wie der RÖNTGENfilm auch ein<br />
latentes Bild speichern, welches dann durch Laserbestrahlung 'sichtbar' gemacht werden kann.<br />
Solche Speicherleuchtstoffe sind inzwischen billig zu erstehen. Folien <strong>von</strong> DIN A4 Größe<br />
kosten nur noch einige hundert Euro.<br />
Doch <strong>zur</strong>ück zum Gegenstand des heutigen Praktikumstages. Warum sahen die Herren<br />
BRAGG und BRENTANO die Notwendigkeit ein neues <strong>Diffraktometer</strong> zu entwickeln, da es<br />
doch die gut funktionierende DEBYE-SCHERRER-Kamera gab? Von welchen Motiven sie letztlich<br />
getrieben waren, wird uns wohl verborgen bleiben; fachlich für uns nachvollziehen lassen<br />
4
sich die experimentellen Unterschiede zwischen den beiden Geräten und denen wollen wir<br />
uns jetzt zuwenden. Generell sollten sie ein <strong>Diffraktometer</strong> immer modular aufgebaut betrachten.<br />
Jedes <strong>Diffraktometer</strong> besteht aus einer Strahlungsquelle, dem Probenhalter, d.h. einer<br />
Möglichkeit, die jeweilige Probe im Strahl zu exponieren und eventuell zu bewegen und dem<br />
Detektor, der die abgebeugte Strahlung als Funktion des Beugungswinkels detektiert. Zwischen<br />
Quelle und Probe und Probe und Detektor können sie weitere Bauteile einfügen, die die<br />
Eigenschaften des primären und abgebeugten Strahles modifizieren, so im Labor am häufigsten<br />
anzutreffen Monochromatoren und verschiedene Blenden, aber auch Röntgenspiegel.<br />
Das ist sozusagen die oberste Ebene der Betrachtungsweise eines Beugungsinstrumentes. Dieser<br />
Modularität tragen die großen Gerätehersteller heute auch Rechnung, indem sie mit wenigen<br />
Handgriffen austauschbare und präzise zu justierende Teile liefern, mit denen sie ihr Gerät<br />
für die jeweilige Anwendung Maß schneidern können. Ein solches Gerät werden sie im<br />
Praktikum kennen lernen. Die unterschiedlichen experimentellen Entwicklungen zeichnen<br />
sich immer durch Modifikationen an diesen vier oben genannten Hauptbestandteilen eines<br />
<strong>Diffraktometer</strong>s aus. Was wurde also bei der Entwicklung des BRAGG-BRENTANO-<br />
<strong>Diffraktometer</strong>s im Vergleich <strong>zur</strong> DEBYE-SCHERRER-Kamera modifiziert und warum? In den<br />
Anfängen der Strukturuntersuchung waren deren experimentelle Möglichkeiten im Wesentlichen<br />
durch die Leuchtdichte der Strahlungsquellen und der Detektionsempfindlichkeit der<br />
Detektoren eingeschränkt. Man lebte mit 'wenigen' Photonen ein im Vergleich zu heutigen<br />
Experimentatoren eher geruhsames Leben.<br />
Das Leben war den nach Erkenntnis heischenden Naturwissenschaftlern dann wahrscheinlich<br />
doch ein wenig zu geruhsam und etliche Jahre war es ein zentrales Bestreben, die Intensität<br />
der gerade erfundenen Meßmethode zu steigern. Und das möglichst ohne die Winkelauflösung<br />
zu verlieren. Denn natürlich können sie immer Intensität gewinnen, wenn sie die Divergenz<br />
Ausnutzen. Nur leider verlieren sie dann die Winkelauflösung des Gerätes. Die BRAGG-<br />
BRENTANO-Geometrie ist ein genialer Schritt in diese Richtung größere Beugungsintensität.<br />
Hauptingredienzen <strong>zur</strong> Verwirklichung des Ziels ' mehr Intensität' sind:<br />
1) Bestrahle ein größeres Probenvolumen. In BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong>n werden<br />
typische Flächen <strong>von</strong> 1cm 2 bestrahlt. Das Volumen ergibt sich dann durch die Eindringtiefe<br />
der Strahlung, ist also <strong>von</strong> der Probenabsorption mitbestimmt. Denken sie daran, wie klein<br />
das Probenvolumen im Falle der DEBYE-SCHERRER-Methode war nämlich etwa 0.3mm<br />
Durchmesser der Kapillare, bestrahlt <strong>von</strong> einem RÖNTGENstrahl ähnlichen runden Querschnitts....<br />
Ein Nachteil, der auch ein Vorteil sein kann. Eignen sich doch gerade Modifikationen<br />
dieser Methode dazu, kleinste Probenmengen zu untersuchen. Wenn ihnen fast keine Probe<br />
<strong>zur</strong> Untersuchung <strong>zur</strong> Verfügung steht, benötigen sie auch kein <strong>Diffraktometer</strong>, welches<br />
konzeptionell auf Intensitätsgewinn durch Vergrößerung der Probenmenge ausgelegt ist.<br />
Dann werden andere Merkmale des <strong>Diffraktometer</strong>s wie ein sehr gutes Reflex-zu-Untergrund-<br />
Verhältnis wichtiger.<br />
2) Verwende den Strichfokus der Röhre, nicht den Punktfokus. Hierdurch wird <strong>von</strong> der Quelle<br />
an schon mehr Intensität <strong>zur</strong> Verfügung gestellt und es kann eine größere Fläche bestrahlt<br />
werden.<br />
Die DEBYE-SCHERRER-Kamera 'schaut' auf den Punktfokus der RÖNTGENanode, das BRAGG-<br />
BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong> auf den Strichfokus. Die <strong>von</strong> der Glühwendel der Kathode emittierten<br />
Elektronen werden im WEHNELT-Zylinder als Strich der Länge 15mm und Breite<br />
0.1mm (dies sind typische Werte, die je nach Röhrentyp unterschiedlich sein können. Für<br />
unterschiedliche Anwendungen gibt es auch hier verschiedene Spezifikationen) auf das Ano-<br />
5
denmaterial fokussiert. Schauen sie nun, bzw. ihr <strong>Diffraktometer</strong>, unter einem kleinen Beobachtungswinkel<br />
zwischen 1°-8° entweder parallel zu diesem RÖNTGENstrahlung aussendenden<br />
Strich, so sehen sie einen Punktfokus; schauen sie senkrecht auf den Strich, sehen sie<br />
eben den Strichfokus als Strahlungsquelle. Mit einem Lineal, das sie unter verschiedenen<br />
Winkeln und aus zueinander senkrechten Richtungen anschauen, können sie sich ganz einfach<br />
die beiden Bilder der Quelle verdeutlichen.<br />
Die Verwendung unterschiedlicher Foki bestimmt dann die geometrische Form der kollimierenden<br />
Blenden im Primärstrahl. Denken sie an die parallelen Bleche der Soller-Kollimatoren<br />
im BRAGG-BRENTANO-<strong>Diffraktometer</strong>, die an einem Punktfokus natürlich keinen Sinn ergäben.<br />
Weitere Intensitätsgewinne sind durch echte Fokussierung der gebeugten Strahlung an der<br />
Probe selber oder am Ort des Detektors zu erzielen. Strahlung aus einem großen Raumwinkel<br />
kann so gebündelt werden. Echte Fokussierung durch Einkristalle erhöht auch noch die Auflösung<br />
des <strong>Diffraktometer</strong>s.<br />
Literatur <strong>zur</strong> Pulverbeugung<br />
• Ron Jenkins & Robert L. Snyder, „Introduction to x-ray powder diffractometry“, Vol.<br />
138 in Chemical Analysis, Ed. J.D. Winefordner, Wiley Interscience Publications,<br />
1996<br />
• H.P. Klug & L.E. Alexander, „X-ray diffraction procedures for polycristalline and<br />
amorphous materials‘, John Wiley & Sons, N.Y., 1974<br />
• L.V.Azaroff & M.J.Buerger, ‚ The powder method in crystallography‘, Mc Graw Hill<br />
Book Company, 1958<br />
• H. Krischner & B. Koppelhuber-Bitschnau, ‚Röntgenstrukturanalyse und Rietveldmethode,<br />
Vieweg Lehrbuch Analytische Chemie, 1994<br />
• R.A. Allmann, ‚Röntgen-Pulver-Diffraktometrie, Clausthaler Tektonische Hefte 29,<br />
Verlag Sven <strong>von</strong> Loga, Köln, 1994<br />
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