Einladung zum Vortrag
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STORY<br />
Stattdessen: einfach ein gutes Gefühl.<br />
Punkt acht Uhr geht´s los. Ich im Handbike,<br />
Thomas – wie vor wenig mehr als<br />
einem Jahr an meinem Krankenbett<br />
versprochen – mit dem Rennrad. Zwei<br />
weitere Freunde begleiten uns mit dem<br />
Servicefahrzeug. Nach wenigen Stunden<br />
bin ich vollkommen im Fluss. Jede Umdrehung<br />
verschafft mir mehr Gleichgewicht,<br />
perfekte Balance und tiefe Freude.<br />
An meinem „SRM“ beobachte ich permanent<br />
meine Leistung in Watt, die Cycleund<br />
Herzfrequenz, die Geschwindigkeit<br />
und die Durchschnittswerte der letzten<br />
Minuten und Stunden. Ich bin schneller als<br />
erwartet. Bei exakt gleicher Wattleistung<br />
erziele ich höhere Geschwindigkeiten,<br />
fühle mich fitter und bin einfach ergonomischer<br />
unterwegs. Wir minimieren die<br />
Pausen. Ich bin nicht müde und mir dabei<br />
allerdings kaum bewusst, dass meinem<br />
Freund Thomas auf dem Rennrad alles<br />
deutlich schwerer fällt. An Steigungen<br />
muss er langsamer fahren, als er eigentlich<br />
kann, um bei mir zu bleiben. Bei Abfahrten<br />
hingegen hält er kaum mit – für<br />
ihn als treuer Begleiter werden die 540 km<br />
eine Tortur. Für mich ist jeder Kilometer<br />
der pure Luxus, eine Art „innere Heilung“<br />
nach vielen Nackenschlägen, die – wie<br />
könnte es anders sein – nicht immer nur<br />
mein Äußeres in Mitleidenschaft gezogen<br />
haben. Nun, hier irgendwo in den norwegischen<br />
Bergen, bin ich völlig bei mir. Ich<br />
verfüge über meine eigene Zeit. Ich fühle<br />
mich „on top of things“. Es ist bestimmt<br />
völlig normal, dass Teilnehmer einer<br />
solchen Leistungsprüfung irgendwann das<br />
Ziel herbeisehnen. Ich hingegen denke mir<br />
im Angesicht dieser immerwährenden<br />
Helligkeit nahe des nördlichen Polarkreises:<br />
„Hoffentlich hört´s nie auf…“.<br />
Trainingsvorbereitungen auf dem Parkplatz des Racket Center Nußloch<br />
„Demut“ und „Dankbarkeit“<br />
Auch diese Strecke, die niemals zu Ende<br />
zu gehen scheint, findet ihr Ziel: Oslo,<br />
eine wunderschöne Stadt an der Spitze<br />
eines Fjords. Es ist Sonntag, der 26. Juni<br />
2011, 9:00 Uhr vormittags. Nur 25 Stunden<br />
nach unserem Start in Trondheim rollen<br />
wir in der norwegischen Hauptstadt ein.<br />
Nur ein Jahr und wenig mehr als einen<br />
Monat nach meinem Unfall bin ich am Ziel.<br />
An unserem Ziel. Thomas auf dem Rennrad,<br />
unsere beiden Begleiter im Servicewagen<br />
– uns verbindet eine gemeinsame<br />
Leistung, ein nicht zu erwartender Verlauf<br />
einer Herausforderung mit ganz<br />
besonderen Vorzeichen. Wir haben unsere<br />
Erfahrung genutzt, treffend geplant, die<br />
richtigen Entscheidungen getroffen,<br />
waren von den Umständen begünstigt<br />
und haben letztlich unsere Chance auch<br />
genutzt. Ich empfinde tiefe Demut im<br />
Angesicht dessen, was da passiert ist –<br />
die letzten Stunden, die vergangenen<br />
Monate. So sitzen wir – rechtschaffend<br />
müde, eigentlich ausgezehrt und gleichzeitig<br />
aufgekratzt – bis drei Uhr früh am<br />
Ufer des Osloer Fjords, blicken voller<br />
Dankbarkeit in die Sonne, die in dieser<br />
einzigartigen Nacht nicht untergehen will,<br />
so, als wolle sie den Tag niemals loslassen.<br />
Mir gegenüber sitzen meine Freunde,<br />
hinter ihnen steht ein Turm mit einer<br />
riesigen Uhr. Und wenn ich nur könnte,<br />
ich würde sie anhalten, einfach festhalten,<br />
so wie jeden einzelnen Augenblick in<br />
dieser norwegischen Mittsommernacht –<br />
am Höhepunkt einer langen Reise…<br />
Gesundheitstraining mit Anspruch!<br />
<strong>Einladung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vortrag</strong><br />
Mittwoch, 07. Dezember 2011<br />
um 19.00 Uhr im Racket Center Nußloch<br />
Voranmeldungen erbeten unter: www.zap-nussloch.de<br />
Zentrum Aktiver Prävention 3 im Racket Center Nußloch<br />
Walldorfer Straße 100 I 69226 Nußloch<br />
“Geht nicht - gibt´s nicht”:<br />
die legendäre große „Kraftprobe“<br />
von Trondheim nach Oslo im Handbike<br />
Tel.: 06224-99090 I Fax: 06224-990917<br />
E-Mail: info@zap-nussloch.de • Internet: www.zap-nussloch.de<br />
Referent:<br />
Errol Marklein
5<br />
STORY<br />
o Geht nicht - gibt´s nicht: von Trondheim nach Oslo im Handbike<br />
Die besondere Geschichte einer langen Reise…<br />
Gerade mal 18 Jahre alt, raubt ihm ein<br />
Querschnitt das Gehvermögen. Im<br />
Rollstuhl entwickelt er sich <strong>zum</strong> Hochleistungssportler.<br />
Mut und Ideenreichtum<br />
machen ihn <strong>zum</strong> Pionier in der Entwicklung<br />
von Sportrollstühlen. Im vergangenen Jahr<br />
brachte ihn ein Unfall beim Handbiken<br />
an den Rand der Vollinvalidität. Nur ein<br />
Jahr und einen Monat später bewältigt er<br />
<strong>zum</strong> zweiten Mal nach 2006 „die große<br />
Kraftprobe“. Die legendären 540 km von<br />
Trondheim nach Oslo „handbiked“ er in<br />
Rekordzeit.<br />
Errol Marklein erzählt…:<br />
Der „Schlag“<br />
Es ist der Tag nach dem MLP-Marathon<br />
2010. Es sollte eine gemütliche, eher<br />
entspannende Runde mit dem Handbike<br />
werden. Stattdessen finde ich mich<br />
am Ende dieses Tages im Krankenhaus<br />
wieder. Die Wucht, mit der das Auto<br />
gegen mich prallt, beendet die Tour<br />
mehr als nur ungemütlich. Über zwanzig<br />
schmerzerfüllte Minuten warte ich auf die<br />
erlösende Injektion durch den Notarzt.<br />
Seine Erstdiagnose: Schlüsselbeinbruch,<br />
Schulterschaden, Rippenfraktur. Erst nach<br />
der Verlegung in die orthopädische Uniklinik<br />
nach Schlierbach entdeckt man den<br />
Grund der angstverfüllten Atemnot, die<br />
mich plagt. Der Befund auf der Intensivstation:<br />
Eine Rippe steckt im rechten<br />
Lungenflügel. Selbiger mit Wasser und<br />
Blut fast vollgelaufen, kollabiert.<br />
Meine „Lage“<br />
So schlimm das alles klingen mag – mein<br />
persönlicher Befund fiel weit dramatischer<br />
aus: Völliger Verlust der Selbstständigkeit.<br />
Hilflosigkeit! Den Blick starr auf die<br />
Decke des Intensivzimmers gerichtet,<br />
fühle ich mich erinnert an damals, vor 35<br />
Jahren. Ich saß im Beifahrersitz, als der<br />
Unfall geschah, der mich <strong>zum</strong> Rollstuhlfahrer<br />
machte. Damals begann ein neues,<br />
ein anderes Leben. Genau darin aber<br />
besteht auch der gefühlte Unterschied.<br />
Völlige Hilflosigkeit ist ein Empfinden von<br />
ganz besonderer Dimension. Hier liege<br />
ich nun, in meinem Krankenbett, wie ein<br />
Vogel mit lahmen Beinen und gebrochenem<br />
Flügel. Dazu kommt meine Selbstkritik,<br />
ja fast schon Ärger über mich<br />
selbst. Hinter mir liegen „sportfaule“ vier<br />
Jahre. Viele Monate mangelnder körperlicher<br />
Aktivität, entschuldigt mit starker<br />
beruflicher Beanspruchung und mit dem<br />
Leistungspensum all dieser Sportlerjahre,<br />
das ich wohl bis <strong>zum</strong> Ende meines Lebens<br />
als ausreichend erachtete. Ich habe 11 kg<br />
mehr auf meinen gebrochenen Rippen<br />
als im Herbst 2006. Damals beendete ich<br />
meine Karriere, nachdem ich als erster<br />
Handbiker mit Querschnittslähmung die<br />
berühmte Radstrecke von Trondheim<br />
nach Oslo in anderthalb Tagen absolvierte.<br />
Heute allerdings lässt ein Blick auf meine<br />
Arme vermuten, dass ich – nach Abzug<br />
der seitdem verlorenen Muskulatur –<br />
wahrscheinlich über 15 kg Fettmasse<br />
angehäuft habe. Mein Stoffwechsel?<br />
Spürbar aus dem Gleichgewicht. Und nun?<br />
Ein Blick zurück bringt Selbsterkenntnis!<br />
Das Existentielle jedoch liegt stets vor<br />
einem. Was also bringt meine Zukunft?<br />
Fortwährend mitfühlende Blicke? »<br />
„Ziel“ und „Zugzwang“<br />
Schon bei meiner ersten „Leistungsprüfung“<br />
vor fünf Jahren war er fest an<br />
meiner Seite. Dr. Thomas Abel, stellvertretender<br />
Leiter am Institut für Bewegungsund<br />
Neurowissenschaft an der Deutschen<br />
Sporthochschule, begleitete meine Vorbereitungen<br />
aus sportwissenschaftlicher<br />
Sicht – und die Tour von Trondheim nach<br />
Oslo damals mit dem Servicefahrzeug.<br />
38 lange und freundschaftlich verbindende<br />
Stunden! Als er, extra aus Köln angereist,<br />
überraschend an meinem Krankenbett<br />
steht, sagen Blicke mehr als Worte. Seine<br />
Augen verraten mir Ungläubigkeit – also<br />
besser als Mitleid im Angesicht meiner<br />
eigentlich erbarmungswürdigen Situation.<br />
Um dieser Ungläubigkeit noch eins draufzusetzen,<br />
verrate ich ihm: „Thomas, in<br />
einem Jahr fahren wir Trondheim-Oslo.<br />
Und Du fährst diesmal mit dem Rennrad<br />
mit!“ Seine Antwort: „In einem halben Jahr<br />
checke ich Deine Werte. Dann erst denke<br />
ich ernsthaft darüber nach.“ Dennoch:<br />
So ist es entstanden, das Ziel – in einer<br />
aussichtslos erscheinenden Lage! Ein<br />
gemeinsames Ziel. Und letztlich auch das<br />
Resultat einer Männerfreundschaft.<br />
Schon bald ist dieses Ziel allen bekannt,<br />
mit zwei wichtigen Konsequenzen. Ein<br />
konkretes Ziel legitimiert den Aufwand.<br />
Sonst käme so manch einer auf die Idee,<br />
die viele körperliche Aktivität sei ein<br />
Hobby, das dem reinen Vergnügen dient.<br />
Für mich bedeutet es: Leben! Zweitens<br />
ist ein kommuniziertes Ziel immer ein<br />
verbindliches Maß. Neudeutsch nennt<br />
man das wohl „nudging“. Eine Abkehr von<br />
diesem Ziel ist ohne Gesichtsverlust kaum<br />
zu machen. So verrückt es auch klingen<br />
mag – es gilt: Die Entscheidung steht. Ich<br />
bin im Zugzwang. In einem Jahr geht‘s<br />
nach Trondheim, und von dort mit dem<br />
Handbike nach Oslo – mit einer Platte<br />
und ein paar Schrauben in der Schulter!<br />
540 Kilometer – vom 63sten „runter“ bis<br />
auf den 59sten Breitengrad.<br />
„Handlung“ und „Heilung“<br />
Was ist zu tun? „Handeln“ ist das Gebot<br />
der Stunde. Ich brauche beruflichen<br />
Freiraum. „Weniger Überstunden“ - war<br />
die Devise. Also auch mal pünktlich raus<br />
aus der Arbeit! Die Kollegen betrachten<br />
das mit viel Wohlwollen. Auch meine<br />
Familie steht voll hinter mir. Die Basis<br />
ist geschaffen. Doch das „Training“<br />
beginnt zunächst mit Physiotherapie –<br />
und mit Schmerzen, täglicher Überwindung<br />
und Sorge: Ist denn das überhaupt<br />
zu schaffen? Hab‘ ich mich übernommen?<br />
Es sind kleine Etappen. Jeden<br />
Tag ein wenig mehr. Ich finde eine Strecke,<br />
messe sie ab, setze Zeitvorgaben, fahre<br />
sie einmal, bald mehrmals pro Trainingseinheit.<br />
Mein „SRM-PowerMeter“ wird<br />
<strong>zum</strong> Maß aller Dinge. Langsam fängt das<br />
Training an, ich spüre meine Leistungskraft,<br />
merke Fortschritte und fühle mich<br />
zurück im Sport. Mein SRM bestätigt das<br />
– und mein guter Freund Thomas fängt an,<br />
mit mir Pläne zu machen: Was werden wir<br />
anders machen als vor fünf Jahren? Wie<br />
können wir Zeit einsparen? Ich optimiere<br />
mein Bike, jedes Detail. Bald liege ich perfekt<br />
ausbalanciert im Bike wie in einem<br />
Schlingentisch. Meine physischen Werte<br />
werden immer besser. Seit ich <strong>zum</strong><br />
Leistungstraining zurückgekehrt bin,<br />
habe ich Monat für Monat im Schnitt ein<br />
Kilo abgenommen. Wir treffen konkrete<br />
Entscheidungen: Während ich damals<br />
noch selbst zwei Tage bis Trondheim mit<br />
dem Servicewagen gefahren bin, gönnen<br />
wir uns eine Reise im Flugzeug – mit einer<br />
wasserdichten Thermohose, mehr Kleidung<br />
<strong>zum</strong> Wechseln und einem exakt ausgeklügelten<br />
Streckenplan im Gepäck. Wir<br />
gehen ein Risiko ein: Statt am Freitagabend<br />
– wie noch in 2006 – starten wir erst am<br />
Samstagmorgen. Wir wissen wohl, dass<br />
die Strecke Punkt 12 Uhr am darauffolgenden<br />
Sonntag schließen wird. So<br />
haben wir Trondheim-Oslo ganz klar durchgetaktet<br />
in dem Bewusstsein: Uns bleiben<br />
weniger als 30 Stunden. Wir müssen über<br />
acht Stunden schneller sein als damals.<br />
Als wir am Freitag vor dem anvisierten<br />
Startzeitpunkt in Trondheim ankommen,<br />
ist das Wetter so, wie sich das auf diesem<br />
Breitengrad vermuten lässt: regnerisch,<br />
windig und kalt. Es sieht nicht gut aus.<br />
Handbiker Errol Marklein<br />
Zumindest ist uns klar: Nicht schon an<br />
diesem Freitag zu starten ist auf keinen<br />
Fall eine Fehlentscheidung. Wir warten<br />
ab und schlafen gut. Tags darauf, frühmorgens:<br />
„norwegisches Kaiserwetter“.<br />
Die 10 – 15 Grad Außentemperatur<br />
empfinde ich als angenehme Frische. Die<br />
Sonne scheint, kein Wind. Ich setze mich<br />
in mein Bike und fühle mich topfit – kein<br />
Zipperlein, alle Sorgen fortgeweht. »<br />
2 www.zap-nussloch.de<br />
www.zap-nussloch.de 3