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Umweltzerstörung und Umweltschutz in Ozeanien - Deutsch ...

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Marion Struck-Garbe<br />

Kurzfassung des Vortrags bei der <strong>Deutsch</strong>-Pazifischen Gesellschaft<br />

am 9. Juni 2007<br />

<strong>Umweltzerstörung</strong> <strong>und</strong> <strong>Umweltschutz</strong> <strong>in</strong> <strong>Ozeanien</strong><br />

Zwischen Opferrolle <strong>und</strong> Selbstbehauptung<br />

Me<strong>in</strong> Vortrag beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Aspekten der <strong>Umweltzerstörung</strong>:<br />

- e<strong>in</strong>mal die Zerstörung als Folge von Handlungen direkt vor Ort<br />

- <strong>und</strong> die Zerstörung als Folge von Handeln <strong>und</strong> Verhalten anderswo.<br />

Ersteres wird sich vor allem mit dem Holze<strong>in</strong>schlag <strong>in</strong> Papua-Neugu<strong>in</strong>ea <strong>und</strong> dem Fischfang<br />

<strong>in</strong> Mikronesien ause<strong>in</strong>andersetzen. Letzteres betrachtet die Folgen des Klimawandels für die<br />

pazifische Inselwelt, am Beispiel von Tuvalu <strong>und</strong> den Carteret-Inseln.<br />

In den letzten Jahren ist der Druck auf die pazifischen Inselstaaten, sich <strong>in</strong> die globale<br />

Wirtschaft zu <strong>in</strong>tegrieren, enorm gewachsen. Dabei spielt der Verkauf von Ressourcen e<strong>in</strong>e<br />

erhebliche Rolle. Sich auf diesen „Handel“ e<strong>in</strong>zulassen hat vermutlich mehrere Ursachen.<br />

Dazu gehört<br />

• e<strong>in</strong>erseits der legitime Wunsch, bessere öffentliche Dienste <strong>und</strong> Infrastrukturen zu<br />

entwickeln;<br />

• andererseits machen die transnationalen Gesellschaften (vor allem die Holz- <strong>und</strong><br />

M<strong>in</strong>enwirtschaft) Druck auf die lokalen Geme<strong>in</strong>den, ihre Wälder, Erze <strong>und</strong> Fische <strong>in</strong><br />

Bargeld umzusetzen, <strong>in</strong>dem sie die <strong>in</strong>dustrielle Ausschöpfung der Ressourcen als<br />

e<strong>in</strong>zige Option für Entwicklung vorstellen.<br />

Die Geme<strong>in</strong>den haben die Option, entweder ihre natürlichen Ressourcen zu „versilbern“, um<br />

auf den neuesten Stand der Entwicklung nach dem westlichen Modell zu kommen, oder sie<br />

nutzen ihre traditionellen Kulturen <strong>und</strong> ihren natürlichen Reichtum, um die Bedürfnisse ihrer<br />

Geme<strong>in</strong>de, lokale Ökosysteme <strong>und</strong> ihren melanesischen, polynesischen oder mikronesischen<br />

Lebensstil <strong>und</strong> ihre Identität aufrecht zu erhalten. Ob <strong>und</strong> wie Geme<strong>in</strong>den eigene Alternativen<br />

zur <strong>in</strong>dustriellen Ausbeutung entwickeln könnten, wird viel zu wenig <strong>in</strong> Betracht gezogen <strong>und</strong><br />

solche Möglichkeiten werden oft nur mit Hilfe von lokalen <strong>und</strong> globalen NGOs entwickelt.<br />

Me<strong>in</strong> Vortrag wird neben der Analyse der jeweiligen Umweltproblematik e<strong>in</strong>ige solcher<br />

Ansätze aufgreifen.<br />

1. <strong>Umweltzerstörung</strong> durch Abholzung <strong>in</strong> Papua-Neugu<strong>in</strong>ea (PNG)<br />

Millionen Menschen leben unter dem Kronendach der Paradieswälder. Wie sehr sie im<br />

E<strong>in</strong>klang mit dem Wald leben, können wir uns nur schwer vorstellen. Die Wälder s<strong>in</strong>d für<br />

diese Menschen so wichtig wie für uns das Wasser aus der Leitung, der Supermarkt, der uns<br />

ernährt, <strong>und</strong> die Apotheke, aus der wir unsere Medikamente holen. Wie groß die kulturelle<br />

Vielfalt dieser Menschen im Urwald gerade <strong>in</strong> Neugu<strong>in</strong>ea ist, läßt sich schon daran ermessen,<br />

dass mehr als 1000 verschiedene Sprachen alle<strong>in</strong> auf der Insel Neugu<strong>in</strong>ea gesprochen werden.<br />

Der zerstörerische <strong>und</strong> illegale Holze<strong>in</strong>schlag hat enorme Konsequenzen für diese<br />

Geme<strong>in</strong>schaften. Menschen, deren Lebensstil sich über Jahrh<strong>und</strong>erte erhalten hat <strong>und</strong> die auf<br />

die <strong>in</strong>takten Urwälder angewiesen s<strong>in</strong>d, fallen meist nach der Abholzung <strong>in</strong> die Armut.<br />

Aber nicht nur für die Menschen <strong>in</strong> PNG ist der <strong>in</strong>takte Urwald wichtig, sondern auch für uns.<br />

Die Wälder bee<strong>in</strong>flussen Bodentemperatur, Verdunstung, Wolkenbildung <strong>und</strong> Niederschläge.<br />

Urwaldvernichtung ruft globale Probleme hervor. Denn Wälder s<strong>in</strong>d der größte<br />

Kohlenstoffspeicher der Erde, auch für die menschengemachten Treibhausgasemissionen.<br />

550 Milliarden Tonnen CO 2 s<strong>in</strong>d der Vegetation geb<strong>und</strong>en, e<strong>in</strong> Großteil davon <strong>in</strong> Wäldern.<br />

1


Bei der Vernichtung gelangt das CO 2 <strong>in</strong> die Atmosphäre, das s<strong>in</strong>d pro Jahr zwischen 600<br />

Millionen <strong>und</strong> 2,6 Milliarden Tonnen. Sie tragen erheblich zum anthropogenen<br />

Treibhauseffekt bzw. zum Klimawandel bei. Bis zu 25 % der Treibhausgasemissionen gehen<br />

auf das Konto der fortgesetzten Urwaldzerstörung: d.h. Waldschutz ist auch Klimaschutz. 1<br />

Das ist auch e<strong>in</strong>er der Gründe, warum Indonesien <strong>und</strong> andere Entwicklungsländer bei der Aushandlung e<strong>in</strong>es<br />

neuen Klimaabkommens fordern, dass die Industriestaaten Geld für den Schutz ihrer Urwälder bereitstellen. Das<br />

Argument lautet: „Wir können den Klimawandel bekämpfen, <strong>in</strong>dem wir die Ges<strong>und</strong>heit unserer Wälder erhalten.<br />

Dafür brauchen wir Geld.“ Das sei e<strong>in</strong>e Frage der Gerechtigkeit, me<strong>in</strong>t Rachmet Witoelar, M<strong>in</strong>ister für Umwelt<br />

<strong>in</strong> Indonesien, im Vorfeld der Vehandlungen von Bali (Tageszeitung, 1.6.07).<br />

Legaler <strong>und</strong> illegaler Holze<strong>in</strong>schlag <strong>in</strong> Papua-Neugu<strong>in</strong>ea<br />

Melanesien hat die größten zusammenhängenden Urwaldflächen <strong>in</strong> der asiatisch-pazifischen<br />

Region. PNG beherbergt den fünftgrößten <strong>in</strong>takten Regenwald - mit 9000 verschiedenen<br />

blühenden Pflanzen, 600 e<strong>in</strong>heimischen Vogelarten <strong>und</strong> den größten Schmetterl<strong>in</strong>gen der<br />

Welt.<br />

In den letzten 20 Jahren haben sich immer wieder malayische Holz-Gesellschaften durch<br />

skrupellose <strong>und</strong> korrupte Geschäftspraktiken die Holze<strong>in</strong>schlagrechte <strong>in</strong> riesigen Gebieten<br />

gesichert, <strong>und</strong> sie erkaufen sich die Gunst der Politiker. Die Firma Rimbunan Hijau kann<br />

sogar über ihre eigene nationale Zeitung „The National“ E<strong>in</strong>fluss auf Gesellschaft <strong>und</strong> Politik<br />

nehmen.<br />

In Zahlen stellt sich die Situation <strong>in</strong> PNG so dar:<br />

97 % des Staatsterritoriums gehören den Geme<strong>in</strong>den. 60% der großen zusammenhängenden<br />

Wälder s<strong>in</strong>d durch Holze<strong>in</strong>schlag verloren gegangen, die verbleibenden 40% (26 Millionen<br />

Hektar) s<strong>in</strong>d durch illegales <strong>und</strong> destruktives Abholzen bedroht. 90 % der Abholzung f<strong>in</strong>den<br />

illegal statt. Oft arbeiten Regierungsvertreter/Behörden mit den Holzfirmen Hand <strong>in</strong> Hand.<br />

Der Holze<strong>in</strong>schlag ist illegal,<br />

• wenn die Ernte, die Verarbeitung, der Transport, der Verkauf so durchgeführt werden, dass sie<br />

nationale Gesetze verletzen,<br />

• wenn z.B. die E<strong>in</strong>schlagskonzessionen illegal erworben wurden (durch Bestechung, Bedrohung,<br />

Korruption),<br />

• wenn Export-Verbote gebrochen werden,<br />

• wenn geschützte Baumarten geschlagen werden oder der Holze<strong>in</strong>schlag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschützten Gebiet<br />

geschieht,<br />

• wenn mehr Bäume gefällt werden als vere<strong>in</strong>bart, wenn zu kle<strong>in</strong>e oder zu große Bäume geschlagen<br />

werden oder wenn außerhalb des erlaubten E<strong>in</strong>schlagsgebiets abgeholzt wird,<br />

• wenn falsche Papiere benutzt werden, um das Holz auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene zu schmuggeln.<br />

• Illegaler Holze<strong>in</strong>schlag geschieht immer dann, wenn Firmen ohne E<strong>in</strong>schlagsonzession Teile der<br />

Urwalder abholzen (meist <strong>in</strong> Rekordzeit).<br />

• Illegaler Holze<strong>in</strong>schlag geschieht aber auch dann, wenn die Regierung Konzessionen über Gebiete<br />

vergibt, ohne dies mit den Landeigentümern abgestimmt zu haben oder Holze<strong>in</strong>schlag <strong>in</strong> bestimmten<br />

Regionen duldet.<br />

• Die Basis dieser Geschäfte ist Korruption.<br />

.<br />

Über e<strong>in</strong>en Mittelsmann wird e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de überzeugt, e<strong>in</strong> Kooperationsabkommen zu<br />

unterzeichnen. E<strong>in</strong> festgelegter Preis für das geschlagene Holz plus das Versprechen, die<br />

Infrastruktur der Geme<strong>in</strong>de zu verbessern - mit Generatoren, Straßen, Kirchen,<br />

Geme<strong>in</strong>dehäusern, Schulen usw. - s<strong>in</strong>d Gr<strong>und</strong>lage des Geschäfts. Das Versprechen wird oft<br />

so nicht e<strong>in</strong>gehalten <strong>und</strong> es kommt auch vielfach dazu, dass mehr Holz geschlagen wird als<br />

vorher verhandelt wurde. Die Geme<strong>in</strong>de kann sich nicht wehren <strong>und</strong> hat nichts <strong>in</strong> der Hand,<br />

1 Die Wälder der Erde s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den vergangenen 15 Jahren um 120 Millionen ha geschrumpft (taz 5.9.07)<br />

2


um die Firma regresspflichtig zu machen, oder sie ist nicht <strong>in</strong> der Lage, e<strong>in</strong>e Gegenposition zu<br />

ihren (meist bestochenen) politischen <strong>und</strong> traditionellen Führern auszusprechen, die sich von<br />

den Versprechungen der Holze<strong>in</strong>schlag-Gesellschaften auf große Gew<strong>in</strong>ne <strong>und</strong> den Aufbau<br />

e<strong>in</strong>er Infrastruktur e<strong>in</strong>lullen ließen <strong>und</strong> Holze<strong>in</strong>schlag befürworten.<br />

Was real übrig bleibt für die Landeigentümer, ist meistens weniger als 5% vom gesamten<br />

Holzgeschäft.<br />

Wenn die Holzfäller <strong>in</strong> ihr Land kommen, bedeutet das für die Geme<strong>in</strong>den oft Gewalt <strong>und</strong><br />

Bedrohung. Menschen werden mit vorgehaltenem Gewehr zur Unterschrift unter Verträge<br />

über Holzkonzessionen gezwungen. Das Militär <strong>und</strong> die Polizei, eigentlich zu ihrem Schutz<br />

bestellt, s<strong>in</strong>d meist korrupt <strong>und</strong> arbeiten mit den Holzunternehmen zusammen. Viele<br />

Ordnungshüter stehen auf den Gehaltslisten der Firmen <strong>und</strong> missbrauchen ihre Macht für e<strong>in</strong><br />

paar zusätzliche Dollar. Gewalt, Erpressung, ja sogar Vergewaltigung s<strong>in</strong>d an der<br />

Tagesordnung. Soziale Des<strong>in</strong>tegration <strong>und</strong> gewalttätige Konflikte <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d die<br />

Folge. Die großen Holzfirmen s<strong>in</strong>d mit ihren Holze<strong>in</strong>schlagsmethoden so schnell <strong>und</strong><br />

destruktiv - ganz gleich ob legal oder illegal -, dass auf allen Ebenen nichts als Verwüstung<br />

übrig bleibt. 2<br />

Gekauft wird das Holz meist von Japan <strong>und</strong> Ch<strong>in</strong>a (64%), Ch<strong>in</strong>a ist der größte Importeur von<br />

illegal geschlagenem Holz. 3 Danach folgen Korea, Taiwan, Australien. Die größten<br />

Abnehmer der ch<strong>in</strong>esischen Holzprodukte s<strong>in</strong>d Japan, die EU <strong>und</strong> die USA.<br />

Maßnahmen zur Regulierung<br />

PNG hat strenge Umwelt- <strong>und</strong> Waldschutzgesetze. Was fehlt, ist der Wille (Korruption) <strong>und</strong><br />

die Möglichkeit, diese Gesetze um- bzw. durchzusetzen. Die Regierung hat vor, auch für die<br />

restlichen Flächen der Wälder E<strong>in</strong>schlagkonzessionen zu vergeben, obwohl die Firmen immer<br />

wieder gegen die Gesetze verstoßen <strong>und</strong> den Urwald <strong>in</strong> Rekordzeit zerstören.<br />

E<strong>in</strong>e andere Schwierigkeit für die Regierung, aber auch für die Menschen vor Ort ist es, die<br />

richtige Balance zwischen Ressourcen-Nutzung <strong>und</strong> Ressourcen-Schutz zu f<strong>in</strong>den. Die<br />

Wälder bieten e<strong>in</strong>e Möglichkeit, an das dr<strong>in</strong>gend benötigte Bargeld oder an<br />

Infrastrukturmaßnahmen zu kommen – selbst <strong>in</strong> abgelegenen Gegenden. Andererseits s<strong>in</strong>d die<br />

Wälder Lebensgr<strong>und</strong>lage für die gesamte Gesellschaft. Lokale oder nationale Holzfirmen, die<br />

nachhaltige Forstwirtschaft betreiben <strong>und</strong> sich darüber h<strong>in</strong>aus leichter kontrollieren lassen,<br />

könnten der erste Schritt <strong>in</strong> die richtige Richtung se<strong>in</strong>, um aus diesem Dilemma<br />

herauszukommen. Außerdem bliebe das Geld aus dem Holze<strong>in</strong>schlag im Lande. Die<br />

e<strong>in</strong>heimische „Moma Resource Development Limited“ sche<strong>in</strong>t als erste e<strong>in</strong>en neuen<br />

<strong>in</strong>tegrierten Weg <strong>in</strong> der Holzwirtschaft zu gehen.<br />

Auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene f<strong>in</strong>det seit 2001 der Forest Law Enforcement and Governance<br />

Process statt. Er zielt auf holzproduzierende Länder wie PNG <strong>und</strong> Indonesien <strong>und</strong> auf<br />

Holzverbraucher wie USA <strong>und</strong> Europa <strong>und</strong> ist als Kooperationsprozess zu verstehen, der<br />

mehr Transparenz <strong>und</strong> verstärkte Durchsetzung der Gesetze erreichen will.<br />

Seit 1986 soll die ITTO (<strong>in</strong>ternationale Organisation für Tropenholz / International Tropical<br />

Timber Organization) die Balance zwischen der wirtschaftlichen Nutzung der tropischen<br />

2 Es ist davon auszugehen, dass die großen <strong>in</strong>ternationalen Holzfirmen, vor allem die malayischen, ke<strong>in</strong>e langfristigen<br />

Interessen an PNG haben. In den 90er Jahren beschrieb der Barnett-Report (Thomas Barnett war Richter <strong>in</strong> PNG) die<br />

Situation als außerhalb der Kontrolle. Die großen <strong>in</strong>ternationalen Konzerne haben oft „lokale“ Frontgesellschaften vorgeschaltet,<br />

e<strong>in</strong>e Tatsache, die es erschwert, die Fakten zu dokumentieren. Viel hat sich an der Situation noch nicht geändert.<br />

3 Endlich hat Ch<strong>in</strong>a im Sept. 2007 Richtl<strong>in</strong>ien für nachhaltige Bewirtschaftung von Überseewäldern verabschiedet, mit denen<br />

das illegale Schlagen von Bäumen untersagt <strong>und</strong> Wiederaufforstung angeregt wird.<br />

http://www.forests.org/articles/reader.asp?l<strong>in</strong>kid=83028<br />

3


Wälder <strong>und</strong> ihrem Schutz sicherstellen. (59 Mitgliedsländer repräsentieren 80% der globalen<br />

Tropenwälder bzw. 90% des Handels mit Tropenholz). Ihr Ziel haben sie bisher verfehlt.<br />

1990 wurde beschlossen, dass gehandeltes Tropenholz nur noch aus nachhaltiger<br />

Holzwirtschaft stammen sollte. 2006 hat ITTO zugestanden, dass nur 5% der tropischen<br />

Wälder nachhaltig wirtschaften.<br />

Für Papua-Neugu<strong>in</strong>ea bleibt es e<strong>in</strong>e der größten Herausforderungen der nächsten Jahre, Recht<br />

<strong>und</strong> Gesetz Geltung zu verschaffen <strong>und</strong> die Verflechtungen zwischen den großen Holzfirmen<br />

<strong>und</strong> Regierungsbeamten, Korruption <strong>und</strong> Erpressung zu bekämpfen.<br />

Auf der Ebene der Zivilgesellschaft arbeitet Greenpeace seit etwa 10 Jahren mit lokalen<br />

Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der Western Prov<strong>in</strong>ce an Konzepten für die ökologische Waldnutzung. Sie<br />

sollen e<strong>in</strong> gutes - alternatives - E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e sichere Zukunft bieten sowie das Land<br />

vor e<strong>in</strong>er Umwandlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Ölpalmen-Plantage schützen. 4<br />

Die H<strong>in</strong>wendung zur Ökoforstwirtschaft ist e<strong>in</strong>e Forderung, die nicht nur Greenpeace <strong>und</strong> der<br />

WWF, sondern auch diverse kle<strong>in</strong>e Umweltorganisationen <strong>in</strong> PNG erheben. So unterstützt<br />

z.B. das Environmental Law Centre (ELC, Port Moresby) Landbesitzer <strong>und</strong> NGOs bei dem<br />

Versuch, Umweltschäden an Wald <strong>und</strong> Land abzuwenden. ELC stellt se<strong>in</strong>e Rechtsberatung<br />

kostenlos zur Verfügung. Die Research and Conservation Fo<strong>und</strong>ation of Papua New Gu<strong>in</strong>ea,<br />

Goroka, ist e<strong>in</strong> Beispiel für die zahlreichen eher lokal ausgerichteten<br />

<strong>Umweltschutz</strong>organisationen. Diese werden meist von kirchlichen Organisationen f<strong>in</strong>anziert.<br />

Über die Geme<strong>in</strong>dearbeit, über das Soziale, wird der <strong>Umweltschutz</strong> bzw. der nachhaltige<br />

Umgang mit Ressourcen mittransportiert bzw. vermittelt; Partners with Melanesians<br />

beispielsweise hat e<strong>in</strong> solches Konzept. Alles erste Schritte <strong>in</strong> die richtige Richtung auf e<strong>in</strong>em<br />

langen Weg zur Änderung der Verhältnisse.<br />

2. <strong>Umweltzerstörung</strong> durch Überfischung<br />

Der Pazifik ist e<strong>in</strong> Wasser-Kont<strong>in</strong>ent mit reichen Fischgründen. Die Ressourcen des Meeres<br />

s<strong>in</strong>d wichtig für unser Ökosysstem, aber auch für die Entwicklung der vielen kle<strong>in</strong>en<br />

Inselnationen <strong>Ozeanien</strong>s. Die größte Gefahr für den pazifischen Ozean - wie für alle<br />

Weltmeere - ist die Überfischung. Weltweit s<strong>in</strong>d bereits drei Viertel aller Fischbestände bis an<br />

die Belastungsgrenze befischt, überfischt oder kollabiert. Im Pazifik ist der Tunfisch bedroht.<br />

Dabei ist er die wichtigste <strong>und</strong> gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gende Ressource der Region. Die Bedeutung der<br />

Tuna-Fischerei für die pazifische Region kann mit der Bedeutung von Erdöl für den Mittleren<br />

Osten verglichen werden: Tunfisch ist die e<strong>in</strong>zige globale Ressource <strong>und</strong> die e<strong>in</strong>zige<br />

bedeutende Geldquelle für die meisten pazifischen Staaten.<br />

Der Wert der jährlich gefangenen zwei Millionen Tonnen Tunfisch liegt bei über zwei<br />

Milliarden Euro. E<strong>in</strong> Drittel des weltweit gefangenen Tunfischs stammt aus dem Pazifik;<br />

darunter fallen 60 Prozent des gesamten Dosentunfischs <strong>und</strong> etwa 30 Prozent des Tunfischs<br />

für den japanischen Sashimi-Markt. Dort werden jährlich 55 kg Fisch pro Kopf verzehrt, <strong>und</strong><br />

besonders auf dem Rohfischmarkt s<strong>in</strong>d hohe Preise zu erzielen. Von diesen Werten bleibt<br />

jedoch kaum etwas <strong>in</strong> der pazifischen Region. Für die Prote<strong>in</strong>versorgung der Bevölkerung im<br />

Pazifik ist Tunfisch von existenzieller Bedeutung.<br />

Bis vor kurzem hat man noch geglaubt, dass die Tunfischbestände unerschöpflich seien, aber<br />

diese Me<strong>in</strong>ung hat sich drastisch geändert. Die „Ständige Kommission für Tunfische“ kommt<br />

<strong>in</strong> ihren wissenschaftlichen Studien zu dem Ergebnis, dass Gelbflossen- <strong>und</strong> Großaugen-<br />

Tunfischbestände seit 2006 überfischt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Schwertfische wahrsche<strong>in</strong>lich demnächst<br />

4 Greenpeace war auch über 10 Jahre lang auf den Salomonen aktiv. In der Morovo-Lagune konnte durch diese Aktivitäten<br />

die großflächige <strong>in</strong>dustrielle Abholzung reduziert werden. In über 60 Geme<strong>in</strong>den wurde erfolgreich das Konzept der Ökoforstwirtschaft<br />

durchgesetzt.<br />

4


ebenfalls. Die Fangmengen s<strong>in</strong>d von 200.000 t im Jahr 1972 auf 2.200.000 t im Jahr 2004<br />

gestiegen. Skipjack ist der am meisten gefischte Tuna, er wird überwiegend zu<br />

niedrigwertigem Dosentunfisch verarbeitet.<br />

10 - 20 % der Fangmengen fischen die pazifischen Inselnationen. Die verbleibenden 80-90%<br />

werden von ausländischen Fischern (Fernflotten) gefangen. Die Gebühren für Fanglizenzen<br />

bzw. Zugangsgenehmigungen zu ihren Fischgründen br<strong>in</strong>gen nur 4-6% des absoluten Wertes<br />

des Fangs e<strong>in</strong>.<br />

Gefischt wird mit Hochsee-Treibnetzen, R<strong>in</strong>gwadennetzen <strong>und</strong> Schlepp- <strong>und</strong> Langle<strong>in</strong>en.<br />

Bei der Treibnetzmethode werden die Meere regelrecht durchgesiebt <strong>und</strong> es gibt viel<br />

ungewollten Beifang, der elendig zugr<strong>und</strong>e geht. Um dieser Zerstörung E<strong>in</strong>halt zu gebieten,<br />

hat die UN 1992 e<strong>in</strong>e Resolution gegen Hochsee-Treibnetzfischerei verabschiedet. Selbst<br />

Japan, Südkorea <strong>und</strong> Taiwan, die die größten Fangflotten besaßen, bauten ihre Treibnetzflotte<br />

ab. Die EU akzeptierte das Verbot bis 2002 nicht.<br />

Die asiatischen Staaten bzw. Fischer holen 76% des Fangs aller pazifischen Fische, aber sie<br />

zahlen nur ungern dafür. Japan hat die meisten Fischerboote im Pazifik (241), gefolgt von<br />

Korea (186) <strong>und</strong> Ch<strong>in</strong>a (90). Aber auch die USA (32 Boote) <strong>und</strong> EU (18 Boote, davon 14 aus<br />

Spanien) s<strong>in</strong>d im Pazifik vertreten. Die USA <strong>und</strong> die asiatischen Länder zahlen 4-6% des<br />

Weltmarktwerts des Fangs, die EU zahlt 10-12%. Das liegt daran, dass die EU-Flotten durch<br />

zahlreiche Steuererleichterungen <strong>und</strong> Kompensationszahlungen subventioniert werden.<br />

Um an die Fischereirechte für die EEZ (Ausschließliche Wirtschaftszone / 200- Seemeilen-<br />

Zone)der pazifischen Staaten zu kommen, werden meist Beihilfen zur heimischen Fischerei<br />

gewährt, aber auch andere Entwicklungsmaßnahmen bezahlt.<br />

Die Gründe der Inselstaaten für die Vergabe von Fischerei-Rechten zu oft nachteiligen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d vielfältig, die häufigsten s<strong>in</strong>d:<br />

- e<strong>in</strong>ige höhere Fischerei-Beamte vergeben Rechte aus persönlichem Interesse (Korruption);<br />

- E<strong>in</strong>schüchterung <strong>in</strong> ungleicher Verhandlungssituation („kle<strong>in</strong>e“ Inselbeamte sitzen e<strong>in</strong>em<br />

großen professionellen Verhandlungsteam gegenüber);<br />

- das Risiko, e<strong>in</strong>en Vertrag an andere Inselstaaten zu verlieren, wenn man den engen bzw.<br />

ungünstigen Bed<strong>in</strong>gungen des Vertrages nicht zustimmt;<br />

- es gibt nicht viele andere Optionen, um an Devisen zu kommen.<br />

Die Folgen für die pazifischen Staaten s<strong>in</strong>d neben Überfischung <strong>in</strong> ihren EEZ, dass es durch<br />

den billigen Verkauf des Beifangs zu unfairer Konkurrenz - zu Lasten der e<strong>in</strong>heimischen<br />

Fischer - auf den lokalen Märkten kommt. E<strong>in</strong> weiteres Problem stellt die Zunahme von<br />

Prostitution <strong>und</strong> <strong>in</strong> deren Gefolge die Verbreitung von HIV/AIDS dar, die mit den<br />

ausländischen Fischern <strong>und</strong> Seeleuten verstärkt wächst.<br />

Dramatischer noch als die Benachteiligung durch die reguläre ausländische Fischerei s<strong>in</strong>d für<br />

die Inselstaaten die Folgen der Fisch-Piraterie oder IUU-Fischerei. R<strong>und</strong> 134 bis 400<br />

Millionen US-Dollar gehen durch sie im pazifischen Raum verloren. Das ist das 400fache<br />

dessen, was die pazifischen Inselstaaten mit der Vergabe von Lizenzen verdienen.<br />

Piratenfischerei ist bar jeder Romantik, sondern stellt e<strong>in</strong>e große Gefahr für die langfristige<br />

Sicherung der globalen Fischbestände dar. Piratenfischer ignorieren Regeln <strong>und</strong><br />

Schutzgebiete <strong>und</strong> zerstören gleichermaßen ges<strong>und</strong>e Bestände <strong>und</strong> die erschöpften Ressouren<br />

vollständig. Mit ihren brutalen Fischmethoden vernichten sie das Leben im Meer. Nach e<strong>in</strong>er<br />

Def<strong>in</strong>ition der FAO begehen sie e<strong>in</strong>e krim<strong>in</strong>elle Handlung, sobald sie e<strong>in</strong>en Aspekt der<br />

dreigliedrigen Bestimmung erfüllen: illegal, <strong>und</strong>okumentiert <strong>und</strong> unreguliert die Meere<br />

befahren – daher IUU-Fischerei.<br />

5


Ihre heiße Ware werden die Piratenfischer entweder durch das Verladen der Fische auf See<br />

(Transshipment) oder <strong>in</strong> Häfen ohne Kontrolle wieder los. Beim Transshipment werden legale<br />

<strong>und</strong> illegale Fänge vermischt <strong>und</strong> so die Spuren verwischt.<br />

Es wird geschätzt, dass die Fänge bis 15% der Gesamtfangmenge ausmachen. Wenigstens<br />

1.300 <strong>in</strong>dustrielle Piraten-Fischerboote (Schätzung 2001) fischen im pazifischen Ozean. Sie<br />

fahren unter der Flagge von Staaten, die nicht fragen, welche Art von Fischerei sie betreiben<br />

(Malta, Panama, Honduras, St.V<strong>in</strong>cent, Grenada u.a.). Piratenfischerei trägt wesentlich dazu<br />

bei, dass die Bestände an Großaugentun <strong>und</strong> Gelbflossentun so reduziert s<strong>in</strong>d, dass sie für<br />

kommeriziellen Nutzen praktisch ausgestorben s<strong>in</strong>d.<br />

Maßnahmen zur Regulierung<br />

Ähnlich wie <strong>in</strong> der Waldwirtschaft liegt e<strong>in</strong>es der Probleme dar<strong>in</strong>, dass die Regierungen der<br />

kle<strong>in</strong>en Inselstaaten zwar über Regeln <strong>und</strong> Rechte verfügen, aber sie nicht <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d,<br />

diese durchzusetzen, dh. die Kontroll- <strong>und</strong> Überwachungs<strong>in</strong>stanzen funktionieren nicht. Auch<br />

die Forum Fisheries Agency (auf den Salomonen angesiedelt) ist außer Stande, den<br />

Mitgliedstaaten angemessen zu helfen, ihre (<strong>in</strong> den EEZ vorhandenen) Fisch-Ressourcen zu<br />

managen.<br />

Foreign fish<strong>in</strong>g flags take advantage of the Pacific’s lack of resources <strong>in</strong> order to run amok. Kiribati has just one<br />

small patrol boat to cover over three million square miles. Pirate vessels are cheat<strong>in</strong>g Pacific Island People of<br />

<strong>in</strong>come and food. - Langi Toribau von Greenpeace Pacific<br />

Ebenso geht es der Western and Central Pacific Fishery Commission (2004 gegründet), die<br />

Thunfischfangquoten ausweist. Leider werden diese oft nicht respektiert <strong>und</strong> die WCPFC hat<br />

kaum Mittel, Überschreitungen zu verfolgen. Aufgr<strong>und</strong> fehlender Ausrüstung s<strong>in</strong>d der<br />

Kommission die Hände geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sie muss der Ausbeutung ihrer Gewässer hilflos<br />

zusehen. Sie betreut vor allem Migrationsfische wie den Gelbflossentuna.<br />

Außerdem gibt es das Secretariat of the Pacific Community, angesiedelt <strong>in</strong> Neukaledonien,<br />

das technische Assistenz <strong>und</strong> Forschungsmöglichkeiten bietet. Es ermittelt Daten für die<br />

Bestände <strong>und</strong> Fänge, bietet aber auch Schulungsprogramme für technische Assistenz <strong>und</strong><br />

lokale Industrie-Entwicklung.<br />

Das s<strong>in</strong>d alles gute Ansätze, aber so lange die Inselsstaaten nicht <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, sich <strong>in</strong><br />

Fischereifragen zu e<strong>in</strong>igen <strong>und</strong> das auch durchzuhalten, ist es für die übermächtigen<br />

asiatischen Staaten e<strong>in</strong>fach, an billige Fischereiabkommen zu kommen.<br />

3. Der Klimawandel, e<strong>in</strong>e Hiobsbotschaft für die Inselnationen – am Beispiel Tuvalu<br />

<strong>und</strong> Carteret<br />

Der Klimawandel ist laut UN-Bericht nicht mehr abzuwenden, höchsten se<strong>in</strong>e Folgen können<br />

abgemildert werden. Dieser Bericht des ‚Zwischenstaatlichen Ausschusses für<br />

Klimaveränderung’ (IPCC= Intergovernmental Panel on Climate Change / Klimarat - e<strong>in</strong><br />

Gremium des UNEP (Umweltprogramm der Vere<strong>in</strong>ten Nationen) <strong>und</strong> der World<br />

Meteorological Organization (WMO) - bestimmt gerade <strong>in</strong> diesen Tagen die Diskussion <strong>in</strong><br />

Politik <strong>und</strong> Öffentlichkeit. Die Vorhersagen des Klimarats s<strong>in</strong>d düster. Gerne <strong>und</strong> zu Recht<br />

wird für die Beschreibung bedrohlicher Szenarien auf die untergehenden Inseln des<br />

Südpazifik zurückgegriffen. Der neue Report (vom Frühjahr 2007) geht davon aus, dass sich<br />

die Temperatur an der Erdoberfläche um e<strong>in</strong>en Wert zwischen 2 <strong>und</strong> 4,5 Grad erhöhen wird.<br />

Steigt die Erwärmung um weniger als zwei Grad, s<strong>in</strong>d die Folgen nach Ansicht vieler<br />

Klimawissenschaftler noch beherrschbar trotz der Zunahme extremer Wetterphänomene.<br />

Steigt die Erwärmung deutlich höher, werden katastrophale Folgen befürchtet. (Bezugspunkt<br />

s<strong>in</strong>d die Messungen von 1990). Anders als <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en vorherigen Berichten spricht der<br />

6


Klimarat nicht mehr von e<strong>in</strong>em natürlichen Treibhauseffekt, sondern davon, dass für die<br />

erhöhten CO 2 -Emissionen die Menschen verantwortlich s<strong>in</strong>d.<br />

Die Industrienationen haben 80% der menschlich-verursachten CO 2 -Emissionen produziert <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d<br />

Verursacher von 60% der jetzigen Emissionen, obwohl sie nur e<strong>in</strong> Fünftel der Weltbevölkerung<br />

stellen.<br />

Folgen des Klimwandels auf Tuvalu <strong>und</strong> den Carteret-Inseln<br />

Die Studie des IPCC besagt, dass die kle<strong>in</strong>en Inselstaaten bereits die Folgen des<br />

Klimawandels spüren bzw. darunter leiden. Laut IPCC ist die erdnahe Temperatur im 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert über 0.74 Grad C gestiegen <strong>und</strong> wird <strong>in</strong> den nächsten 100 Jahren weiter steigen.<br />

Die Folgen: Die Wassertemperaturen steigen, das Meerwasser dehnt sich aus <strong>und</strong> es kommt<br />

zum Anstieg des Meeresspiegels. 5 Dazu kommt Rückzug von nicht-polaren (Inland-Eis-<br />

)Gletschern. Auch das Eis am Südpol <strong>und</strong> ebenso die Grönland-Gletscher schmelzen viel<br />

schneller noch als vor wenigen Jahren von den Wissenschaftlern vorhergesagt. Es deutet alles<br />

darauf h<strong>in</strong>, dass der Meeresspiegelanstieg sich eher am oberen Rand der von den<br />

Wissenschaftlern angegebenen Spanne bewegt. H<strong>in</strong>zu kommt, dass die Intensität von Stürmen<br />

(Stärke <strong>und</strong> Dauer) zunimmt <strong>und</strong> damit auch die Sturmfluten. Diese Entwicklung hat vor<br />

allem auf die Bevölkerungsgruppen kle<strong>in</strong>er Inseln <strong>und</strong> tiefliegender Küstengebiete<br />

dramatische soziale <strong>und</strong> ökonomische Auswirkungen.<br />

Im März diesen Jahres gab es auch bei uns Berichte darüber, dass Tuvalu als erstes Land<br />

erwägt, 3.000 se<strong>in</strong>er 11.000 Bürger aufgr<strong>und</strong> des Klimawandelns zu evakuieren. Tuvalu<br />

besteht aus neun Korallen-Atollen (alle zusammen ergeben 26 km 2 ), der höchste Punkt ist 5<br />

Meter über dem Meeresspiegel. Der Meerespiegelanstieg führt nicht nur zu<br />

Küstenüberschwemmungen <strong>und</strong> Erosionen, sondern er wird zum Verlust e<strong>in</strong>es großen<br />

Prozentsatzes des Landes führen. Tr<strong>in</strong>kwasser, Fischerei, Korallenriffe <strong>und</strong> Lebensräume für<br />

Tier- <strong>und</strong> Pflanzenwelten sowie die Nahrungsmittelproduktion s<strong>in</strong>d gefährdet. Laut John<br />

Hunter (Klimatologe aus Australien) gilt folgende Daumenregel: e<strong>in</strong> Zentimeter Anstieg des<br />

Meeresspiegels resultiert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Meter Rückzug der Küstenl<strong>in</strong>ie. Es steht zu befürchten,<br />

dass der Meeresspiegel bis 2070 um 50 Zentimeter ansteigt.<br />

“We live <strong>in</strong> constant fear of the adverse impacts of climate change. For a coral atoll nation, sea level rise and<br />

more severe weather events loom as a grow<strong>in</strong>g threat to our entire population. The threat is real and serious,<br />

and is of no difference to a slow and <strong>in</strong>sidious form of terrorism aga<strong>in</strong>st us." - Saufatu Sopoanga, Prime<br />

M<strong>in</strong>ister of Tuvalu, at the 58th Session of the United Nations General Assembly New York, 24th September<br />

2003<br />

Was die Atolle jetzt schon unbewohnbar macht, ist die Verbrackung bzw. Versalzung der<br />

Süsswasserl<strong>in</strong>sen (neben Zisternen die e<strong>in</strong>zigenTr<strong>in</strong>kwasserquellen auf den Atollen). 6 Das für<br />

die Ernährung <strong>und</strong> den Anbau notwendige Süsswasser wird knapp. Dies <strong>und</strong> die<br />

bevorstehende Landknappheit treibt die 3.000 Tuvaluer dazu, sich auf die Suche nach e<strong>in</strong>er<br />

neuen Heimat zu begeben. Da es ke<strong>in</strong>e offizielle <strong>in</strong>ternationale Anerkennung von Klima-<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gen gibt, ersche<strong>in</strong>t diese Suche be<strong>in</strong>ahe aussichtslos. Diskussionen mit politischen<br />

Entscheidungsträgern über dieses Thema wurden bislang abgelehnt. Australien hat die<br />

5 Der Meeresspiegel war bislang 1 bis 2 cm pro Dekade gestiegen <strong>und</strong> erhöht sich jetzt auf etwa 3cm pro Dekade.Die<br />

Erhöhung fällt nicht gleichmäßig aus, sondern ist auf gr<strong>und</strong> von Meeresströmungen <strong>und</strong> anderer Faktoren regional<br />

unterschiedlich.<br />

6 Süßwasser ist leichter als Salzwasser, wenn der Meeresspiegel steigt, wird die L<strong>in</strong>se nach oben gedrückt <strong>und</strong> damit kle<strong>in</strong>er.<br />

Außerdem gelangt zum Teil durch hohe Wellen von oben Salzwasser <strong>in</strong> die Süsswasserl<strong>in</strong>sen ( so geschehen auf Tuvalu, als<br />

es vor e<strong>in</strong>igen Jahren unter Wasser stand).<br />

7


Aufnahme der Flüchtl<strong>in</strong>ge verweigert. Obwohl es eigentlich <strong>in</strong> der Pflicht ist, da auf se<strong>in</strong><br />

Konto der höchste Ausstoß an Treibhausgasen <strong>in</strong> der Region geht. NZ hat zugesagt,<br />

Flüchtliche auf der Gr<strong>und</strong>lage se<strong>in</strong>er Pacific Access Category aufzunehmen. Diese erlaubt 75<br />

Tuvaluern die E<strong>in</strong>reise per Jahr, wenn sie englisch sprechen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Job nachweisen<br />

können.<br />

Die Ablehnung <strong>und</strong> die falsche Großzügigkeit machen deutlich, dass die Länder, die am<br />

meisten zur globalen Erwärmung beitragen (durch den höchsten Verbrauch an fossilen<br />

Brennstoffen) dabei s<strong>in</strong>d, sich immer stärker gegen Opfer des Klimawandels abzuschotten,<br />

<strong>in</strong>dem sie Gesetze <strong>und</strong> Institutionen <strong>in</strong>stallieren, die wie e<strong>in</strong>e Bollwerk funktionieren. Die<br />

Opfer kommen überwiegend aus Ländern, die am wenigsten zu dem Problem beitragen.<br />

Tatsächlich aber wollen die Tuvaluer ihre Inseln bzw. ihre Heimat gar nicht verlassen,<br />

deshalb bleiben sie auch so lange es geht. Das s<strong>in</strong>d noch ca. 50 Jahre, sagen e<strong>in</strong>ige<br />

Wissenschaftler. Ab dann stehen die Inseln, die nur 3 Meter über dem Meeresspiegel liegen,<br />

unter Wasser. Der Evakuierungswunsch war mehr e<strong>in</strong> Test <strong>und</strong> Provokation, um die<br />

Industrienationen zum Handeln aufzufordern.<br />

„Gott hat uns doch nach Tuvalu gebracht, damit wir hier dauerhaft leben", sagt e<strong>in</strong>e Insulaner<strong>in</strong> mit "Tuvalu"-<br />

Baseball-Kappe, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e junge Mutter ergänzt: „Wir lieben diese kle<strong>in</strong>e schöne Insel. Wir wollen hier bleiben."<br />

„Es wäre wirklich hart, für immer wegzugehen", sagt e<strong>in</strong>e andere Frau, „wir alle würde unsere Wurzeln <strong>und</strong><br />

unsere Traditionen verlieren." Taxifahrer Iakopu ist h<strong>in</strong>- <strong>und</strong> hergerissen. „Me<strong>in</strong> Herz sagt mir: Bleib <strong>in</strong> Tuvalu,<br />

für den Rest de<strong>in</strong>es Lebens. Aber irgendwie denke ich immer, wir müssen hier weg. Ich weiß zwar noch nicht<br />

wann, aber es ist wohl unvermeidlich: Ich werde e<strong>in</strong>es Tages packen, mit der Familie."<br />

Dann zeigt Iakopu auf se<strong>in</strong>em Computer, wie „Land unter" herrscht auf Tuvalu. Da quillt das Meer überall durch<br />

den Inselboden nach oben, bei e<strong>in</strong>er Spr<strong>in</strong>gflut vor knapp e<strong>in</strong>em Jahr. Er <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong>e haben zu den<br />

Bildern e<strong>in</strong>en Song gemacht: „Tuvalu vers<strong>in</strong>kt". Auch wenn der Rhythmus munter daherkommt - die Botschaft<br />

ist bedrückend. Das tr<strong>in</strong>kbare Gr<strong>und</strong>wasser ist dauerhaft versalzen, auch der Pflanzenbau leidet: Immer mehr<br />

Nahrung muss importiert werden. Der Premierm<strong>in</strong>ister von Tuvalu appelliert an die Weltgeme<strong>in</strong>schaft. „Ich bitte<br />

alle Länder", sagt Apisai Iememia, „den Abkommen zum Klimaschutz beizutreten. Bitte rettet unsere Zukunft,<br />

um der Menschlichkeit willen. Wir s<strong>in</strong>d doch alle Gottes Geschöpfe, wir alle haben das Recht, auf unserem<br />

Flecken Erde zu leben. Und nicht vom Meer verschluckt zu werden."<br />

Ulli Weissbach, Werner Zeppenfeld [Weltspiegel, 21.01.07, 21.01.2007]<br />

Weniger bekannt, aber jetzt schon aktuell müssen die über 2000 E<strong>in</strong>wohner der Carteret-<br />

Inseln - fünf zu Papua Neugu<strong>in</strong>ea gehörende Atolle - ihre Heimat verlassen. Landknappheit,<br />

Wasserknappheit, Nahrungsmittelknappheit, Absterben der Mangroven, Absterben der<br />

Korallen <strong>und</strong> damit die Reduzierung der Fischbestände als Folgen des Klimawandels führen<br />

dazu, dass es den Menschen dort zunehmend unmöglich wird zu überleben. Sie werden noch<br />

dieses Jahr auf die Insel Bouga<strong>in</strong>ville umgesiedelt. Die Carteret-Bewohner fühlen sich als<br />

Opfer von etwas, für das sie nicht verantwortlich s<strong>in</strong>d.<br />

We are bear<strong>in</strong>g the brunt of all these Gas Emissions. Why can’t these <strong>in</strong>dustrialized countries like America and Australia help<br />

them. We are suffer<strong>in</strong>g from a problem that we are not responsible for. Why can’t they help us?”<br />

Bernhard Gail (http://web.mac.com/pipstarr/iWeb/starr.tv/Climate/1389EF06-0A02-4BC3-A039-AD98E7B4E4DF.html)<br />

Wissenschaftler vermuten, dass die Inseln bis 2015 untergegangen oder aber m<strong>in</strong>destens<br />

völlig unbwohnbar se<strong>in</strong> werden.<br />

Maßnahmen zur Regulierung<br />

Die Regierungen der kle<strong>in</strong>en Inselstaaten selbst können aktiv wenig dazu tun, um die Folgen<br />

des Klimawandels <strong>in</strong> ihrem Land abzuwenden. Sie können nur bitten oder Forderungen an die<br />

Industrienationen stellen, ihr Verhalten zu ändern <strong>und</strong> weniger CO 2 zu produzieren. Zwar<br />

f<strong>in</strong>den die Vertreter dieser Nationen Gelegenheit bei den großen <strong>in</strong>ternationalen Gremien der<br />

8


UN ihre Anliegen vorzu ragen <strong>und</strong> zu ermahnen, ob sie aber auch gehört werden <strong>und</strong> mit<br />

welchen Konsequenzen, sei dah<strong>in</strong>gestellt. Die Industriestaaten s<strong>in</strong>d bislang nur sehr zögerlich,<br />

wenn es um die Umsetzung von Klimazielen geht. Erst letzte Woche (am 7.9.07) machte<br />

Australien auf dem APEC-Gipfel deutlich, dass es ke<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dlichen Vorgaben zur<br />

Reduzierung von Treibhausgasen geben wird. Ke<strong>in</strong>e gute Nachricht für die 7 Millionen<br />

E<strong>in</strong>wohner der 22 Insel-Nationen.<br />

Quellen:<br />

Chesterfield, Nick, Terror-Raz<strong>in</strong>g the Forest: Guns, Corruption Illegal Logg<strong>in</strong>g, JI & the Indonesian Military <strong>in</strong><br />

Papua New Gu<strong>in</strong>ea, A Prelim<strong>in</strong>ary Investigation, 2006<br />

Environmental Investigation Agency (EIA): The Last Frontier, Illegal Logg<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Papua and Ch<strong>in</strong>a’s Massive<br />

Timber Theft. London 2005<br />

Greenpeace Ch<strong>in</strong>a: Shar<strong>in</strong>g the Blame: Global Consumption and Ch<strong>in</strong>a’s Role <strong>in</strong> Ancient Forest Destruction,<br />

Beij<strong>in</strong>g, 2006<br />

Greenpeace: Tatort Pazifik, Von gestohlenem Fisch, Armut <strong>und</strong> Tunfisch <strong>in</strong> deutschen Supermärkten. Hamburg<br />

2006<br />

Kl<strong>in</strong>ckhamers, Pavel, Wo is pay<strong>in</strong>g for the fish? Utrecht, ECSIEP, 2007<br />

Schilsky, Ingrid (Hrsg), Land unter im Pazifik- Folgen der globalen Klimaerwärmung <strong>und</strong> deren Konsequenzen.<br />

Dossier Nr. 71 - Dokumentation zur Tagung des Pazifik-Netzwerkes e.V., 4. bis 6. Februar 2005 <strong>in</strong> Rolandsek<br />

bei Bonn<br />

Work<strong>in</strong>g Group II Contribution to the Intergovernmental Panel on Climate Change Fourth Assessment Report<br />

Climate Change 2007, Climate Change Imapcts, Adaption and Vulnerability. Summary for Policymakers.<br />

April 2007<br />

Südsee-Inselstaat Tuvalu vers<strong>in</strong>kt. Bewohner müssen Heimat verlassen<br />

http://www.3sat.de/SCRIPTS/pr<strong>in</strong>t.php?url=nano/bstuecke/104687/<strong>in</strong>dex.html<br />

Dobson, Andrew, A politics of global warm<strong>in</strong>g: the social-science resource<br />

http://www.opendemocracy.net/articles /ViewPopUpArticle.jsp?id=6&articleId=4486<br />

http://www.climate.org/topics/climate/impacts_oc.shtml<br />

http://www.epo.de/<strong>in</strong>dex.php?option=com_content&task=view&id=508&Itemid=33<br />

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