RÜCKBLICK
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Vertreter von Politik, Justiz und Polizeiwesen eingeladen hatte. Politische Gespräche im Vorfeld,<br />
bei denen der Generalsekretär auf deutscher wie auf italienischer Seite auf großes Interesse an<br />
dieser Thematik gestoßen war, sowie deren offensichtliche Dringlichkeit im europäischen Kontext<br />
gaben den Anstoß, die Fachtagung in der Villa auszurichten. Als hilfreich bei der Vorbereitung<br />
erwies sich die enge Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes,<br />
Hans-Ludwig Zachert, und mit dem Büro des Präsidenten der italienischen Abgeordnetenkammer,<br />
Luciano Violante, der, nicht zuletzt als ehemaliger Vorsitzender der parlamentarischen “Anti-<br />
Mafia-Kommission”, die Initiative begrüßt und seine Teilnahme von Anfang an zugesagt hatte. So<br />
fand unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen am 1. Juli ein hochrangig besetztes Kolloquium<br />
statt, das Rechtsexperten aus Deutschland und Italien sowie prominente italienische “Mafia-Jäger”<br />
versammelte. Zum Teilnehmerkreis gehörten Staatsanwalt Pier Luigi Vigna, der Leiter der<br />
nationalen italienischen Zentralstelle für Untersuchungen gegen die Mafia (DNA), Prof. Carlo<br />
Federico Grosso, der stellvertretende Vorsitzende des Obersten Justizrates in Italien (CSM),<br />
General Carlo Alfiero, der Leiter der Abteilung für polizeiliche Ermittlungen im Zusammenhang<br />
mit Mafiaverbrechen (DIA), Alberto Bradanini vom Wiener UN-Büro für Drogenkontrolle und<br />
Verbrechensprävention sowie die Schweizer Bundesanwältin Carla Del Ponte, berühmt durch ihre<br />
Amtshilfe bei der Aufdeckung von Korruption im Zusammenhang mit der Aktion “mani pulite”.<br />
Auf deutscher Seite nahmen neben Hans-Ludwig Zachert der SPD-Bundestagsabgeordnete und<br />
Rechtsexperte Otto Schily, jetzt Bundesinnenminister, und Staatssekretär Dr. Kuno Böse vom Senat<br />
für Inneres aus Berlin teil.<br />
Luciano Violante eröffnete die Gesprächsrunde mit einem dramatischen Szenario, indem er<br />
unter anderem auf die Dimension des “Bruttokriminalprodukts” und auf das Gefälle zwischen der<br />
Geschwindigkeit kriminiellen internationalen Geldtransfers dank moderner<br />
Kommunikationstechnologien und der mühsamen, zeitaufwändigen Rekonstruktion solcher<br />
Tranfers durch die Polizei verwies. “Ein Monat vergeht, bis eine Transaktion von 20 Minuten<br />
aufgeklärt ist.” Die düstere Diagnose wurde von den anderen Teilnehmern ergänzt und gipfelte in<br />
Otto Schilys Prognose: “Wenn wir die organisierte Kriminalität nicht zurückdrängen, werden<br />
unsere ökonomischen, sozialen und politischen Strukturen nicht überleben”. Daß gerade die<br />
länderübergreifende Zusammenarbeit der Polizei zu wünschen übrig läßt und daß die<br />
Rechtsprechung in Europa nicht ausreichend harmonisiert ist, wurde von den Anwesenden kritisiert,<br />
diskutiert wurde die Einrichtung einer europäischen Staatsanwaltschaft und eines europäischen<br />
Strafgerichtshofes. Der Tatsache, daß rechtsstaatliche Justiz und Polizei im Kampf gegen die sich<br />
rasch formierenden neuen internationalen Verbrecherkartelle “hinterherhinken”, konnten nur<br />
wenige Erfolgsmeldungen gegenübergestellt werden. Immerhin bewertete Carla del Ponte es als<br />
Fortschritt bei der Verbrechensbekämpfung, daß in der Schweiz Bankfachleute zu den Ermittlungen<br />
hinzugezogen werden und daß die Beweislast bei beschlagnahmtem Geld umgekehrt wurde: Der<br />
Besitzer muß nachweisen, woher das Geld kommt. Die Bedeutung des Expertenkolloquiums in der<br />
Villa Vigoni nicht nur für den Informationsaustausch auf operativer, sondern auch auf politischer<br />
Ebene kam durch die Teilnahme von Frau Professor Rita Süssmuth zum Ausdruck. Trotz des<br />
gedrängten Programms nahmen sich die Präsidentin des Deutschen Bundestages und der Präsident<br />
der Italienischen Abgeordnetenkammer die Zeit für ein Vier-Augen-Gespräch und für einen<br />
Spaziergang durch den Park der Villa Vigoni in Begleitung des Generalsekretärs und des deutschen<br />
Präsidenten des Vereins Villa Vigoni, Erich B. Kusch. Bei der abschließenden Pressekonferenz<br />
betonten Rita Süssmuth und Luciano Violante die Notwendigkeit supranationaler Strukturen bei der<br />
Verbrechensbekämpfung. Die Veranstaltung fand erwartungsgemäß ein lebhaftes Echo in den<br />
Medien, und auf Seiten der Teilnehmer wurde nachdrücklich der Wunsch geäußert, diesem<br />
Expertengespräch weitere ähnliche Treffen folgen zu lassen. Nicht zuletzt wird zu der guten<br />
Gesprächsatmosphäre der prächtige Rahmen beigetragen haben, der durch ein Klavierkonzert des<br />
jungen, aus Loveno stammenden Pianisten Antonello Rizzella am Vorabend des Kolloquiums<br />
zusätzlich bereichert wurde.