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Keine Leichen im Keller – Tatsachen, Hintergründe ... - Body Worlds

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17.11.2003<br />

Gunther von Hagens<br />

<strong>Keine</strong> <strong>Leichen</strong> <strong>im</strong> <strong>Keller</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Tatsachen</strong>, <strong>Hintergründe</strong> und Folgerungen<br />

Eine Stellungnahme zu den angeblichen <strong>Leichen</strong>skandalen in Novosibirsk (Russland)<br />

und Bishkek (Kirgisien) <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Ausstellung KÖRPERWELTEN<br />

Übliche <strong>Leichen</strong>beschaffung für Anatomische Institute<br />

Enthüllungs-Stories, insbesondere wenn es um angebliche<br />

<strong>Leichen</strong>beschaffungs-Kr<strong>im</strong>inalität geht, erfreuen sich sowohl<br />

hoher Einschaltquoten als auch großer Leserschaft.<br />

Seit <strong>Leichen</strong> für die Anatomie gebraucht werden, wurden<br />

sie gespendet, gehandelt und gestohlen. Die Anatomen der<br />

Renaissance erhielten <strong>Leichen</strong> von Hingerichteten, stahlen<br />

sie selbst vom Galgen oder kauften sie von Grabräubern, in<br />

England in einem nachgewiesenen Fall sogar von Mördern.<br />

Von Leonardo da Vinci wird berichtet, dass er gestohlene<br />

<strong>Leichen</strong> vom Galgen unter seinem Bett versteckte.<br />

Die staatliche Macht reagierte unterschiedlich darauf. In<br />

England wurde 1832 das "Anatomy Act", das Anatomiegesetz,<br />

vom Parlament verabschiedet, das seither die<br />

Verwendung von <strong>Leichen</strong> für anatomische Zwecke penibel<br />

kontrolliert. Noch heute n<strong>im</strong>mt diese Aufgabe ein Beauftragter<br />

der Majestät, "Her Majesty’s Inspector of Anatomy",<br />

wahr.<br />

In Kontinentaleuropa ging man einen anderen Weg. Hier<br />

wurde die Bereitstellung von <strong>Leichen</strong> für anatomische<br />

Studien- und Lehrzwecke durch Gesetze sichergestellt, die<br />

best<strong>im</strong>mten, dass herrenlose <strong>Leichen</strong> an Anatomische<br />

Institute zu übergeben seien. Damit wurde gleichzeitig<br />

einer möglichen <strong>Leichen</strong>beschaffungskr<strong>im</strong>inalität der Boden<br />

entzogen. Die so genannten preußischen Runderlasse<br />

vom 9. Juni und 10. Dezember 1889 definierten die Fälle, in<br />

denen die Ablieferung der Leiche an die Anatomie vorgeschrieben<br />

war. Dies war vor allem bei Tod durch<br />

Selbstmord oder Hinrichtung, bei Tod eines Strafgefangenen<br />

oder bei Fehlen von Angehörigen vorgesehen. Die<br />

Runderlasse bilden noch heute in den meisten Bundesländern<br />

die gesetzliche Grundlage zur <strong>Leichen</strong>beschaffung für<br />

anatomische Zwecke; in Baden-Württemberg wurde diese<br />

Regelung zuletzt 1974 mit einem entsprechenden Erlass<br />

erneuert und in ihren Grundzügen bestätigt. Entsprechend<br />

dieser Gesetzeslage war es bis in die achtziger Jahre in<br />

Deutschland üblich, dass herrenlose <strong>Leichen</strong> von Sozialämtern<br />

sowie aus Nervenheilanstalten und Gefängnissen in<br />

Anatomische Institute überführt wurden. Wie selbstverständlich<br />

diese Handhabung war, spiegelt ein Bericht in der<br />

BILD-Zeitung vom 13.7.1972 wider:<br />

“Für 40 Mark verkaufen die bayerischen Kr<strong>im</strong>inalaußenstellen<br />

nicht identifizierte* <strong>Leichen</strong> als "Lehrmaterial"an<br />

die Münchner Universität. Das bestätigte<br />

gestern das bayerische Innenministerium und der Kripo-Chef<br />

der Polizeidirektion Oberbayern, Kr<strong>im</strong>inaldirektor<br />

Ludwig Kremhelmer (58). „Mit dem Geld,<br />

das wir für die <strong>Leichen</strong> bekommen, bessern wir unseren<br />

knapp bemessenen Büro-Etat auf”, erklärten<br />

übereinst<strong>im</strong>mend die Dienststellenleiter. Von den 40<br />

Mark werden Bleistifte, Locher, Kugelschreiber,<br />

Schreibmaschinen-Farbbänder und kleiner anfallende<br />

Reparaturen in den Büros bezahlt.<br />

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kr<strong>im</strong>inalbeamter,<br />

Werner Korn (31): „Die acht Mark <strong>im</strong><br />

Vierteljahr, die jeder Beamte bekommt, reichen hinten<br />

und vorne nicht. Aber das Innenministerium hat eine<br />

Etat-Erhöhung abgelehnt.”<br />

*Anmerkung: <strong>im</strong> rechtlichlichen wie anatomischen<br />

Sprachgebrauch werden “nicht identifizierte <strong>Leichen</strong>” als<br />

“herrenlose <strong>Leichen</strong>” bezeichnet.<br />

Erst nach der Halbierung des Sterbegeldes am 1.1.1989<br />

wuchs in der Bevölkerung das Interesse an der Körperspende<br />

für anatomische Zwecke nachhaltig, so dass die<br />

Anatomischen Institute Deutschlands zunehmend ihren


<strong>Leichen</strong>bedarf aus Körperspenden decken konnten und<br />

sich schließlich die Verwendung herrenloser <strong>Leichen</strong> erübrigte.<br />

In Baden-Württemberg wurde aufgrund dieser<br />

neuen Situation in einem Beschluss am 13.2.1989 empfohlen,<br />

den damals gültigen Erlass von 1974 zur Verwendung<br />

herrenloser <strong>Leichen</strong> auszusetzen, jedoch nur unter der<br />

Voraussetzung, dass "die Versorgung der Anatomischen<br />

Institute mit <strong>Leichen</strong> auf Dauer auch dann sichergestellt ist,<br />

wenn die Universitäten sich auf die Annahme von <strong>Leichen</strong><br />

beschränken, für die eine Zust<strong>im</strong>mung des Verstorbenen zu<br />

dessen Lebzeiten oder seiner Angehörigen vorliegt" (MWK<br />

Baden-Württemberg, Az: 2-740.73/14).<br />

In den meisten Ländern sind jedoch nach wie vor herrenlose<br />

<strong>Leichen</strong> die ausschließliche (z. B. Russland und Kirgisien),<br />

die hauptsächliche (z. B. VR China) oder neben der<br />

Körperspende eine zusätzliche (z. B. USA) Quelle von<br />

Anatomieleichen.<br />

Körperspendeprogramm und irreversible Anonymisierung<br />

Um anatomische Präparate als Plastinate auch anderen universitären<br />

Lehreinrichtungen gegen Aufwandsentschädigung<br />

abgeben zu können, habe ich bereits 1983, also 6 Jahre<br />

nach Erfindung der Plastination, in selbst auferlegter Verpflichtung<br />

ein Körperspendeprogramm begonnen. Später<br />

habe ich dieses Programm zur Grundlage der Ausstellung<br />

KÖRPERWELTEN gemacht, insbesondere für die dort<br />

gezeigten Ganzkörperplastinate, ohne dass ich dazu vom<br />

Gesetzesgeber verpflichtet gewesen wäre, denn die Verwendung<br />

so genannter herrenloser <strong>Leichen</strong> ist entsprechend<br />

der heute gültigen Rechtsprechung nach wie vor<br />

legal. Das Körperspendeprogramm umfasst inzwischen<br />

5.600 Spenderinnen und Spender; über 250 <strong>Leichen</strong> habe<br />

ich bisher aus diesem Spendeprogramm erhalten. In gut<br />

begründeter, alter anatomischer Tradition werden die erhaltenen<br />

Körperspenden anonymisiert; die Rückverfolgung<br />

der Individualität einzelner Präparate ist nicht möglich.<br />

Die Selbstverpflichtung, für die Ganzkörperpräparate der<br />

Ausstellung KÖRPERWELTEN ausschließlich Körperspenden<br />

zu verwenden, führte unerwartet dazu, dass<br />

zunächst vereinzelt Kritiker und Medien und später (2003)<br />

auch die Stadtverwaltung München <strong>im</strong> Streit um das<br />

Ausstellungsverbot die Offenlegung der Präparateherkunft<br />

als Beweis für diese Selbstverpflichtung forderten. Sie verlangten<br />

von mir den Nachweis, welches Plastinat konkret<br />

von welchem Körperspender stammt, um bei Nichterfüllung<br />

ihr Gesuch nach einem Ausstellungsverbot begründen<br />

zu können. Durch diese Forderung entstand in der Öffentlichkeit<br />

der Eindruck, dass ich dazu gesetzlich verpflichtet<br />

wäre. Dagegen ist festzustellen, daß es für diese Selbstverpflichtung<br />

zur ausschließlichen Verwendung von Ganzkörperpräparaten<br />

in der Ausstellung KÖRPERWELTEN<br />

keine gesetzliche Forderung gibt. Von juristischer Seite<br />

kommt es vielmehr darauf an, dass alle in der Ausstellung<br />

gezeigten Plastinate auf legalem Weg in meinen Besitz<br />

gelangt sind.<br />

Zur Identität anatomischer Präparate ist grundsätzlich festzustellen,<br />

dass die Offenlegung der personalen Herkunft -<br />

also welches Präparat von welchem Menschen stammt - für<br />

anatomische Dauerpräparate noch nie gefordert wurde.<br />

Bekannt ist dies am besten bei Skeletten, die bis auf wenige<br />

Ausnahmen namenlos verwendet werden.<br />

Die irreversible Anonymisierung anatomischer Präparate<br />

ist unverzichtbar. Denn die Trauerleiche erhält - als nichthandelsfähiges<br />

Objekt (res extra commercium) von Trauer<br />

und Mitgefühl - erst dadurch, sowie durch dauerhafte<br />

Konservierung und administrative Best<strong>im</strong>mung für Forschung<br />

und Lehre, sachrechtliche Eigenschaften. Damit<br />

entfällt für Plastinate als trockene anatomische Dauerpräparate<br />

auch die Bestattungspflicht. Unterstrichen wird dies<br />

durch die schriftliche Verfügung der Körperspender, auf<br />

eine Beerdigung oder Verbrennung grundsätzlich zugunsten<br />

der Plastination zu verzichten. Die irreversible<br />

Anonymisierung der Plastinate ist auch deshalb unverzichtbar,<br />

um die Hinterbliebenen der Körperspender vor<br />

Sensationsjournalismus wirksam abzuschirmen. Denn wie<br />

die tägliche Praxis zeigt, sind in deutschen Verwaltungen<br />

Informationen vor Medienveröffentlichungen nicht sicher.<br />

Als ich beispielsweise öffentlich beschuldigt wurde, illegal<br />

einen Gorilla zu besitzen, wurde das Herkunftsdokument<br />

am 2.10.2003 dem Umwelt- und Naturschutzamt der Stadt<br />

Heidelberg vorgelegt. Obgleich mir wegen des Medieninteresses<br />

Vertraulichkeit zugesichert wurde, rief bereits 3<br />

Stunden später der erste Journalist an, der wusste, dass der<br />

Gorilla aus dem Zoo Hannover stammt.<br />

In der Vergangenheit wurde mir <strong>im</strong>mer wieder vorgeworfen,<br />

in der Ausstellung stünden Präparate von Menschen,<br />

die dies nie gewollt hätten. Die Glaubwürdigkeit dieser<br />

Vorwürfe scheitert jedoch daran, dass der Beweis dafür<br />

prinzipiell nicht erbracht werden kann. Denn kein Außenstehender,<br />

auch kein Gast des Institut für Plastination, ist in<br />

der Lage, den Weg einer Leiche bis zum Präparat zu verfolgen,<br />

geschweige denn zu dokumentieren. Genauso wenig<br />

kann aber auch ich nicht das Gegenteil beweisen. Dieser<br />

Beweisschwäche wird von den Medien mit den erprobten<br />

Regeln der Skandalproduktion begegnet: die Berichterstattung<br />

ist einseitig, “Kronzeugen” kommen zu Wort,<br />

deren Glaubwürdigkeit und Motivation nicht hinterfragt<br />

wird. <strong>Tatsachen</strong>behauptungen werden anonymen Personen<br />

in den Mund gelegt (“Mitarbeiter behaupten”) oder es werden<br />

fehlende Beweise mit Formulierungen wie “die Spur<br />

führt zu ...” übergangen. Selbst wenn es so wäre, hätten solche<br />

Vorwürfen keine strafrechtliche Relevanz, da, wie oben<br />

erläutert, die Verwendung herrenloser <strong>Leichen</strong> für anatomische<br />

Zwecke gängige Praxis war und ist.<br />

<strong>Leichen</strong> <strong>im</strong> Sinne des Bestattungsgesetzes<br />

Gegner der Ausstellung haben in der Vergangenheit mehrfach<br />

versucht, die Ausstellung KÖRPERWELTEN mit<br />

dem Argument zu Fall zu bringen, Plastinate seien <strong>Leichen</strong><br />

<strong>im</strong> Sinne des Bestattungsgesetzes. Zur Klärung dieser Frage<br />

ist die Analyse der Sacheigenschaften und deren Gegenüberstellung<br />

maßgeblich. Diese hilft auch bei der Beurteilung,<br />

ob ein praktizierter Umgang mit einer Leiche bzw.<br />

einem Plastinat als angemessen oder unangemessen bewertet<br />

werden kann. In der folgenden Tabelle habe ich die<br />

Sacheigenschaften von Trauerleichen denen von natürlichen<br />

Skeletten und Plastinaten gegenübergestellt. Der Vergleich<br />

zeigt, dass ein natürliches Skelett, das anerkanntermaßen<br />

keine Leiche ist, der Trauerleiche ähnlicher ist als ein Plastinat,<br />

besteht es doch zu 70% aus Kunststoff.<br />

2


Qualität Trauerleiche Plastinat Skelett<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

Anonymität<br />

nein<br />

ja<br />

ja<br />

Unverweslichkeit nein ja ja<br />

Nützl. Zweckbest<strong>im</strong>mung nach dem Tod nein ja ja<br />

Trockenheit nein ja ja<br />

Geruchsfreiheit nein ja ja<br />

Anatomisches Aussehen nein ja ja<br />

Intensiver Arbeitsaufwand nein ja ja<br />

Fremdstoffanteil (Kunststoff) nein ja nein<br />

Verfremdung (90 - 95%) nein ja ja<br />

Zollnummer als Präparat 97050000 nein ja ja<br />

Internat. als Model o. Präparat klassifiziert nein ja ja<br />

Tabelle - Qualitäten von Trauerleiche <strong>im</strong> Vergleich zu Plastinat und Skelett (Autor: Gunther von Hagens)<br />

Das Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts<br />

(Gaedke, 8. Auflage) sagt dazu: „Unter einer Leiche <strong>im</strong><br />

Sinne des Bestattungsrechts ist der Körper eines Verstorbenen<br />

zu verstehen, solange sein Zusammenhang durch den<br />

Verwesungsprozess oder auf andere Weise noch nicht völlig<br />

aufgehoben ist und daher nicht mehr von seiner Individualität<br />

gesprochen werden kann.” Damit ist die Verweslichkeit<br />

unverzichtbarer Bestandteil der <strong>Leichen</strong>, die<br />

Plastinaten als trockene Dauerpräparate nicht eigen ist.<br />

<strong>Leichen</strong>skandale um die KÖRPERWELTEN<br />

In der Vergangenheit wurde ich wiederholt aufs Schwerste<br />

in den Medien beschuldigt, ich würde mir unrechtmäßig<br />

und auf illegalen Wegen <strong>Leichen</strong> für die Ausstellung<br />

KÖRPERWELTEN beschaffen, insbesondere aus Russland<br />

und Kirgisien. Im Ergebnis wurde meiner Person wie<br />

auch der Ausstellung KÖRPERWELTEN ein schwerer<br />

Imageschaden zugefügt. In Berlin wurde ich als Folge dieser<br />

Rufschädigung beispielsweise mehrfach auf offener<br />

Straße wegen des “illegalen <strong>Leichen</strong>klaus in Novosibirsk”<br />

besch<strong>im</strong>pft. Und aus Schulen wurde mir berichtet, dass<br />

ganze Klassen aufgrund dieser Berichterstattung vom<br />

Ausstellungsbesuch abgesehen haben, denn “es muss ja<br />

schon etwas dran sein an solchen Vorwürfen”. Es hat eine<br />

Verurteilung meiner Person durch die Medien stattgefunden,<br />

obgleich mir an den in Rede stehenden Orten<br />

Russlands und Kirgisiens selbst niemals ein begründeter<br />

Vorwurf gemacht wurde und ich auch in dieser Sache nachweislich<br />

zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer staatsanwaltschaftlichen<br />

Ermittlung gewesen war. Der vermeintliche<br />

<strong>Leichen</strong>skandal ist einzig und allein mediengemacht.<br />

Es scheint zwei hauptsächliche Nutznießer und damit<br />

Förderer solch mediengemachter <strong>Leichen</strong>skandale um die<br />

KÖRPERWELTEN zu geben: eifernde Politiker und Skandaljournalisten.<br />

Politiker: Wer sich gegen ein solch überaus populäres<br />

Ereignis wie die KÖRPERWELTEN ausspricht, kann<br />

sicher sein, mit seiner Meinung ausführlicher als jeder Befürworter<br />

in den Medien gewürdigt zu werden. Der Chef<br />

der Münchener Stadtverwaltung, Herr Blume-Beyerle,<br />

erlangte durch sein versuchtes Verbot überregionale<br />

Bekanntheit. Der Präsident der Hamburger Ärztekammer,<br />

Dr. med. Michael Reusch, wurde durch seine Forderung<br />

nach einem Ausstellungsverbot ebenso bundesweit bekannt.<br />

Doch noch nützlicher - weil zur Verfolgung politischer<br />

Ziele geeignet - sind <strong>Leichen</strong>skandale für Politiker in<br />

Russland und Kirgisien, weil sich dort die mit solchen<br />

Verdächtigungen verbundene politische Publizität zur<br />

Durchsetzung von Machtansprüchen nutzen lässt. Gerade<br />

in diesen Staaten sind Gerüchte, Willkür, Verdächtigungen<br />

und Beziehungen oftmals ein gängigeres und erfolgreicheres<br />

Mittel als Rechtstaatlichkeit, um Gegner auszuschalten.<br />

Weil mit <strong>Leichen</strong>skandalen populistisch Emotionen auf<br />

breiter Front zu aktivieren sind, verwundert es nicht, dass<br />

in Novosibirsk mit Hilfe des Skandals alte Rechnungen der<br />

Zollbehörden untereinander beglichen wurden: So wurden<br />

Zollbeamte in Novosibirsk entlassen. Wenn dann - wie in<br />

diesem Fall - die Gerichte erst nach gut zwei Jahren alle<br />

Anklagten freisprechen, ist der politische Kampf schon ausgefochten,<br />

der Skandal hat seine Schuldigkeit getan.<br />

In Kirgisien wurde inzwischen in ähnlicher Manier der<br />

Rektor der Medizinischen Akademie Prof. Akylbekow aufgrund<br />

abenteuerlicher Vorwürfe entlassen und - als dies zu<br />

peinlich wurde - zur Kündigung genötigt. Ebenso verlor<br />

der leitende Pathologe Dr. Turganbaev seine Anstellung,<br />

indem er “freiwillig” kündigte.<br />

Skandaljournalisten: Die Internationalisierung des Skandals<br />

erhöht die Wirkung <strong>im</strong> eigenen Land. So kommt es zur<br />

Allianz von Lokalpolitikern und Skandaljournalisten. Der<br />

Politiker kann seine Machtansprüche durchsetzen. Die Medien,<br />

und in diesem Fall besonders der Fernsehsender<br />

MDR (Mitteldeutscher Rundfunk) mit der Sendung<br />

“FAKT” und das Magazin der “STERN”, können ihre<br />

Sensation verkaufen. Der Verdacht wird durch falsche und<br />

einseitige Information hinreichend glaubhaft gemacht.<br />

Mögliche Gegendarstellungen werden vermieden, wenn<br />

3


sich die Redaktionen bei den entscheidenden Falschinformationen<br />

auf die Meinungen anderer beziehen. Da wird ein<br />

Präparator zum Gerichtsmediziner, da werden Örtlichkeiten<br />

vertauscht, solide Quellen wie beispielsweise die<br />

Rektoren der Universitäten ausgeblendet und “Kronzeugen”<br />

kommen zu Wort, deren Unglaubwürdigkeit aktenkundig<br />

ist.<br />

Beispiel Novosibirsk:<br />

Am 18.11.2003 meldet “russland aktuel!” (www.russlandonline.ru):<br />

“Freispruch <strong>im</strong> <strong>Leichen</strong>handels-Prozess: Im Zusammenhang<br />

mit der Ausstellung “KÖRPERWELTEN”<br />

endete gestern der Prozess gegen den Leiter der<br />

Gerichtsmedizin von Nowosibirsk, Wlad<strong>im</strong>ir Nowosjolow,<br />

mit einem Freispruch. ... Die wissenschaftliche<br />

Zusammenarbeit zwischen dem Heidelberger<br />

Institut für Plastination und der staatlichen Nowosibirsker<br />

Medizinischen Akademie begann <strong>im</strong> Mai<br />

1999. Im Jahr 2001 will von Hagens anatomische<br />

Präparate aus Nowosibirsk erhalten haben, um sie für<br />

den Unterricht an der russischen Universität zu plastinieren.<br />

In seiner Ausstellung “KÖRPERWEL-<br />

TEN” seien die <strong>Leichen</strong> aus Russland nicht verwendet<br />

worden, erklärte der Anatom <strong>im</strong> März. Außerdem<br />

seien überhaupt nur Körper von Menschen präpariert<br />

worden, die sich schon zu Lebzeiten der Wissenschaft<br />

verschrieben haben. Der Vorwurf, dass dies bei den<br />

Nowosibirsker <strong>Leichen</strong> nicht der Fall gewesen sei,<br />

scheint nun entkräftet. Einige Angehörige sagten vor<br />

Gericht aus, dass sie nicht bereit gewesen seien, ihre<br />

Angehörigen beerdigen zu lassen. Das Nowosibirsker<br />

Gericht befand, dass der Handel mit <strong>Leichen</strong> und<br />

<strong>Leichen</strong>teilen legal gewesen sei, da alle erforderlichen<br />

Unterlagen vorlagen.”<br />

dpa, die Deutsche Presseagentur berichtete darüber<br />

deutlich einseitiger:<br />

“Freispruch <strong>im</strong> Prozess um <strong>Leichen</strong> für “KÖRPER-<br />

WELTEN-Schau". Moskau/Heidelberg (dpa) - Mit<br />

einem Freispruch ist der letzte russische Gerichtsprozess<br />

um den angeblichen Verkauf Dutzender<br />

<strong>Leichen</strong> an die deutsche Anatomie-Ausstellung<br />

“KÖRPERWELTEN” zu Ende gegangen. Der Leiter<br />

der Gerichtsmedizin von Nowosibirsk, Wlad<strong>im</strong>ir<br />

Nowosjolow, trage keine Verantwortung für den<br />

<strong>Leichen</strong>transport nach Deutschland, urteilte ein<br />

Gericht in der sibirischen Stadt.”<br />

Diese dpa-Meldung behauptet in der Überschrift ihrer<br />

Meldung, dass es bei dem Prozess um <strong>Leichen</strong> für die<br />

“KÖRPERWELTEN-Schau” gegangen wäre. Das ist<br />

falsch. Es ging lediglich darum, ob die Ausfuhr anatomischer<br />

Präparate für das Institut für Plastination in<br />

Deutschland rechtens war. Dass alle notwendigen Unterlagen<br />

vorlagen und dass Angehörige ausgesagt haben, sie<br />

seien nicht bereit gewesen, ihre Angehörigen zu beerdigen,<br />

also das eigentliche Ergebnis der Prozesse, wird in der dpa-<br />

Meldung verschwiegen.<br />

Das MDR-Nachrichtenmagazin “FAKT”, ARD, meldete<br />

vor zweieinhalb Jahren, am 05.3.2001, zum Fall<br />

Nowosibirsk unter anderem:<br />

“Tatsächlich finden sich auch in der Berliner<br />

Ausstellung deutliche Spuren, die Rückschlüsse auf<br />

den eigentlichen Ursprung der Toten zulassen. An<br />

einem der Exponate sind spezielle Tätowierungen in<br />

kyrillischer Schrift zu erkennen. Sie deuten auf einen<br />

ehemaligen Lagerhäftling hin. Die Symbole sind charakteristisch<br />

für das kr<strong>im</strong>inelle Milieu in der Ex-<br />

Sowjetunion."<br />

Ich konnte jedoch an Hand alter Kataloge schon damals<br />

nachweisen, dass dieses Plastinat sich bereits in der<br />

Ausstellung befand, bevor die wissenschaftliche Zusammenarbeit<br />

mit Nowosibirsk begann (Abbildung <strong>im</strong> Katalog<br />

der KÖRPERWELTEN in Wien). Darüber hinaus war die<br />

Tätowierung so verwaschen, dass sie genau so gut eine<br />

nackte Frau hätte darstellen können. Weil man dies bei<br />

“FAKT” wusste, sprach man von “speziellen Tätowierungen<br />

in kyrillischer Schrift” (Unterstreichung “speziell”<br />

durch den Autor).<br />

Weiter hieß es:<br />

“FAKT” liegen jedoch Dokumente der obersten<br />

Zollbehörde vor, die belegen, dass die <strong>Leichen</strong>fracht<br />

gegen russisches Recht verstößt. Das Bestattungsgesetz<br />

besagt ausdrücklich, dass jeder Russe selbst<br />

entscheiden soll, was nach dem Ableben mit seinem<br />

Körper passiert.”<br />

Mir ist nichts von Dokumenten der obersten Zollbehörde<br />

bekannt; “FAKT” hat die angeblich vorliegenden Dokumente<br />

auch nie gezeigt.<br />

Es ist nicht zu erwarten, dass “FAKT” die wahren<br />

<strong>Hintergründe</strong> des “Skandals” recherchiert und nennt oder<br />

auch nur vom Freispruch berichten wird. In russischen<br />

Zeitungen konnte man einiges darüber lesen. Zum Beispiel,<br />

dass der Präparate-Transport zur Begleichung alter<br />

Rechnungen zwischen der Moskauer zentralen Zollbehörde<br />

und dem Nowosibirsker Zoll instrumentalisiert<br />

wurde. Der Plan, den Rektor der Akademie Prof. Efremow<br />

auf diese Weise los zu werden, damit an dessen Stelle die<br />

Frau des Gouverneurs treten könne <strong>–</strong> so russische<br />

Zeitschriften <strong>–</strong> ging jedoch nicht auf. Prof. Efremow wurde<br />

wieder gewählt.<br />

Beispiel Bishkek, Kirgisien<br />

Das Strickmuster des Kirgisien-Skandals ist dem in<br />

Nowosibirsk ähnlich. Der Abgeordnete Tashtanbekov, der<br />

Volksdeputierter einer kleinen Splitterpartei, ist daran<br />

interessiert, den Rektor der Medizinischen Akademie und<br />

Volksdeputierten Prof. Akylbekov zugunsten seiner Partei<br />

zu entmachten. Wie jeder Deputierte in Kirgisien hat er das<br />

Recht eine Untersuchung einzuleiten. Mit einseitigen und<br />

unwahren Untersuchungsergebnissen macht er <strong>im</strong> Parlament<br />

St<strong>im</strong>mung gegen Anatomische Präparation überhaupt<br />

und fordert politische Konsequenzen. Inzwischen ist der<br />

Rektor der Medizinischen Akademie und Volksdeputierte<br />

Prof. Akylbekov, der sich wie kein anderer für die<br />

Entwicklung der Akademie engagierte, auf Grund der<br />

Intrige “freiwillig” zurückgetreten.<br />

In den “Enthüllungen” des MDR-Magazins “FAKT” und<br />

dem “STERN” wird Tashtanbekov als “Kronzeuge” zitiert.<br />

Die Unglaubwürdigkeit dieses Abgeordneten ist jedoch<br />

derart augenfällig, dass man hier nicht mehr von solider<br />

journalistischer Recherche sprechen kann (Die seriöse<br />

4


BBC, die den “Skandal” von Anfang an journalistisch<br />

begleitete, hielt es <strong>–</strong> ob der unbewiesenen und teilweise<br />

abstrus wirkenden Anschuldigungen des Abgeordneten<br />

Tashtanbekov <strong>–</strong> bis heute nicht für angebracht, überhaupt<br />

darüber zu berichten.).<br />

So behauptete er vor dem Parlament und in Interviews, die<br />

durch Schrift-, Ton- und Videoprotokolle belegt sind, unter<br />

anderem:<br />

(1) Tashtanbekov: „Das Institut für Plastination in Heidelberg<br />

ist nichts weiter als eine Garage von 8x8 Metern.”<br />

Falsch: In Wirklichkeit arbeiten dort 35 Mitarbeiter in 5<br />

Gebäuden.<br />

(2) Tashtanbekov: „Es gibt eine namentliche Liste für den<br />

Versand nach Deutschland vorbereiteter Körper.”<br />

Falsch: Die angesprochene Liste führt Ganzkörperpräparate<br />

auf, die mit gefärbtem Kunststoff injiziert<br />

wurden. In dieser Liste sind die Namen der Mitarbeiter<br />

angegeben, die die Injektionen durchgeführt haben,<br />

jedoch nicht die Namen der Verstorbenen.<br />

(3) Tashtanbekov: „Die Methode der Biokorrosion wurde<br />

von unseren Wissenschaftlern unter der Leitung von<br />

Prof. Gabitow V. Ch. ausgearbeitet. Die Methode wurde<br />

wahrscheinlich von Prof. Gunther von Hagens patentiert,<br />

da gemäß den Angaben von Herrn Gabitow die<br />

Untersuchungsprotokolle an ihn gesandt worden sind.”<br />

Falsch: Prof. Gabitow hat nie mit der Biokorrosion gearbeitet,<br />

sie wurde nie patentiert, weil sie schon <strong>im</strong> 17.<br />

Jahrhundert angewendet wurde. Ich habe darüber bisher<br />

weder etwas veröffentlicht, noch ist die Methode patentierbar,<br />

da bereits bekannt.<br />

(4) Tashtanbekov: “In einer der Konferenzen in Russland<br />

sagte von Hagens, dass er Körper kauft ... dies war in<br />

Nowosibirsk.”<br />

Falsch: Ich habe nie an einer Konferenz in Russland teilgenommen,<br />

war nie in Nowosibirsk und habe auch nie<br />

behauptet, Körper zu kaufen.<br />

(5) Tashtanbekov: “Ein Professor kam zu mir und sagte,<br />

dass einige Menschen in Kirgisien noch mit von Hagens<br />

kommunizieren und dass es da kein großes Problem mit<br />

einer Partnerschaft gäbe. Wenn all diese Menschen die<br />

Hilfe der Gesetze in Anspruch nehmen, dann wird von<br />

Hagens nicht in der Lage sein, nur 10 Millionen Dollar<br />

zu zahlen, damit der Fall geschlossen wird.<br />

Wahrscheinlich wird die Verurteilung auf 100 Millionen<br />

Dollar hinauslaufen.”<br />

Kommentar GvH: Nach meinen Erfahrungen in Russland<br />

und in Kirgisien ist diese Aussage als Korruptionsangebot<br />

zu sehen. Etwa nach dem Motto, wenn ich 1<br />

Million auf die Hand zahle, dann wird der Fall gleich<br />

geschlossen.<br />

(6) Tashtanbekov: „Die Sache ist, daß er sich selbst nicht<br />

Doktor nennt. Er nennt sich selbst so etwas wie einen<br />

“Avantgardist und Künstler.”<br />

Falsch: Ich bin weder dieser Meinung, noch habe ich<br />

dies je von mir behauptet.<br />

(7) Tashtanbekov: „Ich habe ein Videoband vorbereitet.<br />

Ich habe vor, es an von Hagens’ Ehefrau zu senden. Und<br />

ich denke, sie wird es wirklich mögen. Es hat den Titel<br />

“Erotische Eroberungen des von Hagens”. In einem<br />

Apartment wurde von Hagens mit einer versteckten Kamera<br />

gefilmt, wie er mit weiblichen Studentinnen der<br />

Medizinischen Akademie zusammen war. Ihm aber<br />

wurde gesagt, dass es Prostituierte wären.”<br />

Kommentar GvH: Natürlich ist ein solches Band bisher<br />

nicht aufgetaucht, weil es ein solches nicht geben kann.<br />

(8) Tashtanbekov zur Sekretärin: „Können Sie mir die<br />

Liste mit den Todesfällen durch Gewalt geben?”<br />

Journalist fragt: „Wer, meinen Sie, hat sie umgebracht?”<br />

Tashtanbekow: „Der Verdacht ist, dass von Hagens dahinter<br />

steckt, dass er angeheuert hat ...”<br />

Meldungen der kirgisischen Nachrichtenagentur AKIpress<br />

zu diesem Thema waren den Autoren vom “STERN”<br />

bzw. dem MDR-”FAKT”-Beitrag keine Zeile Wert. AKIpress<br />

meldete am 24.10.2003:<br />

“Wer steht hinter dem “<strong>Leichen</strong>-Skandal?”<br />

Diese Frage der Informationsagentur AKIpress vom<br />

24. Oktober 2003 beantwortete der Rektor der Kirgisischen<br />

Staatlichen Medizinischen Akademie, Herr<br />

Iskender Akylbekov.<br />

„Wissen Sie, ich kann diese Frage nicht mehr beantworten.<br />

Bis jetzt dachte ich, dass dies eine Wahlkampagne<br />

von Leuten sei, die sich durch laute Skandale<br />

als Verteidiger des Volkes profilieren wollen. Darüber<br />

hinaus steht hinter dem Skandal Professor Valerij<br />

Gabitow. Als die Staatsanwaltschaft und das Innenministerium<br />

seine Angelegenheiten einer etwas genaueren<br />

Prüfung unterzogen, hat er begriffen, dass die<br />

finanziellen Vergehen seine Angelegenheit sind”,<br />

äußerte Akylbekov.<br />

Und Akylbekov fuhr fort: „Herr Gunther von<br />

Hagens wird fälschlicherweise beschuldigt. Ja, er war<br />

der Direktor des Zentrums für Plastination an der<br />

KSMA. Es existiert jedoch ein Gründungsvertrag<br />

vom 20. Februar 1997. In diesem Vertrag überträgt<br />

von Hagens die Vollmachten in Kirgistan an Herrn<br />

Gabitow; Gabitow erhält alle Vollmachten einer juristischen<br />

Person. Es ist natürlich sehr leicht mit unlauteren<br />

Mitteln zu agitieren, alles vom Schuldigen auf<br />

den Unschuldigen zu laden und he<strong>im</strong>lich zu verschwinden.<br />

...”<br />

Zur Haltlosigkeit der Argumente des Magazins<br />

“STERN” 46/2003 “<strong>Leichen</strong> <strong>im</strong> <strong>Keller</strong>”, belegt an<br />

Einzelbeispielen:<br />

Herkunftsorte der Toten bekannt<br />

“STERN”: „Von Hagens bestreitet auch, die kirgisischen<br />

Herkunftsorte der Toten gekannt zu haben.”<br />

GvH: Ich habe nie bestritten, die Herkunftsorte nicht gekannt<br />

zu haben. Ich habe lediglich behauptet, dass ich für<br />

die <strong>Leichen</strong>beschaffung nicht zuständig war und ich es mir<br />

nicht angemaßt habe, den kirgisischen Professoren vorzuschreiben,<br />

woher sie ihre <strong>Leichen</strong> beziehen. In meiner<br />

Stellungnahme zum Artikel, für die mir der “STERN” am<br />

Sonntag, den 2.11.2003, von 22.14 Uhr bis Montag, 3. Nov<br />

2003, 12 Uhr, nur 14 Stunden Zeit zur Stellungnahme gab,<br />

schrieb ich: „... Bei diesen Körpern handelt es sich nach den<br />

mir gegebenen Auskünften von Prof. Gabitow um herrenlose<br />

<strong>Leichen</strong>, deren anatomische Verwendung gesetzlich so<br />

geregelt ist, dass es nicht den geringsten Zweifel an der<br />

Rechtmäßigkeit dafür gibt. Ich habe mich um weitere<br />

<strong>Hintergründe</strong> nicht gekümmert, weil dies auch nicht meine<br />

5


Aufgabe war. ...”<br />

Weder Verantwortung auf Partner geschoben, noch<br />

Kooperationsvertrag gekündigt<br />

“STERN”: „Als 2001 herauskam, dass die Medizinische<br />

Akademie von Nowosibirsk 56 <strong>Leichen</strong> zweifelhaften<br />

Ursprungs an das Heidelberger Institut geliefert hatte,<br />

schob er die Verantwortung auf seine Partner und kündigte<br />

den Kooperationsvertrag.”<br />

GvH: Ich habe die Verantwortung nie auf meine Partner<br />

geschoben; es ist klar <strong>im</strong> Kooperationsvertrag geregelt, dass<br />

ich mit der <strong>Leichen</strong>beschaffung nichts zu tun habe. Konnte<br />

ich auch nicht, denn ich war nie in Nowosibirsk. Ich habe<br />

die Dokumente geprüft und auf Wunsch von Herrn Prof.<br />

Efremow, dem Rektor der Akademie in Nowosibirsk, die<br />

Zusammenarbeit gekündigt (siehe Kopie des deutschen<br />

Originaldokuments Nr. 9 in der Anlage).<br />

Auch kirgisische Wissenschaftler wollen warmes Essen<br />

haben<br />

“STERN”: „Damit sich der lange Rückweg von Heidelberg<br />

nach Bishkek lohnte, transportierte der Lastwagen<br />

allerlei medizinische Geräte und Computer, aber auch<br />

Haushaltsgeräte, wie Kühlschränke und Mikrowellen,<br />

deklariert als humanitäre Hilfe und damit steuerfrei.”<br />

GvH: Hier wird der Eindruck erweckt, dass ich Haushaltsgeräte<br />

zum eigenen Vorteil eingeführt hätte. Richtig<br />

ist, dass die Mitarbeiter in Kirgisien in einer eigens etablierten<br />

Küche ihr Mittagessen einnehmen <strong>–</strong> dafür wurden die<br />

Haushaltsgeräte nachprüfbar eingeführt.<br />

Schulwissen ist gefragt: Diffusionsgeschwindigkeit ist<br />

nicht vom Alter des Gewebes abhängig<br />

“STERN”: „Für die Plastination sind junge Körper am<br />

besten. Körper, die älter als 50 Jahre sind, taugen nicht”,<br />

sagt ein Mitarbeiter in Kirgisien.”<br />

GvH: Da es sich be<strong>im</strong> Plastinationsverfahren um einen<br />

Diffusionsprozess <strong>im</strong><br />

Vakuum handelt, bei dem<br />

Kunststoff die Zellwände<br />

durchwandert, hat das Alter<br />

überhaupt keinen Einfluss<br />

auf die Plastinationsfähigkeit.<br />

Diese Behauptung ist<br />

eine Beleidigung der meisten<br />

Körperspender, da deren<br />

Durchschnittsalter bei 53 Jahren<br />

liegt. Der beste Beweis<br />

für die Unsinnigkeit dieser<br />

Behauptung ist das Plastinat<br />

des Körperspenders, den ich<br />

Plastinat eines 72-jährigen Mannes<br />

in England öffentlich autopsiert<br />

habe. Das Plastinat ist von ausserordentlicher Qualität<br />

- dabei verstarb der Körperspender <strong>im</strong> Alter von 72 Jahren.<br />

beweist, habe ich die Zusammenarbeit aufgekündigt. Und<br />

zwar aus folgenden Gründen (Zitat):<br />

„Die Gründe der Beendigung der Zusammenarbeit liegen<br />

vor allem in folgendem:<br />

(1) Die Buchführung ... ist seit Monaten ungenügend.<br />

(2) Ich werde nur unzureichend über Missstände informiert.<br />

(3) Der VW-Bus wird weiterhin von Dir als Privatauto<br />

benutzt.<br />

(4) Alkoholisiert in der Universität zu erscheinen, Mitarbeiter<br />

anzuschreien, über Tage ... nicht zum Dienst zu<br />

erscheinen ... ist ... unwürdig ...“ (siehe deutsches<br />

Originaldokument Nr. 9 in der Anlage).<br />

Nach Beendigung der Zusammenarbeit stellte sich unter<br />

anderem heraus, dass Prof. Gabitow Dokumente gefälscht,<br />

überwiesene Steuern nicht abgeführt und Mitarbeiter unter<br />

Druck gesetzt hatte, um gefälschte Dokumente zu unterzeichnen.<br />

Diese Vorwürfe sind in Bishkek aktenkundig.<br />

Dem Mitarbeiter Dr. Sui Hongjin habe ich gekündigt<br />

und nicht umgekehrt.<br />

“STERN”: „Auch Dr. Sui Hongjin, der half, das Zentrum<br />

in Dalian aufzubauen, hat sich von ihm distanziert. Zitat:<br />

„Er hat sich verändert. Wenn er mal Wissenschaftler war <strong>–</strong><br />

jetzt ist er purer Geschäftsmann“ sagt der ehemalige<br />

Freund, “er hat erkannt, was für ein glänzendes Business<br />

die Ausstellungen sind. Als ich sagte, dass ich das<br />

Unternehmen verlasse, bekam ich massive Schwierigkeiten<br />

mit ihm“, sagt Dr. Sui.“<br />

GvH: In Wirklichkeit ist es umgekehrt. Ich habe Dr. Sui<br />

Hongjin eineinhalb Jahre in Deutschland ausgebildet. Als<br />

er <strong>im</strong>mer wieder krank wurde, bin ich den Gründen nachgegangen<br />

und musste <strong>im</strong> Frühjahr 2002 feststellen, dass er<br />

seit einem Jahr mit dem in meinem Unternehmen erworbenen<br />

Know-How und zum Teil auf meine Kosten ein<br />

Konkurrenzunternehmen aufgebaut hatte. Daraufhin zur<br />

Rede gestellt, hat er das Unternehmen verlassen. Inzwischen<br />

hat er angekündigt in Kürze seine eigene KÖRPER-<br />

WELTEN-Ausstellung zu eröffnen. In Zeitungsinterviews<br />

macht er dafür bereits Werbung; die in diesem Zusammenhang<br />

veröffentlichten Plastinate zeigen z. B. einen kopierten<br />

"Hautmann".<br />

Dokumente belegen: Ich habe die Zusammenarbeit mit<br />

Professor Gabitow beendet und nicht umgekehrt.<br />

“STERN”: „Sein kirgisischer Statthalter Professor Gabitow<br />

hat sich <strong>im</strong> Streit getrennt. ...”<br />

GvH: Wie mein Brief an Prof. Gabitow vom 1.12.2001<br />

6


Auschwitz-Vergleich ist eine Beleidigung von KZ-<br />

Opfern wie Körperspendern gleichermaßen.<br />

“STERN”: „So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt der<br />

Leiter der Bishkeker Gerichtmedizin Bakybjek Turdalijew.<br />

„Solche Bilder kennt man sonst nur aus Auschwitz.”<br />

GvH: Solche Bilder kennt jeder Rechtsmediziner von<br />

Exhumierungen, sowie jeder Anatom vom Ende des<br />

Präparierkurses; trocknende und verwesende <strong>Leichen</strong><br />

sehen nun mal nicht schöner aus. Die Verhältnisse in den<br />

Sektionsbereichen Bishkeks sind vorbildlich für Russland<br />

und Kirgisien. In Bishkek habe ich in die Verbesserung der<br />

Infrastruktur und <strong>Leichen</strong>aufbewahrung allein rund<br />

175.000 Euro investiert. Den dortigen Kühlraum habe ich<br />

installiert. Als ich Prof. Gabitow kündigte, war der<br />

Kühlraum leer, denn <strong>Leichen</strong> für die Plastination werden<br />

durch Formalininjektion fixiert und nicht eingefroren.<br />

Foto: Der Gerichtsmediziner ...<br />

Der neben der Leiche rauchende Herr ist kein Rechtsmediziner.<br />

Es handelt sich vielmehr um den Sektionsgehilfen Sergrej<br />

Netkapie; er verfügt über keine spezielle medizinische Ausbildung.<br />

Das Gruselfoto ist in der Rechtsmedizin aufgenommmen,<br />

es zeigt den dort üblichen Alltag und keine <strong>Leichen</strong> aus<br />

oder für die Anatomie.<br />

Auch chinesische und kirgisische Professorentitel sind<br />

echt.<br />

STERN: „Einen echten Professoren-Titel aus Deutschland<br />

hat von Hagens nicht <strong>–</strong> nur einen als Gastprofessor in<br />

China.”<br />

GvH: Ich führe nicht nur den Titel des “Gast-Professor” in<br />

China, sondern wurde auch zum “Ehrenprofessor” der<br />

Medizinischen Akademie in Bishkek, Kirgisien ernannt.<br />

Auch chinesische und kirgisische Professorentitel sind echt<br />

und ich sehe keinen Grund, mich derer zu schämen. Auf<br />

den Erhalt eines Professorentitels aus Deutschland lege ich<br />

keinen Wert; sonst hätte ich meine Universitätskarriere<br />

nicht schon vor mehreren Jahre in Deutschland aufgegeben.<br />

(siehe deutsche Originaldokumente Nr. 14 und 15 in der<br />

Anlage).<br />

In keiner Zweigstelle der Akademie gab es Fäulnisgestank.<br />

“STERN”: „In einer Zweigstelle der Akademie ... wegen<br />

des unerträglichen Fäulnisgestanks wurde dieses Labor<br />

außerhalb der Stadt eingerichtet.”<br />

GvH: Es gibt in dem in Rede stehenden Institut weder<br />

einen unerträglichen Fäulnisgestank, noch handelt es sich<br />

hier um eine Zweigstelle der Akademie. Die in Kirgisien<br />

entwickelte enzymatische Korrosion ist praktisch geruchsfrei.<br />

Sie wird deshalb auch in der Medizinischen Akademie<br />

in der Stadt durchgeführt. Neben meiner Tätigkeit an der<br />

Medizinischen Akademie bin ich auch noch wissenschaftlich<br />

am Institut für Hochgebirgsphysiologie und Patho-<br />

Physiologie tätig; dieses Institut ist in keiner Weise eine<br />

Zweigstelle der Medizinischen Akademie.<br />

Die in der Akademie “gefundenen” <strong>Leichen</strong> wurden nach<br />

dem Ende der Zusammenarbeit gesammelt.<br />

“STERN”: „Doch wer sich in der Medizinischen Akademie<br />

in Bishkek umschaut, mit der von Hagens eng zusammenarbeitet,<br />

bekommt Zweifel. ... Doch bei einer Razzia<br />

fanden die Fahnder <strong>im</strong> <strong>Keller</strong> der Medizinischen Akademie<br />

stapelweise zusammengefrorene <strong>Leichen</strong>, die nicht nur<br />

nicht untersucht waren, sondern teilweise sogar noch bekleidet<br />

<strong>–</strong> und zum Teil schon seit zwei Jahren dort lagerten.”<br />

GvH: Wie mein Brief an Prof. Gabitow nachweist, besteht<br />

diese Kooperation schon seit zwei Jahren nicht mehr, nämlich<br />

seit 2001. Dies stellt selbst der “STERN” in seinem<br />

Artikel fest. “<strong>Leichen</strong> ... die ... zum Teil schon seit zwei<br />

7


Jahren dort lagerten”, gehen mich daher gar nichts an.<br />

Warum Gabitow die <strong>Leichen</strong> noch nach Aufkündigung der<br />

Kooperation gesammelt und eingefroren hat, ist mir nicht<br />

bekannt. Ich hatte zu dieser Zeit überhaupt keinen Zugang<br />

mehr zum von mir finanzierten Kühlraum der Anatomie.<br />

Prof. Gabitow hat schriftlich versichert, dass keine<br />

Plastinate der KÖRPERWELTEN aus Kirgisien stammen.<br />

“STERN”: „Doch nicht nur sein Int<strong>im</strong>us Prof. Gabitow<br />

erklärt, dass rund ein Drittel der Exponate in den<br />

KÖRPERWELTEN aus Kirgisien kommt ...”<br />

GvH: Herr Gabitow hat in einem Brief an den KGB am<br />

21.5.1998 selbst versichert: „Die Präparate wurden zudem<br />

in Deutschland gefertigt. Die Präparation vor der Silikonisierung<br />

selbst wurde überhaupt nicht von kirgisischen<br />

Mitarbeitern durchgeführt. Insofern ist es prinzipiell unmöglich,<br />

die Herkunft anzugeben.” (siehe deutsche Übersetzung<br />

des russischen Originaldokumentes Nr. 7 in der<br />

Anlage).<br />

“FAKT”: „Vergangene Woche: Diskussionen <strong>im</strong> kirgisischen<br />

Parlament. Für den Plastinator sind alle Anschuldigungen<br />

haltlos - die Aussagen seines ehemaligen Leiters<br />

Rache für dessen Entlassung. Doch seine Rechtfertigungsversuche<br />

gehen weitestgehend in Protesten der Abgeordneten<br />

unter.”<br />

GvH: Das Gegenteil ist richtig. Die Abgeordneten haben<br />

mit großer Mehrheit dafür gest<strong>im</strong>mt, mich zu hören.<br />

Unruhe gab es anfangs nur, weil ein Parlamentarier forderte,<br />

ich solle meinen Hut abnehmen.<br />

Behauptungen aus der TV-Sendung “FAKT” vom<br />

03.11.2003 “Neues zur KÖRPERWELTEN-Ausstellung“:<br />

<strong>Keine</strong> Organe und Körperteile für Deutschland<br />

“FAKT”: „Plastiktonnen voll menschlicher Organe ...<br />

Körperteile, vorbereitet für den Abtransport nach<br />

Deutschland.”<br />

GvH: Diese Präparate sind aus Deutschland nach Bishkek<br />

geschickt worden. Dies lässt sich durch Versandpapiere und<br />

durch Zeugenaussagen belegen.<br />

Nicht wenige, sondern viele Präparate kamen als Lehrmaterial<br />

nach Kirgisien zurück<br />

“FAKT”: „Nur wenige Präparate kamen als Lehrmaterial<br />

nach Kirgistan zurück.”<br />

GvH: Insgesamt 4.658 anatomische Präparate mit einem<br />

Gesamtgewicht von 13.713,00 kg wurden auf LKWs von<br />

Heidelberg nach Bishkek geschickt. Bei diesen 4.658<br />

Präparaten handelt es sich um 1.242 Plastinate (513 plastinierte<br />

Silikonpräparate, 729 plastinierte Körperscheiben<br />

und 3.416 Formalinpräparate).<br />

Bis 2001 wurden alle herrenlosen <strong>Leichen</strong> an der<br />

Akademie für 1 Monat aufbewahrt<br />

“FAKT”: „Für den Parlamentsabgeordneten Taschtanbekov<br />

ist klar: „Fast alle, die auf den langen Listen der verarbeiteten<br />

<strong>Leichen</strong> aufgeführt werden, waren weder<br />

Körperspender noch unbekannte Tote.”<br />

GvH: Meines Wissens nach wurden bis 2001 alle herrenlosen<br />

<strong>Leichen</strong> am Anatomischen Institut den Gesetzen<br />

Kirgisiens entsprechend mindestens einen Monat eingefroren<br />

aufgehoben und erst danach konserviert. Die<br />

Beschwerde läuft damit ins Leere, weil dies gängige Praxis<br />

in Kirgisien sowie in Russland ist.<br />

Erläuterungen gingen nicht <strong>im</strong> Protest der Abgeordneten<br />

unter<br />

Kein Widerspruch in meinen Aussagen zu Plastinaten<br />

aus Kirgisien in der Ausstellung<br />

“FAKT”: „Gunther von Hagens: „Ich möchte eindeutig<br />

klar stellen, dass ich niemals jemanden aus Kirgistan für die<br />

Ausstellung plastiniert habe.“ Doch damit widerspricht<br />

sich Gunther von Hagens selbst. Denn <strong>im</strong> Februar 2001, als<br />

er der Öffentlichkeit noch ein kirgisisches Körperspendeprogramm<br />

weismachen wollte, bestätigte der Plastinator<br />

etwas ganz anderes: Gunther von Hagens: „Dass ich zusätzlich<br />

jetzt auch Körperspender aus Kirgisien und China<br />

hineinstelle - Warum? Einfach auch in Anerkennung der<br />

Leistungen der Präparatoren, die dort vor Ort mithelfen.”<br />

GvH: Hier gibt es keinen Widerspruch. In der Tat habe ich<br />

<strong>im</strong> Februar 2001 gesagt, dass ich jetzt auch Körperspender<br />

aus Kirgisien und China hineinstellen werde. Doch 2001<br />

war auch das Jahr, indem ich die Zusammenarbeit mit<br />

Herrn Prof. Gabitow aus den bekannten Gründen (siehe<br />

oben und Anlage) kündigte. Zudem ergab eine Recherche<br />

in China, dass ich für die Verwendung chinesischer<br />

Körperspender in der Ausstellung langwierige behördliche<br />

Genehmigungen benötigen würde. Deshalb habe ich<br />

schließlich darauf verzichtet. Es gab keinen Grund, deswegen<br />

damals eine öffentliche Erklärung abzugeben.<br />

Im übrigen habe ich 2001 nicht <strong>–</strong> wie “FAKT” behauptet <strong>–</strong><br />

der Öffentlichkeit ein kirgisisches Körperspendeprogramm<br />

weismachen wollen, sondern das Körperspendeprogramm<br />

existiert tatsächlich. Dies ist nachweislich durch die russische<br />

Körperspendebroschüre sowie anhand von erhaltenen<br />

Körperspenden aus dieser Zeit beweisbar (siehe Auszüge<br />

aus der russischen Körperspenderbroschüre Dokumente<br />

Nr. 16 in der Anlage).<br />

Zur Forderung der Hamburger SPD die Ausstellung<br />

KÖRPERWELTEN zu schließen:<br />

8


Die Hamburger SPD fordert die KÖRPERWELTEN<br />

sofort zu schließen, „weil aus unserer Sicht gegen gültige<br />

Gesetze verstoßen werde”, so Fraktionschef Walter<br />

Zuckerer (aus: Hamburger Abendblatt, 10.11.2003: “SPD:<br />

KÖRPERWELTEN sofort schließen”).<br />

GvH: Es wurde keineswegs gegen gültige Gesetze verstoßen.<br />

Andernfalls wären diese Gesetzesübertretungen wohl<br />

auch <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Verbotsforderung genannt<br />

worden. Die Verwendung von herrenlosen <strong>Leichen</strong> für anatomische<br />

Zwecke ist in Deutschland und anderswo rechtens.<br />

Details zu diesen Regelungen wurden in der<br />

Einleitung oben erläutert.<br />

Zitate aus einem Artikel in der “Welt”, 7.11. 2003, S. 27,<br />

Autor: Matthias Kamann<br />

„Was will der Mann mit 30 Tonnen Menschenfleisch ...<br />

schon diese 29.298 kg sind empörend. ... Wie aber kann in<br />

zivilisierten westlichen Staaten der für jenes exzessive Wirtschaftswachstum<br />

erforderliche Markt entstehen? ... Betreibt<br />

von Hagens nach außen hin zwar <strong>Leichen</strong>pornografie,<br />

innerhalb der Ausstellung jedoch Gesundheitspornografie.”<br />

GvH: In allen zivilisierten Staaten ist es Medizinstudenten<br />

zur Pflicht gemacht, an echten menschlichen Präparaten zu<br />

lernen. Deshalb werden in Deutschland Jahr für Jahr gut<br />

100 Tonnen “Menschenfleisch”, um <strong>im</strong> bewusst gewählten<br />

kannibalistischen Bezug zu bleiben, von Medizinstudenten<br />

verbraucht. Was ist daran empörend? Empörend ist es,<br />

wenn echte menschliche Präparate nur von Auserwählten,<br />

nämlich den Studenten der reichen Länder, verwendet werden<br />

dürfen. Dabei sind Plastinate gerade für arme, insbesondere<br />

tropische Länder ganz besonders notwendig, wo<br />

Nasspräparate besonders schnell vertrocknen. Auch deshalb<br />

liefere ich Fertigplastinate in Länder wie Burkina Faso,<br />

Honduras, Mexiko oder die Karibik.<br />

Ist die Ausstellung KÖRPERWELTEN Gesundheitspornografie,<br />

dann trifft dies für jeden anatomischen Unterricht<br />

an echten Präparaten zu.<br />

Engagement in Novsibirsk und in Bishkek ist ein außergewöhnlicher<br />

Beitrag für die anatomische Wissenschaft<br />

und Forschung auf rechtsstaatlicher Grundlage.<br />

(1) Der Vertrag mit der KSMA, der Kirgisischen Staatlichen<br />

Akademie, und dem Institut für Plastination in Heidelberg<br />

lässt jegliche Verwendung von Präparaten aus Kirgisien für<br />

Lehr-, Forschungs- und Aufklärungszwecke einschließlich<br />

internationaler Ausstellungen zu. Zitat aus der Vereinbarung<br />

mit der KSMA vom 20. Februar 1997, vertreten durch<br />

Rektor I.K. Akylbekov, über die Gründung eines Plastinationszentrums<br />

an der Staatlichen Medizinischen Akademie:<br />

Ҥ 3.1. Es gilt, Ausstellungen und Plastinationsmuseen mit<br />

plastinierten Präparaten <strong>im</strong> Inland und Ausland zu organisieren.”<br />

(2) Ich habe ohne jede staatliche Hilfe in Bishkek, Kirgisien,<br />

ein Plastinationsmuseum aufgebaut, das über 1.600 Plastinate<br />

beherbergt. 4.500 Formalinpräparate wurden zu Unterrichtszwecken<br />

nach Bishkek geschickt und 30 kirgisische<br />

Wissenschaftler erhielten eine dauerhafte Anstellung in der<br />

Plastinationsforschung. 20 Wissenschaftler waren in<br />

Deutschland zur Ausbildung.<br />

(3) Es gibt kein Gesetz, das es mir verbietet, anatomische<br />

Präparate, egal in welcher Menge, nach Deutschland einzuführen.<br />

Seit es Anatomie gibt, ist deren internationaler<br />

Austausch nicht beschränkt. Plastinate sind “Anatomische<br />

Sammlungsstücke” und werden unter der Zollklassifizierungsnummer<br />

97050000 versandt. Diese Zollnummer<br />

umfasst per definitionem “Zoologische, botanische, mineralogische<br />

und anatomische Sammlungsstücke und Sammlungen”.<br />

(4) Es gibt keine Gesetzesvorschrift, die es verbieten würde,<br />

legal in meinen Besitz gelangte Präparate öffentlich auszustellen.<br />

Die selbst auferlegte Verpflichtung, nur Ganzkörperpräparate<br />

von Körperspendern in die Ausstellung zu<br />

stellen, dient dazu, dem Wunsch der Körperspender nach<br />

Ausstellung gerecht zu werden, sie dient gleichzeitig der<br />

Werbung für das Körperspendeprogramm.<br />

(5) Es gibt keine Gesetzesvorschrift, die verlangt, dass ich<br />

Plastinate nicht dauerhaft anonymisieren dürfte.<br />

Einseitiger Thesenjournalismus von “FAKT” (MDR)<br />

und “STERN” als Bärendienst an anatomischer Wissenschaft<br />

und Entwicklungshilfe.<br />

Deutsche Presseveröffentlichungen wirken auch ins Ausland.<br />

Die einseitigen und falschen Darstellungen von<br />

“FAKT” und “STERN” haben in Kirgisien wesentlich zur<br />

neuen Entwicklung beigetragen. Sowohl der Rektor der<br />

Medizinischen Akademie als auch der Leiter des Hochgebirgsinstituts<br />

und damit die beiden Protagonisten der<br />

Plastinationsforschung in Bishkek, Kirgisien, sind nicht<br />

mehr <strong>im</strong> Amt. Sie wurden zur Kündigung genötigt bzw.<br />

entlassen. Damit haben die 30 von mir in Kirgisien finanzierten<br />

Mitarbeiter ihre Anstellung verloren. Mein Engagement<br />

in Kirgisien kann derzeit nicht weitergeführt werden.<br />

Hinzu kommt, dass die mehrheitlich seriöse deutsche<br />

Medienlandschaft durch solche Berichte diskreditiert wird.<br />

In Kirgisien ist zwischenzeitlich weithin bekannt, wie sich<br />

der Fall wirklich darstellt.<br />

Über Erfinder, Demokratisierung, Kr<strong>im</strong>inalisierung,<br />

Titelei und Schlussfolgerungen.<br />

Erfinder waren selten zu Lebzeiten anerkannt. Eine große<br />

Ausnahme macht hier mein großes Vorbild “Edison”, der<br />

seine Forschungen und Erfindungen selbst finanzierte und<br />

auch nur an wirtschaftlich lohnenden Erfindungen interessiert<br />

war. Über den wirtschaftlichen Erfolg der Ausstellung<br />

KÖRPERWELTEN wird in Teilen der Medien zunehmend<br />

in einer Weise berichtet, als dass ich mich dafür schämen<br />

müsste. Dabei realisiere ich nichts mehr und nichts weniger<br />

als die Forderungen moderner Kulturpolitik, dass sich<br />

Ausstellungen und Museen möglichst selbst finanzieren<br />

sollten. Nicht Geld verdienen an sich ist lobenswert oder<br />

verwerflich, sondern was man mit dem verdienten Geld<br />

macht.<br />

Ich glaube zutiefst an die Kraft der Demokratie. Dies<br />

äußert sich auch gerade darin, dass der einfache Bürger<br />

millionenfach in die ausschließlich von konservativen<br />

Intellektuellen verdammte Ausstellung strömt, um sich<br />

dort zu bilden und sich selbst neu zu erfahren. <strong>Keine</strong><br />

Ausstellung ist gegenwärtig beliebter als die Ausstellung<br />

KÖRPERWELTEN. Ich habe mit ihr die Gunst der Laien,<br />

der breiten Masse, gewonnen und die vieler Intellektueller<br />

verloren. Doch damit kann ich gut leben.<br />

9


So sehr ich Kritik als willkommenen Gegensatz zu meinen<br />

eigenen Wünschen und als ständige Entscheidungshilfe<br />

schätze, so wehre ich mich doch gegen eine unverfrorene<br />

Kr<strong>im</strong>inalisierung meiner Person in einigen Medien, insbesondere<br />

von Seiten des “MDR” und “STERN". Als unbescholtener<br />

Staatsangehöriger dieses Landes habe ich Anspruch<br />

auf vorurteilsfreie Berichterstattung.<br />

Die Verwendung einseitiger, gefilterter oder schlichtweg<br />

falscher Argumente als Mittel der kommunikatorischen<br />

Manipulation kannte ich bisher nur aus meiner Zeit als<br />

DDR-Bürger. Aber vielleicht stehen einige Mitarbeiter des<br />

“MDR” in Leipzig noch in dieser Tradition.<br />

Von den massiven Vorwürfen aus der Berichterstattung der<br />

Vergangenheit, wie z. B. <strong>im</strong> Fall Nowosibirsk ist nichts<br />

übriggeblieben. Bis heute hat sich das Magazin “FAKT”<br />

nicht bei mir entschuldigt.<br />

Von erst kürzlich erhobenen Anschuldigungen, die man<br />

anhand von Ermittlungsverfahren und Hausdurchsuchungen<br />

zu legalisieren versuchte, ist ebenfalls nichts übrig<br />

geblieben. Das Verfahren der Staatsanwaltschaft wegen<br />

angeblicher Gesetzesverstöße bei der Plastination eines<br />

Gorillas wurde eingestellt. Das gleiche trifft für den<br />

Vorwurf der Störung der Totenruhe anlässlich einer<br />

Fotostrecke von Plastinaten in der Zeitschrift “MAX” zu,<br />

die nächtens vor Münchener Sehenswürdigkeiten abgelichtet<br />

wurden. Bleibt der Vorwurf, ich hätte mich in China als<br />

ehemaliger Professor der Universität Heidelberg ausgegeben.<br />

Dies habe ich durch Dokumente eindeutig widerlegen<br />

können. Das Dalian Hi-Tech Zone Investment Bureau<br />

bestätigte mir: „... Dr. Gunther von Hagens never stated<br />

that he h<strong>im</strong>self is a professor in Heidelberg University, and<br />

also didn’t provide any identity proof concerning professorship<br />

in Heidelberg University. ...” (siehe englische Übersetzung<br />

des russischen Originaldokumentes Nr. 17 in der<br />

Anlage). Auch Ding Na, Sekretärin an der Von Hagens<br />

Plastination (Dalian) Co., Ltd. bestätigt: „... Seit 1999<br />

nehme ich an allen wichtigen Meetings mit Mitarbeitern,<br />

Gästen und Behördenvertretern als Protokollführerin teil.<br />

Dort, als auch meines Wissens bei keiner anderen<br />

Gelegenheit, hat Gunther von Hagens je den Anschein<br />

erweckt oder gar behauptet, Professor an der Universität<br />

Heidelberg, Deutschland, gewesen zu sein. ...” (siehe deutsche<br />

Übersetzung des chinesischen Originaldokumentes<br />

Nr. 18 in der Anlage).<br />

Darüber hinaus wurde <strong>im</strong> beweisführenden Dokument<br />

meine Unterschrift gefälscht.<br />

Um den Erwartungen meines Publikums und insbesondere<br />

der Körperspender an mich als Erfinder und Wissenschaftler<br />

gerecht werden zu können - nämlich die Plastinationstechnik<br />

weiter zu entwickeln und beständig bessere, noch<br />

nie gesehene Plastinate zu präsentieren, wieder Patente<br />

anzumelden und wissenschaftliche Veröffentlichungen zu<br />

schreiben - ist es in Zukunft unabdingbar, weniger Angriffsflächen<br />

für Verleumdungen zu bieten. Deshalb habe<br />

ich entschieden:<br />

(1) Ich werde keine anatomischen Präparate mehr aus<br />

Staaten der ehemaligen Sowjetunion oder ähnlichen Staaten<br />

zu Forschungs-, Lehr- oder Plastinationszwecken annehmen<br />

und auch die zwischenzeitlich mit der Medizinischen<br />

Akademie in Nowosibirsk beendete Zusammenarbeit nicht<br />

wieder aufnehmen.<br />

(2) Ich werde grundsätzlich keine Titel mehr führen und<br />

auch keine weiteren Titel mehr annehmen. Mit “Gunther<br />

von Hagens, Plastinator“ ärgere ich weder Fachkollegen<br />

noch Kirchenvertreter. Ich übe allenthalten einen Beruf aus,<br />

den ich selbst erfunden habe.<br />

Für die Richtigkeit<br />

gezeichnet Gunther von Hagens<br />

(Plastinator)<br />

Anlagen:<br />

Nachfolgende Dokumente/Anlagen erhalten Sie auf<br />

Anfrage be<strong>im</strong> Institut für Plastination. Sie sind darüber hinaus<br />

unter www.koerperwelten.com, Rubrik “Presse”,<br />

abrufbar.<br />

(1) Erste Vereinbarung mit der KSMA <strong>–</strong> 14.5.1996<br />

(2) Bitte von Rektor Mursalejev zur Gründung eines Plastinationszentrums<br />

an der KSMA <strong>–</strong> 1.11.1996<br />

(3) Vertrag über die Errichtung des Plastinationszentrums<br />

an der KSMA <strong>–</strong> 20.2.1997<br />

(4) Statut des Plastinationszentrums <strong>–</strong> 3.3.1997<br />

(5) Erinnerung an die Pflichten von Prof. Gabitow als Koordinator<br />

<strong>–</strong> 5.4.1997<br />

(6) Erklärung zur Übernahme der Buchhaltung durch Prof.<br />

Gabitow - 8.4.1997<br />

(7) Erklärung von Prof. Gabitow gegenüber dem KGB -<br />

21.5.1998<br />

(8) Arbeitsunterbrechung wegen administrativer Probleme<br />

<strong>–</strong> 19.11.2001<br />

(9) Brief an Prof. Gabitow über die Beendigung der Zusammenarbeit<br />

<strong>–</strong> 1.12.2001<br />

(10) Brief an den Rektor der KSMA wegen “administrative<br />

Probleme” <strong>–</strong> 12.1.2002<br />

(11) Protokoll 2 und 3 über die Entlassung von Prof.<br />

Gabitow <strong>–</strong> 26.2.2002<br />

(12) Laudatio zur Verleihung der Ehrenprofessur der<br />

KSMA <strong>–</strong> 9.11.2000<br />

(13) Ernennung zum Mitglied des Beratungsrates der<br />

KSMA <strong>–</strong> 29.4.2003<br />

(14) Schreiben an das Ministerium für Wissenschaft und<br />

Forschung des Landes NRW <strong>–</strong> 4.12.2003<br />

(15) Änderungsbescheid des Ministerium für Wissenschaft<br />

und Forschung des Landes NRW <strong>–</strong> 15.5.2003<br />

(16) Titel, Seite 3 und 4 der russischen Körperspender-<br />

Broschüre, Druckauflage 2001<br />

(17) Bestätigung des Dalian Hi-Tech-Zone Investment Promotion<br />

Bureau (Seal) <strong>–</strong> 3.11.2003<br />

(18) Erklärung zur Vorlage bei einer deutschen Behöre von<br />

Ding Na <strong>–</strong> 16.10.2003<br />

(19) Erklärung zur Vorlage bei einer deutschen Behörde<br />

von Christina Bannuscher <strong>–</strong> 16.10.2003<br />

10


Anhang<br />

I. Das Woher und Wohin der Präparate des Institut für<br />

Plastination (IfP)<br />

Die Zielsetzung des IfP in Heidelberg ist eine Zweifache.<br />

Zum einen werden Plastinate für die Ausstellung<br />

KÖRPERWELTEN zum Zweck der Laienaufklärung<br />

gefertigt, zum anderen werden anatomische Präparate für<br />

Forschung, Wissenschaft und Lehre hergestellt.<br />

Ziel des IfP ist es insgesamt, die anatomische Lehre allgemein,<br />

die medizinische Aufklärung der Bevölkerung <strong>im</strong><br />

besonderen sowie den anatomischen Unterricht an den<br />

Universitäten zu verbessern. Dieses Ziel wird durch folgende<br />

Maßnahmen und Projekte verfolgt:<br />

(1) Organisation, Durchführung und ständige Weiterentwicklung<br />

der Ausstellung KÖRPERWELTEN; Fertigung<br />

von Präparaten für diese Ausstellung; mittelfristig:<br />

Etablierung einer dritten Ausstellung sowie langfristig die<br />

Etablierung eines Menschenmuseums an einem festem<br />

Standort.<br />

(2) Herstellung und Weitergabe anatomischer Präparate<br />

ausschließlich an Institute der Anatomie, Pathologie und<br />

Rechtsmedizin an Universitäten in der ganzen Welt.<br />

(3) Weitergabe anatomischer Präparate gegen Zahlung eines<br />

angemessenen Herstellungsaufwandes zum Zwecke der<br />

Operationsübungen, so z. B. Schläfenbeine für die Ausbildung<br />

von HNO-Ärzten.<br />

(4) Weitergabe anatomischer Präparate für die studentische<br />

Ausbildung gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung<br />

für die Herstellung.<br />

(5) Weitergabe anatomischer Präparate an etablierte<br />

Naturwissenschaftliche Museen gegen Zahlung einer angemessenen<br />

Vergütung für die Herstellung.<br />

(6) Eigene Präparationen für einen Anatomischen Atlas<br />

sowie ein Computer-Anatomie-Projekt (CD-ROM).<br />

II. Plastinationsinstitutionen und Kooperationspartner<br />

Bei der Aufgabe der Verbesserung der anatomischen<br />

Bildung und Forschung wird das IfP von mehreren, zu diesem<br />

Zweck gegründeten wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

unterstützt, denen der Erfinder der Plastination, Gunther<br />

von Hagens, als wissenschaftlicher Direktor vorsteht,<br />

sowie von Kooperationspartnern, mit denen das IfP<br />

Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat.<br />

Neben dem IfP in Heidelberg existieren folgende “Plastinationsinstitutionen”:<br />

(1) Das Plastinationszentrum an der Staatlichen Medizinischen<br />

Akademie in Bishkek, Kirgisien.<br />

(2) Das Institut für Plastination an der Medizinischen<br />

Universität in Dalian, V.R. China.<br />

(3) Die “Von Hagens Plastination (Dalian) Co., Ltd” in<br />

Dalian, China.<br />

Kooperationsvereinbarungen bestehen mit offiziellen,<br />

staatlich anerkannten Anatomischen Instituten.<br />

III. Herkunft der Präparate<br />

Das IfP erhält anatomische Präparate aus folgenden<br />

Quellen:<br />

(1) Über Körperspendeprogrammme: Solche Programme<br />

wurden etabliert in Heidelberg (Deutschland), Bishkek<br />

(Kirgisien) und Dalian (China).<br />

(2) Von etablierten morphologischen Instituten, insbesondere<br />

denen der Anatomie und der Pathologie.<br />

(3) Durch Kauf alter anatomischer Sammlungen von etablierten<br />

Instituten. Stammen solche Präparate aus der Zeit<br />

des Nationalsozialismus, wird darauf in geeigneter Weise<br />

hingewiesen.<br />

IV. Empfänger der Präparate<br />

(1) Die Ausstellung KÖRPERWELTEN. Die Körperspendeprogramme<br />

sind die anatomisch-materielle Grundlage<br />

für die Ausstellung KÖRPERWELTEN. Deren<br />

Gestaltplastinate stammen sämtlich aus den Körperspendeprogrammen<br />

und zwar nahezu ausschließlich aus dem<br />

deutschen Spendeprogramm.<br />

(2) Die Plastinationsinstitute in Heidelberg, China und<br />

Kirgisien sind Empfänger für traditionelle anatomische<br />

Präparationen. Diese werden zur Erstellung von Anatomischen<br />

Atlanten und von Computerbildern benötigt.<br />

(3) Kooperationspartner des IfP: Hier werden vorzugsweise<br />

nur solche Präparate verwendet, die von den Kooperationspartnern<br />

selbst geliefert werden.<br />

(4) Lehrinstitute und Museen: Entsprechend vorher getroffener<br />

Absprache kommen hier Präparate aus allen Präparatequellen<br />

des IfP zum Einsatz.<br />

V. Einverständnis für die Präparation und Plastination<br />

(1) Präparate für die Ausstellung KÖRPERWELTEN<br />

Für das Präparat wird bei einer entgeltlichen Weitergabe die<br />

Arbeitsleistung (Fixierung und Plastination) in Rechnung<br />

gestellt, nicht jedoch das Präparat selbst. So steht auf jeder<br />

Rechnung für plastinierte Präparate: “Es wurden die<br />

Kosten für die Plastination in Rechnung gestellt. Das<br />

Präparat ist kostenlos, dafür danken wir dem Spender.”<br />

Einige Einzelpräparate sowie die überwiegende Mehrzahl<br />

der Embryonen und Feten stammen von Formalinpräparaten<br />

alter Museumsbestände. Sie wurden für die Ausstellung<br />

KÖRPERWELTEN plastiniert.<br />

(2) Präparate von Lehrinstituten und Museen<br />

Präparate, die das IfP von Lehrinstitutionen wie Universitäten<br />

oder öffentlichen Museen erhält, stammen u. a. aus<br />

alten Institutsbeständen und von <strong>Leichen</strong>, die nach den<br />

Regeln des jeweiligen Landesrechts der Anatomie gewidmet<br />

wurden.<br />

(3) Präparate von Kooperationspartnern<br />

Diese Präparate stammen aus alten Institutsbeständen und<br />

von <strong>Leichen</strong>, die nach den Regeln des jeweiligen Landesrechts<br />

der Anatomie gewidmet wurden. Auch hier wird, <strong>im</strong><br />

Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten,<br />

streng darauf geachtet, dass niemand gegen seinen Willen<br />

der Anatomie gewidmet wird. Zudem wurden in Kirgisien<br />

und China Körperspendeprogramme durch Gunther von<br />

Hagens eingeführt.<br />

Die Praxis, sogenannte herrenlose <strong>Leichen</strong> anatomischen<br />

Zwecken zu widmen, wurde in Deutschland bis Mitte der<br />

achtziger Jahre ausgeübt. Seitdem durch gesetzliche Änderungen<br />

die Sterbebeihilfe gesenkt wurde, erhielten die<br />

Anatomischen Institute in Deutschland soviel Vermächtnisse,<br />

dass sie nur noch zu Anfang eines jeden Jahres solche<br />

annehmen.<br />

Die Annahme herrenloser <strong>Leichen</strong> ist damit bei uns in den<br />

Hintergrund getreten. In den meisten Ländern der Welt<br />

11


allerdings ist die Praxis, herrenlose <strong>Leichen</strong> der Anatomie<br />

zu widmen, akzeptiert, üblich und vielfach gesetzlich geregelt.<br />

So ist beispielsweise durch Bundesgesetz best<strong>im</strong>mt,<br />

dass jede <strong>im</strong> Bundesstaat Maryland, USA, gefundene, herrrenlose<br />

Leiche an das State Anatomy Board in Balt<strong>im</strong>ore zu<br />

überführen ist. Dort erfolgt die Konservierung und die kostenpflichtige<br />

Abgabe an interessierte Anatomische<br />

Institute. In Russland gehen vergleichbare Beschaffungsvorschriften<br />

auf Erlasse von Zar Peter I. zurück und entsprechen<br />

damit dem Traditionsverständnis der russischen<br />

Bevölkerung.<br />

Das IfP bemüht sich intensiv, als Folge eines “Wandels<br />

durch Annäherung” bei vertrauensvoller Zusammenarbeit<br />

andere Länder für Körperspendeprogramme zu sensibilisieren<br />

und diese umfassend zu etablieren.<br />

VI. <strong>Leichen</strong> oder Anatomische Präparate<br />

Das IfP in Heidelberg erhält von dritter Seite, also von<br />

Kooperationspartnern und sonstigen Institutionen, keine<br />

<strong>Leichen</strong> <strong>im</strong> Sinne des Gesetzes, sondern “Anatomische<br />

Präparate”. Diese unterscheiden sich von der Leiche <strong>im</strong><br />

Sinne der Bestattungsgesetze durch die dauerhafte<br />

Konservierung, durch die Zweckbest<strong>im</strong>mung für die anatomische<br />

Lehre, Ausbildung und Aufklärung sowie durch<br />

deren Anonymisierung. Dies entspricht vollständig der<br />

üblichen nationalen und internationalen anatomischen<br />

Praxis während mittlerweile 400 Jahren europäischer<br />

Anatomiegeschichte.<br />

Zwei <strong>im</strong> Jahre 1990 aus den USA eingeführte anatomische<br />

Ganzkörperpräparate dienten als Grundlage für die<br />

Erstellung zweier anatomischer Atlanten, die menschliche<br />

Körperscheiben abbilden und erläutern.<br />

Bei dem alle zwei Jahre stattfindenden Internationalen<br />

Plastinationskongress stellen die Teilnehmer jeweils von<br />

ihnen gefertigte Plastinate aus. Zudem ist der Austausch<br />

von Anatomischen Präparaten zwischen Anatomischen<br />

Instituten ganz und gar nichts Ungewöhnliches.<br />

Ausführlich bin ich auf die Problematik des <strong>Leichen</strong>begriffs<br />

in meinem Beitrag “Gruselleichen, Gestaltplastinate und<br />

Bestattungszwang” in dem Sammelband “Schöne Neue<br />

KÖRPERWELTEN“ (Klett-Cotta, ISBN 3-608-94311-0)<br />

eingegangen.<br />

VII. Umgang mit anatomischen Präparaten aus der Zeit<br />

des Nationalsozialismus<br />

Werden Präparate aus der Zeit des Nationalsozialismus<br />

(1933-1945) gezeigt, so wird darauf hingewiesen. Die<br />

gegenwärtig in Deutschland übliche Praxis, solche<br />

Präparate zu bestatten, halte ich für falsch. Belastete<br />

Vergangenheit wird so lediglich entsorgt. Dabei sind gerade<br />

anatomische Präparate von “Untermenschen”, wie es<br />

damals hieß, das beste Anschauungsmaterial, um die<br />

Irrigkeit des Rassenwahns zu dokumentieren. Dann nämlich,<br />

wenn Präparate von so genannten “Untermenschen” <strong>–</strong><br />

späte Rache der Geschichte <strong>–</strong> von angeblichen Herrenmenschen<br />

<strong>im</strong> Unterricht verwendet werden.<br />

Für die Richtigkeit<br />

gezeichnet Gunther von Hagens<br />

(Plastinator)<br />

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