Predigt über Jeremia 29,11: Gottes Gedanken des Heils
Predigt über Jeremia 29,11: Gottes Gedanken des Heils
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Evang.-ref. Kirchgemeinde St. Gallen C<br />
Kirchkreis Linsebühl<br />
<strong>Predigt</strong> <strong>über</strong> <strong>Jeremia</strong> <strong>29</strong>,<strong>11</strong>: <strong>Gottes</strong> <strong>Gedanken</strong> <strong>des</strong> <strong>Heils</strong><br />
Linsebühl, 27. Januar 2013; von Pfr. Stefan Lippuner<br />
Lesung: Psalm 91,1-16<br />
Wer im Schutz <strong>des</strong> Höchsten wohnt und ruht<br />
im Schatten <strong>des</strong> Allmächtigen,<br />
der sagt zum Herrn: "Du bist für mich Zuflucht<br />
und Burg, mein Gott, dem ich vertraue."<br />
Er rettet dich aus der Schlinge <strong>des</strong> Jägers und<br />
aus allem Verderben.<br />
Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter<br />
seinen Schwingen fin<strong>des</strong>t du Zuflucht, Schild<br />
und Schutz ist dir seine Treue.<br />
Du brauchst dich vor dem Schrecken der<br />
Nacht nicht zu fürchten, noch vor dem Pfeil,<br />
der am Tag dahinfliegt,<br />
nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht,<br />
vor der Seuche, die wütet am Mittag.<br />
Fallen auch tausend zu deiner Seite, dir zur<br />
Rechten zehnmal tausend, so wird es doch<br />
dich nicht treffen.<br />
Ja, du wirst es sehen mit eigenen Augen, wirst<br />
zuschauen, wie den Frevlern vergolten wird.<br />
Denn der Herr ist deine Zuflucht, du hast dir<br />
den Höchsten als Schutz erwählt.<br />
Dir begegnet kein Unheil, kein Unglück naht<br />
deinem Zelt.<br />
Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten<br />
auf all deinen Wegen.<br />
Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein<br />
Fuss nicht an einen Stein stösst;<br />
du schreitest <strong>über</strong> Löwen und Nattern, trittst<br />
auf Löwen und Drachen.<br />
"Weil er an mir hängt, will ich ihn retten",<br />
spricht der Herr; "ich will ihn schützen, denn er<br />
kennt meinen Namen.<br />
Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören.<br />
Ich bin bei ihm in der Not, befreie ihn und<br />
bringe ihn zu Ehren.<br />
Ich sättige ihn mit langem Leben und lasse ihn<br />
schauen mein Heil."<br />
Liebe Gemeinde.<br />
Es war einmal vor langer Zeit in einem weit entfernten Land. – Nein, dies ist kein Märchen,<br />
sondern was ich Ihnen jetzt erzähle, war für eine Gruppe von Menschen vor gut 2600 Jahren<br />
bittere Realität. Da waren Juden (der König und seine Familie, viele Priester und andere<br />
Leute aus der Oberschicht) aus Jerusalem nach Babylon ins Exil verschleppt worden. Fern<br />
der Heimat fristeten sie ein trostloses und vor allem hoffnungsloses Dasein. Zwar wurden<br />
sie von ihren Beherrschern einigermassen in Frieden gelassen, sie durften sogar als Volk<br />
zusammenbleiben und sich einrichten im fremden Land und in der fremden Stadt. Aber es<br />
war halt doch ein Leben in der Verbannung, ohne wirkliche Freiheit, ohne Glanz und<br />
Wohlstand und ohne den Tempel <strong>Gottes</strong> und damit auch ohne die Gegenwart <strong>Gottes</strong>.<br />
Doch da, mitten in diese trostlose Situation hinein kommt ein Bote aus Jerusalem mit einem<br />
Brief <strong>des</strong> Propheten <strong>Jeremia</strong>. Darin schreibt der Prophet, dass die Israeliten sich in Babel, in<br />
dieser Fremde wirklich einrichten sollten, sich niederlassen sollten. Sie sollten Häuser bauen,<br />
Gärten anpflanzen, heiraten und Kinder kriegen. Denn sie müssten 70 Jahre lang dort in<br />
der Verbannung bleiben wegen ihrer Schuld, dass sie sich von Gott abgewandt hatten. –<br />
Doch dann, dann werde sich Gott ihnen wieder zuwenden, sie herausholen aus dem Exil<br />
und sie zurückbringen in ihre Heimat, nach Jerusalem.<br />
Und dann kommt der Satz, der erklärt weshalb sich Gott seines Volkes, trotz <strong>des</strong>sen Sünde,<br />
wieder annehmen wird, der Satz, der nicht nur für die Juden damals, sondern auch für zahlreiche<br />
Menschen durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch immer wieder zum<br />
Trost und zur Ermutigung wurde, <strong>Jeremia</strong> <strong>29</strong>, Vers <strong>11</strong>:
"Ich weiss, was für <strong>Gedanken</strong> ich <strong>über</strong> euch habe, spricht der Herr, <strong>Gedanken</strong> zum<br />
Heil und nicht zum Unheil, euch eine Zukunft und Hoffnung zu geben."<br />
Was für eine gewaltige Aussage! <strong>Gottes</strong> <strong>Gedanken</strong> sind <strong>Gedanken</strong> <strong>des</strong> <strong>Heils</strong>. Zwar musste<br />
er eine gewisse Zeit lang auch Gericht <strong>über</strong> sein Volk bringen, doch dieses war klar begrenzt.<br />
Grundlegend und <strong>über</strong>geordnet will Gott Heil für sein Volk, für diejenigen, die zu ihm<br />
gehören. Und wenn diese Menschen in Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit versinken,<br />
wenn sie sich nicht mehr vorstellen können, dass es noch eine Veränderung der Situation<br />
geben könnte, dass es noch weitergehen könnte – dann sagt Gott ihnen zu, dass es<br />
von seiner Seite her sehr wohl eine Hoffnung gibt und dass er seinem Volk eine Zukunft, eine<br />
gute Zukunft geben will. "Ich weiss, was für <strong>Gedanken</strong> ich <strong>über</strong> euch habe, spricht der<br />
Herr, <strong>Gedanken</strong> zum Heil und nicht zum Unheil, euch eine Zukunft und Hoffnung zu geben."<br />
Eine grossartige Verheissung für die Israeliten im Exil in Babylon. Doch wie ich bereits angedeutet<br />
habe, bin ich der Überzeugung, dass diese grossartige Verheissung nicht nur damals<br />
galt, sondern auch weit <strong>über</strong> jene Zeit hinaus immer wieder neu gehört werden darf,<br />
auch von uns heute gehört werden darf. Denn <strong>Gottes</strong> Worte und Verheissungen haben ewige<br />
Kraft und Gültigkeit.<br />
So dürfen wir gewiss sein: Auch <strong>über</strong> uns, auch <strong>über</strong> unserem Leben hat Gott <strong>Gedanken</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Heils</strong>. Auch wir dürfen hören, wenn wir uns in einer schwierigen Situation befinden,<br />
wenn wir niedergeschlagen und bedrückt sind, wenn wir keinen Ausweg mehr sehen und<br />
uns keinen weiteren Weg vorstellen können (und ich denke, die allermeisten von uns haben<br />
schon solche Situationen erlebt oder befinden sich vielleicht gerade jetzt in einer solchen) –<br />
auch wir dürfen hören: Gott hat eine Zukunft für uns bereit, eine gute, eine lebenswerte Zukunft;<br />
er will uns neue Hoffnung geben. Denn wir haben einen Gott, der sich grundlegend<br />
uns Menschen zuwendet, der uns Trost und Hilfe schenkt, der uns Heil verspricht. "Ich<br />
weiss, was für <strong>Gedanken</strong> ich <strong>über</strong> euch habe, spricht der Herr, <strong>Gedanken</strong> zum Heil und<br />
nicht zum Unheil, euch eine Zukunft und Hoffnung zu geben."<br />
Was aber heisst das nun konkret? Was ist mit diesem Heil gemeint? Was beinhaltet es? –<br />
Schauen wir uns dazu zuerst einmal die einzelnen Wörter an.<br />
Das deutsche Wort 'Heil' hat im Rahmen <strong>des</strong> christlichen Glaubens hauptsächlich die Bedeutung<br />
der Errettung, der Erlösung von den Sünden und der damit verbundenen ewigen<br />
Seligkeit. Von der deutschen Sprache her meint es aber zunächst einmal (gemäss Duden):<br />
Glück, Gesundheit, Heilung, Unversehrtheit, Rettung, Beistand. Damit kommt es ganz in die<br />
Nähe <strong>des</strong> hebräischen Begriffes, der in diesem Vers bei <strong>Jeremia</strong> im Urtext verwendet wird.<br />
Dort steht nämlich das Wort 'schalom', und dieses wird zwar in unseren Bibeln meist mit<br />
'Frieden' <strong>über</strong>setzt, hat aber ein viel breiteres Bedeutungsspektrum. 'Schalom' heisst: Frieden,<br />
Wohlergehen, Glück, Unversehrtheit, Harmonie, Sicherheit, Gedeihen, ein rundum geordneter,<br />
heiler Zustand. – Eine Konkretisierung dieses 'schalom' finden wir zum Beispiel im<br />
Psalm 91, den wir in der Lesung gehört haben.<br />
Wenn in der Bibel von 'Heil' die Rede ist, dann bedeutet das also (zusammenfassend gesagt)<br />
ein umfassen<strong>des</strong> Wohlergehen in allen Bereichen <strong>des</strong> Lebens und das sowohl in der<br />
Zeit wie auch in der Ewigkeit. Was für eine grossartige Verheissung, dass Gott <strong>Gedanken</strong><br />
eines solchen <strong>Heils</strong> uns gegen<strong>über</strong> hat! Unser Gott ist ein Gott, der will, dass es uns rundum<br />
gut geht. – Ebenfalls durch den Propheten <strong>Jeremia</strong>, nur wenige Kapitel später, spricht<br />
Gott: "Ich werde mit ihnen einen ewigen Bund schliessen, dass ich mich nie von ihnen abwenden,<br />
sondern ihnen Gutes tun will; es wird mir eine Freude sein, ihnen Gutes zu tun."<br />
[<strong>Jeremia</strong> 32,40-41]<br />
In vielen Religionen und Glaubensrichtungen ist es ja so, dass die Gläubigen aufgefordert<br />
werden, für die Gottheit etwas zu tun, ein Opfer zu bringen, ein Gebet zu verrichten, eine rituelle<br />
Handlung zu vollführen, Geld abzuliefern etc., immer mit der Absicht, der Gottheit<br />
wohlzutun und dafür zu sorgen, dass sie zufrieden ist, denn dann wird es dem Gläubigen<br />
selber auch gut gehen. Die Aktionsrichtung geht also vom Menschen zur Gottheit.<br />
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Im biblisch-christlichen Glauben ist es genau umgekehrt: Da geht das Wohltun von Gott aus<br />
und zielt auf uns Menschen. Gott erwartet nicht, dass wir für ihn etwas Gutes tun, sondern<br />
umgekehrt: Gott will für uns etwas Gutes tun, ja er hat seine Freude daran, uns Gutes zu<br />
tun, uns das umfassende Heil zu schenken. "Ich weiss, was für <strong>Gedanken</strong> ich <strong>über</strong> euch<br />
habe, spricht der Herr, <strong>Gedanken</strong> zum Heil und nicht zum Unheil, euch eine Zukunft und<br />
Hoffnung zu geben."<br />
Gott ist also derjenige, der handelt. Auf unserer menschlichen Seite braucht es nur etwas –<br />
doch davon später. Zuerst möchte ich noch danach fragen, warum Gott so handelt, warum<br />
er ein solcher Gott ist und was die Grundlage für sein <strong>Heils</strong>handeln ist.<br />
Für den Propheten <strong>Jeremia</strong> und für das alttestamentliche Volk Israel war es klar: Es war der<br />
Bund, der ewige Bund den Gott mit Israel und schon mit seinen Stammvätern geschlossen<br />
hatte, dass er grundlegend und immer der Gott Israels sein würde und sein Volk letztlich nie<br />
verlassen würde. – Für die Menschen, die nicht zu den Juden gehören, hat <strong>Gottes</strong> Heil dagegen<br />
eine etwas andere Grundlage: auch einen Bund, aber den neuen Bund; den neuen<br />
Bund, den Gott mit uns durch Jesus Christus geschlossen hat.<br />
Bereits am Anfang <strong>des</strong> <strong>Gottes</strong>dienstes habe ich den Vers aus 1. Thessalonicher 5 zitiert;<br />
jetzt nenne ich ihn nochmals, noch etwas ausführlicher: "Denn Gott hat uns nicht dazu bestimmt,<br />
dass wir dem Zorn verfallen, sondern dass wir das Heil erlangen durch unseren<br />
Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit wir alle miteinander zusammen mit<br />
ihm leben werden." [1. Thessalonicher 5,9-10]<br />
Gott hat seinen Sohn Jesus Christus in die Welt geschickt. Dieser hat sich selbst hingegeben,<br />
in den Tod gegeben und hat damit das Opfer gebracht, das tatsächlich notwendig war.<br />
Mehr ist nicht nötig; der neue Bund ist geschlossen durch das Blut Jesu, das dieser in seinem<br />
Tod am Kreuz vergossen hat. Jetzt steht nicht mehr irgendeine Form von <strong>Gottes</strong> Zorn<br />
<strong>über</strong> uns, sondern es gelten uneingeschränkt <strong>Gottes</strong> <strong>Gedanken</strong> <strong>des</strong> <strong>Heils</strong>, <strong>des</strong> totalen<br />
Wohlergehens für Zeit und Ewigkeit. Jesus Christus ist also die Grundlage für unser Heil.<br />
Nur etwas braucht es noch von unserer Seite, und darauf möchte ich zum Schluss auch<br />
noch zu sprechen kommen, denn es ist ganz wichtig. Gott will uns eine Zukunft und Hoffnung<br />
geben, er will uns das umfassende Heil schenken. Was wir tun müssen, ist nicht viel,<br />
aber wir müssen es tun, nämlich: dieses Geschenk empfangen und für uns persönlich annehmen.<br />
– Ich weiss, ich habe den Vergleich schon mehrmals gebraucht, aber ich finde ihn<br />
nach wie vor sehr anschaulich: Wenn ich ein Geschenk bekomme, dann kann ich es noch<br />
so lange vor mich hinstellen, es betrachten und mich daran freuen, doch ich habe absolut<br />
nichts davon, solange ich es nicht auch wirklich nehme und auspacke.<br />
Genau so ist es auch mit allem Guten, das Gott uns tun will, mit dem Heil, das Gott für uns<br />
bereit hat und uns geben will: Wir müssen es bewusst annehmen und für uns in Anspruch<br />
nehmen, damit es wirklich zur Realität werden kann, sonst haben wir nichts davon. Und dieses<br />
Annehmen <strong>des</strong> <strong>Heils</strong>geschenkes <strong>Gottes</strong>, das geschieht durch den Glauben, das heisst:<br />
dadurch, dass wir Gott glauben, dass wir seinen Verheissungen vertrauen und dass wir ihm<br />
unser ganzes Leben anvertrauen. Durch diesen Glauben nehmen wir <strong>Gottes</strong> Heil persönlich<br />
in Empfang und dürfen seinen umfassenden Segen erfahren.<br />
So möchte ich uns heute Morgen Mut machen, gerade wenn wir uns vielleicht in einer, wie<br />
es uns scheint, trostlosen Situation befinden, aber auch sonst und <strong>über</strong>haupt – ich möchte<br />
uns Mut machen, dass wir auf <strong>Gottes</strong> <strong>Heils</strong>zusagen wirklich vertrauen und darauf bauen,<br />
dass wir sie glaubend und dankbar in Anspruch nehmen und dass dadurch alles Gute, das<br />
Gott für uns bereit hat, erfahrbare Realität werden darf.<br />
Darum möchte ich <strong>Gottes</strong> Verheissung noch einmal, ein weiteres Mal nennen, damit sie so<br />
richtig in unser Bewusstsein und in unser Herz hinein sinkt: "Ich weiss, was für <strong>Gedanken</strong><br />
ich <strong>über</strong> euch habe, spricht der Herr, <strong>Gedanken</strong> zum Heil und nicht zum Unheil, euch eine<br />
Zukunft und Hoffnung zu geben."<br />
A M E N<br />
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