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Rentabilitätsorientierte Vertriebsoptimierung in der Praxis

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Quelle: DSV<br />

Erfolg durch Pragmatismus und straffes Management<br />

<strong>Rentabilitätsorientierte</strong><br />

Betriebswirtschaftliche Blätter 06|2005<br />

AUTOREN RUBRIK<br />

Jürgen Schwanitz<br />

ist Bereichsleiter Unternehmenssteuerung<br />

und Vorstandssekretariat<br />

bei <strong>der</strong> Sparkasse<br />

Forchheim. Er war Projektleiter.<br />

Lars Sørstrøm<br />

ist Manag<strong>in</strong>g Partner bei <strong>der</strong><br />

Bergen Bryggen Group und war<br />

Berater für das Projekt.<br />

<strong>Vertriebsoptimierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Praxis</strong><br />

Kundenorientierung und Effizienz erfor<strong>der</strong>t auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kreditwirtschaft das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> „Mass Customization“.<br />

Standardisierung und Individualität schließen sich dabei nicht aus, son<strong>der</strong>n ergänzen e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Das Projekt <strong>der</strong> Sparkasse Forchheim zur Neustrukturierung ihres Front- und Backoffices ist dafür e<strong>in</strong> Beispiel.<br />

Ob Sparkasse, Großbank o<strong>der</strong> Privatbankhaus,<br />

alle werben mit dem Credo,<br />

ihre Kunden entsprechend <strong>der</strong>en Wünschen<br />

zu betreuen. Kaum e<strong>in</strong> Banker nimmt das<br />

Wort Standardisierung <strong>in</strong> den Mund. Ke<strong>in</strong><br />

Institut will den E<strong>in</strong>druck erwecken, dass<br />

Kunden über den berühmten Kamm geschoren<br />

werden. Dass Standardisierung und<br />

Individualität jedoch nicht zwangsläufig e<strong>in</strong><br />

Gegensatz s<strong>in</strong>d, zeigt das Vorgehen <strong>der</strong> Sparkasse<br />

Forchheim im Retail Bank<strong>in</strong>g.<br />

Vertriebskonzept 2010<br />

und Balanced Scorecard<br />

Auf Grundlage <strong>der</strong> strategischen Neuausrichtung<br />

nach dem „Konzept 2010“ und e<strong>in</strong>-<br />

gebettet <strong>in</strong> das Gesamtzielsystem e<strong>in</strong>er Balanced<br />

Scorecard wurde das Retail Bank<strong>in</strong>g<br />

<strong>der</strong> Sparkasse Forchheim <strong>in</strong> zwei Richtungen<br />

erneuert und optimiert. Zum e<strong>in</strong>en wurde<br />

die Kundenbetreuung stärker strukturiert<br />

und <strong>in</strong>tensiviert, zum an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong> straffes<br />

Prozessmanagement verfolgt.<br />

Die Maßnahmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kundenbetreu-<br />

ung reichten von e<strong>in</strong>er strukturierten Beratungssystematik<br />

bis zu zentral gesteuerten<br />

Kampagnen. Da die heutigen Kundenansprüche<br />

aber nur erfüllbar s<strong>in</strong>d, wenn <strong>in</strong>dividuelle<br />

Beratung und Betreuung <strong>der</strong> Kunden<br />

mit e<strong>in</strong>er konsequenten Standardisierung<br />

<strong>in</strong> den Abwicklungs- und Produktionsprozessen<br />

verknüpft werden, wurden auch die<br />

Leistungsstandardisierung und Prozessverbesserungen helfen Instituten, ihre Kosten <strong>in</strong> den Griff zu bekommen.<br />

betrieblichen Prozesse gestrafft. Diese Maßname<br />

erhöht nicht alle<strong>in</strong> die Profitabilität, es<br />

eröffnen sich jedoch personelle Freiräume<br />

für mehr <strong>in</strong>dividuelle Kundenberatung.<br />

Das Stichwort dazu heißt „Mass Customization“,<br />

e<strong>in</strong> Begriff, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen<br />

Fertigung bekannt ist. So kann <strong>der</strong> Kunde im<br />

Autohaus aus e<strong>in</strong>er vorgegebenen Variantenliste<br />

e<strong>in</strong> Fahrzeug nach se<strong>in</strong>en Wünschen<br />

zusammenstellen. Die Produktions- und<br />

Vertriebsprozesse, mit denen diese <strong>in</strong>dividuellen<br />

Ansprüche befriedigt werden, s<strong>in</strong>d<br />

dabei weitgehend automatisiert und standardisiert.<br />

Der Schlüssel, um Servicequalität und<br />

Ertragslage zugleich zu verbessern, ist<br />

317<br />

¯


¯<br />

ABBILDUNG 1<br />

Die Vertriebsprozessoptimierung wurde <strong>in</strong> drei Phasen bearbeitet<br />

> Revision<br />

> Erarbeitung<br />

> Betreuer/Kunden<br />

Aufgaben/Anläufe<br />

> Fachbereich<br />

> Auswertung Kapazi-<br />

> EDV-Systeme/<br />

täten/Mengengerüste<br />

Hardware<br />

> Aufnahme IT/<br />

> Berücksichtigung „Systemlandschaft“<br />

Gesamthausperspektive > Analyse Stärken/<br />

Schwächen<br />

Grundlagen<br />

schaffen<br />

Realitäten<br />

berücksichtigen<br />

daher die Standardisierung <strong>der</strong> Vertriebsprozesse.<br />

Sie ermöglicht <strong>der</strong> Sparkasse über<br />

alle Vertriebskanäle h<strong>in</strong>weg (Filiale, Telefon,<br />

Internet) verb<strong>in</strong>dliche Qualitätsversprechen<br />

gegenüber dem Kunden und erhöht damit<br />

die Transparenz und Kundenzufriedenheit.<br />

Standardisierung gewährleistet die Optimierung<br />

bank<strong>in</strong>terner Prozesse sowohl am<br />

Front-End bzw. beim Kundenberater als auch<br />

im Backoffice, sprich den verwaltenden und<br />

unterstützenden E<strong>in</strong>heiten. Damit ist die<br />

Standardisierung <strong>in</strong> Modulen <strong>der</strong> maßgebliche<br />

Erfolgsfaktor für Wachstum und Ertrag<br />

im mo<strong>der</strong>nen Retail Bank<strong>in</strong>g.<br />

Pragmatisches und konsequentes<br />

Projektmanagement<br />

Das Projekt umfasste e<strong>in</strong>e Kick-off-Phase<br />

(„Stoßrichtung festlegen“) zur Strukturierung<br />

<strong>der</strong> Prozesse und Erarbeitung <strong>der</strong> Rahmenvorgaben<br />

sowie zwei darauf aufbauende<br />

Phasen (s. Abb. 1).<br />

Phase 0: Vorlaufphase<br />

Die Vorlaufphase wurde pragmatisch<br />

„top down“ vorgenommen. Um schnell<br />

zur Sache kommen zu können, setzte die<br />

Sparkasse Forchheim auf den ihr vorliegenden<br />

Daten auf. Dabei g<strong>in</strong>g sie nach dem<br />

„80/20-Pr<strong>in</strong>zip“ vor, <strong>in</strong>dem sie sich auf die<br />

wichtigsten Probleme konzentrierte. Auf<br />

breit angelegte „Totalerhebungen“ wurde<br />

daher verzichtet.<br />

Die Vorlaufphase startete mit e<strong>in</strong>er Gesprächsrunde,<br />

an <strong>der</strong> die Führungskräfte des<br />

Hauses teilnahmen. Auf dieser Veranstaltung<br />

wurden die Inhalte des Projekts und die Methodik<br />

erläutert. Erklärtes Ziel war es, Verständnis<br />

und Bereitschaft auf breiter Basis für das Projekt<br />

zu erzielen. Dazu dienten Interviews mit<br />

> Schnittstellen<br />

> Detaillierte Aufgabenbeschreibung<br />

> EDV-Unterstützung<br />

> Personalentwicklung<br />

> Personalbedarf/<br />

Personalbedarfsrechnung<br />

Blaupause<br />

erstellen<br />

Erfolgreich<br />

realisieren<br />

allen wichtigen Leistungsträgern, um rasch<br />

e<strong>in</strong>en Überblick über die Stärken und Schwächen<br />

<strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Bereichen zu gew<strong>in</strong>nen<br />

und erste Ideen für Verbesserungen aufzu-<br />

nehmen. Gleichzeitig strukturierten ausgewählte<br />

Mitarbeiter <strong>in</strong> Workshops bereits gedank-<br />

lich neue Prozesse. In groben Beschreibungen<br />

wurden zudem die jeweiligen Prozessbeteiligten<br />

bzw. Organisationse<strong>in</strong>heiten ermittelt.<br />

Parallel dazu wurden die notwendigen,<br />

<strong>der</strong> Sparkasse vorliegenden Daten gesichtet<br />

und ausgewertet. Dazu zählten etwa <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Vergangenheit erstellte Aufgaben- und Prozessanalysen<br />

o<strong>der</strong> Mengengerüste. Diese<br />

Vorgehensweise stellte sicher, dass bereits<br />

vorhandene Informationen genutzt werden<br />

und ke<strong>in</strong>e unnötigen Doppelarbeiten anfallen<br />

(s.Tab. 1).<br />

Die Vorlaufphase wurde mit e<strong>in</strong>em Vorstandsworkshop<br />

unter E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung weiterer<br />

Führungskräfte abgeschlossen, um auf<br />

e<strong>in</strong>er gesicherten Ausgangsbasis die weiteren<br />

Projektphasen <strong>in</strong> Angriff zu nehmen.<br />

Phase 1: Ist-Aufnahme<br />

Im Zentrum <strong>der</strong> Phase 1 standen Darstellung<br />

und Analyse <strong>der</strong> Prozesse und<br />

Strukturen im Retail-Geschäft. Ermittelt<br />

wurden zum e<strong>in</strong>en die e<strong>in</strong>gesetzten Ressourcen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en wurden <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz<br />

<strong>der</strong> DV-Systemunterstützung analysiert<br />

und bewertet. Diese Untersuchung erfolgte<br />

wie<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> „80/20-Regel“, d.h. sie<br />

konzentrierte sich auf die im Projekte<strong>in</strong>stieg<br />

bereits ermittelten erfolgskritischen<br />

Abläufe und Leistungen. Die erfor<strong>der</strong>liche<br />

Analysetiefe, die erfolgskritisch ist, konnte<br />

auf Basis von Erfahrungswerten bisheriger<br />

Projekte erreicht werden. Hier galt es, den<br />

Spagat zwischen Handhabbarkeit und<br />

Problemidentifizierung zu machen. Die<br />

erarbeiteten Ergebnisse dienten sowohl <strong>der</strong><br />

Dokumentation <strong>der</strong> Prozesse/Abläufe als<br />

auch <strong>der</strong> Quantifizierbarkeit und schließlich<br />

als Grundlage für e<strong>in</strong>e Kapazitätsbedarfsrechnung<br />

(s. Tab. 2)<br />

Phase 2: Soll-Konzept<br />

Hauptaufgabe <strong>der</strong> Phase 2 war die Erarbeitung<br />

<strong>der</strong> für die Sparkasse Forchheim<br />

optimalen Soll-Prozesse und aller entsprechenden<br />

Soll-Konzeptbauste<strong>in</strong>e (s. Tab. 3).<br />

In Projektteamsitzungen bzw. abteilungsübergreifenden<br />

Workshops wurden die<br />

bekannten Ist-Abläufe neu festgelegt (Soll-<br />

Prozesse). Ausgangsbasis dafür waren die<br />

Ergebnisse aus <strong>der</strong> Phase 1, Ideen und<br />

Impulse aus Mitarbeitersicht sowie externes<br />

Know-how. Dieses Vorgehen hat sich <strong>in</strong><br />

vergleichbaren Projekten bereits bewährt,<br />

weil es schnell zu qualifizierten Ergebnissen<br />

führt, praxisnah ist und von den Beteiligten<br />

akzeptiert wird.<br />

Die Auswirkungen <strong>der</strong> entwickelten<br />

Soll-Prozesse auf die aktuellen Strukturen<br />

wurden im Anschluss untersucht. Große<br />

Aufmerksamkeit wurde dabei <strong>der</strong> Schnittstelleneffizienz<br />

sowie dem Abbau unnötiger<br />

Abstimmungs- und Kontroll<strong>in</strong>stanzen<br />

gewidmet.<br />

Bestandteil <strong>der</strong> Analyse war zudem die<br />

Darstellung <strong>der</strong> notwendigen DV-Unterstützung<br />

bzw. an<strong>der</strong>er Hilfsmittel (Formulare etc.),<br />

um reibungslose Soll-Prozesse sicherzustellen.<br />

Weiterh<strong>in</strong> überprüft wurden sonstige<br />

Voraussetzungen zur Umsetzung (geän<strong>der</strong>te<br />

Anweisungen, Schulungsbedarf etc.).<br />

Phase 2 schloss mit e<strong>in</strong>er Bewertung <strong>der</strong><br />

Optimierungsergebnisse ab, die als Grundlage<br />

für die Umsetzungsentscheidungen<br />

dienten. Schließlich wurden die Bed<strong>in</strong>gungen<br />

zur Umsetzung aller Vorschläge<br />

vorgegeben und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesamtplan nach<br />

Handlungsfel<strong>der</strong>n sowohl strukturiert als<br />

auch dokumentiert.<br />

Handlungsfel<strong>der</strong> und<br />

Optimierungsstellhebel<br />

Grundsätzlich lassen sich vier Handlungsfel<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Vertriebsprozessoptimierung<br />

unterscheiden (s. Abb. 2):<br />

> zentrales Service-Center,<br />

> <strong>in</strong>dustrialisierte Prozesse,<br />

> risikoabhängige Abläufe und Kontrollen,<br />

> Transparenz und Standardisierung.<br />

Zu beachten ist bei geplanten Maßnahmen,<br />

dass sie harmonisch <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>greifen<br />

318 Betriebswirtschaftliche Blätter 06|2005


müssen, auch wenn ihnen unterschiedliche<br />

Optimierungsansätze zu Grunde liegen.<br />

Zentrales Service-Center<br />

Die Verlagerung nicht kundenbezogener<br />

Aufgaben aus den Marktbereichen <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

zentrales Service-Center ist e<strong>in</strong> elementarer<br />

Bauste<strong>in</strong> <strong>der</strong> Optimierung. Die zentrale<br />

Bearbeitung schafft e<strong>in</strong>erseits Freiräume<br />

im Markt und ermöglicht zusätzlich Effizienzgew<strong>in</strong>ne<br />

durch Standardisierung<br />

und Synergien. Mit Hilfe e<strong>in</strong>er dezidierten<br />

Prozessanalyse lassen sich Verlagerungspotenziale<br />

entdecken, die bei oberflächlicher<br />

Betrachtung im Retail-Geschäft nicht<br />

zu erwarten s<strong>in</strong>d, wie etwa das Problem<br />

<strong>der</strong> fallabschließenden Bearbeitung.<br />

Industrialisierte Prozesse<br />

Die Analyse aller E<strong>in</strong>zelprozessschritte auf<br />

ihre Notwendigkeit und Effizienz h<strong>in</strong> eröffnet<br />

nicht nur Verlagerungsmöglichkeiten,<br />

son<strong>der</strong>n echte E<strong>in</strong>sparungen. Dabei reicht<br />

das Spektrum an Maßnahmen von neu<br />

gestalteten Formularen, über die Prozessschrittreihenfolge<br />

bis zu Än<strong>der</strong>ungen an <strong>der</strong><br />

EDV. Der Bereich Datenverarbeitung wurde<br />

allerd<strong>in</strong>gs weitgehend außen vor gelassen,<br />

da Verän<strong>der</strong>ungen stets die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des<br />

Rechenzentrums erfor<strong>der</strong>n und dadurch<br />

selten e<strong>in</strong>e zügige Umsetzung möglich<br />

ist. Im Vor<strong>der</strong>grund stand vielmehr, e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl von E<strong>in</strong>zelmaßnahmen zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>tegrativen Ganzen zusammenzufassen.<br />

Risikoabhängige Abläufe<br />

Gerade im E<strong>in</strong>lagen- und Dienstleistungsgeschäft<br />

fällt auf, dass e<strong>in</strong>e Denkweise <strong>der</strong><br />

Risikovermeidung herrscht, statt <strong>der</strong> im<br />

Kreditgeschäft üblichen Betrachtungsweise,<br />

Kosten, Erträge und Risiken gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

abzuwägen. Daher wurden die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Prozessschritte bzw. Kontrollen stets unter<br />

dem Aspekt betrachtet, ob die Risikokosten<br />

die Kontroll-/Abwicklungskosten übertreffen<br />

o<strong>der</strong> umgekehrt. Überwogen die Kontrollkosten,<br />

wurden die entsprechenden Tätigkeiten<br />

abgebaut o<strong>der</strong> abgeschafft.<br />

Transparenz und Standardisierung<br />

Nun kommt es nicht nur darauf an, Prozesse<br />

zu optimieren; erfolgskritisch ist vielmehr<br />

auch, dass Prozesstransparenz geschaffen<br />

und e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Durchführung <strong>in</strong> den<br />

Marktbereichen sichergestellt wird. Dazu<br />

wurden zum e<strong>in</strong>en die Prozessdarstellungen<br />

vere<strong>in</strong>facht, so dass auch Nicht-Organisa-<br />

Betriebswirtschaftliche Blätter 06|2005<br />

TABELLE 1<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Kick-off-Phase<br />

> Ablauf- bzw. Prozessstruktur des Retailgeschäfts <strong>der</strong> Sparkasse Forchheim<br />

> Stärken und Schwächen <strong>der</strong> Sparkasse Forchheim (Prozesse, Strukturen, Barrieren)<br />

> Erste Verbesserungsideen, Stoßrichtungen<br />

> Fokus für die Optimierung (Schwerpunkte, Stellhebel etc.)<br />

> „For<strong>der</strong>nde Ziele“ (Produktivität, Kapazitätsbedarf etc.)<br />

> Quantitativer und qualitativer Projektnutzen<br />

> Projektablauf und -organisation für die weiteren Phasen (e<strong>in</strong>schließlich Aufwand)<br />

TABELLE 2<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Ist-Phase<br />

> Prozessanalysen zur Transparenz über alle Prozesse/Teilprozesse im Retail-Geschäft<br />

> Strukturierung und Quantifizierung <strong>der</strong> Tätigkeiten <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Prozesse<br />

> Detaillierung <strong>der</strong> Problembereiche<br />

> Quantifizierung und Qualifizierung von Bearbeitungszeiten und Kosten<br />

> Benchmark<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>zelner Prozessschritte<br />

> Analyse/Bewertung <strong>der</strong> Systemunterstützung<br />

> Analyse/Bewertung <strong>der</strong> Führungskonzepte (Steuerungspr<strong>in</strong>zipien, Coach<strong>in</strong>g etc.)<br />

> Erarbeitung weiterer Ideen zur Verbesserung <strong>der</strong> Prozesse<br />

TABELLE 3<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Konzeptphasen<br />

> Soll-Ablaufdarstellungen („getestete“ Prozesse)<br />

> Soll-Bearbeitungszeiten (künftige Mitarbeiterkapazitäten und Kosten)<br />

> Identifikation potenzieller Umsetzungsbarrieren/Maßnahmen zur Beseitigung<br />

> Qualitative Auswirkungen <strong>der</strong> Optimierungsvorschläge<br />

> Notwendige Strukturanpassungen und Führungs<strong>in</strong>strumente<br />

> DV-Unterstützung o<strong>der</strong> sonstige Hilfsmittel<br />

> Voraussetzungen zur Umsetzung<br />

tionsexperten sich ohne großen Aufwand<br />

zurechtf<strong>in</strong>den können. Zum an<strong>der</strong>en wurde<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Maßnahmen zur Durchsetzung<br />

entsprechen<strong>der</strong> Prozessstandards<br />

erarbeitet.<br />

Realisierungsmanagement<br />

Entscheidend dafür, dass die geplanten<br />

Maßnahmen effektiv durchgeführt und die<br />

Potenziale gehoben werden, ist das Realisierungsmanagement.<br />

Der Schlüssel liegt<br />

hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dezidierten Planung und e<strong>in</strong>em<br />

entsprechenden Controll<strong>in</strong>g, außerdem <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Praxis</strong>nähe <strong>der</strong> Optimierungsvorschläge<br />

und dem pragmatischen Vorgehen. 50 % des<br />

Potenzials war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sparkasse Forchheim<br />

kurzfristig umsetzbar. Die Amortisationsdauer<br />

<strong>der</strong> Maßnahmen liegt dabei größtenteils<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres (s. Abb. 3).<br />

Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> weichen Faktoren<br />

E<strong>in</strong> wichtiges Erfolgskriterium jedes Projekts<br />

ist die Berücksichtigung <strong>der</strong> „weichen“<br />

Faktoren. In allen Projektphasen wurde die<br />

notwendige Zustimmung <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

zu dem Projekt und den Optimierungsmaßnahmen<br />

sichergestellt. Zum e<strong>in</strong>en erreichte<br />

die Sparkasse dies durch e<strong>in</strong>e frühzeitige<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>in</strong> die Projektarbeit.<br />

Zum an<strong>der</strong>en verfolgte sie e<strong>in</strong>e<br />

offene, systematische Informationspolitik,<br />

durch die alle Mitarbeiter rechtzeitig auf<br />

die geplanten Verän<strong>der</strong>ungen vorbereitet<br />

wurden.<br />

Nicht m<strong>in</strong><strong>der</strong> wichtig war, die Mitarbeiter<br />

beim E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die neuen Aufgaben, Abläufe<br />

und die IT zu unterstützen und sie mit den<br />

neuen Aufgabenprofilen und Arbeitsschrit-<br />

319<br />

¯


ABBILDUNG 2<br />

Vertriebsprozesse müssen über verschiedene Stellhebel<br />

optimiert werden<br />

Stellhebel Beispiel<br />

Zentrales Service-Center<br />

Industrialisierte Prozesse<br />

Risikoabhängige Abläufe<br />

und Kontrollen<br />

Transparenz<br />

ABBILDUNG 3<br />

> Kunden- statt Kontenordner, Verträge zentral<br />

lagern?<br />

> Folgebearbeitung Kontoverän<strong>der</strong>ung, -auflösung<br />

> Beschaffung Kundenunterlagen (Abhängigkeit<br />

Kundensegment)<br />

> Bearbeitung zentraler Market<strong>in</strong>gaktionen<br />

> Vere<strong>in</strong>heitlichung von Abläufen/Standards<br />

> Berücksichtigung <strong>der</strong> Realitäten bei Daten-/Unterlagenanfor<strong>der</strong>ung<br />

> Vere<strong>in</strong>fachung des Vordruckswesens (<strong>in</strong>tern)<br />

> Reduzierung/Optimierung von Statistiken<br />

> Verr<strong>in</strong>gerung Son<strong>der</strong>konditionsgenehmigungen<br />

> Erhöhung von Karenzzeiten für fehlende<br />

Unterlagen<br />

> Integration von Dokumentationspflichten <strong>in</strong> die<br />

Bearbeitungsunterlagen<br />

> Verbesserung, Beschreibungen, Abläufe<br />

> Konkretes „Vor-Ort“-Berater-Coach<strong>in</strong>g durch<br />

Führungskräfte<br />

> Optimierung <strong>der</strong> Eigenorganisation <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

optimieren<br />

> Zentrale Kunden-Term<strong>in</strong>ierung für Privatkundenberatung<br />

Über 50 % des Potenzials ist kurzfristig umsetzbar<br />

Amortisationsdauer<br />

< 6 Monate<br />

6-12<br />

Monate<br />

> 12 Monate<br />

E<strong>in</strong>spar-<br />

Potenzial<br />

nicht quantifizierbar<br />

Kurzfristige<br />

Maßnahmen<br />

0-5 MT Aufwand<br />

9,1 VAK<br />

36 Maßnahmen<br />

mit<br />

8,8 VAK<br />

4 Maßnahmen<br />

mit<br />

0,2 VAK<br />

1 Maßnahme<br />

mit<br />

0,1 VAK<br />

10 Maßnahmen<br />

mit<br />

7,4 VAK<br />

0 Maßnahmen<br />

mit<br />

0,0 VAK<br />

0 Maßnahmen<br />

mit<br />

0,0 VAK<br />

5 Maßnahmen<br />

mit<br />

7,8 VAK<br />

2 Maßnahmen<br />

mit<br />

1,1 VAK<br />

4 Maßnahmen<br />

mit<br />

7,3 VAK<br />

13 Maßnahmen 4 Maßnamen 2 Maßnahmen<br />

Fristigkeit<br />

Mittelfristige<br />

Maßnahmen<br />

0-20 MT Aufwand<br />

7,4 VAK<br />

MT...Manntage VAK...Vollzeitarbeitskräfte<br />

Langfristige<br />

Maßnahmen<br />

> 20 MT Aufwand<br />

16,2 VAK<br />

ten vertraut zu machen. Dazu führte das<br />

Realisationsteam im Rahmen <strong>der</strong> sukzessiven<br />

Umstellung <strong>der</strong> Markte<strong>in</strong>heiten E<strong>in</strong>führungsveranstaltungen<br />

und bedarfsgerechte<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs durch. Die Mitarbeiter erhielten also<br />

praktische Umsetzungshilfe durch Change-<br />

Manager. Das Realisierungsteam setzte sich<br />

unter an<strong>der</strong>em aus Marktmitarbeitern zusammen,<br />

die während des gesamten Projekts<br />

e<strong>in</strong>gebunden waren. Auf diese Weise wurden<br />

Betroffene zu Beteiligten gemacht, <strong>der</strong>en<br />

Überzeugungskraft vor Ort <strong>in</strong> den Geschäftsstellen<br />

ungleich größer als die e<strong>in</strong>es externen<br />

Beraters war.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Erfolgsfaktor für die Umsetzung<br />

war das konsequente Vorgehen.<br />

Während <strong>der</strong> Realisierung aller erarbeiteten<br />

Maßnahmen tauchten natürlich auch Probleme<br />

auf und es gab Wi<strong>der</strong>stände. Dabei war<br />

es manchmal erfor<strong>der</strong>lich, auch unbequeme<br />

Entscheidungen zu treffen und vor allem<br />

konsequent zu bleiben. Ansonsten hätte die<br />

Gefahr bestanden, dass das Optimierungskonzept<br />

sukzessive unterhöhlt worden wäre.<br />

Fazit<br />

Standardisierung <strong>in</strong> Retail-Bank<strong>in</strong>g-Prozessen<br />

stellt ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong><br />

Individualität von Kundenlösungen dar.<br />

Wer dies nicht sieht, hängt e<strong>in</strong>er falsch<br />

verstandenen, angesichts <strong>der</strong> komplexer<br />

werdenden Rahmenbed<strong>in</strong>gungen nicht<br />

mehr zeitgemäßen Individualität <strong>der</strong> Prozesse<br />

nach.<br />

Die Standardisierung des Vertriebsprozesses<br />

und die Zentralisierung <strong>der</strong> adm<strong>in</strong>istrativen<br />

Funktionen geben dem Berater<br />

mehr Zeit für Kundenterm<strong>in</strong>e und <strong>in</strong>tensivere<br />

Beratung. Die Projektschätzungen<br />

gehen davon aus, dass sich <strong>der</strong> Zeitanteil,<br />

den Kundenberater für Kundenberatung<br />

und -service aufwenden können, durch die<br />

neuen, effektiveren Abläufe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sparkasse<br />

mittelfristig um über 30 % erhöht.<br />

Die frei werdenden Beratungskapazitäten<br />

werden <strong>in</strong> die Kundenkontaktaufnahme<br />

und ganzheitliche Beratungsgespräche<br />

„re<strong>in</strong>vestiert“.<br />

Standardisierung ist letztlich die Grundlage<br />

für die Wirtschaftlichkeit dieses<br />

Geschäftsfelds, das zu Unrecht im Ruf<br />

steht, nicht profitabel betrieben werden<br />

zu können. Erst wenn die Prozesse beherrscht<br />

werden und profitabel gestaltet<br />

s<strong>in</strong>d, besteht die Grundlage für e<strong>in</strong>e Expansionsstrategie,<br />

die auch ertragsstarkes<br />

Wachstum ermöglicht. ¯<br />

320 Betriebswirtschaftliche Blätter 06|2005<br />

¯

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