Kindliche Nackentransparenz (NT) und Down Syndrom; frühe ...
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<strong>Kindliche</strong> <strong>Nackentransparenz</strong> (<strong>NT</strong>) <strong>und</strong><br />
<strong>Down</strong> <strong>Syndrom</strong>; <strong>frühe</strong> Organdiagnostik<br />
Seit Anfang der siebziger Jahre beschäftigen sich Geburtshelfer mit der<br />
Frage, welche Mütter mehr als andere gefährdet sind, ein Kind mit <strong>Down</strong><br />
- <strong>Syndrom</strong> auszutragen. Damals gab es keine<br />
Ultraschalluntersuchungen. Man war daher auf eine reine Zählstatistik<br />
angewiesen.<br />
Diese ergab einen engen Zusammenhang zwischen zunehmendem Alter<br />
der Mutter <strong>und</strong> einem kindlichen <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>und</strong> zeigte, dass das<br />
Risiko für ein Kind mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> bei Schwangeren in der<br />
Altersgruppe von 15 <strong>und</strong> 25 Jahren nur wenig anstieg, der Anstieg<br />
danach aber kontinuierlich zunahm <strong>und</strong> ab einem mütterlichen Alter von<br />
knapp über 30 Jahren langsam eine exponentielle Form annahm. Drei<br />
Beispiele für das Risiko der Geburt eines <strong>Down</strong> – <strong>Syndrom</strong> -Kindes<br />
sollen das verdeutlichen:<br />
Es beträgt<br />
bei einer 28-jährigen Mutter 1 : 1000,<br />
bei einer 35-jährigen Mutter 1 : 350 <strong>und</strong><br />
bei einer 41-jährigen Mutter 1 : 100.<br />
In der Frühschwangerschaft ist das Risiko für ein <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> höher<br />
als bei der Geburt, da 30 % der <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Kinder während der<br />
Schwangerschaft in der Gebärmutter versterben.<br />
Weltweit beträgt das Risiko für ein kindliches <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> 1 : 500 bis<br />
1 : 600; dieses Risiko ist unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit<br />
der Mutter.<br />
Wir erkennen bei dieser ausschließlich auf das Lebensalter der Mutter<br />
bezogenen Statistik leicht, dass sie für die Beratung einer individuellen<br />
Schwangerschaft nicht geeignet ist. Sie besagt banaler weise, dass das<br />
Risiko für ein kindliches <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> bei allen gleichaltrigen Frauen<br />
im selben Schwangerschaftsalter identisch ist: zehn 36-jährige Frauen,<br />
die sich in je der 13. Schwangerschaftswoche befinden, haben demnach<br />
ein identisches Risiko für ein <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Kind. Wir nennen dieses<br />
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Risiko "anonymes Hintergr<strong>und</strong>risiko" <strong>und</strong> es ist intuitiv klar, dass eine<br />
solche Risikokalkulation nicht realistisch sein kann.<br />
Ab etwa 1998 wurden aus London Daten veröffentlicht, die zunächst nur<br />
ein einzelnes Ultraschallmerkmal des Kindes zur Gr<strong>und</strong>lage einer<br />
neuartigen Risikokalkulation machte: die kindliche <strong>Nackentransparenz</strong>.<br />
Bei der <strong>Nackentransparenz</strong>, auch Nackenödem oder - nicht ganz korrekt<br />
- Nackenfalte genannt, handelt es sich um eine kleine<br />
Flüssigkeitsansammlung unter der Nackenhaut des Kindes, die<br />
individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Diese<br />
Flüssigkeitsansammlung selbst hat keine pathologische Bedeutung <strong>und</strong><br />
kommt bei allen Kindern vor.<br />
Es gibt aber einen eindeutigen statistischen Zusammenhang zwischen<br />
der Dicke dieser <strong>Nackentransparenz</strong> <strong>und</strong> dem Vorliegen einer kindlichen<br />
Chromosomenanomalie, insbesondere eines <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>s. Mit der<br />
Dicke der <strong>Nackentransparenz</strong> steigt - in absteigender Häufigkeit - auch<br />
das Risiko für einen kindlichen Herzfehler, für eine Skelettanomalie oder<br />
- seltener - für ein genetisches <strong>Syndrom</strong>. Auch bei kindlichen Infektionen<br />
kann die <strong>Nackentransparenz</strong> verdickt sein.<br />
Im Londoner Harris Birthright Research Center wurde von der FMF<br />
(Fetal Medicine Fo<strong>und</strong>ation) ein Computerprogramm entwickelt, mit<br />
dem das Risiko eines kindlichen <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>s anhand der kindlichen<br />
<strong>Nackentransparenz</strong> neu kalkuliert werden kann: aus dem anonymen<br />
Hintergr<strong>und</strong>risiko wird so ein - an die individuellen Eigenschaften des<br />
Kind angepasstes - "individualisiertes Risiko", das in fast allen Fällen<br />
geringer als das „anonyme Risiko“, also das altersbezogene<br />
Hintergr<strong>und</strong>risiko, ausfällt.<br />
Bei der Messung der <strong>Nackentransparenz</strong> werden darüber hinaus im<br />
Rahmen der <strong>frühe</strong>n Organsonographie folgende weiteren kindlichen<br />
Eigenschaften ermittelt: die Scheitel-Steiß-Länge, die Herzfrequenz, die<br />
Anatomie der Herzkammern, die Herzklappen <strong>und</strong> die großen<br />
Blutgefäße vom <strong>und</strong> zum Herzen, der sog. Ductus venosus, das<br />
Bewegungsverhalten des Kindes als Ausdruck ungestörter<br />
neurologischer Entwicklung, die Darstellbarkeit aller vier Extremitäten mit<br />
Händen <strong>und</strong> Füßen, die Darstellbarkeit von Zwerchfell, Magen, Nieren<br />
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<strong>und</strong> Harnblase, die Anzahl der Nabelschnurgefäße, die Darstellbarkeit<br />
von Kopf- <strong>und</strong> Hirnstrukturen, die Darstellbarkeit des kindlichen<br />
Gesichtsprofils, der Augen, der Kieferknochen <strong>und</strong> des Nasenbeines.<br />
Die Wirbelsäule ist in diesem Schwangerschaftsalter zwar gut zu<br />
erkennen, aber nicht hinreichend sicher zu beurteilen. Ferner werden der<br />
Sitz des Mutterkuchens <strong>und</strong> die Fruchtwassermenge bestimmt.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich bemühen wir uns, das Kind so exakt wie möglich zu<br />
beschreiben.<br />
Das Blutflussverhalten im Ductus venosus kann Hinweise auf eine schon<br />
frühzeitig nachweisbare Herzbelastung des Kindes geben <strong>und</strong> gilt in<br />
dieser Hinsicht ebenfalls als Kriterium für ein <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>.<br />
Die Risikokalkulation für ein kindliches <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> anhand der<br />
<strong>Nackentransparenz</strong> <strong>und</strong> der oben genannten Parameter ist auf einen<br />
engen Zeitraum beschränkt <strong>und</strong> vom Schwangerschaftsalter<br />
11 Wochen + 0 Tage bis zum Schwangerschaftsalter<br />
13 Wochen + 6 Tage, genauer: zwischen einer kindlichen Scheitel-Steiß-<br />
Länge von 45 bis 84 Millimeter durchführbar. Vor <strong>und</strong> nach dieser Zeit<br />
sind keine Daten tabelliert. Außerdem verschwindet die<br />
<strong>Nackentransparenz</strong> mit zunehmender Schwangerschaftsdauer auch bei<br />
Kindern mit Anomalien im Chromosomensatz.<br />
Die Entdeckungsrate eines kindlichen <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>s anhand seiner<br />
<strong>Nackentransparenz</strong> beträgt auf der Basis des mütterlichen Alters etwa<br />
75 %. Dabei werden 5 % Irrtumswahrscheinlichkeit in Kauf genommen,<br />
d.h., ein ges<strong>und</strong>es Kind wird in 5 % irrtümlich als krank identifiziert <strong>und</strong><br />
dessen Mütter sich demnach „überflüssigerweise“ einer invasiven<br />
Diagnostik unterziehen (müssen).<br />
Es kann nicht deutlich genug betont werden, dass die individuelle<br />
Risikokalkulation eines kindlichen <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>s anhand der<br />
<strong>Nackentransparenz</strong>, des Nasenbeins <strong>und</strong> der übrigen<br />
Untersuchungsparameter nur eine statistische Aussagekraft besitzt; sie<br />
ist kein Test auf <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>. Ein zuverlässiger Test erfolgt invasiv,<br />
wie z. B. durch eine Fruchtwasseruntersuchung oder die Untersuchung<br />
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von jungem Mutterkuchengewebe (Chorion) oder von Nabelschnurblut<br />
oder anderen kindlichen Zellgeweben. Zur Gewinnung dieser Gewebe ist<br />
ein kleiner operativer Eingriff notwendig.<br />
In Österreich wird das Screening auf ein kindliches <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
mithilfe der <strong>Nackentransparenz</strong> von den Krankenkassen nicht<br />
übernommen; es muss aus eigener Tasche bezahlt werden.<br />
Zusätzlich zur Messung der <strong>Nackentransparenz</strong> als statisch<br />
bedeutsamstem Ultraschallmarker für eine kindliche<br />
Chromosomenstörung können aus dem Blut der Mutter die Hormone<br />
freies ß-HCG <strong>und</strong> PAPP-A analysiert werden.<br />
Sie sind schwangerschaftsspezifisch <strong>und</strong> bei einem kindlichen <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> in typischer Weise verändert:<br />
bei Kindern mit einem <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> finden sich im Vergleich zu<br />
chromosomal normalen Kindern höhere Spiegel von freiem ß-HCG,<br />
am ausgeprägtesten ab 14 Schwangerschaftswochen. Die PAPP-A<br />
Spiegel sind demgegenüber niedriger, am ausgeprägtesten schon in<br />
der 11. Schwangerschaftswoche. Wegen dieses unterschiedlichen<br />
Zeitverhaltens wird derzeit wissenschaftlich die zweizeitige Blutabnahme<br />
diskutiert.<br />
Mit der <strong>Nackentransparenz</strong> <strong>und</strong> den mütterlichen Serumparametern<br />
lässt sich auf der Basis des mütterlichen Alters eine theoretische<br />
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Entdeckungsrate von knapp 90 % erreichen.<br />
In diesem Zusammenhang sollte der Hinweis nicht fehlen, dass die<br />
genannten schwangerschaftsspezifischen Hormone durch den<br />
mütterlichen Stoffwechsel signifikant verändert werden können.<br />
Die <strong>Nackentransparenz</strong> (<strong>NT</strong>) ist ein rein kindlicher Parameter <strong>und</strong><br />
unterliegt keinem mütterlichen Einfluss.<br />
Das kindliche Nasenbein ist ebenfalls ein von der Mutter unabhängiger<br />
kindlicher Parameter. 70 % bis 76 % aller Kinder mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
haben sonographisch ein zu kurzes oder nicht nachweisbares<br />
Nasenbein, aber auch ca. 1 - 2 % der chromosomal normalen Kinder.<br />
Die Analyse der kindlichen Nasenbeinlänge als isolierter Parameter<br />
eignet sich nicht für die Risikoabschätzung auf ein kindliches <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>, gewinnt aber als additiver Parameter herausragende<br />
Bedeutung. Für die Nasenbeinlänge existieren - ethnisch bedingt -<br />
unterschiedliche Normwerte; es versteht sich von selbst, dass die<br />
Nasenbeinlängen bei Kindern aus afro-asiatischen Kulturen geringer<br />
sind als bei Kaukasiern.<br />
Rein kindliche Parameter stellen auch die Tricuspidalregurgitation,<br />
das Fluss-Spektrum im ductus venosus, die Kammer- <strong>und</strong><br />
Gefäßanatomie des Herzens, das Gesichtsprofil <strong>und</strong> das<br />
Nasenhautödem dar, die weitestgehend je unabhängig voneinander<br />
gewichtet werden <strong>und</strong> in Kombination mit den mütterlichen<br />
Serumparametern die statistische Risikokalkulation im Idealfall bis zu<br />
einer Entdeckungsrate von 95 % verbessern können.<br />
Im Frühjahr 2005 publizierte K. Nicolaides (FMF London) einen<br />
zweistufigen Algorithmus für die Risikokalkulation auf ein kindliches<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>: zunächst werden nur die kindliche<br />
<strong>Nackentransparenz</strong> <strong>und</strong> die mütterlichen Serumparameter freies ß-HCG<br />
<strong>und</strong> PAPP-A <strong>und</strong> das hieraus abgeleitete Risikokalkül ermittelt.<br />
Ist das Risiko größer als 1 : 100 (neuerdings 1 : 50!), wird den Eltern die<br />
invasive Diagnostik zur Chromosomenanalyse des Kindes empfohlen.<br />
Beträgt das Risiko weniger als 1 : 1000, werden außer einer gründlichen<br />
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Organsonographie im zweiten Schwangerschaftsdrittel keine weiteren<br />
Empfehlungen ausgesprochen.<br />
Liegt das Risiko im sog. Intermediärbereich, also zwischen 1 : 101 <strong>und</strong> 1<br />
: 1000, soll das Kind von einem Spezialisten auf die oben genannten<br />
Charakteristika „Nasenbein“, „ductus venosus“, „Tricuspidalregurgitation“<br />
<strong>und</strong> „Gesichtsprofil“ untersucht werden. Bei Auffälligkeiten wird dann die<br />
Analyse des kindlichen Chromosomensatzes empfohlen. In unserem<br />
Haus sind alle genannten Untersuchungen obligater Standard bei der<br />
<strong>frühe</strong>n Organsonographie.<br />
Ultraschalluntersuchung des Kindes <strong>und</strong> Blutabnahme müssen nicht<br />
notwendigerweise in einer Sitzung erfolgen. Wenn wir die Blutentnahme<br />
vornehmen, berechnen wir zunächst kein Risiko, da nach den<br />
Empfehlungen der FMF (Fetal Medicine Fo<strong>und</strong>ation) nur das aus den<br />
kindlichen <strong>und</strong> mütterlichen Untersuchungsergebnissen kombinierte<br />
Risikokalkül mitgeteilt werden soll.<br />
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