25.12.2013 Aufrufe

Wer erhält eine Rehabilitation nach ischämischem Schlaganfall?

Wer erhält eine Rehabilitation nach ischämischem Schlaganfall?

Wer erhält eine Rehabilitation nach ischämischem Schlaganfall?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MEDIZIN<br />

Stärken und Grenzen<br />

Eine Stärke der vorliegenden Studie ist, dass die Zuweisung<br />

von Hirninfarktpatienten aus akutstationären neurologischen<br />

Kliniken zu <strong>Rehabilitation</strong>smaßnahmen in<br />

<strong>eine</strong>m großen, überregionalen Datensatz untersucht<br />

wurde. In den Analysen wurden Patientencharakteristika<br />

und einzelne Infrastrukturmerkmale der Kliniken berücksichtigt.<br />

Eine Limitation der Studie liegt in der Definition <strong>eine</strong>r<br />

primären Zielgruppe für die <strong>Rehabilitation</strong>. Eine<br />

solche Definition muss willkürlich sein, da aufgrund<br />

der Begrenzungen der Routinedokumentation k<strong>eine</strong><br />

völlig eindeutige <strong>Rehabilitation</strong>sindikation gestellt werden<br />

kann. Die vorliegende Definition beruht auf <strong>nach</strong>vollziehbaren<br />

Kriterien, die darauf abzielten, diejenigen<br />

Patienten zu identifizieren, für die <strong>eine</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

angesichts der Schwere der Beeinträchtigungen und <strong>eine</strong>r<br />

fehlenden Pflegebedürftigkeit vor dem <strong>Schlaganfall</strong><br />

in jedem Fall angezeigt scheint. Durch die bewusst eng<br />

gewählten Definitionskriterien werden Patienten mit<br />

leichteren Einschränkungen, für die ebenfalls <strong>Rehabilitation</strong>smaßnahmen<br />

angezeigt sein könnten, nicht berücksichtigt.<br />

Auf dem Gesamtdatensatz basierende Analysen<br />

zeigten jedoch ähnliche Zusammenhänge, wie sie<br />

in der primären Zielgruppe beobachtet werden konnten,<br />

so dass die berichteten Hauptergebnisse bei <strong>eine</strong>r Erweiterung<br />

der Zielgruppe Gültigkeit haben.<br />

Als weitere Einschränkung der Untersuchung ist zu<br />

nennen, dass die Teilnahme an dem Qualitätssicherungsprojekt<br />

freiwillig ist und vor allem von Kliniken<br />

wahrgenommen wird, für die die Behandlung von Hirn -<br />

infarktpatienten <strong>eine</strong>n besonderen Stellenwert einnimmt.<br />

Aufgrund dieser Selektion können die gefundenen<br />

Zusammenhänge nicht ohne Weiteres auf Kliniken<br />

außerhalb des Qualitätssicherungsprojekts übertragen<br />

werden.<br />

Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus dem Umgang<br />

mit fehlenden <strong>Wer</strong>ten. Es wurde ein Ad-hoc-Verfahren<br />

angewendet, durch das sich <strong>eine</strong>rseits möglicherweise<br />

Verzerrungen in den geschätzten Zusammenhängen<br />

ergeben könnten (29). Andererseits sind die Anteile<br />

fehlender <strong>Wer</strong>te gering, so dass das Ausmaß der Verzerrungen<br />

angesichts des beträchtlichen Datenumfangs tolerierbar<br />

sein dürfte.<br />

Resümee<br />

Etwa die Hälfte aller Hirninfarktpatienten aus den teilnehmenden<br />

neurologischen Kliniken erhielt <strong>eine</strong> neurologische<br />

oder geriatrische <strong>Rehabilitation</strong>smaßnahme. In<br />

der primären <strong>Rehabilitation</strong>szielgruppe stark beeinträchtigter<br />

Patienten ohne vorhergehende Pflegebedürftigkeit<br />

war dieser Anteil hingegen deutlich höher. In<br />

dieser Gruppe hatten ältere Patienten und Patientinnen<br />

mit Vorschädigungen <strong>eine</strong> beträchtlich geringere Wahrscheinlichkeit,<br />

<strong>Rehabilitation</strong>smaßnahmen zu erhalten.<br />

Informationsgespräche des Sozialdienstes sowie bestimmte<br />

neurologische Symptome erhöhten die Wahrscheinlichkeit<br />

hingegen deutlich. In der Praxis sollte im<br />

Einzelfall geprüft werden, ob hohes Alter tatsächlich<br />

ein Ausschlusskriterium für <strong>Rehabilitation</strong> darstellt.<br />

KERNAUSSAGEN<br />

● Bei etwa der Hälfte aller im Register dokumentierten<br />

Hirninfarktpatienten wurde <strong>eine</strong> neurologische oder<br />

geriatrische <strong>Rehabilitation</strong> durchgeführt.<br />

● In der Gruppe der Patienten mit schweren Beeinträchtigungen<br />

und abgeschlossener Akutbehandlung, die vor<br />

dem <strong>Schlaganfall</strong> unabhängig zu Hause lebten (= primäre<br />

<strong>Rehabilitation</strong>szielgruppe), erhielten sechs von<br />

sieben Patienten <strong>eine</strong> <strong>Rehabilitation</strong>smaßnahme.<br />

● Zunehmendes Alter, ein vorhergehender Insult sowie <strong>eine</strong><br />

Bewusstseinsstörung bei Aufnahme gingen mit <strong>eine</strong>r<br />

geringeren Chance einher, an <strong>eine</strong>r <strong>Rehabilitation</strong>smaßnahme<br />

teilzunehmen.<br />

● Paresen und Sprechstörungen bei Aufnahme waren<br />

ebenso wie Beratungsgespräche durch den Sozialdienst<br />

positiv mit <strong>eine</strong>r <strong>nach</strong>folgenden <strong>Rehabilitation</strong>steilnahme<br />

assoziiert.<br />

● In der Praxis sollte im Einzelfall geprüft werden, ob hohes<br />

Alter tatsächlich ein Ausschlusskriterium für <strong>eine</strong><br />

<strong>Rehabilitation</strong> darstellt.<br />

Danksagung<br />

Die Autoren bedanken sich bei den am Qualitätssicherungsprojekt <strong>Schlaganfall</strong><br />

Nordwestdeutschland teilnehmenden Kliniken (Liste im eKasten) für die<br />

gute und kontinuierliche Zusammenarbeit bei der Datenerhebung.<br />

Interessenkonflikt<br />

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />

Manuskriptdaten<br />

eingereicht: 8. 6. 2012, revidierte Fassung angenommen: 15. 11. 2012<br />

LITERATUR<br />

1. Dewey HM, Sherry LJ, Collier JM: Stroke rehabilitation 2007: what<br />

should it be? Int J Stroke 2007; 2: 191–200.<br />

2. Langhorne P, Bernhardt J, Kwakkel G: Stroke care 2 stroke rehabilitation.<br />

Lancet 2011; 14; 377:1693–702.<br />

3. Stroke Unit Trialists’ Collaboration: Organised inpatient (stroke unit)<br />

care for stroke. Cochrane Database Syst Rev 2007; (4): CD000197.<br />

4. Teasell R, Meyer MJ, McClure A, et al.: Stroke rehabilitation: an international<br />

perspective. Top Stroke Rehabil 2009; 16: 44–56.<br />

5. Langhorne P, Duncan P: Does the organization of postacute stroke<br />

care really matter? Stroke 2001; 32: 268–74.<br />

6. Outpatient Service Trialists: Therapy-based rehabilitation services<br />

for stroke patients at home. Cochrane Database Syst Rev 2003; (1):<br />

CD002925.<br />

7. Duncan PW, Zorowitz R, Bates B, et al.: Management of adult stroke<br />

rehabilitation care: a clinical practice guideline. Stroke 2005; 36:<br />

e100–43.<br />

8. Ackermann H, Schönle PW, Fries W, et al.: Multiprofessionelle neurologische<br />

<strong>Rehabilitation</strong>. In: Diener HC, Putzki N, Kommission „Leitlinien<br />

der Deutschen Gesellschaft für Neurologie“ (eds.): Leitlinien<br />

für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Stuttgart: Thieme<br />

2008; 880–6.<br />

9. Platz T, Witte OW, Liepert J, Siebler M, Audebert H, Koenig E: Neurorehabilitation<br />

<strong>nach</strong> <strong>Schlaganfall</strong> – ein Positionspapier aus dem<br />

Kompetenznetzwerk <strong>Schlaganfall</strong>. Akt Neurol 2011; 38: 150–6.<br />

106 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 7 | 15. Februar 2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!