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Orientierung: Unsere Medientipps des Monats - Stadt Mannheim

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<strong>Orientierung</strong>: <strong>Unsere</strong> <strong>Medientipps</strong> <strong>des</strong> <strong>Monats</strong><br />

März 2011 bis Februar 2012


März 2011<br />

Empfehlung von Lina Böhm und Barbara Kette<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Auch das neue Buch der russischen Schriftstellerin und Drehbuchautorin Viktorija<br />

Tokarjewa handelt wieder von einer Frau, die ihr Leben entgegen aller Widerstände<br />

selbst in die Hand nimmt. Viktorija Tokarjewa gehört zurzeit zu den in Russland am<br />

meisten gelesenen Autorinnen. Von Kritikern wurde sie die „russische Francoise<br />

Sagan“ getauft.<br />

Die Handlung, nach Ende <strong>des</strong> zweiten Weltkriegs angesiedelt, dreht sich um Matrjona,<br />

„aber wie sollte man mit so einem Namen leben?“ Deshalb wird sie von allen Vera genannt.<br />

Vera mit den rotblonden Haaren und blauen Augen möchte Schauspielerin werden<br />

und geht <strong>des</strong>halb vom Land nach Leningrad. Mit äußerstem Durchhaltewillen schafft<br />

sie die Schauspielschule, erhält jedoch nur Nebenrollen. Die Hauptrolle in ihrem Leben<br />

spielt bald der um zehn Jahre jüngere Filmemacher Alexander, in den sie sich verliebt und<br />

von dem sie ein Kind bekommt. Alles hätte gut werden können, aber Alexander liebt Vera<br />

nicht, und so tritt bald das ein, was Vera immer befürchtet hatte.<br />

Tokarjewa, Viktorija:<br />

Der Baum auf dem Dach.<br />

Diogenes, 2010. – 200 Seiten.<br />

Tokarjewa, Viktorija:<br />

Derevo na kryshe.<br />

AST, 2009. – 318 Seiten (in russischer Sprache)<br />

Dass Viktorija Tokarjewa Drehbuchautorin ist, merkt man dem Roman an. Ihre Figuren<br />

werden angetrieben von ihren Stärken und Schwächen, von starken Emotionen und dem<br />

zähen Bestreben nach Lebensglück. Mit wenigen Strichen zeichnet sie die Charaktere in<br />

einer Sprache, die viel von der russischen Seele offenbart, „von Liebe und Verzicht, von<br />

Großherzigkeit und Lebensmut und von der russischen Seele, die so viel Leid ertragen<br />

kann.“<br />

Ein Lesegenuss der ganz besonderen Art, sowohl in deutscher als auch in russischer<br />

Sprache.


April 2011<br />

Empfehlung von Klaus Bopp<br />

Musikbibliothek der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Hope, Daniel:<br />

Toi, toi, toi!<br />

Pannen & Katastrophen in der Musik.<br />

Rowohlt, 2011. – 191 Seiten.<br />

Nachdem er uns in „Familienstücke“ an der Spurensuche nach seiner weit verzweigten<br />

Familie teilnehmen ließ und in „Wann darf ich klatschen?“ einen humorvollen<br />

Blick hinter die Kulissen <strong>des</strong> klassischen Konzertbetriebs gewährte, führt uns<br />

der britische Geigenvirtuose Daniel Hope in seinem Buch „Toi, toi, toi!“ in die Welt<br />

der Pannen und Katastrophen in der Musik. Auf den Brettern der Konzert- und<br />

Opernbühnen dieser Welt zeitigen bereits kleinste Pannen häufig fatale Wirkung.<br />

Die exemplarischen und im angemessenen Ton <strong>des</strong> Experten vorgestellten Ereignisse<br />

aus der Musikgeschichte machen unmissverständlich klar, dass alles,<br />

was schief gehen kann, auch schief geht. Leicht und amüsant kommen kleinere<br />

Pannen daher, wie die <strong>des</strong> Dirigenten, der in der Kölner Philharmonie von einem<br />

nicht ordentlich fixierten Bühnenaufzug langsam aber sicher im Bühnenboden versenkt<br />

wird, bis er am Ende <strong>des</strong> Konzerts, wacker weiter dirigierend, nur noch vom<br />

Bauchnabel aufwärts sichtbar ist.<br />

Beethovens Missgeschick – anlässlich eines wichtigen Konzertabends in Wien<br />

beim eifrigen Dirigieren eines Klavierkonzerts seinen Einsatz als Solist schlicht zu<br />

vergessen, dafür das leicht irritierte Orchester lautstark zu beschimpfen – zählt<br />

dann wohl schon zu den mittelschweren Zwischenfällen, die den Leser meist zum<br />

Schmunzeln oder Lachen bringen.<br />

Aber auch tief ernste, durch Politik oder Naturereignisse verursachte Dramen und<br />

Katastrophen haben ihren angemessenen Platz, unterbrechen das Amüsement <strong>des</strong><br />

Lesers immer wieder, etwa mit der beklemmenden Schilderung <strong>des</strong> amerikanischen<br />

Geigers Isaac Stern, der während eines wegen Luftalarms unterbrochenen Konzertes<br />

im Februar 1991 in Jerusalem das in Erwartung <strong>des</strong> Einschlags einer irakischen Rakete<br />

nervös in Gasmasken vor ihm sitzende Publikum mit Hilfe seiner Violine und der<br />

Wirkung der Musik zu beruhigen versucht.<br />

Der literarische Anspruch dieser Geschichten- und Anekdotensammlung mag<br />

überschaubar sein. Ihren besonderen Reiz verdankt sie dem erkennbaren Gefühl<br />

<strong>des</strong> Musikers Hope für Tempo- und Stimmungswechsel.<br />

Eine Empfehlung ist das Buch aber auch zum Schmökern für zwischendurch oder<br />

als Ideendepot für geistvollen Smalltalk.


Mai 2011<br />

Empfehlung von Diana Medjedovic<br />

Auszubildende bei der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Güner Balci, die als Sozialarbeiterin im Berliner Problemviertel Neukölln arbeitete,<br />

stellt in ihrem Debütroman erschreckend ehrlich und brutal die Parallelwelt<br />

unserer heutigen Gesellschaft dar. Sie liefert dem Leser eine Geschichte über die<br />

gescheiterte Integration <strong>des</strong> libanesischen Jungen Rashid in die deutsche Gesellschaft.<br />

Eine Geschichte, die bestimmt ist von Angst, Gewalt, Drogen und Tod.<br />

Balci, Güner Yasemin:<br />

Arabboy.<br />

Eine Jugend in Deutschland oder Das kurze Leben <strong>des</strong> Rashid A.<br />

Fischer Taschenbuch-Verlag, 2010. – 286 Seiten.<br />

Rashids Geschichte beginnt im Gefängnis, wo er gelandet ist, nachdem er in eine Apotheke<br />

eingebrochen ist, um die Droge Tildin zu stehlen. Er steht kurz vor der Abschiebung<br />

und beginnt seine bisherigen Taten zu reflektieren, wobei er uns zwischendurch<br />

Einblick in seine gegenwärtige Situation bietet. Rashid hat einen palästinensisch-libanesischen<br />

Hintergrund und er verachtet alles, was deutsch ist. Er lebt nach dem Gesetz<br />

der Straße. Durch Jobs im Drogen- und Prostitutionsmilieu hat er sich die Anerkennung<br />

der sogenannten Arabboys und <strong>des</strong> Neuköllner Kiezes bis in die obersten Hierarchien<br />

verschafft. Die Angst Anderer nutzt er schamlos aus, um Schwächere auszubeuten und<br />

zu schikanieren. Kurz vor seinem persönlichen Durchbruch in dieser einschlägigen Szene<br />

kommt er auf den Geschmack der Droge Tildin, die ihm zum Verhängnis wird. Zu<br />

Beginn noch im Glauben, jederzeit damit aufhören zu können, verliert Rashid zunehmend<br />

die Kontrolle über sich und damit auch den Respekt der Anderen.


Juni 2011<br />

Empfehlung von Barbara Kette<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Der 2009 verstorbene John Updike zählt mit seinem frühen Roman „Ehepaare“ und der<br />

„Rabbit“-Reihe zu den berühmtesten amerikanischen Autoren. In den posthum veröffentlichten<br />

und erst jetzt ins Deutsche übersetzten letzten Erzählungen erreicht seine<br />

Erzählkunst noch einmal einen Höhepunkt.<br />

Die 18 Geschichten kreisen um Männer, meist Ich-Erzähler, die sich an Begebenheiten<br />

erinnern, denen sie rückblickend eine besondere Bedeutung in ihrem Leben zumessen.<br />

Unsentimental und doch fast zärtlich skizziert der Autor Wendepunkte im Leben seiner<br />

Protagonisten, sinniert über verpasste Chancen und die vergangene Geborgenheit in Ehe<br />

und Familie.<br />

Da ist die Erzählung „Marokko“, die einen verunglückten Ferienaufenthalt beschreibt, den<br />

der Ich-Erzähler mit Frau und Kindern in diesem Land verbringt. Nichts ist so, wie er es<br />

sich vorgestellt hatte und doch: „Wir hatten in Marokko ein Höchstmaß an familiärer Verdichtung<br />

erreicht und konnten uns von nun an zerstreuen. Erwachsen werden, aus dem<br />

Haus gehen, mit ansehen, wie eure Eltern sich scheiden ließen“.<br />

In „Die Hüter“ beschreibt der Autor ein Einzelkind, das im Schoße der Familie geliebt und<br />

behütet aufwächst und Angst hat, seine Großeltern und Eltern könnten vorzeitig sterben.<br />

Aber „Sie starben in taktvoll bemessenen Abständen, in der Reihenfolge, in der sie<br />

geboren waren. Und als alle gestorben waren, waren seine Hüter in ihm und trieben ihn<br />

an, eine winzige menschliche Besatzung in einer großen wandelnden DNS-Konstruktion“.<br />

Auch die Titelgeschichte <strong>des</strong> Ban<strong>des</strong> handelt von familiären Bindungen, vom Älterwerden<br />

und Abschiednehmen. Der Sohn erinnert sich an die Tränen <strong>des</strong> Vaters bei seiner<br />

Abreise auf dem Weg zur Universität und in ein selbstständiges Leben. Erst jetzt erkennt<br />

er, dass der Vater ihn liebte und den zunehmenden Abstand zwischen sich und seinem<br />

Sohn schmerzlich empfand.<br />

John Updike:<br />

Die Tränen meines Vaters.<br />

Roman.<br />

Rowohlt, 2011. – 366 Seiten.<br />

Die autobiographischen Parallelen in John Updikes Erzählungen sind offensichtlich. Das<br />

Alter hat jedoch trotz <strong>des</strong> immer wieder aufblitzenden Sarkasmus über alles eine Aura<br />

der Milde gelegt. Familie und Kinder spielen immer wieder eine zentrale Rolle in diesen<br />

Erzählungen und so berührt es auch sympathisch, dass der Band seinen 14 Enkelkindern<br />

gewidmet ist.


Juli 2011<br />

Empfehlung von Nastasia Forg<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Der Künstler David Andernach (Mads Mikkelsen) hat es endlich geschafft. Seine<br />

Werke sind gefragt und werden hoch bezahlt. Aber mit dem Erfolg schwindet das<br />

Familienglück. David sucht das Abenteuer und findet es bei der Nachbarin Gia<br />

(Heike Makatsch). Auch als seine Tochter beim Spielen im Garten tödlich verunglückt,<br />

vergnügt sich David gerade mit Gia. Seine Ehe mit Maja (Jessica Schwarz)<br />

zerbricht, die künstlerische Inspiration ist weg, und von Selbstvorwürfen zerfressen<br />

findet er nur noch Trost im Alkohol. Jahre später, gerade als er keinen Ausweg<br />

mehr sieht, öffnet sich ihm eine kleine geheime Tür. Sie führt ihn in die Vergangenheit,<br />

genau zu dem Tag, an dem seine Tochter verunglückte.<br />

Als er sein Alter Ego über die Straße zur Nachbarin gehen sieht, erkennt er seine<br />

Chance und rettet seine Tochter. Überglücklich, alles zukünftige Unglück abgewendet<br />

zu haben, muss er schnell erkennen, dass es kein richtiges Leben im falschen<br />

geben kann. Denn Zwei sind Einer zu viel. Also was tun mit dem jüngeren Ich?<br />

Geheime Türen kennt man ja: Der König von Narnia, Pans Labyrinth, Alice im Wunderland...<br />

Meistens führen Sie in fantastische, wundersame Welten. Diese Tür führt<br />

David aber in ein Horrorszenario, in dem jede Handlung eine noch schlimmere<br />

Konsequenz verlangt.<br />

Die Vorlage zu Anno Sauls Filmadaption lieferte Akif Pirinçci (bekannt durch die<br />

„Felidae“-Romane) mit seinem Bestseller „Die Damalstür“.<br />

Die Tür.<br />

Regie: Anno Saul.<br />

DVD. – Laufzeit: ca. 99 Minuten.<br />

FSK: ab 16 Jahren.<br />

Einige phantastische Elemente machen aus diesem Thriller eine besonders gelungene<br />

Mischung.<br />

Spannen<strong>des</strong> und anspruchsvolles Genre-Kino!


August 2011<br />

Empfehlung von Barbara Kette<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Hemingway beschreibt in dem 1964 erschienenen und jetzt in neuer Übersetzung<br />

vorliegenden Roman rückblickend sein Leben als Berichterstatter für den „Toronto<br />

Star“ im Paris der 20er Jahre. In vielen aneinander gereihten Episoden erzählt er in<br />

der für ihn charakteristischen Weise skizzenartig und mit trockenem, ja manchmal<br />

beißenden Humor von seinen Begegnungen mit berühmten Autoren wie James<br />

Joyce, Ezra Pound, Ford Madox Ford, Scott Fitzgerald und Gertrude Stein. In Paris<br />

war es denn auch, dass er beschließt, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen.<br />

Besonders die Dialoge bereiten dem Leser Vergnügen. Da ist Hemingways Begegnung<br />

mit Scott Fitzgerald:<br />

„Scott“, sagte ich. „Ist Ihnen nicht gut?“<br />

„Wir sollten ihn zu einer Sanitätswache bringen.“<br />

„Nein. Dem geht’s gut.“<br />

„Er sieht aus, als ob er stirbt.“<br />

„Nein, beim ihm ist das nun mal so.“<br />

Hemingway, Ernest:<br />

Paris, ein Fest fürs Leben.<br />

Rowohlt, 2011. – 320 Seiten.<br />

Zum 50. To<strong>des</strong>tag von Ernest Hemingway im Juli 2011 erschien auch ein opulenter,<br />

sehr informativer Text-Bildband „Ernest Hemingway in Bildern und Dokumenten“,<br />

herausgegeben von seiner Enkelin Mariel Hemingway. Hier können die Parallelen<br />

von Leben und Werk <strong>des</strong> großen Literaten noch einmal sehr anschaulich nachvollzogen<br />

werden. Der Band macht Lust, sich auch die anderen Romane und Kurzgeschichten<br />

Hemingways (wieder) einmal vorzunehmen.


September 2011<br />

Empfehlung von Maria Metz<br />

Auszubildende bei der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

„‚Ketchup, wieso ist denn dieses Päckchen Ketchup in deinem Mäppchen?‘ frage ich<br />

meine Tochter. ‚Wenn wieder ein Amokläufer kommt, schmier ich mich mit Ketchup<br />

voll und stell mich tot‘ sagt mein Kind und meint es ernst.“<br />

Eine <strong>Stadt</strong> im Schockzustand. 16 Tote, 11 Verletzte. Das ist die Bilanz, die eine kleine<br />

<strong>Stadt</strong> nahe Stuttgart am Ende <strong>des</strong> 11. März 2009 ziehen muss. Der Amoklauf an<br />

der Albertville-Realschule erschütterte die 14 000 Einwohner Winnendens in ihren<br />

Grundfesten und veränderte die <strong>Stadt</strong> und ihre Menschen grundlegend. Ein Jahr lang<br />

notierte Jochen Kalka, Chefredakteur in München und sesshaft in Winnenden, alle<br />

Eindrücke, Gefühle und Erlebnisse, die er in seinem Umfeld wahrnahm. Am Ende<br />

entstand dieses Buch– ungeplant, wie der Autor immer wieder erwähnt.<br />

Zu Beginn richtet der Autor sein Augenmerk auf die direkt beteiligten Personen, z. B.<br />

eine Mutter, die aus dem abgeriegelten Klassenzimmer einen Anruf von ihrer Tochter<br />

erhält. Nur kurz verweilt der Autor bei diesen Einzelschicksalen. Schon bald verlagert<br />

Kalka seinen Themenschwerpunkt auf das Verhalten außerhalb der <strong>Stadt</strong>. Immer<br />

wieder äußert er scharfe Kritik am Handeln von Politikern im Allgemeinen und im<br />

Einzelnen, am Verhalten der Presse und später vor allem an Schützen und Befürwortern<br />

<strong>des</strong> privaten Waffenbesitzes.<br />

Kalka, Jochen:<br />

Winnenden.<br />

Ein Amoklauf und seine Folgen.<br />

Deutsche Verlags-Anstalt, 2011.<br />

235 Seiten.<br />

Der Autor vertritt energisch seine Meinung, drückt diese auch oft in sarkastischen<br />

Bemerkungen aus:<br />

„Seien wir realistisch, den meisten Menschen in Deutschland ist doch eh alles egal.<br />

Grundsätzlich. Solange ihre Autobahn nicht besteuert wird und das Bier weiterhin<br />

nach dem Reinheitsgebot gebraut wird.“<br />

Das Buch bietet tiefe Einblicke in die Psyche der <strong>Stadt</strong> und regt den Leser zum Nachdenken<br />

an, wie man eine solche Tat in der Zukunft verhindern kann. Zudem zeigt es<br />

eine emotionale Perspektive, die man nur als unmittelbar Betroffener haben kann.


Oktober 2011<br />

Empfehlung von Kirsten Brodmann<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Seit der Lektüre der „Bis(s)“-Bände von Stephenie Meyer gelten Vampire als unwiderstehlich,<br />

erotisch und unverletzlich!<br />

Vladimir Tod (was für ein Name – es ist tatsächlich der Name der Hauptfigur im amerikanischen<br />

Original) ist ein Halbvampir (Vater war Vampir, die Mutter ein Mensch)<br />

und Vollwaise – und damit das Kontrastprogramm zu „Bis(s)“. Seit dem mysteriösen<br />

Feuertod der Eltern kümmert sich Tante Nelly um sein Wohlergehen, und das macht<br />

sie ziemlich clever: Als Krankenschwester kann sie Blutkonserven, die kurz vor dem Ablaufdatum<br />

stehen, ungehindert abzweigen und mit nach Hause bringen. Damit sichert<br />

sie Vladimirs Überleben, denn ohne sein Hauptnahrungsmittel ist er ziemlich hilflos,<br />

und Hunger treibt auch unkontrolliert seine spitzen Eckzähne zum Vorschein. Ein Alptraum<br />

für Vladimir, denn das ist genau das, was er auf keinen Fall will: unnötig auffallen.<br />

So schlurft er in Jeans und Kapuzenpullis möglichst unbeachtet über den Schulhof.<br />

Leider haben es zwei Schlägertypen auf den vermeintlichen Loser abgesehen, und so<br />

erhält er mehr als einmal eine schmerzhafte Abreibung. Außerdem ist er auch noch –<br />

wie er meint: hoffnungslos – in die schüchterne Meredith verknallt und kann in ihrer<br />

Gegenwart zur Erheiterung der Leser nur unvernünftige Sätze zurechtstammeln. Er ist<br />

eben ein Durchschnitts-Teenager mit Durchschnittsproblemen, ergänzt durch dieses<br />

spezielle Problem mit dem Vampirdasein – „aber im Großen und Ganzen steht man als<br />

Vampir nicht gerade auf der Sonnenseite <strong>des</strong> Lebens.“<br />

Brewer, Heather:<br />

Vladimir hat Blut geleckt. (Vladimir Tod, Band 1)<br />

Loewe, 2011.<br />

205 Seiten.<br />

Brewer, Heather:<br />

Vladimir Tod beißt sich durch. (Vladimir Tod, Band 2)<br />

Loewe, 2011.<br />

301 Seiten.<br />

Heather Brewer hat die Vampirgeschichten um Antiheld Vladimir Tod auf fünf Bände<br />

angelegt. Sie hat den richtigen Sprach- und Schreibstil und so kann hier ein pfiffiger<br />

Teenager-Roman mit Vampir-Einlage empfohlen werden.<br />

Neben pointiertem Witz finden auch düstere Spannungsmomente ihren Platz. Mit<br />

Umfängen von bisher 205 bis 300 Seiten werden sicher auch jüngere männliche Vampirfans<br />

zugreifen, die bisher genervt einen Bogen um Vampirgeschichten gemacht haben.<br />

Das jeweilige Cover ist cool, die Überraschung ist die Rückseite (dort findet man<br />

den eigentlichen Titel) und im Buch selbst ist je<strong>des</strong> Kapitel gut strukturiert mit einem<br />

schwarzen Startblatt und weißer Drucktype aufbereitet – eben genregemäß. Eine breite<br />

Empfehlung für alle, die es gerne witzig, spannend, düster und mit wohldosiertem<br />

schwarzem Humor mögen. Sofort lesen!


November 2011<br />

Empfehlung von Monika Hekmann<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Wer kennt das nicht: Nach dem großen Sommerurlaub hat man jede Menge Fotos<br />

auf dem PC und weiß nicht so recht, wo man jetzt anfangen soll. Fotos einfach<br />

ausdrucken und in ein Fotoalbum kleben? Oder doch mal die Gestaltung eines individuellen<br />

Fotobuches ausprobieren?<br />

Ruhland, Eva; Wulf, Angela:<br />

Das perfekte Fotobuch gestalten.<br />

Markt und Technik, 2011.<br />

242 Seiten.<br />

Mittlerweile gibt es eine große Auswahl an Fotobuch-Software im Internet, die<br />

einem viel Arbeit abnimmt. „Das perfekte Fotobuch gestalten“ macht neugierig<br />

auf die Erstellung eines Fotobuches und liefert hierzu eine ausführliche Anleitung.<br />

Nach einer grundlegenden Einführung in die Regeln der Gestaltung, Layout und<br />

Typographie gibt es Anregungen für unterschiedliche thematische Bildergruppen:<br />

z. B. Kinder-, Familienfotos, besondere festliche Anlässe, Tierbilder oder Urlaubsbilder.<br />

Hier bekommt man konkrete Tipps zur Bildbearbeitung, Platzierung und<br />

Layout. Auch das anspruchsvolle Fotobuch mit Meisterfotos wird dabei nicht außer<br />

Acht gelassen. Zuletzt wird auf verschiedene Fotobuch-Editoren auf dem Markt<br />

eingegangen. So kann man sich über die eigene bevorzugte Fotobuch-Software<br />

ausführlich informieren.<br />

Auf www.metropolbib.de gibt es diesen inspirierenden Workshop als e-Book im<br />

PDF-Format zum Herunterladen, so dass man die Anregungen am PC direkt umsetzen<br />

kann.


Dezember 2011<br />

Empfehlung von Barbara Kette<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Der durch „Generation X“ bekannte Kultautor präsentiert mit „JPod“ einmal mehr<br />

eine Satire, die fast sämtliche Auswüchse unserer heutigen Massenkultur aufs Korn<br />

nimmt.<br />

Der JPod ist Teil eines Unternehmens, das Computerspiele herstellt und besteht aus<br />

sechs etwas durchgeknallten Mitarbeitern, die für das Design zuständig sind und deren<br />

Nachnamen alle mit dem Buchstaben J anfangen.<br />

Einer der sechs, Ethan Jarlewski, erzählt die ganze Story. Das JPod-Team soll in ein<br />

schon fast fertig gestelltes Skateboardgame eine „charismatisch-knuddelige“ Schildkröte<br />

einbauen. Die Idee wird auf einer Marketingkonferenz von Steve, der „Toblerone<br />

in nur zwei Jahren aus der Krise geführt hat“ vorgestellt.<br />

Dazwischen geht es auch in Ethans Privatleben rund. Die Mutter züchtet Cannabis im<br />

Keller und bringt mal eben einen Rocker um, der Vater ist ein erfolgloser Schauspieler<br />

ohne Sprechrollen, aber mit Liebschaften zu wesentlich jüngeren Partnerinnen, der<br />

Bruder, Immobilienmakler, macht dubiose Geschäfte und ist in Menschenschmuggel<br />

verstrickt. Sowohl Vater wie auch Mutter brauchen ständig die Hilfe ihres Sohnes.<br />

Coupland, Douglas:<br />

JPod.<br />

Roman.<br />

Tropen Verlag, 2011. – 519 Seiten.<br />

Couplands „Theorie“ zur Handlung findet sich am Anfang <strong>des</strong> Buches auf vier dicht<br />

gedrängten Seiten, die folgenden 519 Seiten sind aber vor allem ein rasanter, abgedrehter<br />

Spaß, Parallelen zum wirklichen Leben nicht ausgeschlossen.<br />

Ein Muss für die Generation 20 plus, aber auch für 50 plus, 60 plus, 70 plus…


Januar 2012<br />

Empfehlung von Barbara Kette<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Sie wollen im Jahr 2012 endlich Ihre guten Vorsätze in die Tat umsetzen und etwas<br />

für Gesundheit und Figur tun? Dann ist „LowFett 30“ genau das Richtige für Sie.<br />

Keine Angst, es handelt sich nicht um das 999. Diät-Buch. „LowFett“ heißt nicht<br />

„gar kein Fett“ sondern, so die Autorinnen, die Rückkehr zum Selber-Kochen mit<br />

frischen Nahrungsmitteln und Gewürzen. Dazu gehöre auch das richtige Einkaufen,<br />

denn wer richtig einkaufe, könne auch nicht falsch kochen.<br />

Der Richtwert von 30% Fettanteil an der Gesamtenergie eines Nahrungsmittels<br />

wurde von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als Grenzwert bestimmt und<br />

kann ganz leicht anhand <strong>des</strong> dem Buch beiliegenden Fettkalkulators errechnet<br />

werden. Vorsicht ist in jedem Fall geboten bei Büro-Keksen, Nudelgerichten vom<br />

Lieferservice und fett-triefenden Döner.<br />

Gut auch der Rat für Eltern: “Keine Extrawürste für die lieben Kleinen. Was auf den<br />

Tisch kommt, wird gegessen, alles schmeckt super.“<br />

Schierz, Gabi; Vallenthin, Gabi:<br />

LowFett 30 – das große Kochbuch.<br />

Fettarm schlemmen und dabei abnehmen; mit Fett-Kalkulator für den Einkauf.<br />

Trias, 2011. – 149 Seiten.<br />

Aber dann machen leckere Rezepte mit appetitanregenden Fotos den Hauptteil<br />

<strong>des</strong> Buches aus, vom Frühstück (Mirabellenpfannkuchen, Stachelbeer-Crumble)<br />

über das Hauptgericht (Puten-Ananas-Spieße mit Bananendip, Forellen in Weißwein)<br />

bis zur Nachspeise (Beeren-Müsli mit Walnüssen, Pfirsichcreme, Rhabarber-<br />

Aspik).<br />

Mmmmmmmm….


Februar 2012<br />

Empfehlung von Kirsten Brodmann<br />

Lektorat der <strong>Stadt</strong>bibliothek <strong>Mannheim</strong><br />

Poznanski, Ursula:<br />

Saeculum.<br />

Thriller<br />

Loewe, 2011. – 496 Seiten.<br />

Der junge Medizinstudent Bastian lernt die hübsche Sandra kennen und wird von ihr<br />

zu einem Live-Rollenspiel eingeladen. Die Rollenspielgruppe „Saeculum“ versucht<br />

das Leben im Mittelalter <strong>des</strong> 14. Jahrhunderts nachzustellen. Bastian kommt mit<br />

zu einer Convention in ein verschwiegenes Tal in Niederösterreich. Einige Sonderregelungen<br />

unterscheiden Saeculum von gewöhnlichen Conventions, die auch ein<br />

Time-out zulassen oder Magie-Spielregeln für Fantasy-Szenarien beinhalten. Authentizität<br />

ist das Zauberwort, und gerade Bastian als angehender Mediziner ahnt,<br />

dass da allen Teilnehmern eine durchaus unangenehme Prüfung bevorsteht, falls<br />

man sich Knochenbrüche oder Virusinfektionen holt. Bastians Brille wird ebenfalls<br />

aussortiert, was ihm auf nachteilige Weise eine schummerige Ansicht seiner Umwelt<br />

beschert. Als Doro, die selbsternannte Hexe, erfährt, in welche Gegend die<br />

Teilnehmer fahren, verliert sie völlig die Fassung. Die Gegend gilt als verflucht und<br />

auch den Teilnehmern fährt ein gruseliger Schauer über den Rücken, denn Paul,<br />

der charismatische Anführer, gibt gerne die Sage der Blutgruft zum Besten. Aber<br />

wie sagt eine Teilnehmerin so treffend: „Es gibt keine merkwürdigen Gegenden…<br />

es gibt nur merkwürdige Menschen.“<br />

Das Unternehmen steht unter keinem guten Stern. Gleich nach der Ankunft im Lager<br />

setzt ein ungemütliches Gewitter ein, Sandra verhält sich kalt und abweisend,<br />

und es tauchen seltsame Nachrichten auf Rindenstücken auf – vielleicht ein Teil<br />

<strong>des</strong> Spiels, vielleicht auch nicht... Bastian wäre ohne die Hilfe der kratzbürstigen<br />

Iris verloren gewesen und die Katastrophenlage spitzt sich noch zu. Einzelne Teilnehmer<br />

(darunter Sandra) verschwinden spurlos, die mitgebrachten Lebensmittel<br />

verderben und eine Zuflucht in eine Höhle am Berg erweist sich als Mausefalle,<br />

denn nach einem Erdrutsch (?) ist der Zugang versperrt.<br />

In diesem stilistisch wunderbar inszenierten Thriller thematisiert die Autorin Ursula<br />

Poznanski – letztes Jahr mit ihrem Jugendbuch-Erstling „Erebos“ Preisträgerin<br />

<strong>des</strong> Deutschen Jugendliteraturpreises – den Ethik- und Sittenverfall, wenn eine<br />

mehr oder minder homogene Gruppe in einer psychologisch ausweglosen Situation<br />

nach einem Ausweg sucht und – um den Fluch zu erfüllen – bedenkenlos ein<br />

Menschenopfer erwägt. Es ist ebenso ein Psychogramm, wie man Menschen manipulieren<br />

und steuern kann, wenn man mit gut gewählten Schocks die Hysterie<br />

entfesselt. Die klug gewählte Szenerie im Rollenspiel-Millieu verstärkt die Wirkung<br />

und sorgt für ein prickeln<strong>des</strong> Lesevergnügen.<br />

Für Thrillerfans ab 14 Jahren nachdrücklich empfohlen!

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