Hans-Joachim Leske Nur noch Erinnerungen
Hans-Joachim Leske Nur noch Erinnerungen
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das zusätzliche Geld, denn mein Vater brachte nur einen<br />
kargen Lohn mit nach Hause. Hinzu kam <strong>noch</strong>, dass ich<br />
meinem Vater jeden Mittag das Mittagessen zur Arbeitsstelle<br />
bringen musste, denn eine Kantine, wie wir sie heute<br />
kennen, oder ein Betriebsessen, gab es damals <strong>noch</strong> nicht.<br />
Drei Kilometer mit dem Fahrrad hin und her war täglich<br />
nach der Schule meine erste Pflichtaufgabe. Darauf freute<br />
ich mich aber, denn zur Belohnung gab mein Vater mir oft<br />
eine Flasche Brause oder eine Flasche Dunkelbier aus.<br />
Überhaupt hatte ich zu meinem Vater einen guten<br />
Draht, und ich war auch sehr stolz auf ihn, denn bei seinen<br />
Arbeitskollegen stand er hoch im Kurs. Durch seine enorme<br />
Kraft, die er ohne Zweifel besaß, seinem ruhigen und ausgeglichenen<br />
Wesen und natürlich auch wegen seiner korrekten<br />
Arbeitseinstellung brachte man ihm den nötigen<br />
Respekt und die damit verbundene Achtung entgegen.<br />
Seine Arbeitsstelle war die „Tränke“. Hier wurden die Eisenbahnschwellen<br />
aus Holz mit Karbolineum getränkt, um<br />
sie haltbarer zu machen. Überall roch es in diesem Betrieb<br />
nach dieser Flüssigkeit, einem braunen Öl aus Steinkohlenteer,<br />
das zum Imprägnieren und zur Bekämpfung von<br />
Holzschädlingen diente.<br />
Täglich musste mein Vater die schweren Schwellen auf<br />
der Schulter tragen, auf Wagen verladen, und sie dann auf<br />
dem Gelände zum Trocknen aufstapeln. Diese Stapel wuchsen<br />
oft bis zu einer Höhe von über zwei Metern an, und die<br />
Holzschwellen hatten ein Gewicht von ein bis zwei Zentnern,<br />
je nach Art des Holzes. Ich bewunderte ihn und seine<br />
Arbeitskollegen immer wieder.<br />
Mein Vater war für mich ein echter Kumpel und wir verstanden<br />
uns blendend. Er war auch Sportler durch und<br />
durch und nicht nur in seinem Arbeitersportverein „Roter<br />
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