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Dreidimensionale Modelle kühler Sternatmosphären - AIP

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Örtliche Linienprofile<br />

Eindimensionales Modell<br />

Gemitteltes dreidimensionales Modell<br />

Örtliche Linienprofile<br />

Eindimensionales Modell<br />

Gemitteltes dreidimensionales Modell<br />

2.0<br />

2.0<br />

Intensität<br />

1.5<br />

1.0<br />

Intensität<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.5<br />

0.0<br />

–15 –10 –5 0 5 10 15<br />

V [km/s]<br />

0.0<br />

–15 –10 –5 0 5 10 15<br />

V [km/s]<br />

<br />

Abb. 3: Detailansicht der Spektrallinie<br />

des neutralen Eisens (FeI)<br />

bei 525.0 nm. Neben den einzelnen<br />

Linienprofilen für unterschiedliche<br />

Positionen auf der<br />

Oberfläche (schwarz), ist das horizontal<br />

gemittelte Profil (grün)<br />

sowie das mit Hilfe der eindimensionalen<br />

mittleren Atmosphäre<br />

erhaltene Linienprofil (rot) zu<br />

sehen. Die Wellenlängenskala<br />

ist hier durch die entsprechende<br />

Dopplergeschwindigkeit ausgedrückt<br />

(ΔV = 0 entspricht der<br />

Laborwellenlänge).<br />

Wäre dieser Befund von allgemeiner<br />

Gültigkeit, würde er die klassische, auf<br />

eindimensionalen <strong>Modelle</strong>n basierende,<br />

Methode der Spektralanalyse rechtfertigen.<br />

Tatsächlich hängt jedoch das Maß<br />

der Übereinstimmung zwischen den eindimensionalen<br />

und den dreidimensionalen<br />

Profilen von der Temperaturempfindlichkeit<br />

der betrachteten Spektrallinie ab.<br />

Würde man etwa die Titan-Häufigkeit<br />

der Sonne aus der TiI-Linie bei der Wellenlänge<br />

von 542.63 Nanometer bestimmen,<br />

erhielte man aus der eindimensionalen<br />

Analyse einen um 60 Prozent zu<br />

hohen Wert.<br />

Konvektion<br />

in metallarmen Halo-Sternen<br />

Sterne im Halo des Milchstraßensystems<br />

haben meist einen deutlich geringeren<br />

Metallgehalt als die Sonne; sie gehören<br />

zu den ältesten bekannten stellaren Objekten<br />

unserer Galaxis. Da sie aus der<br />

Frühphase der Milchstraßenentwicklung<br />

stammen, ist die genaue Kenntnis<br />

ihrer chemischen Zusammensetzung<br />

von besonderer Bedeutung für das Verständnis<br />

der Entstehung der Elemente<br />

und der chemischen Entwicklung von<br />

Galaxien. Der Lithiumgehalt dieser Objekte<br />

lässt sogar Rückschlüsse auf die<br />

physikalischen Bedingungen während<br />

des Urknalls zu. Bereits ältere <strong>Modelle</strong><br />

haben gezeigt, dass die Konvektion in<br />

den Oberflächenschichten metallarmer<br />

Halo-Sterne vom Spektraltyp F kräftiger<br />

als in der Sonne ist und höher in die<br />

Atmosphäre hineinreicht. Demzufolge<br />

erwartet man, in den Spektren solcher<br />

Sterne deutliche »Fingerabdrücke« konvektiver<br />

Strömungen zu sehen. Im Prinzip<br />

sieht das Granulationsmuster ähnlich<br />

aus wie auf der Sonne. Ausgedehnte helle<br />

Gebiete aufsteigenden heißen Gases werden<br />

durch ein Netzwerk schmaler dunkler<br />

Kanäle voneinander getrennt, in denen<br />

kühles Gas ins Sterninnere absinkt.<br />

Das Beispiel in Abb. 4 demonstriert<br />

einen wichtigen Effekt, der für die Sonne<br />

weniger stark ausgeprägt ist: Das räumlich<br />

gemittelte dreidimensionale Linienprofil<br />

(grün) ist erheblich stärker als das<br />

eindimensionale Linienprofil (rot), welches<br />

von der repräsentativen eindimensionalen<br />

Modellatmosphäre emittiert<br />

wird. Letztere gibt zwar den Tiefenverlauf<br />

der mittleren Temperatur des hydrodynamischen<br />

dreidimensionalen Modells<br />

richtig wieder, kann aber die horizontalen<br />

Inhomogenitäten grundsätzlich nicht<br />

erfassen.<br />

Der Unterschied der beiden Linienprofile<br />

zeigt also selektiv die spektroskopischen<br />

Auswirkungen der horizontalen<br />

Temperaturschwankungen. Offensichtlich<br />

bewirken diese Fluktuationen eine<br />

systematische Verstärkung der Spektrallinien.<br />

Standard-Spektralanalysen vernachlässigen<br />

diesen Effekt, was in dem<br />

hier betrachteten extremen Fall dazu<br />

führt, dass die Eisenhäufigkeit um nahezu<br />

einen Faktor 5 überschätzt wird, wenn<br />

man sie aus dieser einen Linie bestimmt.<br />

Eine zusätzliche Fehlerquelle ist, dass die<br />

eindimensionalen Modellatmosphären<br />

bei metallarmen Sternen systematisch<br />

<br />

Abb. 4: Darstellung der synthetischen<br />

Linienprofile analog zu<br />

Abb. 3. Bemerkenswert ist der<br />

große Unterschied der Linienstärke<br />

zwischen dem eindimensionalen<br />

Fall (rot) und dem dreidimensionalen<br />

Fall (grün).<br />

zu hohe Temperaturen der oberen Photosphäre<br />

liefern. Die Annahme des Strahlungsgleichgewichts<br />

ist hier keine gute<br />

Näherung. Insgesamt können die systematischen<br />

Fehler zu Elementhäufigkeiten<br />

führen, die um den Faktor 7 falsch sind.<br />

Fehler dieser Größenordnung sind für<br />

die Sternspektroskopie unakzeptabel.<br />

Im Fall von Eisen kann man das Problem<br />

umgehen, indem man die Analyse statt<br />

mit Linien des neutralen Eisens (FeI) mit<br />

Linien des ionisierten Eisens (FeII) durchführt,<br />

die weniger temperaturempfindlich<br />

sind. So etwas ist jedoch nicht für<br />

alle Elemente möglich. Für die wichtige<br />

Bestimmung der Lithiumhäufigkeit ist<br />

man zum Beispiel auf die bekannte LiI-<br />

Linie bei einer Wellenlänge von 670.7 Nanometer<br />

angewiesen, die ähnlich anfällig<br />

ist wie die oben diskutierte FeI-Linie. Die<br />

Entstehung der LiI-Linie ist allerdings<br />

komplizierter, da diese Atome nicht im<br />

lokalen thermodynamischen Gleichgewicht<br />

sind. Die Berücksichtigung dieser<br />

Effekte erfordert aufwendige Rechnungen,<br />

die derzeit noch in Arbeit sind.<br />

MATTHIAS STEFFEN<br />

Literaturhinweis<br />

B. Freytag, M. Steffen, B. Dorch:<br />

»Spots on the Surface of Betelgeuse.<br />

Results from New 3D Stellar<br />

Convection Models«, Astron.<br />

Nachrichten 323 3/4, 213–219<br />

[2002].<br />

STERNE UND WELTRAUM November 2004<br />

23

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