Ein neues Modell für die Berechnung von ... - ebooks - GFZ
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<strong>Ein</strong> <strong>neues</strong> <strong>Modell</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Hochwassergefährdungskarten<br />
Deichbüche: Unzureichende<br />
Gefährdungsabschätzung<br />
Flussdeiche bieten einen effizienten Schutz gegen kleine und<br />
mittlere Hochwasser. Unter der Last hoher Wasserstände sowie<br />
langer Anstaudauer können <strong>die</strong>se Flussdeiche jedoch versagen<br />
(Abb. 1). Die Schäden solcher Deichbrüche können dramatische<br />
Ausmaße erreichen. Denn entlang eingedeichter, inzwischen nur<br />
noch selten überfluteter Flussabschnitte haben sich hinter den<br />
Deichen <strong>die</strong> wirtschaftlichen Aktivitäten intensiviert und große<br />
Werte z. B. in Form <strong>von</strong> Wohngebäuden und Unternehmen akkumuliert.<br />
Hochwasserexperten berechnen daher nicht nur <strong>die</strong> Gefährdung,<br />
sondern auch das Schadenspotential einer Region, um<br />
das Risiko <strong>für</strong> <strong>die</strong> dort lebenden Menschen und ihren Besitz zu ermitteln<br />
und geeignete Maßnahmen <strong>für</strong> deren Schutz zu ergreifen.<br />
Bisherige Methoden zur Gefährdungs- und Risikoabschätzung<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> eingedeichten Flussstrecken sind jedoch noch<br />
unzureichend. Besonders Deichbrüche und deren <strong>Ein</strong>fluss auf<br />
<strong>die</strong> Überflutung im Hinterland sind bisher wenig verstanden.<br />
Auch wurde nur selten untersucht, wie sich <strong>die</strong> Verringerung<br />
des Hochwasserscheitels infolge der Deichbrüche stromaufwärts<br />
auf <strong>die</strong> Deichstabilität im Unterlauf und <strong>die</strong> Gefährdung<br />
auswirkt (Apel et al. 2004, 2006). Die <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Überflutungscharakteristika<br />
wie Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten<br />
ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Wie <strong>die</strong><br />
Berücksichtigung <strong>von</strong> Deichbrüchen zu <strong>die</strong>sen Unsicherheiten<br />
beiträgt, wurde bisher wissenschaftlich nicht untersucht.<br />
IHAM – Inundation Hazard Assessment Model<br />
<strong>Ein</strong> neuer, am <strong>GFZ</strong> entwickelter <strong>Modell</strong>ierungsansatz schließt<br />
<strong>die</strong>se Lücke und ermöglicht eine genaue Abschätzung der Hochwassergefährdung<br />
entlang eingedeichter Flussstrecken unter<br />
Berücksichtigung <strong>von</strong> Deichbrüchen. Das Inundation Hazard<br />
Assessment Model (IHAM; Vorogushyn et al. 2010) besteht aus<br />
drei gekoppelten <strong>Ein</strong>zelmodellen: (1) einem eindimensionalen<br />
hydrodynamisch-numerischen <strong>Modell</strong> <strong>für</strong> den Fluss und <strong>die</strong> Vorländer<br />
zwischen den Deichen, (2) einem wahrscheinlichkeitsbasierten<br />
Deichbruchmodell, das <strong>die</strong> Wahrscheinlichkeiten <strong>von</strong><br />
Deichbrüchen, mögliche Breschenbreiten und Breschenausflüsse<br />
ermittelt, und (3) einem zweidimensionalen raster-basierten<br />
Überflutungsmodell <strong>für</strong> das Hinterland, das auf dem sogenannten<br />
Speicherzellenansatz und der Diffusionswellengleichung<br />
basiert. <strong>Ein</strong> Schema des IHAM und des Simulationsablaufs ist<br />
in Abb. 2 dargestellt. Durch <strong>die</strong> Kopplung des Flussmodells<br />
mit dem Überflutungsmodell kann <strong>die</strong> Interaktion zwischen<br />
Fluss und Vorland abgebildet werden. Beispielsweise setzt ein<br />
Rückfluss aus Überflutungsflächen in den Fluss ein, wenn der<br />
Wasserstand im Fluss sinkt.<br />
Das wahrscheinlichkeitsbasierte Deichbruchmodell beschreibt<br />
Deichbrüche, <strong>die</strong> infolge <strong>von</strong> drei möglichen Bruchmechanismen<br />
auftreten: dem Überströmen, dem hydraulischen Grundbruch<br />
im Deichuntergrund und dem Versagen der landseitigen<br />
Böschung als Folge des Sickerflusses und der Erosion im<br />
Deichkörper (Mikroinstabilität). Diese drei Bruchmechanismen<br />
wurden als <strong>die</strong> wichtigsten Auslöser <strong>für</strong> Deichbrüche an<br />
heterogenen, über Jahrzehnte aufgebauten Deichen identifiziert<br />
(Nagy & Tóth 2005, Horlacher et al. 2005). Für jeden<br />
Bruchmechanismus wurden Deichbrüche auf der Basis <strong>von</strong><br />
sogenannten Fragilitätsfunktionen simuliert, mit deren Hilfe<br />
<strong>die</strong> Versagenswahrscheinlichkeit eines Deichabschnitts unter<br />
bestimmter hydraulischer Last (Wasserstand und Anstaudauer)<br />
berechnet werden kann. Die Versagenswahrscheinlichkeit<br />
wird durch <strong>die</strong> Unsicherheiten bezüglich der geometrischen<br />
und geotechnischen Deichparameter beeinflusst. Bei der Erstellung<br />
der Fragilitätsfunktionen wird <strong>die</strong>s mittels Monte-<br />
Carlo-Simulation explizit berücksichtigt (Apel et al. 2004,<br />
Vorogushyn et al. 2009).<br />
Das zweidimensionale Überflutungsmodell berechnet ein erweitertes<br />
Spektrum <strong>von</strong> Hochwasserintensitätsindikatoren wie<br />
Überflutungstiefe, Fließgeschwindigkeit, Impuls, Überflutungsdauer<br />
und Wasseranstiegsrate nach einem simulierten Deichbruch.<br />
Auch das IHAM-Kernmodul wird im Rahmen einer Monte-<br />
Carlo-Simulation ausgeführt (Abb. 2) und berücksichtigt <strong>die</strong><br />
natürliche Variabilität der Hochwasserereignisse. Die <strong>Ein</strong>gangsszenarien<br />
werden aus der Analyse <strong>von</strong> historischen Hochwasserabflussreihen<br />
mittels Extremwertstatistik und Clusteranalyse<br />
erstellt (Apel et al. 2004) und sind somit mit Wahrscheinlichkeiten<br />
belegt. Deichversagen wird als eine weitere stochastische<br />
Komponente im <strong>Modell</strong> berücksichtigt und wird auf der<br />
Grundlage <strong>von</strong> Fragilitätsfunktionen <strong>für</strong> jeden Deichabschnitt<br />
Kontakt: Sergiy Vorogushyn<br />
(vorogus@gfz-potsdam.de)<br />
Abb. 1: Deichbruch im Elbeeinzugsgebiet während des Hochwassers 2002<br />
Fig. 1: Dike breach in the Elbe catchment during the flood of 2002<br />
System Erde (2011) 1, 1 | DOI: 10.2312/<strong>GFZ</strong>.syserde.01.01.7<br />
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