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Aktuelle Entwicklungen im Verkehrszivilrecht I - Rechtsanwalt ...

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Datei „VerkehrsR 2008-I“ Stand 31.12.2007<br />

<strong>Aktuelle</strong> <strong>Entwicklungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Verkehrszivilrecht</strong> I (2005 -2007)<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong> Rüdiger Martis, Kanzlei Martis, Maier, Roman-Josse, Schumm,<br />

Wanner, Schwäbisch Gmünd<br />

Der schwerpunktmäßig <strong>im</strong> Verkehrsrecht tätige Verfasser stellt, anknüpfend an die <strong>im</strong> Jahr<br />

2008 veröffentlichten Auszüge für unsere Klienten in laufender Aktualisierung die aktuellen<br />

<strong>Entwicklungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Verkehrszivilrecht</strong> unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung<br />

des BGH und der Oberlandesgerichte dar. Bislang liegen die Teile I (2005 – 2007, MDR<br />

2008, 6 ff. und MDR 2008, 177 ff.) und II (2008 – 2009, MDR 2009, 489 ff. und MDR 2009,<br />

848 ff.) vor. Teil IV (Rechtsprechung 2010 – 2013) folgt Anfang 2013.<br />

Ausgewertet werden folgende Zeitschriften: NJW, NJW-RR, NJW-Spezial, NZV, MDR,<br />

DAR, OLGR (OLG-Report), ZfS (Zeitschrift für Schadensrecht), R + S (Recht und Schaden).<br />

Übersicht<br />

I. Typische Verkehrssituationen 04<br />

1. Linksabbieger und Überholender 04<br />

a. Entscheidungen zugunsten des Linksabbiegers<br />

b. Entscheidungen zugunsten des Überholenden<br />

c. Hälftige Schadensteilung<br />

2. Auffahrunfälle 08<br />

a. Vorliegen eines „atypischen Verlaufs“ bejaht<br />

b. Atypischer Verlauf verneint<br />

c. Weitere Einzelfälle<br />

3. „Lückenfälle“ 14<br />

4. Ausfahren und Einfahren in Grundstück 16<br />

a. Ausfahrt aus einem Grundstück<br />

b. Abbiegen in ein Grundstück<br />

c. Kollision mit einem Radfahrer<br />

II. Mietwagenkosten 18<br />

1. Entwicklung der „Mietwagenrechtsprechung“ des BGH 18<br />

2. Erforderlichkeit und Zugänglichkeit eines „Normaltarifes“ 19<br />

a. Erforderlichkeit des UET<br />

b. Zugänglichkeit des UET<br />

c. Modifizierung der Rspr. des BGH zum „Zwei-Stufen-Modell“<br />

3. Pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“ 23<br />

1


4. Vorfinanzierung und Einsatz einer Kreditkarte 26<br />

5. Abzug ersparter Eigenaufwendungen 27<br />

6. Notreparatur 28<br />

7. Mietwagen bei geringem Fahrbedarf 28<br />

8. Aufklärungspflicht des Mietwagenunternehmers 29<br />

III. Reparaturkosten, fiktive Abrechnung, 130-%-Grenze und Restwert 30<br />

1. Das Kfz wird fachgerecht und vollständig repariert 30<br />

a. Der Reparaturaufwand überschreitet den Wiederbeschaffungswert nicht<br />

b. Der Reparaturaufwand überschreitet den Wiederbeschaffungswert<br />

2. Die Reparatur bleibt qualitativ oder quantitativ hinter den<br />

Anforderungen des Gutachtens zurück 34<br />

a. Reparaturkosten unterhalb des Wiederbeschaffungswerts<br />

b. Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert, aber innerhalb<br />

der 130 %-Grenze<br />

3. Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs 37<br />

4. Anrechnung des vom Sachverständigen ermittelten Restwertes 39<br />

5. Stundensätze einer markengebundenen Fachwerkstatt;<br />

UPE-Aufschläge 41<br />

IV.Mehrwertsteuer 42<br />

V. Gutachterkosten 44<br />

1. Erstattungsfähigkeit; Auswahlverschulden, Vorschäden 44<br />

2. Kein Ersatz von Sachverständigenkosten bei Bagatellschäden 45<br />

3. Gutachterkosten für eine Reparaturbescheinigung 45<br />

4. Sachverständiger muss keine Restwert-Angebote einholen 46<br />

VI. Verschwiegene Vorschäden 47<br />

2


VII. Nutzungsausfallentschädigung 48<br />

1. „Fühlbarkeit“ des Nutzungsausfalls 48<br />

2. Nutzungsausfall nur für die Dauer der Reparatur oder<br />

der Wiederbeschaffung 49<br />

a. Verzögerte Instandsetzung und Reparatur in Eigenregie<br />

b. Inter<strong>im</strong>sreparatur, Auswahlverschulden und „Werkstattrisiko“<br />

c. Nachweis bei Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs<br />

3. Höhe der Nutzungsausfallentschädigung 51<br />

4. Gewerblich genutzte Fahrzeuge 52<br />

VIII. Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung; Prämiennachteile53<br />

IX. Unkosten, Ab – und Anmeldungspauschale 54<br />

1. Allgemeine Auslagenpauschale 54<br />

2. Ab- und Anmeldungskosten bei Totalschaden 54<br />

I. Typische Verkehrssituationen<br />

3


1. Linksabbieger und Überholender<br />

Kommt es in einem unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem<br />

Linksabbiegen zu einer Kollision mit einem links überholenden Fahrzeug, spricht der Beweis<br />

des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Linksabbiegers (KG, Urt. v.<br />

15.08.2005 – 12 U 41/05, NZV 2006, 309, 310; KG, Urt. v. 4.12.2006 – 12 U 84/06, NZV<br />

2007, 408, 409: Linksabbieger in ein Grundstück; KG, Urt. v. 06.12.2004 – 12 U 21/04, DAR<br />

2002, 557; KG NZV 2003, 89; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 9 StVO Rn 24, 25, 29, 31,<br />

47, 55 a.E.; Splitter/Kuhn, Schadensverteilung bei Verkehrsunfällen, 6. Aufl. 2007, S. 51 – 55;<br />

Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl. 2007 Rn 161, 163, 164, 169, 171,<br />

176).<br />

Wer jedoch bei unklarer Verkehrslage (vgl. § 5 III Nr. 1 StVO) überholt, haftet selbst<br />

grundsätzlich mindestens mit einer Quote von 1/3, wenn der Linksabbieger zwar blinkt, vor<br />

dem Abbiegen aber die „zweite Rückschau“ (vgl. § 9 I 4 StVO) unterlässt (LG<br />

Neubrandenburg, SP 2005, 188; OLG Koblenz, Urt. v. 26.01.2004 – 12 U 1439/02, NZV<br />

2005, 413, 414; Nugel, NJW-Spezial 2007, 351/352). Die Haftung des Überholers kann sich<br />

auf eine Quote von 2/3 (OLG Koblenz, Urt. v. 26.01.2004 – 12 U 1439/02, NZV 2005, 413,<br />

414; KG, NZV 1993, 272; KG, Urt. v. 09.09.2002 – 12 U 26/01, NZV 2002, 567; KG, NZV<br />

1993, 272; LG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2007 – 8 O 294/07, ZfS 2008, 82: 2/3; OLG Frankfurt,<br />

NZV 2003, 415: 60 %) oder sogar auf 3/4 (OLG Koblenz, Urt. v. 26.01.2004 – 12 U 1439/02,<br />

NZV 2005, 413, 414; KG, Urt. v. 07.11.1994 – 12 U 1156/94, VM/Verkehrsmitteilung 1995,<br />

92; OLG Bremen, Urt. v. 26.11.1963 – 3 U 92/63, DAR 1964, 211) steigern, wenn der<br />

Linksabbieger blinkt, sich zur Mitte hin einordnet, aber lediglich die „zweite Rückschau“<br />

versäumt und in dieser Situation nur rechts bzw. gar nicht hätte überholt werden dürfen (OLG<br />

Koblenz, Urt. v. 26.01.2004 – 12 U 1439/02, NZV 2005, 413, 414).<br />

Hat der Linksabbieger der Fahrtrichtungsanzeiger links rechtzeitig gesetzt, liegt in der Regel<br />

eine „unklare Verkehrslage“ i.S.d. § 5 III Nr. 1 StVO vor, die ein ungefährdetes Überholen<br />

nicht mehr zulässt (OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2006 – 6 U 126/05, NZV 2007, 77 = OLG-<br />

Report 2006, 497; KG, NZV 2006, 309). Allerdings wird eine Verkehrslage nicht schon dann<br />

„unklar“, wenn der Vorausfahrende seine Geschwindigkeit reduziert oder sein Fahrzeug an<br />

den Fahrbahnrand lenkt (OLG Celle, MDR 2005, 569; Nugel, NJW-Spezial 2007, 351).<br />

a. Entscheidungen zugunsten des Linksabbiegers<br />

Ein Anscheinsbeweis für die Sorgfaltspflichtverletzung eines Linksabbiegers, der mit einem<br />

links überholenden Fahrzeug zusammenstößt, lässt sich nach Auffassung des OLG Hamm<br />

(Urt. v. 23.02.2006 – 6 U 126/05, NZV 2007, 77 = OLG-Report 2006, 497) jedenfalls dann<br />

nicht allein auf den Abbiegevorgang stützen, wenn der von hinten kommende Fahrer zwei vor<br />

ihm befindliche Fahrzeuge in einem Zug zu überholen versucht. Hat der Linksabbieger - was<br />

<strong>im</strong> entschiedenen Fall nicht widerlegt werden konnte - unmittelbar vor dem Abbiegen<br />

sorgfältig Rückschau gehalten und dabei gesehen, dass das ihm direkt folgende Fahrzeug<br />

hinter ihm angehalten hatte und in der linken Fahrbahnhälfte kein Überholer zu erkennen war,<br />

so kann ihm auch bei Anlegung des strengen Sorgfaltsmaßstabes des § 9 V StVO kein<br />

Verschuldensvorwurf gemacht werden.<br />

Demgegenüber darf der Überholende das Überholmanöver nicht mehr durchführen, wenn für<br />

ihn das Blinkzeichen des Linksabbiegers erkennbar wird. Überholt er trotzdem, ist eine<br />

4


Haftungsverteilung von 80 % (Überholer) zu 20 % (Linksabbieger) gerechtfertigt (OLG<br />

Hamm, Urt. v. 23.02.2006 – 6 U 126/05, NZV 2007, 77, 79 = OLGR 2006, 497, 498). Der<br />

Überholer haftet gegenüber dem Linksabbieger zu 75 %, wenn der Abbieger blinkt, sich zur<br />

Mitte eingeordnet, aber lediglich die zweite Rückschau versäumt hat (OLG Koblenz, Urt. v.<br />

26.01.2004 – 12 U 1439/02, NZV 2005, 413, 414; auch KG, Urt. v. 07.11.1994 – 12 U<br />

1156/94, VM 1995, 92: bei bloßem Verstoß gegen die „zweite Rückschaupflicht“ haftet der<br />

Linksabbieger zu 25 %; KG, Urt. v. 7.11.1994 – 12 U 1156/94, VM 1995, 92: Überholer, der<br />

mit 50 statt 30 km/h unterwegs ist, haftet gegenüber dem Linksabbieger, der gegen die<br />

„zweite Rückschaupflicht“ verstößt, mit 75%; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.07.1970 – 12 U<br />

7/70, VersR 1970, 1161: bloße Mithaftung des Linksabbiegers mit der Betriebsgefahr von 25<br />

%).<br />

Regelmäßig wird eine Mithaftung des Linksabbiegers, der den Fahrtrichtungsanzeiger links<br />

rechtzeitig betätigt und sich zur Mitte hin eingeordnet, es aber unterlassen hatte, seiner<br />

zweiten Rückschauverpflichtung nachzukommen, mit 1/3 bejaht (KG, NZV 1993, 272 =<br />

VRS 85, 90; LG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2007 – 8 O 294/07, ZfS 2008, 82; auch OLG<br />

Koblenz, Urt. v. 26.01.2004 – 12 U 1439/02, NZV 2005, 413, 414; LG Berlin, Schaden-Praxis<br />

2006, 3; LG Kassel, VersR 1987, 575; OLG Hamm, Urt. v. 07.03.1980 – 9 U 169/79, VersR<br />

1981, 340; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.06.1970 – 2 U 60/70, VersR 1970, 936; OLG Schleswig,<br />

Urt. v. 29.11.1978 – 9 U 69/78, VersR 1979, 1036: be<strong>im</strong> Abbiegen in eine<br />

Grundstückseinfahrt; OLG Stuttgart, Urt. v. 08.05.1981 – 2 U 5/81, VersR 1982, 454; OLG<br />

Hamm, Urt. v. 21.01.1993 – 27 U 185/92, NZV 1993, 313: Linksabbiegen in ein Grundstück;<br />

OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.11.1979 – 1 U 218/78, R + S 1981, 12: Überholer hatte bereits<br />

zwei andere Fahrzeuge passiert; OLG Koblenz, Urt. v. 20.03.1978 – 12 U 937/76, VersR<br />

1978, 576: Überholer hatte bereits zwei Fahrzeuge überholt).<br />

Nur in extrem gelagerten Fällen kann eine Alleinhaftung des Überholers angenommen<br />

werden. So entfällt die „doppelte Rückschaupflicht“ des Linksabbiegers (§ 9 I 4 StVO), wenn<br />

eine Gefährdung des rückwärtigen Verkehrs offensichtlich ausgeschlossen oder das Verhalten<br />

des rückwärtig überholenden Verkehrsteilnehmers besonders grob verkehrswidrig ist. Ein<br />

solches Verhalten ist etwa anzunehmen, wenn ein Motorradfahrer innerorts mit überhöhter<br />

Geschwindigkeit und unter Umfahrung einer Verkehrsinsel eine Kolonne von ca. zwanzig<br />

Fahrzeugen überholt und mit dem die Kolonne anführenden, nach links abbiegenden<br />

Traktorgespann zusammenstößt, selbst wenn offen bleibt, ob der Traktorfahrer<br />

(Linksabbieger) nach links geblinkt und die zweite Rückschau vorgenommen hat (LG Erfurt,<br />

Urt. v. 24.11.2006 – 10 O 1309/05, NZV 2007, 307 = ZfS 2007, 78, nicht rechtskräftig).<br />

b. Entscheidungen zugunsten des Überholenden<br />

In mehreren Entscheidungen wurde eine Alleinhaftung des Linksabbiegers bei der Kollision<br />

mit einem überholenden Fahrzeug angenommen (KG, Urt. v. 06.12.2004 – 12 U 21/04, NZV<br />

2005, 413: Pkw-Fahrer biegt ohne zu blinken, unter Verstoß gegen die „doppelte<br />

Rückschaupflicht“ und das Gebot, sich zur Fahrbahnmitte hin einzuordnen, nach links ab;<br />

KG, Urt. v. 4.12.2006 – 12 U 84/06, NZV 2007, 408, 409; KG, Urt.v. 4.6.1987 – 12 U<br />

4540/86, NJW-RR 1987, 1251: Pkw-Fahrer biegt ohne rechtzeitige Betätigung des linken<br />

Blinkers und unter Verstoß gegen die „doppelte Rückschaupflicht“ nach links in ein<br />

Grundstück ab; KG, Urt. v. 15.08.2005 – 12 U 41/05, NZV 2006, 309; KG, Beschl. v.<br />

21.09.2006 – 12 U 41/06, NZV 2007, 306; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.10.2002 – 6 U 2114/02,<br />

VersR 2003, 259; OLG Celle, Urt. v. 12.05.2005 – 14 U 223/04, OLGR 2005, 393; OLG<br />

Frankfurt, Urt. v. 05.05.1999 – 23 U 106/98, NZV 2000, 211: landwirtschaftliches Gespann,<br />

das plötzlich nach links abbiegt; OLG Brandenburg, Urt. v. 07.05.2003 – 14 U 123/02, VRS<br />

5


106, 18; OLG Celle, Urt. v. 26.01.1995 – 5 U 80/94, VRS 89, 24; OLG Hamm, Urt. v.<br />

16.01.1996 – 27 U 126/95, ZfS 1996, 249; OLG Celle, Urt. v. 25.07.1979 – 3 U 39/79, VersR<br />

1980, 1048; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.01.1974 – 12 U 37/72, DAR 1974, 192; AG Gotha,<br />

Urt. v. 02.02.2005 – 2 C 946/04, ZfS 2005, 234; KG, Urt. v. 07.10.2002 – 12 U 41/01, NZV<br />

2003, 90 = MDR 2003, 507; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.10.2002 – 6 U 2114/02, NZV 2003, 89<br />

= VersR 2003, 259).<br />

Kommt es in einem unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem<br />

Linksabbiegen zu einer Kollision mit einem links überholenden Fahrzeug, spricht der Beweis<br />

des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung und ein Alleinverschulden des<br />

Linksabbiegers (so KG, Urt. v. 15.08.2005 – 12 U 41/05, NZV 2006, 309; KG, Urt. v.<br />

06.12.2004 – 12 U 21/04, NZV 2005, 413).<br />

Im Hinblick auf die dem Abbiegenden gem. § 9 V StVO abverlangte äußerste und gegenüber<br />

§ 9 I – IV StVO nochmals erhöhte Sorgfaltspflicht spricht der Anscheinsbeweis gegen<br />

denjenigen, der in ein Grundstück abbiegt, wenn es zur Kollision mit einem von hinten<br />

herannahenden Kfz kommt (KG, Beschl. v. 04.12.2006 – 12 U 84/06, NZV 2007, 408, 409;<br />

ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.02.2006 – 1 U 137/05, NZV 2006, 415, 417). Der<br />

Abbiegende hat dann darzulegen und zu beweisen, dass ein Fahrfehler des von hinten<br />

herannahenden Kfz-Führers vorliegt.<br />

Nach Ansicht des KG (Urt. v. 06.12.2004 – 12 U 21/04, NZV 2005, 413 und Urt. v.<br />

15.08.2005 – 12 U 41/05, NZV 2006, 309, 311) kommt eine Alleinhaftung des Linksabbiegers<br />

auch dann in Betracht, wenn er den linken Fahrtrichtungsanzeiger nicht oder nicht rechtzeitig<br />

gesetzt hat. Bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 30 km/h muss der Blinker links<br />

mindestens fünf Sekunden vor dem Abbiegen gesetzt werden (KG, Urt. v. 15.08.2005 a.a.O.<br />

und vom 06.12.2004 a.a.O.).<br />

Eine „unklare Verkehrslage“, die nach § 5 III Nr. 1 StVO das Überholen verbietet, liegt dabei<br />

insbesondere vor, wenn an einem vorausfahrenden Fahrzeug der linke Fahrtrichtungsanzeiger<br />

betätigt wird, der nachfolgende Verkehr dies erkennen konnte und dem nachfolgenden<br />

überholenden Fahrzeugführer noch ein angemessenes Reagieren - ohne Gefahrenbremsung -<br />

möglich war. Kann eine solche „unklare Verkehrslage“ nicht festgestellt werden, tritt die nicht<br />

erhöhte Betriebsgefahr des Überholenden hinter dem Verschulden desjenigen, der<br />

nachweislich verkehrswidrig nach links abbiegt, vollständig zurück (KG, Urt. v. 15.08.2005 –<br />

12 U 41/05, NZV 2006, 309, 311; Urt. v. 06.12.2004 – 12 U 21/04, NZV 2005, 413; Urt. v.<br />

04.06.1987 – 12 U 4540/86, NJW-RR 1987, 1251).<br />

Wenn nicht bewiesen ist, dass der Linksabbieger den linken Blinker gesetzt hat, liegt eine<br />

unklare Verkehrslage i. S. d. § 5 III Nr. 1 StVO nicht schon deshalb vor, weil sich <strong>im</strong><br />

Überholbereich eine Kreuzung mit einer untergeordneten Straße befindet und das<br />

vorausfahrende Kfz in diesem Bereich mit 20 – 30 km/h langsam fährt. Ein links abbiegender<br />

Pkw-Fahrer trägt deshalb für den Unfallschaden eines überholenden Motorradfahrers die<br />

alleinige Haftung, wenn der Motorradfahrer mit erlaubter Geschwindigkeit überholt hat (OLG<br />

Nürnberg, Urt. v. 25.10.2002 – 6 U 2114/02, VersR 2003, 259 = NZV 2003, 89).<br />

Auch die Tatsache, dass ein vorausfahrendes Fahrzeug verlangsamt und nach rechts<br />

eingeordnet wird, schafft für den Überholenden noch keine unklare Verkehrslage<br />

6


dahingehend, dass dessen Fahrer beabsichtigt, verbotenerweise über eine schraffierte<br />

Sperrfläche in der Straßenmitte nach links abzubiegen (OLG Celle, Urt. v. 12.05.2005 – 14 U<br />

223/04, OLGR 2005, 393, 394).<br />

Auch der unter Überquerung des linken benachbarten Fahrstreifens Wendende, der den gegen<br />

ihn sprechenden Anscheinsbeweis des Alleinverschuldens nicht ausräumt, haftet gegenüber<br />

dem ihn Überholenden zu 100 %. Will der Wendende/Linksabbieger eine Mithaftung des<br />

Überholers damit begründen, dieser hätte den Unfall durch eine rechtzeitige Reaktion<br />

vermeiden können, muss er beweisen, dass dieser sich durch überhöhte Geschwindigkeit<br />

außerstande gesetzt hat, unfallverhütend zu reagieren oder sich <strong>im</strong> Zeitpunkt der<br />

Erkennbarkeit des Wende- bzw. Abbiegevorgangs in einer solchen Entfernung vom<br />

Kollisionsort befand, die ihm eine Reaktion zur Vermeidung der Kollision ermöglicht hätte<br />

(KG, Beschl. v. 21.09.2006 – 12 U 41/06, NZV 2007, 306).<br />

Hält sich ein Linksabbieger zunächst rechts, um später von einer Bundesstraße nach links in<br />

einen Feldweg abzubiegen, so haftet er gegenüber dem Überholer (hier 25 %) zu 75 %, wenn<br />

er erst kurz vor dem Abbiegen den Fahrtrichtungsanzeiger links setzt und der Unfall <strong>im</strong><br />

Übrigen darauf zurückzuführen ist, dass er seiner zweiten Rückschaupflicht nicht<br />

nachgekommen war (OLG Schleswig, Urt. v. 21.04.1993 – 9 U 18/92, NZV 1994, 30;<br />

Splitter/Kuhn, 6. Aufl. 2007, S. 51).<br />

Das Überholen einer Kolonne durch einen Kleintransporter auf einer Bundesstraße<br />

unmittelbar hinter einer Ortschaft stellt nach Auffassung des OLG Rostock (Urt. v. 23.02.2007<br />

– 8 U 39/06, OLGR 2007, 478) noch kein Überholen bei unklarer Verkehrslage dar. Setzt ein<br />

Kleintransporter zum Überholen von drei vor ihm fahrenden Fahrzeugen an und schert das<br />

mittlere Fahrzeug plötzlich aus, so haftet der Fahrer des Kleintransporters (Überholer)<br />

gegenüber dem ausscherenden Pkw-Fahrer mit 30 % (OLG Rostock a. a. O.).<br />

In zahlreichen Entscheidungen wird eine überwiegende Haftung des Linksabbiegers mit 2/3<br />

bis 3/4 vertreten (OLG Hamm, Urt. v. 8.10.1981 – 27 U 132/81, VersR 1982, 1055:<br />

Linksabbiegender Fahrer eines Traktors nebst Anhänger haftet gegenüber Überholer trotz<br />

dessen Reaktionsverzuges mit 75%; OLG Hamm, Urt. v. 9.10.1992 – 9 U 14/92, NZV 1993,<br />

396: Linksabbiegender Fahrer eines Treckergespanns haftet gegenüber Überholer bei Verstoß<br />

gegen die „zweite Rückschaupflicht“ mit 75%, wenn Reaktionsverzug des Überholers nicht<br />

nachweisbar; KG, Urt. v. 09.09.2002 – 12 U 26/01, NZV 2002, 567: 75 % bei Traktor mit<br />

Anhänger, der sich nicht zur linken Fahrbahnmitte eingeordnet hat; OLG Köln, Urt. v.<br />

27.03.1996 – 13 U 165/94, VRS 1993, 277: 67 % zulasten eines landwirtschaftlichen<br />

Gespanns, das in einen Wirtschaftsweg einbiegt; OLG Nürnberg, Urt. v. 14.12.2000 – 2 U<br />

2634/00, DAR 2001, 170: 60 % bei abbiegendem Traktor; OLG Düsseldorf, Urt. v.<br />

15.06.1971 – 12 U 144/70, VersR 1972, 404: 60 % Mithaftung des linksabbiegenden Lkw-<br />

Fahrers, der sich rechtzeitig eingeordnet und den Blinker links gesetzt hatte; OLG Düsseldorf,<br />

Urt. v. 11.05.1983 – 24 U 286/82, VersR 1984, 47: 75 % zulasten des in einen Wirtschaftsweg<br />

abbiegenden Kfz; OLG Bremen, Urt. v. 13.02.2001 – 3 U 53/00, NZV 2001, 345: 75 % bei<br />

Linksabbieger, der 40 m zuvor erst eingebogen war; OLG Hamm, Urt v. 23.2.2006 – 6 U<br />

126/05, ZfS 2006, 498 und ZfS 2006, 561: Pkw-Fahrer, der in einem Zug drei Fahrzeuge<br />

einschl. des Linksabbiegers überholt, haftet gegenüber dem Linksabbieger, der mit rechtzeitig<br />

gesetztem Fahrtrichtungsanzeiger in eine Grundstückseinfahrt einbiegen will, zu 80%).<br />

c. Hälftige Schadensteilung<br />

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In vielen Fällen nehmen die Gerichte eine hälftige Schadensteilung vor (OLG Schleswig,<br />

Urt. v. 07.07.2005 – 7 U 3/03, OLGR 2005, 601; OLG Brandenburg, Urt. v. 26.09.2001 – 14<br />

U 24/01, VRS 102, 28: Traktorgespann biegt mit Anhänger und eingeschaltetem Blinker nach<br />

links in einen Feldweg ab, Überholer will mehrere Fahrzeuge überholen; OLG Karlsruhe, Urt.<br />

v. 27.02.1987 – 10 U 57/86, VersR 1988, 413: Linksabbieger biegt in Grundstückseinfahrt ein,<br />

Überholer ist mit 100 km/h unterwegs; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.09.1997 – 10 U 84/97,<br />

NZV 1999, 166: Linksabbieger verletzt doppelte Rückschaupflicht, Überholer will aus drei<br />

Fahrzeugen bestehende Kolonne überholen; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.07.2001 – 9 U 195/00,<br />

NZV 2001, 473 = MDR 2001, 1235: das überholte Fahrzeug schert ebenfalls zum Überholen<br />

aus; OLG Schleswig, Urt. v. 24.08.1994 – 9 U 11/94, VersR 1996, 866; OLG Celle, Urt. v.<br />

30.01.1979 – 18 U 68/78, VersR 1980, 195: Linksabbieger hat den Blinker rechtzeitig gesetzt,<br />

Überholer will mehrere Fahrzeuge in einem Zug überholen; OLG Düsseldorf, Urt. v.<br />

24.11.1997 – 1 U 255/96, NZV 1998, 502: Linksabbieger blinkt rechtzeitig und ordnet sich<br />

zur Mitte hin ein, Überholer ist mit 70 km/h statt 50 km/h unterwegs; OLG Nürnberg, Urt. v.<br />

20.04.1994 – 4 U 256/94, DAR 1995, 330: Linksabbieger verstößt gegen doppelte<br />

Rückschaupflicht und betätigt Fahrtrichtungsanzeiger nicht rechtzeitig, Überholer missachtet<br />

durchgezogene Linie; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.01.1976 – 2 U 144/75, VersR 1977, 88 und<br />

OLG Köln, Urt. v. 21.12.1994 – 11 U 119/94, VRS 89, 432: ungeklärt, ob der<br />

Fahrtrichtungsanzeiger be<strong>im</strong> Linksabbieger rechtzeitig gesetzt worden ist; OLG Hamm, Urt.<br />

v. 16.6.1994 – 6 U 227/93, NZV 1995, 276: Motorrollerfahrer verletzt die „doppelte<br />

Rückschaupflicht“, Reaktionsverzug be<strong>im</strong> überholenden Pkw-Fahrer).<br />

Kommt es zur Kollision eines nach links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Fahrzeugs,<br />

dessen Fahrer der „doppelten Rückschaupflicht“ (§ 9 I 4 StVO) nicht genügt hat, mit einem<br />

von hinten herannahenden Fahrzeug, das zwei dem Linksabbieger mit langsamer<br />

Geschwindigkeit folgende Fahrzeuge bei damit unklarer Verkehrslage (§ 5 III Nr. 1 StVO)<br />

überholt, ist eine Haftungsverteilung von 50 : 50 vorzunehmen (OLG Schleswig, Urt. v.<br />

07.07.2005 – 7 U 3/03, OLGR 2005, 601).<br />

Bei einer Kollision des nachfolgenden überholenden Fahrzeugs mit einem in gleicher<br />

Richtung vorausfahrenden, aber bereits in Schrägstellung befindlichen Linksabbieger (hier:<br />

be<strong>im</strong> Abbiegen in einen landwirtschaftlichen Weg) spricht weder der Anscheinsbeweis eines<br />

Verstoßes gegen § 4 I StVO gegen den Fahrer des nachfolgenden Fahrzeugs noch der<br />

Anscheinsbeweis eines Verstoßes gegen § 9 I 4 StVO („doppelte Rückschaupflicht“) gege3n<br />

den Linksabbieger (OLG Celle, Urt. v. 19.12.2007 – 14 U 97/07, OLGR 2008, 274, 276:<br />

Haftungsverteilung 50% zu 50%).<br />

2. Auffahrunfälle<br />

Bei einem Auffahrunfall spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende entweder<br />

durch einen ungenügenden Sicherheitsabstand (§ 4 I 1 StVO), durch unangepasste<br />

Geschwindigkeit (§ 3 I StVO) und/oder durch allgemeine Unachtsamkeit (§ 1 II StVO) den<br />

Unfall schuldhaft verursacht hat (BGH, Urt. v. 16.01.2007 – VI ZR 248/05, NZV 2007, 354 =<br />

ZfS 2007, 378 = R + S 2007, 166; Urt. v. 23.06.1987 – VI ZR 188/86, VersR 1987, 1241 =<br />

NJW-RR 1987, 1235; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.09.2005 – 10 U 203/04, NZV 2006, 200;<br />

Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 4 StVO Rn 17, 18).<br />

Der gegen den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis wird nur dadurch erschüttert, dass<br />

ein atypischer Verlauf, der die Verschuldensfrage in einem anderen Licht erscheinen lässt, von<br />

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dem Auffahrenden dargelegt und bewiesen wird (BGH, Urt. v. 16.01.2007 – VI ZR 248/05,<br />

NZV 2007, 354 = ZfS 2007, 378, 379; VersR 1989, 54 = NJW-RR 1989, 670).<br />

a. Vorliegen eines „atypischen Verlaufs“ bejaht<br />

Ein solcher atypischer Verlauf kommt nach der Rechtsprechung etwa in folgenden Fällen in<br />

Betracht:<br />

– Es wird der Nachweis erbracht, dass ein Fahrzeug vorausgefahren ist, welches nach seiner<br />

Beschaffenheit geeignet war, dem Nachfahrenden die Sicht auf ein Hindernis zu<br />

versperren (BGH, Urt. v. 16.01.2007 – VI ZR 248/05, NZV 2007, 354).<br />

– Auffahren auf ein liegen gebliebenes KfZ (KG, NZV 2003, 97 = MDR 2003, 84:<br />

Vorausfahrender wechselt unmittelbar vor einem liegen gebliebenen Fahrzeug den<br />

Fahrstreifen, Auffahrender haftet nur mit 25 %; OLG Köln, NZV 1993, 271:<br />

Auffahrender, der bei Dunkelheit auf BAB auf quer zur Fahrbahn stehendes Kfz auffährt,<br />

haftet zu 40 %; OLG Celle, Schaden-Praxis 2006, 341: fährt ein Fahrzeug nachts auf<br />

einen schräg zur Fahrbahn stehenden, unbeleuchteten Pkw auf, haftet der Fahrer nur zu 20<br />

%; AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Schaden-Praxis 2006, 238: Auffahrender haftet zu 2/3;<br />

OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.05.1979 – 1 U 253/78, VersR 1979, 1034: der Auffahrende, der<br />

auf einen nach einem Schleudervorgang am rechten Straßenrand zum Halten kommenden<br />

Pkw prallt, haftet zu 75 %).<br />

– Der Vorausfahrende ist unvorhersehbar und ohne Ausschöpfung des Anhaltewegs<br />

„ruckartig“, etwa infolge einer Kollision, zum Stehen gekommen, der Nachfolgende ist<br />

aufgrund des dadurch „verkürzten Bremsweges“ aufgefahren (BGH, Urt. v. 16.01.2007<br />

– VI ZR 248/05, NZV 2007, 354; NJW 1987, 1075 = MDR 1987, 488; OLG Köln, Urt. v.<br />

15.08.2006 – 4 U 7/06, OLGR 2007, 42, 43: der Auffahrende haftet jedoch allein, wenn<br />

nicht festgestellt werden kann, ob tatsächlich ein Auffahr- oder aber ein Aufschiebeunfall<br />

vorliegt; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.1997 – 1 U 64/97, NZV 1998, 203: nachfolgender<br />

Pkw-Fahrer haftet nur zu 25 %, wenn Vordermann zuvor ebenfalls aufgefahren ist; KG,<br />

Urt. v. 06.07.1995 – 12 U 1976/94, DAR 1995, 482: Auffahrender haftet zu 100 %, wenn<br />

Vordermann zuvor ebenfalls aufgefahren war, jedoch nicht festgestellt werden kann, ob<br />

dadurch der Bremsweg für den auffahrenden Hintermann verkürzt worden ist; LG Hanau,<br />

Urt. v. 16.12.2005 – 2 S 236/05, DAR 2006, 330: Auffahrender haftet zu 75 %, wenn das<br />

plötzliche, starke Abbremsen des Vordermanns für ihn erkennbar war; OLG Karlsruhe,<br />

Urt. v. 12.09.1980 – 10 U 220/79, VersR 1981, 739: Auffahrender haftet zu 80 %, wenn<br />

nicht mehr aufgeklärt werden kann, ob der Vordermann zuvor ebenfalls aufgefahren war;<br />

OLG Stuttgart, Urt. v. 21.09.1979 – 2 U 62/79, VersR 1980, 391: auffahrender<br />

Hintermann haftet zu 75 % für den Heckschaden des Vordermanns, wenn nicht aufklärbar<br />

ist, ob dieser zuvor selbst aufgefahren ist; KG, DAR 1995, 482: auffahrender Hintermann<br />

hat den gesamten Heckschaden des Vordermanns zu ersetzen, wenn dieser ebenfalls<br />

bereits aufgefahren war; die Ursächlichkeit des Auffahrens für den Frontschaden hat<br />

dagegen der Vorausfahrende zu beweisen; zu weiteren Konstellationen vgl. Grüneberg,<br />

Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl. 2007 Rn 144 – 146).<br />

– Vorangegangenes, grundloses Abbremsen des Vordermannes (OLG Frankfurt, Urt. v.<br />

02.03.2006 – 3 U 220/05, NZV 2006, 585 = OLGR 2006, 812, 813, s.u.: <strong>im</strong> entschiedenen<br />

Fall verneint; KG, Urt. v. 13.02.2006 – 12 U 470/05, NZV 2007, 79: Auffahrender haftet<br />

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auch bei starkem Bremsen ohne zwingenden Grund zu 2/3, die Haftungsquote beträgt<br />

jedoch 50 %, wenn der Vordermann be<strong>im</strong> Automatik-Getriebe die Bremse mit der<br />

Kupplung verwechselt und plötzlich stark abbremst; BGH, Urt. v. 16.01.2007 – VI ZR<br />

248/05, NZV 2007, 354: mit plötzlichem, scharfem Bremsen des Vordermanns muss<br />

grundsätzlich gerechnet werden; OLG Hamburg, Urt. v. 14.07.1999 – 14 U 61/99, DAR<br />

2001, 307: volle Haftung des auf der BAB nach dem Einfahren plötzlich Abbremsenden,<br />

der einem anderen einfahrenden Fahrzeug das Einfädeln ermöglichen will; KG, Urt. v.<br />

11.07.2002 – 12 U 9923/00, NZV 2003, 41: wer plötzlich stark bremst, um nach links<br />

abzubiegen, ohne den Blinker gesetzt zu haben, haftet gegenüber dem auffahrenden<br />

Hintermann zu 33 %; OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.07.1975 – 15 U 194/74, VersR 1976,<br />

545: der Vorausfahrende, der unter Betätigung des linken Blinkers zum Linksabbiegen<br />

plötzlich stark abbremst, haftet gegenüber dem Auffahrenden zu 50 %; LG Arnsberg, Urt.<br />

v. 12.02.2002 – 5 S 230/01, DAR 2002, 317: wer von einer Vorfahrtstraße nach rechts<br />

abbiegen will und nach Passieren der Abfahrt plötzlich zum Anhalten abbremst, haftet<br />

gegenüber dem Auffahrenden zu 33 %; KG, Urt. v. 22.11.2001 – 13 U 3682/00, NZV<br />

2003, 43: wer eine Parklücke zu spät erkennt und deshalb plötzlich stark abbremst, haftet<br />

gegenüber dem Auffahrenden zu 33 %; KG, Urt. v. 18.07.2005 – 12 U 50/04, NZV 2006,<br />

307 = DAR 2006, 211: wer vor einer Kreuzung bei „Grün“ zeigender Ampel wegen eines<br />

nur mit Blaulicht kreuzenden Einsatzfahrzeugs stark abbremst, haftet gegenüber dem<br />

Auffahrenden zu 50 %; OLG Hamm, Urt. v. 04.06.1998 – 6 U 150/97, NZV 1998, 464:<br />

dagegen volle Haftung desjenigen, der auf den wegen eines mit Blaulicht und Signalhorn<br />

querenden Einsatzfahrzeugs plötzlich stark abbremsenden Vordermann auffährt; OLG<br />

Köln, Urt. v. 23.06.1995 – 19 U 48/95, DAR 1995, 484: volle Haftung des Auffahrenden,<br />

wenn nicht feststeht, ob der Vordermann grundlos abgebremst hat; LG Dresden, Urt. v.<br />

12.09.2003 – 13 S 177/03, NZV 2004, 367: wer wegen einer Geschwindigkeitsmessanlage<br />

stark abbremst, haftet gegenüber dem auffahrenden Hintermann zu 25 %; OLG Frankfurt,<br />

Urt. v. 02.03.2006 – 3 U 220/05, NZV 2006, 585 = OLGR 2006, 812, 813: wer bei „Grün“<br />

zeigender Ampel zunächst anfährt, aber nach ca. 12 m ohne erkennbare Ursache plötzlich<br />

abbremst, haftet gegenüber dem auffahrenden Hintermann zu 100 %; ebenso für<br />

Alleinhaftung des nach „Grün“ zeigender Ampel anfahrenden und kurz darauf plötzlich<br />

abbremsenden Vordermanns auch LG Hannover, Urt. v. 26.11.1980 – 11 S 252/80, DAR<br />

1981, 95 und LG München I, Urt. v. 15.09.2005 – 19 S 7938/05, DAR 2005, 690; LG<br />

Mönchengladbach, Urt. v. 16.04.2002 – 5 S 86/01, NJW 2002, 2186 = MDR 2002, 819:<br />

Alleinhaftung desjenigen, der „zur Disziplinierung“ des dann Auffahrenden absichtlich<br />

scharf abbremst).<br />

– Der Vordermann bremst wegen eines auf der Fahrbahn stehenden bzw. in die Fahrbahn<br />

laufenden Tieres ab (AG Nürnberg, Urt. v. 23.09.2005 – 13 C 4238/05: wer auf einer<br />

Schnellstraße wegen eines Eichhörnchens bremst, haftet dem Auffahrenden zu 25 %;<br />

ebenso für Mithaftung des Abbremsenden mit lediglich 25 %: OLG München, DAR 1974,<br />

19 wegen eines Igels; LG Aachen, ZfS 1985, 129 wegen eines Kaninchens; LG Augsburg,<br />

ZfS 1983, 289: wegen einer Katze; AG Solingen, ZfS 2003, 539: wegen einer Taube; AG<br />

Waldshut-Tiengen, VersR 1991, 1153: wegen einer Katze; für volle Haftung des<br />

Auffahrenden dagegen LG Koblenz, DAR 2001, 227: wegen Katze; LG Hildeshe<strong>im</strong>,<br />

VersR 1985, 460: wegen Katze; LG Koblenz, Urt. v. 24.01.2001 – 12 S 130/00, DAR<br />

2001, 227: wegen Katze; LG Landau NZV 1989, 76: wegen Jagdhund).<br />

– Der Vordermann ist erst einige Augenblicke vor dem Auffahrunfall in den Fahrstreifen<br />

des Auffahrenden gewechselt (KG, Beschl. v. 14.05.2007 – 12 U 194/06, NZV 2008,<br />

198, 199 und Urt. v. 21.11.2005 – 12 U 214/04, NZV 2006, 374, 375: Haftungsverteilung<br />

50 : 50, wenn Unfallursache ungeklärt bleibt; OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.07.2005 – 4 U<br />

10


290/04, OLGR 2005, 813: der Auffahrende muss unmittelbar vorangegangenen<br />

Fahrspurwechsel beweisen; KG, Beschl. v. 14.05.2007 – 12 U 194/06, DAR 2008, 87:<br />

Vordermann hatte unmittelbar zuvor den Fahrstreifen gewechselt; OLG Celle, Urt. v.<br />

19.12.2007 – 14 U 97/07, OLGR 2008, 274, 276: Haftungsverteilung 50 zu 50, wenn sich<br />

der Vordermann bereits in Schrägstellung zum Linksabbiegen befindet; OLG Frankfurt,<br />

Urt. v. 02.03.2006 – 3 U 220/05, OLGR 2006, 812, 813; OLG Düsseldorf, Urt. v.<br />

29.09.2005 – 10 U 203/04, NZV 2006, 200: der Hinweis des Auffahrenden auf ein<br />

Ausweichmanöver genügt zur Darlegung eines atypischen Geschehensablaufs nicht; OLG<br />

Hamm, Urt. v. 09.06.1994 – 27 U 191/93, NZV 1994, 484: wer auf einer BAB vor einem<br />

Stau einen Spurwechsel vollzieht und gleichzeitig eine Vollbremsung einleitet, haftet<br />

gegenüber dem Auffahrenden zu 75 %; OLG Hamm, Urt. v. 23.09.2003 – 9 U 70/03,<br />

NJW-RR 2004, 172: hälftige Schadensteilung, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob der<br />

Vordermann einen plötzlichen Spurwechsel durchgeführt hat; OLG Hamm, Urt. v.<br />

10.01.2000 – 6 U 191/99, DAR 2000, 218 = MDR 2000, 518 und OLG Hamm, Urt. v.<br />

08.09.1999 – 13 U 35/99, NZV 2000, 42 sowie OLG Hamm, Urt. v. 08.12.1993 – 13 U<br />

140/93, NZV 1994, 193 = DAR 1994, 154: wer auf einer BAB plötzlich zum Überholen<br />

auf die linke Fahrspur ausschert, haftet gegenüber dem mit mehr als 130 km/h auf der<br />

Überholspur befindlichen Auffahrenden zu 75 % - 80 %; OLG Köln, Urt. v. 24.10.2005 –<br />

16 U 24/05, NZV 2006, 420 = DAR 2006, 324: volle Haftung des von der Einfädelspur<br />

einer BAB einbiegenden Vordermanns; KG, Urt. v. 06.03.2003 – 12 U 229/01, NZV 2004,<br />

28 = MDR 2003, 986: hälftige Schadensteilung zwischen dem Vordermann, der von der<br />

linken auf die rechte Fahrspur wechselt, gegenüber dem Auffahrenden, der erst kurz zuvor<br />

auf die Hauptstraße eingebogen ist; OLG Hamm, Urt. v. 16.11.2004 – 9 U 110/04, VersR<br />

2005, 1548 = DAR 2005, 285: volle Haftung des Vordermannes, der plötzlich wegen eines<br />

auf der Fahrbahn stehenden Fahrzeugs auf die linke von zwei Spuren wechselt; OLG<br />

Hamm, Urt. v. 08.12.1997 – 6 U 103/97, MDR 1998, 712: hälftige Schadensteilung, wenn<br />

der Vordermann zugleich mit dem Fahrstreifenwechsel eine Bremsung durchgeführt hat).<br />

b. Atypischer Verlauf verneint<br />

Ein plötzliches scharfes Abbremsen des Vorausfahrenden muss ein Kraftfahrer grundsätzlich<br />

einkalkulieren (BGH, Urt. v. 16.01.2007 – VI ZR 248/05, NZV 2007, 354 = ZfS 2007, 378,<br />

379). Hält der Vordermann sein Fahrzeug durch eine Vollbremsung oder Notbremsung an,<br />

etwa wegen eines aus einer Grundstückseinfahrt ausfahrenden Pkw (BGH, Urt. v. 16.01.2007<br />

– VI ZR 248/05, NZV 2007, 354), wegen eines plötzlich auf die Fahrbahn laufenden<br />

Wildschweinrudels (KG, Urt. v. 15.02.1993 – 12 U 6437/91, VersR 1994, 361), einer Katze<br />

oder eines Hundes (KG, Urt. v. 29.05.2000 – 12 U 9571/98, DAR 2001, 122: Dackel; LG<br />

Hildeshe<strong>im</strong>, VersR 1985, 460 und LG Koblenz, Urt. v. 24.01.2001 – 12 S 130/00, DAR 2001,<br />

227: Katze; zu den abweichenden Ansichten und möglichen anderen Haftungsquoten s.o. und<br />

Grüneberg, 10. Aufl. 2007 Rn 127), wegen eines vom Beschleunigungsstreifen vor ihm<br />

plötzlich auf die Normalspur fahrenden Pkw (OLG Hamburg, Urt. v. 14.07.1999 – 14 U<br />

61/99, NZV 2000, 507), wegen einer „Rot“ oder „Gelb“ zeigenden Ampel (OLG Hamm,<br />

Urt. v. 16.03.1994 – 13 U 210/93, NZV 1995, 25: Ampel auf „Gelb“; OLG Karlsruhe, Urt. v.<br />

24.10.1986 – 10 U 188/86, VersR 1987, 1020: Vorausfahrender hält vor Ampel an), wegen<br />

eines mit Signal kreuzenden Polizeifahrzeugs trotz „Grün“ zeigender Ampel (OLG Hamm,<br />

Urt. v. 04.06.1998 – 6 U 150/97, NZV 1998, 464), bleibt es bei der vollen Haftung des<br />

Auffahrenden.<br />

c. <strong>Aktuelle</strong> Einzelfälle<br />

Die für die Anwendung des für ein Alleinverschulden des Auffahrenden sprechenden<br />

Anscheinsbeweises erforderliche Typizität der Unfallkonstellation fehlt, wenn ein Umstand<br />

vorliegt, der als Ursache aus dem Verantwortungsbereich des Vordermannes in Betracht<br />

11


kommt, etwa ein dem Auffahren unmittelbar vorangegangener Spurwechsel des<br />

Vordermanns oder dessen dem Auffahren vorangegangenes, grundloses Abbremsen. Ist ein<br />

solcher atypischer Umstand unstreitig, fehlt die Typizität der Unfallkonstellation und damit<br />

die Voraussetzung für die Anwendung des Anscheinsbeweises (OLG Frankfurt, Urt. v.<br />

02.03.2006 – 3 U 220/05, NZV 2006, 585 = OLGR 2007, 42, 43).<br />

Ein solcher atypischer Umstand liegt etwa vor, wenn der Vordermann bei „Grün“ zeigender<br />

Ampel zunächst anfährt und mit der bis dahin erreichten Geschwindigkeit von 20 – 30 km/h<br />

nach ca. 12 m plötzlich wieder zum Stillstand abbremst, ohne dass hierfür ein sachlicher<br />

Grund ersichtlich wäre. In einem solchen Fall trifft den grundlos Abbremsenden die<br />

Alleinhaftung (OLG Frankfurt, Urt. v. 02.03.2006 – 3 U 220/05, NZV 2006, 585; ebenso: LG<br />

Mönchengladbach, Urt. v. 16.04.2002 – 5 S 86/01, NZV 2002, 375 = MDR 2002, 819; anders<br />

aber KG; Urt. v. 05.02.2004 – 12 U 165/02, NZV 2004, 526 und OLG Köln, Urt. v.<br />

23.06.1995 – 19 U 48/95, DAR 1995, 485: volle Haftung des Auffahrenden, wenn nicht<br />

feststeht, dass der Vordermann grundlos abgebremst hat).<br />

Trägt ein Verkehrsunfall das typische Gepräge eines Auffahrunfalls, so kann sich der<br />

Auffahrende nicht bereits mit dem Aufzeigen der lediglich theoretischen Möglichkeit<br />

entlasten, dass sich der Unfall nur deshalb ereignet hat, weil der Vorausfahrende<br />

unvorhergesehen seine Fahrspur gewechselt habe. Vielmehr obliegt es dem Auffahrenden,<br />

Tatsachen zu beweisen, die den plötzlichen Wechsel der Fahrspur zumindest mit einiger<br />

Wahrscheinlichkeit belegen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.07.2005 – 4 U 290/04, OLGR<br />

2005, 813; ebenso OLG Jena, Urt. v. 08.12.2005 – 1 U 474/05, NZV 2006, 147).<br />

Der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden setzt voraus, dass beide Fahrzeuge solange in<br />

einer Spur hintereinander hergefahren sind, dass sich beide Fahrzeugführer auf die<br />

vorangegangenen Fahrbewegungen hätten einstellen können. Bleibt bei einem Auffahrunfall –<br />

wegen eines unstreitigen oder ernsthaft möglichen Fahrstreifenwechsels als Unfallursache –<br />

der Unfallhergang <strong>im</strong> Einzelnen ungeklärt, ist der Schaden hälftig zu teilen (KG, Urt. v.<br />

21.11.2005 – 12 U 214/04, NZV 2006, 374, 375; Urt. v. 14.05.2007 – 12 U 194/06, NZV<br />

2008, 198, 199; Urt. v. 26.08.2004 – 12 U 195/03, DAR 2005, 157; KG, Urt. v. 06.03.2003 –<br />

12 U 229/01, NZV 2004, 28; a. A. jedoch OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.07.2005 – 4 U 290/04,<br />

OLGR 2005, 813, s.o.: Auffahrender muss Fahrstreifenwechsel des Vordermanns beweisen).<br />

Ein Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden kann jedenfalls dann nicht angenommen<br />

werden, wenn der Vordermann unmittelbar oder erst einige Augenblicke zuvor den<br />

Fahrstreifen gewechselt hat (KG, Urt. v. 14.05.2007 – 12 U 194/06, NZV 2008, 198, 199;<br />

OLG Frankfurt, ZfS 2006, 259).<br />

Treffen starkes Bremsen ohne zwingenden Grund sowie Unaufmerksamkeit und/oder<br />

unzureichender Sicherheitsabstand zusammen, so fällt der Beitrag des Auffahrenden<br />

grundsätzlich doppelt so hoch ins Gewicht. Vollzieht jedoch der mit einem Automatik-<br />

Fahrzeug nicht vertraute Vordermann in einem Abstand von 75 – 100 m vor einer roten Ampel<br />

plötzlich eine Vollbremsung, weil er mit dem linken Fuß – in der Vorstellung, eine Kupplung<br />

zu treten – kräftig auf die Bremse tritt, ist eine hälftige Schadensteilung angezeigt (KG, Urt. v.<br />

13.02.2006 – 12 U 470/05, NZV 2007, 79 = DAR 2006, 506, 507).<br />

Ein Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden wird nicht allein durch den bloßen<br />

Zusammenstoß mit dem Vorausfahrenden bzw. Abbiegenden begründet. Der Anscheinsbeweis<br />

ist be<strong>im</strong> Auffahren vielmehr nur dann anwendbar, wenn bei den Fahrzeugen jedenfalls eine<br />

Teilüberdeckung von Heck und Front vorliegt (KG, Urt. v. 14.06.2007 – 12 U 208/06,<br />

12


DAR 2008, 87 = NZV 2008, 197; KG, Beschl. v. 04.12.2006 – 12 U 84/06, NZV 2007, 408,<br />

409). Dies ist nicht der Fall, wenn die rechte Seitentür der Fahrerkabine des nachfolgenden<br />

Lkw und ausschließlich die linke Seite des vorausfahrenden bzw. abbiegenden Lkw oder Pkw<br />

beschädigt werden (KG, Beschl. v. 04.12.2006 – 12 U 84/06, NZV 2007, 408, 409).<br />

Fährt ein auf dem linken von mehreren Fahrstreifen nachfolgendes Fahrzeug gegen die linke<br />

Ecke des Hecks des ebenfalls auf der linken Spur fahrenden Vordermannes, der zum Wenden<br />

auf die Gegenfahrbahn schräg <strong>im</strong> Mittelstreifendurchbruch angehalten hatte, so spricht der<br />

Anscheinsbeweis des Alleinverschuldens weder gegen den Vorder- noch den Hintermann.<br />

Bleibt in einem solchen Fall ungeklärt, ob der Unfall von dem Auffahrenden durch zu<br />

geringen Abstand, überhöhte Geschwindigkeit bzw. allgemeine Unaufmerksamkeit oder durch<br />

den Vordermann infolge des Sorgfaltswidrigen Fahrstreifenwechsels allein verursacht worden<br />

ist, ist der Schaden jeweils hälftig zu teilen (KG, Urt. v. 14.05.2007 – 12 U 208/06, NZV<br />

2008, 197 und Beschl. v. 04.12.2006 – 12 U 84/06, NZV 2007, 408, 409).<br />

Bei einer Kollision des nachfolgenden überholenden Fahrzeugs mit einem in gleicher<br />

Richtung vorausfahrenden, aber bereits in Schrägstellung befindlichen Linksabbieger (hier:<br />

be<strong>im</strong> Abbiegen in einen landwirtschaftlichen Weg) spricht weder der Anscheinsbeweis eines<br />

Verstoßes gegen § 4 I StVO gegen den Fahrer des nachfolgenden Fahrzeugs noch der<br />

Anscheinsbeweis eines Verstoßes gegen § 9 I 4 StVO („doppelte Rückschaupflicht“) gegen<br />

den Linksabbieger (OLG Celle, Urt. v. 19.12.2007 – 14 U 97/07, OLGR 2008, 274, 276:<br />

Haftungsverteilung 50% zu 50%).<br />

Im Falle eines unstreitigen Fahrstreifenwechsels des Vordermannes verbleibt es aber dann<br />

be<strong>im</strong> Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden, wenn dieser erwiesenermaßen eine gewisse<br />

Zeit in der Spur des Vordermannes gefahren ist und sich auf ein Bremsmanöver einstellen<br />

konnte (KG, Beschl. v. 14.05.2007 – 12 U 194/06, DAR 2008, 87 = NZV 2008, 198, 199).<br />

Der Anscheinsbeweis für ein Alleinverschulden des Auffahrenden (mittleren) Fahrzeugs ist<br />

erschüttert, wenn bei einer Massenkollision zwischen mehreren Kfz nicht ausgeschlossen<br />

werden kann, dass das mittlere Fahrzeug von dem hinter ihm fahrenden Pkw auf den<br />

Vordermann aufgeschoben worden ist und somit kein Auffahr- sondern ein Aufschiebeunfall<br />

vorliegen könnte (OLG Köln, Urt. v. 15.08.2006 – 4 U 7/06, OLGR 2007, 42; ebenso: OLG<br />

Düsseldorf, VersR 1978, 142; OLG Nürnberg, Urt. v. 23.06.1982 – 9 U 534/82, DAR 1982,<br />

329; OLG Stuttgart, VersR 1980, 391).<br />

Kann andererseits nicht festgestellt werden, ob tatsächlich ein Auffahr- oder ein<br />

Aufschiebeunfall vorliegt, haftet der Auffahrende/Aufgeschobene dem vorderen<br />

Fahrzeughalter in aller Regel auf vollen Schadensersatz, da er den ihn obliegenden<br />

Entlastungsbeweis nach §§ 7 II, 17 III StVG regelmäßig nicht führen kann (OLG Köln, Urt. v.<br />

15.08.2006 – 4 U 7/06, OLGR 2007, 42, 43; ebenso OLG Hamm, Urt. v. 06.09.2001 – 6 U<br />

188/00, DAR 2002, 268; KG, Urt. v. 06.07.1995 – 12 U 1976/94, DAR 1995, 482).<br />

3. „Lückenfälle“<br />

Wer als Berechtigter eine Kolonne links überholt, muss nicht vor jeder „Lücke“ so langsam<br />

fahren, dass er notfalls sofort anhalten kann, grundsätzlich aber mit ausreichendem seitlichem<br />

Abstand oder so langsam, dass ein von rechts durch eine „Lücke“ Ausfahrender sich<br />

ungefährdet bis zum Überblick vortasten kann (Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 8 StVO<br />

Rn 47 a. E.). Wer eine wartende Fahrzeugschlange links überholt, muss für den<br />

Querverkehr freigelassene Lücken an Kreuzungen und Einmündungen beachten und dort mit<br />

13


Querverkehr rechnen (KG, DAR 2001, 399; KG, NZV 2003, 182; Hentschel-König, 39. Aufl.<br />

2007, § 5 StVO Rn 41), nicht jedoch mit Fahrzeugen rechnen, die nach dem Parken auf dem<br />

Gehweg bzw. dem rechten Fahrbahnstreifen eine Kolonnenlücke kreuzen (Hentschel-König,<br />

39. Aufl. 2007, § 5 StVO Rn 41).<br />

Beruft sich der Wartepflichtige zu Lasten des Vorfahrtberechtigten auf die Grundsätze der<br />

„Lücken – Rechtsprechung“, so hat er darzulegen und zu beweisen, dass die in Höhe einer<br />

Einmündung oder Kreuzung vorhandene Verkehrslücke für den Vorfahrtsberechtigten auch<br />

erkennbar war (KG, Beschl. v. 1.6.2007 – 12 U 2/07, OLGR 2008, 136). Will der<br />

Wartepflichtige eine Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten damit begründen, dieser hätte den<br />

Unfall durch rechtzeitige Reaktion vermeiden können, so muss er beweisen, dass sich der<br />

Bevorrechtigte durch überhöhte Geschwindigkeit außer Stande gesetzt hat, unfallverhütend zu<br />

reagieren oder der Vorfahrtsberechtigte sich <strong>im</strong> Zeitpunkt der Erkennbarkeit der<br />

Vorfahrtsverletzung in einer solchen Entfernung vom Kollisionsort befand, dass eine<br />

unfallverhütende Reaktion möglich gewesen wäre (KG, Beschl. v. 1.6.2007 – 12 U 2/07,<br />

OLGR 2008, 136; KG, Urt. v. 14.11.2002 – 12 U 140/01, OLGR 2003, 235 = NZV 2003,<br />

575).<br />

Wer aus einer untergeordneten Einmündung in eine dreispurige Fahrbahn ein- und durch<br />

eine sich auf den ersten beiden Fahrstreifen gebildete Kolonnenlücke hindurchfährt, trägt<br />

gegenüber dem innerorts auf der dritten Fahrspur mit 40 km/h herannahenden Pkw-Fahrer die<br />

Alleinhaftung, wenn es be<strong>im</strong> Versuch, auch die dritte Fahrspur zu überqueren, zur Kollision<br />

kommt (KG, Urt. v. 14.11.2002 – 12 U 140/01, NZV 2003, 575; ebenso KG, Urt. v.<br />

22.10.2001 – 12 U 2346/00, NZV 2003, 335 be<strong>im</strong> Einbiegen aus einer Einmündung und<br />

Durchfahren einer „Lücke“ auf der rechten Fahrspur).<br />

Fährt ein Kraftfahrer links an einer verkehrsbedingt zum Halten gekommenen<br />

Fahrzeugkolonne vorbei, muss er grundsätzlich nicht schon allein wegen einer Lücke <strong>im</strong><br />

haltenden Verkehr vor einer Grundstücksausfahrt besonders vorsichtig sein (OLG Hamm,<br />

Urt. v. 20.10.2005 – 27 U 37/05, NZV 2006, 204; KG, Urt. v. 04.03.1996 – 12 U 1032/95,<br />

NZV 1996, 365; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 10 StVO Rn 9).<br />

Überfährt der die Fahrzeugkolonne Überholende jedoch verbotswidrig eine Sperrfläche, so<br />

muss er den von rechts aus einer Grundstückseinfahrt kommenden, mit seinem Pkw in einer<br />

Lücke auf der rechten Fahrspur stehenden Verkehrsteilnehmer, der erkennbar durch diese<br />

Lücke nach links einbiegen will und dabei nur nach rechts schaut, durch Hupen warnen.<br />

Missachtet der Überholer diese Verpflichtung, ist eine hälftige Schadensteilung angemessen<br />

(OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2005 – 27 U 37/05, NZV 2006, 204).<br />

Missachtet der Überholer ein bestehendes Überholverbot, trifft ihn gegenüber dem aus einer<br />

untergeordneten Straße bzw. Grundstückseinfahrt Einfahrenden regelmäßig eine Mithaftung<br />

in der Größenordnung von 25 – 33 % (KG, Urt. v. 04.03.1996 – 12 U 1032/95, NZV 1996,<br />

365: verbotswidrig links überholendes Motorrad haftet mit 33 %; OLG Hamm, Urt. v.<br />

27.09.2000 – 13 U 80/00, DAR 2001, 309: der die durchgezogene Mittellinie überfahrende<br />

Überholer haftet gegenüber dem durch eine Kolonnenlücke Einbiegenden zu 33 %; OLG<br />

Hamm, Urt. v. 24.09.1991 – 9 U 9/91, NZV 1992, 238: Überholer, der eine durchgezogene<br />

Linie sowie eine Sperrfläche überfährt, haftet gegenüber dem aus einem<br />

Tankstellengrundstück Einbiegenden zu 25 %; OLG Koblenz, Urt. v. 12.01.1981 – 12 U<br />

824/80, VersR 1981, 1136: verbotswidrig überholender Motorradfahrer haftet zu 33 %; für<br />

hälftige Mithaftung des verbotswidrig die Kolonne Überholenden dagegen AG Nördlingen,<br />

ZfS 1992, 44 und LG Mannhe<strong>im</strong>, VersR 1980, 347 sowie LG Köln, Urt. v. 13.07.1995 – 19 S<br />

423/94, DAR 1995, 449).<br />

14


Bildet sich vor einer Tankstellenausfahrt ein Stau und lässt ein <strong>im</strong> Stau stehender Fahrer vor<br />

der Ausfahrt eine Lücke frei, so muss ein unter Benutzung der Gegenfahrbahn an der<br />

Schlange vorbeifahrender Verkehrsteilnehmer damit rechnen, dass ein die Tankstelle<br />

verlassender Wagen durch die offene Lücke hindurch auf die Fahrbahn in Richtung der<br />

gegenüberliegenden Fahrspur einfahren könnte. Den Überholenden trifft in diesem Fall eine<br />

Haftungsquote von 60 % (OLG Frankfurt, Urt. v. 25.11.2005 – 24 U 138/05, DAR 2006,<br />

156). Nach abweichender Ansicht des OLG Hamm (Urt. v. 24.09.1991 – 9 U 9/91, NZV 1992,<br />

238) haftet derjenige, der eine Fahrzeugschlange verbotswidrig über eine durchgezogene<br />

Linie unter Nutzung der Gegenfahrbahn sowie einer Sperrfläche überholt, gegenüber dem aus<br />

einem Tankstellengrundstück Einfahrenden nur zu 25 %. Nach Auffassung des LG Frankfurt<br />

(Urt. v. 29.02.2000 – 2/8 S 153/99, ZfS 2000, 198) trifft den die Fahrzeugschlange<br />

ordnungsgemäß Überholenden gegenüber dem aus einer Tankstellenausfahrt Einfahrenden<br />

keine Mithaftung.<br />

Die „Lückenrechtsprechung“ gilt jedoch nicht zugunsten derjenigen Fahrzeuge, die vom<br />

Fahrbahnrand anfahren (KG, Beschl. v. 15.12.2005 – 12 U 165/05, OLGR 2006, 472 =<br />

NZV 2006, 371; KG, Beschl. v. 04.01.2006 – 12 U 202/05, OLGR 2006, 472 = DAR 2006,<br />

454 = NZV 2006, 369). Gegenüber der Sorgfaltspflichtverletzung des vom Fahrbahnrand in<br />

den Verkehr Einfahrenden tritt die Betriebsgefahr des <strong>im</strong> fließenden Verkehr befindlichen<br />

Fahrzeugs <strong>im</strong> Rahmen der Abwägung nach § 17 I StVG regelmäßig vollständig zurück (KG,<br />

Beschl. v. 15.12.2005 – 12 U 165/05, NZV 2006, 371 = OLGR 2006, 472).<br />

Kollidiert ein vom Fahrbahnrand anfahrendes Fahrzeug, dem ein auf dem rechten Fahrstreifen<br />

befindlicher Pkw-Fahrer durch sein Anhalten das An- und Einfahren ermöglicht hat, mit<br />

einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, das den auf dem rechten Fahrstreifen stehenden<br />

Pkw links überholt hat und dann wieder nach rechts eingeschert ist, so haftet der Anfahrende<br />

allein. Denn weder wurde der Anfahrende „überholt“ i. S. d. § 5 StVO noch liegt ein<br />

Überholen in einer unklaren Verkehrslage (§ 5 III Nr. 1 StVO) vor. Darüber hinaus bezwecken<br />

weder Überholverbote noch § 7 V StVO den Schutz der vom Fahrbahnrand anfahrenden<br />

Verkehrsteilnehmer. Zudem hat sich der An- bzw. Einfahrende nicht in die bevorrechtigte<br />

Fahrbahn hineingetastet (§ 8 II 3 StVO), wenn er darlegt, er sei „langsam gefahren“. Vielmehr<br />

bedeutet „hineintasten“ zent<strong>im</strong>eterweises Vorrollen bis zum Übersichtspunkt mit der<br />

Möglichkeit, sofort anzuhalten. Der Wartepflichtige genügt dieser Pflicht nicht, wenn er<br />

einfach bis zum Übersichtspunkt ohne Unterbrechung vorrollt (KG, Beschl. v. 04.01.2006 –<br />

12 U 202/05, NZV 2006, 369, 370; KG, KG-Report 2003, 235 = NZV 2003, 575).<br />

Eine „unklare Verkehrslage“ i. S. d. § 5 III Nr. 1 StVO liegt für den Überholer einer rechts<br />

fahrenden Kolonne jedoch vor, wenn ein Fahrzeug anhält, um einem Linksabbieger von rechts<br />

her durch eine Kolonnenlücke das Kreuzen zu ermöglichen (Hentschel-König, 39. Aufl. 2007,<br />

§ 5 StVO Rn 34 a. E.).<br />

Die „Lückenrechtsprechung“ gilt auch nicht für das Abbiegen nach links durch eine<br />

Kolonnenlücke in eine auf der linken Seite gelegene Grundstückseinfahrt (KG, Beschl. v.<br />

15.01.2007 – 12 U 205/06, NZV 2007, 524; KG, NZV 2003, 182 = MDR 2003, 626 = KG-<br />

Report 2003, 81). Bei der Kollision des Linksabbiegers mit einem Fahrzeug, das die Kolonne<br />

auf der zweispurigen Gegenfahrbahn aus dessen Sicht rechts überholt, haftet der<br />

Linksabbieger zu 100%, wenn er eine überhöhte Geschwindigkeit oder einen<br />

Reaktionsverzug des auch hier bevorrechtigten Gegenverkehrs nicht nachweisen kann (KG,<br />

Beschl. v. 15.01.2007 – 12 U 205/06, NZV 2007, 524, 525; Urt. v. 23.10.2003 – 12 U 46/02,<br />

NZV 2003, 378 = KG-Report 2003, 20).<br />

15


4. Ausfahren und Einfahren in Grundstücke<br />

a. Ausfahrt aus einem Grundstück<br />

Der Beweis des ersten Anscheins spricht für ein Alleinverschulden des<br />

Verkehrsteilnehmers, der einen Verkehrsunfall bei der Ausfahrt aus einem Grundstück<br />

verursacht. Denn dieser hat sich gem. § 10 StVO so zu verhalten, dass eine Gefährdung<br />

anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Von dem Ausfahrenden wird äußerste Sorgfalt<br />

gefordert (OLG Köln, Urt. v. 19.07.2005 – 4 U 35/04, DAR 2006, 27; KG, NZV 2006, 369;<br />

Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 10 StVO Rn 10, 11; Grüneberg, 10. Aufl. 2007, Rn 66 –<br />

70; vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 28.05.1993 – 24 U 115/92, VersR 1994, 1203 = NZV<br />

1994, 280: keine Mithaftung des Vorfahrtberechtigten bei 63 km/h statt 50 km/h gegenüber<br />

Lkw, der aus unübersichtlicher Baustellenzufahrt herausfährt).<br />

Der Vorgang des Ausfahrens aus einem Grundstück in eine öffentliche Straße ist erst dann<br />

beendet, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat oder<br />

verkehrsgerecht am Fahrbahnrand oder an anderer Stelle abgestellt worden ist. Das Ausfahren<br />

wird nicht schon dadurch beendet, dass das ausfahrende Fahrzeug etwa zwei bis drei Minuten<br />

in der Position gestanden hat, in der sich dann die Kollision ereignet hat (KG, Beschl. v.<br />

27.11.2006 – 12 U 181/06, NZV 2007, 359; OLG Köln, Urt. v. 19.07.2005 – 4 U 35/04, DAR<br />

2006, 27).<br />

b. Abbiegen in ein Grundstück<br />

Im Hinblick auf die dem Abbiegenden gem. § 9 V StVO abverlangte äußerste und gegenüber<br />

§ 9 I – IV StVO nochmals erhöhte Sorgfaltspflicht spricht der Anscheinsbeweis auch gegen<br />

denjenigen, der in ein Grundstück abbiegt, wenn es zur Kollision mit einem von hinten<br />

herannahenden Kfz kommt (KG, Beschl. v. 04.12.2006 – 12 U 84/06, NZV 2007, 408, 409;<br />

ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.02.2006 – 1 U 137/05, NZV 2006, 415, 417). Der<br />

Abbiegende hat dann darzulegen und zu beweisen, dass ein Fahrfehler des von hinten<br />

herannahenden Kfz-Führers vorliegt. Ein Mitverschulden desjenigen, der mit dem in das<br />

Grundstück einfahrenden Kfz kollidiert, kommt etwa be<strong>im</strong> Überholen trotz unklarer<br />

Verkehrslage (§ 5 III Nr. 1 StVO) in Betracht, wenn der Abbiegevorgang für den<br />

Überholenden bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar ist (OLG Celle, Urt. v.<br />

21.12.2006 – 14 U 108/06, OLGR 2007, 129; siehe auch oben zu Ziff. 1) oder wenn der auf<br />

der Hauptstraße Vorfahrtberechtigte mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs ist (OLG<br />

Celle, Urt. v. 01.03.1990 – 14 U 307/88, NZV 1991, 195: 33 % Mithaftung bei 76 km/h statt<br />

50 km/h; LG Kassel, VersR 1980, 394: 50 % Mithaftung bei 75 km/h statt 50 km/h; OLG<br />

Köln, Urt. v. 12.07.1996 – 19 U 17/96, DAR 1996, 464: 50 % Mithaftung bei 78 km/h statt 50<br />

km/h).<br />

c. Kollision mit einem Radfahrer<br />

Bei einem Zusammenstoß zwischen einem aus einer Ausfahrt kommenden Kfz (§ 10<br />

StVO) und einem den Gehweg befahrenden Radfahrer (§§ 1 II, 2 V StVO) werden<br />

unterschiedliche Haftungsquoten vertreten (vgl. hierzu Grüneberg, 10. Aufl. 2007, Rn. 381):<br />

Nach überwiegender Ansicht haftet der Erwachsene (jedenfalls über zehn Jahre alte)<br />

Radfahrer, der den Gehweg verbotswidrig, außerhalb eines Fahrradweges und entgegen der<br />

16


Fahrtrichtung benutzt, bei der Kollision mit einem aus der Ausfahrt herausfahrenden Pkw<br />

alleine (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2003 – 14 U 222/02, MDR 2003, 928: verbotswidrig linker<br />

Bürgersteig befahren, Pkw fuhr langsam zurück; OLG Hamm, Urt. v. 23.06.1986 – 9 U<br />

245/85, VersR 1987, 1246: verbotswidrig Bürgersteig befahren; OLG Karlsruhe, Urt. v.<br />

14.12.1990 – 10 U 117/90, NJW-RR 1991, 547: verkehrswidrig auf dem Gehweg fahrender<br />

Radfahrer stößt gegen das zwischenzeitlich stehende Kfz; OLG München, Urt. v. 18.07.1996<br />

– 24 U 699/95, ZfS 1997, 171: auf dem Gehweg fahrender Radfahrer hält Lenker nicht fest;<br />

OLG Hamm, NZV 1995, 152; LG Dessau, Urt. v. 19.08.2005 – 1 S 79/05, NZV 2006, 149 m.<br />

w. N.: Fahrweise des Radfahrers entgegen der Fahrtrichtung und außerhalb des Fahrradweges;<br />

AG Köln, Urt. v. 02.07.1993 – 266 C 381/92, NZV 1993, 483 = NJW-RR 1994, 156:<br />

Radfahrer ist mit mindestens 12 km/h auf dem Bürgersteig unterwegs).<br />

Teilweise wird auch eine Mithaftung des ausfahrenden Pkw-Fahrers bejaht, etwa bei zu<br />

später Reaktion oder zu hoher Ausfahrgeschwindigkeit (KG, Urt. v. 18.01.1993 – 12 U<br />

6697/91, DAR 1993, 257: 15-jähriger Radfahrer, der auf dem Gehweg in falscher Richtung<br />

unterwegs ist, haftet nur zu 25 %; OLG Hamburg, NZV 1992, 281: Radfahrer haftet zu 30 %).<br />

Nach Ansicht des LG Freiburg (Urt. v. 06.09.2007 – 3 S 120/07, ZfS 2007, 621) ist eine<br />

hälftige Schadensteilung vorzunehmen, wenn ein neun Jahre alter Radfahrer mit einem<br />

verkehrsuntüchtigen Fahrrad nicht nur auf dem Gehweg, sondern auch entgegen der<br />

Fahrtrichtung unterwegs ist und mit einem rückwärts aus einer Einfahrt fahrenden Pkw,<br />

dessen Fahrer sich nicht in den Straßenbereich hineintastet, kollidiert.<br />

II. Mietwagenkosten<br />

Die seit der Entscheidung des VI. Zivilsenats des BGH vom 12.10.2004 (VI ZR 151/03, NJW<br />

2005, 51 = NZV 2005, 32 = ZfS 2005, 75) eingeschlagene neue Richtung der Beurteilung der<br />

Ersatzfähigkeit eines Unfallersatztarifs (<strong>im</strong> Folgenden: UET) ist mit den Entscheidungen vom<br />

26.06.2007 (VI ZR 163/06, NJW 2007, 2916 = VersR 2007, 1286, 1287 = NZV 2007, 563,<br />

564), vom 12.06.2007 (VI ZR 161/06, NJW 2007, 2758 = NZV 2007, 514, 515 = VersR 2007,<br />

1144, 1145), vom 20.03.2007 (VI ZR 254/05, NJW 2007, 2122 = NZV 2007, 349), vom<br />

06.03.2007 (VI ZR 36/06, NJW 2007, 1676 = NZV 2007, 290 = MDR 2007, 831), vom<br />

17


13.02.2007 (VI ZR 105/06, NJW 2007, 1449 = NZV 2007, 351 = MDR 2007, 773), vom<br />

30.01.2007 (VI ZR 99/06, NJW 2007, 1124 = ZfS 2007, 330 = MDR 2007, 713), vom<br />

23.01.2007 (VI ZR 243/05, NJW 2007, 1122 = NZV 2007, 231 = VersR 2007, 514 und VI ZR<br />

18/06, NJW 2007, 1123 = NZV 2007, 232 = DAR 2007, 260) ,vom 9.10.2007 (VI ZR 27/07,<br />

NJW 2007, 3782 = VersR 2007, 1577), vom 19.02.2008 (VI ZR 32/07, EBE 2008, 103) und<br />

vom 11.03.2008 (VI ZR 164/07, VersR 2008, 699) nunmehr zu einem (vorläufigen) Abschluss<br />

gelangt.<br />

1. Entwicklung der „Mietwagenrechtsprechung“ des BGH<br />

Nach der seit den Urteilen vom 12.10.2004 (VI ZR 151/03, NJW 2005, 51 = NZV 2005, 32 =<br />

VersR 2005, 239) und vom 26.10.2004 (VI ZR 300/03, NJW 2005, 135 = NZV 2005, 34) <strong>im</strong><br />

wesentlichen gefestigten Rechtsprechung des VI. Zivilsenates des BGH kann der Geschädigte<br />

vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen<br />

Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein<br />

verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für<br />

zweckmäßig und notwendig halten darf.<br />

Dies bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren, auf dem örtlich<br />

relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung<br />

eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur<br />

den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch<br />

nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug<br />

zum UET anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten<br />

dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation, etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines<br />

Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen<br />

durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen oder Ähnliches, einen gegenüber dem<br />

„Normaltarif“ höheren Preis bei Unternehmen dieser Art aus betriebswirtschaftlicher Sicht<br />

rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere<br />

Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB<br />

„erforderlich“ sind (so etwa BGH, Urt. v. 9.10.2007 – VI ZR 27/07, NJW 2007, 3782 =<br />

VersR 2007, 1577, 1578 = DAR 2007, 700; Urt. v. 13.06.2006 – VI ZR 161/05, NZV 2006,<br />

526, 527 = VersR 2006, 1273, 1274 = MDR 2007, 29; Urt. v. 09.05.2006 – VI ZR 117/05,<br />

NJW 2006, 2106/2107 = NZV 2006, 463, 464; Urt. v. 04.04.2006 – VI ZR 338/04, NJW<br />

2006, 1726/1727 = NZV 2006, 410, 411 = MDR 2006, 1107; Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR<br />

126/05, NJW 2006, 1506, 1507 = MDR 2006, 1105; Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR 33/05, NJW<br />

2006, 1508 = NZV 2006, 364, 365 = MDR 2006, 1106; Urt. v. 25.10.2005 – VI ZR 9/05,<br />

NJW 2006, 360 = NZV 2006, 139, 140 = MDR 2006, 686).<br />

Bis zum Urteil des BGH vom 25.10.2005 (VI ZR 9/05, NJW 2006, 360, 361 = NZV 2006,<br />

139, 140 = MDR 2006, 686) hatten die Instanzgerichte noch festzustellen, ob der höhere<br />

Unfallersatztarif bei „Unternehmen dieser Art“ aus betriebswirtschaftlicher Sicht<br />

gerechtfertigt ist. Dies war i. d. R. ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht<br />

möglich, führte zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen, erheblichen unnötigen Kosten und<br />

rechtlichen Problemen, da die Mietwagenunternehmen oft nicht bereit waren, ihre Kalkulation<br />

offen zu legen (vgl. hierzu Oswald/Tietz, NJW 2006, 1483, 1484).<br />

Der VI. Zivilsenat hat in den nachfolgenden Urteilen klargestellt, es sei nicht erforderlich,<br />

dass der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO freigestellte Tatrichter für die Prüfung<br />

der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines UET die Kalkulation des konkreten<br />

18


Unternehmens – ggf. nach Beratung durch einen Sachverständigen – in jedem Fall<br />

nachvollzieht. Vielmehr könne sich die Prüfung des Tatrichters darauf beschränken, ob<br />

spezifische Leistungen des Mietwagenunternehmers bei der Vermietung an Unfallgeschädigte<br />

allgemein einen Aufschlag (s.u.) rechtfertigen (BGH, Urt. v. 04.07.2006 – VI ZR 237/05,<br />

NJW 2006, 2693 = NZV 2006, 525, 526; Urt. v. 13.06.2006 – VI ZR 161/05, NJW 2006,<br />

2621, 2622 = NZV 2006, 526, 527 = MDR 2007, 29 Nr. 8, 9; Urt. v. 14.06.2006 – VI ZR<br />

126/05, NJW 2006, 1506, 1507 = NZV 2006, 363, 364 = MDR 2006, 1105; Urt. v. 14.06.2006<br />

– VI ZR 32/05, NJW 2006, 1508 = NZV 2006, 364, 365 = MDR 2006, 1106).<br />

Der Geschädigte muss jedoch konkret vortragen, dass dem Mietwagenunternehmen<br />

unfallbedingte, über dem „Normaltarif“ liegende Mehrkosten entstanden sind (BGH, Urt. v.<br />

11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 701, Nr. 18).<br />

2. Erforderlichkeit des Unfallersatztarifs (UET) und<br />

Zugänglichkeit eines „Normaltarifes“<br />

Ursprünglicher Ausgangspunkt für die Ersatzfähigkeit der vom Geschädigten geltend<br />

gemachten, über dem „Normaltarif“ liegenden Mietwagenkosten ist eine vom BGH<br />

vorgegebene zweistufige Prüfung:<br />

a. Erforderlichkeit des UET<br />

Zunächst ist auf der ersten Stufe zu untersuchen, ob der über den Normaltarif<br />

hinausgehende UET „erforderlich“ i. S. d. § 249 I BGB ist. Die Besonderheiten dieses<br />

Tarifs müssen einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen. Dies ist dann der<br />

Fall, wenn zu entgeltende Leistungen des Vermieters vorliegen, die durch die besondere<br />

Bedarfsdeckung nach dem Unfall veranlasst sind (vgl. die Zusammenfassung von Diehl,<br />

ZfS 2007, 331; Wagner, NJW 2007, 2149 und NJW 2006, 2289, 2290; Diederichsen, DAR<br />

2007, 301, 308/309; Geiger, DAR 2006, 693/694; Griebenow, NZV 2006, 13, 14; Greger,<br />

NZV 2006, 1, 4; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 35, 35 a).<br />

Es muss sich um – vom Geschädigten darzulegende - „spezifische Leistungen des<br />

Mietwagenunternehmers bei der Vermietung an Unfallgeschädigte“ handeln, die einen –<br />

ggf. pauschalen - Aufschlag auf den Normaltarif (s.u.) rechtfertigen (BGH, Urt. v.<br />

11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 701, Nr. 18; Urt. v. 12.06.2007 – VI ZR<br />

161/07, NJW 2007, 2758 = VersR 2007, 1144, 1145; Urt. v. 26.06.2007 – VI ZR 163/06, NJW<br />

2007, 2916 = VersR 2007, 1286, 1287 = NZV 2007, 563, 564; Urt. v. 04.07.2006 – VI ZR<br />

237/05, NJW 2006, 2693 = NZV 2006, 525, 526; Urt. v. 13.06.2006 – VI ZR 161/05, NJW<br />

2006, 2621, 2622 = NZV 2006, 526, 527 = MDR 2007, 29 Nr. 8, 9; Urt. v. 14.06.2006 – VI<br />

ZR 126/05, NJW 2006, 1506, 1507 = NZV 2006, 363, 364 = MDR 2006, 1105; Urt. v.<br />

14.06.2006 – VI ZR 32/05, NJW 2006, 1508 = NZV 2006, 364, 365 = MDR 2006, 1106;<br />

OLG Jena, Urt. v. 26.04.2007 – 1 U 216/06, OLGR 2007, 985, 987; OLG Saarbrücken, Urt. v.<br />

17.07.2007 – 4 U 714/03 – 11/05, OLGR 2007, 929, 931 f.).<br />

Für die Frage der Erforderlichkeit eines UET kommt es <strong>im</strong> Allgemeinen nicht darauf an, ob<br />

der Mietpreis für das Ersatzfahrzeug zwischen Mieter und Vermieter wirksam vereinbart<br />

worden ist (BGH, Urt. v. 9.10.2007 – VI ZR 27/07, NJW 2007, 3782 = VersR 2007, 1577).<br />

b. Zugänglichkeit eines Normaltarifs<br />

19


Die zweite Stufe besteht aus einem subjektiven Kriterium. Ist der UET nach dem Ergebnis<br />

der betriebswirtschaftlichen Prüfung nicht als erforderlicher Aufwand anzusehen, so kann<br />

ihn der Geschädigte dennoch ersetzt verlangen, wenn ihm ein günstigerer Normaltarif <strong>im</strong><br />

konkreten Einzelfall nicht zugänglich war (BGH, Urt. v. 19.2.2008 – VI ZR 32/07;Urt. v.<br />

9.10.2007 – VI ZR 27/07, NJW 2007, 3782, 3783 = VersR 2007, 1577, 1578 = DAR 2007,<br />

700; Urt. v. 12.06.2007 – VI ZR 161/06, NJW 2007, 2758, 2759 = NZV 2007, 514, 515 =<br />

VersR 2007, 1144, 1145; Urt. v. 26.06.2007 – VI ZR 163/06, NJW 2007, 2916, 2917 = NZV<br />

2007, 563, 564 = VersR 2007, 1286, 1287; NJW 2007, 1676, 1677 = VersR 2007, 706, 707;<br />

NJW 2007, 2122, 2123; NJW 2007, 1123, 1124 = VersR 2007, 515, 516; OLG Jena, Urt. v.<br />

26.4.2007 – 1 U 216/06, OLGR 2007, 985, 987; zusammenfassend Wagner, NJW 2007, 2149,<br />

2150 und NJW 2006, 2289, 2290; Diehl, ZfS 2007, 332).<br />

Für die Frage, ob dem Geschädigten ein solcher, wesentlich günstigerer Tarif ohne weiteres<br />

zugänglich war, ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es kommt<br />

insbesondere zur Frage der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede für den Geschädigten darauf<br />

an, ob ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des<br />

Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten<br />

gewesen wäre. Dies ist der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm<br />

angebotenen UET haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können. Dabei<br />

kann es je nach Lage des Einzelfalls auch erforderlich sein, sich nach anderen Tarifen zu<br />

erkundigen und ein oder zwei Konkurrenzangebote einzuholen (BGH, Urt. v. 11.03.2008<br />

– VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 701, Nr. 15, 16; Urt. v. 20.03.2007 – VI ZR 254/05, NJW<br />

2007, 2122, 2123 = NZV 2007, 349, 350 Nr. 12; Urt. v. 30.01.2007 – VI ZR 99/06, NJW<br />

2007, 1124, 1125, Nr. 12; Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 243/05, NJW 2007, 1122, 1123 = NZV<br />

2007, 231, 232, Nr. 11; Urt. v. 13.06.2006 – VI ZR 161/05, NJW 2006, 2621, 2622 = MDR<br />

2007, 29, 30, Nr. 12, 13; Urt. v. 09.05.2006 – VI ZR 117/05, NJW 2006, 2106, 2107 = NZV<br />

2006, 463, 464, Nr. 11, 12; OLG Jena, Urt. v. 26.4.2007 – 1 U 216/06, OLGR 2007, 985,<br />

988).<br />

Diese Erkundigungspflicht nach ein oder zwei Konkurrenzangeboten bezieht sich auf<br />

Angebote nach dem „Normaltarif“ (BGH, Urt. v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008,<br />

699, 701, Nr. 17) und gilt zumindest dann, wenn zwischen dem Unfall und der Anmietung des<br />

Ersatzfahrzeugs ein Zeitraum von ca. zwei Wochen liegt (BGH, Urt. v. 13.06.2006 – VI ZR<br />

161/05, NJW 2006, 2621, 2622 = MDR 2007, 29, 30, Nr. 13), wenn keine „Notsituation“<br />

vorliegt und der Geschädigte von einer voraussichtlichen Reparaturdauer von 12 Arbeitstagen<br />

Kenntnis hat (BGH, Urt. v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 701, Nr. 16) oder<br />

wenn die Anmietung des Ersatzfahrzeugs an einem gewöhnlichen Wochentag einen Tag nach<br />

dem Unfall erfolgt (BGH, Urt. v. 09.05.2006 – VI ZR 117/05, NZV 2006, 463, 464 = NJW<br />

2006, 2106, 2107, Nr. 4; Urt. v. 30.01.2007 – VI ZR 99/06, NJW 2007, 1124, 1125 = R + S<br />

2007, 306, 307: Anmietung an einem normalen Werktag in Würzburg oder wenn der<br />

Mietwagen für eine längere Dauer, etwa vierzehn Tage oder mehr, angemietet werden soll;<br />

BGH, Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR 126/05, NJW 2006, 1506, 1508; ebenso bereits BGH, NJW<br />

1985, 2637, 2638; NJW 1985, 2639; OLG Karlsruhe, NZV 1990, 387; OLG Hamm, NZV<br />

1994, 358; OLG Köln, NZV 1990, 429; OLG Nürnberg, NZV 1994, 24).<br />

Bei der Unterlassung entsprechender Nachfragen nach günstigeren (Normal-)Tarifen handelt<br />

es sich nicht um eine – vom Schädiger zu beweisende – Verletzung der<br />

Schadensminderungspflicht, sondern um die Frage der Schadenshöhe, die der Geschädigte<br />

darzulegen und zu beweisen hat (BGH, Urt. v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699,<br />

701. Nr. 15).<br />

20


Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen UET müssen sich jedenfalls bei<br />

Mietwagenpreisen für einen Mittelklassenwagen (Gruppe 04/05) von 145,00 € pro Tag (BGH,<br />

Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR 126/05, NJW 2006, 1506, 1508, Nr. 11), 158,00 € pro Tag (BGH,<br />

Urt. v. 30.01.2007 – VI ZR 99/06, NJW 2007, 1124, 1125: 158,00 € pro Tag bei fehlender<br />

Eilbedürftigkeit), 218,00 € pro Tag (OLG München, Urt. v. 09.11.2005 – 20 U 3926/05, NZV<br />

2006, 381), 4.500,00 € pro Monat/150,00 € pro Tag (LG Chemnitz, Urt. v. 05.01.2007 – 6 S<br />

605/05, DAR 2007, 336) oder dem Dreifachen des sonst üblichen Tagespreises (Normaltarif)<br />

(BGH, Urt. v. 04.07.2006 – VI ZR 237/05, NJW 2006, 2693, 2694, Nr. 13) aufdrängen.<br />

Der Geschädigte kann sich grundsätzlich nicht damit entlasten, ihm sei vom Autovermieter<br />

kein wesentlich günstigerer Tarif angeboten worden, vielmehr sei ihm mitgeteilt worden, der<br />

Tarif (UET) sei auf seine Bedürfnisse zugeschnitten (BGH, Urt. v. 13.02.2007 – VI ZR<br />

105/06, NJW 2007, 1449, 1450, Nr. 14, 15; Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR 126/05, NJW 2006,<br />

1506, 1508 = NZV 2006, 363, 364, Nr. 10).<br />

Allerdings kann den Mietwagenunternehmer eine Aufklärungspflicht treffen (s.u.; vgl. BGH,<br />

Urt. v. 24.10.2007 – XII ZR 155/05, NZV 2008, 143, 144 = MDR 2008, 205; Urt. v.<br />

27.06.2007 – XI ZR 53/05, NJW 2007, 2759 = NZV 2007, 515 = VersR 2007, 1428, 1429;<br />

Urt. v. 10.01.2007 – XI ZR 72/04, NJW 2007, 1447 = NZV 2007, 236 = MDR 949, 950 =<br />

VersR 2007, 1427; Urt. v. 07.02.2007 – XII ZR 125/04, VersR 2007, 809, 810 = MDR 2007,<br />

949; Beschl. v. 05.10.2006 – XII ZR 50/04, VersR 2007, 80, 81; Urt. v. 28.06.2006 – XII ZR<br />

50/04, NJW 2006, 2618, 2621 = NZV 2006, 528, 530).<br />

Ob der Geschädigte nach den Feiertagen bzw. am nächsten Werktag aus dem Gesichtspunkt<br />

der Schadensminderung gehalten ist, mehrere Vergleichsangebote einzuholen und den<br />

Mietvertrag zum UET zu kündigen, wird unterschiedlich beurteilt. Nach Auffassung des AG<br />

Hof (Urt. v. 04.09.2006 – 14 C 1695/05, NZV 2007, 149) ist dem Geschädigten in diesen<br />

Fällen der Wechsel zu einem günstigeren Autovermieter nur bei einer besonders langen<br />

Mietdauer von jedenfalls mehr als vierzehn Tagen zuzumuten.<br />

In der Instanzrechtsprechung wird ein Verstoß des Geschädigten gegen die<br />

Schadensminderungspflicht teilweise verneint, wenn er nicht Inhaber einer Kreditkarte ist und<br />

nach einem Verkehrsunfall an einem Feiertag (OLG Köln, Urt. v. 19.06.2006 – 16 U 10/06,<br />

NZV 2007, 81, 82: Unfall am 26.12. gegen 22.30 Uhr, Vorlage einer Kreditkarte oder<br />

Vorauszahlung waren nicht möglich) oder zur Nachtzeit bei dringendem Bedarf (AG Hof, Urt.<br />

v. 04.09.2006 – 14 C 1695/05, NZV 2007, 149) ein Mietfahrzeug benötigt.<br />

Nach Ansicht des BGH ist jedenfalls dem Einwand des Geschädigten, er sei der Empfehlung<br />

der ihm vertrauten Werkstatt gefolgt, weil er den Mietwagen kurz vor den<br />

Weihnachtsfeiertagen aus beruflichen Gründen zwingend benötigt hätte, nachzugehen<br />

(BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 243/05, NJW 2007, 1122, 1123 = NZV 2007, 231, 232, Nr.<br />

12, 13).<br />

Die Auffassung, in einem ländlichen Einzugsgebiet, in dem das Ersatzfahrzeug nach einem<br />

Unfallereignis gemietet worden ist, sei der UET betriebswirtschaftlich regelmäßig<br />

gerechtfertigt (AG Brilon, Urt. v. 01.08.2006 – 1 C 236/05, ZfS 2007, 86), wird zwar von der<br />

h. M. abgelehnt (vgl. Diehl, ZfS 2007, 87; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 35<br />

a).<br />

21


Der BGH (Urt. v. 9.10.2007 – VI ZR 27/07, NJW 2007, 3782, 3783 = VersR 2007, 1577,<br />

1578, Nr. 10) hat hierzu ausgeführt, der Geschädigte sei <strong>im</strong> ländlichen Gebiet nicht<br />

verpflichtet, Angebote in größeren Städten mit mehreren Mietwagenanbietern einzuholen. Er<br />

müsse sich nur auf den in seiner Lage ohne weiteres offen stehenden Markt begeben. Ist<br />

dem Geschädigten <strong>im</strong> ländlichen Raum faktisch nur das Angebot ein namhaftes<br />

Mietwagenunternehmen zugänglich, genießt er ähnlich wie be<strong>im</strong> Verkauf eines<br />

unfallbeschädigten Fahrzeugs an einen angesehenen Gebrauchtwagenhändler<br />

Vertrauensschutz; er muss in einem solchen Fall kein Konkurrenzangebot eines in einer<br />

größeren Stadt ansässigen Vermieters einholen BGH, Urt. v. 9.10.2007 – VI ZR 27/07, NJW<br />

2007, 3782, 3783 = VersR 2007, 1577, 1578, Nr. 10).<br />

Ein gegenüber dem teureren UET günstigerer Normaltarif ist dem Geschädigten dann<br />

„zugänglich“, wenn er sich nicht gegenüber dem Mietwagenunternehmer bereiterklärt, eine<br />

ihm zumutbare Kaution zu leisten und/oder in Vorkasse (zur „Vorkasse“ und zum Einsatz<br />

der Kreditkarte s.u.) zu treten, um die Vermietung an ihn zum „Normaltarif“ zu<br />

ermöglichen. Der Geschädigte verstößt gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn er<br />

vom Haftpflichtversicherer des Schädigers darauf hingewiesen wird, dass ein Mietwagen zum<br />

„Normaltarif“ erheblich günstiger angemietet werden kann und er es trotz fehlenden<br />

Zeitdrucks und dem Angebot der Versicherung, bestehende Zweifelsfragen durch<br />

Rücksprache mit ihr zu klären, ablehnt, ein Mietfahrzeug zum Normaltarif anzumieten, weil<br />

er nicht bereit ist, eine Kaution zu leisten und/oder in Vorkasse zu treten (BGH, Urt. v.<br />

06.03.2007 – VI ZR 36/06, NJW 2007, 1676, Nr. 7 = NZV 2007, 290, 291 = MDR 2007, 831,<br />

= ZfS 2007, 505)<br />

c. Modifizierung der Rspr. des BGH zum „Zwei-Stufen-Modell“<br />

Bisher galt also, dass es für die Ersatzfähigkeit der Mietwagenkosten auf der Basis des UET<br />

ausreichte, wenn eine der beiden Voraussetzungen gegeben, der UET entweder<br />

betriebswirtschaftlich gerechtfertigt oder ein Selbstzahlertarif dem Geschädigten nicht<br />

zugänglich war (so etwa BGH, Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR 126/05, NJW 2006, 1506, 1507,<br />

Nr. 9; Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR 32/05, NJW 2006, 1508, 1509 = NZV 2006, 364, 365, Nr.<br />

8; Wagner, NJW 2007, 2149, 2150). Folgerichtig war dem Geschädigten der Anspruch ohne<br />

weitere Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung zuzusprechen, wenn feststand,<br />

dass ihm ein günstigerer Selbstzahlertarif nicht zugänglich war.<br />

Im Urteil vom 6.3.2007 (VI ZR 36/06, NJW 2007, 1676 = NZV 2007, 290, 291 = MDR 2007,<br />

831, Nr. 7) dreht der VI. Zivilsenat diesen Grundsatz gewissermaßen herum und lässt die<br />

betriebswirtschaftliche Rechtfertigung offen, weil dem Geschädigten <strong>im</strong> entschiedenen<br />

Fall jedenfalls ein günstigerer Tarif zugänglich war, sodass der Anspruch schon aus<br />

diesem Grund nicht bestehen würde. Auch in den Urteilen vom 20.03.2007 (VI ZR 254/05,<br />

NJW 2007, 2122, 2123 = NZV 2007, 349, 350, Nr. 11), 12.06.2007 (VI ZR 161/06, NJW<br />

2007, 2758, 2759 = NZV 2007, 514, 515 = VersR 2007, 1144, 1145), 26.06.2007 (VI ZR<br />

163/06, NJW 2007, 2916, 2917 = NZV 2007, 563, 564 = VersR 2007, 1286, 1287), 9.10.2007<br />

(VI ZR 27/07, NJW 2007, 3782, 3783 = VersR 2007, 1577, 1578) und 19.2.2008 (VI ZR<br />

32/07) betont der BGH, die Frage, ob ein UET aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren<br />

erforderlich i. S. d. § 249 II 1 BGB ist, kann dann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem<br />

Geschädigten jedenfalls ein günstigerer Normaltarif bekannt und/oder in der konkreten<br />

Situation ohne weiteres zugänglich war, sodass ihm eine solche kostengünstigere<br />

Anmietung des entsprechenden Fahrzeugs unter dem Blickwinkel der ihm gem. § 254 BGB<br />

obliegenden Schadensminderungspflicht (Beweislast be<strong>im</strong> Schädiger!) zugemutet werden<br />

konnte.<br />

22


Ebenso kann die Frage nach der Erforderlichkeit des UET nach der neueren Rspr. des BGH<br />

offen bleiben, wenn zur Überzeugung des Tatrichters feststeht, dass dem Geschädigten die<br />

Anmietung zum Normaltarif nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen<br />

ist, denn der Geschädigte kann in einem solchen Fall einen den Normaltarif übersteigenden<br />

Betrag <strong>im</strong> Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann<br />

verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt<br />

wäre (BGH, Urt. v. 20.03.2007 – VI ZR 254/05, NJW 2007, 2122, 2123 = NZV 2007, 349,<br />

350, Nr. 11; Urt. v. 12.06.2007 – VI ZR 161/06, NJW 2007, 2758, 2759 = NZV 2007, 514,<br />

515 = VersR 2007, 1144, 1145; Urt. v. 26.06.2007 – VI ZR 163/06, NJW 2007, 2916, 2917 =<br />

NZV 2007, 563, 564; BGH, Urt. v. 9.10.2007 – VI ZR 27/07, NJW 2007, 3782, 3783 = VersR<br />

2007, 1577, 1578; BGH, Urt. v. 19.2.2008 – VI ZR 32/07).<br />

Wagner (NJW 2007, 2149, 2150) weist zu Recht darauf hin, dass damit das<br />

betriebswirtschaftliche Kriterium („erste Stufe“) in Wahrheit aufgegeben wurde: Wenn die<br />

betriebswirtschaftliche Berechtigung des erhöhten UET den Ersatzanspruch nicht zu retten<br />

vermag, dann kommt es in Wahrheit nur auf die Zugänglichkeit des Selbstzahlertarifs an.<br />

Ist dieser zugänglich gewesen, muss der Geschädigte mit seinem Begehren auf Erstattung der<br />

unfallersatzbedingten Mehrkosten scheitern; war er nicht zugänglich, dringt der Geschädigte<br />

durch.<br />

3. Pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“<br />

Kommt der Tatrichter – unter Berücksichtigung der modifizierten Rechtsprechung des BGH<br />

und ggf. nach Einholung eines Sachverständigengutachtens – zu dem Schluss, dass<br />

spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte bei<br />

Mietwagenunternehmen dieser Art den gegenüber einem „Normaltarif“ abgerechneten<br />

Mehrpreis rechtfertigen, kommt nach der Rechtsprechung des BGH ein pauschaler<br />

Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht (BGH, Urt. v. 13.06.2006 – VI ZR 161/05, NJW<br />

2006, 2621, 2622 = MDR 2007, 29 Nr. 9; Urt. v. 14.02.2006 – VI ZR 126/05, NJW 2006,<br />

1506, 1507 = NZV 2006, 363, 364 = MDR 2006, 1105; Urt. v. 12.06.2007 – VI ZR 161/06,<br />

NJW 2007, 2758 = NZV 2007, 514, 515 = VersR 2007, 1144, 1145; Urt. v. 26.06.2007 – VI<br />

ZR 163/06, NJW 2007, 2916 = VersR 2007, 1286, 1287 = NZV 2007, 563, 564).<br />

In Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO kann der Tatrichter den „Normaltarif“ nach der<br />

neueren Rspr. des BGH auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-<br />

Mietpreisspiegels“ <strong>im</strong> Postleitzahlengebiet des Geschädigten – ggf. mit sachverständiger<br />

Beratung – ermitteln (BGH, Urt. v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 700, Nr. 8,<br />

11; Urt. v. 30.01.2007 – VI ZR 99/06, NJW 2007, 1124, 1125 = VersR 2007, 516, 517 = MDR<br />

2007, 713 Nr. 8; Urt. v. 13.02.2007 – VI ZR 105/06, NJW 2007, 1449, 1450 = NZV 2007,<br />

351, 352 = MDR 2007, 773 Nr. 10; Urt. v. 12.06.2007 – VI ZR 161/06, NJW 2007, 2758 =<br />

NZV 2007, 514, 515 = VersR 2007, 1144, 1145; Urt. v. 26.06.2007 – VI ZR 163/06, NJW<br />

2007, 2916 = VersR 2007, 1286, 1287 = NZV 2007, 563, 564; LG Freiburg, Urt. v.<br />

07.02.2008 – 3 S 278/06, ZfS 2008, 198, 199).<br />

Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Mietwagenkosten ist grundsätzlich auf das<br />

Preisniveau am Ort der Anmietung und Übernahme des Fahrzeugs maßgebend (BGH, Urt. v.<br />

11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 701, Nr. 11).<br />

Eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten anhand des dreifachen Satzes der<br />

Nutzungsausfallentschädigung kann jedoch nicht anerkannt werden; dies macht eine<br />

23


Prüfung, ob der UET erforderlich war, nicht entbehrlich (BGH, Urt. v. 26.06.2007 – VI ZR<br />

163/06, NJW 2007, 2916, 2917 = VersR 2007, 1286, 1287 = NZV 2007, 563, 564; a.A. etwa<br />

AG Freiburg, Urt. v. 28.07.2006 – 10 C 1270/06, NZV 2007, 312 und LG Freiburg, Urt. v.<br />

07.02.2008 – 3 S 278/06, ZfS 2008, 198, 199).<br />

In der Literatur und der Instanzrechtsprechung wurden gegen die Zugrundelegung der<br />

Schwackeliste 2006 als Schätzgrundlage teilweise erhebliche Bedenken erhoben (vgl. LG<br />

Chemnitz, Urt. v. 05.01.2007 – 6 S 605/06, DAR 2007, 336; LG Dortmund, Urt. v.<br />

14.06.2007 – 4 S 129/06, ZfS 2007, 565, 567; BeckRS 2007, 10628 und BeckRS 2007,<br />

10629; Richter, VersR 2007, 620, 621; Heß/Buller, NJW-Spezial 2007, 255 und NJW-Spezial<br />

2007, 400; Buller, NJW-Spezial 2008, 169).<br />

Bei der Erhebung der „Schwacke-Preise“ seien erhebliche methodische Mängel aufgetreten.<br />

Es seien auch Angebote berücksichtigt worden, die aufgrund ihrer Höhe von Selbstzahlern<br />

nicht nachgefragt werden. Eine Gewichtung danach, in welchem Umfang die betreffende<br />

Autovermietung zu dem genannten Angebotspreis am Markt teiln<strong>im</strong>mt, sei nicht getroffen<br />

worden. Die Preissteigerungen in der Schwackeliste 2006 <strong>im</strong> Vergleich zur Liste 2003 mit<br />

Differenzen bis zu 28,52 % in Mietwagenklasse 1, 28,84 % in Mietwagenklasse 2, 35,42 % in<br />

Mietwagenklasse 3, 32,87 % in Mietwagenklasse 4, 65,84 % in Mietwagenklasse 5 usw. seien<br />

nicht nachvollziehbar. Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes hätten sich die Preise <strong>im</strong><br />

Bereich „Verkehr“ in diesem Zeitraum nur um 9,69 % verändert. Die Schwacke-Liste (2006)<br />

sei deshalb keine taugliche Schätzgrundlage (vgl. etwa Richter, VersR 2007, 620 – 622; LG<br />

Chemnitz, Urt. v. 05.01.2007 – 6 S 605/06, DAR 2007, 336).<br />

Auch das LG Chemnitz (Urt. v. 05.01.2007 – 6 S 605/06) äußerte den Verdacht, die enormen<br />

Preissteigerungen <strong>im</strong> Vergleich zum Mietpreisspiegel 2003 könnten darauf beruhen, dass<br />

Autovermieter in Kenntnis der geänderten Rechtsprechung des BGH Normaltarife angemeldet<br />

hätten, die von Eurotax-Schwacke nicht auf ihre Realitätsnähe überprüft worden wären.<br />

Nach Ansicht des LG Dortmund (Urt. v. 14.06.2007 – 4 S 129/06, ZfS 2007, 565, 567 f.)<br />

eignet sich der Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 wegen der hiergegen (s.o.) erhobenen<br />

Bedenken nicht als zuverlässige Schätzgrundlage. Vielmehr sei der überwiegend anerkannte<br />

Automietpreisspiegel 2003 als Basis einer Schätzung nach § 287 ZPO heranzuziehen.<br />

Hinzuzuaddieren seien eine jährliche Preissteigerungsrate von 2% seit 2003 sowie ein<br />

pauschaler Aufschlag von 20% für unfallbedingte Mehrleistungen. Die Kosten der<br />

Haftungsbefreiung seien zu erstatten, auch wenn das beschädigte Fahrzeug nicht<br />

kaskoversichert war. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen sei mit 10% zu bemessen.<br />

Prof. Dr. Klein (vgl. www.statistik.wiso.unierlangen.de/diskussionspapiere/d0081.pdf und<br />

Heß/Buller, NJW-Spezial 2007, 255) kommt in einem zu dieser Problematik erstellten<br />

Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Repräsentativität des Automietpreisspiegels u.a. wegen<br />

möglicher Datenausfälle gerade in Postleitzahlengebieten mit wenigen Vermietstationen nicht<br />

beurteilt werden könne. Auch sei der von Schwacke gewählte Modus, also die häufigste<br />

Nennung von Tarifen, als Lagemaß für die Tarife ungeeignet; Mittelwerte seien deutlich<br />

aussagekräftiger.<br />

Eine auf 15.000 Anrufen bei Autovermietern beruhende Untersuchung hat ergeben, dass die in<br />

der Schwacke-Liste (2007) verzeichneten Tarife (inkl. Vollkaskoversicherung) in den<br />

Mittelwerten zwischen 47% und 120% über den telefonisch tatsächlich Angebotenen Preisen<br />

lagen (Buller, NJW-Spezial 2008, 169).<br />

24


Nach Ansicht des LG Bonn (Urt. v. 25.04.2007 – 5 S 197/06, NZV 2007, 362, 364 mit Anm.<br />

Wenning NZV 2007, 365; auch LG Nürnberg-Fürth, ZfS 2007, 444) bestehen jedoch keine<br />

Anhaltspunkte dafür, dass sich <strong>im</strong> Mietpreisspiegel 2006 enthaltene Preisveränderungen nicht<br />

an der tatsächlichen Marktentwicklung orientieren.<br />

Der BGH (Urt. v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 700, Nr. 9, 10) hat<br />

entschieden, die Ermittlung des „Normaltarifs“ auf der Basis des „Schwacke-<br />

Mietpreisspiegels“ begegne keinen grundsätzlichen Bedenken. Einwendungen des Schädigers<br />

hiergegen seien nur erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Es müssen<br />

konkrete Tatsachen aufgezeigt werden, wonach sich geltend gemachte Mängel der<br />

betreffenden Schätzgrundlage auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Allgemeine<br />

Einwendungen gegen die Anwendbarkeit des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ reichen nicht aus<br />

(BGH, Urt. v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07, VersR 2008, 699, 700, Nr, 9, 10).<br />

In der insoweit vom BGH (bislang) nicht nachvollzogenen Instanzrechtsprechung wird gem. §<br />

287 ZPO mit Aufschlägen auf den von Eurotax-Schwacke ermittelten „Normaltarif“ in<br />

der Größenordnung von 30 % (OLG Jena, Urt. v. 26.4.2007 – 1 U 216/06, OLGR 2007,<br />

985, 987;LG Köln, Urt. v. 16.03.2006 – 27 O 286/06, NZV 2007, 82; LG Karlsruhe, Urt. v.<br />

24.05.2006 – 1 S 195/04, NZV 2006, 650, 652; LG Bielefeld, Urt. v. 25.10.2006 – 21 S 96/05,<br />

bei Wenning, NZV 2007, 173, 174; LG Bonn, Urt. v. 06.11.2006 – 6 S 110/06, bei Wenning a.<br />

a. O.; AG Bad Hersfeld, Urt. v. 12.12.2006 – 10 C 705/05, bei Wenning a. a. O.; AG<br />

Hamburg, Urt. v. 04.01.2007 – 51 B C 34/05 und Urt. v. 29.12.2006 – 53 A C 21/05, bei<br />

Wenning a. a. O.), 25 % (OLG Saarbrücken, Urt. v. 17.07.2007 – 4 U 714/03 – 11/05, OLGR<br />

2007, 929, 932 m.w.N.; LG Bonn, Urt. v. 25.04.2007 – 5 S 197/06, NZV 2007, 362, 364 und<br />

Urt. v. 28.02.2007 – 5 S 159/06, juris; AG Pforzhe<strong>im</strong>, Urt. v. 19.12.2006 – 2 C 360/06, bei<br />

Wenning, NZV 2007, 173, 175) und 20 % (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2007 – 13 U<br />

217/06, VersR 2008, 92; OLG Köln, Urt. v. 02.03.2007 – 19 U 181/06, NZV 2007, 199, 201 =<br />

OLGR 2007, 471, 473; LG Freiburg, Urt. v. 07.02.2008 – 3 S 278/06, ZfS 2008, 198, 199; LG<br />

Dortmund, Urt. v. 14.06.2007 – 4 S 129/06, NZV 2008, 93, 95 = ZfS 2007, 565, 568; LG<br />

Chemnitz, Urt. v. 05.01.2007 – 6 S 605/05, NZV 2008, 96 = DAR 2007, 336; OLG Frankfurt,<br />

Beschl. v. 24.07.2006 – 1 U 80/06, bei Wenning, NZV 2007, 173, 174; LG Bonn, Urt. v.<br />

06.11.2006 – 6 S 110/06 und Urt. v. 26.09.2006 – 8 S 44/06, bei Wenning, NZV 2007, 173,<br />

174; AG Rheinberg, Urt. v. 21.02.2007 – 12 C 207/06, bei Wenning, NZV 2007, 173, 175)<br />

gearbeitet.<br />

Im Urt. v. 09.05.2006 (VI ZR 117/05, NZV 2006, 463, 464, Nr. 9) hatte der BGH die Frage<br />

der Berechtigung eines generellen „Zuschlags“ auf den Normaltarif offengelassen und<br />

ausgeführt, etwaige unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters wie<br />

Vorfinanzierungskosten, Risiko des Forderungsausfalls u.a. seien mit der Zahlung eines<br />

Betrages, der 18 % über dem Normaltarif liege, jedenfalls abgegolten.<br />

Huber (NJW 2007, 3784, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 9.10.2007 – VI ZR 27/07, NJW 2007,<br />

3782) geht davon aus, dass der BGH nicht mehr an einem Zuschlag festhält. In der<br />

Entscheidung vom 9.10.2007 (NJW 2007, 7782, 3783, Nr. 8) hat der BGH ausgeführt, dass es<br />

keine Rolle spiele, ob dem Geschädigten außer der Vorfinanzierung der Mietwagenkosten<br />

noch weitere unfallbedingten Mehrleistungen, die eine Tariferhöhung rechtfertigen würden,<br />

zugute kommen. Für den Zuschlag reiche somit nach der Interpretation von Huber allein die<br />

wirtschaftliche Rechtfertigung aus.<br />

25


Wagner (NJW 2007, 2149, 2151 und NJW 2006, 2289, 2294) lehnt einen Zuschlag auf den<br />

„Normaltarif“ ab und empfiehlt den Haftpflichtversicherern, stets nur auf der Basis des<br />

Selbstzahlertarifs abzurechnen.<br />

4. Vorfinanzierung und Einsatz einer Kreditkarte<br />

Ob der Geschädigte zur Erlangung eines – ihm damit „zugänglichen“ - Normaltarifs<br />

verpflichtet ist, die Kosten vorzufinanzieren oder seine Kreditkarte (falls vorhanden)<br />

einzusetzen, ist vom Einzelfall abhängig.<br />

Der BGH (Urt. v. 19.04.2005 – VI ZR 37/04, NJW 2005, 1933, 1935 = NZV 2005, 357,<br />

358/359) hat hierzu ausgeführt, es komme darauf an, ob dem Geschädigten <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) eine derartige Form der Vorfinanzierung (Einsatz<br />

einer EC-Karte oder Kreditkarte, Stellung einer Kaution) möglich und zumutbar ist. Dies<br />

könne angesichts der heutigen wirtschaftlichen Gepflogenheiten nicht generell ausgeschlossen<br />

werden. Die Darlegungs- und Beweislast treffen den Schädiger bzw. dessen<br />

Haftpflichtversicherung, wobei sich je nach dem Inhalt des dortigen Vortrages die sekundäre<br />

Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten ergeben kann.<br />

Auch <strong>im</strong> Urt. v. 06.03.2007 (VI ZR 36/06, NJW 2007, 1676, 1677 = NZV 2007, 290, 291, Nr.<br />

9) hat der BGH ausgeführt, die Frage, ob der Geschädigte zur Erlangung des Normaltarifs<br />

zum Einsatz seiner Kreditkarte oder zu einer sonstigen Art der Vorleistung verpflichtet ist,<br />

könne nicht generell verneint werden; es komme darauf an, ob dem Geschädigten der Einsatz<br />

einer Kreditkarte oder die Stellung einer Kaution möglich und zumutbar ist.<br />

In dem am 14.02.2006 (VI ZR 32/05, NJW 2006, 1508, 1509, Nr. 9) verkündeten Urteil hatte<br />

der Geschädigte den Vortrag der Beklagtenseite, er sei wirtschaftlich dazu <strong>im</strong>stande gewesen,<br />

den Mietzins <strong>im</strong> Voraus zu entrichten und eine Kaution mittels Kreditkarte zu leisten, nicht<br />

bestritten. Auch <strong>im</strong> Urt. v. 20.03.2007 (VI ZR 254/05, NJW 2007, 2122, 2124, Nr. 17, 18) hat<br />

der BGH darauf hingewiesen, es sei Sache des Schädigers, die Behauptung des Geschädigten,<br />

er sei nicht <strong>im</strong> Besitz einer Kreditkarte gewesen, zu widerlegen, wobei den Geschädigten bei<br />

entsprechendem Vortrag eine sekundäre Darlegungslast trifft.<br />

Das LG Dortmund (Urt. v. 14.06.2007 – 4 S 129/06, ZfS 2007, 565, 566) geht davon aus, dass<br />

ein kaufmännischer Angestellter in der Lage ist, eine vom Fahrzeugvermieter angeforderte<br />

Kaution oder einen Vorschuss zu entrichten, selbst wenn er – nach seiner Behauptung – nicht<br />

über eine Kreditkarte verfügt. Das LG Aschaffenburg (Urt. v. 16.03.2006 – 2 S 21/05, NZV<br />

2006, 601, 603) zeigt sich davon überzeugt, dass ein Normaltarif bei den meisten<br />

Mietwagenunternehmen auch ohne Einsatz der Kreditkarte zugänglich ist. Es sei auch<br />

ausgeschlossen, dass Mietwagenunternehmen grundsätzlich nur zum Unfallersatztarif<br />

vermieten. Das LG Darmstadt (Urt. v. 06.07.2005 – 25 S 34/05, NZV 2005, 647, 648; auch<br />

LG Darmstadt, VersR 1995, 1328) und andere Instanzgerichte (OLG Düsseldorf, ZfS 1991,<br />

374; OLG München, NZV 1994, 359; OLG Frankfurt, R + S 1992, 341; LG Dresden, R + S<br />

1994, 339) halten eine Vorfinanzierung <strong>im</strong> üblichen Rahmen für zumutbar.<br />

Von Bühren (NJW 2007, 1677) ist der Auffassung, zur pr<strong>im</strong>ären Beweislast des Geschädigten<br />

gehöre es auch, vorzutragen und zu beweisen, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, eine<br />

Kreditkarte einzusetzen, eine Kaution zu zahlen oder mit den Mietwagenkosten in Vorlage zu<br />

treten. Dies ergebe sich folgerichtig aus dem Ansatz des BGH, wonach der Geschädigte den<br />

Nachweis führen muss, dass ihm die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zum „Normaltarif“<br />

26


aufgrund seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht möglich gewesen wäre<br />

(vgl. etwa BGH, Urt. v. 04.04.2006 – VI ZR 338/04, NJW 2006, 1726, 1727, 1728).<br />

Diese Konsequenz hat der BGH für die Frage des Einsatzes einer Kreditkarte bzw. EC-Karte<br />

aber nicht gezogen!<br />

Wagner (NJW 2006, 2289, 2291) interpretiert die Entscheidungen des BGH zutreffend dahin,<br />

dass den Geschädigten die sekundäre Darlegungs- und Beweislast dahingehend trifft,<br />

darzulegen und zu beweisen, dass er über keine Kreditkarte verfügt bzw. verfügt hat oder der<br />

Gebrauch der Kreditkarte für ihn unzumutbar war, wenn der Schädiger bzw. dessen<br />

Haftpflichtversicherer nachweisen kann, dass ein billigerer Tarif bei Einsatz der Kreditkarte<br />

zur Verfügung gestanden hätte.<br />

5. Abzug ersparter Eigenaufwendungen<br />

In welcher Höhe bei den Mietwagenkosten ein Abzug für „ersparte Eigenaufwendungen“<br />

vorzunehmen ist, ist streitig. Teilweise wird – anlehnend an die ältere Rechtsprechung – ein<br />

Abzug von 15 % vorgenommen (KG, Urt. v. 16.08.2004 – 12 U 115/03, NZV 2005, 46, 47;<br />

OLG Frankfurt, NZV 1990, 265; OLG Saarbrücken, ZfS 1994, 289; OLG Köln, NZV 1990,<br />

429 und NJW-RR 1993, 913 = OLGR 1993, 69; OLG Koblenz, ZfS 1989, 48; OLG Hamm,<br />

VersR 1996, 773; LG Berlin, NZV 2004, 645).<br />

Überwiegend wird ein Abzug von 10 % in Ansatz gebracht (OLG Celle, Urt. v. 24.10.2007 –<br />

14 U 85/07, NJW 2008, 446, 447 = NZV 2008, 145, 146; OLG Jena, Urt. v. 26.4.2007 – 1 U<br />

216/06, OLGR 2007, 985, 988; OLG Köln, Urt. v. 19.06.2006 – 16 U 10/06, NZV 2007, 81,<br />

82; OLG Hamm, Urt. v. 20.03.2000 – 13 U 181/99, VersR 2001, 206, 207 = MDR 2000,<br />

1246; Urt. v. 10.03.2000 – 9 U 128/99, NZV 2000, 376, 377; OLG Celle, Urt. v. 24.10.2007 –<br />

14 U 85/07, DAR 2008, 205, 206und NJW-RR 1993, 1052 sowie NZV 2001, 217; OLG<br />

Frankfurt, NJW-RR 1996, 984; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 987; LG Bonn, Urt. v.<br />

25.04.2007 – 5 S 197/06, NZV 2007, 362, 364; LG Dortmund, Urt. v. 14.06.2007 – 4 S<br />

129/06, NZV 2008, 93, 95 = ZfS 2007, 565, 568).<br />

Teilweise wird ein Abschlag von 5 % für angemessen gehalten (LG Karlsruhe, Urt. v.<br />

24.05.2006 – 1 S 195/04, NZV 2006, 650, 652; OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.11.1997 – 1 U<br />

104/96, NZV 1998, 248, 249 = DAR 1998, 102, 103). Das OLG Stuttgart (Urt. v. 31.03.1994<br />

– 7 U 296/93, NJW-RR 1994, 921; auch LG Siegen, DAR 1996, 365) zieht lediglich 3,5 %<br />

ab.<br />

Mehrere Instanzgerichte halten einen Abzug für ersparte Eigenaufwendungen von nur 3,0 %<br />

für gerechtfertigt (OLG Nürnberg, Urt. v. 10.05.2000 – 9 U 672/00, MDR 2000, 1245 = VersR<br />

2001, 208; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.11.1995 – 13 U 203/93, DAR 1996, 56; LG Aachen,<br />

DAR 2004, 655; LG Bayreuth, DAR 2004, 94).<br />

6. Notreparatur<br />

Unabhängig davon behält natürlich auch die bisherige Rechtsprechung Geltung, wonach der<br />

Ersatz von Mietwagenkosten nicht verlangt werden kann, wenn der Unfallwagen durch eine<br />

Notreparatur innerhalb kürzester Zeit fahrbereit gemacht werden kann, ohne dass dadurch<br />

die Schadensbegutachtung beeinträchtigt wird (OLG Celle, Urt. v. 28.04.2005 – 14 U 243/04,<br />

OLG-Report 2005, 341, 342; ebenso: OLG Frankfurt, VersR 2005, 1742; OLG Köln, NZV<br />

27


1990, 429; OLG Stuttgart, VersR 1981, 1061; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn<br />

37).<br />

7. Mietwagen bei geringem Fahrbedarf<br />

Kann der Geschädigte nach unfallbedingtem Ausfall seines Pkw seinen Fahrbedarf für kurze<br />

Strecken täglich ohne Schwierigkeiten mit einem Taxi decken, so ist die Anmietung eines<br />

Ersatzwagens etwa für sechzehn Tage bei einer Gesamtfahrleistung von 178 km und einem<br />

Kostenaufwand von 1.240,00 € unverhältnismäßig (OLG Hamm, Urt. v. 21.05.2001 – 6 U<br />

243/00, NZV 2002, 82, 83).<br />

Nach h. M. verstößt der Geschädigte gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 II BGB),<br />

wenn er trotz eines Tagesbedarfs von weniger als 20 – 22 km ein Mietfahrzeug für eine<br />

längere Zeit anmietet, anstatt auf eine Beförderung durch Taxis o. a. auszuweichen (OLG<br />

München, NZV 1992, 362; OLG Hamm, NZV 1995, 356: ca. 22 km; OLG Hamm, DAR<br />

2001, 458: 12 km; AG Berlin-Mitte, VersR 2005, 521; OLG Frankfurt, OLGR 1996, 61;<br />

Notthoff, VersR 1996, 1202; auch Greger, NZV 1994, 338 und NZV 1994, 11, 13).<br />

Nach Ansicht des LG Stendal (Urt. v. 20.10.2005 – 22 S 86/05, NJW 2005, 3787, 3788) folgt<br />

der <strong>im</strong> Rahmen der §§ 249, 252 BGB zu ersetzende Fahrbedarf keiner starren 20 km-<br />

Grenze. Vielmehr würde sich die Erforderlichkeit des Fahrbedarfs nach den konkreten<br />

Umständen, die den Lebensbereich des Geschädigten prägen, richten.<br />

Hierzu gehören etwa die Wohnverhältnisse, die in einer Großstadt mit dichtem Netz an<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln anders als <strong>im</strong> ländlichen Bereich zu beurteilen sind, und die<br />

persönlichen Umstände des Geschädigten, der etwa <strong>im</strong> ländlichen Bereich zur Vornahme von<br />

Arztbesuchen, Einkäufen etc. gegenüber einem Großstadtbewohner eher auf die Anmietung<br />

eines Mietfahrzeugs angewiesen sein kann (LG Stendal, NJW 2005, 3787, 3788:<br />

Mietwagenkosten mit „Normaltarif“ auch bei einer Tagesfahrstrecke von weniger als 20 km<br />

zugesprochen).<br />

8. Aufklärungspflicht des Mietwagenunternehmers<br />

Bietet der Autovermieter dem Unfallgeschädigten ein Fahrzeug zu einem Tarif an, der – wie<br />

er weiß oder wissen muss – deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten<br />

Markt liegt, und besteht dadurch die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung des<br />

Schädigers nicht den vollen Betrag übern<strong>im</strong>mt, muss er den Mieter darüber aufklären.<br />

Es kommt nicht darauf an, ob der Vermieter mehrere oder – nach seiner Behauptung – nur<br />

einen einheitlichen Tarif anbietet. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, den Mieter<br />

deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische<br />

Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang<br />

erstattet (BGH, Urt. v. 24.10.2007 – XII ZR 155/05, NZV 2008, 143, 144 = MDR 2008, 205;<br />

Urt. v. 27.06.2007 – XII ZR 53/05, NJW 2007, 2759 = NZV 2007, 515; Urt. v. 07.02.2007 –<br />

28


XII ZR 125/04, NZV 2007, 454, 455 = MDR 2007, 949 = VersR 2007, 809; Urt. v.<br />

10.01.2007 – XII ZR 72/04, NJW 2007, 1447, 1448, Nr. 15 = MDR 2007, 949, 950 = VersR<br />

2007, 1427, 1428; Urt. v. 28.06.2006 – XI ZR 50/04, NJW 2006, 2618, 2621 = NZV 2006,<br />

528, 530, Nr. 29; Beschl. v. 05.10.2006 – XI ZR 50/04, VersR 2007, 80, 81).<br />

In der Instanzrechtsprechung wurde bzw. wird teilweise sogar eine noch weitergehende<br />

Aufklärungspflicht des Vermieters bejaht (OLG Koblenz, NJW-RR 1992, 820: ungefragter<br />

Hinweis auf mögliche Abrechnungsschwierigkeiten gegenüber Versicherungen; LG Bonn,<br />

NZV 1998, 417: ungefragter Hinweis, dass der angebotene UET über den Sätzen liege, die<br />

von den Versicherungen übernommen werden; LG Regensburg, NJW-RR 2004, 455: Hinweis<br />

auf mögliche Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Ansprüche sowie auf günstigere<br />

Normaltarife; AG Frankfurt, NJW-RR 1999, 708: Hinweis auf möglicherweise entstehende<br />

Schwierigkeiten bei der Erstattung und vorhandene günstigere Tarife; AG Düsseldorf, NJW-<br />

RR 2001, 133: Hinweis auf die Besonderheiten des „gespaltenen Tarifmarktes“ und<br />

Schwierigkeiten bei der Erstattung; LG Duisburg, VersR 2005, 520: Aufklärung über die<br />

verschiedenen Tarife; LG Mainz, NZV 2005, 646: Hinweis auf unterschiedliche Tarife und<br />

Möglichkeit, die Kosten geringer zu halten; LG Erfurt, NZV 2006, 90: Hinweis auf<br />

günstigeren Normaltarif; LG Bonn, VersR 2004, 1284: Aufklärung darüber, dass der<br />

angebotene UET über den Sätzen liegt, die von den Haftpflichtversicherern übernommen<br />

werden sowie über vorhandene, günstigere Tarife; AG Hannover, VersR 2004, 1286: Hinweis<br />

auf Möglichkeit der Anmietung zu günstigeren Tarifen: AG Nienburg, VersR 2004, 1286:<br />

Hinweis auf günstigeren Pauschaltarif).<br />

Unterlässt es der Vermieter, den Geschädigten vor der Anmietung darüber aufzuklären, dass<br />

der geforderte Mietpreis über dem Normaltarif liegt und vom gegnerischen Versicherer<br />

möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet wird, ist zu vermuten, dass der<br />

Mieter/Geschädigte den Mietwagen bei ordnungsgemäßer Aufklärung nur zu einem vom<br />

Versicherer nicht beanstandeten Tarif angemietet hätte.<br />

Dem Mieter steht gegenüber dem Vermieter ein Schadensersatzanspruch aus c. i. c. (jetzt §§<br />

241 II, 311 II 1, 249 BGB) bzw. ein Rückerstattungsanspruch aus § 812 I 1 BGB in Höhe des<br />

vom Haftpflichtversicherer (zu Recht) nicht erstatteten Betrages zu, wenn die Aufklärung<br />

nicht oder nicht zutreffend erfolgt ist (LG Coburg, Urt. v. 06.07.2007 – 32 S 11/07, R + S<br />

2007, 348). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Mitarbeiter einer Autovermietung dem<br />

unfallgeschädigten Mieter gegenüber sogar versichern, dass es mit der Regulierung der<br />

Mietwagenkosten „keinerlei Probleme“ geben werde, obwohl dem Unternehmer bekannt ist,<br />

dass der angebotene UET von den Haftpflichtversicherern regelmäßig nicht erstattet wird<br />

(BGH, Urt. v. 10.01.2007 – XI ZR 72/04, NJW 2007, 1447, 1449 = VersR 2007, 1427, 1428).<br />

In Rahmen der erforderlichen Aufklärung ist unter dem „Normaltarif“, den der vom<br />

Vermieter angebotene Tarif deutlich überschreitet, nicht ein best<strong>im</strong>mter, allgemeiner Tarif auf<br />

dem örtlichen Markt zu verstehen, sondern derjenige Tarif, der nicht für Unfallersatzwagen,<br />

sondern <strong>im</strong> Rahmen einer „normalen“ Vermietung verlangt wird. Hierbei ist nicht auf einen<br />

best<strong>im</strong>mten, allgemeinen Tarif auf einem örtlich relevanten Markt abzustellen; vielmehr ist<br />

die Aufklärungspflicht bereits dann zu bejahen, wenn <strong>im</strong> örtlich relevanten Markt für die<br />

„normale“ Anmietung günstigere Tarife angeboten werden (BGH, Beschl. v. 05.10.2006 – XI<br />

ZR 50/04, VersR 2007, 80, Nr. 3).<br />

Der Vermieter ist auch verpflichtet, bei absehbar längerer Reparaturdauer nicht nur nach<br />

den teureren Tagespauschalen abzurechnen, sondern die günstigeren Dreitages- oder<br />

Wochenpauschalen zugrunde zu legen.<br />

29


Er ist auch gehalten, ggf. <strong>im</strong> Nachhinein auf der Basis günstigerer Mehrtagessätze<br />

abzurechnen, wenn sich die ursprünglich ins Auge gefasste Mietzeit z. B. wegen<br />

unvorhergesehen längerer Reparatur- oder Wiederbeschaffungsdauer als zu kurz herausstellt<br />

(OLG Köln, Urt. v. 02.03.2007 – 19 U 181/06, OLGR 2007, 471, 472).<br />

In zeitlicher Hinsicht ist die Aufklärungspflicht des Vermieters jedenfalls ab dem Jahr 2002 zu<br />

bejahen, weil damals mehrere Versicherer dazu übergegangen sind, die Unfallersatztarife<br />

nicht mehr zu bezahlen und dieses Regulierungsverhalten bei den Instanzgerichten<br />

zunehmend Billigung gefunden hat (BGH, Urt. v. 27.06.2007 – XII ZR 53/05, NJW 2007,<br />

2759 = NZV 2007, 515 = VersR 2007, 1428, 1429). Ob der Geschädigte zum Zeitpunkt des<br />

Vertragsabschlusses aufgrund der früheren Rechtsprechung des BGH (z.B. Urt. v. 07.05.1996<br />

– VI ZR 138/95, MDR 1996, 793) einen Anspruch auf Vollerstattung des UET hatte, ist nicht<br />

entscheidungserheblich (BGH, Urt. v. 10.01.2007 – XII ZR 72/04, MDR 2007, 949, 950 =<br />

VersR 2007, 1427, 1428).<br />

III. Reparaturkosten, 130-%-Grenze und Restwert<br />

Zur Frage, in welchem Umfang Reparaturkosten erstattungsfähig sind, wenn der von einem<br />

Sachverständigen geschätzte Reparaturaufwand über bzw. unter dem Wiederbeschaffungswert<br />

liegt und wie der vom Sachverständigen ermittelte Restwert bzw. ein vom<br />

Haftpflichtversicherer des Schädigers unterbreitetes Restwertangebot zu berücksichtigen sind,<br />

sind in den letzten zwei Jahren zahlreiche Entscheidungen des BGH und der<br />

Oberlandesgerichte ergangen. Die Darstellung der Rechtsprechung soll anhand der<br />

nachfolgend gebildeten Fallgruppen erfolgen:<br />

1. Das Kfz wird fachgerecht und vollständig repariert<br />

a. Der Reparaturaufwand überschreitet den Wiederbeschaffungswert nicht<br />

Wird das Fahrzeug tatsächlich repariert und weiterbenutzt, so hat der Geschädigte einen<br />

Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Reparaturkosten entsprechend dem von ihm bzw.<br />

andernfalls vom Haftpflichtversicherer des Schädigers eingeholten<br />

Sachverständigengutachten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts, ggf. auch bis zur<br />

Höhe von 130 % der Wiederbeschaffungskosten (BGH, Urt. v. 13.11.2007 – VI ZR 89/07,<br />

NJW 2008, 437, 438 = MDR 2008, 204 = DAR 2008, 79, 80 = VersR 2008, 134; Urt. v.<br />

27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439 = N ZV 2008, 138, 139 = MDR 2008, 203 = DAR<br />

2008, 81 = VersR 2008, 135;Urt. v. 15.02.2005 – VI ZR 70/04, NJW 2005, 1108 = MDR<br />

2005, 748; Urt. v. 07.06.2005 – VI ZR 192/04, NJW 2005, 2541, 2542; Urt. v. 29.04.2003 –<br />

VI ZR 393/02, NJW 2003, 2085; Urt. v. 05.12.2006 – VI ZR 77/06, NZV 2007, 180, 181 =<br />

ZfS 2007, 328, 329; LG Hamburg, Urt. v. 24.8.2007 – 331 O 28/07, DAR 2007, 707).<br />

Dabei kann der Geschädigte zum Ausgleich seines Fahrzeugschadens, der den<br />

Widerbeschaffungswert um nicht mehr als 30% übersteigt, Reparaturkosten über dem<br />

Widerbeschaffungswert (Widerbeschaffungswert abzüglich Restwert) bei vollständiger und<br />

fachgerechter Reparatur nur verlangen, wenn er das Fahrzeug nach dem Unfall mindestens<br />

sechs Monate weiter nutzt (BGH, Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439 = NZV<br />

2008, 138, 139 = MDR 2008, 203 = DAR 2008, 81 = VersR 2008, 135).<br />

30


Der Geschädigte kann die Reparaturkosten nach seiner Wahl entweder nach tatsächlichem<br />

Anfall – einschließlich der Mehrwertsteuer, sofern er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist<br />

– oder fiktiv auf der Basis des Gutachtens, dann gem. § 249 II 2 BGB ohne Mehrwertsteuer<br />

abrechnen (BGH, Urt. v. 20.06.1989 – VI ZR 334/88, NZV 1989, 465; Urt. v. 15.07.2003 – VI<br />

ZR 361/02, NJW 1989, 3009 = MDR 1990, 41; Urt. v. 15.07.2003 – VI ZR 361/02, NZV<br />

2003, 569; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 18; Greger, NZV 2006, 1, 2).<br />

Wählt er die fiktive Abrechnung, kann er auf der Basis des Gutachtens eines von ihm<br />

beauftragten, anerkannten Sachverständigen abrechnen, sofern dessen Gutachten „hinreichend<br />

ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt<br />

eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden“ (BGH, Urt. v. 20.06.1989 – VI<br />

ZR 334/88, NJW 1989, 3009, 3010 = MDR 1990, 41; Greger, NZV 2006, 1, 2).<br />

Ein Geschädigter verstößt i. d. R. nicht gegen seine Verpflichtung, den Schaden gering zu<br />

halten, wenn er entsprechend den Ausführungen des anerkannten Sachverständigen<br />

verfährt (BGH, Urt. v. 06.03.2007 – VI ZR 120/06, NJW 2007, 1674 = MDR 2007, 831; Urt.<br />

v. 30.05.2006 – VI ZR 174/05, NJW 2006, 2320; LG Mannhe<strong>im</strong>, Urt. v. 22.06.2007 – 1 S<br />

13/07, ZfS 2007, 687, 688; s.u.).<br />

Der Anspruch – einschließlich der Gutachterkosten - besteht grundsätzlich auch dann, wenn<br />

sich das vom Geschädigten in Auftrag gegebene Gutachten als unrichtig erweist (OLG<br />

Naumburg, Urt. v. 20.01.2006 – 4 U 49/05, NZV 2006, 546; KG; DAR 2004, 352; DAR<br />

2003, 318; OLG Hamm, NZV 2001, 433; OLG Saarbrücken, MDR 2003, 685; LG<br />

Saarbrücken, Urt. v. 22.09.2006 – 13 A S 12/06, DAR 2007, 270, 271; AG Dortmund, Urt. v.<br />

31.08.2005 – 104 C 9702/04, DAR 2006, 283; AG Cham, Urt. v. 12.07.2006 – 6 C 66/06,<br />

NZV 2006, 655; s.u.).<br />

Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Gutachten bzw. die Abrechnung des Sachverständigen<br />

offensichtlich fehlerhaft ist (AG Cham, Urt. v. 12.07.2006 – 6 C 66/06, NZV 2006, 655; LG<br />

Saarbrücken a. a. O.: grobe oder offensichtliche Unrichtigkeiten bei der Begutachtung oder<br />

bei der Vergütungsberechnung), oder das Gutachten deshalb unrichtig ist, weil der<br />

Geschädigte dem Sachverständigen ihm bekannte Vorschäden verschwiegen hat (OLG<br />

München, NZV 2006, 261; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 50) oder wenn<br />

dem Geschädigten ein „Auswahlverschulden“ zur Last fällt (OLG Hamm, NZV 1994, 393;<br />

NZV 2001, 433; AG Dortmund, Urt. v. 31.08.2005 – 104 C 9702/04, DAR 2006, 283; LG<br />

Saarbrücken, Urt. v. 22.09.2006 – 13 A S 12/06, DAR 2007, 270, 271). Allein die Tatsache,<br />

dass es sich bei dem Gutachter nicht um einen allgemein vereidigten Sachverständigen<br />

handelt, begründet noch kein Auswahlverschulden des Geschädigten (AG Dortmund, Urt. v.<br />

31.08.2005 – 104 C 9702/04, DAR 2006, 283; OLG Hamm, NZV 2001, 433, 434).<br />

Dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer ist es jedoch unbenommen, substantiierte<br />

Einwendungen gegen die Annahmen des Sachverständigen und dessen Ergebnis zu erheben.<br />

Das Gericht kann nach § 142 ZPO die Vorlage der Reparaturrechnung anordnen, wenn<br />

eine Partei auf sie Bezug genommen hat (Greger, NZV 2006, 1, 2; NJW 2002, 1477, 1478;<br />

Zöller-Greger, 26. Aufl. 2007, § 142 ZPO Rn 1, 2). Im Übrigen kommen „in den kritisch<br />

erscheinenden Posten pauschale Abschläge“ gem. § 287 ZPO in Betracht (BGH, Urt. v.<br />

20.06.1989 – VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009, 3010 = MDR 1990, 41; Greger, NZV 2006, 1,<br />

2).<br />

Erhöhen sich die Reparaturkosten während der Reparatur des Fahrzeugs unvorhersehbar, ggf.<br />

auch erheblich (Prognosefehler), so trägt der Schädiger dieses „Prognoserisiko“, wenn er<br />

31


nach dem Einholen eines Kostenvoranschlags bzw. eines Sachverständigengutachtens<br />

annehmen durfte, durch die Reparatur gegenüber der Ersatzbeschaffung den<br />

kostengünstigeren Weg gewählt zu haben (BGH, Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 314/90, NJW<br />

1992, 302 = NZV 1992, 66, 67; OLG München, NZV 1991, 267; KG, NZV 2005, 46 und<br />

OLG Frankfurt, NZV 2001, 348: auch bei Überschreiten der 130 %-Grenze; Hentschel-<br />

König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 18, 19).<br />

Auch für eine mögliche Schlechtarbeit der Werkstatt haftet der Geschädigte nur bei Vorliegen<br />

eines Auswahlverschuldens bzw. wenn und soweit er die Schlechtarbeit aus zumutbarer<br />

eigener Sorgfalt hätte verhindern können (OLG Hamm, NZV 1995, 442; NZV 1991, 353;<br />

Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 22).<br />

Der Schadenskalkulation dürfen <strong>im</strong> Allgemeinen die Stundenverrechnungssätze einer<br />

Fachwerkstatt zugrunde gelegt werden (BGH, Urt. v. 29.04.2003 – VI ZR 393/02, NJW<br />

2002, 2085, 2086 = MDR 2003, 1334; AG Aachen, NZV 2005, 588; AG Rüdeshe<strong>im</strong>, Urt. v.<br />

28.07.2006 – 2 C 71/06, NZV 2007, 245, 246; siehe aber unten III. 5.).<br />

Liegen die tatsächlichen Kosten einer technisch einwandfrei entsprechend dem<br />

Sachverständigengutachten durchgeführten Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze, so<br />

scheitert der Anspruch nach h. M. nicht daran, dass die vom Sachverständigen geschätzten<br />

Reparaturkosten, etwa bei Inanspruchnahme einer markengebundenen Fachwerkstatt unter<br />

Verwendung von Neuteilen, über der 130 %-Grenze liegen (OLG Frankfurt, DAR 2003, 68;<br />

OLG Düsseldorf, NZV 2001, 475; NZV 1997, 355; OLG Dresden, DAR 2001, 303; LG<br />

Dresden, NZV 2005, 587; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 20 a. E.; a. A. LG<br />

Bremen, NZV 1999, 253; Lemcke, R + S 2002, 269 ff; vgl. auch LG Oldenburg, DAR 2002,<br />

223; OLG Karlsruhe, DAR 1999, 313).<br />

b. Der Reparaturaufwand überschreitet den Wiederbeschaffungswert<br />

Die Rechtsprechung zieht die Grenze, bis zu der Ersatz der Reparaturkosten verlangt werden<br />

kann, für den Regelfall bei 130 % des Wiederbeschaffungswerts, wobei der Restwert <strong>im</strong><br />

Fall der Durchführung der Reparatur außer Ansatz bleibt (BGH, Urt. v. 13.11.2007 – VI ZR<br />

89/07, NJW 2008, 437, 438 = MDR 2008, 208 = NZV 2008, 82 = DAR 2008, 79, 80 = VersR<br />

2008, 134; Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439 = NZV 2008, 138, 139 = MDR<br />

2008, 203 = DAR 2008, 81 = VersR 2008, 135; Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 67/91, NJW 1992,<br />

302, 304 = MDR 1992, 132; Urt. v. 06.03.2007 – VI ZR 120/06, NJW 2007, 1674, 1675 =<br />

MDR 2007, 831; Urt. v. 05.12.2006 – VI ZR 77/06, NZV 2007, 180, 181 = ZfS 2007, 328,<br />

329; Urt. v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05, NJW 2007, 67, 68; KG, NZV 2005, 46; OLG<br />

Frankfurt, DAR 2003, 68; OLG Stuttgart, DAR 2003, 176; OLG Oldenburg, DAR 2004,<br />

226).<br />

Dabei kann der Geschädigte zum Ausgleich seines Fahrzeugschadens, der den<br />

Widerbeschaffungswert um nicht mehr als 30% übersteigt, Reparaturkosten über dem<br />

Widerbeschaffungswert (Widerbeschaffungswert abzüglich Restwert) bei vollständiger und<br />

fachgerechter Reparatur nur verlangen, wenn er das Fahrzeug nach dem Unfall mindestens<br />

sechs Monate weiter nutzt (BGH, Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439 = DAR<br />

2008, 81 = VersR 2008, 135 = NZV 2008, 138, 139).<br />

Liegen die voraussichtlichen Reparaturkosten eines Kraftfahrzeugs mehr als 30 % über dem<br />

Wiederbeschaffungswert (ohne Berücksichtigung des Restwerts), so ist die Instandsetzung<br />

in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig und der Geschädigte kann vom Schädiger nur die<br />

32


Wiederbeschaffungskosten unter Berücksichtigung des Restwerts verlangen (BGH, Urt. v.<br />

10.07.2007 – VI ZR 258/06, NJW 2007, 2917, 2918 = NZV 2007, 564, 565). Das Risiko,<br />

dass die geschätzten Kosten der Reparatur die 130 %-Grenze überschreiten, trägt der<br />

Schädiger, sofern den Geschädigten hieran kein Verschulden (s. o. 1 a.) trifft (BGH, Urt. v.<br />

15.10.1991 – VI ZR 314/90, NJW 1992, 302, 304 = MDR 1990, 41; Greger, NZV 2006, 1, 2).<br />

Der Geschädigte kann sich nicht auf das vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer zu<br />

tragende Werkstatt- oder Prognoserisiko berufen, wenn die Reparaturkosten nach<br />

Durchführung der Reparatur höher als 130 % des Wiederbeschaffungswerts (ohne<br />

Berücksichtigung des Restwerts) liegen, wenn sich bereits aus dem von ihm eingeholten<br />

Sachverständigengutachten ergibt, dass die Reparaturkosten die 130 %-Grenze deutlich<br />

übersteigen (BGH, Urt. v. 10.07.2007 – VI ZR 258/06, NJW 2007, 2917, 2918 = NZV 2007,<br />

564, 565: die Schätzung der Reparaturkosten durch den Sachverständigen lagen ca. 245 %<br />

über dem Wiederbeschaffungswert).<br />

Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug gleichwohl auf einem „alternativen Reparaturweg“<br />

reparieren und gelingt es ihm dabei nicht, das Fahrzeug zu Kosten innerhalb der 130 %-<br />

Grenze vollständig und fachgerecht in den Zustand vor dem Unfall entsprechend den<br />

Ausführungen des Sachverständigen zurückzuversetzen, kann er sich zur Begründung seiner<br />

Reparaturkostenforderung nicht auf ein unverschuldetes Werkstatt- oder Prognoserisiko<br />

berufen (BGH, NJW 2007, 2917, 2918).<br />

Im Übrigen kann der Geschädigte den Ersatz des Reparaturaufwandes bis zu 30 % über dem<br />

Wiederbeschaffungswert (ohne Berücksichtigung des Restwerts) des Fahrzeugs nur<br />

verlangen, wenn die Reparaturen fachgerecht und in dem Umfang durchgeführt worden<br />

sind, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.<br />

Setzt der Geschädigte sein Kraftfahrzeug nicht vollständig und fachgerecht instand, ist die<br />

Erstattung von Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt (BGH,<br />

Urt. v. 10.07.2007 – VI ZR 258/06, NJW 2007, 2917, 2918 = NZV 2007, 564, 565; Urt. v.<br />

15.02.2005 – VI ZR 70/04, NJW 2005, 1108, 1109 = MDR 2005, 748; auch Urt. v.<br />

17.10.2006 – VI ZR 249/05, NJW 2007, 67, 68 = MDR 2007, 334, 335).<br />

Übersteigen die vom Sachverständigen prognostizierten Reparaturkosten den<br />

Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs (ohne Berücksichtigung des Restwerts) um mehr als<br />

30 % oder wird die Reparatur nicht fachgerecht bzw. nicht in dem vom Sachverständigen<br />

dargestellten Umfang durchgeführt, ist der Geschädigte auf den<br />

Wiederbeschaffungsaufwand abzgl. des Restwerts beschränkt (BGH, Urt. v. 17.10.2006 – VI<br />

ZR 249/05, NJW 2007, 67, 68 = MDR 2007, 334, 335; Urt. v. 06.03.2007 – VI ZR 120/06,<br />

VersR 2007, 1145, 1146: Reparaturkosten höher als 130 % des Wiederbeschaffungswerts;<br />

BGH, Urt. v. 10.07.2007 – VI ZR 217/06, NJW 2007, 2918, 2919 = VersR 2007, 1243, 1244<br />

= NZV 2007, 565, 566: Reparaturkosten <strong>im</strong> Bereich bis zu 130 % des<br />

Wiederbeschaffungswertes oder darüber).<br />

Hat der Geschädigte mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zunächst auf der<br />

Grundlage des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungsaufwandes<br />

(Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert zzgl. Nutzungsausfall u.a.) abgerechnet, so ist er an<br />

diese Art der Abrechnung nicht ohne weiteres gebunden. Er kann – sofern der Anspruch<br />

nicht etwa verjährt oder verwirkt ist – die höheren Kosten einer nunmehr tatsächlich<br />

fachgerecht und in einem Umfang durchgeführten Reparatur, wie ihn der Sachverständige zur<br />

Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, innerhalb der 130 %-Grenze erstattet<br />

verlangen, sofern sich nicht ausnahmsweise aufgrund der konkreten Umstände des Falls etwas<br />

33


anderes ergibt (BGH, Urt. v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05, NJW 2007, 67, 69 = MDR 2007,<br />

334, 335, a. A. OLG Celle, Urt. v. 28.03.2006 – 14 U 200/05, OLGR 2006, 482: Wahlrecht<br />

verloren, wenn auf der Basis einer fiktiven Schadensberechnung abgerechnet und keine<br />

Nachforderung vorbehalten wurde).<br />

Lässt der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich reparieren, ist es unerheblich, ob und wann<br />

er danach tatsächlich ein anderes Fahrzeug erwirbt und das reparierte Fahrzeug veräußert. Er<br />

kann Ersatz der Reparaturkosten in diesem Fall jedenfalls dann verlangen, wenn diese den<br />

Wiederbeschaffungswert (ohne Berücksichtigung des Restwertes) nicht übersteigen (BGH,<br />

Urt. v. 05.12.2006 – VI ZR 77/06, NZV 2007, 180, 181 = ZfS 2007, 328, 329: <strong>im</strong><br />

entschiedenen Fall wurde offengelassen, ob dies auch dann gilt, wenn die tatsächlichen<br />

Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, aber unter der 130 %-Grenze<br />

liegen).<br />

Die Qualität der Reparatur spielt solange keine Rolle, als die geschätzten Reparaturkosten den<br />

Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen (BGH, Urt. v. 29.04.2003 – VI ZR 393/02, NJW<br />

2003, 2085 = MDR 2003, 1334; zu den Fällen nicht vollständiger oder qualitativ<br />

minderwertiger Reparatur s. u. zu 2. b).<br />

2. Die Reparatur bleibt qualitativ oder quantitativ hinter den<br />

Anforderungen des Gutachtens zurück<br />

a. Reparaturkosten unterhalb des Wiederbeschaffungswerts<br />

Der Geschädigte kann die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe<br />

des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts verlangen, wenn er das Fahrzeug<br />

tatsächlich reparieren lässt und weiternutzt. Die Qualität der Reparatur spielt jedenfalls<br />

solange keine Rolle, als die geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht<br />

übersteigen (BGH, Urt. v. 29.04.2003 – VI ZR 393/02, NJW 2003, 2085, 2086; ebenso OLG<br />

Düsseldorf, Urt. v. 27.11.2000 – 1 U 2/00, VersR 2003, 520, 521 unter Aufgabe der früheren<br />

Rechtsprechung, Urt. v. 12.02.1996 – 1 U 28/95, R + S 1996, 182 = VersR 1996, 904).<br />

Der Geschädigte kann die vom Sachverständigen geschätzten, den Wiederbeschaffungswert<br />

nicht übersteigenden Reparaturkosten ohne Abzug des Restwertes auch dann verlangen, wenn<br />

er das Fahrzeug – ggf. unrepariert – mindestens sechs Monate nach dem Unfall weiternutzt<br />

(BGH, Urt. v. 13.11.2007 – VI ZR 89/07, NJW 2008, 437, 438 = MDR 2008, 204 = DAR<br />

2008, 79, 80 = VersR 2008, 134; Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439 = NZV<br />

2008, 138, 139 = DAR 2008, 81 = VersR 2008, 135; Urt. v. 23.05.2006 – VI ZR 192/05, NJW<br />

2006, 2179, 2180 = MDR 2006, 1403; Urt. v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05, NJW 2007, 67, 68<br />

= MDR 2007, 334, 335; LG Hamburg, Urt. v. 24.8.2007 – 331 O 28/07, DAR 2007, 707;<br />

Pamer, DAR 2007, 721 – 725 m.w.N.; Staab, NZV 2007, 279, 282).<br />

Bis zum Ablauf der Sechsmonatsfrist ist der Differenzbetrag, also der zum Abzug gebrachte<br />

Restwert sowie die Nutzungsausfallentschädigung, nach h.M. noch nicht fällig<br />

(Heß/Burmann, NJW-Spezial 2007, 207; Heß, NZV 2006, 460; Lemcke, R + S 2007, 207;<br />

Diehl, ZfS 2008, 92: „liegt nahe“; LG Hagen, Urt. v. 16.05.2007 – 7 S 23/07 und AG<br />

Meinerzhagen, Urt. v. 23.2.2007 – 4 C 439/06, VersR 2007, 1265, 1266 mit zust. Anm.<br />

Mergner; LG Köln, Beschl. v. 31.8.2007 – 11 T 179/07, BeckRS 2007, 15757 a.A. aber OLG<br />

Nürnberg, Beschl. v. 7.8.2007 – 2 W 1109/07, ZfS 2007, 444; AG Trier, NJW-RR 2008, 185;<br />

34


AG Frankfurt, Urt. v. 26.9.2007 – 30 C 1342/07, ZfS 2008, 91; Wittschier, NJW 2008, 898,<br />

900 m.w.N.).<br />

Nach anderer Ansicht ist der Anspruch sofort fällig, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug <strong>im</strong><br />

Rahmen der 130%-Grenze vollständig und fachgerecht reparieren lässt, tatsächlich<br />

weiterbenutzt und keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine Weiternutzung für<br />

mindestens sechs Monate nicht beabsichtigt ist, jedenfalls so lange die<br />

Haftpflichtversicherung die innere Tatsache der Weiterbenutzungsabsicht nicht schlüssig<br />

bestreitet (Wittschier, NJW 2008, 898, 900).<br />

Auch hierbei ist der Geschädigte an die fiktive Abrechnung, in der der Restwert zum Abzug<br />

gebracht worden ist, nicht gebunden (BGH, Urt. v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05, NJW 2007,<br />

67, 69 = MDR 2007, 334, 335).<br />

b. Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert, aber innerhalb der<br />

130 %-Grenze<br />

Der Ersatz von Reparaturkosten bis zur Höhe von 30 % über dem<br />

Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs (ohne Berücksichtigung des Restwerts) kann nur<br />

verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird,<br />

wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (BGH, Urt.<br />

v. 10.07.2007 – VI ZR 258/06, NJW 2007, 2917, 2918 = NZV 2007, 564, 565; Urt. v.<br />

15.02.2005 – VI ZR 70/04, NJW 2005, 1108 = MDR 2005, 748; Urt. v. 15.02.2005 – VI ZR<br />

172/04, NJW 2005, 1110, 1111 = NZV 2005, 245, 246; Urt. v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05,<br />

NJW 2007, 67, 68 = MDR 2007, 334, 335; LG Hamburg, Urt. v. 24.8.2007 – 331 O 28/07,<br />

DAR 2007, 707).<br />

Der Geschädigte ist jedoch auf die Kosten der Wiederbeschaffung abzgl. des Restwertes<br />

beschränkt, wenn die Reparatur nicht fachgerecht oder nicht in einem Umfang durchgeführt<br />

wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, falls<br />

die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen (BGH, Urt. v. 06.03.2007 – VI<br />

ZR 120/06, VersR 2007, 1145, 1146: Reparaturkosten höher als 130 % des<br />

Wiederbeschaffungswerts; BGH, Urt. v. 10.07.2007 – VI ZR 217/06, NJW 2007, 2918, 2919<br />

= VersR 2007, 1243, 1244 = NZV 2007, 565, 566: Reparaturkosten <strong>im</strong> Bereich bis zu 130 %<br />

des Wiederbeschaffungswertes oder darüber; Urt. v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05, NJW 2007,<br />

67, 68 = MDR 2007, 334, 335; Urt. v. 15.02.2005 – VI ZR 172/04, NJW 2005, 1110, 1111;<br />

Urt. v. 15.02.2005 – VI ZR 70/04, NJW 2005, 1108 = MDR 2005, 748).<br />

Dies entspricht auch der Auffassung der Instanzgerichte. Das fehlende – und dadurch sogar<br />

widerlegte – Integritätsinteresse wird bei Überschreitung des Wiederbeschaffungswerts bis zu<br />

30 % und zunächst durchgeführter notdürftiger Reparatur auch nicht durch eine spätere<br />

fachgerechte Reparatur dokumentiert, die durch einen anschließenden zweiten Unfall<br />

erforderlich geworden ist (OLG Celle, Urt. v. 09.12.2004 – 14 U 136/04, OLGR 2005, 89).<br />

Bei einer Abrechnung zwischen 100 % und 130 % des Wiederbeschaffungswertes ist das<br />

Integritätsinteresse des Geschädigten nur durch eine Reparatur dargetan, bei der das Fahrzeug<br />

in allen wesentlichen Punkten instand gesetzt worden ist. Dabei ist nicht entscheidend, ob<br />

dieser Erfolg durch Original-Ersatzteile (Neuteile) oder gebrauchte Ersatzteile erreicht<br />

wird.<br />

Es kommt vielmehr darauf an, ob der vor der Beschädigung bestehende Zustand auch durch<br />

den Einbau von Gebrauchtteilen erreicht werden kann, ohne dass deswegen von einer Teil-<br />

35


oder Billigreparatur gesprochen werden kann (OLG Oldenburg, Urt. v. 20.03.2000 – 11 U<br />

92/99, VersR 2001, 997, 998; ebenso hinsichtlich der Verwendung von Neu- bzw.<br />

Gebrauchtteilen OLG Frankfurt, DAR 2003, 68; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.1997 – 1 U<br />

118/96, NZV 1997, 355 und Urt. v. 25.04.2001 – 1 U 9/00, NZV 2001, 475 = VersR 2002,<br />

629; LG Dresden, Urt. v. 30.06.2005 – 7 S 139/05, NZV 2005, 587, 588; a. A. hinsichtlich<br />

der Verwendung von Gebrauchtteilen OLG Frankfurt, Urt. v. 10.12.2001 – 1 U 159/00,<br />

OLGR 2002, 81; LG Berlin, Urt. v. 12.09.2002 – 58 S 579/02, Schaden-Praxis 2003, 19, 20;<br />

OLG Stuttgart, Urt. v. 18.12.2002 – 3 U 172/02, DAR 2003, 176 = VersR 2003, 1321: der<br />

Geschädigte hatte nicht dargetan, ob Original-Ersatzteile eingebaut wurden).<br />

Repariert der Geschädigte das Fahrzeug nicht in allen wesentlichen Punkten fachgerecht, so<br />

steht ihm der Integritätszuschlag (Reparaturkosten bis zur 130 %-Grenze) auch nach Ansicht<br />

der Instanzgerichte nicht zu (OLG Stuttgart, Urt. v. 18.12.2002 – 3 U 172/02, VersR 2003,<br />

1321 = NZV 2003, 340; OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2001 – 13 U 132/01, NZV 2002, 272, 273;<br />

LG Gießen, Urt. v. 13.12.1995 – 1 S 423/95, NJW-RR 1996, 1428, 1429; LG Bonn, Urt. v.<br />

07.07.1999 – 2 S 29/99, VersR 2000, 1296, 1297; LG Kleve, Urt. v. 19.12.1996 – 5 S 189/95,<br />

NJW-RR 1997, 1383; OLG Schleswig, Urt. v. 14.05.1997 – 9 U 95/96, R + S 1997, 461; OLG<br />

Oldenburg, Urt. v. 20.03.2000 – 11 U 92/99, VersR 2001, 997, 998; LG Ulm, Urt. v.<br />

12.03.1997 – 1 S 288/96, MDR 1997, 548; OLG Celle, Urt. v. 09.12.2004 – 14 U 136/04,<br />

OLGR 2005, 89).<br />

Das Integritätsinteresse entfällt, wenn der Geschädigte das Fahrzeug nach einer<br />

„Billigreparatur“, die nicht den Anforderungen des Gutachtens entspricht, alsbald veräußert<br />

(OLG Koblenz, Urt. v. 11.07.2005 – 12 U 702/04, OLGR 2005, 815). Der<br />

Reparaturnachweis kann prozessual etwa durch Vorlage einer Bescheinigung eines<br />

anerkannten Sachverständigen geführt werden (LG Gießen, Urt. v. 13.12.1995 – 1 S<br />

423/95, NJW-RR 1996, 1428).<br />

Bei der Abrechnung auf der Basis des Wiederbeschaffungswertes abzgl. des Restwertes kann<br />

der Geschädigte die Mehrwertsteuer gem. § 249 II 2 BGB nicht beanspruchen (BGH, Urt. v.<br />

15.11.2005 – VI ZR 26/05, NJW 2006, 285, 286 = NZV 2006, 190; Urt. v. 20.04.2004 – VI<br />

ZR 109/03, NJW 2004, 1943, 1944). Die für eine Behelfsreparatur angefallene<br />

Mehrwertsteuer bleibt regelmäßig außer Betracht, da die Kosten der Reparatur bei fiktiver<br />

Abrechnung nicht in Rechnung gestellt werden und eine Kombination von konkreter und<br />

fiktiver Schadensabrechnung nicht zulässig ist (BGH, Urt. v. 15.02.2005 – VI ZR 172/04,<br />

NJW 2005, 1110, 1111 = NZV 2005, 245, 246; Greger, NZV 2006, 1, 3).<br />

3. Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs<br />

Erfolgt die Abrechnung auf der Basis des Wiederbeschaffungswerts abzgl. des Restwerts,<br />

etwa weil die 130 %-Grenze überschritten, bei einer Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze<br />

nur eine Teil- oder Billigreparatur durchgeführt worden ist, kann der Geschädigte den in dem<br />

Sachverständigengutachten ausgewiesenen Brutto-Wiederbeschaffungswert abzgl. des<br />

Restwerts des Unfallfahrzeugs auch dann verlangen, wenn er kein völlig gleichartiges,<br />

sondern teureres Fahrzeug angeschafft hat (BGH, Urt. v. 01.03.2005 – VI ZR 91/04, NZV<br />

2005, 512, 513; Greger, NZV 2006, 1, 3).<br />

Ob und in welcher Höhe in dem vom Sachverständigen ausgewiesenen Brutto-<br />

Wiederbeschaffungswert und in dem vom Geschädigten aufgewendeten Kaufpreis<br />

Umsatzsteuer enthalten ist, hat hier keine Bedeutung, da nicht fiktiv abgerechnet wird,<br />

sondern der für den tatsächlich durchgeführten Ersatzkauf aufgewendete Betrag infrage steht<br />

36


(BGH, Urt. v. 01.03.2005 – VI ZR 91/04, NZV 2005, 512; Greger, NZV 2006, 1, 6). Lässt der<br />

Geschädigte sein unfallbeschädigtes Fahrzeug nicht reparieren, sondern realisiert er durch<br />

dessen Veräußerung in unrepariertem Zustand dessen Restwert und erwirbt er ein<br />

Ersatzfahrzeug, ist der ersatzfähige Schaden stets durch den Wiederbeschaffungsaufwand<br />

(abzgl. des Restwertes) begrenzt (BGH, Urt. v. 07.06.2005 – VI ZR 192/04, NJW 2005, 2541,<br />

2542; Urt. v. 15.02.2005 – VI ZR 70/04, NJW 2005, 1108 = MDR 2005, 748).<br />

Die in der Instanzrechtsprechung und der Literatur vertretene Auffassung, dem Geschädigten<br />

die fiktiven Reparaturkosten stets dann zuzubilligen, wenn diese – ohne Berücksichtigung des<br />

Restwertes – jedenfalls 70 % des Wiederbeschaffungswerts nicht übersteigen (vgl. etwa LG<br />

Osnabrück, DAR 1993, 265, 266; AG Sigmaringen, MDR 2000, 1430; AG Nordhorn, DAR<br />

2000, 413; Pamer, NZV 2000, 490; Steffen, DAR 1997, 297, 301 und DAR 2002, 6, 9;<br />

Lemcke, R + S 2002, 265, 270) wird vom BGH abgelehnt (BGH, Urt. v. 07.06.2005 – VI ZR<br />

192/04, NJW 2005, 2541, 2542 = NZV 2005, 453, 454).<br />

Durch die Abrechnung auf der Basis des Wiederbeschaffungswerts abzgl. des Restwerts<br />

ist der Geschädigte jedoch – auch ohne einen Vorbehalt der Nachforderung – nicht<br />

gebunden. Er kann – <strong>im</strong> Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen für eine solche<br />

Abrechnung und der Verjährung – die höheren Kosten einer nachträglich durchgeführten,<br />

tatsächlichen Reparatur des beschädigten Fahrzeugs verlangen, sofern sich nicht aufgrund der<br />

konkreten Umstände des Regulierungsgeschehens, etwa einer vom Geschädigten<br />

unterzeichneten Abfindungserklärung, nichts Abweichendes ergibt (BGH, Urt. v. 17.10.2006<br />

– VI ZR 249/05, NJW 2007, 67, 68 = MDR 2007, 334, 335; Urt. v. 23.05.2006 – VI ZR<br />

192/05, NZV 2006, 459, 460 = MDR 2006, 1403).<br />

Bei der Abrechnung auf der Basis des Wiederbeschaffungswerts (abzgl. des von der<br />

gegnerischen Haftpflichtversicherung zunächst zum Abzug gebrachten Restwertes) kann der<br />

Geschädigte die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten dann bis zur Höhe des<br />

Wiederbeschaffungswertes ohne Abzug des Restwerts verlangen, wenn er das Fahrzeug – ggf.<br />

unrepariert – mindestens sechs Monate nach dem Unfall weiternutzt (BGH, Urt. v.<br />

23.05.2006 – VI ZR 192/05, NJW 2006, 2179, 2180 = MDR 2006, 1403, 1404; Urt. v.<br />

13.11.2007 – VI ZR 89/07, NJW 2008, 437, 438 = MDR 2008, 204 = DAR 2008, 79, 80; Urt.<br />

v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439 = NZV 2008, 138, 139 = DAR 2008, 81; Staab,<br />

NZV 2007, 279, 282).<br />

Die Sechsmonatsfrist, nach deren Ablauf die vom Sachverständigen geschätzten<br />

Reparaturkosten verlangt werden können, gilt sowohl für die Fälle, in denen der<br />

Fahrzeugschaden den Widerbeschaffungswert (abzüglich Restwert) nicht übersteigt und der<br />

Geschädigte sein Fahrzeug ohne oder bei unvollständiger bzw. nicht fachgerechter Reparatur<br />

(mindestens sechs Monate lang) weiterbenutzt (BGH, Urt. v. 23.05.2006 – VI ZR 192/05,<br />

NJW 2006, 2179, 2180: ohne Reparaturnachweis bei Nutzung über sechs Monate Netto-<br />

Reparaturkosten), als auch in den Fällen, in welchen die Reparaturkosten über dem<br />

Widerbeschaffungsaufwand (Widerbeschaffungskosten abzüglich Restwert) liegen und eine<br />

vollständige, fachgerechte Reparatur entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen<br />

durchgeführt wurde (BGH, Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439 = NZV 2008,<br />

138, 139: bei Nutzung über sechs Monate und Reparaturnachweis Brutto-Reparaturkosten<br />

zzgl. Nutzungsausfall).<br />

Bis zum Ablauf der Sechsmonatsfrist ist der Differenzbetrag zwischen der Abrechnung nach<br />

Wiederbeschaffungsaufwand und Wiederbeschaffungswert, also der zum Abzug gebrachte<br />

Restwert und ggf. die Nutzungsausfallentschädigung, nach h.M. noch nicht fällig<br />

37


(Heß/Burmann, NJW-Spezial 2007, 207; Heß, NZV 2006, 460; Lemcke, R + S 2007, 207;<br />

Diehl, ZfS 2008, 92: „liegt nahe“; LG Hagen, Urt. v. 16.05.2007 – 7 S 23/07 und AG<br />

Meinerzhagen, Urt. v. 23.2.2007 – 4 C 439/06, VersR 2007, 1265, 1266 mit zust. Anm.<br />

Mergner; LG Köln, Beschl. v. 31.8.2007 – 11 T 179/07, BeckRS 2007, 15757 a.A. OLG<br />

Nürnberg, Beschl. v. 7.8.2007 – 2 W 1109/07, ZfS 2007, 444 = DAR 2007, 27, 28; AG Trier,<br />

NJW-RR 2008, 185; AG Frankfurt, Urt. v. 26.9.2007 – 30 C 1342/07, ZfS 2008, 91;<br />

Wittschier, NJW 2008, 898, 900 m.w.N.).<br />

Rechnet der Geschädigte aber <strong>im</strong> Rahmen der 130%-Grenze nicht auf Gutachterbasis,<br />

sondern konkret nach der vorliegenden Reparaturrechnung ab, kann sich der<br />

Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht darauf berufen, es sei zunächst nur der<br />

Widerbeschaffungswert zu erstatten, die Differenz zu den vollen Reparaturkosten aber erst<br />

nach weiterer Nutzung des Fahrzeugs für sechs Monate (OLG Celle, Beschl. v. 22.1.2008 – 5<br />

W 102/07, NJW 2008, 928; LG Hamburg, Urt. v. 24.8.2007 – 331 O 28/07, DAR 2007, 707).<br />

Nach anderer Ansicht ist der Anspruch sofort fällig, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug <strong>im</strong><br />

Rahmen der 130%-Grenze vollständig und fachgerecht reparieren lässt, tatsächlich<br />

weiterbenutzt und keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine Weiternutzung für<br />

mindestens sechs Monate nicht beabsichtigt ist, jedenfalls so lange die<br />

Haftpflichtversicherung die innere Tatsache der Weiterbenutzungsabsicht nicht schlüssig<br />

bestreitet (Wittschier, NJW 2008, 898, 900).<br />

Das OLG Nürnberg (Beschl. 07.08.2007 – 2 W 1109/07, DAR 2008, 27, 28) hält den<br />

Anspruch des Geschädigten mit Durchführung der Reparatur für fällig; allerdings könne er<br />

sein Integritätsinteresse vor Ablauf der Sechsmonatsfrist i.d.R. noch nicht ausreichend<br />

nachweisen.<br />

4. Anrechnung des vom Sachverständigen ermittelten Restwertes<br />

Zur Frage, ob und in welchem Umfang der Geschädigte auf der Basis des von ihm bzw. vom<br />

Versicherer beauftragten Sachverständigen ermittelten Restwertes abrechnen kann, hat der<br />

BGH in mehreren Entscheidungen Folgendes ausgeführt:<br />

Benutzt der Geschädigte das unfallbeschädigte, aber fahrtaugliche und verkehrssichere<br />

Fahrzeug – ggf. nach einer Teilreparatur – weiter, ist bei der Abrechnung nach den fiktiven<br />

Wiederbeschaffungskosten abzgl. des Restwerts sowohl <strong>im</strong> Fall eines wirtschaftlichen<br />

Totalschadens (Reparaturkosten höher als 130 % des Wiederbeschaffungswerts) als auch<br />

dann, wenn sich die geschätzten Reparaturkosten in einem Bereich bis zu 130 % des<br />

Wiederbeschaffungswerts bewegen, der in einem Sachverständigengutachten für den<br />

regionalen Markt ermittelte Restwert in Abzug zu bringen (BGH, Urt. v. 06.03.2007 – VI<br />

ZR 120/06, NJW 2007, 1674, 1675 = MDR 2007, 831, 832 = VersR 2007, 1145, 1146:<br />

38


Reparaturkosten höher als 130 % des Wiederbeschaffungswerts; BGH, Urt. v. 10.07.2007 –<br />

VI ZR 217/06, NJW 2007, 2918, 2919 = VersR 2007, 1243, 1244 = NZV 2007, 565, 566:<br />

Reparaturkosten <strong>im</strong> Bereich bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes oder darüber; BGH,<br />

Urt. v. 12.07.2005 – VI ZR 132/04, NJW 2005, 3134 = MDR 2006, 148; LG Mannhe<strong>im</strong>, Urt.<br />

v. 22.06.2007 – 1 S 13/07, ZfS 2007, 687, 688).<br />

Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für<br />

Restwertaufkäufer <strong>im</strong> Internet in Anspruch zu nehmen. Auch kann er vom Schädiger bzw.<br />

dessen Haftpflichtversicherung nicht auf einen höheren Restwerterlös verwiesen werden, der<br />

auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertaufkäufer erzielt werden könnte, den er<br />

aber wegen der tatsächlichen, ihm zustehenden Weiternutzung des Fahrzeugs nicht realisieren<br />

kann (BGH, Urt. v. 10.07.2007 – VI ZR 217/06, NJW 2007, 2918, 2919 = VersR 2007, 1243,<br />

1244 = NZV 2007, 565, 566; Urt. v. 06.03.2007 – VI ZR 120/06, NJW 2007, 1674, 1675 =<br />

MDR 2007, 831, 832 = VersR 2007, 1145, 1146; Urt. v. 12.07.2005 – VI ZR 132/04, NJW<br />

2005, 3134 = MDR 2006, 148, 149; Urt. v. 07.12.2004 – VI ZR 119/04, NJW 2005, 357, 358<br />

= MDR 2005, 330; LG Mannhe<strong>im</strong>, Urt. v. 22.06.2007 – 1 S 13/07, ZfS 2007, 687, 688; OLG<br />

Düsseldorf, Urt. v. 15.10.2007 – 1 U 267/06, BeckRS 2007, 18612 = NJW-Spezial 2007,<br />

603: der Geschädigte muss keine einene Initiative ergreifen; a. A. noch OLG Düsseldorf, Urt.<br />

v. 07.06.2004 – 1 U 12/04, NZV 2004, 584: Internet-Angebote können unter best<strong>im</strong>mten<br />

Voraussetzungen geeignet sein, eine Schadensminderungspflicht des Geschädigten zu<br />

begründen).<br />

Der Geschädigte muss sich einen höheren Erlös jedoch anrechnen lassen, den er bei<br />

tatsächlicher Inanspruchnahme eines solchen Sondermarktes ohne besondere<br />

Anstrengungen erzielt (BGH, Urt. v. 07.12.2004 – VI ZR 119/04, NJW 2005, 357, 358 =<br />

MDR 2005, 330; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.10.2007 – 1 U 267/06, BeckRS 2007, 18612 =<br />

NJW-Spezial 2007, 603). Vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer darzulegende<br />

und zu beweisende Umstände können dem Geschädigten jedoch Veranlassung geben,<br />

günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen (BGH, Urt. v. 12.07.2005 – VI ZR<br />

132/04, NJW 2005, 3134, 3135 = MDR 2006, 148, 149; Urt. v. 30.11.1999 – VI ZR 219/98,<br />

NJW 2000, 800, 802 = MDR 2000, 330, 331; LG Mannhe<strong>im</strong>, Urt. v. 22.06.2007 – 1 S 13/07,<br />

ZfS 2007, 687, 688). Der bloße Hinweis des Haftpflichtversicherers des Schädigers auf eine<br />

preisgünstigere Möglichkeit der Verwertung, um deren Realisierung sich der Geschädigte<br />

indes noch bemühen muss, genügt grundsätzlich nicht, um eine<br />

Schadensminderungsobliegenheit auszulösen (BGH, Urt. v. 30.11.1999 – VI ZR 219/98, NJW<br />

2000, 800, 802).<br />

Solange sich ein Restwertaufkäufer nicht dazu bereiterklärt, das Fahrzeug vor Ort be<strong>im</strong><br />

Geschädigten abzuholen und den Kaufpreis dabei zu entrichten, braucht sich der<br />

Geschädigte auf eine derartige Verwertungsmöglichkeit nicht einzulassen (BGH, Urt. v.<br />

30.11.1999 – VI ZR 219/98, NJW 2000, 800, 802).<br />

Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer sind <strong>im</strong> Prozeß aber nicht an dem<br />

Vorbringen gehindert, auf dem regionalen Markt hätte ein höherer Restwert erzielt werden<br />

müssen (BGH, Urt. v. 30.05.2006 – VI ZR 174/05, NJW 2006, 2320 = NZV 2006, 461; Urt.<br />

v. 12.07.2005 – VI ZR 132/04, NJW 2005, 3134, 3135 = MDR 2006, 148, 149; OLG<br />

Düsseldorf, Urt. v. 15.10.2007 – 1 U 267/06, BeckRS 2007, 18612 = NJW-Spezial 2007,<br />

603).<br />

Auf ein höheres Restwertangebot eines zur Abholung und Barzahlung bereiten Aufkäufers<br />

kann sich die Haftpflichtversicherung aber nur berufen, wenn sie dem Geschädigten das<br />

39


Restwertangebot vor dem Verkauf des Fahrzeugs zum Schätzwert des Sachverständigen<br />

übermittelt hat, wofür sie beweispflichtig ist (LG Mannhe<strong>im</strong>, Urt. v. 22.06.2007 – 1 S 13/07,<br />

ZfS 2007, 687, 688). Weigert sich der Geschädigte, den von ihm tatsächlich erzielten<br />

Restwerterlös mitzuteilen, so ist das Restwertangebot des Schädigers der Abrechnung<br />

zugrunde zulegen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.01.2007 – 1 U 102/06, NJW-Spezial 2007,<br />

211; auch BGH NJW 2005, 357).<br />

Aus dem „Umkehrschluss“ der Ausführungen des BGH <strong>im</strong> Urt. v. 30.11.1999 (VI ZR 219/98,<br />

NJW 2000, 800, 802) ergibt sich, dass der Geschädigte gem. § 254 II BGB gehalten ist, das<br />

verbindliche Restwertangebot des Kfz-Haftpflichtversicherers des Schädigers anzunehmen,<br />

wenn der benannte Aufkäufer den Unfallwagen kostenfrei und Zug um Zug gegen<br />

Zahlung des Kaufpreises be<strong>im</strong> Geschädigten abholt und der Geschädigte lediglich<br />

schriftlich oder telefonisch einen Abholtermin vereinbaren muss (so etwa OLG<br />

Düsseldorf, Urt. v. 15.10.2007 – 1 U 267/06, BeckRS 2007, 18612 = NJW-Spezial 2007,<br />

603; LG Erfurt, Urt. v. 09.11.2006 – 1 S 227/06, NZV 2007, 361; AG Frankfurt, Urt. v.<br />

30.06.2006 – 31 C 944/06, NZV 2007, 361, 362; LG Wuppertal, Urt. v. 15.08.2003 – 10 S<br />

42/03, zitiert nach Juris; AG Flensburg, Urt. v. 15.01.2001 – 65 C 170/00, zitiert nach Juris,<br />

jeweils unter Berufung auf BGH, NJW 2000, 800, 802; Staab, NZV 2006, 456, 457/458: der<br />

Geschädigte ist beweispflichtig dafür, dass ihm kein anderer Restwert zugänglich war;<br />

Heß/Burmann, NJW-Spezial 2007, 207, 208: annahmefähiges und mühelos realisierbares<br />

Restwertangebot ist <strong>im</strong> Rahmen der Schadensminderungspflicht anzunehmen).<br />

Ob ein Geschädigter schon dann gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, wenn er <strong>im</strong><br />

Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens sein beschädigtes Fahrzeug zum Restwertbetrag<br />

aus dem Sachverständigengutachten umgehend veräußert, ohne abzuwarten, ob der<br />

Haftpflichtversicherer nach Empfang des Gutachtens ein höheres Restwertangebot<br />

übermittelt, ist streitig (kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht: OLG<br />

Düsseldorf, Urt. v. 19.12.2005 – I-1 U 128/05, VersR 2006, 1657, 1659 in Abweichung von<br />

OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.06.2004 – 1 U 12/04, NZV 2004, 584; BGH, Urt. v. 12.07.2005 –<br />

VI ZR 132/04, NJW 2005, 3134, 3135: der Geschädigte ist nicht verpflichtet, die<br />

Versicherung über die beabsichtigte Veräußerung zu informieren und ihr Gelegenheit zu<br />

geben, ein höheres Angebot zu unterbreiten; LG Mannhe<strong>im</strong>, Urt. v. 22.06.2007 – 1 S 13/07,<br />

ZfS 2007, 687, 688: nur bei rechtzeitiger Übermittlung eines annahmefähigen<br />

Restwertangebotes vor Verkauf des Fahrzeugs zum Schätzwert des Gutachters; Verstoß<br />

gegen die Schadensminderungspflicht bejaht: OLG Köln, Urt. v. 14.02.2005 – 15 U<br />

191/04, Verkehrsrecht aktuell 2005, 135 = Schaden-Praxis 2005, 196; LG Erfurt, Urt. v.<br />

09.11.2006 – 1 S 227/06, NZV 2007, 361: Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht,<br />

wenn der Geschädigte bereits einen Tag nach dortigem Zugang des<br />

Sachverständigengutachtens ein konkretes Angebot zur Abholung und Barzahlung erhält;<br />

OLG Hamm, NZV 1992, 363, 364; LG Köln, ZfS 2005, 240).<br />

N<strong>im</strong>mt man den Hinweis des BGH <strong>im</strong> Urt. v. 30.11.1999 (VI ZR 219/98, NJW 2000, 800,<br />

802) ernst, wonach sich der Geschädigte auf ein höheres Restwertangebot mit Abholung und<br />

Zahlung durch den Restwertaufkäufer vor Ort <strong>im</strong> Rahmen des § 254 II BGB einlassen muss,<br />

ist es logisch zwingend, dass dem Haftpflichtversicherer nach Zugang des<br />

Sachverständigengutachtens zumindest zwei Werktage zugestanden werden müssen, dem<br />

Geschädigten ein solches, annahmefähiges Angebot auch zu unterbreiten (für einwöchige<br />

Wartefrist LG Erfurt, Urt. v. 09.11.2006 – 1 S 227/06, NZV 2007, 361).<br />

5. Stundensätze einer markengebundenen Fachwerkstatt;<br />

40


UPE-Aufschläge<br />

Auch bei der Abrechnung auf Gutachtenbasis sind nach Ansicht zahlreicher Instanzgerichte<br />

die Stundenverrechnungssätze, UPE-Aufschläge und Verbringungskosten zu ersetzen,<br />

wie sie bei einer Reparatur in einer örtlichen, markengebundenen Fachwerkstatt anfallen<br />

würden (AG Berlin-Mitte, Urt. v. 27.11.2007 – 111 C 3246/06, NJW 2008, 529, 530 = NZV<br />

2008, 207; AG Frankfurt / Main, Urt. v. 05.11.2007 – 30 C 2225/07-75, DAR 2008, 92 =<br />

BeckRS 2007, 18736; AG Wuppertal, Urt. v. 11.01.2008 – 32 C 197/07, ZfS 2008, 199, 200<br />

mit zust. Anm. Diehl: Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt,<br />

UPE-Aufschläge; AG Hamm, Urt. v. 28.08.2005 – 16 C 139/05, NZV 2005, 649:<br />

Stundenverrechnungssätze, UPE-Aufschläge, Verbringungskosten; LG Aachen, Urt. v.<br />

07.04.2005 – 6 S 200/04, NZV 2005, 649: UPE-Aufschläge; AG München, Urt. v. 29.12.2006<br />

– 343 C 27708/06, NZV 2007, 580: fiktive Stundenverrechnungssätze der markengebundenen<br />

Fachwerkstatt; AG Rüdeshe<strong>im</strong>, Urt. v. 28.07.2006 – 2 C 71/06, NZV 2007, 245 = ZfS 2007,<br />

30: UPE-Aufschläge, Verbringungskosten; AG Aachen, Urt. v. 25.07.2005 – 5 C 81/05, NZV<br />

2005, 588: fiktive Kosten für Karosserie- und Lackierungsarbeiten einer markengebundenen<br />

Fachwerkstatt; OLG Düsseldorf, DAR 2002, 68 = NZV 2002, 87 für Verbringungskosten;<br />

OLG Dresden, DAR 2001, 455: Verbringungskosten; LG Wiesbaden, DAR 2001, 36:<br />

Verbringungskosten; Engel, DAR 2007, 695, 697 m.w.N. in Fn. 15; a. A. aber AG Steinfurt,<br />

Urt. v. 18.05.2007 – 21 C 230/07, NZV 2007, 579 und AG Bad Freienwalde, Urt. v.<br />

11.05.2007 – 22 C 56/06, NZV 2007, 579, 580 m.w.N.: keine Ersatzfähigkeit fiktiver<br />

Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt; AG Neumünster, ZfS 2002,<br />

179 für Verbringungskosten; AG Mannhe<strong>im</strong>, Urt. v. 10.11.2006 – 12 C 316/06, NZV 2007,<br />

311, 312 für Ersatzteilaufschläge; Wenker, VersR 2005, 918).<br />

Der BGH hatte am 29.04.2003 (VI ZR 398/02, NJW 2003, 2086, 2087 = DAR 2003, 373,<br />

374) <strong>im</strong> sog. „Porsche-Urteil“ entschieden, dass der Geschädigte auch bei fiktiver<br />

Abrechnung grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten einer<br />

markengebundenen Fachwerkstatt hat. Der BGH hat aber gleichzeitig darauf hingewiesen,<br />

„dass der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche, günstigere und<br />

gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss“ (BGH, NJW<br />

2003, 2086, 2087). Allerdings hatte der BGH einen „Altfall“ zu entscheiden, bei dem das<br />

System der markengebundenen Werkstätten noch teilweise Bestand hatte. Seitdem haben sich<br />

der Markt durch Deregulierung und der Wettbewerb aber rechtlich und wirtschaftlich<br />

weiterentwickelt. Nach der Aufhebung der Markenbindung durch die<br />

Gruppenfreistellungsverordnung GVO 1400/2002 der EU-Kommission können auch<br />

markenungebundene Werkstätten Orginalersatzteile vom Hersteller beziehen.<br />

Zahlreiche ehemals markengebundene Vertragshändler arbeiten nach der Kündigung ihrer<br />

Verträge als freie Fachwerkstätten weiter. Bei der Reparatur von Karosserieschäden besteht<br />

deshalb kein sachlicher Grund mehr, eine in der Nähe gelegene markenungebundene<br />

Fachwerkstatt auf der Ebene des Schadensersatzes nicht als gleichwertig anzusehen<br />

(Heß/Burmann, NJW-Spezial 2007, 19 und NJW-Spezial 2007, 443; AG Bad Freienwalde,<br />

Urt.v. 11.05.2007 – 22 C 56/06, NZV 2007, 579, 580 m.w.N.).<br />

Dementsprechend gehen die Instanzgerichte jedenfalls für die nach dem Jahr 2003<br />

eingetretenen Schäden überwiegend davon aus, der Geschädigte müsse sich – jedenfalls bei<br />

fiktiver Schadensabrechnung – auf eine mühelos und ohne weiteres zugängliche<br />

günstigere, gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen (LG Berlin, Urt. v.<br />

21.06.2006 – 58 S 75/06, NZV 2006, 656 = NJW-RR 2007, 20, 21: günstigerer Kfz-Meister<br />

und Karosseriefachbetrieb in 3 km Entfernung; LG Münster, Urt. v. 11.12.2007 – 9 S 187/07,<br />

41


NZV 2008, 207: Dekra-Zertifizierte Werkstatt in 10 km Entfernung zumutbar; LG Potsdam,<br />

Urt. v. 23.01.2008 – 13 S 102/07, NZV 2008, 254: gleichwertige Werkstatt, Verwendung von<br />

Orginalteilen; LG Heidelberg, Schaden-Praxis 2006, 248; LG Essen, Urt. v. 09.05.2006 – 15 S<br />

56/06; AG Steinfurt, Urt. v. 18.05.2007 – 21 C 230/07, NZV 2007, 579; AG Bad Freienwalde,<br />

Urt. v. 11.05.2007 – 22 C 56/06, NZV 2007, 579, 580 m.w.N.; AG Dortmund, Urt. v.<br />

07.06.2005 – 121 C 909/05 und AG Göttingen, Urt. v. 07.03.2007 – 25 C 11/07: günstigere<br />

und gleichwertige Reparaturmöglichkeit bei fiktiver Abrechnung; Martis/Enslin, MDR 2008,<br />

6, 14; a. A. aber LG Bochum, Schaden-Praxis 2006, 285; AG Gelsenkirchen, Urt. v.<br />

21.06.2007 – 32 C 100/07, NZV 2008, 208; AG Aachen, Urt. v. 09.11.2005 – 8 C 318/05,<br />

DAR 2006, 332, 333: nur günstigere Reparaturmöglichkeit durch eine markengebundene<br />

Vertragswerkstatt beachtlich; AG Nürtingen, Urt. v. 14.12.2006 – 12 C 1392/06, NJW 2007,<br />

1143: auch bei fiktiver Abrechnung Anspruch auf Stundensatz der markengebundenen<br />

Fachwerkstatt; AG München, Urt. v. 29.12.2006 – 343 C 27708/06, NZV 2007, 580: fiktive<br />

Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt jedenfalls dann<br />

erstattungsfähig, wenn die günstigere Werkstatt nicht mühelos und ohne weiteres zugänglich<br />

ist, etwa bei einer Entfernung von mehr als 20 km von dem <strong>im</strong> Stadtzentrum von München<br />

wohnenden Geschädigten; AG Wuppertal, Urt. v. 11.01.2008 – 32 C 197/07, ZfS 2008, 199,<br />

200: Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt, UPE-Aufschläge;<br />

Diehl, ZfS 2008, 201; Engel, DAR 2007, 695, 697 m.w.N.).<br />

IV. Mehrwertsteuer<br />

Im Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens an einem Kfz hat der Geschädigte unter Geltung<br />

des § 249 II BGB nur dann einen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer, wenn er eine<br />

Ersatzbeschaffung vorgenommen oder – ungeachtet der Unwirtschaftlichkeit einer<br />

Instandsetzung – sein beschädigtes Fahrzeug repariert hat und wenn tatsächlich Umsatzsteuer<br />

angefallen ist (BGH, Urt. v. 20.04.2004 – VI ZR 109/03, NJW 2004, 1943; Urt. v. 18.05.2004<br />

– VI ZR 267/03, NJW 2004, 2086; Urt. v. 15.11.2005 – VI ZR 26/05, NJW 2006, 285, 286).<br />

Angefallen ist die Mehrwertsteuer, wenn sie vom Geschädigten aufgewendet werden musste;<br />

eine fiktive Mehrwertsteuer ist gem. § 249 II 2 BGB nicht (mehr) erstattungsfähig (vgl.<br />

BGH, Urt. v. 01.03.2005 – VI ZR 91/04, NJW 2005, 2220; Urt. v. 09.05.2006 – VI ZR<br />

225/05, NJW 2006, 2181 = NZV 2006, 462).<br />

Will der Geschädigte seinen Schaden fiktiv auf der Grundlage eines<br />

Sachverständigengutachtens abrechnen, so ist von einem dort angegebenen Brutto-<br />

Wiederbeschaffungswert eine darin enthaltene Umsatzsteuer abzuziehen. Hierfür hat der<br />

Tatrichter zu klären, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach<br />

§ 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25 a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit<br />

umsatzsteuerfrei angeboten werden (BGH, Urt. v. 01.03.2005 – VI ZR 91/04, NJW 2005,<br />

2220; Urt. v. 09.05.2006 – VI ZR 225/05, NJW 2006, 2181 = NZV 2006, 462; Heinrich, NJW<br />

2005, 2749, 2750 mit Berechnungsbeispielen; Huber, NZV 2006, 576, 577; Unterreitmeier,<br />

NZV 2004, 329, 333 ff mit Berechnungsbeispielen; Heß, NZV 2004, 1 – 7 mit<br />

Berechnungsbeispielen).<br />

Der jeweilige Wert hängt <strong>im</strong> Rahmen der Schadenschätzung (§ 287 ZPO) <strong>im</strong> konkreten Fall<br />

von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ab, mit der das Fahrzeug diesbezüglich auf dem<br />

Gebrauchtwagenmarkt gehandelt wird, ob es also überwiegend regelbesteuert (dann 19 %,<br />

vormals 16 % Abzug) oder differenzbesteuert erfolgt (BGH, Urt. v. 09.05.2006 – VI ZR<br />

225/05, NJW 2006, 2181, 2182; LG Hamburg, Urt. v. 11.10.2007 – 323 S 34/07, DAR 2008,<br />

31).<br />

42


Der Vorschlag von Huber (NZV 2004, 105, 113; NZV 2006, 577), auf die Durchschnittswerte<br />

abzustellen, d. h. einen Mittelwert aus dem Marktanteil der regel- und der<br />

differenzbesteuerten Fahrzeuge zu bilden, wird vom BGH abgelehnt (BGH, Urt. v.<br />

09.05.2006 – VI ZR 225/05, NJW 2006, 2181, 2182: dieser Wert würde einen „fiktiven<br />

Umsatzsteueranteil“ enthalten, der nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erstattungsfähig<br />

ist). In der Rechtsprechung und der Literatur findet die Ansicht Zust<strong>im</strong>mung, dass ältere<br />

Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt nahezu überhaupt nicht mehr angeboten<br />

werden, sondern regelmäßig nur noch von Privat erworben werden können, weshalb dort eine<br />

Abrechnung „brutto = netto“ vorzunehmen sei, d. h. der <strong>im</strong> Gutachten enthaltene<br />

Wiederbeschaffungswert sei hier nicht zu kürzen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 05.12.2003 – 19<br />

U 85/03, NJW 2004, 1465; LG Bochum, NJW 2004, 235, 236; AG Hameln, NJW 2003, 2615;<br />

AG Bergisch-Gladbach, ZGS 2003, 399; Unterreitmeier, NZV 2004, 329, 333; Elsner, DAR<br />

2004, 130, 131; Heß, NZV 2004, 1, 6; Lemcke, R + S 2003, 441, 442; Huber, NZV 2004, 105,<br />

113/114).<br />

So soll bei Fahrzeugen mit einem Alter von zehn Jahren und mehr überhaupt kein Abzug<br />

vorgenommen werden (Heß, NZV 2004, 1, 6; Unterreitmeier, NZV 2004, 329, 333; AG<br />

Hameln, NJW 2003, 2615; AG Bergisch-Gladbach, ZGS 2003, 399). Teilweise wird auch<br />

vertreten, bei einem Fahrzeugalter von mehr als sieben oder acht Jahren soll kein Abzug<br />

vorgenommen werden (Eggert, VA 2003, 156, 159: sieben Jahre; Luckey, PVR 2003, 302,<br />

307: acht Jahre; LG Hamburg, Urt. v. 11.10.2007 – 323 S 34/07, DAR 2008, 31: vier Jahre bei<br />

asiatischem Gebrauchtwagen).<br />

Es ist z.B. überwiegend wahrscheinlich i. S. d. § 287 ZPO, dass etwa acht Jahre alte<br />

Fahrzeuge (hier: Audi A 4) mit einer Laufleistung von knapp 200.000 km üblicherweise von<br />

Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten und gesucht werden. Der<br />

Wiederbeschaffungswert ist in solchen Fällen nicht um einen Umsatzsteueranteil in Höhe von<br />

16% bzw. 19 % (Regelbesteuerung) bzw. 2 – 2,5 % (Differenzbesteuerung) zu vermindern<br />

(KG, Urt. v. 04.12.2006 – 12 U 206/05, NZV 2007, 409; auch OLG Frankfurt, OLGR 2006,<br />

335 und OLG Köln, NZV 2004, 297).<br />

In der Literatur wird vorgeschlagen, bei Fahrzeugen mit einem Alter von sieben bis zehn<br />

Jahren von einer Differenzbesteuerung (2,0 – 2,4 % USt) und bei weniger als sieben Jahre<br />

alten Fahrzeugen von einer Regelbesteuerung (19 % bzw. 16 %) auszugehen (Heß, NZV<br />

2004, 1, 5/6). In der Praxis wird mit der Schwacke-Liste bzw. einem eingeholten<br />

Sachverständigengutachten gearbeitet.<br />

Hat der Geschädigte das als Ersatz angeschaffte Fahrzeug von einem Gebrauchtwagenhändler<br />

erworben, bezieht sich die anfallende Umsatzsteuer auf die Händlerspanne<br />

(Differenzbesteuerung nach § 25 a UStG). Umsatzsteuer fällt daher (unter Geltung des<br />

Regelsatzes von 16 %) nur in Höhe von 2 % an (für 2 % be<strong>im</strong> früheren Regelsatz von 16<br />

%: OLG Köln, Urt. v. 05.12.2003 – 19 U 85/03, NJW 2004, 1465; LG Bochum, Urt. v.<br />

17.10.2003 – 5 S 109/03, NZV 2004, 298; LG Essen, Urt. v. 27.01.2004 – 15 S 319/03, NZV<br />

2004, 300; LG Oldenburg, Urt. v. 25.09.2003 – 9 S 553/03, NZV 2004, 148; LG Rottweil,<br />

DAR 2003, 422, 423; AG Halle, NZV 2003, 391, 392; AG Homburg, Schaden-Praxis 2003,<br />

348; LG Darmstadt, R + S 2003, 439; AG Frankfurt, NZV 2003, 435; AG Erkelen, NJW<br />

2003, 2617; AG Frankfurt, NZV 2003, 534; für 2,3 % bzw. 2,4 %: LG Rottweil, DAR 2003,<br />

422, 433; AG Bielefeld, NJW-RR 2003, 1337; AG Brandenburg, NZV 2003, 389; AG Essen,<br />

NJW 2003, 535; AG Aachen, Urt. v. 05.12.2003 – 10 C 315/03, NZV 2004, 302; für 3,2 %:<br />

OLG Köln, Urt. v. 08.01.2004 – 14 U 18/03, NJW-RR 2004, 597; LG Aachen, Verkehrsrecht<br />

43


aktuell 2003, 156). Bei einem Regelsatz von 19 % müsste der Differenz-Steuersatz zumindest<br />

auf 2,4 % geschätzt werden.<br />

Erwirbt der Geschädigte allerdings zum Schadensausgleich ein gleichartiges Fahrzeug zu<br />

einem Gesamtpreis, der dem <strong>im</strong> Sachverständigengutachten ausgewiesenen Brutto-<br />

Wiederbeschaffungswert entspricht oder diesen übersteigt, so kann er Ersatz des<br />

aufgewendeten Betrages verlangen, ohne dass es auf die hierin enthaltene Umsatzsteuer<br />

(Regelumsatzsteuer, Differenzsteuer bzw. keine Umsatzsteuer) ankäme (BGH, Urt. v.<br />

15.11.2005 – VI ZR 26/05, NJW 2006, 285, 286 = NZV 2006, 190, 191; Urt. v. 01.03.2005 –<br />

VI ZR 91/04, NJW 2005, 2220, 2221). Gleiches gilt bis zur Höhe des Brutto-<br />

Wiederbeschaffungswertes bei Anschaffung eines regelbesteuerten (teureren) Neuwagens<br />

(BGH, Urt. v. 15.11.2005 – VI ZR 26/05, NJW 2006, 285, 286). Be<strong>im</strong> Kauf eines Fahrzeugs<br />

von einer Privatperson fällt grundsätzlich keine Mehrwertsteuer an (BGH, Urt. v. 20.04.2004<br />

– VI ZR 109/03, NJW 2004, 1943, 1944; Urt. v. 09.05.2006 – VI ZR 225/05, NJW 2006,<br />

2181 = NZV 2006, 462).<br />

V. Gutachterkosten<br />

1. Erstattungsfähigkeit; Auswahlverschulden, Vorschäden<br />

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind vom Schädiger bzw. dessen<br />

Haftpflichtversicherung grundsätzlich auch dann zu ersetzen, wenn das Gutachten objektiv<br />

mangelhaft oder gar unbrauchbar ist (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006 – 4 U 49/05,<br />

NZV 2006, 546, 548; KG, DAR 2004, 452; DAR 2003, 318; OLG Hamm, NZV 1994, 393;<br />

NZV 2001, 433; LG Saarbrücken, Urt. v. 22.09.2006 – 13 A S 12/06, DAR 2007, 270, 271;<br />

AG Dortmund, Urt. v. 31.08.2005 – 104 C 9702/04, DAR 2006, 283; AG Cham, Urt. v.<br />

12.07.2006 – 6 C 66/06, NZV 2006, 655).<br />

Solange für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein<br />

Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen<br />

Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden<br />

zur Last fällt, kann er vom Haftpflichtversicherer des Schädigers grundsätzlich den Ausgleich<br />

der Gutachterkosten bzw. Freistellung hierfür verlangen (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006<br />

– 4 U 49/05, NZV 2006, 546, 548; OLG Nürnberg, OLGR 2002, 471; OLG Hamm, VersR<br />

2001, 249, 250; LG Saarbrücken, Urt. v. 22.09.2006 – 13 A S 12/06, DAR 2007, 270:<br />

Auswahlverschulden bzw. grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten; AG Dortmund, Urt. v.<br />

31.08.2005 – 104 C 9702/04, DAR 2006, 283: Auswahlverschulden, <strong>im</strong> entschiedenen Fall<br />

verneint). Allein die Tatsache, dass es sich bei dem Sachverständigen nicht um einen<br />

allgemein vereidigten Gutachter handelt, begründet noch kein Auswahlverschulden (AG<br />

Dortmund, Urt. v. 31.08.2005 – 104 C 9702/04, DAR 2006, 283).<br />

Dem Geschädigten ist es vor Erteilung des Gutachtenauftrages auch nicht zuzumuten,<br />

„Marktforschung“ zu betreiben, mehrere Kostenvoranschläge von verschiedenen<br />

Sachverständigen einzuholen und das günstigste Angebot auszuwählen (OLG Naumburg,<br />

NZV 2006, 546, 548; AG Cham, NZV 2006, 655; LG Saarbrücken, DAR 2007, 270).<br />

Die Kosten eines unrichtigen Gutachtens sind dem Geschädigten jedoch nicht zu erstatten,<br />

wenn ein „kollusives Zusammenwirken“ mit dem Sachverständigen vorliegt (OLG<br />

Hamm, NZV 2001, 433 = DAR 2001, 506; OLG Saarbrücken, MDR 2003, 685; KG, DAR<br />

2003, 318) oder wenn der Geschädigte den Sachverständigen nicht über ihm bekannte,<br />

44


vorhandene Vorschäden informiert hat und das Gutachten deshalb zu einem falschen<br />

Ergebnis gelangt (OLG München, Urt. v. 27.01.2006 – 10 U 4904/05, NZV 2006, 261, 262;<br />

KG, Urt. v. 01.03.2004 – 12 U 96/03, NZV 2004, 470, 471; KG, VRS 104, 21).<br />

2. Kein Ersatz von Sachverständigenkosten bei Bagatellschäden<br />

Der BGH (NJW 2005, 356 = NZV 2005, 139) stellt für die Frage, ob der Schädiger die<br />

Kosten eines Sachverständigengutachtens zu ersetzen hat, nicht allein darauf ab, ob die durch<br />

die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen best<strong>im</strong>mten Betrag überschreitet. Der später<br />

ermittelte Schadensumfang kann allerdings <strong>im</strong> Rahmen der tatrichterlichen Würdigung nach §<br />

287 ZPO maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Beurteilung sein, ob die Begutachtung<br />

tatsächlich erforderlich war. Der BGH hat die Zubilligung von Gutachterkosten <strong>im</strong><br />

entschiedenen Fall bei einem Sachschaden in Höhe von 716,00 € nicht beanstandet.<br />

In der Instanzrechtsprechung wird davon ausgegangen, dass der Geschädigte keinen Anspruch<br />

auf Ersatz der Sachverständigenkosten hat, wenn bei einem einfach gelagerten<br />

Fahrzeugschaden Reparaturkosten in der Größenordnung von weniger als 500,00 € bis<br />

750,00 € anfallen (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006 – 4 U 49/05, NZV 2006, 546, 548:<br />

500,00 € bis 750,00 €; AG Bad Homburg, Urt. v. 01.12.2006 – 2 C 1039/06, NZV 2007, 426:<br />

kein Anspruch bei Reparaturkosten in Höhe von 380,00 €; AG Sömmerda, NZV 2002, 512:<br />

Bagatellegrenze bei 1.250,00 €; AG Mainz, ZfS 2002, 74: Bagatellgrenze bei 750,00 €; AG<br />

Leonberg, DAR 2000, 277: Bagatellegrenze bei 700,00 € bis 750,00 €).<br />

3. Gutachterkosten für eine Reparaturbescheinigung<br />

Die Kosten für einen Sachverständigen, der die tatsächliche Durchführung einer Kfz-<br />

Reparatur bescheinigt, sind ersatzfähig, wenn der Geschädigte das unfallbeschädigte<br />

Kraftfahrzeug in Eigenregie repariert hat (AG Aachen, Urt. v. 28.04.2005 – 80 C 110/05,<br />

NZV 2006, 45; AG Rüdeshe<strong>im</strong>, Urt. v. 28.07.2006 – 2 C 71/06, NZV 2007, 245). Auch die<br />

Sachverständigenkosten für die Reparaturbestätigung zur Geltendmachung einer<br />

Nutzungsausfallentschädigung sind ersatzfähig (AG Rüdeshe<strong>im</strong>, NZV 2007, 245).<br />

4. Sachverständiger muss keine Restwert-Angebote einholen<br />

Nach h. M. ist ein Kfz-Sachverständiger nicht verpflichtet, bei der Ermittlung des<br />

Restwertes Angebote aus dem so genannten „Sondermarkt“ unter Berücksichtigung von<br />

Internet-Restwertbörsen und spezialisierten Restwertaufkäufern einzuholen, da der<br />

Geschädigte selbst auf diesem Markt nicht anzubieten braucht (OLG Celle, Urt. v. 23.05.2006<br />

– 16 U 123/05, OLGR 2006, 544; OLG Köln, Urt. v. 11.05.2004 – 22 U 190/03, NJW-RR<br />

2005, 26, 27; LG Frankfurt, Urt. v. 20.07.2005 – 2/1 S 102/04, VersR 2006, 806; LG Koblenz,<br />

Urt. v. 29.09.2004 – 12 S 123/04, NZV 2005, 46; AG Rüdeshe<strong>im</strong>, NZV 2004, 589; a. A. LG<br />

Koblenz, Urt. v. 07.04.2003 – 6 S 432/01, VersR 2003, 1050, 1051: Anspruch des<br />

Haftpflichtversicherers aus Werkvertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter).<br />

45


5. Erstattungsfähigkeit des in Relation zur Schadenshöhe<br />

berechneten Sachverständigenhonorars<br />

Der BGH hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass ein in Relation zur Schadenshöhe<br />

berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand i. S. d. § 249 II<br />

BGB erstattet verlangt werden kann (BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, NJW 2007,<br />

1450, 1451; Urt. v. 04.04.2006 – X ZR 122/05, NJW 2006, 2472, 2474 = NZV 2006, 522,<br />

524; Urt. v. 04.04.2006 – X ZR 80/05, NZV 2007, 182, 184).<br />

Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich, wenn keine best<strong>im</strong>mte Vergütung vereinbart<br />

worden ist, in Ermangelung einer Taxe i. S. d. § 633 II BGB nach der üblichen Vergütung, die<br />

sich auch aus einer am Markt verbreiteten Berechnungsregel ergeben kann, wobei sich der<br />

übliche Satz innerhalb einer best<strong>im</strong>mten Bandbreite bewegen kann; dieser Satz ist vom<br />

Tatrichter entsprechend den Beweisantritten des Gläubigers des Vergütungsanspruchs zu<br />

ermitteln (BGH, Urt. v. 10.10.2006 – X ZR 42/06, NZV 2007, 134; Urt. v. 04.04.2006 – X ZR<br />

122/05, NJW 2006, 2472, 2473/2474).<br />

Nur wenn sich aus einer etwa getroffenen Vereinbarung oder aus § 633 II BGB bei evtl.<br />

vorliegender Taxe die Vergütung nicht best<strong>im</strong>men lässt, ist die verbleibende Vertragslücke<br />

über eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Lässt sich auf diese Weise eine<br />

vertraglich festgelegte Vergütung nicht ermitteln, kann zur Ergänzung des Vertrages auf die<br />

Vorschriften der §§ 315, 316 BGB zurückgegriffen werden. Hierbei ist es nicht zu<br />

beanstanden, wenn ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte<br />

angemessene Pauschalierung seiner Honorare vorn<strong>im</strong>mt (BGH, Urt. v. 04.04.2006 – X ZR<br />

122/05, NJW 2006, 2472, 2474; Urt. v. 04.04.2006 – X ZR 80/05, NZV 2007, 182, 183/184;<br />

Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, NJW 2007, 1450, 1452).<br />

VI. Verschwiegene Vorschäden<br />

Steht fest, dass nicht sämtliche vom Geschädigten geltend gemachten Schäden am<br />

Unfallfahrzeug auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen sind und macht<br />

der Geschädigte zu den nicht kompatiblen Schäden keine Angaben bzw. bestreitet er das<br />

Vorliegen irgendwelcher Vorschäden, so ist ihm nach h.M. auch für diejenigen Schäden, die<br />

dem Unfallereignis zugeordnet werden könnten, kein Ersatz zu leisten.<br />

Denn aufgrund des nicht kompatiblen Schadens lässt sich nicht ausschließen, dass auch<br />

kompatible Schäden durch ein früheres Ereignis verursacht worden sind (KG, Beschl. v.<br />

6.6.2007 – 12 U 57/06; OLGR 2008, 234, 236; KG, Beschl. v. 29.01.2007 – 12 U 37/06,<br />

OLGR 2008, 8, 9; KG, Beschl. v. 29.01.2007 – 12 U 37/06, NZV 2007, 520; KG, Urt. v.<br />

17.10.2005 – 12 U 55/05, OLGR 2006, 527, 528 = VersR 2006, 1559, 1560 = DAR 2006,<br />

46


323, 324; KG, Beschl. v. 11.10.2007 – 12 U 46/07, NJW 2008, 1006 = NZV 2008, 196; OLG<br />

Köln, Urt. v. 23.02.1999 – 16 U 33/98, MDR 1999, 1324 = VersR 1999, 865; OLG<br />

Brandenburg, Urt. v. 25.10.2007 – 12 U 131/06, BeckRS 65054 = NJW-Spezial 2008, 10;<br />

ebenso OLG Frankfurt, NJOZ 2004, 3610, 3612; LG Dresden, Schaden-Praxis 2001, 335; LG<br />

Hanau, Schaden-Praxis 2004, 368; AG Neuss, Schaden-Praxis 2005, 197).<br />

Die positive Feststellung, dass ein Teil der vom Anspruchsteller geltend gemachten Schäden<br />

nicht auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sind, begründet durchgreifende<br />

Zweifel an der Unfallursächlichkeit der übrigen Schäden (KG, Beschl. v. 29.01.2007 – 12 U<br />

37/06, OLGR 2008, 8, 9).<br />

Bei einem zunächst verschwiegenen und auch später geleugneten bzw. nicht substantiiert<br />

dargelegten Vorschaden ist dem Geschädigten danach die Möglichkeit einer<br />

Schadenschätzung nach § 287 ZPO mangels hinreichend substantiierten Klagevortrags<br />

nicht zuzubilligen (OLG Hamburg, Schaden-Praxis 1992, 232 und 2002, 385; OLG<br />

Hamburg, MDR 2001, 1111 = OLG-Report 2001, 261; KG, Beschl. v. 6.6.2007 – 12 U 57/06;<br />

OLGR 2008, 234, 236; KG, Schaden-Praxis 2000, 311; OLG Köln, Urt. v. 22.02.1999 – 16 U<br />

33/98, MDR 1999, 1324; LG Frankfurt, Schaden-Praxis 1992, 232; LG Saarbrücken,<br />

Schaden-Praxis 2003, 423; LG Wiesbaden, VersR 2003, 1297; LG Bremen, NZV 2005, 429).<br />

Das Kammergericht (KG) hat in seinem Beschluss vom 26.04.2007 (12 U 76/07, NZV 2007,<br />

521, 522 = OLGR 2008, 95, 96) ausgeführt, ein Anspruch des Geschädigten entfällt dann,<br />

wenn wegen der vorhandenen Vorschäden nicht mit der gem. § 286 ZPO erforderlichen<br />

Sicherheit festgestellt werden kann, dass durch den zweiten Unfall ein weiterer Schaden<br />

verursacht worden ist. Es reicht nicht aus, wenn der Sachverständige die Ursächlichkeit nicht<br />

positiv feststellen kann und/oder erklärt, es sei „möglich“, dass der Schaden bei dem<br />

Zweitunfall entstanden ist.<br />

Im Beschluss vom 6.6.2007 (12 U 57/06, OLGR 2008, 234, 235) hat das KG entschieden, der<br />

Geschädigte könne selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit<br />

überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits <strong>im</strong><br />

Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Bei – ggf. erst <strong>im</strong> Rahmen des Verfahrens -<br />

unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten<br />

Schadens muss der Geschädigte <strong>im</strong> Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und<br />

gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür er bei unstreitigen Vorschäden <strong>im</strong><br />

Einzelnen zur Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen muss.<br />

Hat das Fahrzeug mehrere Unfälle erlitten und wird die Kausalität bestritten, muss der<br />

Geschädigte also ausschließen, dass Schäden gleicher Art schon früher vorhanden waren. Eine<br />

Schadensschätzung gem. § 287 ZPO kommt erst in Betracht, wenn der Geschädigte dargelegt<br />

und bewiesen hat, welcher eingrenzbare Vorschaden durch welche konkreten<br />

Reparaturmaßnahmen beseitigt worden ist (KG, Beschl. v. 11.10.2007 – 12 U 46/07, NJW<br />

2008, 1006 = NZV 2008, 196).<br />

Das OLG München (Urt. v. 27.11.2006 – 10 U 4904/05, NZV 2006, 261, 262) setzt sich mit<br />

dieser herrschenden Ansicht kritisch auseinander und differenziert wie folgt: In den Fällen<br />

eines zunächst verschwiegenen, mit dem geltend gemachten Schaden ganz oder teilweise<br />

deckungsgleichen Vorschaden besteht ein Ersatzanspruch insoweit, als der geltend gemachte<br />

Zweitschaden technisch und rechnerisch eindeutig von dem Vorschaden abgrenzbar ist.<br />

Erweist sich das vom Geschädigten eingeholte Sachverständigengutachten deshalb als<br />

teilweise unrichtig, weil es auf seinen falschen Angaben hinsichtlich des verschwiegenen,<br />

47


tatsächlich aber bestehenden Vorschadens beruht, steht ihm hinsichtlich der<br />

Gutachterkosten kein Anspruch zu.<br />

VII. Nutzungsausfallentschädigung<br />

Eine Nutzungsausfallentschädigung wegen des entgangenen Gebrauchsvorteils eines Kfz<br />

steht dem Geschädigten während einer angemessenen Reparatur- oder<br />

Wiederbeschaffungszeit zu, wenn er keinen Mietwagen in Anspruch n<strong>im</strong>mt, sofern er hierzu<br />

berechtigt gewesen wäre (vgl. BGH, NJW 2005, 277), sofern er sein Fahrzeug während dieser<br />

Zeit auch benutzt hätte (Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 40, 45).<br />

1. „Fühlbarkeit“ des Nutzungsausfalls<br />

Die Geldentschädigung für den Gebrauchsverlust setzt allerdings stets die Fühlbarkeit des<br />

Nutzungsausfalls voraus (vgl. BGH, Urt. v. 4.12.2007 – VI ZR 241/06, DAR 2008, 140, 141;<br />

BGH, NJW 1987, 50, 53; OLG Koblenz, NZV 2004, 258; OLG Hamm, VersR 2003, 1054).<br />

Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für ein Kfz entfällt danach, wenn ihm der<br />

Einsatz eines Zweitwagens möglich und zumutbar ist (OLG Jena, Urt. v. 28.04.2004 – 3 U<br />

221/03, VersR 2005, 1574, 1576; OLG Koblenz, Urt. v. 19.01.2004 – 12 U 1356/02, NJW-RR<br />

2004, 747, 748 = NZV 2004, 258; OLG Frankfurt, VersR 2005, 1742 und OLGR 2002, 341).<br />

Die Zumutbarkeit der Benutzung des Zweitwagens wird nicht durch ein ideelles Interesse des<br />

Geschädigten ausgeschlossen, etwa neben einem Porsche auch noch den beschädigten Ferrari<br />

nutzen zu können (OLG Jena, Urt. v. 28.04.2004 – 3 U 221/03, VersR 2005, 1574, 1576).<br />

Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung besteht auch nicht, wenn und soweit der<br />

Geschädigte wegen der be<strong>im</strong> Unfall erlittenen Verletzungen nicht in der Lage gewesen<br />

wäre, sein durch den Unfall beschädigtes Fahrzeug zu nutzen (KG, Urt. v. 29.09.2005 – 12 U<br />

235/04, DAR 2006, 151; BGH, NJW 1985, 2471; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12<br />

StVG Rn 45: Verhinderung aus unfallbedingten oder unfallunabhängigen Gründen).<br />

Allerdings kann der Geschädigte den Nutzungsausfall dann beanspruchen, wenn er das<br />

beschädigte Fahrzeug einem Angehörigen (Ehefrau, Kind mit Fahrerlaubnis) überlassen<br />

hatte oder überlassen wollte (KG, Urt. v. 29.09.2005 – 12 U 235/04, DAR 2006, 151; OLG<br />

Koblenz, Urt. v. 19.01.2004 – 12 U 1356/02, NJW-RR 2004, 747, 748).<br />

Die Überlassung muss jedoch auf einer vor dem Unfall getroffenen Vereinbarung mit dem<br />

Dritten (Familienangehörigen/Verlobten) beruhen (KG, Urt. v. 29.09.2005 – 12 U 235/04,<br />

DAR 2006, 151; BGH, NJW 1974, 33 und NJW 1975, 922: Fahrzeugbenutzung war einem<br />

Dritten zugesagt). Dies gilt auch dann, wenn die Nutzung eines vorhandenen Zweitfahrzeugs<br />

etwa dem Ehegatten zugesagt war (OLG Koblenz, Urt. v. 19.01.2004 – 12 U 1356/02, NJW-<br />

RR 2004, 747; auch OLG Celle, VersR 1973, 281; a. A. OLG Schleswig, VersR 1968, 977<br />

zum Zweitwagen der Ehefrau). Ist ein älteres Luxusfahrzeug als Zweitwagen des Ehegatten<br />

beschädigt worden, kann es genügen, die Vorhaltekosten zu erstatten (OLG Koblenz, a. a. O.).<br />

2. Nutzungsausfall nur für die Dauer der Reparatur oder<br />

Wiederbeschaffung<br />

Grundsätzlich steht dem Geschädigten keine Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer<br />

einer nur gedachten, „fiktiven“ Reparatur oder mangels entgangener Nutzung zu, etwa, weil<br />

48


der Geschädigte das Fahrzeug unrepariert weiterbenutzt oder weiterveräußert (BGH, NJW<br />

1976, 1396; OLG Köln, ZfS 1984, 297; Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 42).<br />

Umstritten ist jedoch, ob der Geschädigte den Nutzungsausfall auch dann verlangen kann,<br />

wenn er mit der Reparatur des Fahrzeugs mehrere Monate zuwartet.<br />

a. Verzögerte Instandsetzung und Reparatur in Eigenregie<br />

Wartet der Halter eines beschädigten Fahrzeugs mehr als zwei Monate zu, ehe er sein –<br />

reparaturwürdiges – Fahrzeug reparieren lässt, spricht nach Auffassung des OLG Köln (Urt.<br />

v. 08.03.2004 – 16 U 111/03, MDR 2004, 1114 = VersR 2004, 1332; ebenso OLG Düsseldorf,<br />

Urt. v. 01.10.2001 – 1 U 206/00; AG Leipzig, Urt. v. 24.06.2002 – 49 C 1061/02, zitiert bei<br />

OLG Köln; AG Frankfurt, Urt. v. 21.03.2002 – 29 C 801/01, ZfS 2002, 339; Notthoff, NZV<br />

2003, 509, 514) eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er das Fahrzeug in dieser Zeit nicht<br />

nutzen wollte, sodass ihm für diesen Zeitraum keine Nutzungsausfallentschädigung zusteht.<br />

Die Tatsache, dass Reparaturarbeiten nicht durchgeführt wurden, besagt nach dieser<br />

Auffassung nicht zwangsläufig, dass dadurch ein Nutzungsausfall eingetreten ist. Wenn der<br />

Geschädigte die Reparatur in eigener Regie durchgeführt hat, bestehe vielmehr die<br />

naheliegende Möglichkeit, dass die Arbeiten in Zeiträumen ausgeführt wurden, in denen das<br />

Fahrzeug nicht benötigt wurde, sodass ein Verzicht auf die Nutzungsmöglichkeit <strong>im</strong> Ergebnis<br />

nicht vorgelegen hat; der Geschädigte hat dann nachzuweisen, dass das Fahrzeug an den<br />

einzelnen Tagen reparaturbedingt nicht nutzbar war (LG Köln, Schaden-Praxis 1997, 472; LG<br />

Essen, ZfS 1988, 312; AG Bochum, Urt. v. 25.11.1999 – 47 C 454/99 und Urt. v. 21.05.1997<br />

– 42 C 187/97, jeweils bei Wenker, VersR 2000, 1082; AG Dortmund, Urt. v. 27.01.1999 –<br />

113 C 12540/98 und vom 27.11.1997 – 125 C 13341/97, bei Wenker, VersR 2000, 1082).<br />

Nach anderer Ansicht besteht der Anspruch auf Nutzungsentschädigung auch dann, wenn das<br />

beschädigte Fahrzeug nicht oder erst mehrere Monate nach dem Unfallereignis repariert<br />

wird (OLG Düsseldorf, NZV 2003, 379, 380; LG Oldenburg, Urt. v. 08.04.1999 – 4 S<br />

1130/98, ZfS 1999, 288; LG Nürnberg-Fürth, DAR 2000, 72; LG Braunschweig, Urt. v.<br />

19.08.2005 – 8 S 385/05, VersR 2006, 1139 = NZV 2006, 41).<br />

Der Geschädigte, der seinen Pkw in Eigenregie repariert, muss nach Ansicht des OLG<br />

Düsseldorf (Urt. v. 25.04.2005 – I-1 U 210/04, DAR 2006, 269, 271) die Nutzungsausfalltage<br />

auch nicht konkret bezeichnen, vielmehr reicht es aus, dass er einen konkreten<br />

Reparaturzeitraum benennt. Die Entschädigungsdauer ist aber auch danach auf die <strong>im</strong><br />

Sachverständigengutachten genannte notwendige Ausfallzeit beschränkt. Hinzu kommt der<br />

bis zum Eingang des Sachverständigengutachtens verstreichende Zeitraum, der <strong>im</strong> Einzelfall<br />

auch die Zeitspanne vom Unfalltag bis zur Nachbesichtigung des beschädigten Pkw durch<br />

einen Sachverständigen des Haftpflichtversicherers umfassen kann (OLG Düsseldorf, Urt. v.<br />

25.04.2005 – I-1 U 210/04, DAR 2006, 296, 271).<br />

Auch die Kosten des Sachverständigen, der die tatsächliche Durchführung einer Kfz-<br />

Reparatur bescheinigt, sind ersatzfähig (AG Aachen, Urt. v. 28.04.2005 – 80 C 110/05,<br />

NZV 2006, 45).<br />

b. Inter<strong>im</strong>sfahrzeug, Inter<strong>im</strong>sreparatur, Auswahlverschulden und „Werkstattrisiko“<br />

Dem Geschädigten steht auch über den Widerbeschaffungszeitraum hinaus bis zur Lieferung<br />

eines bereits vor dem Unfall bestellten Pkw eine Nutzungsausfallentschädigung zu, wenn<br />

diese die Kosten, die mit der Anschaffung und dem Verkauf eines Inter<strong>im</strong>sfahrzeugs (bei<br />

49


wirtschaftlichem Totalschaden) verbunden sind, nicht wesentlich übersteigt (BGH, Urt. v.<br />

18.12.2007 – VI ZR 62/07, DAR 2008, 139 = NZV 2008, 137, 138: Nutzungsausfall für ca.<br />

sieben Wochen; OLG Celle, Urt. v. 24.10.2007 – 14 U 85/07, NJW 2008, 446, 447 = NZV<br />

2008, 145, 146 = DAR 2008, 205, 206). Gleiches gilt, wenn die Kosten einer<br />

Inter<strong>im</strong>sreparatur bei Reparaturwürdigkeit des Fahrzeugs die Kosten des Nutzungsausfalls<br />

nicht wesentlich überschreiten.<br />

So ist die Überschreitung der max<strong>im</strong>alen Widerbeschaffungsfrist um 24 Tage auf dann<br />

insgesamt 47 Tage bis zur Lieferung des vor dem Unfall bestellten Neuwagens nicht<br />

unangemessen lang, wenn die Höhe der zusätzlich anfallenden Mietwagen- oder<br />

Nutzungsausfallkosten mit ca. 2.400 Euro aus ex-ante-Sicht nicht bzw. nicht wesentlich über<br />

den mit der Beschaffung und Weiterveräußerung liegenden Kosten eines Inter<strong>im</strong>sfahrzeuges<br />

liegen (OLG Celle, Urt. v. 24.10.2007 – 14 U 85/07, NJW 2008, 446, 447 = NZV 2008, 145,<br />

146 = DAR 2007, 205, 206).<br />

Ist ein zur Reparatur erforderliches Ersatzteil nicht zu beschaffen und steht deshalb eine<br />

monatelange Wartezeit <strong>im</strong> Raum, obliegt es dem Geschädigten jedenfalls, den Schädiger vor<br />

der Entstehung eines ungewöhnlich hohen Nutzungsausfallschadens zu warnen und eine mit<br />

deutlich geringerem Aufwand mögliche Inter<strong>im</strong>sreparatur durchführen zu lassen (OLG<br />

Frankfurt, Urt. v. 28.10.2005 – 24 U 111/05, VersR 2005, 1742 = DAR 2006, 23, 25; zur<br />

Zumutbarkeit der Weiterbenutzung des beschädigten Fahrzeugs vgl. auch OLG Köln, NZV<br />

1990, 429).<br />

Auch in diesem Zusammenhang muss sich der Geschädigte einen Fehler der<br />

Reparaturwerkstatt nur <strong>im</strong> Rahmen des Auswahlverschuldens zurechnen lassen (AG<br />

Giffhorn, Urt. v. 17.08.2006 – 13 C 1563/05, NZV 2007, 149; zum „Werkstattrisiko“, das<br />

be<strong>im</strong> Schädiger liegt, vgl. auch OLG Hamm, NZV 1995, 442 und NZV 1991, 353 sowie<br />

Hentschel-König, 39. Aufl. 2007, § 12 StVG Rn 22).<br />

Zieht sich die Reparatur eines ausländischen Fahrzeugs wegen Schwierigkeiten bei der<br />

Ersatzteilbeschaffung über einen Zeitraum von siebzig Tagen hin, ohne dass dem<br />

Geschädigten ein „Auswahlverschulden“ zur Last gelegt werden kann, so hat der Schädiger<br />

die Nutzungsentschädigung für die gesamte Reparaturdauer zu tragen (AG Giffhorn, Urt. v.<br />

17.08.2006 – 13 C 1563/05, NZV 2007, 149).<br />

Der Geschädigte hat jedenfalls unverzüglich den Reparaturauftrag zu erteilen, sobald die<br />

Reparaturwürdigkeit des Fahrzeugs (kein wirtschaftlicher Totalschaden) geklärt ist (OLG<br />

Saarbrücken, Urt. v. 27.02.2007 – 4 U 470/06-153, OLGR 2007, 441).<br />

c. Nachweis bei Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs<br />

Ist ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten, setzt der Anspruch auf die<br />

Nutzungsausfallentschädigung nach zwischenzeitlich herrschender Meinung nicht die<br />

Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs bzw. den entsprechenden Nachweis voraus (KG, Urt. v.<br />

29.09.2005 – 12 U 235/04, NZV 2006, 157, 158 = DAR 2006, 151; KG, Urt. v. 01.03.2004 –<br />

12 U 96/03, NZV 2004, 470; OLG Düsseldorf, NZV 2003, 379; LG Braunschweig, Beschl. v.<br />

19.08.2005 – 8 S 385/05, VersR 2006, 1139 = NZV 2006, 41; AG Lingen, Urt. v. 30.05.2005<br />

– 12 C 94/05, VersR 2006, 806).<br />

50


Nach anderer Auffassung setzt der Anspruch des Geschädigten auf die<br />

Nutzungsentschädigung für die Zerstörung eines Kfz einen Nutzungswillen voraus; dieser<br />

fehlt, wenn er nicht durch eine Neuanschaffung (bzw. Ersatzbeschaffung) dokumentiert wird<br />

(OLG Hamm, Urt. v. 13.11.2001 – 27 U 88/01, VersR 2003, 1054, 1055 und NJW-RR 1995,<br />

1230; auch OLG Köln, Urt. v. 08.03.2004 – 16 U 111/03, MDR 2004, 1114; Wenker, VersR<br />

2000, 1082).<br />

Danach fehlt es an dem erforderlichen Nutzungswillen, wenn der Geschädigte gar kein<br />

Ersatzfahrzeug anschafft oder bis dahin mehrere Monate vergehen (OLG München,<br />

Schaden-Praxis 1998, 249; OLG Köln a. a. O.; AG Plauen, Schaden-Praxis 1999, 95; AG<br />

Bielefeld, R + S 1984, 102; Wenker, VersR 2000, 1082).<br />

d. Übliche Länge der Widerbeschaffungsfrist<br />

Im Allgemeinen setzt sich die Widerbeschaffungsfrist, während derer Nutzungsausfall<br />

verlangt werden kann, zusammen aus dem Zeitraum bis zur Klärung, ob ein Totalschaden<br />

vorliegt (Zugang des zeitnah in Auftrag gegebenen Gutachtens), einer Überlegungsfrist von<br />

ein bis zwei Tagen sowie der angemessenen, i.d.R. vom Sachverständigen <strong>im</strong> Gutachten<br />

angegebenen Zeit zur Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs (OLG Celle, Urt. v.<br />

24.10.2007 – 14 U 85/07, DAR 2008, 205/206).<br />

3. Höhe der Nutzungsausfallentschädigung<br />

Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung ist aus den jährlich aktualisierten Tabellen von<br />

Sanden/Danner/Küppersbusch zu entnehmen (vgl. zuletzt NJW 2007, 1638 – 1661;<br />

ausführlicher in DAR 2007, 47 ff: derzeit Gruppe A mit 27,00 € bis Gruppe L mit 99,00 € pro<br />

Tag). Bei älteren, nicht gewerblich genutzten Fahrzeugen gilt nach der vom BGH<br />

gebilligten Rechtsprechung der Instanzgerichte (vgl. BGH, Urt. v. 23.2004 - VI ZR 357/03,<br />

NJW 2005, 277, 278; Urt. v. 25.01.2005 – VI ZR 112/04, NJW 2005, 1044; OLG<br />

Saarbrücken, Urt. v. 27.02.2007 – 4 U 470/06-153, OLGR 2007, 441, 444; OLG Frankfurt,<br />

Urt. v. 19.09.1984 – 17 U 265/83, DAR 1985, 58; OLG Schleswig, Urt. v. 27.09.1985 – 11 U<br />

54/84, NJW-RR 1986, 775, 776; OLG München, ZfS 1988, 312; OLG Karlsruhe, VersR 1989,<br />

58, 59 und ZfS 1993, 304; OLG Hamm, Urt. v. 22.04.1996 – 6 U 144/95, DAR 1996, 400,<br />

401, Tabelle, NJW 2007, 1638, 1639) Folgendes:<br />

Fahrzeuge, die älter als fünf Jahre sind, werden um eine Gruppe herabgestuft. Über zehn<br />

Jahre alte Fahrzeuge werden zwei Gruppen niedriger eingestuft. Pkw, die sich schon in einer<br />

so niedrigen Gruppe befinden, dass eine Herabstufung um eine oder sogar zwei Gruppen nicht<br />

möglich ist, werden mit einem Wert zwischen der niedrigsten Gruppe und den Vorhaltekosten<br />

geschätzt. Für ältere Fahrzeuge in schlechtem Zustand kann auch auf die Vorhaltekosten als<br />

Grundlage für die Entschädigung zurückgegriffen werden (hierzu BGH, VersR 1988, 1276 =<br />

NJW 1988, 484).<br />

So wurde vom BGH (Urt. v. 23.11.2004 – VI ZR 357/03, NJW 2005, 277, 279) ein<br />

Nutzungsausfall bei einem sechzehn Jahre alten Fahrzeug, das zum Unfallzeitpunkt 164.000<br />

km gelaufen war, versagt.<br />

4. Gewerblich genutzte Fahrzeuge<br />

Bei der Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs kommt nach h.M. keine<br />

abstrakte Nutzungsausfallentschädigung in Betracht (OLG Hamm, Urt. v. 07.04.2000 – 9<br />

U 257/98, NJW-RR 2001, 165; Urt. v. 16.09.1999 – 6 U 75/99, MDR 2000, 1010, 1011; OLG<br />

51


Hamm, VersR 2004, 1572 f. = DAR 2004, 526; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.03.2006 – 8 U<br />

191/05, OLGR 2006, 659, 661; OLG Brandenburg, OLGR 1996, 76; OLG Düsseldorf, NZV<br />

1999, 472; NJW 2002, 971; OLG Schleswig, VersR 1996, 866; OLG Köln, VersR 1997, 506;<br />

LG Halle, Urt. v. 16.07.2002 – 4 O 466/01, NZV 2003, 34, 37; MüKo-Oetker, 5. Aufl., § 249<br />

BGB Rn. 58 ff., 64; Staudinger-Schiemann, 2005, § 251 BGB Rn. 81, 85).<br />

Bei einem gewerblich genutzten Fahrzeug ist der durch Nutzungsausfall entstandene Schaden<br />

nicht grundsätzlich ausgeschlossenvielmehr konkret nachzuweisen (OLG Köln, NZV<br />

1990, 429 und VersR 1997, 506; OLG Schleswig, VersR 1996, 866; OLG Düsseldorf, NZV<br />

1999, 338: Ermittlung des entgangenen Gewinns bzw. der Vorhaltekosten für ein<br />

Reservefahrzeug).<br />

Auch die „Vorhaltekosten“ eines Reservefahrzeugs sind nur dann erstattungsfähig, wenn ein<br />

Reservefahrzeug tatsächlich vorgehalten wurde (OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.03.2006 – 8 U<br />

191/05, OLGR 2006, 659, 661; OLG Hamm, NZV 1993, 65). Obige Ausführungen gelten<br />

auch, wenn der Pkw überwiegend vom Geschäftsführer der Firma bzw. dessen Ehefrau privat<br />

genutzt wurde (OLG Hamm, Urt. v. 16.09.1999 – 6 U 75/99, MDR 2000, 1010).<br />

Nach anderer Ansicht ist die Zubilligung einer Nutzungsausfallentschädigung auch bei<br />

gewerblich genutzten Fahrzeugen möglich (OLG Hamm, NZV 1994, 227, 228; OLG Köln,<br />

VersR 1995, 719, 720; OLG Schleswig, OLGR 2005, 601, 602; OLG Stuttgart, NZV 2005,<br />

309; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.07.2006 – 3 U 62/06, VersR 2007, 962 = NJW 2007, 1696;<br />

tendenziell auch BGH, Urt. v. 4.12.2007 – VI ZR 241/06, DAR 2008, 140, 141: „neigt dieser<br />

Auffassung zu“).<br />

Nach der insoweit von der bislang herrschenden Meinung abweichenden Ansicht des OLG<br />

Stuttgart (Urt. v. 12.07.2006 – 3 U 62/06, VersR 2007, 962 = NJW 2007, 1696) ist etwa der<br />

Inhaber eines Kleinbetriebes (hier: eines Dentallabors), der das beschädigte Fahrzeug ohne<br />

den Unfall unter anderem gewerblich für Fahrten zu Kunden genutzt hätte und für den es<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf die Größe des Betriebs unzumutbar gewesen wäre, ein Ersatzfahrzeug<br />

vorzuhalten, sich nach dem Unfall anderweitig überobligatorisch behilft und deshalb keinen<br />

konkreten Ausfallschaden nachweisen kann, berechtigt, den Nutzungsentgang nach der<br />

Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch zu berechnen.<br />

Bei teilweise gewerblich genutzten Fahrzeugen kann der Anspruch auf eine abstrakte<br />

Nutzungsausfallentschädigung nur für den Anteil der privaten Nutzung bestehen. Be<strong>im</strong><br />

Verhältnis von privater zu gewerblicher Nutzung ist nach § 287 ZPO an die von der<br />

Finanzverwaltung anerkannte Aufteilung anzuknüpfen (OLG Frankfurt, VersR 1987, 204;<br />

OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1194; Wenker, VersR 2000, 1082, 1083; abweichend KG, DAR<br />

1991, 335 und Born, NZV 1993, 7: der steuerrechtlich angesetzte Prozentsatz ist nicht stets<br />

maßgebend).<br />

Steht dem Eigentümer nach Beschädigung seines gewerblich genutzten Fahrzeugs ein<br />

gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung und werden ihm die Kosten für die Anmietung<br />

erstattet, so steht ihm eine Nutzungsentschädigung aber schon mangels eines „fühlbaren“<br />

wirtschaftlichen Nachteils nicht zu (BGH, Urt. v. 4.12.2007 – VI ZR 241/06, DAR 2008, 140,<br />

141).<br />

VIII. Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung;<br />

Prämiennachteile<br />

52


Mit Urteil vom 25.04.2006 (VI ZR 36/05, NJW 2006, 2397 = ZfS 2006, 680) hat der BGH<br />

entschieden, dass der Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte seine<br />

Kaskoversicherung in Anspruch n<strong>im</strong>mt, grundsätzlich auch bei nur anteiliger Haftung des<br />

Geschädigten Folge des unfallbedingten Schadens ist. Bei einer Haftungsverteilung von 50 zu<br />

50 ist danach auch der Rückstufungsschaden hälftig zu teilen. Die Fragen, ob und inwieweit<br />

die Anspruchnahme der Vollkaskoversicherung zum Ausgleich des Schadens erforderlich ist,<br />

wenn der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer die Regulierung ihres Schadensanteils<br />

sofort angeboten haben, oder ob der Geschädigte bei geringer Eigenbeteiligung, etwa nur mit<br />

der einfachen Betriebsgefahr, gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, wenn er<br />

sofort den Kaskoversicherer in Anspruch n<strong>im</strong>mt, werden vom BGH <strong>im</strong> Urteil vom 25.04.2006<br />

offen gelassen.<br />

In der Entscheidung vom 26.09.2006 (VI ZR 247/05, NJW 2007, 66, 67 = ZfS 2007, 87, 88<br />

mit Anm. Diehl) geht der BGH geht der BGH noch einen Schritt weiter. Danach muss der<br />

Geschädigte vor Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung grundsätzlich nicht die<br />

Mitteilung über die Regulierungsbereitschaft des Haftpflichtversicherers des Schädigers<br />

abwarten, er kann sich – ohne Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht – sofort an<br />

seine Vollkaskoversicherung wenden.<br />

Tomson (VersR 2007, 923, 925) und Diehl (ZfS 2007, 88, 89) weisen darauf hin, dass eine<br />

sofortige Abrechnung über den Kaskoversicherer bei der gegnerischen<br />

Haftpflichtversicherung ungleich höhere Kosten auslösen kann. Tomson (VersR 2007, 923<br />

925) ist der Auffassung, ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht könne dann<br />

vorliegen, wenn der von der Kaskoversicherung zu regulierende Schadensbetrag mit dem<br />

Mehraufwand bei Inanspruchnahme der Kaskoversicherung in keinem vernünftigen<br />

Verhältnis steht. Derartige Konstellationen könnten sich insbesondere dann ergeben, wenn der<br />

Geschädigte mit einer Quote von einem Drittel oder weniger selbst haftet und es sich um<br />

einen „kleineren Schaden“ handelt.<br />

IX. Unkosten-, Ab- und Anmeldungspauschale<br />

1. Allgemeine Auslagenpauschale<br />

Die allgemeine Auslagenpauschale beziffert sich seit dem 01.01.2002 auf 20,00 € (KG, Urt. v.<br />

04.12.2006 – 12 U 206/05, NZV 2007, 409; KG, OLGR 2006, 252 und OLGR 2005, 994 =<br />

MDR 2006, 568; LG Stade, NZV 2004, 254). Einige Gerichte halten 25,00 € (OLG München,<br />

Urt. v. 27.01.2006 – 10 U 4904/05, NZV 2006, 261 = DAR 2006, 692 und AG Rüdeshe<strong>im</strong>,<br />

NZV 2007, 245) bzw. 30,00 Euro (AG Starnberg, Urt. v. 28.02.2007 – 2 C 2213/06, DAR<br />

2007, 593) für angemessen.<br />

2. Ab- und Anmeldungskosten bei Totalschaden<br />

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Die Kosten für die Abmeldung des unfallbeschädigten Fahrzeugs sowie die Anmeldung des<br />

neu angeschafften Fahrzeugs können auf 75,00 € geschätzt werden (OLG Düsseldorf, Urt. v.<br />

20.02.2006 – 1 U 137/05, NZV 2006, 415, 417; auch OLG Stuttgart, DAR 2000, 31, 33: 150<br />

DM). Nach anderer Ansicht besteht ein Anspruch auf Ersatz der Ummeldekosten nur dann,<br />

wenn diese tatsächlich angefallen und nachgewiesen sind (KG, Urt. v. 04.12.2006 – 12 U<br />

119/05, DAR 2008, 25: kein Anspruch auf Abrechnung fiktiver Kosten; OLG Köln, NZV<br />

1991, 429: konkrete Darlegung erforderlich).<br />

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