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Grundlagen der Chemie

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Lösungen<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Konzentrationsmaße<br />

• Wasser als Lösungsmittel<br />

• Solvatation, Hydratation<br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

• Beeinflussung <strong>der</strong> Löslichkeit durch Temperatur und Druck<br />

Lösungen<br />

• Lösungen sind homogene Gemische.<br />

• Die Komponente mit dem größten Mengenanteil wird Lösungsmittel<br />

genannt.<br />

• Die Menge eines gelösten Stoffes in einer gegebenen Menge Lösung<br />

nennt man Konzentration.<br />

• Eine Lösung, in <strong>der</strong> die maximal auflösbare Menge eines Stoffes<br />

enthalten ist, heißt eine gesättigte Lösung.<br />

• Lösungen mit geringerer Konzentration sind ungesättigt.<br />

Konzentrationsmaße<br />

Gebräuchliche Konzentrationsmaße sind Molarität und Masseprozent<br />

(Gewichtsprozent).<br />

Bei <strong>der</strong> Molarität wird die Anzahl Mole eines Stoffes angegeben, die in einem<br />

Volumen von 1 l vorhanden sind. z.B. 1 l einer wäßrigen HCl-Lösung enthält<br />

0,2 mol HCl. Dann ist die Konzentration 0,2 molar o<strong>der</strong> 0,2 M:<br />

c(HCl) = 0,2 mol l -1 , o<strong>der</strong> cHCl = 0,2 mol l -1 , o<strong>der</strong> [HCl] = 0,2 mol l -1<br />

Beachte: die Molalität: die Zahl <strong>der</strong> Mole pro kg Lösungsmittel. z.B. eine<br />

1molale, wäßrige NaOH-Lösung enthält 1 mol NaOH in 1 kg Wasser.<br />

1


Lösungen<br />

• Konzentrationsmaße<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

Bei <strong>der</strong> Angabe von Massenprozenten, Masse-%, oft auch Gewichtsprozente,<br />

Gew.-%, wird die Menge eines Stoffes in Gramm angegeben, die in 100 g<br />

Gesamtmenge vorhanden ist. z.B. Verdünnte Schwefelsäure enthält etwa 9<br />

Masse-% H2SO4. 100g verdünnte Schwefelsäure bestehen aus 9 g H2SO4 und<br />

91 g Wasser.<br />

Wasser als Lösungsmittel<br />

• Flüssiges Wasser hat bei 4 ºC seine größte Dichte.<br />

Ausgehen von 4 ºC dehnt sich Wasser sowohl beim abkühlen wie beim<br />

Erwärmen aus – die sogenannte Anomalie des Wassers.<br />

2


Wasser als Lösungsmittel<br />

Bei 0 ºC gefriert Wasser zu Eis.<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

Die Struktur von Eis, wie die Struktur des flüssigen Wassers, wird durch<br />

Wasserstoffbrückenbindungen vermittelt.<br />

Hier gibt es eine starke Dipol-Dipol-Wechselwirkung, bei <strong>der</strong> die positiv<br />

polarisierten H-Atome eine Anziehung durch die negativ polarisierten O-Atome<br />

erfahren, die durch die freien Elektronenpaare <strong>der</strong> O-Atome vermittelt wird<br />

χO = 3,44; χH = 2,20<br />

H<br />

H<br />

O<br />

H<br />

H<br />

H H<br />

O<br />

H<br />

O O<br />

H<br />

O<br />

H<br />

H<br />

3


Wasser als Lösungsmittel<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

Eis hat eine ungewöhnlich „luftige“ Struktur, da jedes O-Atom nur vier weitere<br />

O-Atome als Nachbarn besitzt (vgl. Metalle mit üblicherweise zwölf nächsten<br />

Nachbarn um jedes Atom). Die H-Atome befinden sich auf den<br />

Verbindungslinien <strong>der</strong> Sauerstoffatome.<br />

Die geringe Raumerfüllung in <strong>der</strong> Eisstruktur ist die Ursache für die Anomalie<br />

des Wassers und für die geringe Dichte von Eis, die kleiner als die Dichte des<br />

flüssigen Wassers am Schmelzpunkt ist - Eis schwimmt auf Wasser!<br />

4


• Wasser als Lösungsmittel<br />

• Solvatation, Hydratation<br />

Wasser als Lösungsmittel<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

Beim Schmelzen bricht die luftige Struktur zugunsten einer dichteren Packung<br />

<strong>der</strong> H2O-Moleküle zusammen. Die Struktur-Merkmale des Eises werden beim<br />

weiteren Erwärmen nur allmählich abgebaut und es kommt zur Anomalie.<br />

Die Existenz Wasserstoffbrücken ist auch die Ursache weiterer Beson<strong>der</strong>heiten.<br />

z.B. <strong>der</strong> Siedepunkt von Wasser ist für eine Verbindung <strong>der</strong> Molekülmasse 18 u<br />

ungewöhnlich hoch.<br />

Schmelzpunkt Siedepunkt Molekülmasse<br />

(ºC) (ºC) u<br />

H2O 0 +100 18,02<br />

H2S -85 -60 34,08<br />

H2Se -60 -41 80,98<br />

H2Te -49 -2 129,62<br />

Wasser ist auch ein sehr wichtiges Lösungsmittel für ionisch aufgebaute und<br />

polare Stoffe, indem sich die polaren Wassermoleküle um die geladenen<br />

Teilchen des gelösten Stoffes herumlagern: Hydratation.<br />

Solvatation, Hydratation<br />

Ein Salz wie NaCl ist eine stabile Verbindung, <strong>der</strong>en stark exotherme Bildung<br />

aus den Elementen eine Folge <strong>der</strong> hohen Gitterenergie des Ionenkristalls ist.<br />

Trotzdem wird NaCl durch Wasser gelöst. Wasser hydratisiert die Ionen des<br />

Kristalls: die Ionen werden von den dipolaren Wassermolekülen umhüllt und<br />

voneinan<strong>der</strong> getrennt. Das Salz dissoziiert:<br />

NaCl → Na + (aq) + Cl - (aq)<br />

Na + (aq) steht für ein Ion des Typs [Na(H2O)6] + , bei dem sechs Wassermoleküle<br />

in Form eines Oktae<strong>der</strong>s mit ihrem negativen geladenen O-Atomen an das Na + -<br />

Ion koordiniert sind.<br />

5


• Wasser als Lösungsmittel<br />

• Solvatation, Hydratation<br />

H<br />

H<br />

H<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

H<br />

H H H<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

H<br />

H<br />

H<br />

O O<br />

M +<br />

Die Anionen sind nicht so stark an die Wassermoleküle gebunden aber es gibt<br />

doch eine Wechselwirkung zwischen den positiv polarisierten H-Atomen und<br />

den Anionen.<br />

Bei <strong>der</strong> Reaktion mancher polarer aber nicht aus Ionen aufgebauter Stoffe<br />

werden erst bei <strong>der</strong> Reaktion mit Wasser Ionen gebildet. z.B. Bei Salzsäure<br />

kommt es zur Bildung Ionen durch die Übertragung eines H + -Ions von HCl auf<br />

H2O (siehe auch „Säuren und Basen“)<br />

HCl + H2O → H3O + (aq) + Cl - (aq)<br />

H<br />

O<br />

H<br />

H<br />

O H<br />

O<br />

H<br />

H<br />

O<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

6<br />

2. Koordinations-Sphäre<br />

1. Koordinations-Sphäre


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

Elektrolyt- und Nichtelektrolytlösungen<br />

Wenn eine wässrige Lösung freibewegliche Ionen enthält, sprechen wir von<br />

einer Elektrolytlösung. Die Ionen folgen dem elektrischen Feld, wenn eine<br />

Spannung an in die Lösung tauchende Elektroden angelegt wird.<br />

Die positiv geladenen Ionen, die Kationen, wan<strong>der</strong>n zur Kathode.<br />

Die negativ geladenen Ionen, die Anionen, wan<strong>der</strong>n zur Anode.<br />

Elektrolytlösungen, die Ionen enthalten, leiten daher den elektrischen Strom.<br />

Die Ionen sind die Träger <strong>der</strong> elektrischen Ladung.<br />

Nichtelektrolytlösungen kommen zustande, wenn nichtionische Stoffe, die zur<br />

Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen befähigt sind, in Wasser<br />

aufgelöst werden. In <strong>der</strong> Regel sind diese Verbindungen, die OH-Gruppen<br />

enthalten wie Alkohole, Ethylenglykol, Zucker und auch Säuren wie<br />

Schwefelsäure. Beispiele für Verbindungen mit an<strong>der</strong>en polaren Gruppen, die<br />

auch in Wasser löslich sind, sind Harnstoff, Aceton und Formaldehyd.<br />

Unpolare Verbindungen sind dagegen in <strong>der</strong> Regel nicht mit Wasser mischbar.<br />

Bei dem Versuch, Stoffe wie Öl o<strong>der</strong> halogenierte Kohlenwasserstoffe wie CCl4<br />

mit Wasser zu mischen, werden zwei Phasen erhalten. Unpolare Stoffe sind<br />

dagegen in <strong>der</strong> Lage, an<strong>der</strong>e unpolare Stoffe zu lösen. z.B. Iod, I2, löst sich in<br />

Wasser kaum, aber deutlich in Tetrachlormethan, CCl4.<br />

7


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

• Beeinflussung <strong>der</strong> Löslichkeit durch Temperatur und Druck<br />

Lösungsenthalpie<br />

Wenn eine Substanz in einem Lösungsmittel gelöst wird, wird Energie<br />

freigesetzt<br />

(-ΔH) o<strong>der</strong> aufgenommen (+ΔH). Bei konstantem Druck und offenem Gefäß<br />

entspricht diese Energie <strong>der</strong> Lösungenthalpie.<br />

Die beim Lösen einer reinen Substanz umgesetzte Energie setzt sich aus <strong>der</strong><br />

Energie zusammen, die zum Trennen <strong>der</strong> Teilchen <strong>der</strong> Substanz aufgebraucht<br />

werden muß, und <strong>der</strong> Energie, die bei <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> solvatisierten Teilchen<br />

<strong>der</strong> Lösung freigesetzt wird.<br />

z.B. Auflösung von KCl<br />

1. Die Energie, die gebraucht wird, um die Kristallstruktur des<br />

Kaliumchlorids unter Bildung gasförmiger Ionen aufzubrechen: die<br />

Gitterenergie:<br />

KCl(s) → K + (g) + Cl - (g) ΔH = +701,2 kJ mol -1<br />

2. Die freigesetzte Hydratationsenthalpie bei <strong>der</strong> Bildung von<br />

hydratisierten, gelösten Ionen aus den gasförmigen Ionen:<br />

K + (g) + Cl - (g) → K + (aq) + Cl - (aq) ΔH = -684,1 kJ mol -1<br />

Der Gesamtprozeß ist endotherm, weil im Schritt 1 mehr Energie benötigt wird,<br />

als in Schritt 2 freigesetzt wird. Die Lösungsenthalpie hat einen positiven<br />

Wert:<br />

KCl(s) → K + (aq) + Cl - (aq) ΔH = +701,2 + (-684,1) kJ mol -1<br />

ΔH = +17,1 kJ mol -1<br />

8


Lösungsenthalpie<br />

9


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

Beachte, bei Schritt 2, die Hydratationsenthalpie ist genau genommen die<br />

Summe von drei Energiewerten:<br />

1. die notwendige Energie, um einige Wasserstoffbrücken im Wasser zu<br />

lösen,<br />

2. die freigesetzte Energie bei <strong>der</strong> Hydratation <strong>der</strong> Kalium-Ionen,<br />

3. die freigesetzte Energie bei <strong>der</strong> Hydratation <strong>der</strong> Chlorid-Ionen.<br />

Es ist schwierig, diese drei Vorgänge getrennt voneinan<strong>der</strong> zu untersuchen.<br />

Lösungsenthalpien können auch negative Werte haben, wenn bei <strong>der</strong> Solvatation<br />

(Schritt 2) mehr Energie frei wird als zum Zerlegen <strong>der</strong> Kristallstruktur benötigt<br />

wird (Schritt 1).<br />

1. AgF(s) → Ag + (g) + F - (g) ΔH = +910,9 kJ mol -1<br />

2. Ag + (g) + F - (g) → Ag + (aq) + F - (aq) ΔH = -931,4 kJ mol -1<br />

AgF(s) → Ag + (aq) + F - (aq) ΔH = -20,5 kJ mol -1<br />

Die Beiträge, hohe Ionenladung und kleine Ionenradien, die zu großen Werte für<br />

Schritt 1 führen, führen auch zu großen Beiträge bei Schritt 2. Beide Beträge<br />

liegen meist in <strong>der</strong> gleichen Größenordnung, und die Lösungsenthalpie selbst<br />

hat einen viel kleineren Betrag. Deshalb können relative kleine Fehler in den<br />

Werten <strong>der</strong> Gitterenergie und <strong>der</strong> Solvatationsenthalpie zu relativ großen<br />

Fehlern bei <strong>der</strong> Lösungsenthalpie führen. z.B. bei <strong>der</strong> Auflösung von AgF<br />

bedeutet 1 % Fehler bei einem <strong>der</strong> ersten beiden Werte einen Fehler von 9 kJ<br />

mol -1 im Ergebnis (ca. 45 % relativ Fehler!)<br />

Im Beispiel löst sich AgF unter Wärmeabgabe auf.<br />

KCl mit <strong>der</strong> gleichen Kristallstruktur wie AgF löst sich unter Wärmeverbrauch.<br />

Warum löst sich KCl überhaupt in Wasser auf?<br />

10


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

Entropie<br />

Die Näherung:<br />

Exotherme Reaktionen laufen (spätestens nach Aktivierung) freiwillig ab,<br />

endotherme Reaktionen müssen durch laufende Energiezufuhr erzwungen<br />

werden<br />

gilt nur für Reaktionen mit starker Wärmetönung.<br />

Bisher, haben wir nur den 1. Hauptsatz <strong>der</strong> Thermodynamik berücksichtigt.<br />

Der 1. Hauptsatz <strong>der</strong> Thermodynamik<br />

Energie kann von einer Form in eine an<strong>der</strong>e umgewandelt werden, sie kann aber<br />

we<strong>der</strong> erzeugt noch vernichtet werden.<br />

Bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Thermodynamik betrachtet man häufig die Vorgänge,<br />

die sich in einem abgegrenzten Bereich abspielen. Alles, was sich innerhalb<br />

dieses Bereich befindet, nennt man ein System. Alles außerhalb davon ist die<br />

Umgebung („outside“). Ein System hat eine innere Energie U, welche die<br />

Summe aller möglichen Energieformen im System ist (z.B. Anziehungs- und<br />

Abstoßungs-Kräfte zwischen Atomen, Molekülen, Ionen, subatomaren Teilchen<br />

sowie die kinetische Energie <strong>der</strong> Teilchen). Der tatsächliche Wert von U ist<br />

nicht bekannt o<strong>der</strong> berechenbar. Die Thermodynamik befaßt sich nur mit den<br />

Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> inneren Energie. Diese sind meßbar.<br />

Der 2. Hauptsatz <strong>der</strong> Thermodynamik<br />

Eine Aussage über, ob ein Vorgang freiwillig ablaufen wird, ist mit Hilfe des 2.<br />

Hauptsatzes <strong>der</strong> Thermodynamik möglich. Von zentraler Bedeutung ist die<br />

thermodynamische Funktion S, die wir Entropie nennen. Die Entropie kann als<br />

ein Maß für die Unordnung in einem System gedeutet werden. Je geringer die<br />

Ordnung in einem System ist, desto größer seine Entropie.<br />

11


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

Der 2. Hauptsatz <strong>der</strong> Thermodynamik<br />

Bei einer spontanen Zustandsän<strong>der</strong>ung vergrößert sich die Entropie. Freiwillig<br />

stellt sich somit immer nur ein Zustand mit geringerer Ordnung ein.<br />

z.B. die Vermischung von zwei idealen Gasen ergibt eine spontane<br />

Zustandsän<strong>der</strong>ung. Wenn zwei Gefäße, in denen sich zwei verschiedene Gase<br />

bei gleichem Druck befinden, miteinan<strong>der</strong> verbunden werden, so vermischen<br />

sich die Gase spontan. Der 1. Hauptsatz macht hierüber keinerlei Aussage.<br />

Während sich die Gase vermischen, bleiben das Gesamtvolumen, <strong>der</strong> Druck und<br />

die Temperatur konstant. Bei idealen Gasen gibt es auch keine intermolekularen<br />

Kräfte; we<strong>der</strong> die innere Energie noch die Enthalpie werden verän<strong>der</strong>t. Beim<br />

Vermischen wird ein Zustand höherer Entropie erreicht. Am Anfang herrscht<br />

eine größere Ordnung, am Schluß sind die Moleküle statistisch verteilt. Aus <strong>der</strong><br />

Erfahrung des Alltags verwun<strong>der</strong>t es nicht, daß zwei Gase sich vermischen. Im<br />

Gegenteil, eine spontane Entmischung <strong>der</strong> Gase wäre höchst unwahrscheinlich.<br />

Für eine gegebene Substanz hat <strong>der</strong> feste, kristalline Zustand die höchste<br />

Ordnung und die geringste Entropie. Der gasförmige Zustand hat die höchste<br />

Entropie. Der flüssige Zustand liegt dazwischen. Wenn eine Substanz schmilzt<br />

o<strong>der</strong> verdampft, nimmt ihre Entropie zu. Wenn sie kondensiert o<strong>der</strong><br />

kristallisiert, nimmt ihre Entropie ab.<br />

Warum sollte eine Substanz bei Temperaturen unterhalb ihres Gefrierpunktes spontan<br />

gefrieren, wenn diese Zustandsän<strong>der</strong>ung mit einer Entropieabnahme verbunden ist?<br />

Alle Entropieeffekten müssen berücksichtigt werden. Wenn sich zwei ideale<br />

Gase vermischen, dann gibt es kein Stoff- o<strong>der</strong> Energieaustausch. Der einzige<br />

Entropieeffekt ist die Entropiezunahme in dem abgeschlossenen System. In <strong>der</strong><br />

Regel verlaufen chemische Reaktionen o<strong>der</strong> physikalische Zustandsän<strong>der</strong>ungen<br />

jedoch nicht unabhängig von ihrer Umgebung. Die Gesamtän<strong>der</strong>ung („total“)<br />

<strong>der</strong> Entropie ΔSges (ΔStot) ist die Summe <strong>der</strong> Entropieän<strong>der</strong>ungen des Systems<br />

ΔSSys (ΔSsys) und <strong>der</strong> Umgebung ΔSUmg (ΔSout).<br />

ΔSges = ΔSSys + ΔSUmg<br />

12


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

Beispiel: Entropieän<strong>der</strong>ungen für die Transformation Wasser → Eis bei<br />

normalem Druck (101,3 kPa)<br />

________________________________________<br />

Temp. ΔSSys ΔSUmg ΔSges<br />

(°C) (J mol -1 K -1 )<br />

________________________________________<br />

+1 -22,13 +22,05 -0,08<br />

0 -21,99 +21,99 0,00<br />

-1 -21,85 +21,93 +0,08<br />

_________________________________________<br />

• Bei -1 °C gefriert Wasser spontan, ΔSges ist positiv.<br />

• Bei +1 °C ist ΔSges negativ, Wasser dieser Temperatur gefriert nicht. Der<br />

umgekehrte Prozeß, das Schmelzen von Eis läuft spontan ab.<br />

• Bei 0 °C ist ΔSges = 0, we<strong>der</strong> das Schmelzen noch das Gefrieren läuft<br />

spontan ab. Eis und Wasser stehen im Gleichgewicht miteinan<strong>der</strong>. Man<br />

kann den Gefrier- o<strong>der</strong> Schmelzvorgang bei 0 °C im Gang bringen, wenn<br />

man Wärme entzieht o<strong>der</strong> zuführt, aber keiner dieser Vorgänge wird von<br />

sich aus ablaufen.<br />

Die Zunahme <strong>der</strong> Gesamtentropie kann als Kriterium für das freiwillige<br />

Ablaufen eines Vorgangs dienen. In dem Maß, nimmt die Entropie des<br />

Universums ständig zu.<br />

Nach Rudolf Clausius können die ersten beiden Hauptsätze <strong>der</strong> Thermodynamik<br />

zusammengefaßt werden:<br />

Die Energie des Universums ist konstant. Die Entropie des Universums strebt einem Maximum zu.<br />

13


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

Die freie Enthalpie<br />

ΔSges = ΔSSys + ΔSUmg<br />

Eine chemische Reaktion erhöht die Entropie <strong>der</strong> Umgebung, wenn sie<br />

exotherm verläuft, da die abgegebene Energie die Atome in <strong>der</strong> Umgebung sich<br />

schneller bewegen läßt. Da eine gegebene Wärmemenge bei niedriger<br />

Temperatur Unordnung stärker vergrößert als bei hoher Temperatur, ist die<br />

Beziehung einsichtig:<br />

ΔSUmg = -(ΔH)/T<br />

(Diese Beziehung erklärt warum bei stark exothermen Reaktionen <strong>der</strong> Einfluß<br />

von ΔSSys zu vernachlässigen ist)<br />

Mit ΔS = ΔSSys läßt sich weiter umformen zu:<br />

ΔSges = ΔS + [-(ΔH)/T]<br />

TΔSges = TΔS - ΔH<br />

Mit TΔSges = -ΔG ergibt sich die Gibbs-Helmholtzsche Gleichung:<br />

ΔG = ΔH – TΔS freie Reaktionsenthalpie<br />

ΔG ist die freie Reaktionsenthalpie und entspricht <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> freien<br />

Enthalpie G des Systems.<br />

G = H – TS (Gibbssche) freie Enthalpie<br />

Folgende Bedingungen gelten:<br />

ΔG < 0 läuft die Reaktion freiwillig ab<br />

ΔG = 0 ist das System im Gleichgewicht<br />

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ΔG > 0 läuft die Reaktion nicht freiwillig ab<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Entropie, freie Enthalpie, freie Standardbildungsenthalpie<br />

Jetzt können wir verstehen, warum KCl sich in Wasser auflöst.<br />

ΔH TΔS ΔG (kJ mol -1 )<br />

KCl +17,1 +24,1 -7,0<br />

AgF -20,5 -5,8 -14,7<br />

Freie Standardbildungsenthalpie<br />

Ebenso wie sich die Reaktionsenthalpie ΔH 0 als Summe von<br />

Standardbildungsenthalpien <strong>der</strong> einzelnen Reaktanden berechnen läßt, kann<br />

auch die freie Standardbildungsenthalpie ΔG 0 einer Reaktion als Summe freier<br />

Standardbildungsenthalpien ΔGf 0 berechnet werden. Die erhaltenen ΔG 0 –Werte<br />

gelten für Standardbedingungen bezüglich Druck und Temperatur, aber auch in<br />

bezug auf die Konzentrationen (bzw. Aktivitäten) <strong>der</strong> Reaktanden.<br />

Für eine allgemeine Reaktion:<br />

aA + bB → xX + yY<br />

gilt im Falle verdünnter Lösungen:<br />

ΔG = ΔG 0 + RT . ln [X] x . [Y] y<br />

[A] a . [B] b<br />

Mit thermodynamischen Überlegungen kann man feststellen, welche Vorgänge<br />

ablaufen können, sie sagen jedoch nichts darüber, wie schnell dies geschieht.<br />

z.B. Kohlenstoff sollte bei 25 °C und Atmosphären Druck mit Sauerstoff<br />

reagieren, man kann aber Gemische davon über längere Zeiträume unverän<strong>der</strong>t<br />

aufbewahren, da die Reaktion unter diesen Bedingungen unmeßbar langsam<br />

abläuft.<br />

Die Thermodynamik kann eindeutig voraussagen, welche Vorgänge nicht<br />

stattfinden werden und sie kann zeigen, wie Bedingungen zu än<strong>der</strong>n sind, um<br />

eine Reaktion in die gewünschte Richtung zu lenken.<br />

15


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Chemie</strong><br />

• Beeinflussung <strong>der</strong> Löslichkeit durch Temperatur und Druck<br />

Wie sich eine Temperatur- bzw. Druckän<strong>der</strong>ung auf die Löslichkeit einer<br />

Substanz auswirkt, hängt davon ab, ob beim Herstellen einer gesättigten Lösung<br />

Energie freigesetzt o<strong>der</strong> aufgenommen wird. In welcher Weise sich die<br />

Temperaturän<strong>der</strong>ung auswirkt, kann man mit Hilfe des Prinzips des kleinsten<br />

Zwanges voraussagen (vorgestellt in 1884 von Henri Le Chatelier). Nach<br />

diesem Prinzip weicht ein im Gleichgewicht befindliches System einem Zwang<br />

aus, und es stellt sich ein neues Gleichgewicht ein.<br />

Beispiele<br />

• Wir haben eine Lösung, die sich im Gleichgewicht mit ungelöstem<br />

Bodenkörper befindet. Zur Herstellung <strong>der</strong> Lösung sei die Zufuhr von<br />

Energie notwendig. Nach Le Chatelier, bei einer Erhöhung <strong>der</strong><br />

Temperatur wird Wärme aufgenommen, wenn ein Teil des Bodenkörpers<br />

in Lösung geht. Bei Temperaturerniedrigung weicht das System aus,<br />

indem ein Vorgang mit Energieabgabe verläuft und gelöster Stoff scheidet<br />

sich aus.<br />

Bei endothermen Lösungsvorgängen nimmt die Löslichkeit mit steigen<strong>der</strong><br />

Temperatur zu.<br />

Die meisten Feststoffe verhalten sich so.<br />

• Umgekehrt, nimmt die Löslichkeit bei exothermen Lösungsvorgängen mit<br />

steigen<strong>der</strong> Temperatur ab. Einige Ionenverbindungen (z.B. Li2CO3,<br />

Na2SO4) verhalten sich so. In <strong>der</strong> Regel gehen Gase exotherm in Lösung.<br />

• Die Druckabhängigkeit <strong>der</strong> Löslichkeit, die für Flüssigkeiten und<br />

Feststoffe praktisch keine Rolle spielt, ist bei Gasen wichtig. Für<br />

verdünnte Lösungen und nicht zu hohe Druck gilt das Gesetz von Henry<br />

(1803).<br />

Die Löslichkeit eines Gases ist direkt proportional zum Partialdruck des Gases<br />

über <strong>der</strong> Lösung.<br />

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