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Erleben, wie Gott tröstet - Evang. Bezirkskantorat Lahr

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<strong>Erleben</strong>, <strong>wie</strong> <strong>Gott</strong> <strong>tröstet</strong><br />

In der voll besetzten Stiftskirche erklingt „Eindeutsches Requiem“ von Johannes Brahms<br />

LAHR. Für das Karfreitagskonzert in der <strong>Lahr</strong>er Stiftskirche wählte Kirchenmusikdirektor<br />

Hermann Feist diesmal Johannes Brahms’ "Ein deutsches Requiem", um es mit der<br />

Stiftskantorei und dem symphonisch besetzten Collegium musicum in aufzuführen.<br />

Johannes Brahms vertont verschiedene Zitate aus dem Alten und Neuen Testament und aus<br />

Psalmen, in denen der Trost der Hinterbliebenen im Mittelpunkt steht. Hermann Feist stellt in<br />

dem ausführlichen Programmheft seine Überlegungen zur Komposition vor – und lässt das<br />

Konzert mit dem Geläut der Vater-unser-Glocke ausklingen. Eine durchdachte und schöne<br />

dramaturgische Überlegung, die zum ruhigen, harmonischen Konzert sehr gut passte.<br />

Brahms arbeitete mehrere Jahre an seinem Requiem und schuf ein symmetrisch<br />

aufgebautes, sich einer klaren Klassifizierung widersetzendes Werk. Es gibt keine<br />

dramatischen Szenen, keine Arien, weder Chor noch Orchester bekommen "Hauptrollen",<br />

sondern alles fügt sich zu einem Ganzen, das – und das ist der große Unterschied zu den<br />

Passionen – nicht die liturgische Überlieferung, sondern den Menschen in seinem Verhältnis<br />

zu <strong>Gott</strong> in den Mittelpunkt stellt.<br />

Das Requiem beginnt mit einem langen, tiefen Ton, der schon der erste Beweis dafür ist, <strong>wie</strong><br />

gut Brahms sich darauf versteht, Emotionen in Töne zu setzen. Der Chor beginnt mit einer<br />

der Seligpreisungen aus der Bergpredigt: "Selig sind, die da Leid tragen". Es geht um<br />

eigenes Leid, um die Angst vor dem Tod, aber auch um Verlusterfahrungen und vor allem<br />

um den Trost, den <strong>Gott</strong> spendet. Brahms vertont nicht den zürnenden <strong>Gott</strong> des alten<br />

Testaments, der Opfer fordert, sondern den tröstenden <strong>Gott</strong>, der selbst ein Opfer gebracht<br />

hat, um die Menschen zu erlösen.<br />

Ein modernes Verständnis von Religion liegt dem zugrunde, der direkte Zugang zu <strong>Gott</strong> aus<br />

dem eigenen Glauben heraus. Und ebenso direkt setzt die Musik diese Ideen um, zuweilen<br />

in raschem Wechsel zwischen Trauer und <strong>Gott</strong>eslob, <strong>wie</strong> im vierten und fünften Satz.<br />

Unmittelbar überträgt sich die Stimmung der Komposition auf die Zuhörer in der voll<br />

besetzten Stiftskirche.<br />

Das Collegium musicum agiert hervorragend, akzentuiert klar, ohne die komponierten<br />

Kontraste zu Brüchen werden zu lassen. Der Chor – obwohl ein reiner Laienchor – wirkt<br />

professionell und voll bei der Sache, mit fein abgestimmter Dynamik. Die beiden Solisten<br />

setzen dem Ganzen Glanzpunkte auf. Bariton Clemens Morgenthaler (für den erkrankten<br />

Menno Koller) klagt nicht weinerlich, sondern erschütternd und ernst. Sopranistin Cornelia<br />

Winter singt nicht nur mit warmer, klarer Stimme, sondern mit dem ganzen Körper von der<br />

Vorfreude auf die Auferstehung. Ein wunderschönes Konzert.


Glanzvoller Auftritt zu Ostern<br />

Requiem von Johannes Brahms erklingt am Karfreitag in der voll besetzten Stiftskirche<br />

Von Jürgen Haberer<br />

<strong>Lahr</strong>. Obwohl, vielleicht auch gerade weil es sich klar gegen den üblichen Kanon der<br />

katholischen Totenmesse abgrenzt, fasziniert das Requiem von Johannes Brahms.<br />

Bezirkskantor Hermann Feist schöpfte am Karfreitag musikalisch aus dem Vollen.<br />

Die durch zahlreiche Gastsänger verstärkte Kantorei der Stiftskirche prägte das 1869<br />

uraufgeführte Werk. Hermann Feist musste bei der Aufführung in der voll besetzten<br />

Stiftskirche aber keinerlei Zugeständnisse machen. Das symphonisch aufgestellte<br />

»Collegium musicum« entspricht beinahe exakt den Vorgaben des Komponisten, auch<br />

wenn der Kirchenmusikdirektor wohl nicht zuletzt aus Platzgründen auf die zweite Harfe<br />

verzichtete. Für das Requiem von Johannes Brahms bot er rund 75 Chorstimmen, zwei<br />

Solisten und ein 50-köpfiges Orchester auf, einen bemerkenswert homogen agierenden<br />

Klangkörper, der zur Todesstunde Jesu musikalischen Glanz verbreitete.<br />

Bewusster Bruch mit Traditionen<br />

Feist setzte sich damit in eine ähnliche Position <strong>wie</strong> Brahms, der mit einem deutschen<br />

Requiem auf der Basis von Texten des neuen Testaments ganz bewusst mit der Tradition<br />

gebrochen hat. Im Fokus von Werk und Aufführung liegen nicht das Leiden und der Tod.<br />

Brahms wendet sich den Lebenden zu, der Barmherzigkeit <strong>Gott</strong>es, dem Trost und dem<br />

Vertrauen, den der Glaube stiftet. Die oft eng mit der Leidensgeschichte verknüpfte Musik<br />

zu Karfreitag nahm mit der Aufführung eine der zentralen Botschaften des Osterfests<br />

vorweg. Jesus ist für die Menschen gestorben und vom Tod auferstanden. Der im zweiten<br />

Satz anklingende Totenmarsch verharrte nur kurz in der klagenden Position. In seiner<br />

Gesamtheit wirkte das Werk im positiven Sinne ergreifend, strahlte eine bisweilen hell<br />

aufleuchtende Würde aus, die vor allem aus dem vierstimmig angelegten Chorsatz<br />

schöpfte.<br />

Die diesjährige Karfreitagsmusik in der Stiftskirche stellt sich deshalb auch keineswegs<br />

gegen den Grundcharakter des Feiertags. Die Klangschöpfung ist farbig und vielschichtig,<br />

transportiert aber immer auch eine meditative Aura, einen nach innen strahlenden Glanz,<br />

der schwelgt, ohne zu jubilieren oder aufzutrumpfen. Hermann Feist spricht im Begleittext<br />

des Programms von einer »tröstenden Geborgenheit«, die ihn und die knapp 130<br />

Mitwirkenden durch die Monate der Probenarbeit begleitet hat. Genau das wurde am Ende<br />

auch in der Aufführung deutlich. Chor, Orchester und die beiden Solisten, Cornelia Winter<br />

(Sopran) und Menno Koller Clemens Morgenthaler (Bariton), beeindruckten die Zuhörer mit<br />

einer musikalischen und atmosphärischen Intensität, die am Freitag von der ersten bis zur<br />

letzten Note deutlich zu spüren war.

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