“ Hört, was der Geist den Gemeinden sagt ” (Offb 2:7 ... - Katholisch.de
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(2) Thomas Luckmann spricht von <strong>“</strong> unsichtbarer Religion <strong>”</strong>,<br />
die sich hinter gesellschaftlichen Formen verbirgt. Diese<br />
Begrifflichkeit <strong>de</strong>ckt sich weitgehend mit Clifford Geertz’s<br />
Ansicht von Religion als <strong>“</strong>dichter Beschreibung <strong>”</strong> [ <strong>“</strong> thick<br />
<strong>de</strong>scription <strong>”</strong>] einer Kultur, die <strong><strong>de</strong>r</strong>en inneres Herz zutage<br />
legt. Dokumente <strong>de</strong>s Magisterium sprechen in ähnlicher Weise<br />
von Religion als <strong>de</strong>m lebendigen Zentrum einer Kultur. 2 Im<br />
Umkehrschluß wird man die Tiefenwirkung von kulturellen<br />
Elementen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gegenwart – wie etwa <strong>de</strong>mokratische Bewegungen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Autonomie <strong>de</strong>s Individuums – auf die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
<strong>de</strong>s religiösen Bewußtseins untersuchen müssen. Im Rückblick<br />
erscheint die mittelalterliche Christenheit als eine<br />
societas perfecta von Kulturchristentum und spiritueller<br />
Erfahrung; die religiösen Spuren <strong><strong>de</strong>r</strong> post-mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Welt<br />
wer<strong><strong>de</strong>n</strong> einmal in aller Unterschiedlichkeit ihrer jeweiligen<br />
sozialen Kontexte ein neues Netzwerk von globalen und<br />
lokalen Gemein<strong><strong>de</strong>n</strong> ergeben. 3<br />
(3) Eine solche Gesellschaftsanalyse trifft sich mit <strong>de</strong>m<br />
Urteil von Romano Guardini (1885-1968) über das <strong>“</strong> En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Neuzeit <strong>”</strong> (1947), das für ihn mit einem gewan<strong>de</strong>lten<br />
Menschenbild verbun<strong><strong>de</strong>n</strong> ist. Zum einen ist es <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Massengesellschaft, <strong><strong>de</strong>r</strong> seine Orientierung aus <strong><strong>de</strong>n</strong><br />
populistischen Oberflächlichkeiten schöpft. Rationale<br />
Planung und genormte Produktivität bestimmen weithin sein<br />
Leben. Aber gera<strong>de</strong> die Manipulation seiner Autonomie bietet<br />
auch die Chance zu einer vollen Mündigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Person,<br />
vorausgesetzt, <strong><strong>de</strong>r</strong> Einzelne besitzt einen Schatz von<br />
Werten, mit <strong><strong>de</strong>n</strong>en er die befreien<strong><strong>de</strong>n</strong> Kräfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Religion<br />
gegenüber ihren versklaven<strong><strong>de</strong>n</strong> Aspekten bezeugen kann.<br />
Guardini <strong>sagt</strong> es im Bild: <strong>“</strong>Ohne das religiöse Element wird<br />
das Leben wie ein Motor, <strong><strong>de</strong>r</strong> kein Öl mehr hat. Es läuft<br />
sich heiß. Alle Augenblicke verbrennt et<strong>was</strong>. <strong>”</strong> 4 Religion<br />
be<strong>de</strong>utet für ihn aber nicht einfach die institutionelle<br />
Kirche, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>n</strong> elementaren Erfahrungsgrund, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
spontan und chaotisch aufbricht und sich weithin in vorund<br />
außer-christlichen Traditionen fin<strong>de</strong>t – im prägnanten<br />
Wort von Guardini: <strong>“</strong>Ein neues Hei<strong><strong>de</strong>n</strong>tum wird sich<br />
entwickeln, aber von an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Art als das erste. <strong>”</strong> 5<br />
Die<br />
2<br />
Johannes Paul II, Enzyklika Centesimus annus (1991), 24; Dokument Dialog<br />
und Verkündigung (1991), 45.<br />
3<br />
Johannes Paul II, Novo millennio ineunte (2001), 40: <strong>“</strong> [ Die] Schönheit<br />
dieses vielseitigen Gesichtes <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche ist [vielleicht] nur ein Anfang,<br />
eine gera<strong>de</strong> einmal skizzierte Ikone <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft, die Gottes <strong>Geist</strong> für uns<br />
bereitet. <strong>”</strong><br />
4 R. Guardini, Das En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuzeit, Mainz-Pa<strong><strong>de</strong>r</strong>born 1995, 84.<br />
5<br />
Ibid., 88. Vgl. J. Daniélou: Christianisme et religions non chretiennes,<br />
in: Etu<strong>de</strong>s 32 (1964), 335: <strong>“</strong> Das Problem von morgen ist nicht das <strong>de</strong>s<br />
Atheismus, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eines neuen Hei<strong><strong>de</strong>n</strong>tums, das sich selber sucht [. . .] Der<br />
Atheismus ist nur Übergang zwischen jenem Hei<strong><strong>de</strong>n</strong>tum von gestern aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
bäuerlichen Kultur und <strong>de</strong>m Hei<strong><strong>de</strong>n</strong>tum von morgen, jenem <strong><strong>de</strong>r</strong> industriellen