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6. Symposium Essstörungen Schweinfurt am 12.10.2013<br />

Stationäres Therapieprogramm bei<br />

Essstörungen<br />

auch bei schwersten Anorexien<br />

ohne passive Wiederernährungsmethoden<br />

Dr. med. Wally Wünsch-Leiteritz Bad Bevensen<br />

Lt. Ärztin Essstörungstherapie<br />

Therapeutische Supervisorin Amidon Uelzen<br />

Vorstandsmitglied BFE<br />

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Daten 2012<br />

Hauptdiagnosen Essstörungen, n = 346<br />

9%, n = 31<br />

22%, n = 76<br />

69%, n = 239<br />

F50.0, F50.01, F50.1<br />

F50.2, F50.3<br />

F50.x<br />

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Aufnahmealter<br />

Anorexie<br />

(F50.0, F50.01, F50.1)<br />

Ø 22 J. (von 12 bis 58 J.); 36% < 18J.<br />

Bulimie (F50.2, F50.3) Ø 23 J. (von 14 bis 47 J.); 23% < 18J.<br />

Aufenthaltsdauer Anorexie Ø 104 Tage (1 – 349 Tage)<br />

Bulimie<br />

Ø 62 Tage (1 – 242 Tage)<br />

BMI bei Aufnahme Anorexie: Ø 15,0 kg/m² (9,5 – 18,4) 30% < BMI 14<br />

wöchentliche Zunahme:<br />

Ø 480 g<br />

Aufnahme in 7 altershomogenen Bezugsgruppen (nur Anorexien und Bulimien)<br />

(< 15 J. / 15-17 J. / um 18 J. / um 20 J. / um 22 J. / um 25 J. / Ende 20 und > 30J.)<br />

Abbruchraten: Aufenthalt < 1 Woche bei 6,7% der AN-Patientinnen<br />

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Aufenthalt nach Wochen, n = 239<br />


Anorexia nervosa (F50.0; F50.01; F50.1) n = 239<br />

BMI Entlassung: Ø 17,5 (BMI 11 – BMI 21,5)<br />

BMI bei Entlassung ≥ 17,5 / > 10.PZ 73,5%<br />

davon BMI ≥ 18,5 / > 25.PZ 34,5%<br />

BMI bei Entlassung < 17,5 / < 10.PZ 26,5%<br />

Gewichtszunahme pro Woche Ø 480 g (kein Einsatz von Magensonden)<br />

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Anteile Entlassungsgewicht Anorexien n = 239<br />

82/34,3 %<br />

93/38,9 %<br />

Untergewichtig<br />

unterhalb Anorexiegrenze<br />

Normalgewichtig<br />

64/26,8 %<br />

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Entwicklung des BMI von Aufnahme, Entlassung, Katamnesezeitpunkt<br />

1 Jahr nach Entlassung (Popp, Wünsch-Leiteritz, von Wietersheim Uni Ulm)<br />

Ø 17,6<br />

Ø 14,9<br />

Ø 17,7<br />

n= 61<br />

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Prognosefaktor Gewicht<br />

70<br />

60<br />

60<br />

50<br />

53<br />

39<br />

Katamnese BMI < 17,5 in %<br />

40<br />

30<br />

20<br />

20<br />

27<br />

27<br />

34<br />

27<br />

Katamnese BMI zw. 17,5<br />

und 18,5 in %<br />

Katamnese BMI > 18,5 in %<br />

10<br />

0<br />

Entlassungs-BMI < 17,5<br />

Entlassungs-BMI 17,5->18,5<br />

Entlassungs-BMI > 18,5<br />

13<br />

Entlassungswww.klinik-lueneburger-heide.de<br />

Katamnese BMI > 18,5 in %<br />

Katamnese BMI zw. 17,5 und 18,5 in %<br />

Katamnese BMI < 17,5 in %<br />

Quelle: Katamnese-Erhebung Prof. Dr. Jörn von Wietersheim,


Empfehlungen zur Therapie (Essstörungen; Leitlinien 2/2011)<br />

• Die Behandlung sollte störungsorientiert sein und die körperlichen<br />

Aspekte der Erkrankung berücksichtigen.<br />

• Ambulante, teilstationäre und stationäre Behandlungen sollten in<br />

Einrichtungen oder bei Therapeuten erfolgen, die Expertise in der<br />

Therapie mit Essstörungen haben und störungsspezifische<br />

Therapieelemente bereithalten.<br />

• Patientinnen mit AN sollte frühzeitig eine Behandlung angeboten<br />

werden, um eine Chronifizierung zu vermeiden.<br />

junges Alter + frühzeitige störungsorientierte Behandlung = gute<br />

Prognose<br />

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Leitlinien Essstörungen (Herpertz et al. 2010):<br />

„Ein Hauptziel stationärer Behandlung ist die körperliche<br />

Stabilisierung, für die eine ausreichende Gewichtszunahme<br />

Voraussetzung ist.<br />

Einzelne Studien legen nahe, dass ein möglichst hohes Gewicht<br />

(BMI > 18 kg/m²) angestrebt werden sollte, um das<br />

Rückfallrisiko zu mindern.“ (Baran et al., 1995; Howard et al., 1999; Lock et al 2003)<br />

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Klinische Empfehlungen: stationäre Therapie der AN (Leitlinien)<br />

Folgende Therapiekomponenten im Rahmen eines spezialisierten<br />

stationären Therapieprogramms sollen vorgehalten werden:<br />

Einzel- und Gruppenpsychotherapiegespräche (mind. 50 Minuten pro Woche im<br />

Einzelsetting, mind. 200 Minuten pro Woche im Gruppensetting)<br />

Störungsspezifische Ernährungstherapie (s.a. Kapitel 2.8.<br />

Ernährungstherapie)<br />

Spezialtherapie-Verfahren (Körpertherapie, Kreativtherapeutische Verfahren,<br />

Ergotherapie)<br />

Sozialtherapeutische Unterstützung<br />

Einbeziehung der Familie, zumindest bei Kindern und Jugendlichen<br />

regelmäßiges körperliches Monitoring<br />

Eine wöchentliche Visite<br />

auf die körperliche Situation abgestimmte strukturierte Bewegungsangebote (KKP)<br />

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Mehrgleisiges Therapieprogramm der <strong>Klinik</strong> <strong>Lüneburger</strong> <strong>Heide</strong><br />

medizinisches<br />

Monitoring:<br />

Bestandsaufnahme<br />

Überwachung/<br />

Behandlung/Diagnostik<br />

Störungsorientierter<br />

Psychotherapieprozess<br />

Gruppendominiert / Einzel begleitend<br />

mit Kunst-/Körperbild-/Eltern-/Paartherapie<br />

bzw. Coaching /<br />

Skillsgruppe soziale<br />

Kompetenzgruppe /<br />

Entspannungstherapie / Schule<br />

Esspsychotherapie<br />

Gruppentherapeutisch geführtes<br />

Unterstützungssystem<br />

Essgestörter und damit das<br />

Spezifische verstehender und<br />

Therapie fortgeschrittener<br />

Mitpatientinnen<br />

Organisation der nachstationären<br />

Weiterbetreuung inklusive Planung<br />

der beruflichen Perspektive<br />

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1. Einbindung in ein Therapieprogramm<br />

Transparenz und Kontakt keine Besuchsverbote bzw. Kontaktbeschränkungen<br />

aktives Einmischen in Verstrickungen<br />

Unterstützungssystem verstehender essgestörter MitpatientInnen<br />

therapeutisch aktiv angeleitet, durch Doppelzimmer intensiverer sozialer Rückhalt und soziale<br />

Kontrolle<br />

soziales Kompetenztraining in vivo<br />

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2. Medizinisches Monitoring / Behandlung mit Überwachungseinheit / Rollstuhl<br />

• Monitoring der Hf (v.a. nachts); Elektrolyte (K, Na, Mg, Phosphat); nächtliche BZ-Kontrollen<br />

• Körpertemperaturmessungen (Raumthermometer, Wärmflaschen, Socken, 2. Bettdecke, Tee)<br />

• Toiletten-Dusch-Zähneputzen-Überwachung<br />

• Bewegungsüberwachung /-eingrenzung / Begleitung<br />

• Nachbetreuung bei Symptomdruck / der Mahlzeiten / tägl. Symptomgruppe nach dem Mittagessen<br />

• Psychiatrische Mitbehandlung / ggf. Medikation<br />

Kriterien für die Übernahme:<br />

BMI < 12<br />

Kalium < 3mmol / l<br />

HF < 40<br />

größerer Perikarderguss<br />

schweres bulimisches und/oder<br />

selbstverletzendes Verhalten<br />

schwerer Bewegungsdrang<br />

Besondere Vorsicht:<br />

junges Alter<br />

männliches Geschlecht<br />

vorher Übergewicht / Adipositas<br />

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Medizinisches Monitoring: Kritische BMI-Grenzen<br />

• < BMI 17,5 anorektisches Gewicht<br />

• < BMI 15 / < 3. PZ stationäre störungsorientierte Behandlung (Leitlinien)<br />

• < BMI 14 kritisch niedrig (da Organmanifestationen)<br />

• < BMI 12 lebensbedrohlich niedrig<br />

• < BMI 10 mit dem Leben nicht mehr vereinbar<br />

Beispiel für BMI 14: 1,70 m Größe/60 kg Körpergewicht – 1/3 = 40 kg<br />

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Medizinische Folgen/Komplikationen bei Anorexia nervosa<br />

(Comprehensive Textbook of Psychiatry, 2000)<br />

Bezogen auf den Gewichtsverlust:<br />

Kachexie<br />

Herz<br />

Verdauungstrakt<br />

Reproduktion<br />

Haut<br />

Hämatologisch<br />

Neuropsychiatrisch<br />

Abbau von Fett und Muskulatur<br />

reduzierter Schilddrüsenhormonstoffwechsel (LOW FT3 Syndom)<br />

Kälteintoleranz<br />

Temperturregulationsstörungen (Probleme die Körpertemperatur<br />

aufrechtzuerhalten)<br />

Verlust von Herzmuskel (small heart!)<br />

Rhythmusstörungen (incl. Vorhof- und Kammer ES)<br />

Verzögerte His-Bündel-Leitung (verlängertes QT-Intervall)<br />

Bradykardie<br />

plötzlicher Tod<br />

Verzögerte Magenentleerung<br />

Blähungen/Verstopfung (Pseudo)<br />

Bauchschmerzen<br />

Amenorrhoe<br />

LH/FSH-Erniedrigung<br />

Lanugo, Ödeme<br />

Leukopenie<br />

abnorme Geschmackssensation (Zinkmangel)<br />

Teilnahmslosigkeit<br />

Depressionen<br />

milde kognitive Störungen<br />

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Medizinische Folgen/Komplikationen bei Anorexia nervosa<br />

(Comprehensive Textbook of Psychiatry, 2000)<br />

Symptom Häufigkeit Ursache<br />

Kardiovaskulär<br />

Bradykardie<br />

Hypotension<br />

Arrhythmien(Tachykardien)<br />

Perikarderguss<br />

(vor dem rechten Herzen)<br />

Kardiomyopathie<br />

Hämatologisch<br />

Anämie<br />

häufig<br />

häufig<br />

gelegentlich<br />

häufig<br />

sehr selten<br />

gelegentlich<br />

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Hungerzustand<br />

Hungerzustand<br />

Flüssigkeitsmangel<br />

Hypokaliämie, sportliche Betätigung<br />

im Hungerzustand<br />

Unklar<br />

Ipecac – Toxizität<br />

Knochenmarkhypoplasie durch<br />

den Hungerzustand<br />

Hungerzustand<br />

Unbekannt<br />

hoher Carotinkonsum<br />

Leukopenie häufig<br />

Hypercholesterinämie häufig<br />

Hypercarotinämie gelegentlich<br />

Muskel – Skelettsystem<br />

Myopathie gelegentlich Hungerzustand<br />

Hypokaliämie<br />

Osteopenie und<br />

Osteoporose mit pathol.<br />

häufig<br />

Myotoxizität von Ipecac<br />

Hungerzustand/ Amenorrhoe


Rückläufigkeit/Normalisierung medizinischer Folgen und Komplikationen:<br />

Im Verlauf von wenigen Tagen bis 2 Wochen:<br />

Herzfrequenz, QTc-Zeit, EKG-Veränderungen, Elektrolyte, inklusive Phosphat (neigt mit<br />

Wiederernährung zum Absinken – cave: Infusionsernährung), Kreatinkinase<br />

bewegungsabhängig<br />

Im Verlauf von Wochen:<br />

Leberwerte, Cholesterin, Leukozyten, Perikarderguss, Beschwerden von Seiten des<br />

Magen Darmtrakts infolge von Atonie und Peristaltikstörungen, wie Schmerzen,<br />

Krämpfe, Blähungen, Verstopfung, Übelkeit, Völlegefühl<br />

Nur zögerliche Rückbildung, Erreichen des Normalgewichts erforderlich:<br />

regelmäßige Periode, Osteopenie / Osteoporose, Störung der Nierenfunktion, FT3-<br />

Erniedrigung, Fertilität<br />

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Leitlinien: Empfehlungen (Gewicht / Wiegen)<br />

• Patientinnen mit AN stehen einer Veränderung ihres Gewichts und Essverhaltens in der Regel<br />

hochambivalent gegenüber. Das Arbeiten an der Motivation und Ambivalenz ist daher eine<br />

zentrale Aufgabe der Behandler und sollte über den gesamten Behandlungsprozess im Auge<br />

behalten werden.<br />

• Im stationären Rahmen sollte eine Gewichtszunahme von 500g bis maximal 1000g/Woche<br />

angestrebt werden.<br />

• Im ambulanten Setting sollte eine Gewichtszunahme von 200-500g/Woche angestrebt<br />

werden.<br />

• Patientinnen sollten regelmäßig (in der Regel 1-3 x/Woche) morgens ungefähr um die gleiche<br />

Zeit in leichter Bekleidung (Unterwäsche) gewogen werden<br />

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Ess-Psycho-Therapie<br />

ist mehr als Ernährungstherapie, sie ist diese<br />

ergänzt um das konkrete Durchsetzen des Essens<br />

Sir William Gull 1873:<br />

„Die Patienten müssen zu regelmäßigen Zeiten<br />

gefüttert werden,<br />

in Gegenwart von Personen, die sie moralisch<br />

unter Kontrolle haben“<br />

Ernährungsmanagement ohne Magensonde:<br />

• Eßplan gestützte (Kalorien- und Makronährstoff definiert)<br />

betreute Wiederernährung mit anfänglichem Tellerservice<br />

• Verantwortungsübernahme durch Personal<br />

• sofortiges aktives Eingreifen gegen gestörtes Verhalten /<br />

verhaltenstherapeutisches Anleiten<br />

• Bewegungsreduktion<br />

• Symptomdruckbetreuung / Mahlzeitennachbetreuung)<br />

„Perversion des Ego“<br />

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Andrea Kühn-Dost (Ökotrophologin)<br />

kuehn-dost@klinik-lueneburger-heide.de<br />

Bärbel Teichmann (Diätassistentin)<br />

teichmann@klinik-lueneburger-heide.de<br />

Anorexiegrenze<br />

Unterstes Normalgewicht<br />

Individuelles Normalgewicht<br />

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Strukturierter Essplan: Festlegung des gesamten Essens<br />

<br />

Festgelegte Essenszeiten<br />

3 Hauptmahlzeiten und 2-3 Zwischenmahlzeiten (z.B. auch spät<br />

abends bei Hypoglykämien)<br />

Dauer: Hauptmahlzeiten: 30 (40) Minuten<br />

Zwischenmahlzeiten: 15 - 20 Minuten<br />

<br />

<br />

Kalorien und Fett definierte, vorher abgesprochene Essmengen (Essplan)<br />

40 - 80 kcal/kg KG/Tag zum Zunehmen (0,5-1kg/Wo)<br />

30 – 40 kcal/kg KG/Tag (zu Beginn laut Leitlinien)<br />

Makronährstoff definierte Zusammensetzung<br />

40% Fettanteil (zum Kleinhalten der Portion)<br />

hochwertige pflanzliche Fette, 45% Kohlenhydrate (günstig komplexe KH)<br />

15% Eiweiß; vegetarisch jeden Tag möglich, vegan sehr selten angefragt<br />

<br />

<br />

Beachtung einer Trinkstörung: häufig (3/4 aller AN Pat.)<br />

Esskultur<br />

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Erstellung des Essplans beginnt am Aufnahmetag; Anpassungen im Verlauf<br />

Pat.: 36 kg / 1,70m Größe / BMI 12,5<br />

40 kcal/kg KG mit 40 % Fettanteil; Essplan:1440<br />

kcal<br />

Psycholog. Motto: „einen Plan haben“<br />

als Halt und Gegengewicht zum pathologischen Halt<br />

in der Esskontrollsymptomatik<br />

I. Frühstück 340 kcal g Fett<br />

1 Mehrkornbrötchen (60g) 140 kcal 0<br />

1 Tl. Frischkäse 40 kcal 4<br />

1 Scheibe Käse 20g, mind. 45% Fett i.Tr. 80 kcal 7<br />

1 Obst 80 kcal<br />

II. Frühstück 300 kcal g Fett<br />

200 ml Milchschake 200 kcal 8<br />

1 El Nussmischung 100 kcal 8<br />

III. Mittagessen 350 kcal g Fett<br />

1 halbe Portion Mittagessen 300 kcal max.<br />

ohne Dessert<br />

1/2 Becher Saft 50 kcal 18<br />

IV. Kaffeemahlzeit 230 kcal g Fett<br />

Obst oder Obstsalat 80 0<br />

Milchspeise 150 8<br />

V. Abendessen 220 kcal g Fett<br />

1 Scheiben Schwarzbrot 100 kcal 0<br />

1 Tl. Butter/ Margarine, 10g 40 kcal 4<br />

1 Scheiben Käse, mind. 45% Fett i.Tr. 80 kcal 7<br />

oder 1 Scheiben Wurst<br />

1 Schälchen Rohkost<br />

VI: Spätmahlzeit 0 kcal<br />

1440 kcal 64 g Fett<br />

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Essplan mit 1440 kcal & 40% Fettanteil<br />

2.Frühstück<br />

300kcal / 16gFett<br />

1.Frühstück<br />

340kcal / 11gFett<br />

Mittagessen<br />

350kcal / 18gFett<br />

Abendessen<br />

220kcal / 11gFett<br />

Nachmittags-ZM<br />

230kcal / 8gFett<br />

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Zwischenmahlzeiten von 180 kcal – 430 kcal und von 7g bis 20g Fettanteil<br />

180 kcal / 8g Fett 280 kcal / 14g Fett 430 kcal / 19g Fett<br />

180 kcal / 7g Fett 200 kcal / 8g Fett 280 kcal / 10g Fett<br />

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Essplan-Anpassung nach jedem Wiegen und in der wöchentlichen<br />

Zusammenschau (Wochengewicht)<br />

<br />

<br />

zum Zunehmen<br />

in 200 kcal Schritten oder als<br />

z.T. als Fetterhöhung (bis zu 10g), um Volumenbelastungen zu<br />

reduzieren<br />

individuell nach dem Gewichtsverlauf (nach festgelegtem Wiegeplan)<br />

bei Gewichtssprüngen/Ödemen (eher selten) vorsichtigeres Vorgehen<br />

keine (relevanten) Refeedingprobleme (zentral Phospatmangel) Ödeme am<br />

ehesten bei bulimischen Anorexien<br />

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Fetterhöhung<br />

wenig Fett: 2-3 g<br />

mehr Fett: 6-7 g<br />

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Essplan gestützte Wiederernährung: Grundlagen<br />

<br />

<br />

Dosierung des Essens<br />

zur kontrollierten Körpergewichtserhöhung (in durchschnittlichen wöchentlichen 500g<br />

Schritten);<br />

bei z.T. schwerst reduziertem körperlichen Zustand mit Elektrolyt- und Phospat-Ergänzung)<br />

mit 40 – 100 kcal / kg KG als Tagesbedarf zur Gewichtszunahme mit erhöhtem Fettanteil<br />

(40% des kalorischen Bedarfs)<br />

Übersichtliche, definierte, reproduzierbare und für jeden nachvollziehbare<br />

Essplangestaltung<br />

Voraussetzung: Verantwortungsübernahme durch das geschulte Personal<br />

„wir bestimmen wie viel gegessen werden muss, um eine Zunahme zu<br />

erreichen“<br />

<br />

<br />

Kommt Kontrollverlustängsten der Patientinnen entgegen<br />

und „holt sie dort ab, wo sie verstrickt sind“, Pat. erhalten einen neuen „Plan. Unser<br />

„Kalorienzählen“ entspringt ernährungsmedizinischen Grundlagen und stellt Realitätsbezüge<br />

her hinsichtlich des tatsächlichen kalorischen Bedarfs zur Wiederernährung, der aus<br />

medizinischen Gründen nicht nur ungefähr eingeschätzt werden sollte zur<br />

Vermeidung von Refeedingproblemen<br />

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Eskalationsstufen in der Durchsetzung des Aufessens/Plan einhalten<br />

angemessener Ersatz (auch komplett durch hochkalorische Flüssignahrung möglich)<br />

Nachbetreuung in der medizinischen Überwachungseinheit<br />

hinzuziehen der Therapeuten/der ltd. Ärztin, abds stdl. Telefonate<br />

kein Beginn der Therapiestunde ohne Aufessen, keine Mitnahme über den Tag<br />

„es kann nichts weitergehen ohne angemessene Ernährung“<br />

<br />

<br />

hinzuziehen hilfreicher, fortgeschrittenerer Mitpatientinnen<br />

hinzuziehen der Angehörigen bis zu deren ganztägigem Verbleib in der <strong>Klinik</strong><br />

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Typisches Problemverhalten<br />

<br />

<br />

Fettphobie<br />

Zwänge und ritualisiertes Essen, klein<br />

schneiden, sezieren, zerstören der<br />

Speisen<br />

Bild zerstörtes<br />

Essen Kühn-<br />

Dost<br />

<br />

Spielen mit dem Essen<br />

<br />

Angst vor Unverträglichkeiten und<br />

Nahrungsmittelallergien<br />

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Typische und häufige Fehlüberzeugungen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

durch Hungern schrumpft der Magen<br />

der Körper verträgt keine Nahrung mehr,<br />

man darf nur mit ganz kleinen Mengen zu<br />

essen beginnen, Magen und Darm können es<br />

nicht mehr verdauen<br />

Bauchbeschwerden bei der Wiederernährung<br />

fordern das Aufhören des Essens<br />

nach 18 Uhr essen macht besonders dick<br />

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Regelungen bzgl. des Wiegens<br />

• immer morgens nüchtern<br />

• am gleichen Wochentag<br />

• mit entleerter Blase<br />

• in Unterwäsche<br />

• in Begleitung (zum Auffangen von Krisen)<br />

• Gewicht selbst ablesen oder mitteilen lassen<br />

• Protokollieren mit Anlegen einer Gewichtsverlaufskurve<br />

Wiegen:<br />

< BMI 14 täglich<br />

BMI 14-15,5 zweitägig<br />

> BMI 15,5 wöchentlich<br />

Zuhause: 1x wöchentlich morgens nüchtern in Eigenregie mit „Veröffentlichen“<br />

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Regelungen zum Bewegungs- und Sportverhalten<br />

<br />

< Normalgewicht<br />

BMI 18,5 oder 25. PZ kein Sport (auch kein Reiten)<br />

< BMI 17,5 oder 10. PZ Bewegungsreduktion<br />

nach Schweregrad und Gewichtsentwicklung im Verlauf<br />

< BMI 14<br />

kritisch niedrig<br />

nur <strong>Klinik</strong>(gelände)<br />

< BMI 12<br />

lebensbedrohlich niedrig<br />

Rollstuhl und Überwachungseinheit<br />

aber Therapieteilnahme<br />

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Durchschnittliche Energiezufuhr pro kg Körpergewicht/Tag<br />

70<br />

60<br />

50<br />

k c a l/ K g<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Stufe Stufe 1 1 Stufe Stufe 2 2 Stufe Stufe 3 3 Stufe Stufe 4 4 Normalgewichtig<br />

Richtwert für<br />

< BMI 14 < BMI 15,5 < BMI 17,5 < BMI 18,5<br />

Normalgewichtige<br />

im Alter von 19- 25<br />

Jahren<br />

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Zum Umgang mit der Esskontrollsymptomatik<br />

Patientenseite:<br />

„ich kann nicht essen“ wird übersetzt in „ich kann (so) nicht leben“<br />

oder „was kann ich eigentlich nicht/was klappt nicht ?“<br />

„ich bin zu dick“ übersetzbar in „ich bin zu viel“ oder „was ist wirklich zu viel für mich ?“<br />

Therapeuten / Angehörigenseite:<br />

„iss doch mal“ …… stattdessen “was ist los mit dir ?“ oder „was läuft so schlecht<br />

bei dir / uns, dass du vor unseren Augen verhungerst und damit zeigst, dass es so<br />

nicht weitergeht mit dir / mit uns ?“<br />

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Störungsspezifisch geführter Psychotherapieprozess:<br />

in Bezugsgruppen (nur Anorexien und Bulimien, 4 x wö 1 Doppelstd.) in etwa der gleichen<br />

Altersgruppe; Gruppe als sozialer Bezugs- und Trainingsrahmen für den Alltag; passives<br />

Eingebundensein gegen sozialen Rückzug, Kunst- und Körperbildtherapie (mit den Pat. der<br />

Bezugsgruppe); Einzeltherapien begleitend.<br />

Psychodynamisches Verstehen / verhaltenstherapeutisches Anleiten<br />

Selbst- und Körperakzeptanz<br />

• Autonomie/Abhängigkeits- und<br />

• Schuldkonflikte<br />

• Identitäts- und Selbstwertkonflikte<br />

• gestörte Affektregulation (Ich-Dysfunktion)<br />

• Gewichtsphobie (Essstörungen als phobische Störungen sehen)<br />

• verzehrendes Perfektionismus- und Leistungsstreben<br />

• überhöhte Selbstkritik<br />

Konflikte zwischenmenschlich austragen lernen und nicht über das Essen /<br />

den Körper<br />

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Temperament- und Persönlichkeitsfaktoren<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Zumeist intelligente Mädchen<br />

Introvertiertheit<br />

Konfliktvermeidung<br />

Depressive Stimmungslage/<br />

Überwiegen negativer Affekte/<br />

Affektlabilität<br />

Perfektionismus<br />

Beharrlichkeit und Rigidität<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Im Verhalten zumeist sehr angepasst / gefügig<br />

„wollen alles richtig machen und niemand<br />

enttäuschen“<br />

niedriges Selbstbewusstsein / negatives<br />

Selbstkonzept / hohe Selbstkritik<br />

sehr unsicher im Umgang mit Anderen und ihnen<br />

unbekannten Situationen<br />

unzureichende altersentsprechende Autonomie<br />

Prämorbid gehäuft ängstlich-vermeidende sowie anankastische Persönlichkeitsstruktur<br />

Hohe psychische Komorbidität für Angst- und Zwangserkrankungen (in 50-60% vor AN; Kaye 2004)<br />

Biologische Faktoren<br />

Genetische Faktoren sind wesentlich (Zwillingsforschungen)<br />

Multifaktorielles Äthiologiemodell<br />

Biologische / persönlichkeitsbedingte / soziokulturelle / familiäre Faktoren /<br />

Hungerzustand<br />

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AN assoziierter Denkstil (neurowissenschaftliche US):<br />

genuin: bleibt bestehen nach Gewichtsrestitution, kann hohe Rezidivgefährdung<br />

(mit)erklären<br />

findet sich auch bei nicht erkrankten weiblichen Angehörigen 1.Grades<br />

kognitive Rigidität / Unflexibilität / Detail fokussiert (K. Tantschuria)<br />

eingeengtes Denken, wenig Blick für‘s große Ganze, es fehlt das „bigger picture“,<br />

Regel konform, sehr gewissenhaft und genau (Ordnung / Symmetrie; in der<br />

Esskontrollsymptomatik findet sich dies im Umgang mit Fett-/Kaloriengehalt / Ernährung)<br />

Gesunde gleichaltrige<br />

Patientin<br />

Fairburn 2010<br />

Überbeschäftigung mit Figur und Gewicht<br />

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alles perfekt machen, damit wenig Übersicht und weniger Blick für andere Optionen; wenig<br />

Fähigkeiten<br />

zum Multitasking, wenig Adaptionsmöglichkeiten an Planänderungen, damit oft wenig<br />

ökonomischer Weg (z.B. Wegbeschreibung am Telefon)<br />

„ den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen “ (weak central coherance)<br />

damit abhängiger von Routine und Gewohnheiten, was Möglichkeiten und Erfahrungen reduzieren<br />

und viel Zeit verbrauchen kann, die für Besseres gut genutzt werden könnte;<br />

Unterbrechungen des gewohnten Ablaufes kann Betroffene deshalb irritieren und aufbringen<br />

Cognitive Remediation Therapie, CRT:<br />

Globales, flexibleres Denken kann gelernt werden<br />

Denken im Sinne eines „bigger picture“ befördern statt im Detail feststecken<br />

„es ist gut den Wald und die Bäume zu sehen“<br />

Bryan Lask:<br />

Nicht „was denkt die Pat.?“ sondern „wie kompliziert /<br />

unflexibel denkt sie?“<br />

Nicht „was tut sie?“ sondern „wie tut sie es?“<br />

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Familiäre Faktoren<br />

• Um das 3 fache erhöhte Raten affektiver Störungen unter<br />

Familienangehörigen 1. und 2. Grades bei Anorexia nervosa und<br />

Bulimia nervosa<br />

• Höhere Raten von Alkoholmissbrauch unter Familienangehörigen<br />

1.Grades bei Bulimia nervosa<br />

• Eine Familienanamnese mit Substanzmissbrauch gilt als ein<br />

spezifischer Risikofaktor für Bulimia nervosa<br />

• Familiäre, gestörte Essgewohnheiten und Körperbewertungen<br />

können bei vulnerablen Jugendlichen Risikofaktoren für<br />

Essstörungen sein<br />

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Familiäre Faktoren<br />

Nice Guidelines 2004:<br />

high concern parenting (Überprotektives elterliches Erziehungsverhalten<br />

„Erziehen mit Besorgnis“ oft kombiniert mit Moralisierungen)<br />

Modernere Ansicht: wechselseitige Interaktion zwischen kindlichen Eigenschaften und<br />

elterlichem Erziehungsverhalten<br />

Ängstliches, harmoniebedürftiges, perfektionistisches Verhalten auf Seiten des Kindes<br />

Fördert behütenden, einengenden Erziehungsstil der Eltern<br />

Gering ausgeprägte emotionale Bindung zwischen Eltern und Kind und Eheprobleme<br />

der Eltern eher unspezifische Risikofaktoren<br />

Trotzdem: dysfunktionale Beziehungsmuster beeinflussen den Krankheitsverlauf<br />

negativ<br />

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Miteinbezug der Eltern in die stationäre Essstörungstherapie<br />

• Familientherapeutische Sitzungen / Coaching<br />

• Elternwochen (6x jährlich) als Multifamilientherapieeinheiten<br />

Typische Probleme<br />

• Hohe familiäre Belastungen<br />

• mangelnde Eltern-Kind-Hierarchie<br />

• überbesorgter Erziehungsstil und damit zu wenig Autonomie fördernde Stimuli<br />

• chronisch (schwelende) Paarkonflikte / Miteinbezug des vernünftigen Kindes<br />

• Generationenübergreifende Ablöseprobleme<br />

„ Eltern sollten sich ändern, um mit uns gegen<br />

die Erkrankung ihrer Kinder aufzutreten und<br />

nicht weil sie ihre Kinder krank gemacht haben“<br />

Negative Einstellung der Familie: schlechter Prognosefaktor (Vandereyken)<br />

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Zusammenfassung Behandlungsziele<br />

Entlassungsplanung gewichtabhängig / symptomverlaufabhängig:<br />

• Gewichtszunahme bis mindestens zur Anorexiegrenze (BMI 17,5 oder 10.BMI-PZ<br />

(< 16. LJ), ansonsten vorzeitige Beendigung der Behandlung; Planung der<br />

Wiederaufnahme<br />

• mit Überschreiten der Anorexiegrenze schul- bzw. arbeitsfähig (für leichtere<br />

Arbeiten), Übergang in eine störungsorientiert arbeitende betreute WE möglich (ist<br />

z.T. Aufnahmevoraussetzung)<br />

• wenn möglich stationärer Aufenthalt bis zum untersten Normalgewichtsbereich<br />

(> BMI 18,5 oder 25.BMI-PZ), damit sportfähig und uneingeschränkt arbeitsfähig,<br />

bzw. dies im nächsten ¼ bis ½ Jahr nach Entlassung erreichen, Planung stationärer<br />

Intervalle zur Reduzierung der Chronifizierung<br />

• noch besser mit erster Gewichthaltephase (4 – 6 Wochen)<br />

• Berücksichtigung / Mitbehandlung von Symptomverschiebungen (Bulimie /<br />

Bewegungsdrang und Sport / Selbstverletzungen); Erreichen einer Symptomabstinenz<br />

• Diagnostik und Mitbehandlung von Komorbiditäten valide erst mit Normalgewicht<br />

(insb. ADHS)<br />

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Nachsorgestrukturen<br />

anschließendes betreutes Wohnen<br />

Essstörungen:<br />

72 % Rückkehr nach Hause<br />

28 % betreutes Wohnen (störungsspezifisch)<br />

Verlegungen in Akutkliniken sehr selten<br />

Ambulante Psychotherapie<br />

in 1/3 konkrete Hilfen bei der Therapeutensuche<br />

Problem: lange Wartezeiten; in 1 Jahreskatamnese tatsächlich<br />

70 % in ambulanter PT<br />

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