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«Kaffeefahrt» ins Ungewisse. - Fritz Bertschi AG

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S T I M M E N A U S D E M S Ü D E N – 0 2 / 2 0 0 7<br />

<strong>«Kaffeefahrt»</strong> <strong>ins</strong> <strong>Ungewisse</strong>.<br />

Über den Ursprung, die Ideen und Visionen<br />

der UCIRI habe ich schon Unmengen gelesen,<br />

diskutiert und auch geschrieben. Jetzt sollte<br />

es endlich wieder einmal <strong>ins</strong> Herzen von<br />

UCIRI-Land gehen. Eine Fahrt durch endlose<br />

Täler, über karge Hügel und durch winzige<br />

Dörfer, derer einziger Reichtum noch immer<br />

die Kinderscharen sind…<br />

Oaxaca<br />

Mexico<br />

Ixtepec<br />

«In einer halben Stunde fahren wir los!»<br />

Ein nächster Bus ist auch schon angekommen<br />

und ich weiss, dass es ja noch früh ist. Was<br />

bedeutet schon eine Stunde hier? So leiste<br />

ich mir ein halbes gebratenes Huhn und<br />

setze mich in die Schar geduldig wartender<br />

Indios. Warten als soziales Ereignis – ein<br />

Event der besonderen Art. Langsam scheine<br />

ich mich zu adaptieren. Und überhaupt, ich<br />

bin gesund, freue mich auf ein paar Tage in<br />

einer anderen Welt und das Leben ist schön.<br />

Nach ein paar Minuten kommt der Pouletverkäufer<br />

und meint, ich könnte mit dem roten<br />

Doppelkabinen-Pickup mitfahren. Ein wenig<br />

teurer, aber schneller und sicherer. Meine<br />

Frage, ob ich in der Kabine mitfahren dürfte,<br />

damit ich Fotos von der Reise schiessen<br />

kann, erscheint mir fast unverschämt, aber<br />

die Ladebrücke ist überdacht und einmal<br />

drin, sieht man nichts.<br />

Ixtepec ist Ausgangspunkt aller Fahrten in die Berge…<br />

Der Tag fängt gut an. Dank Automatikschaden<br />

musste ich mein Auto stehen lassen und meinen<br />

Rucksack schnüren. Mit Laptop, Kamera<br />

und unzähligen Tüten behängt, unterscheide<br />

ich mich nicht mehr gross von den Indios, die<br />

grundsätzlich reisen, als gäbe es kein Zurück.<br />

Etwas warm ist mir schon, um das einmal<br />

gelinde auszudrücken, aber ich will ja die<br />

Welt der Cafeteros hautnah erleben, und das<br />

geht nun einmal nicht ohne die Bereitschaft,<br />

in ihre Welt einzutauchen.<br />

Ixtepec ist Ausgangspunkt aller Fahrten in die<br />

Berge. Einen Busbahnhof gibt es so wenig wie<br />

einen Fahrplan - durchfragen und den Glauben<br />

nicht verlieren! Der erste Bus nach Guienaguati<br />

ist so vollgestopft, dass ich zwar drin<br />

bin, ein Arm mit dem Rucksack aber draussen<br />

hängt. «Das geht schon irgendwie», beruhige<br />

ich mich selber, verlasse aber fluchtartig das<br />

Gefährt, nachdem mich der Chauffeur tröstet:<br />

«Mal sehen», meint der Chauffeur, und ein<br />

paar Minuten später öffnet er die hintere linke<br />

Tür und gr<strong>ins</strong>t mich an: «hier hat es ja noch<br />

Platz!» Genau genommen bleiben ein paar<br />

wenige Zentimeter zwischen der Tür und einer<br />

verkniffenen Alten, die mich mit bösen Augen<br />

anfunkelt. So ganz wohl ist mir nicht, und ich<br />

frage den Indiodriver: «Bist du sicher, dass<br />

die nicht beisst?» Ein paar lange Sekunden<br />

herrscht Totenstille im Wagen, dann platzt die<br />

Alte laut raus und der Wagen bebt unter dem<br />

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allgemeinen Gelächter. «Komm Jungchen,<br />

keine Angst, diese Zeiten sind vorbei!» und<br />

sie zieht mich halb auf ihren Schoss.<br />

Mit dem Rest meines Hühnchens kaufe ich<br />

mich dann endgültig in ihr Herz, und nachdem<br />

sie herausgefunden hat, dass ich seit<br />

kurzem mit einer Istmeña verheiratet bin und<br />

sogar Kinder habe, werde ich schnell zum<br />

«Compañero».<br />

Diese Akzeptanz bringt mir ein Problem, mit<br />

dem ich nicht gerechnet habe. Zum ersten<br />

Mal höre ich Kritik an der UCIRI. Die Alte<br />

– Guadelupe – ist vor einem Jahr ausgetreten,<br />

und auch der Chauffeur stimmt <strong>ins</strong> Klagelied<br />

gegen die Cooperative ein. Für ein paar Minuten<br />

bin ich wie erschlagen. Da reise ich guten<br />

Mutes in die Berge, um das «Hohelied» der<br />

UCIRI zu singen, und dann dies.<br />

Was für ein Dilemma: Sicher ist mir bewusst,<br />

dass meine Schreiberei ein Marketing<strong>ins</strong>trument<br />

der <strong>Bertschi</strong>-Café ist, und Werbung sollte<br />

nun einmal positiv sein, andrerseits habe<br />

ich die Zusicherung von Jürg Reber, dass ich<br />

nichts zu beschönigen brauche und absolute<br />

journalistische Freiheit geniesse.<br />

Langsam fasse ich mich wieder und tröste<br />

mich damit, dass wo Sonnenschein da auch<br />

Schatten…<br />

Die Probleme des Chauffeurs sind schnell<br />

erkannt. Obwohl sich UCIRI bemüht, keine<br />

Dominanz zu markieren, greift sie in vielen<br />

Belangen durch die schiere Grösse der Cooperative<br />

regulierend ein. So kann dieser Fuhrunternehmer<br />

seine Preise nicht erhöhen wie es<br />

ihm passt, was ihn natürlich nicht zu einem<br />

Freund macht.<br />

Etwas schwieriger ist es, das Problem der<br />

Lupe zu analisieren. Aber auch hier geht es<br />

natürlich ums Geld. «18 Peso hätte sie fürs<br />

Kilo Kaffee bekommen, und die in den Büros<br />

würden sich ein tolles Leben machen. Und<br />

einen Kredit gäbe es auch keinen.»<br />

«Wieviel ihr denn die Coyotes bezahlen würden?»<br />

will ich wissen. Die Coyotes sind freie<br />

Aufkäufer, die weder eine Preis- noch eine<br />

Abnahmegarantie leisten. «Auch nicht mehr»,<br />

gibt Lupe zu. Und auf meine Frage, mit welcher<br />

Begründung die UCIRI-eigene Bank ihr<br />

Kreditgesuch abgelehnt hat, gibt sie zu, nicht<br />

einmal zu wissen, wo die Bank ist. Einmal<br />

mehr führten Unwissenheit und Desinteresse<br />

zu einem Bruch.<br />

Lupe macht einen letzten Versuch: «Letzte<br />

Woche verkaufte ich einige Kilos meines Kaffees<br />

direkt und habe 50 Pesos pro Kilo erhalten.<br />

Siehst du jetzt, wieviel Geld die UCIRI<br />

mit uns Armen verdient?»<br />

Wer den Kaffee denn gewaschen, verlesen,<br />

geröstet und gemahlen hätte? Und warum sie<br />

denn nicht all ihren Kaffee verkauft hätte?<br />

Auf einem Blatt Papier mache ich eine kleine<br />

Hochrechnung, lasse mir die Zahlen bestätigen.<br />

Es bleibt eine kleine Differenz zu den 18<br />

Pesos, die sie von UCIRI erhalten hätte.<br />

«Dieser Differenzbetrag ist für die Unkosten<br />

der UCIRI, für soziale Projekte, zur Absicherung<br />

der Kredite, die gesamte Infrastruktur.<br />

Und dann ist noch zu bedenken, dass die<br />

18 Pesos ein garantierter Preis ist, der nach<br />

Ende des Geschäftsjahres je nach Lage anteilmässig<br />

aufgestockt wird.»<br />

Ich denke nicht, dass Guadelupe wegen<br />

dieses Gespräches nächstes Jahr wieder in<br />

die UCIRI eintreten wird, aber alle im Wagen<br />

sind sich einig (ausser dem Chauffeur), dass<br />

sie die Dinge natürlich noch nie so gesehen<br />

hätten. «Wie soll unsereiner denn auch solche<br />

Dinge wissen?» fragen sie mich mit unendlich<br />

naiven Augen, «wir sind doch nur dumme,<br />

ehrliche Bergler, die schon immer beschissen<br />

wurden.» Ich bin schon tiefer in die Mundo<br />

UCIRI eingetaucht, als ich mir das erträumt<br />

hatte!<br />

Wir sind in der UCIRI Zentrale angekommen.<br />

Mit Handschlag verabschiede ich mich von<br />

meinen Mitreisenden und verspreche, sie<br />

während eines weiteren Besuches in den Bergen<br />

nicht zu vergessen – schliesslich habe ich<br />

jetzt Freunde hier!<br />

UCIRI dominiert ein winziges Dorf. Um einen<br />

grossen, asphaltierten Platz ordnen sich ein<br />

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hier sagt, so muss ich das Gute wohl auch im<br />

Kleinen suchen.<br />

zweistöckiges Bürogebäude, eine Kapelle, die<br />

Bodega, die Casa de Salud und ein Gebäudekomplex<br />

mit einfachen Zimmern für eventuelle<br />

Besucher sowie der Geme<strong>ins</strong>chaftsküche<br />

mit «Restaurant».<br />

Der Platz ist wie ausgestorben und einzig aus<br />

der grossen Palapa am hinteren Ende höre<br />

ich Stimmen. Zwei Frauen unterhalten sich<br />

angeregt und mustern mich interessiert. «Was<br />

ich denn suchen würde?» So ganz klar ist mir<br />

das eigentlich auch nicht, ich erscheine hier<br />

unangemeldet, nachdem der liebe Javier aus<br />

Ixtepec während Wochen nicht auf meine<br />

Mails reagiert hat.<br />

«Am liebsten würde ich Padre Frans sprechen,<br />

aber auch sonst würde mich alles interessieren,<br />

was es hier so zu sehen gäbe.» Eine<br />

etwas vage Antwort.<br />

Padre Frans ist vor ein paar Stunden in die<br />

Berge abgefahren. Dies ist ein weiter Begriff,<br />

und mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist<br />

nichts zu machen. Damit ist zumindest klar,<br />

dass ich für heute hier bleibe, geschehe was<br />

wolle. Die zwei Frauen stellen sich als die<br />

Sekretärin und die Chefköchin vor, spendieren<br />

mir ein paar Süssigkeiten und verschwinden<br />

zur Arbeit.<br />

Mir bleiben ein paar Minuten um meine<br />

Gedanken zu ordnen. Für einige Zeit hänge<br />

ich fest in einem winzigen Dorf in einer<br />

unwirklichen, kargen Berglandschaft, habe<br />

keine Chance auf ein ersehntes Interview mit<br />

Padre Frans und habe auch sonst eher wenig<br />

Positives gefunden, worüber ich schreiben<br />

könnte. Dennoch keine Spur von Verzweiflung<br />

oder Hoffnungslosigkeit. Mal sehen, was sich<br />

ergeben wird, verhungern werde ich nicht,<br />

und auch eine Hängematte wird sich finden<br />

lassen. Wenn sich die Welt mit einem einzigen<br />

Streichholz anzünden lässt, wie man<br />

Die Sekretärin stellt mich einem der Chefs<br />

vor. Sehr erfreut ist er nicht über meinen Besuch,<br />

er ist zu beschäftigt. Dennoch können<br />

wir eine knappe Stunde über die verschiedenen<br />

Probleme diskutieren. Nach seiner Ansicht<br />

sind die Hauptgründe, dass eine gewisse<br />

Stagnation eingetreten ist, die tiefen Kaffeepreise,<br />

die Coyotes und dann zwei Argumente,<br />

die mir neu sind: Einerseits leidet die UCIRI<br />

unter einer gewissen «Überalterung», andererseits<br />

würde der Boden weniger hergeben als<br />

vor einigen Jahren.<br />

Das Problem der Überalterung erklärt sich mit<br />

der Landflucht. Die Jungen sind den Verlockungen<br />

der Grossstadt erlegen. «Sie können<br />

einfach mehr verdienen in den Städten»,<br />

klagt Rafael. Mit diesen Kaffeepreisen können<br />

wir einfach nicht soviel bezahlen, wie sie<br />

in der Stadt verdienen, und der Kaffeeanbau<br />

ist eine harte Arbeit. Dazu kommt, dass der<br />

Boden immer weniger hergibt, was noch mehr<br />

Arbeit für das selbe Geld bedeutet. Immerhin<br />

gibt er nach einer gewissen Zeit zu, dass<br />

diese abwanderungsfreudigen Jungen auch<br />

gehen würden, hätten sie den selben Lohn<br />

hier in den Bergen.<br />

Nachdenklich verlasse ich das Bürogebäude.<br />

Dieser Tag hat bisher wirklich wenig Erbauendes<br />

gebracht.<br />

Ich mache mich auf eine Fototour. Die Gebäude<br />

sind alle gut gebaut und das gesamte<br />

Areal sehr sauber. Nicht eben alltäglich im<br />

Süden Mexicos. Eine kleine Sensation auch<br />

die diversen aufgeschnittenen Ölfässer für<br />

verschiedene Abfälle. Plastik und Nylons,<br />

Batterien, Pet und organische Abfälle werden<br />

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gesondert gesammelt. Hier ist die Hand von<br />

Padre Frans in allen Ecken und Enden zu<br />

spüren.<br />

Über den Platz huschen zwei Mädchen in<br />

schwarz. Zwar wollen sie nicht für ein Foto<br />

posieren, aber sie scheinen trotzdem nicht so<br />

scheu wie die meisten Bergler. Etwas später<br />

treffe ich sie zusammen mit dem «Jefe de Bodega»<br />

vor der Lagerhalle. Sie haben ein paar<br />

Kilos Kaffee über einem Sieb ausgebreitet<br />

und verlesen die Bohnen. «Handverlesen» im<br />

wahrsten Sinne des Wortes. Ich setze mich zu<br />

ihnen und helfe, die harten, schwarzen Bohnen<br />

und anderen Basura (Abfall) rauszusortieren.<br />

Mitarbeit war schon immer die beste Art,<br />

sich den Menschen zu nähern.<br />

ihnen selbstverständlich, dass ich mitkommen.<br />

Forelle gebraten mit Reis, dazu die ewigen<br />

Tortillas, die sowohl dazu dienen, den Magen<br />

zu füllen, andrerseits auch als «Essenswerkzeug»<br />

hinhalten müssen. Das Essen ist einfach<br />

aber sehr schmackhaft. Jeder holt sich<br />

sein Essen selber und setzt sich an einen der<br />

runden Tische.<br />

Hier spüre ich zum ersten Mal, was ich mir<br />

unter dem Geist der UCIRI erhofft habe: Die<br />

Menschen sind offener, kommunikativer und<br />

begeisterungsfähiger als an anderen Orten.<br />

Es wird gelacht und gescherzt, über Projekte<br />

diskutiert und ganz allgemein sind die Umgangsformen<br />

eine wahre Freude.<br />

Schon bald einmal wissen alle, wer ich bin<br />

und was ich will, und damit hat es sich. Weder<br />

ein Anbiedern noch ein Absondern. Ich<br />

bin da, werde in die Gespräche einbezogen<br />

und behandelt als wäre ich einer der ihren.<br />

Dabei gibt es auch keine Unterschiede zwischen<br />

Frauen und Männern.<br />

Hier herrscht noch eine Art Pioniergeist, der<br />

Wille, etwas zu erreichen.<br />

Bald haben die Zwillinge Ana-Yvet und Ana-<br />

Bet ihre Scheu verloren und fangen an zu<br />

erzählen. Vor einem Jahr ist ihr Vater an einer<br />

Krankheit gestorben und hat eine trauernde<br />

Witwe und fünf Kinder hinterlassen. Natürlich<br />

reicht es nicht mehr für die Schule, obwohl<br />

sie mit ihren 15 Jahren zu gerne zumindest<br />

die Secundaria absolviert hätten. Immerhin<br />

leidet die Familie dank der UCIRI keinen<br />

Hunger. Die Mutter hilft in der Küche mit,<br />

und die Zwillinge arbeiten zwei bis drei Tage<br />

pro Woche in der Cooperative. Wenn sie nicht<br />

Kaffee verlesen, helfen sie Gemüse rüsten<br />

und sind vor allem bei der Produktion der<br />

Marmelade aktiv. Zwar reicht es für nichts,<br />

aber es hat genug – auch dies ein typisch<br />

mexicanisches Denken.<br />

Der Lagerchef macht mit der Hand eine<br />

Bewegung richtung Mund. Ich deute diese<br />

Bewegung richtig als «Essenszeit» und nach<br />

kurzem Zögern schliesse ich mich ihnen an.<br />

Zwar bin ich nicht ausdrücklich eingeladen,<br />

aber Hunger habe ich genug, und es scheint<br />

Nach dem Essen dann die eigentliche Sensation:<br />

Jeder nimmt seinen Teller und wäscht<br />

ihn ab, versorgt ihn im Schrank. Was muss<br />

das für ein Schock gewesen sein für diese<br />

Machos. «Hausarbeit» für einen Mann! In den<br />

meisten Orten würden sich die Männer lieber<br />

einen Finger abschneiden, als so etwas zu<br />

machen. Auf meine Frage gr<strong>ins</strong>en sie dann<br />

auch. Logisch wäre ihnen das erst schwer<br />

gefallen, aber schliesslich würden sie alle fürs<br />

Selbe arbeiten und jeder sollte jedem helfen,<br />

damit wäre das Leben doch viel einfacher.<br />

Die nächsten zwei Tage lassen mich den<br />

Glauben an dieses Projekt wieder vollends<br />

finden. Sicher, es haben sich unendlich viele<br />

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Probleme ergeben. Einige Projekte mussten<br />

fallengelassen werden, Kredite wurden nicht<br />

zurück bezahlt, die Probleme der Überalterung<br />

und des ausgelaugten Bodens, der erste<br />

Schwung ist verblasst und auch das jährliche<br />

UCIRI-Festival kann nur noch alle drei Jahre<br />

stattfinden. Und all dies unter dem Damoklesschwert<br />

eines unsicheren Kaffeepreises.<br />

Und dennoch finde ich hier etwas, was ich in<br />

meinem so sehr geliebten Istmo de Tehuantepec<br />

nur zu oft vermisse: Lebensfreude gepaart<br />

mit dem Willen, aus eigener<br />

Kraft die Lebensumstände<br />

zu verbessern.<br />

Hier haben Menschen eine<br />

Tätigkeit gefunden, die<br />

ihnen Freude macht und die<br />

sie verbindet. Sicher, Padre<br />

Frans hat eine kleine Kapelle<br />

bauen lassen und über dem<br />

Ausschank im «Restaurant»<br />

hängt ein Bild des Abendmahles.<br />

Und dennoch höre<br />

ich hier viel weniger als im<br />

ganzen Distrikt das Wort<br />

«Gott». Hier lebt man nicht<br />

nach dem Satz «so Gott<br />

will», wie man das sonst täglich<br />

tausend mal hört. Hier<br />

lebt man nach dem Motto «Gott hilft dem, der<br />

sich selber helfen will» – und vor allem auch<br />

den anderen hilft.<br />

Egal mit wem ich in diesen Tagen diskutierte,<br />

immer wieder stosse ich auf einen festen Willen,<br />

auf Respekt vor der Arbeit der Anderen<br />

und auf Hoffnung, dass es im Guten weitergehen<br />

wird.<br />

Ich bleibe noch zwei Tage in der Cooperative.<br />

Eigentlich wollte ich am zweiten Tag den 4<br />

Uhr Bus <strong>ins</strong> Tal nehmen, aber eben im Begriff<br />

einzusteigen, meinte Isaii, ich sollte doch mit<br />

ihm <strong>ins</strong> Tal fahren, er würde in einer halben<br />

Stunde abfahren. Verlockend, die Fahrt auf<br />

einem richtigen Sitz zu absolvieren und dabei<br />

noch mit einem der führenden Köpfe diskutieren<br />

zu können. Also warte ich in dem Restaurant,<br />

bis er mich ruft. «Trink doch noch einen<br />

Kaffee, ich komm dich dann holen», hatte er<br />

gesagt. Als ich dann nach einer Stunde aus<br />

dem Fenster schaue, kann ich eben noch die<br />

Rücklichter der Camioneta sehen – er hat<br />

mich schlichtwegs vergessen.<br />

Natürlich ist das Gelächter unter den Anderen<br />

gross. «Sieh das positiv, Suizo, wir wollen einfach<br />

nicht, dass du schon gehst!» Also bleibe<br />

ich – was bleibt mir schon übrig – eine Nacht<br />

mehr und bedaure keine einzige Minute.<br />

Vor drei Tagen bin ich als Fremder angekommen,<br />

in einem Moment voller Zweifel.<br />

Jetzt gehe ich wieder <strong>ins</strong> Tal meine Reportage<br />

schreiben, zu meiner Familie in «mein»<br />

winziges Dorf an der Küste. Aber ich nehme<br />

etwas mit vom UCIRI-Geist. Dieser ungebrochene<br />

Wille, dass man etwas<br />

schaffen kann, wenn man<br />

nur will und es geme<strong>ins</strong>am<br />

macht. Die UCIRI steht vor<br />

schwerwiegenden Problemen,<br />

das lässt sich nicht<br />

schönschreiben. Aber sie<br />

werden auch diese Probleme<br />

mit viel Willen, Kraft und<br />

Schweiss meistern, daran<br />

zweifle ich keinen Moment.<br />

Diese Menschen haben sich<br />

eine gesicherte Zukunft verdient,<br />

und dazu können wir<br />

alle etwas beitragen.<br />

Auf meine Frage, was ich<br />

denn als Botschaft schreiben<br />

solle, meinten sie: «Erkläre<br />

deinen Leuten, wieso wir einen höheren<br />

Kaffeepreis brauchen. Sie sollen nicht denken,<br />

dass wir etwas geschenkt wollen. Erkläre<br />

ihnen, wie wir leben und was wir leisten.»<br />

Sie sind stolz, diese Menschen. Keine Geschenke<br />

wollen sie, sondern eine Anerkennung<br />

ihrer Leistung. Fairtrade. Und ich<br />

schreibe mit bestem Gewissen, dass hier kein<br />

Peso verschleudert wird. Nicht die Bohne!<br />

Istmo de Tehuantepec,<br />

rodo meier/www.bamba.ch<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Bertschi</strong> <strong>AG</strong> – Kaffeerösterei<br />

Rührbergstrasse 13<br />

CH-4127 Birsfelden<br />

Tel. 061 313 22 00<br />

Fax 061 311 19 49<br />

info@bertschi-cafe.ch<br />

http://www.bertschi-cafe.ch<br />

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