24.11.2013 Aufrufe

Teil 1 - Regenwurm.ch

Teil 1 - Regenwurm.ch

Teil 1 - Regenwurm.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

REGENWURM


Impressum<br />

Texte:<br />

Redaktion :<br />

Gestaltung/Satz<br />

Illustrationen:<br />

Ums<strong>ch</strong>lagbild:<br />

Druck:<br />

Fredy Vetter, Zentrum für angewandte Ökologie S<strong>ch</strong>attweid<br />

Peter Herger, Natur-Museum Luzern<br />

Atelier Ruth S<strong>ch</strong>ürmann, Luzern<br />

M. Kage / Institut für Wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Fotografie<br />

Druckerei Ebikon AG<br />

Herausgeber: Zentrum für angewandte Ökologie S<strong>ch</strong>attweid 2003<br />

Copyright:<br />

Zentrum für angewandte Ökologie S<strong>ch</strong>attweid<br />

Hackenrüti 8<br />

CH-6110 Wolhusen


Fredy Vetter<br />

REGENWURM<br />

Führer zur Ausstellung


Inhalt<br />

Vorwort 3<br />

Wie der <strong>Regenwurm</strong> zu seinem Namen kam 4<br />

Stellung der Regenwürmer im Tierrei<strong>ch</strong> 6<br />

Stammesges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Entwicklung der Regenwürmer 8<br />

Geografis<strong>ch</strong>e Verbreitung 9<br />

Boden ist ni<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong> Boden 10<br />

Wel<strong>ch</strong>e Bedingungen brau<strong>ch</strong>en die Regenwürmer im Boden 12<br />

Einheimis<strong>ch</strong>e Regenwürmer 13<br />

Oberflä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e und tiefs<strong>ch</strong>ürfende Würmer 14<br />

Wurmdi<strong>ch</strong>te in vers<strong>ch</strong>iedenen Lebensräumen 16<br />

Körperbau 17<br />

Sinnesorgane, Hautatmung 18<br />

Fortbewegung 20<br />

Fressen 22<br />

Verdauen, Auss<strong>ch</strong>eiden 23<br />

Feins<strong>ch</strong>mecker, aber s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te Futterverwerter 24<br />

Das Mär<strong>ch</strong>en vom zers<strong>ch</strong>nittenen <strong>Regenwurm</strong> 25<br />

Fortpflanzung 26<br />

Brutfürsorge 28<br />

Jahreszyklus 30<br />

Vielfältiger Nutzen 31<br />

Teamwork 34<br />

Förderung 36<br />

Gefährdung 38<br />

Kompostwurm 40<br />

Kompost ma<strong>ch</strong>t S<strong>ch</strong>ule 41<br />

Vermis<strong>ch</strong>tes 42<br />

Literatur 46<br />

Sponsorenliste 47


Vorwort<br />

Unbea<strong>ch</strong>tet und meist versteckt verri<strong>ch</strong>ten unzählige kleine und kleinste Organismen<br />

tieris<strong>ch</strong>er und pflanzli<strong>ch</strong>er Herkunft ihr Werk im Boden und auf der Bodenoberflä<strong>ch</strong>e:<br />

Dank ihrem gut eingespielten und fein abgestimmtem Recycling von Fallaub oder abgestorbenem<br />

Gras kennt die Natur keine Abfallprobleme und bildeten si<strong>ch</strong> natürli<strong>ch</strong><br />

fru<strong>ch</strong>tbare Böden - die Grundlage unserer tägli<strong>ch</strong>en Ernährung.<br />

Allseits bekannte und wi<strong>ch</strong>tige Bewohner des Bodens sind die Regenwürmer. Auf<br />

unserem Sympathiebarometer stehen sie kaum auf der S<strong>ch</strong>önwetterseite, ihr eindrückli<strong>ch</strong>er<br />

Leistungsausweis verdient denno<strong>ch</strong> grosse Werts<strong>ch</strong>ätzung. Die Ausstellung<br />

«<strong>Regenwurm</strong>» versu<strong>ch</strong>t, einen Einblick in das unbekannte Leben dieser Bodenbewohner<br />

und ihren zunehmend gefährdeten Lebensraum zu vermitteln.<br />

Möge den Regenwürmern ebensoviel Interesse entgegengebra<strong>ch</strong>t werden wie ihrer<br />

Ausstellung. Diese ist nämli<strong>ch</strong> bereits bis ins Jahr 2000 für eine S<strong>ch</strong>weizer Tournee ausgebu<strong>ch</strong>t<br />

und wird na<strong>ch</strong> Luzern au<strong>ch</strong> in Solothurn, Liestal, Aarau, Winterthur, Frauenfeld,<br />

St. Gallen, Bern und Chur zu sehen sein.<br />

Wir danken den Sponsoren und allen, die zur Ausstellung «<strong>Regenwurm</strong>» in irgend einer<br />

Form beigetragen haben (Liste S. 47). Wir wüns<strong>ch</strong>en Ihnen viel Spass und Neugier beim<br />

Entdecken der unbekannten Bekannten und gute Unterhaltung mit Karl-Maria ImBoden.<br />

Luzern, Ende Oktober 1996<br />

Peter Herger<br />

Fredy Vetter


Wie der <strong>Regenwurm</strong><br />

zu seinem Namen kam<br />

Im 17. Jahrhundert nannte man den <strong>Regenwurm</strong> im Volksmund no<strong>ch</strong> «regen Wurm».<br />

Diese Bezei<strong>ch</strong>nung bes<strong>ch</strong>reibt sehr treffend seine Aktivität. Im Laufe der Zeit dürfte<br />

aus «reger Wurm» <strong>Regenwurm</strong> entstanden sein, wohl au<strong>ch</strong> deswegen, weil die<br />

Regenwürmer na<strong>ch</strong> starkem Regen oft massenhaft aus dem Boden kommen.<br />

Mein Name ist Karl-Maria<br />

ImBoden. I<strong>ch</strong> führe<br />

Eu<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> diese Bros<strong>ch</strong>üre<br />

und zeige Eu<strong>ch</strong>, wieso mit mir<br />

Mais und Tomaten, Bohnen und<br />

Äpfel besser wa<strong>ch</strong>sen.<br />

Das ist ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> eine<br />

kühne Behauptung von mir!<br />

4


Auf die Frage, wieso Regenwürmer bei Regen oft massenweise aus ihren<br />

Gängen an die Bodenoberflä<strong>ch</strong>e kommen, gibt es no<strong>ch</strong> keine eindeutige Antwort.<br />

Mögli<strong>ch</strong>erweise bleibt diese Reaktion ein Geheimnis der Regenwürmer.<br />

Es existieren vers<strong>ch</strong>iedene Vermutungen:<br />

• Die Regenwürmer flü<strong>ch</strong>ten vor dem Erstickungstod, weil ihre Wohnröhren<br />

dur<strong>ch</strong> warmes, relativ sauerstoffarmes Wasser übers<strong>ch</strong>wemmt werden.<br />

• Die Regenwürmer geraten in Panik, da das eindringende Wasser den Quers<strong>ch</strong>nitt<br />

der Wohnröhren erweitert und das Aufsteigen an die Bodenoberflä<strong>ch</strong>e<br />

ers<strong>ch</strong>wert.<br />

• Die Regenwürmer nutzen die günstigen Witterungsbedingungen - nur<br />

mässiges Sonnenli<strong>ch</strong>t und genügend Feu<strong>ch</strong>tigkeit - bei grosser Nahrungskonkurrenz<br />

in neue Gebiete auszuwandern.<br />

• Die Regenwürmer nutzen zur Fortpflanzungszeit die günstigen Witterungsbedingungen<br />

in der Dämmerung oder na<strong>ch</strong>ts zur Partnersu<strong>ch</strong>e.<br />

5<br />

Am Fuss von<br />

einem Aussi<strong>ch</strong>tsturm<br />

sass ganz erstarrt ein<br />

<strong>Regenwurm</strong>.<br />

Do<strong>ch</strong> plötzli<strong>ch</strong> kommt<br />

die Sonn herfür,<br />

erwärmt den Turm<br />

und au<strong>ch</strong> das Tier.<br />

Da fängt der Wurm<br />

si<strong>ch</strong> an zu regen,<br />

und <strong>Regenwurm</strong><br />

heisst er deswegen.<br />

Heinz Erhardt


Stellung der<br />

Regenwürmer im Tierrei<strong>ch</strong><br />

Wurm ist ni<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong> Wurm. Mit seiner strengen Segmentierung ist der <strong>Regenwurm</strong><br />

ein <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>er Vertreter des Stammes der Ringelwürmer. Zur Klasse der<br />

Gürtelwürmer gehört er dur<strong>ch</strong> die Ausbildung des Gürtels mit Beginn der Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsreife.<br />

Die Zugehörigkeit zur umfangrei<strong>ch</strong>en Ordnung der Wenigborster leitet si<strong>ch</strong> von<br />

den kurzen Borsten ab, die meist in vier Paaren pro Segment vorkommen. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

gehören unsere heimis<strong>ch</strong>en Regenwürmer alle zur Familie der «Eigentli<strong>ch</strong>en Regenwürmer».<br />

Eine der häufigsten Arten ist der Tauwurm Lumbricus terrestris.<br />

Systematis<strong>ch</strong>e Deuts<strong>ch</strong>e<br />

Wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Kategorie Bezei<strong>ch</strong>nung Bezei<strong>ch</strong>nung<br />

Stamm Ringelwürmer Annelida<br />

Klasse Gürtelwürmer Clitellata<br />

Ordnung Wenigborster Oligo<strong>ch</strong>aeta<br />

Familie Eigentli<strong>ch</strong>e Regenwürmer Lumbricidae<br />

Gattung + Art Tauwurm Lumbricus terrestris<br />

6


Dur<strong>ch</strong> die Vielfalt der<br />

Gebiete und Länder,<br />

die die Regenwürmer<br />

bewohnen, existiert fast<br />

in jeder Spra<strong>ch</strong>e ein Wort<br />

für <strong>Regenwurm</strong>.<br />

Anlässli<strong>ch</strong> des «5th International<br />

Symposium on<br />

Earthworm Ecology»<br />

in Columbus, Ohio, wurde<br />

von den 27 teilnehmenden<br />

Ländern eine Liste erstellt,<br />

die nebenstehend auss<strong>ch</strong>nittweise<br />

wiedergegeben<br />

wird:<br />

Ägypten (Arabis<strong>ch</strong>)<br />

Argentinien, Mexiko, Spanien<br />

Australien (Umgangsspra<strong>ch</strong>e)<br />

Belgien<br />

Brasilien<br />

China<br />

Dänemark<br />

Deuts<strong>ch</strong>land<br />

Estland<br />

Finland<br />

Frankrei<strong>ch</strong> und Wests<strong>ch</strong>weiz<br />

Indien (Sanskrit)<br />

Irland<br />

Italien und Tessin<br />

Japan<br />

Kanada<br />

Niederlande<br />

Norwegen<br />

Polen<br />

Russland<br />

S<strong>ch</strong>weden<br />

S<strong>ch</strong>weiz (Deuts<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>weiz)<br />

Südafrika<br />

Ungarn<br />

Doda<br />

Lombriz de Tierra<br />

Diggers downunder<br />

Terrik<br />

Minoca<br />

Qiu yin<br />

Regnorm<br />

<strong>Regenwurm</strong><br />

Vinmauss<br />

Liero<br />

Ver de Terre<br />

Bhoonag<br />

Peistog<br />

Lombricidi<br />

Mimizu<br />

Dew Worm<br />

Regenworm<br />

Meitemark<br />

Dzdzownica<br />

Cheru<br />

Daggmask<br />

<strong>Regenwurm</strong><br />

Erdwurm<br />

Giliszt<br />

7


Stammesges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e<br />

Entwicklung<br />

der Regenwürmer<br />

Es ist sehr s<strong>ch</strong>wierig, den genauen Zeitpunkt ihrer Entstehung festzulegen. Ausser<br />

den <strong>ch</strong>itinartigen Borsten besitzen sie keine festen Hartsubstanzen im Körper, die<br />

erhalten bleiben und ihre Existenz zurückverfolgen liessen. Dur<strong>ch</strong> die langen Zeiträume<br />

ebenfalls praktis<strong>ch</strong> ausges<strong>ch</strong>lossen sind die Entdeckungen fossiler Lebensspuren<br />

wie zum Beispiel Gänge oder Körperabdrücke. Der Deuts<strong>ch</strong>e Fors<strong>ch</strong>er Dietri<strong>ch</strong> Wilcke<br />

versu<strong>ch</strong>te um 1950 diese Frage mit ökologis<strong>ch</strong>en Gesi<strong>ch</strong>tspunkten zu vernetzen. Er<br />

arbeitet unter der Annahme, dass die Regenwürmer ähnli<strong>ch</strong>e Lebensräume bewohnten<br />

wie heute und die Bodenbildung bereits damals mitprägten. Da der Mull-Humus<br />

im Darm der Regenwürmer entsteht, kann indirekt aufgrund der erhalten gebliebenen<br />

Bodenbildungen auf das damalige Vorhandensein von Regenwürmern ges<strong>ch</strong>lossen<br />

werden. Die ersten Mullböden entstanden mit dem Auftreten der Blütenpflanzen vor<br />

mehr als 100 Millionen Jahren und geben einen gesi<strong>ch</strong>erten Hinweis auf das Vorkommen<br />

der Regenwürmer. Die Entstehung der <strong>Regenwurm</strong>familien und Gattungen<br />

dürfte na<strong>ch</strong> vorsi<strong>ch</strong>tigen S<strong>ch</strong>ätzungen vor ca. 200 Millionen Jahren begonnen<br />

haben.<br />

8


Geografis<strong>ch</strong>e Verbreitung<br />

Uns<br />

findet Ihr<br />

überall!<br />

Regenwürmer sind e<strong>ch</strong>te Weltenbürger. Mit Ausnahme der vom ewigen Eis bedeckten<br />

Polargebiete und Bergspitzen sowie der vegetationslosen Wüsten treffen wir sie in<br />

fast allen Böden der Erde an.<br />

In den Alpen sind sie bis in Höhen von 3000 m na<strong>ch</strong>gewiesen. In den Tropen dürfte<br />

dieser Wert no<strong>ch</strong> einiges höher liegen. Weltweit sind heute über 3000 Arten bekannt.<br />

Davon leben in unseren Breiten (S<strong>ch</strong>weiz, Deuts<strong>ch</strong>land) knapp 40 und in Europa rund<br />

400 Arten. Die überwiegende Mehrheit der geringelten Wühler ist in den Tropen<br />

heimis<strong>ch</strong>.<br />

Für die geringe Artenvielfalt bei uns sind die Eiszeiten verantwortli<strong>ch</strong>. Die Würmer<br />

haben die Verglets<strong>ch</strong>erungen ni<strong>ch</strong>t überstanden. Na<strong>ch</strong> der Eiszeit wurden die Gebiete<br />

vom Südwesten her zwar wieder besiedelt,<br />

aber no<strong>ch</strong> heute kommen südwestli<strong>ch</strong><br />

der letzten Vereisungsgrenze bedeutend<br />

mehr <strong>Regenwurm</strong>arten vor.<br />

Zur Verbreitung der Regenwürmer<br />

hat au<strong>ch</strong> der Mens<strong>ch</strong> viel beigetragen. Im<br />

Zuge der Kolonialisierung Nordamerikas<br />

und der Südkontinente dur<strong>ch</strong> die Europäer<br />

wurden viele <strong>Regenwurm</strong>arten<br />

vers<strong>ch</strong>leppt. Als Transporthilfe dienten<br />

beispielsweise Topfpflanzen oder die Ballasterde<br />

von Segels<strong>ch</strong>iffen.<br />

Zur Verbesserung der Bodenqualität in<br />

Weidegebieten wurden europäis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Regenwurm</strong>arten gezielt na<strong>ch</strong> Neuseeland<br />

eingeführt.<br />

9


Den Boden unter unseren Füssen nehmen<br />

die Mens<strong>ch</strong>en meistens nur als Flä<strong>ch</strong>e,<br />

als Oberflä<strong>ch</strong>e wahr. Wann habt Ihr das<br />

letzte Mal versu<strong>ch</strong>t Eu<strong>ch</strong> vorzustellen,<br />

wie es wohl unter diesem Stück<br />

Garten oder jenem Parkplatz aussieht?<br />

Boden ist ni<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong><br />

Boden<br />

Unter dem Einfluss von Wind und Wetter, anspru<strong>ch</strong>sloser Pionierpflanzen<br />

sowie erster Bodenorganismen, hat si<strong>ch</strong> an der Erdoberflä<strong>ch</strong>e<br />

- zwis<strong>ch</strong>en nacktem Gestein und der Luft - im Laufe langer Zeiträume<br />

eine Verwitterungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>t gebildet. Diese vielfältige Mis<strong>ch</strong>ung aus<br />

verwittertem Gestein, lebenden und toten Organismen sowie Wasser<br />

und Luft heisst Boden. Jeder Boden weist eine <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e<br />

Abfolge von vers<strong>ch</strong>ieden mä<strong>ch</strong>tigen, strukturierten und gefärbten<br />

S<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten auf, geprägt dur<strong>ch</strong> das Ausgangsgestein, das Klima und die<br />

Bodennutzung. Dieser, im s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Mittelland dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong><br />

50-80 cm mä<strong>ch</strong>tige Boden, bildet die Grundlage für das Pflanzenwa<strong>ch</strong>stum.<br />

Von besonderem Wert ist dabei die oberste, selten mehr als 30 cm<br />

mä<strong>ch</strong>tige Humuss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>t.<br />

Der Boden ist unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>sten Einflüssen und Nutzungen ausgesetzt.<br />

Wir alle leben auf ihm, er ernährt die Pflanzen und somit au<strong>ch</strong><br />

die Tiere und uns Mens<strong>ch</strong>en. Wir bewegen uns und bauen Häuser und<br />

Strassen auf ihm. Er reinigt und spei<strong>ch</strong>ert unser Trinkwasser, lagert<br />

Bodens<strong>ch</strong>ätze und Abfälle. Boden ist Produktionsflä<strong>ch</strong>e, Besitztum,<br />

Heimat, Handels- und Spekulationsobjekt. Traditionellerweise wird er<br />

au<strong>ch</strong> zur letzten Ruhestätte des Mens<strong>ch</strong>en.<br />

«Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der Mens<strong>ch</strong>heit», heisst es<br />

in der Boden<strong>ch</strong>arta des Europarates. Wir alle sind aufgefordert, ihm angemessen<br />

Sorge zu tragen, denn ohne fru<strong>ch</strong>tbare Böden ist Leben auf<br />

der Erde undenkbar.<br />

10


Im Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitt leben unter 1ha Land 3 - 4 t Bodenorganismen.<br />

Bakterien, Pilze und Regenwürmer sind mit je 1 t vertreten. Alle<br />

übrigen Bodentiere, wie Asseln, Springs<strong>ch</strong>wänze, Larven usw.<br />

weisen zusammen nur eine halb so grosse Biomasse auf, also<br />

etwa 0.5 t.<br />

Generell kann man sagen, dass die Biomasse der Tiere im<br />

Boden grösser ist als die derjenigen, wel<strong>ch</strong>e auf dem<br />

Boden leben.<br />

In einer<br />

Handvoll<br />

Erde<br />

sind mehr<br />

Organismen<br />

vorhanden als<br />

es Mens<strong>ch</strong>en<br />

gibt.<br />

Fluvisol/Wiese<br />

Kalkbraunerde/Acker<br />

Regosol/Wald<br />

Foto: FAL / Züri<strong>ch</strong> Reckenholz<br />

Foto: FAL / Züri<strong>ch</strong> Reckenholz<br />

Foto: J.Heeb / Zentrum f. angew. Ökologie S<strong>ch</strong>attweid<br />

11


Wel<strong>ch</strong>e Bedingungen<br />

brau<strong>ch</strong>en die<br />

Regenwürmer<br />

im Boden?<br />

Von zentraler Bedeutung für die Regenwürmer ist das<br />

Vorhandensein von ausrei<strong>ch</strong>ender Nahrung in Form von<br />

totem organis<strong>ch</strong>em Material wie zum Beispiel Streu oder<br />

Ernterückstände. Die begrenzten Fortbewegungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

bedingen eine Lebensweise nahe der Nahrungsquellen.<br />

Ihr längli<strong>ch</strong>er, dünner Körper mit der relativ<br />

grossen Oberflä<strong>ch</strong>e sowie die Hautatmung setzen genügend<br />

Feu<strong>ch</strong>tigkeit im Berei<strong>ch</strong> von 10 bis 30 Volumenprozent<br />

voraus. In staunassen oder regelmässig austrocknenden<br />

Böden kommen Regenwürmer praktis<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t vor.<br />

Denno<strong>ch</strong> wurde in Extremfällen s<strong>ch</strong>on beoba<strong>ch</strong>tet, das<br />

einzelne Arten eine beinahe einjährige Übers<strong>ch</strong>wemmung<br />

oder längere Zeit in Leitungswasser überlebten. Auf die<br />

zunehmende Bodenaustrocknung im Sommer reagieren<br />

die Tiere mit dem Aufsu<strong>ch</strong>en von feu<strong>ch</strong>teren Bodens<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten<br />

in grösserer Tiefe oder rollen si<strong>ch</strong> in einer mit Kot<br />

ausgekleideten Kammer für eine Art Sommers<strong>ch</strong>laf<br />

zusammen.<br />

Foto: FAL / Züri<strong>ch</strong> Reckenholz<br />

Ein weiterer Faktor für die Verbreitung der Regenwürmer<br />

ist der Säuregrad, der sogenannte pH-Wert. Trotz artspezifis<strong>ch</strong>er<br />

Vorlieben und unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Toleranzberei<strong>ch</strong>en<br />

bevorzugen die heimis<strong>ch</strong>en Arten pH-Werte im<br />

eher sauren Berei<strong>ch</strong> von pH 3.5 bis pH 7.5. In stark sauren<br />

Torfböden hingegen mit no<strong>ch</strong> tieferen pH-Werten sind<br />

keine Regenwürmer mehr zu finden. Überlebensfähig sind<br />

die Regenwürmer in einem relativ s<strong>ch</strong>malen Temperaturberei<strong>ch</strong><br />

zwis<strong>ch</strong>en 0° und 25° Celsius. Die meisten Arten<br />

haben ihr Temperaturoptimum um 10° bis 15° Celsius und<br />

zeigen dann ihre grösste Aktivität. Das Optimum entspri<strong>ch</strong>t<br />

ungefähr den zu erwartenden Temperaturen der<br />

oberflä<strong>ch</strong>ennahen Bodens<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten im Frühling und Herbst.<br />

Als Lebensraum bevorzugen die Regenwürmer mittels<strong>ch</strong>were<br />

Lehm- bis lei<strong>ch</strong>te Sandböden. S<strong>ch</strong>were, eher<br />

trockene Böden behindern die Grabtätigkeit und sind<br />

meist au<strong>ch</strong> für das Pflanzenwa<strong>ch</strong>stum ni<strong>ch</strong>t optimal.<br />

12


Einheimis<strong>ch</strong>e Regenwürmer<br />

lebt im Kompost<br />

lebt in Mineralböden,<br />

Kompostwurm Eisenia foetida<br />

lebt in Mineralböden<br />

Grauwurm Nicodrilus caliginosus caliginosus<br />

lebt in Gärten<br />

S<strong>ch</strong>leimwurm Allolobophora rosea<br />

Gartenwurm Allolobophora <strong>ch</strong>lorotica <strong>ch</strong>lorotica<br />

lebt im Waldboden<br />

lebt auf der Wiese<br />

Fotos: H. Kula / TU Brauns<strong>ch</strong>weig<br />

Rotwurm Lumbricus rubellus rubellus<br />

lebt im mors<strong>ch</strong>en Holz<br />

des Waldes<br />

Stubbenwurm Dendrobaena octaedra<br />

Tauwurm Lumbricus terrestris<br />

lebt im Acker<br />

Bläuli<strong>ch</strong>er <strong>Regenwurm</strong> Octolasion cyaneum<br />

13


Oberflä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e und<br />

tiefs<strong>ch</strong>ürfende Würmer<br />

Wir sind die<br />

Tunnelbauer<br />

unter Tag...<br />

Wurmkot<br />

Streuformen<br />

Tiefgrabende<br />

Arten<br />

Mineralbodenformen<br />

Pflanzenwurzeln<br />

in den Wurmgängen<br />

Zei<strong>ch</strong>nung na<strong>ch</strong> G. Cuendet und M. Bieri<br />

14


Die Regenwürmer haben si<strong>ch</strong> je na<strong>ch</strong> Art an das Leben in vers<strong>ch</strong>iedenen Stockwerken<br />

des Bodens angepasst. Drei Lebensformen können unters<strong>ch</strong>ieden werden:<br />

Die kleinen und agilen Streuformen leben nahe der Bodenoberflä<strong>ch</strong>e. In<br />

Wiesen- und Waldböden bewohnen sie den mit organis<strong>ch</strong>em Material angerei<strong>ch</strong>erten<br />

Oberboden. Im Wald bauen sie mit Kot Wohnröhren zwis<strong>ch</strong>en den Blättern der<br />

Streus<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>t. Sie ernähren si<strong>ch</strong> von totem Pflanzenmaterial oder Tierkot auf der<br />

Bodenoberflä<strong>ch</strong>e. Zum S<strong>ch</strong>utz vor UV-Strahlung sind sie über die gesamte Körperlänge<br />

dunkel gefärbt. Typis<strong>ch</strong>e Vertreter dieser Lebensform sind der Rotwurm<br />

(Lumbricus rubellus rubellus) und der vom Komposthaufen her bekannte Kompostwurm<br />

(Eisenia foetida).<br />

Die kräftigen und grossen tiefgrabenden Arten legen im Boden annähernd<br />

senkre<strong>ch</strong>te Wohnröhren an, die je na<strong>ch</strong> Bodengründigkeit bis in eine Tiefe von<br />

mehr als zwei Metern rei<strong>ch</strong>en können. Sie sind nur im vorderen Körperberei<strong>ch</strong><br />

zwecks Tarnung und S<strong>ch</strong>utz vor UV-Strahlung dunkel gefärbt. Die tiefgrabenden<br />

Arten ernähren si<strong>ch</strong> von organis<strong>ch</strong>em Material, das sie na<strong>ch</strong>ts oder in der Dämmerung<br />

an der Bodenoberflä<strong>ch</strong>e einsammeln und in den obersten Berei<strong>ch</strong> der Wohnröhre<br />

einziehen. Die Wände der Wohnröhre werden wiederholt mit Kot und S<strong>ch</strong>leim<br />

tapeziert, die dadur<strong>ch</strong> eine grössere Stabilität erhalten und oft jahrelang bestehen<br />

bleiben. Der bekannteste Vertreter dieser Lebensform ist der weitverbreitete<br />

Tauwurm (Lumbricus terrestris), der «<strong>Regenwurm</strong>» s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>thin.<br />

Die trägen Mineralbodenformen leben hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> im Wurzelberei<strong>ch</strong> der<br />

Pflanzen, ohne jedo<strong>ch</strong> die lebenden Pflanzenteile zu s<strong>ch</strong>ädigen. Vielmehr fressen<br />

oder drängen sie si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> den Boden und ernähren si<strong>ch</strong> zum Beispiel von abgestorbenen<br />

Wurzelteilen, die sie beim Fressen des Bodens aufgenommen haben.<br />

Ihre Gänge kleiden sie kaum mit Kot aus.<br />

Da die Vertreter dieser Lebensform nur selten an die Bodenoberflä<strong>ch</strong>e kommen,<br />

sind sie über die gesamte Körperlänge dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>einend blei<strong>ch</strong> gefärbt. Ein Vertreter<br />

dieser Lebensform ist der Grauwurm (Nicodrilus caliginosus caliginosus).<br />

15


Wurmdi<strong>ch</strong>te in<br />

vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Lebensräumen<br />

Oberirdis<strong>ch</strong> leben vom Gras eines<br />

Hektars Dauerweide zwei Kühe mit<br />

einem Lebendgewi<strong>ch</strong>t von 1000 kg.<br />

Unterirdis<strong>ch</strong> ernährt dieses Stück<br />

Land die doppelte Biomasse an<br />

Regenwürmern.<br />

Unter diesem<br />

Fussballplatz<br />

leben viellei<strong>ch</strong>t<br />

eine Million<br />

Regenwürmer !<br />

Die Besiedlung eines Lebensraumes<br />

ist im Wesentli<strong>ch</strong>en abhängig<br />

von dessen Nahrungs- und Feu<strong>ch</strong>tigkeitsangebot.<br />

Die na<strong>ch</strong>folgenden<br />

Werte für die Anzahl Regenwürmer<br />

pro Quadratmeter belegen<br />

dies genau:<br />

Fi<strong>ch</strong>tenwald<br />

Magerwiese<br />

Laubwald<br />

Weide<br />

10 Individuen<br />

30 Individuen<br />

250 Individuen<br />

500 Individuen<br />

16


Körperbau<br />

Unsere <strong>Regenwurm</strong>arten zei<strong>ch</strong>nen si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> ihren langgestreckten, drehrunden<br />

Körperbau aus. Der Wurmkörper setzt si<strong>ch</strong> aus bis zu 200 glei<strong>ch</strong>gestalteten Abs<strong>ch</strong>nitten<br />

oder Segmenten zusammen, die wir äusserli<strong>ch</strong> als Ringelung wahrnehmen. Nur<br />

im vorderen Drittel des Wurmes unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> der innere Bauplan von dem der<br />

übrigen Körpersegmente dur<strong>ch</strong> die zusätzli<strong>ch</strong> vorhandenen Verdauungs- und Fortpflanzungsorgane.<br />

Die grössten Arten errei<strong>ch</strong>en eine Länge von ungefähr 30 cm. Die Haut ist glatt, lei<strong>ch</strong>t<br />

irisierend und unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> gefärbt. Die Farbpalette rei<strong>ch</strong>t von Rotbraun oder fast<br />

S<strong>ch</strong>warz über vers<strong>ch</strong>iedene grünli<strong>ch</strong>e Farben bis zum Weinrot. Die S<strong>ch</strong>leims<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>t der<br />

Haut dient als Austrocknungss<strong>ch</strong>utz und als Gleitmittel beim Krie<strong>ch</strong>en.<br />

Unter der Haut befindet si<strong>ch</strong> die Ring- und die Längsmuskulatur. Dur<strong>ch</strong> den ganzen<br />

Haut-Muskel-S<strong>ch</strong>lau<strong>ch</strong> ziehen si<strong>ch</strong> von vorne bis hinten Darm, Bau<strong>ch</strong>nervenstrang,<br />

Bau<strong>ch</strong>- und Rückenblutgefässe. Der Rest der Leibeshöhle ist mit Körperflüssigkeit<br />

gefüllt.<br />

Ring und Längsmuskulatur<br />

Samenblasen<br />

Muskelmagen<br />

Mitteldarm<br />

Hirn<br />

Mundöffnung<br />

Herzen (5)<br />

Hoden<br />

Samenleiter<br />

Eierstöcke<br />

Eihälter<br />

17


Sinnesorgane<br />

Li<strong>ch</strong>t<br />

Tasten<br />

Druck<br />

Ges<strong>ch</strong>mack<br />

Regenwürmer besitzen weder Augen und Ohren, no<strong>ch</strong> haben sie eine Nase. Sie<br />

sind jedo<strong>ch</strong> mit vers<strong>ch</strong>iedenen anderen einfa<strong>ch</strong>en Sinnesorganen speziell an das<br />

Leben im Boden angepasst.<br />

Mittels Li<strong>ch</strong>t-Sinneszellen am Vorder- und Hinterende können sie Hell und Dunkel<br />

unters<strong>ch</strong>eiden.<br />

Damit sie si<strong>ch</strong> im Dunkel des Erdrei<strong>ch</strong>es und in ihren Wohnröhren zure<strong>ch</strong>tfinden,<br />

orientieren sie si<strong>ch</strong> mit Hilfe eines Tast- und Gravitätssinnes. Spalten und Hindernisse<br />

sowie das Oben und Unten im Boden können so problemlos geortet werden.<br />

Bodeners<strong>ch</strong>ütterungen werden mit dem Drucksinn wahrgenommen. Dies ermögli<strong>ch</strong>t<br />

die re<strong>ch</strong>tzeitige Flu<strong>ch</strong>t vor einem herannahenden Fressfeind, zum Beispiel einem<br />

Maulwurf.<br />

Sinnesknospen in der Mundhöhle und dienen der Ges<strong>ch</strong>mackswahrnehmung.<br />

Hautatmung<br />

Die Regenwürmer besitzen weder Lungen no<strong>ch</strong> Kiemen, sie atmen dur<strong>ch</strong> die Körperoberflä<strong>ch</strong>e.<br />

In feinen Gefässen strömt das Blut unter der stets feu<strong>ch</strong>ten Haut dur<strong>ch</strong><br />

und taus<strong>ch</strong>t hier die Atemgase aus. Regenwürmer ertrinken daher au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t, wenn<br />

Regen ihre Gänge füllt, solange im Wasser genügend Sauerstoff gelöst ist. Der <strong>Regenwurm</strong><br />

hat wie der Mens<strong>ch</strong> rotes Blut, das in einem ges<strong>ch</strong>lossenen Blutgefässsystem<br />

zirkuliert, angetrieben dur<strong>ch</strong> 5 Paar «Herzen».<br />

Die Vorfahren der heutigen Regenwürmer lebten im Wasser. Au<strong>ch</strong> ihre landlebenden<br />

Na<strong>ch</strong>fahren sind für die Hautatmung auf genügend Feu<strong>ch</strong>tigkeit angewiesen. Als<br />

Austrocknungss<strong>ch</strong>utz dienen die Auss<strong>ch</strong>eidungen der feinverteilten S<strong>ch</strong>leimzellen<br />

und der an den Segmentgrenzen liegenden Rückenporen. Als eine Art Nieren dienen<br />

die Nephridien. Die Wasserverluste dur<strong>ch</strong> Verdunstung, Urinabgabe und S<strong>ch</strong>leimproduktion<br />

müssen kompensiert werden. Es wurde s<strong>ch</strong>on beoba<strong>ch</strong>tet, dass Regenwürmer<br />

im Extremfall Wasserverluste von bis zu 70% des Körpergewi<strong>ch</strong>tes ertrugen,<br />

ohne dass sie dabei ges<strong>ch</strong>ädigt wurden.<br />

18


Kalkdrüsen<br />

Die Luft im Boden enthält dur<strong>ch</strong> die vielen atmenden Organismen und Wurzeln eine<br />

höhere CO2-Konzentration als die Luft ausserhalb. Bei Wurmarten, die in Kompost, in<br />

Laubstreu oder in tiefen Bodenberei<strong>ch</strong>en leben, kann der hohe CO2-Gehalt die Sauerstoffaufnahme<br />

stark ers<strong>ch</strong>weren und zu einer Übersäuerung des Blutes führen. Mit<br />

Hilfe der Kalkdrüsen, die Calciumverbindungen aus der Nahrung aufnehmen, kann<br />

übers<strong>ch</strong>üssiges CO2 mittels gelöstem Kalk (Bikarbonat) gebunden und als Calciumkarbonat<br />

ausges<strong>ch</strong>ieden werden.<br />

Die sagen von mir,<br />

i<strong>ch</strong> sei einfa<strong>ch</strong><br />

ein blinder Muskels<strong>ch</strong>lau<strong>ch</strong><br />

Foto: M. Kage / Institut f. wissens<strong>ch</strong>. Fotografie,<br />

Lauterstein<br />

10 20 30cm<br />

19


Fortbewegung<br />

Zum besseren Verständnis seiner Fortbewegungsweise kann der <strong>Regenwurm</strong> als ein<br />

mit Wasser gefüllter, elastis<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>lau<strong>ch</strong> angesehen werden, umgeben von Längsund<br />

Ringmuskeln. Ziehen si<strong>ch</strong> die Ringmuskeln zusammen, so wird der Wurm dünn<br />

und lang. Zieht si<strong>ch</strong> die Längsmuskulatur zusammen, wird er dick und kurz.<br />

Dur<strong>ch</strong> das abwe<strong>ch</strong>selnde Strecken und Zusammenziehen einzelner Körperabs<strong>ch</strong>nitte<br />

kommt es zur typis<strong>ch</strong> krie<strong>ch</strong>enden Fortbewegung. Das Zurückruts<strong>ch</strong>en des Wurmkörpers<br />

verhindern vier kurze Borstenpaare an jedem Segment, die aus ihren Versenkungen<br />

herausges<strong>ch</strong>oben und wie Spikes in den Boden gestemmt werden.<br />

Beim Eindringen in den Boden benutzt der <strong>Regenwurm</strong> das zugespitzte und besonders<br />

muskulöse Vorderende als Keil und s<strong>ch</strong>iebt es zwis<strong>ch</strong>en die Erdteil<strong>ch</strong>en. Na<strong>ch</strong> dem<br />

Eindringen in die feine Spalte werden die Segmente zusammengezogen und verdickt,<br />

wodur<strong>ch</strong> die Bodenspalte ausgeweitet wird. Dann wird der restli<strong>ch</strong>e Wurmkörper<br />

dur<strong>ch</strong> den erweiterten Gang na<strong>ch</strong>gezogen.<br />

Borsten<br />

<strong>Regenwurm</strong> im Quers<strong>ch</strong>nitt:<br />

Ringmuskulatur<br />

Längsmuskulatur<br />

Alles dur<strong>ch</strong><br />

Muskelwerk!<br />

mögli<strong>ch</strong>!!<br />

Borsten<br />

Darm<br />

Leibeshöhle<br />

20


Seine Stabilität und Steifigkeit erhält der Wurm ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> ein Kno<strong>ch</strong>enskelett,<br />

sondern dur<strong>ch</strong> die im Haut-Muskel-S<strong>ch</strong>lau<strong>ch</strong> unter Druck stehende Körperflüssigkeit.<br />

Man kann dies verglei<strong>ch</strong>en mit einem prall gefüllten Gartens<strong>ch</strong>lau<strong>ch</strong>. Regenwürmer<br />

können so eine bea<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Kraft na<strong>ch</strong> aussen lenken. Messungen ergaben Hö<strong>ch</strong>stwerte<br />

von über einem Kilogramm pro Quadratzentimeter (1323 g/cm 2 ). Zum<br />

Verglei<strong>ch</strong>: ein Mens<strong>ch</strong> mit 60 kg Körpergewi<strong>ch</strong>t und einer Fussflä<strong>ch</strong>e von 300 cm 2<br />

erzeugt einen Druck von 200 g/cm 2 .<br />

Der <strong>Regenwurm</strong><br />

ist im<br />

Verhältnis<br />

zu seiner<br />

Grösse<br />

eines der<br />

stärksten<br />

Tiere der<br />

Erde,<br />

vermag er<br />

do<strong>ch</strong> das 50<br />

bis 60-fa<strong>ch</strong>e<br />

seines<br />

eigenen<br />

Körpergewi<strong>ch</strong>tes<br />

zu<br />

stemmen.<br />

21<br />

Peristaltis<strong>ch</strong>es Krie<strong>ch</strong>en:<br />

Kontraktionswellen laufen<br />

von vorne na<strong>ch</strong> hinten<br />

dur<strong>ch</strong> den Wurmkörper


Fressen<br />

Die Grösse des <strong>Regenwurm</strong>bestandes hängt<br />

sehr stark vom Angebot an verwertbarem<br />

organis<strong>ch</strong>en Material wie Laub oder Ernterückstände<br />

ab.<br />

Zu ihrer Ernährung verwerten die Regenwürmer<br />

die Kohlenhydrate und Eiweisse der<br />

abgestorbenen Pflanzenreste und die darauf<br />

lebenden Mikroorganismen. Zudem werden<br />

Bakterien, Algen, Einzeller und Pilzmyzelien<br />

oberflä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> rund um die Wohnröhre abgeweidet<br />

oder beim Dur<strong>ch</strong>wühlen des Bodens<br />

mit der Erde aufgenommen. Damit die zahnlosen<br />

Regenwürmer das organis<strong>ch</strong>e Material<br />

überhaupt fressen können, muss es vorgängig<br />

von Pilzen und Bakterien aufges<strong>ch</strong>lossen<br />

werden. Zu diesem Zweck werden<br />

Blätter und Ernterückstände in die<br />

Wohnröhre eingezogen und im obersten<br />

Berei<strong>ch</strong> der Röhre kompostiert.<br />

Die Würmer sind wahre Kompostiermeister:<br />

Sie kleben ihre Nahrung an die<br />

Wand der Röhre, übers<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten sie mit Kot<br />

und bieten damit den vorverdauenden Mikroorganismen<br />

ideale Lebensbedingungen.<br />

Würmer<br />

fressen pro<br />

Tag<br />

bis zur<br />

Hälfte<br />

ihres<br />

Eigengewi<strong>ch</strong>tes<br />

Beim Fressen von verrottetem organis<strong>ch</strong>en<br />

Material werden au<strong>ch</strong> grössere Mengen<br />

Mineralerde aufgenommen und mit den im<br />

Darm lebenden Mikroorganismen vermis<strong>ch</strong>t.<br />

R e c<br />

22


Verdauen<br />

Im muskulösen, hartwandigen<br />

Magen der Regenwürmer werden<br />

die angerotteten Pflanzenreste<br />

zwis<strong>ch</strong>en Mineralteil<strong>ch</strong>en, die mit<br />

der Nahrung aufgenommen wurden,<br />

zerrieben. Im Darm s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

hilft eine ganze Palette von<br />

Enzymen und Mikroorganismen<br />

den Nahrungsbrei weiter aufzus<strong>ch</strong>liessen<br />

und zu verdauen.<br />

Auss<strong>ch</strong>eiden<br />

Im <strong>Regenwurm</strong>kot ist ein Grossteil der Nährstoffe,<br />

die mit der Nahrung aufgenommen<br />

wurden, no<strong>ch</strong> vorhanden. Dur<strong>ch</strong> das mehrmalige<br />

Fressen und Auss<strong>ch</strong>eiden sogar in konzentrierterer<br />

Form als im umliegenden Boden. So<br />

enthält <strong>Regenwurm</strong>kot im Verglei<strong>ch</strong> mit der<br />

Umgebungserde dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong> fünfmal mehr<br />

pflanzenverfügbaren Stickstoff, siebenmal<br />

mehr Phosphor und elfmal mehr Kalium.<br />

Foto: F. Vetter / Zentrum f. angew. Ökologie<br />

reiner Humus<br />

y c l i n g<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!