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Leseprobe - fechenbach.de

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Nie ganz vergessen. Die Erinnerung an<br />

Felix Fechenbach in Lippe<br />

Kurt Tucholskys Gedicht „Stimmen in <strong>de</strong>r Nacht“ von 1924 erzählt von <strong>de</strong>n<br />

„leicht gestörte(n) Augenblicke(n) in <strong>de</strong>m Traum <strong>de</strong>s Schlafgefechts“, die ein<br />

Bürger erlebt, weil er Felix Fechenbach in seiner Zelle im Zuchthaus Ebrach<br />

vergessen hat. Die Störung ist allerdings nur leicht, die gute Verdauung und<br />

<strong>de</strong>r gute Schlaf erweisen sich als stärker. 1 Tucholskys Klage galt auch für die<br />

Mehrheit <strong>de</strong>r lippischen Bürger im Jahr 1933, als Fechenbach im Detmol<strong>de</strong>r<br />

Gerichtsgefängnis saß. Und nach seiner Ermordung wur<strong>de</strong> die Erinnerung an<br />

ihn von <strong>de</strong>n meisten sehr schnell völlig verdrängt. Aber Felix Fechenbach war<br />

in Lippe „nie ganz vergessen“. Im Folgen<strong>de</strong>n will ich untersuchen,<br />

– wie und von wem die Erinnerung an Felix Fechenbach wachgehalten wur<strong>de</strong>,<br />

– aus welchen Motiven das geschah,<br />

– welche gegenwartsbezogenen Impulse daraus gewonnen wur<strong>de</strong>n,<br />

– welche Versäumnisse vorlagen und wie sie vielleicht zu erklären sind,<br />

– was wir über die „Ge<strong>de</strong>nkkultur“ <strong>de</strong>r Nachkriegszeit erfahren und<br />

– ob Felix Fechenbach in das historische und politische Bewusstsein <strong>de</strong>r<br />

Menschen in Lippe aufgenommen wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Am 7. August 1945, auf <strong>de</strong>n Tag genau 12 Jahre nach <strong>de</strong>r Ermordung von Felix<br />

Fechenbach, beschäftigte sich <strong>de</strong>r lippische Lan<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nt Heinrich Drake<br />

mit einem an<strong>de</strong>ren To<strong>de</strong>sopfer <strong>de</strong>r Nationalsozialisten in Lippe, mit Wilhelm<br />

Gräfer. Auf Drakes Befehl war <strong>de</strong>r letzte „Kampfkommandant“ von Lemgo,<br />

<strong>de</strong>r Hauptmann Walter Heckmann, aus seiner Haft im Lemgoer Ballhaus ins<br />

Detmol<strong>de</strong>r Gerichtsgefängnis gebracht wor<strong>de</strong>n. Drake befragte ihn nach <strong>de</strong>n<br />

Umstän<strong>de</strong>n, die zur Festnahme, Verurteilung und Hinrichtung <strong>de</strong>s Lemgoer<br />

Bürgermeisters in <strong>de</strong>n letzten Tagen <strong>de</strong>s Krieges geführt hatten, nach<strong>de</strong>m<br />

dieser <strong>de</strong>n Versuch gemacht hatte, mit <strong>de</strong>n Amerikanern über die kampflose<br />

Übergabe <strong>de</strong>r Stadt zu verhan<strong>de</strong>ln. 2 Drake machte Heckmann bei diesem<br />

Verhör zwar heftige Vorwürfe, entließ ihn aber mit Billigung <strong>de</strong>r Britischen<br />

Militärregierung am 17. August aus <strong>de</strong>r „Schutzhaft“, nach<strong>de</strong>m dieser ei<strong>de</strong>sstattlich<br />

erklärt hatte, „sich in Lemgo nicht mehr sehen“ zu lassen. 3 Zugleich<br />

ließ er mit Datum vom 29. August 1945 einen Nachruf auf Wilhelm Gräfer<br />

formulieren, <strong>de</strong>r am 4. Oktober 1945 im „Staatsanzeiger für das Land Lippe“,<br />

<strong>de</strong>r einzigen „Zeitung“, die <strong>de</strong>n Deutschen zu diesem Zeitpunkt in Lippe zur<br />

Verfügung stand, veröffentlicht und in Plakatform an vielen Stellen Lemgos<br />

ausgehängt wur<strong>de</strong>. 4 Der Nachruf mit <strong>de</strong>r Unterschrift Drakes betonte, dass<br />

89


Gräfer in „Deutschlands und <strong>de</strong>r engeren Heimat dunkelster Zeit“ mutig und<br />

entschlossen aufgetreten sei,<br />

„um die von <strong>de</strong>m Schrecken <strong>de</strong>s Krieges unmittelbar bedrohte Stadt vor <strong>de</strong>r Zerstörung<br />

zu bewahren.(…) Die Nachwelt wird ihn als pflicht- und verantwortungsbewussten<br />

<strong>de</strong>utschen Menschen und unbeirrt für das Wohl <strong>de</strong>r ihm anvertrauten<br />

Stadt eintreten<strong>de</strong>n Bürgermeister ehren und in Erinnerung behalten.“<br />

5<br />

Drake schuf damit und durch seine Teilnahme an späteren Gräfer-Veranstaltungen<br />

6 die Grundlage für eine sonst in Lippe beispiellose Verehrung eines<br />

NS-Opfers, die beinahe hagiographische Züge annahm und nicht einmal<br />

vor einer Gleichsetzung mit Jesus zurückschreckte. 7 Der Jugendgruppe, die<br />

es 1980 wagte, nach <strong>de</strong>r Rolle Gräfers im NS-System und beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>r<br />

Verfolgung <strong>de</strong>r Lemgoer Ju<strong>de</strong>n zu fragen, schlug dann auch <strong>de</strong>r blanke Hass<br />

entgegen. 8<br />

Und nicht viel an<strong>de</strong>rs ging es <strong>de</strong>n drei jungen Wissenschaftlern, die sich<br />

kurze Zeit später mit <strong>de</strong>n gleichen Fragen beschäftigten. 9 Die Entlastungsfunktion,<br />

die das Herausstellen von Gräfers „Opfertod“ in <strong>de</strong>r Nachkriegszeit<br />

hatte, ist offensichtlich. Mich interessiert aber an diesem Vorgang etwas an<strong>de</strong>res.<br />

Wilhelm Gräfer war das letzte Mordopfer <strong>de</strong>s nationalsozialistischem<br />

Regimes in Lippe. Warum kam Drake nicht auf die I<strong>de</strong>e, <strong>de</strong>n Bogen zum Jahr<br />

1933 zu spannen und auch an das erste Mordopfer <strong>de</strong>r Nationalsozialisten in<br />

Lippe, an Felix Fechenbach, zu erinnern? Drakes langjähriger Antipo<strong>de</strong> im<br />

bürgerlichen Lager, <strong>de</strong>r liberale Verleger Max Staercke, tat dies nämlich genau<br />

am 7. August 1945 in einem Artikel <strong>de</strong>r „Berliner Zeitung“, in <strong>de</strong>m er über Fechenbachs<br />

Ermordung berichtete und die Hoffnung ausdrückte, dass auch in<br />

Lippe „die Totenliste <strong>de</strong>r Opfer <strong>de</strong>s Faschismus ihre Sühne fin<strong>de</strong>n“ wer<strong>de</strong>. 10<br />

Heinrich Drake ist auch später nie von selbst auf Fechenbach zu sprechen<br />

gekommen. Die bei<strong>de</strong>n Aussagen, die er am 3. Mai 1963 vor <strong>de</strong>m Pa<strong>de</strong>rborner<br />

Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren gegen <strong>de</strong>n ehemaligen lippischen<br />

Staatsminister Riecke und am 29. Januar 1969 im Prozess gegen Fritz Grüttemeyer<br />

vor <strong>de</strong>m Pa<strong>de</strong>rborner Landgericht über Fechenbachs Verhaftung<br />

und Ermordung machte, waren von einer unverkennbaren Kühle, und bei<strong>de</strong><br />

Male betonte er mit solchem Nachdruck, dass er Fechenbach damals <strong>de</strong>n Rat<br />

gegeben habe, ins Ausland zu gehen, als wolle er eine Mitschuld Fechenbachs<br />

konstruieren:<br />

„Fechenbach habe sich jedoch geweigert und seine Angriffe in <strong>de</strong>r Presse gegen<br />

die NSDAP fortgesetzt. Es habe ihn daher nicht gewun<strong>de</strong>rt, dass man Fechenbach<br />

alsbald festgenommen habe“(1963). 11 Und 1969: „Ich habe ihm am Schluss<br />

<strong>de</strong>r Unterredung gesagt: ‚Felix Fechenbach, das ist eine eigene Situation heute,<br />

ich rate Ihnen, verschwin<strong>de</strong>n Sie über die Schweizer Grenze.’ Fechenbach stutzte<br />

und sagte: ‚Nein, das tue ich nicht.’ Ich sagte darauf: ‚Das müssen Sie selber<br />

90


Das Grab von Felix Fechenbach auf <strong>de</strong>m jüdischen Friedhof in Rimbeck 1933 (Foto: Staatsarchiv<br />

Detmold D 87).<br />

wissen, ich wollte Ihnen nur einen guten Rat geben.’ Kurz darauf kam Fechenbach<br />

ins Gefängnis.“ 12<br />

Drake schien bei dieser Zeugenaussage sogar <strong>de</strong>n Eindruck erwecken zu wollen,<br />

als sei auch sein Sohn wie Fechenbach ein Opfer <strong>de</strong>r Nationalsozialisten<br />

gewesen, obwohl er doch schon 1932 Selbstmord beging und ihm sogar Sympathien<br />

für die Nationalsozialisten nachgesagt wur<strong>de</strong>n. 13 Heinrich Drake hat<br />

auch nach <strong>de</strong>m Krieg nichts getan, um Irma Fechenbach zur Rückkehr nach<br />

Deutschland zu ermuntern. Als sie 1945 diesen Gedanken erwog, habe sie lange<br />

„mit unserem Freund Heinrich Drake in Detmold“ korrespondiert. „Er riet<br />

mir ab, nach Deutschland zu kommen. So ging ich nach USA.“ 14<br />

Der Schlüssel zu Drakes Abstinenz liegt natürlich in seinem Verhältnis zu<br />

Fechenbach bis 1933 und in seinem Verhalten während <strong>de</strong>r 12 Jahre <strong>de</strong>r NS-<br />

Herrschaft. Felix Fechenbach hatte aus <strong>de</strong>m betulichen sozial<strong>de</strong>mokratischen<br />

„Volksblatt“ ein Kampfblatt gemacht, das die Nationalsozialisten mit allen publizistischen<br />

Mitteln angriff. 15 Den Sozial<strong>de</strong>mokraten sollten alle Illusionen<br />

genommen wer<strong>de</strong>n, und auch das Bürgertum sollte von <strong>de</strong>r Gefährlichkeit<br />

<strong>de</strong>r Nationalsozialisten überzeugt wer<strong>de</strong>n. 16 Letzteres misslang völlig. 17 Wie<br />

weit sich etwa die lippischen Deutschnationalen, z. T. im Streit mit Alfred<br />

Hugenberg, auf einen „Burgfrie<strong>de</strong>n“ und die zukünftige Zusammenarbeit<br />

mit <strong>de</strong>n Nationalsozialisten eingelassen hatten, zeigt <strong>de</strong>r Nachlass <strong>de</strong>s lippi-<br />

91


Felix Fechenbach als junger<br />

Mann vor <strong>de</strong>m Ersten Weltkrieg<br />

(Foto: Staatsarchiv<br />

Detmold D 87).<br />

schen DNVP-Vorsitzen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>s Rechtsanwalts Helmuth Petri, <strong>de</strong>r sich jetzt im<br />

Staatsarchiv Detmold befin<strong>de</strong>t. 18 Auch vor Gericht 19 und als Redner bei <strong>de</strong>n<br />

SPD-Veranstaltungen suchte er ständig die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n Nationalsozialisten,<br />

während Heinrich Drake mehr die Verpflichtung zu einer<br />

staatspolitischen Linie herauskehrte. Er war <strong>de</strong>r Meinung, dass die lippischen<br />

Nationalsozialisten so gefährlich nicht seien und die „Sachzwänge“ sie bald<br />

dazu bringen wür<strong>de</strong>n, sich in <strong>de</strong>n Rahmen <strong>de</strong>r herkömmlichen Lan<strong>de</strong>spolitik<br />

einzuordnen. 20<br />

Irma Fechenbachs Verdikt über das Versagen <strong>de</strong>r SPD nach <strong>de</strong>r<br />

Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, am 15. Mai 1933 in einem<br />

Brief an Eva Aufhäuser formuliert, traf in <strong>de</strong>r lippischen SPD vor allem auf<br />

Drake zu:<br />

„Die Sozial<strong>de</strong>mokratie hat eben keinen Platz mehr im neuen Deutschland. Scha<strong>de</strong>,<br />

dass diese Erkenntnis erst von <strong>de</strong>n neuen Machthabern aufgedrungen wer-<br />

92


<strong>de</strong>n musste. Es gab so viele, die glaubten, durch Ergebenheit auch weiter mitmachen<br />

zu dürfen.“ 21<br />

Bei Drake ging das soweit, dass er am 23. Juni 1933 seinen Austritt aus <strong>de</strong>r<br />

SPD erklärte, weil die Leitung <strong>de</strong>r SPD <strong>de</strong>n früheren Parteivorsitzen<strong>de</strong>n Wels,<br />

<strong>de</strong>r ins Exil nach Prag gegangen war, nicht ausgeschlossen habe, 22 o<strong>de</strong>r dass<br />

er sich in einer Unterredung mit <strong>de</strong>m stellvertreten<strong>de</strong>n Staatsminister Adolf<br />

Wed<strong>de</strong>rwille im Januar 1939 dazu hinreißen ließ, die Leistungen <strong>de</strong>r Nationalsozialisten<br />

anzuerkennen und das Dritte Reich zu bejahen. 23<br />

Als sich Irma Fechenbach im April 1933 mit <strong>de</strong>r Bitte an Drake wandte, sich<br />

bei <strong>de</strong>r Parteiorganisation für eine weitere Gehaltszahlung einzusetzen, erhielt<br />

sie <strong>de</strong>nn auch eine kühle Abfuhr:<br />

„Ich bedaure sehr, daß es mir nicht möglich ist, die Pressekommission <strong>de</strong>s Volksblatts<br />

zu einem an<strong>de</strong>ren Beschlusse zu veranlassen. Es ist nicht ganz mit Unrecht<br />

darauf hingewiesen wor<strong>de</strong>n, daß alle Satzungen und Bestimmungen<br />

<strong>de</strong>r früheren Zeit durch die jetzigen Vorgänge eine Beeinträchtigung erfahren<br />

haben. Wo nichts ist, kann natürlich nichts gezahlt wer<strong>de</strong>n. Darum ist beschlossen<br />

wor<strong>de</strong>n, ein weiteres evtl. Entgegenkommen von <strong>de</strong>r späteren Lage<br />

<strong>de</strong>s Geschäfts abhängig zu machen. Die Parteiorganisation kann natürlich, soweit<br />

ich darüber überhaupt unterrichtet bin, nicht helfen, <strong>de</strong>nn die wird wahrscheinlich<br />

selber nichts haben. Ihr Schicksal geht mir sehr nahe, aber es ist eins<br />

von vielen, die die Gegenwart nach meiner Auffassung belasten, ohne daß von<br />

<strong>de</strong>r sonst zuständigen Stelle Hilfe gebracht wer<strong>de</strong>n könnte.“ 24<br />

Drake hat sich später über sein Verhalten in <strong>de</strong>r NS-Zeit nie geäußert. Fechenbachs<br />

Kampf und Tod stellten einen unausgesprochenen Vorwurf dar, und<br />

man könnte von einer „Wun<strong>de</strong> Fechenbach“ in Drakes Biographie sprechen,<br />

die vielleicht sein Verhalten nach 1945 erklärt.<br />

Doch Drake war nicht <strong>de</strong>r Nabel <strong>de</strong>r Welt. Viele lippische Sozial<strong>de</strong>mokratinnen<br />

und Sozial<strong>de</strong>mokraten, vor allem die jüngeren, hatten Felix und<br />

Irma Fechenbach schätzen gelernt und in ihnen ihre Leitfiguren gefun<strong>de</strong>n.<br />

Aber auch bei ihnen war nicht an einen „Wi<strong>de</strong>rstand“ zu <strong>de</strong>nken, <strong>de</strong>r diesen<br />

Namen verdient gehabt hätte. Es war schon viel, dass es einigen von ihnen gelang,<br />

etwas vom Geist <strong>de</strong>r alten sozial<strong>de</strong>mokratischen „Solidargemeinschaft“ 25<br />

und die in ihr gelten<strong>de</strong>n Werte zu bewahren, persönliche Beziehungen zu<br />

pflegen und Informationen weiterzugeben. 26 Dazu gehörte es, <strong>de</strong>n Kontakt zu<br />

Irma Fechenbach in <strong>de</strong>r Schweiz zu halten und ihr – in beschei<strong>de</strong>nem Maße<br />

– Hilfe zukommen zu lassen. 27 1938 wur<strong>de</strong> Irma Fechenbach sogar von einem<br />

lippischen Genossen, von August Pollmann, besucht. 28<br />

Die Bewahrung <strong>de</strong>r „Solidargemeinschaft“ bedurfte bestimmter symbolischer<br />

Akte. Die <strong>de</strong>monstrative Teilnahme an Beerdigungen gehörte dazu wie<br />

im Falle <strong>de</strong>r Beerdigung von Ella Mellies, die 1936 von sechs Trägern aus <strong>de</strong>r<br />

ehemaligen Sozialistischen Arbeiterjugend zu Grabe getragen wur<strong>de</strong>. 29 Und<br />

wer schon einmal die Originalausgabe <strong>de</strong>s Buches „Mein Herz schlägt weiter“<br />

93


in <strong>de</strong>r Hand gehabt hat, weiß, dass sich auf <strong>de</strong>m Umschlag ein Bild von Felix<br />

Fechenbachs Grab auf <strong>de</strong>m jüdischen Friedhof in Rimbeck befin<strong>de</strong>t. 30 Auch<br />

das „Felix Fechenbach Buch“ von 1936 en<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>m gleichen Bild <strong>de</strong>s Grabes<br />

und <strong>de</strong>m Bericht darüber, wie es in <strong>de</strong>n Besitz von Irma Fechenbach gekommen<br />

ist. 31 Der Besuch <strong>de</strong>s Grabes war ein Akt <strong>de</strong>r Vergewisserung im Kreis <strong>de</strong>r<br />

Genossen und ein stiller Protest gegen <strong>de</strong>n Mord und die Politik <strong>de</strong>r Nationalsozialisten.<br />

So schrieb Willi Scheuß, <strong>de</strong>r zusammen mit Irma Fechenbach bei<br />

<strong>de</strong>n lippischen „Kin<strong>de</strong>rfreun<strong>de</strong>n“ gearbeitet hatte, in einem Brief im Jahr 1983,<br />

dass er sich gegen die „Kollektivschuld“ wehre.<br />

„Wir haben unsere Freiheit und manchmal mehr aufs Spiel gesetzt. Vier Wochen<br />

nach Felix’ Ermordung haben W. Mellies, E. Michel, Kurt Bartsche, Paul Gröne<br />

und ich sein Grab aufgesucht, ich habe auch Aufnahmen gemacht. Die Bil<strong>de</strong>r<br />

habe ich noch. Je<strong>de</strong>r hat die Fahrkarte nach Bonenburg auf einem an<strong>de</strong>ren Bahnhof<br />

gelöst. Warum wohl?“ 32<br />

Und Wilhelm Mellies hatte schon 1953 davon berichtet, dass er zusammen mit<br />

Emil Feldmann und ihren Frauen noch im August 1933 das Grab aufgesucht<br />

habe, um dort einen Blumenstrauß nie<strong>de</strong>rzulegen: „Es hat bei <strong>de</strong>n lippischen<br />

Freun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Ermor<strong>de</strong>ten in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Nazijahren als Ehrenpflicht gegolten,<br />

in je<strong>de</strong>m Jahr wenigstens einmal nach Scherfe<strong>de</strong> an Fechenbachs Grab<br />

zu fahren.“ 33<br />

Von <strong>de</strong>r Solidarität <strong>de</strong>r Sozial<strong>de</strong>mokraten zur Kumpanei <strong>de</strong>r nationalsozialistischen<br />

Mör<strong>de</strong>r: Auch sie suchten die Stätte <strong>de</strong>s Verbrechens auf. So berichtete<br />

Walter Sechting, Paul Wieses [einer <strong>de</strong>r Mör<strong>de</strong>r] Schwager, in einem<br />

Verhör vor <strong>de</strong>r Detmol<strong>de</strong>r Kriminalpolizei am 20. August 1939:<br />

„Es ist richtig, dass ich mit Wiese mal zusammen eine Autofahrt nach Kassel<br />

gemacht habe, meine Frau und Wiese sowie meine Kin<strong>de</strong>r waren auch dabei.<br />

Wir fuhren über Scherfe<strong>de</strong>-Pa<strong>de</strong>rborn in Richtung Kassel. Im Wal<strong>de</strong> bei Scherfe<strong>de</strong><br />

haben wir angehalten und Wiese zeigte mir an Ort und Stelle, wo Fechenbach<br />

erschossen wor<strong>de</strong>n sei. Focke und Grüttemeier seien auch dabei gewesen.<br />

Fechenbach hätte mehrere Schüsse bekommen.“ 34<br />

Auch Fritz Wegener, <strong>de</strong>r Fahrer <strong>de</strong>s Taxis, mit <strong>de</strong>m Grüttemeyer am 7. August<br />

1933 <strong>de</strong>m Transport gefolgt war, hat 1936 bei einer Klassenfahrt nach Kassel<br />

mit seinem Bus an <strong>de</strong>r Stelle gehalten, an <strong>de</strong>r Fechenbach erschossen wur<strong>de</strong>,<br />

und dabei im Gespräch (mit <strong>de</strong>m Volksschullehrer Albrecht Kruel und seiner<br />

Ehefrau Pauline) keinen Zweifel daran gelassen, dass es sich um Mord gehan<strong>de</strong>lt<br />

hat. 35<br />

Aber die Mör<strong>de</strong>r hatten sich auch öffentlich mit ihrer Tat gebrüstet, so dass<br />

kaum jemand in Lippe <strong>de</strong>r offiziellen Darstellung, dass Fechenbach habe fliehen<br />

wollen, Glauben schenkte. Als Meta Ulmke, die damalige Leiterin <strong>de</strong>r NS-<br />

Frauenschaft und fanatische Antisemitin, Paul Wiese wenige Tage nach <strong>de</strong>r Tat<br />

vor seinem Hause traf, fragte sie ihn: ‚Paul, sag die Wahrheit, ist <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong> gelaufen<br />

o<strong>de</strong>r nicht?‘ Daraufhin sagte Wiese: ‚Nein, keinen Schritt.‘ 36 Von Focke<br />

94


Felix Fechenbach bei seiner Verhaftung<br />

am 11. März 1933 vor<br />

<strong>de</strong>m Detmol<strong>de</strong>r Regierungsgebäu<strong>de</strong>,<br />

abgeführt von Hilfspolizisten<br />

(mit weißer Armbin<strong>de</strong>)<br />

<strong>de</strong>r SA, <strong>de</strong>r SS und <strong>de</strong>s Stahlhelms<br />

(Foto: Lippische Lan<strong>de</strong>sbibliothek<br />

Detmold).<br />

und Segler wird berichtet, sie hätten am Abend nach <strong>de</strong>m Mord in <strong>de</strong>r Gaststätte<br />

„Traube“ in Detmold die Tat in allen Einzelheiten geschil<strong>de</strong>rt. 37 Auch in<br />

Bad Salzuflen habe sich Focke [einer <strong>de</strong>r Mör<strong>de</strong>r] nach 1933 „wie<strong>de</strong>rholt damit<br />

gebrüstet, daß er nur allein <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n Fechenbach im Jahre 1933 erschossen“<br />

habe. 38 Und auch Grüttemeyer [einer <strong>de</strong>r Mör<strong>de</strong>r] hat offensichtlich bei einer<br />

NS-Parteiveranstaltung im Frühjahr 1934 in Kohlstädt mit <strong>de</strong>r Tat angegeben.<br />

Der Lehrer Karl Helmhausen hat davon seinem Freund Hans Sprenger berichtet:<br />

„In <strong>de</strong>r Versammlung hatte Grüttemeier gesprochen und renommiert: sie hätten<br />

<strong>de</strong>n ‚Plattfußindianer vom Volksblatt’ abtransportieren müssen, dieser hätte<br />

noch weglaufen wollen, aber sie hätten ihn dann umgelegt.“ 39<br />

Die Erzählungen von Minna Dörenmeier, die als Putzfrau bei <strong>de</strong>r Lippischen<br />

Lan<strong>de</strong>sregierung arbeitete, führten 1939 sogar zu einer erneuten Untersuchung<br />

<strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sumstän<strong>de</strong> von Felix Fechenbach durch die Oberstaatsanwaltschaft<br />

Pa<strong>de</strong>rborn und das Reichsjustizministerium. Sie wur<strong>de</strong> am 20. August<br />

1939 von <strong>de</strong>r Detmol<strong>de</strong>r Kriminalpolizei verhört, wo sie erklärte, dass Wieses<br />

Ehefrau ihr anvertraut habe, dass Wiese Fechenbach im Auftrag <strong>de</strong>s Staatsministers<br />

Riecke erschossen habe. Und Wieses Schwester, Frau Sechting, wusste<br />

zu berichten, dass Frau Wiese ihren Mann oft als „Fechenbachmör<strong>de</strong>r“ beschimpft<br />

habe. 40<br />

Wenn man be<strong>de</strong>nkt, dass Felix Fechenbach sehr vielen Sozial<strong>de</strong>mokraten<br />

gegenüber, die mit ihm zusammen die Zellen <strong>de</strong>r „Schutzhaft“ teilten, bekun-<br />

95


<strong>de</strong>t hatte, dass er nicht fliehen wer<strong>de</strong>, um <strong>de</strong>m Begleitpersonal keinen Anlass<br />

zu bieten, ihn „auf <strong>de</strong>r Flucht zu erschießen“, 41 und <strong>de</strong>r lippischen Öffentlichkeit<br />

die „Karrieresprünge“ von Paul Wiese, Fritz Grüttemeyer und Josef Focke<br />

42 nicht verborgen blieben, dann waren Felix Fechenbach und sein Schicksal<br />

auch in <strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>r NS-Diktatur „nie ganz vergessen“, obwohl seine<br />

Freun<strong>de</strong> natürlich keine Möglichkeit hatten, in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit an ihn zu<br />

erinnern.<br />

Das war nach <strong>de</strong>r Beseitigung <strong>de</strong>s NS-Regimes durch die Alliierten natürlich<br />

an<strong>de</strong>rs. Sobald wie<strong>de</strong>r eigene Zeitungen zur Verfügung stan<strong>de</strong>n, hat die<br />

neugegrün<strong>de</strong>te lippische SPD wie<strong>de</strong>r von Felix Fechenbach und seinem En<strong>de</strong><br />

gesprochen. In <strong>de</strong>r ersten Ausgabe <strong>de</strong>r „Freien Presse“, die die Nachfolge <strong>de</strong>s<br />

alten sozial<strong>de</strong>mokratischen „Volksblatts“ antrat, warf Wilhelm Mellies auf <strong>de</strong>r<br />

Seite für das Land Lippe einen Blick zurück auf das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Pressefreiheit im<br />

Jahr 1933 und erinnerte an das Schicksal Felix Fechenbachs:<br />

„Sein Tod ist uns Verpflichtung. Heute wissen wir alle, was Demokratie und<br />

Pressefreiheit be<strong>de</strong>uten. (…) Jetzt erscheint wie<strong>de</strong>r eine freie Presse. Damit betreten<br />

wir <strong>de</strong>n Weg zur <strong>de</strong>mokratischen Gestaltung unseres öffentlichen Lebens.<br />

An <strong>de</strong>r Wegschei<strong>de</strong> steht mahnend und warnend <strong>de</strong>r Schatten <strong>de</strong>s toten Journalisten<br />

Felix Fechenbach. ‚Er starb für uns, unsere Liebe sein Lohn’. – Möge die<br />

neue Zeitung in seinem Geiste ein Organ wer<strong>de</strong>n, das je<strong>de</strong>rzeit mannhaft eintritt<br />

für Freiheit, Demokratie und Wohlfahrt <strong>de</strong>s Volkes.“ 43<br />

Und am Jahrestag seiner Ermordung, <strong>de</strong>m 7. August 1946, erinnerte die „Freie<br />

Presse“ natürlich an Fechenbach und an die Artikel, die damals im „Lippischen<br />

Kurier“ erschienen waren, um all die Lügen zu strafen, die sich nach<br />

<strong>de</strong>m Krieg unwissend stellten:<br />

„Wenn heute so mancher Träger <strong>de</strong>s Teufelskreuzes sich nicht mehr gern an die<br />

Augusttage <strong>de</strong>s Jahres 1933 erinnert, so ist das zu verstehen. Wenn man abschwört,<br />

aber auch nichts von irgen<strong>de</strong>inem Verbrechen <strong>de</strong>r Nazis gewusst o<strong>de</strong>r<br />

auch nur gehört zu haben (‚in Lippe ist doch nichts passiert!’), so ist es natürlich<br />

peinlich, an das Siegesgeheul <strong>de</strong>r Nazipresse beim Mord an Fechenbach ermahnt<br />

zu wer<strong>de</strong>n. (…) Die lippische Arbeiterschaft wird Felix Fechenbach nicht<br />

vergessen. Der Wunsch, ihn in unserer heimatlichen Er<strong>de</strong> bestattet zu wissen,<br />

wird hoffentlich bald in Erfüllung gehen. Das Leben <strong>de</strong>s Kämpfers Fechenbach<br />

war ihr Vorbild, sein Tod aber ist Verpflichtung. In <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Kampfes<br />

gegen <strong>de</strong>n Nationalsozialismus wird <strong>de</strong>r Name Felix Fechenbach an <strong>de</strong>r Spitze<br />

<strong>de</strong>r Männer stehen, die ihren Einsatz mit <strong>de</strong>m Leben begleichen mußten.“ 44<br />

Auf <strong>de</strong>m ersten Parteitag <strong>de</strong>s Unterbezirks Lippe <strong>de</strong>r SPD am 10. März 1946 in<br />

Lemgo gab Emil Feldmann zu Beginn, wie es im Protokoll heißt,<br />

„einen kurzen Rückblick auf die vergangenen Jahre politischer Knechtschaft<br />

und erinnerte an <strong>de</strong>n letzten Parteitag in Lage im Jahre 1933. Immer sei anständig<br />

gekämpft und geschlagen wor<strong>de</strong>n. Die SPD, die wie ein Fels im Meer<br />

96


gestan<strong>de</strong>n, hätte in geschichtlicher Stun<strong>de</strong> die Probe bestan<strong>de</strong>n. Wenn jenes instinktlose<br />

Bürgertum nicht versagt, dann hätten wir das Nazitum nicht gehabt.<br />

Dem von <strong>de</strong>n Naziverbrechern gemor<strong>de</strong>ten Felix Fechenbach wur<strong>de</strong>n ehren<strong>de</strong><br />

Worte <strong>de</strong>s Ge<strong>de</strong>nkens gewidmet. Es wur<strong>de</strong> das Bekenntnis zu einem besseren<br />

und schöneren Deutschland abgelegt. Das Glückwunschtelegramm <strong>de</strong>r KPD<br />

wur<strong>de</strong> mit Dank aufgenommen.“ 45<br />

Die Äußerungen zeigen, dass auch die SPD in Lippe wenig geneigt war, sich<br />

kritisch mit <strong>de</strong>m eigenen Verhalten vor und nach 1933 auseinan<strong>de</strong>r zu setzen.<br />

Verglichen mit <strong>de</strong>n bürgerlichen Parteien, zu <strong>de</strong>nen man jetzt wie<strong>de</strong>r in Konkurrenz<br />

trat, hatte man sich auch weniger vorzuwerfen.<br />

Und in Felix Fechenbach hatte man ja <strong>de</strong>n „Kronzeugen“ für <strong>de</strong>n ehrenvollen<br />

Kampf in <strong>de</strong>r NS-Zeit aufzuweisen, so dass man aus <strong>de</strong>r vermeintlichen<br />

moralischen Unversehrtheit einen Führungsanspruch ableitete. 46 Die<br />

lippischen Sozial<strong>de</strong>mokraten boten damit kaum ein an<strong>de</strong>res Bild, als auch<br />

sonst in <strong>de</strong>n ersten Jahren nach <strong>de</strong>m Krieg zu beobachten war. 47 Ein vergleichbarer<br />

Streit wie <strong>de</strong>r zwischen Carl Severing und Arthur La<strong>de</strong>beck in Bielefeld<br />

über das Verhalten <strong>de</strong>r SPD in <strong>de</strong>r Schlussphase <strong>de</strong>r Weimarer Republik 48 ist<br />

für Lippe nicht überliefert.<br />

Die Protokolle <strong>de</strong>r Unterbezirksparteitage zeigen zu<strong>de</strong>m die ganze Fülle<br />

<strong>de</strong>r Alltagsprobleme, für <strong>de</strong>ren Lösung die SPD sich verantwortlich fühlte.<br />

Und man wusste natürlich, wie viele jüngere Genossen „schwach“ gewor<strong>de</strong>n<br />

und <strong>de</strong>n Verlockungen <strong>de</strong>r „Volksgemeinschaft“ erlegen waren, so dass Heinrich<br />

Drake schon auf <strong>de</strong>m nächsten Unterbezirksparteitag am 23. Februar 1947<br />

in Lemgo erklärte:<br />

„Mir ist je<strong>de</strong>r Genosse ausseror<strong>de</strong>ntlich beliebt, <strong>de</strong>r sich mit Hingabe und Überzeugung<br />

für unsere Sache einsetzt (,) und ob er einmal in <strong>de</strong>r SA gewesen ist,<br />

das soll mir gleichgültig sein.“ 49<br />

Auch die lippischen Kommunisten erinnerten 1946 im „Volksecho“ an Fechenbachs<br />

Ermordung. Der Artikel mit <strong>de</strong>m Titel „Auf <strong>de</strong>r Flucht erschossen“<br />

knüpfte an die Darstellung <strong>de</strong>s Geschehens die For<strong>de</strong>rung zur Einigkeit <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n Arbeiterparteien:<br />

„Felix Fechenbach gehört zu <strong>de</strong>n tausen<strong>de</strong>n Sozial<strong>de</strong>mokraten und Kommunisten,<br />

die ihr Leben gaben, um das Leben von Millionen zu retten. Soll ihr Opfer<br />

vergebens gewesen sein? Sie mahnen uns einig zu sein im Kampf für eine bessere<br />

Welt, für Frie<strong>de</strong>n und Sozialismus.“ 50<br />

1947 erwähnt das „Volksecho» in einem Artikel mit <strong>de</strong>r Überschrift „Zur Erinnerung<br />

an unsere besten Kämpfer“ noch einmal Felix Fechenbach, 51 auch über<br />

<strong>de</strong>n Prozess gegen Paul Wiese im Jahr 1948 wur<strong>de</strong>, allerdings ganz knapp und<br />

ohne je<strong>de</strong>n Kommentar, zweimal berichtet. 52 Danach verschwand Felix Fechenbach<br />

völlig aus <strong>de</strong>n Spalten dieser kommunistischen Zeitung, <strong>de</strong>r Kalte<br />

Krieg erstreckte sich auch auf die Opfer <strong>de</strong>s Nationalsozialismus.<br />

97


Ob die Erinnerung an Felix Fechenbach bei <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Ge<strong>de</strong>nkfeiern zum<br />

„Tag <strong>de</strong>r Opfer <strong>de</strong>s Faschismus“, die am 14. September 1947 und am 12. September<br />

1948 im Detmol<strong>de</strong>r Neuen Krug stattfan<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r „Gedächtnisfeier<br />

zu Ehren <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>r Verfolgung getöteten 191 Lan<strong>de</strong>sbürger jüdischen<br />

Glaubens“ am 10. Oktober 1948 in Lemgo eine Rolle gespielt hat, lässt<br />

sich heute nicht mehr feststellen, da nur spärliche Berichte vorliegen. 53 Vermutlich<br />

spielte sie aber keine beson<strong>de</strong>re Rolle, da die Redner, Dr. Ulrich Walter<br />

und Hans Sprenger, die Fragen von Schuld und Scham auf einer so abgehoben<br />

philosophischen Ebene erörterten, dass die konkrete Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit <strong>de</strong>m Schicksal Einzelner nur „gestört“ hätte. 54 An <strong>de</strong>n Veranstaltungen<br />

nahmen vor allem die Angehörigen <strong>de</strong>r Opfer und die Vertreter <strong>de</strong>r<br />

Behör<strong>de</strong>n teil, die letzteren und die „Honoratioren“ aber nur, weil sie sicher<br />

sein konnten, dass, wie es in einem Brief <strong>de</strong>r Veranstalter hieß, auf Formen<br />

und Worte verzichtet wur<strong>de</strong>, „die alte Wun<strong>de</strong>n aufreißen o<strong>de</strong>r die Schuldigen<br />

anklagen“ wür<strong>de</strong>n. 55<br />

Genau das tat nämlich <strong>de</strong>r große Artikel über das „Urteil im Felix-Fechenbach-Mordprozess“<br />

gegen Paul Wiese vor <strong>de</strong>m Schwurgericht in Pa<strong>de</strong>rborn<br />

in <strong>de</strong>r „Freien Presse“ vom 30. Oktober 1948. Während die <strong>de</strong>r CDU nahestehen<strong>de</strong><br />

„Westfalen-Zeitung/Neue Lippische Rundschau“ nur eine kurze Notiz<br />

ohne je<strong>de</strong>n Kommentar brachte 56 – es war ihre einzige Erwähnung von Fechenbach<br />

in diesen Jahren überhaupt, berichtete die „Freie Presse“ ausführlich<br />

über alle Aspekte <strong>de</strong>s Prozesses und stellte <strong>de</strong>n ehemaligen Detmol<strong>de</strong>r<br />

Oberstaatsanwalt Dr. Tornau und seine unrühmliche Rolle bei <strong>de</strong>r Untersuchung<br />

<strong>de</strong>s Falls im Jahr 1933 bloß. 57 Wie <strong>de</strong>r Prozess gegen Wiese 58 damals in<br />

Lippe rezipiert wur<strong>de</strong>, ist schwer zu sagen; ein Leser <strong>de</strong>r „bürgerlichen“ Zeitungen<br />

hatte kaum eine Chance dazu.<br />

Für Lippe kann an <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>n 50er Jahren <strong>de</strong>r gleiche Prozess konstatiert<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r auch sonst zu beobachten und als „Klimawechsel“ beschrieben<br />

wor<strong>de</strong>n ist. Die Verfolgten <strong>de</strong>s Nationalsozialismus wur<strong>de</strong>n im öffentlichen<br />

Ge<strong>de</strong>nken mehr und mehr mit <strong>de</strong>n übrigen Opfern von Krieg und<br />

Vertreibung vermengt o<strong>de</strong>r gar von diesen verdrängt, <strong>de</strong>nn das Re<strong>de</strong>n von<br />

<strong>de</strong>n Verfolgten evozierte auch immer die Fragen nach <strong>de</strong>n Tätern und störte<br />

die allgemein gefor<strong>de</strong>rte „Versöhnung“. 59<br />

Und so entfaltete sich am ersten „Volkstrauertag“ am 16. November 1952 in<br />

Detmold, für <strong>de</strong>n die „Westfalen-Zeitung/Neue Lippische Rundschau“ ganz<br />

selbstverständlich <strong>de</strong>n Begriff „Hel<strong>de</strong>nge<strong>de</strong>nkfeiern“ benutzte, wie<strong>de</strong>r die altbekannte<br />

Trauerrhetorik, nur etwas verbrämt durch ein Bekenntnis zum Frie<strong>de</strong>n.<br />

Originalton Studienrat Heinrich Röhr: „Unsere Toten sind nicht vergeblich<br />

gestorben. Ihr Einsatz für Heimat und Vaterland, Weib und Kind, Haus<br />

und Hof soll uns Verpflichtung sein, in Kameradschaft, wie sie sich auf <strong>de</strong>n<br />

Schlachtfel<strong>de</strong>rn so oft bewährte, Liebe und Gottvertrauen <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n zu leben.“<br />

Und ganz selbstverständlich hatte zuvor ein Primaner „Dankesschuld“<br />

von Walter Flex vorgetragen. 60<br />

98


Um Felix Fechenbach wur<strong>de</strong> es „still“ in <strong>de</strong>n 50er Jahren. 61 Diese „Stille“<br />

wur<strong>de</strong> nur noch zweimal von sozial<strong>de</strong>mokratischer Seite durchbrochen.<br />

So, als man am 25. April 1953 im Detmol<strong>de</strong>r Volkshaus (mit mehr als 100 Teilnehmern)<br />

die „Rückerstattung“ <strong>de</strong>s 1933 geraubten „Volksblatt“-Vermögens<br />

feierte. In einer Resolution wur<strong>de</strong> an das Schicksal Felix Fechenbachs erinnert<br />

und die Justiz aufgefor<strong>de</strong>rt, auch die bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Mör<strong>de</strong>r Fechenbachs,<br />

Focke und Grüttemeyer, zu fassen und zur Rechenschaft zu ziehen. 62 Die<br />

Übergabe <strong>de</strong>s alten Gebäu<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r „Lippischen Lan<strong>de</strong>s-Zeitung“ in <strong>de</strong>r Paulinenstraße<br />

14 [heute Nr. 34], das von <strong>de</strong>r nationalsozialistischen „Lippischen<br />

Staats-Zeitung“ 1936 erworben wor<strong>de</strong>n war, die ihrerseits 1941 die „Volksblatt“-Gebäu<strong>de</strong><br />

Weinbergstraße 19 (heute Paulinenstraße Nr. 7) und Wall 9 an<br />

Privatleute verkauft hatte, an die „Freie Presse“ war damals sehr umstritten. 63<br />

Die Erinnerung an Felix Fechenbach konnte da gute Dienste leisten.<br />

Und dann wur<strong>de</strong> noch einmal am 20. Jahrestag von Fechenbachs Ermordung,<br />

am 8. August 1953, durch einen großen Erinnerungsartikel aus <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r<br />

von Wilhelm Mellies in <strong>de</strong>r „Freien Presse“ <strong>de</strong>r Tat gedacht. Mellies schil<strong>de</strong>rte<br />

darin seine letzten Begegnungen mit Felix Fechenbach in Detmold. Er fühle<br />

sich verpflichtet, an Fechenbach zu erinnern, <strong>de</strong>nn „schon wie<strong>de</strong>r wagen es<br />

prominente Anhänger <strong>de</strong>s Hitlerismus, sich mit beispielloser Schamlosigkeit<br />

in <strong>de</strong>n politischen Vor<strong>de</strong>rgrund zu spielen“. Auch Mellies for<strong>de</strong>rte noch einmal<br />

die Behör<strong>de</strong>n auf, die Suche nach <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Mör<strong>de</strong>rn zu verstärken. 64<br />

Es sollte aber noch bis 1962 dauern, bis die Justiz sich wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Fechenbachmord<br />

befasste. Auf die Anzeige einer Frau Anne Pillmann hin, einer<br />

ehemaligen Kriminalbeamtin, die in <strong>de</strong>r Münchner Staatsbibliothek auf<br />

die bei<strong>de</strong>n Fechenbach-Bücher von 1936 gestoßen war, ermittelte die Staatsanwaltschaft<br />

Pa<strong>de</strong>rborn nun gegen Hans-Joachim Riecke, <strong>de</strong>n ehemaligen<br />

Staatsminister in Lippe. 61 Das Verfahren verlief aber weitgehend unbemerkt<br />

von <strong>de</strong>r Öffentlichkeit, nur die Zeugen, die man schon 1948 befragt hatte, und<br />

einige weitere noch leben<strong>de</strong> Schutzhaftgefangene von 1933 erfuhren davon.<br />

Die Ermittlungen wur<strong>de</strong>n am 22. Dezember 1964 eingestellt, da sie „<strong>de</strong>n Verdacht<br />

einer Beteiligung <strong>de</strong>s Beschuldigten Riecke an <strong>de</strong>r Tötung <strong>de</strong>s Journalisten<br />

Felix Fechenbach nicht bestätigt“ haben. 66<br />

Am 30. Dezember 1966 erfuhr die Staatsanwaltschaft Pa<strong>de</strong>rborn zum ersten<br />

Mal davon, dass <strong>de</strong>r seit 1945 gesuchte Fritz Grüttemeyer unter <strong>de</strong>m falschen<br />

Namen Paul Goschin in Rheinbach lebte. Er hatte einen Lastenausgleichsantrag<br />

gestellt und war damit bei <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n aufgeflogen. Am 9.<br />

März 1967 berichteten die ersten Zeitungsartikel von seiner Ent<strong>de</strong>ckung. 67 Die<br />

Ermittlungen liefen zwei Jahre lang, ohne dass die Presse irgendwelche Notiz<br />

genommen hätte. Erst als <strong>de</strong>r erste Sitzungstag, <strong>de</strong>r 27. Januar 1969, feststand,<br />

begannen die Zeitungen auf die Verhandlung hinzuweisen. 68 Als <strong>de</strong>r Prozess<br />

in Pa<strong>de</strong>rborn begann, stellten die bei<strong>de</strong>n ostwestfälisch-lippischen Zeitungen,<br />

die „Neue Westfälische/Lippische Lan<strong>de</strong>s-Zeitung“ und die „Westfalen-Zeitung/Lippische<br />

Rundschau“ eigene Korrespon<strong>de</strong>nten ab, die ausführlich über<br />

die Verhandlungstage berichteten. 69<br />

99


Irma Fechenbach um 1936<br />

(Foto: Staatsarchiv Detmold D<br />

87 Nr. 22).<br />

Die Artikel hielten sich allerdings mit Kommentaren zurück, sie betonten<br />

mehrmals, dass es sich um „weit zurückliegen<strong>de</strong> Geschichte“ handle, von irgendwelchen<br />

aktuell-politischen Bezügen war in ihnen nicht die Re<strong>de</strong>. 70 Eine<br />

Ausnahme stellte ein Artikel im „Westfälischen Volksblatt“ vom 8. Februar 1969<br />

dar, <strong>de</strong>r aber nicht in die „Lippische Rundschau“ übernommen wor<strong>de</strong>n war.<br />

Unter <strong>de</strong>r Überschrift „Ein Urteil für <strong>de</strong>n Angeklagten o<strong>de</strong>r für die Öffentlichkeit?“<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Sinn solcher Prozesse bezweifelt, da die Wi<strong>de</strong>rsprüche nicht<br />

mehr aufzuklären seien. Von <strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>n Safarovic hieß es, er habe zur<br />

Tatzeit noch im Sandkasten gespielt: „So bohrt <strong>de</strong>r hypothekenfreie Vorsitzen<strong>de</strong><br />

unnachsichtig und rücksichtslos in <strong>de</strong>r Vergangenheit herum.“ 71<br />

Das Interesse <strong>de</strong>r überregionalen Medien an <strong>de</strong>m Verfahren war groß. Dafür,<br />

dass <strong>de</strong>r Zuschauerraum immer überfüllt war, sorgte schon die Teilnahme<br />

von Robert W. Kempner, <strong>de</strong>s Anklägers <strong>de</strong>s Nürnberger Militärtribunals,<br />

100


als Nebenkläger im Auftrag von Irma und Lotti Fechenbach. Lippische Schulklassen<br />

bekamen aber an<strong>de</strong>rs als die Pa<strong>de</strong>rborner keine Gelegenheit zum Besuch.<br />

Aus Lippe mel<strong>de</strong>ten sich auf Grund <strong>de</strong>r Zeitungsartikel erstmals mehrere<br />

Zeugen. Zwei Briefschreiberinnen nahmen während <strong>de</strong>s Prozesses für Grüttemeyer<br />

Partei. Eine „Kriegerwitwe und Ostvertriebene“ aus Brake bei Lemgo<br />

wies das Gericht am 6. Februar 1969 auf die polnischen Verbrechen während<br />

<strong>de</strong>r Vertreibung hin. Da <strong>de</strong>r polnische Staat diese Verbrechen nicht verfolge,<br />

solle auch die Bun<strong>de</strong>srepublik „davon lassen“, solche Prozesse zu führen. „Ich<br />

kenne Herrn Grüttemeyer nicht, aber es erschüttert mich immer, wenn ich<br />

von solchen Prozessen höre. Diese Meinung teilen sehr viele.“ 72<br />

Wie <strong>de</strong>r Prozess damals sonst noch in Lippe rezipiert wur<strong>de</strong>, ist wie<strong>de</strong>r<br />

schwer zu sagen. Peter Steinbach nimmt je<strong>de</strong>nfalls an, dass er keine Spuren<br />

im öffentlichen Bewusstsein hinterlassen hat. 73<br />

Für die Erinnerung an Fechenbachs Leben und Tod hatte <strong>de</strong>r Grüttemeyer-<br />

Prozess jedoch noch eine an<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung. Der Nebenkläger Robert W.<br />

Kempner hatte in seinem Plädoyer gefor<strong>de</strong>rt, Grüttemeyer zur Zahlung einer<br />

symbolischen Buße von 100 DM für einen Ge<strong>de</strong>nkstein am Mordort zu<br />

verurteilen. Als das Gericht in seinem Urteilsspruch diesen Antrag aus formalen<br />

Grün<strong>de</strong>n ablehnte, (er sei erst im Schlussvortrag gestellt wor<strong>de</strong>n (§ 404<br />

StPO)), 74 erklärte <strong>de</strong>r lippische SPD-Bun<strong>de</strong>sabgeordnete August Berlin noch<br />

im Gerichtssaal, dass er diesen Ge<strong>de</strong>nkstein auf eigene Kosten setzen lassen<br />

wolle. 75<br />

August Berlin hatte nach <strong>de</strong>m Krieg <strong>de</strong>n Kontakt zu Irma Fechenbach und<br />

ihren Kin<strong>de</strong>rn wie<strong>de</strong>r aufgenommen und sich nach Kräften bemüht, Irma Fechenbach<br />

in Wie<strong>de</strong>rgutmachungsfragen zu unterstützen. 76 Auch die Pflege<br />

<strong>de</strong>s Grabes in Rimbeck hatte er übernommen. 77 Er brauchte aber noch fast drei<br />

Jahre, um seinen Denkmalsplan zu verwirklichen. Schuld daran waren auch<br />

seine großen Schwierigkeiten mit innerparteilichen Kritikern in <strong>de</strong>r lippischen<br />

SPD, die einen „Wachwechsel“ für nötig hielten und ihn 1969 nur noch unter<br />

Auflagen und 1972 gar nicht mehr für <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>stag vorschlugen. 78 Und seine<br />

Verärgerung über die Jungen in <strong>de</strong>r Partei spricht noch aus einem Brief an<br />

Irma Fechenbach vom 9. Dezember 1973, in <strong>de</strong>m er ihr die Pressereaktionen<br />

auf die Einweihung <strong>de</strong>s Denkmals übersandte:<br />

„Reichlich dünn hat die SPD, Bezirk Bielefeld, in ihrer ZB berichtet. Da zeigt<br />

sich auch die Einstellung einer nachgewachsenen Generation und gewiß auch<br />

ein Stück Neid mir gegenüber wegen <strong>de</strong>r gelungenen Erfüllung meiner übernommenen<br />

Aufgabe, ohne daß ich in Bielefeld hilfesuchend kniefällig gewor<strong>de</strong>n<br />

bin.“ 79<br />

Ob die Jusos daran Anstoß genommen haben, dass ein Pionierpanzer, ein Kran<br />

und zwei LKW <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr in Höxter die Felsbrocken aus <strong>de</strong>m Forstbereich<br />

Neuenheerse zum Wald in Kleinenberg gebracht haben, ist nicht mehr<br />

festzustellen. Die Rechnung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr betrug 2.869,31 DM. 80<br />

101


Dem Pazifisten Felix Fechenbach umsonst ein Denkmal zu setzen, war offensichtlich<br />

selbst bei einem von <strong>de</strong>r SPD gestellten Verteidigungsminister Georg<br />

Leber nicht möglich. Da August Berlin noch viele weitere Auslagen hatte,<br />

nahm er das Angebot <strong>de</strong>s nordrhein-westfälischen Ministerpräsi<strong>de</strong>nten Heinz<br />

Kühn an, ihm einen Teil <strong>de</strong>r Kosten durch das Land zu erstatten. 81 Der sozial<strong>de</strong>mokratische<br />

Ministerpräsi<strong>de</strong>nt war <strong>de</strong>nn auch, natürlich neben Irma und<br />

Lotti Fechenbach und Robert W. Kempner, <strong>de</strong>r prominenteste Teilnehmer an<br />

<strong>de</strong>r Feier am Ge<strong>de</strong>nkstein und in <strong>de</strong>r Landvolkshochschule „Anton Heinen“<br />

in Har<strong>de</strong>hausen am 25. August 1973. Heinz Kühn, Irma Fechenbach, August<br />

Berlin und Robert W. Kempner sprachen. Heinz Kühn führte aus, nach<strong>de</strong>m er<br />

Felix Fechenbach als Sozial<strong>de</strong>mokraten, Pazifisten, Ju<strong>de</strong>n und Journalisten gewürdigt<br />

hatte, dass zwar über Schlachtfel<strong>de</strong>rn Gras wachsen könne, dass aber<br />

über Exekutionsfel<strong>de</strong>r nie Gras wachsen dürfe. Denkmal und Feierstun<strong>de</strong> seien<br />

vor allem für die Jungen gedacht, die begreifen müssten, „daß ein Volk nur<br />

die Freiheit besitzt, die es sich erkämpft und es zu verteidigen bereit ist.“ 82<br />

Auch Irma Fechenbach drückte die Hoffnung aus, dass die Jugend <strong>de</strong>n<br />

Kampf für soziale Gerechtigkeit, für Freiheit und Frie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n all die vielen<br />

Genossen, die <strong>de</strong>r Nationalsozialismus ermor<strong>de</strong>t hat, damals verloren haben,<br />

mit Erfolg fortsetzen wür<strong>de</strong>. 83<br />

Die kämpferischste Re<strong>de</strong> hielt Robert W. Kempner. Er schil<strong>de</strong>rte seine Erfahrungen<br />

aus <strong>de</strong>m Grüttemeyer-Prozess, nannte die in seinen Augen eigentlich<br />

Verantwortlichen für <strong>de</strong>n Mord beim Namen und erinnerte daran, dass<br />

mit Josef Focke ein Mör<strong>de</strong>r immer noch nicht zur Rechenschaft gezogen wor<strong>de</strong>n<br />

sei. Und mit großer Schärfe kritisierte er, dass es die Sozial<strong>de</strong>mokraten<br />

bisher versäumt hätten, in angemessener Weise die Opfer ihrer Bewegung<br />

im Kampf gegen <strong>de</strong>n Nationalsozialismus als Einzelne zu ehren. Die Lehre<br />

daraus sei einfach: „Für unsere ermor<strong>de</strong>ten Freun<strong>de</strong> brauchen wir mehr Personenkult.“<br />

84<br />

August Berlin hat sorgfältig registriert, wie die Ge<strong>de</strong>nkveranstaltung in<br />

<strong>de</strong>r Presse rezipiert wor<strong>de</strong>n ist. Die bei<strong>de</strong>n lippischen Zeitungen waren nicht<br />

durch Lokalredakteure vertreten und haben im lokalen Teil, an<strong>de</strong>rs als die entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Lokalteile im Kreis Warburg, auch nicht geson<strong>de</strong>rt berichtet. 85<br />

Die Crux dieses Ge<strong>de</strong>nksteins scheint mir überhaupt darin zu liegen, dass<br />

er „so weit“ von Lippe entfernt liegt. Auch <strong>de</strong>r Text <strong>de</strong>r Bronzetafel, <strong>de</strong>r von<br />

<strong>de</strong>m Detmol<strong>de</strong>r Bildhauer Hans A. Jähne entworfen wor<strong>de</strong>n war, erscheint<br />

mir aus heutiger Sicht problematisch. Was verschweigt diese Tafel nicht alles!<br />

Nur vom Opfer Fechenbach ist die Re<strong>de</strong>, nicht vom sozialistischen Kämpfer.<br />

Nichts erfährt <strong>de</strong>r Betrachter von seinem Ju<strong>de</strong>ntum, seinem Werk und seinen<br />

Wirkungsstätten. 86 Und hätte ein Denkmal für Felix Fechenbach nicht eigentlich<br />

auf <strong>de</strong>n Kaiser-Wilhelm-Platz o<strong>de</strong>r vor das alte „Volksblatt“-Redaktionsgebäu<strong>de</strong><br />

Wall 9 in Detmold gehört, um wahrgenommen zu wer<strong>de</strong>n? Stellt man<br />

diese Fragen, wird klar, wie beschei<strong>de</strong>n das Denkmal im Kleinenberger Wald<br />

im Grun<strong>de</strong> ist.<br />

102


Den Sozial<strong>de</strong>mokraten im „schwarzen“ Landkreis Warburg verschaffte es<br />

allerdings eine wichtige Stätte <strong>de</strong>r Erinnerung an <strong>de</strong>n Kampf gegen <strong>de</strong>n Nationalsozialismus,<br />

und sie haben sich seit<strong>de</strong>m jeweils in <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Jahrestages<br />

<strong>de</strong>r Ermordung dort versammelt. 87 Aus Lippe stieß dann jeweils eine Delegation<br />

von Sozial<strong>de</strong>mokraten dazu. Einige <strong>de</strong>r dort gehaltenen Re<strong>de</strong>n sind erhalten<br />

geblieben. So die <strong>de</strong>s SPD-Bun<strong>de</strong>stagsabgeordneten und Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s SPD-Unterbezirks Lippe Erhard Mahne von 1978, <strong>de</strong>r auf die sich häufen<strong>de</strong>n<br />

neonazistischen und antisemitischen Publikationen und Aktivitäten<br />

hinwies, gegen die die Jugend durch eine lückenlose Aufklärung über historische<br />

Zusammenhänge immunisiert wer<strong>de</strong>n müsste. 88 Aber immer blieb das<br />

Problem: Die Mehrheit <strong>de</strong>r Lipper erfuhr nur in kurzen Zeitungsartikeln von<br />

diesen Veranstaltungen, und Schülerinnen und Schüler hatten in <strong>de</strong>r Regel<br />

überhaupt keine Gelegenheit zur Teilnahme.<br />

Während es in Oerlinghausen auf Vorschlag <strong>de</strong>s damaligen Ratsmitglie<strong>de</strong>s<br />

Hermann Schueler, die Entscheidung <strong>de</strong>s Rats war einstimmig, schon seit<br />

1965 eine Felix-Fechenbach-Straße gab, 89 wur<strong>de</strong> ihm in Detmold, <strong>de</strong>r Stadt, in<br />

<strong>de</strong>r er von 1929 bis 1933 gelebt und gearbeitet hatte, dieses „Denkmal im Nebenberuf‘,<br />

wie eine Essener Schulklasse in ihrem Beitrag zum Schülerwettbewerb<br />

Deutsche Geschichte 1992/93 die Straßenschil<strong>de</strong>r genannt hat, 90 sehr<br />

lange vorenthalten.<br />

Einen Monat nach <strong>de</strong>r Einweihung <strong>de</strong>s Fechenbach-Denkmals stellte die<br />

lippische DKP beim Rat <strong>de</strong>r Stadt Detmold <strong>de</strong>n Antrag, die Feldstraße, in <strong>de</strong>r<br />

Fechenbach einmal gewohnt hat, nach ihm zu benennen. 91 Der Antrag brachte<br />

<strong>de</strong>n Stadtdirektor Dr. Kross offensichtlich etwas in Verlegenheit; da traf es<br />

sich gut, dass die Stadt darauf verweisen konnte, dass schon vor Jahren <strong>de</strong>r<br />

Bildhauer Jähne einen solchen Antrag gestellt hatte. 92<br />

Hans Jähne hatte in <strong>de</strong>r Tat schon am 17. März 1970 diesen Antrag gestellt,<br />

getan hatte sich aber dreieinhalb Jahre nichts. 93 Da 1973 von Verehrern von<br />

August Weweler auch <strong>de</strong>r Antrag gestellt wor<strong>de</strong>n war, eine Straße nach diesem<br />

Komponisten zu benennen, 94 <strong>de</strong>r von Prof. Stephani von <strong>de</strong>r Musikhochschule<br />

unterstützt wur<strong>de</strong>, 95 „behan<strong>de</strong>lten“ die städtischen Gremien Fechenbach<br />

und Weweler von Anfang an zusammen und fan<strong>de</strong>n für sie im Neubaugebiet<br />

am Kreishaus zwei Planstraßen, wobei August Weweler mit <strong>de</strong>r Straße,<br />

an <strong>de</strong>r das Kreishaus liegt, ein<strong>de</strong>utig die prominentere Lage bekam. 96 Da es<br />

noch keine Anwohner gab, sind irgendwelche Reaktionen auf die Namensgebung<br />

nicht überliefert. Elf Jahre später allerdings schossen sich die Detmol<strong>de</strong>r<br />

Jungsozialisten auf August Weweler ein und stellten im Rat <strong>de</strong>r Stadt <strong>de</strong>n<br />

Bürgerantrag, die Weweler-Straße in Geschwister-Scholl-Straße umzubenennen.<br />

Sie begrün<strong>de</strong>ten das mit <strong>de</strong>r Rolle, die Weweler als Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s „NS-<br />

Kampfbun<strong>de</strong>s für <strong>de</strong>utsche Kultur“ gespielt hatte, und mit seinen Gedichten<br />

aus <strong>de</strong>r Nazi-Zeit. Auch die Nachbarschaft zur gera<strong>de</strong> entstehen<strong>de</strong>n Felix-Fechenbach-Straße<br />

sei nicht tragbar. 97 Der Stadtjugendring Detmold unterstützte<br />

<strong>de</strong>n Antrag am 23. Februar 1986 ebenfalls. 98<br />

103


Wi<strong>de</strong>rstand kam von einem Dozenten <strong>de</strong>r Musikhochschule, Richard Müller-Dombois,<br />

als dieser merkte, dass die Stadt geneigt war, „<strong>de</strong>m Übereifer einiger<br />

Heißsporne» zu folgen. Er betonte <strong>de</strong>n „hohen künstlerischen Gehalt“<br />

<strong>de</strong>r Werke Wewelers, <strong>de</strong>r im Übrigen von <strong>de</strong>n Nazis nur benutzt wor<strong>de</strong>n sei.<br />

Er schlug <strong>de</strong>shalb vor,<br />

„die Angelegenheit in aller Stille zu begraben. Nach 50 Jahren sollte man auch<br />

in Lippe in <strong>de</strong>r Lage sein, dasjenige an einem Künstlerleben zu sehen, was einzig<br />

Bestand hat, nämlich das Werk.“ Im übrigen wür<strong>de</strong> er es lebhaft begrüßen,<br />

wenn eine an<strong>de</strong>re Straße nach <strong>de</strong>n Geschwistern Scholl benannt wer<strong>de</strong>. 99<br />

Müller-Dombois konnte nicht wissen, dass <strong>de</strong>r Stadt inzwischen eine umfangreiche<br />

Sammlung von Dokumenten vorlag, die das Staatsarchiv Detmold aus<br />

seinen Bestän<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m Document Center Berlin zusammengestellt hatte.<br />

100 Die Dokumente ließen keinen Zweifel daran, dass sich Weweler von seinen<br />

völkischen Grundüberzeugungen her sehr weit mit <strong>de</strong>m Nationalsozialismus<br />

eingelassen hatte. Im Juli 1986 fiel offensichtlich in <strong>de</strong>r SPD-Fraktion<br />

<strong>de</strong>r Entschluss, die Weweler-Straße nicht in Geschwister-Scholl-, son<strong>de</strong>rn in<br />

Felix-Fechenbach-Straße umzubenennen. 101<br />

Am 23. Oktober 1986 stimmte <strong>de</strong>r Detmol<strong>de</strong>r Rat mit 31 : 17 Stimmen <strong>de</strong>r<br />

Umbenennung zu 102 und stürzte damit, wie die „Lippische Lan<strong>de</strong>szeitung“<br />

am nächsten Tag schrieb, „ein von ihm selbst errichtetes Denkmal“. Der Artikel<br />

gab auch die Argumentation <strong>de</strong>r Fraktionen wie<strong>de</strong>r. Die CDU stimmte geschlossen<br />

dagegen, gab aber zu, dass man heute keine Straße mehr nach Weweler<br />

benennen wür<strong>de</strong>. 103 Die Jungsozialisten und die zum alternativen Lager<br />

gehören<strong>de</strong> Zeitschrift „Die Wage“ konnten <strong>de</strong>nn auch ihre Genugtuung über<br />

diesen Sieg im Kampf gegen die „Reaktion“ nicht verbergen. 104<br />

Während die Schriften von und über Fechenbach, die in Irma Fechenbachs<br />

Schweizer Exil erschienen waren, 105 und die biographischen Skizzen, die Walther<br />

Victor in <strong>de</strong>r DDR veröffentlichte, 106 in Lippe nicht rezipiert wur<strong>de</strong>n, da<br />

sie einfach nicht greifbar waren, 107 konnte man sich in <strong>de</strong>n 80er Jahren hier<br />

aber von Jahr zu Jahr besser über Felix Fechenbach informieren. Es begann<br />

mit einer Broschüre <strong>de</strong>r lippischen Jungsozialisten im Jahr 1980, 108 im selben<br />

Jahr legte Hermann Schueler seine Dissertation vor, 109 die ein Jahr später als<br />

Buch bei Kiepenheuer & Witsch erschien. 110 1983 veröffentlichte Peter Steinbach<br />

in Auswahl einen kommentierten Nachdruck von Fechenbachs „Nazi-<br />

Jüsken“-Artikeln im „Volksblatt“ 111 und 1987 einen Nachdruck <strong>de</strong>r „Briefe aus<br />

<strong>de</strong>r Schutzhaft“. 112 1989 drehte zu<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Bielefel<strong>de</strong>r Filmemacher Dirk Gerhard<br />

für <strong>de</strong>n WDR und die „Lan<strong>de</strong>szentrale für politische Bildung“ von Nordrhein-Westfalen<br />

einen halbstündigen Fechenbach-Film, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Schulen seit<strong>de</strong>m<br />

über die Kreisbildstellen zur Verfügung steht. 113<br />

Es waren sicher diese Bücher, die einige Lehrer <strong>de</strong>r „Berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Schulen <strong>de</strong>s Kreises Lippe“ an Felix Fechenbach <strong>de</strong>nken ließen, als sie 1986<br />

nach einem Namen für ihre Schule suchten. Fechenbach behauptete sich bei<br />

einer Abstimmung mit zwei Dritteln <strong>de</strong>r Stimmen gegen die „Konkurrenten“<br />

104


Die drei Kin<strong>de</strong>r von Felix und Irma Fechenbach: Lotti, Hanni und Curt im Januar 1994 (Foto:<br />

Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe).<br />

Herwig Blankertz, Friedrich Copei, Wilhelm Mellies und an<strong>de</strong>re. 114 Am 7. Mai<br />

1988 fand im Beisein <strong>de</strong>r drei Fechenbach-Kin<strong>de</strong>r die feierliche Namensgebung<br />

statt, 115 bei <strong>de</strong>r Hermann Schueler <strong>de</strong>n Festvortrag hielt. In ihm sprach<br />

er über die Be<strong>de</strong>utung von Namensgebungen für Schulen überhaupt und plädierte<br />

für „Nicht-Patina-Namen“, von <strong>de</strong>nen vielleicht eine beunruhigen<strong>de</strong><br />

Wirkung auf die Schüler ausgehen könnte, und entwickelte aus Fechenbachs<br />

Biographie das Bild eines „<strong>de</strong>mokratischen Kämpfers“, <strong>de</strong>r auch für Jugendliche<br />

von heute angesichts <strong>de</strong>r Gefahren für die Demokratie noch wichtig sein<br />

könne. 116 Die Schüler <strong>de</strong>r Felix-Fechenbach-Schule können sich seit<strong>de</strong>m in einer<br />

Ausstellung, die <strong>de</strong>r Lehrer Friedrich Blanke gestaltet hat, über Felix Fechenbach<br />

informieren. Im Jahr darauf, am 11. November 1989, bekam eine<br />

weitere lippische Schule, die Gesamtschule Leopoldshöhe, <strong>de</strong>n Namen Felix<br />

Fechenbachs.<br />

Wir haben gesehen, dass wir bei <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Rezeption von Leben<br />

und Werk Felix Fechenbachs in Lippe verschie<strong>de</strong>ne Phasen unterschei<strong>de</strong>n<br />

müssen. Seit <strong>de</strong>n 80er Jahren ist ein <strong>de</strong>utlicher Wan<strong>de</strong>l eingetreten. Er<br />

äußert sich darin, dass auch die nicht <strong>de</strong>r SPD nahestehen<strong>de</strong>n Medien regelmäßig<br />

an Fechenbach erinnern und die Benennung von zwei Schulen nach<br />

ihm möglich war. Inzwischen haben die drei Kin<strong>de</strong>r Fechenbachs viele neue<br />

Freun<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n, die sich um das An<strong>de</strong>nken an Felix Fechenbach in Lippe<br />

bemühen.<br />

105


Legt man zur Erklärung dieses Wan<strong>de</strong>ls Hans-Jürgen Pan<strong>de</strong>ls vier Zugänge<br />

zur Geschichte zugrun<strong>de</strong>, 117 so spielen wegen <strong>de</strong>s großen Zeitabstands<br />

<strong>de</strong>r „existentielle“ und <strong>de</strong>r „i<strong>de</strong>ntitive“ Zugang zu diesem Teil <strong>de</strong>r lippischen<br />

Geschichte keine Rolle mehr, da kaum noch eigene Erfahrungen vorhan<strong>de</strong>n<br />

sein können und <strong>de</strong>r Zwang zur Neuinterpretation <strong>de</strong>r eigenen Lebensgeschichte<br />

nicht mehr besteht. Der „lebensweltliche“ und <strong>de</strong>r „intellektuelle“<br />

Zugang stehen seit<strong>de</strong>m ein<strong>de</strong>utig im Vor<strong>de</strong>rgrund. Die kulturelle Umwelt,<br />

die mit Deutungen <strong>de</strong>r Vergangenheit angefüllt ist, und das, was Schule, Publizistik<br />

und Wissenschaft anbieten, bestimmen mehr und mehr das Bild, das<br />

sich die Interessierten in Lippe von Felix Fechenbach und seiner Be<strong>de</strong>utung<br />

machen.<br />

Für die Zeit davor wird sich das Urteil zwischen Kempners Klage über<br />

das Zuwenig an „Personenkult“, wenn man im Bereich <strong>de</strong>r Sozial<strong>de</strong>mokratie<br />

bleibt, o<strong>de</strong>r Ralph Giordanos Verdikt einer „zweiten Schuld“ beim Umgang<br />

<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik mit ihrer NS-Vergangenheit, wenn man die west<strong>de</strong>utsche<br />

Nachkriegsgesellschaft insgesamt ins Blickfeld nimmt, 118 und <strong>de</strong>n (wenigen)<br />

be<strong>de</strong>nkenswerten Argumenten für die Thesen bewegen müssen, es sei genug<br />

o<strong>de</strong>r gar zuviel an „Vergangenheitsbewältigung“ geleistet wor<strong>de</strong>n, die beson<strong>de</strong>rs<br />

seit <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rvereinigung diskutiert wer<strong>de</strong>n. 119<br />

Im lippischen Rahmen ergibt sich je<strong>de</strong>nfalls das folgen<strong>de</strong> Bild: Vergleicht<br />

man die Erinnerung an Felix Fechenbach mit <strong>de</strong>r an die jüdischen Opfer <strong>de</strong>r<br />

drei großen Deportationen aus Lippe in <strong>de</strong>n Jahren 1941 und 1942 120 o<strong>de</strong>r mit<br />

<strong>de</strong>r an die kommunistischen Wi<strong>de</strong>rstandskämpfer Eduard Berke und Fritz<br />

Büker, die bei<strong>de</strong> vor 50 Jahren hingerichtet wur<strong>de</strong>n, 121 o<strong>de</strong>r an Elisabeth Lange,<br />

geb. Höppner, aus Eichholz, die zur Hamburger „Weißen Rose“ gehörte<br />

und am 28. Januar 1944 im Hamburger Untersuchungsgefängnis Fuhlsbüttel<br />

Selbstmord beging, 122 von <strong>de</strong>nen man in Lippe überhaupt nichts weiß, so<br />

war Felix Fechenbach in Lippe in <strong>de</strong>r Tat „nie ganz vergessen“. Sein An<strong>de</strong>nken<br />

wur<strong>de</strong> aber nur von <strong>de</strong>m einen politischen Lager, <strong>de</strong>n Sozial<strong>de</strong>mokraten,<br />

wachgehalten, die zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>klamatorisch in seinem Zeichen ihre politische<br />

Arbeit 1945 wie<strong>de</strong>r aufnahmen. Die „bürgerlichen“ Parteien und Medien<br />

verweigerten ihm, bis auf ganz wenige Ausnahmen, die Erinnerung, so dass<br />

die SPD diesen antifaschistischen Kronzeugen für sich monopolisieren konnte.<br />

Er a<strong>de</strong>lte rückblickend <strong>de</strong>n Kampf <strong>de</strong>r Partei vor und nach 1933, auf ihn<br />

konnte man sich berufen, wenn es galt, die Rückkehr von Nationalsozialisten<br />

in die Politik und in die Ämter o<strong>de</strong>r neonazistische Umtriebe zu geißeln. Nur<br />

einmal, im Jahr 1973 von Robert W. Kempner, wur<strong>de</strong> er gegen die Terroristen<br />

von links ins Feld geführt. 113<br />

In <strong>de</strong>r SPD waren es aber wie<strong>de</strong>rum nur ganz wenige, die sich Felix Fechenbach<br />

verpflichtet fühlten: die damals jungen „Kampfgefährten“, die in<br />

Fechenbach ihre Leitfigur sahen, und unter diesen wie<strong>de</strong>rum einer ganz beson<strong>de</strong>rs,<br />

nämlich August Berlin. Das gemeinsame Bemühen um das An<strong>de</strong>nken<br />

Felix Fechenbachs brachte August Berlin sogar wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n Nachfol-<br />

106


Der Ge<strong>de</strong>nkstein, ca. im Jahr<br />

2000.<br />

gern <strong>de</strong>r Jungsozialisten zusammen, die ihm politisch soviel Kummer gemacht<br />

hatten.<br />

Wieweit Felix Fechenbach seit <strong>de</strong>n 80er Jahren trotz aller Veröffentlichungen,<br />

Veranstaltungen und Namensgebungen, über die auch die „bürgerlichen“<br />

Zeitungen nun ganz selbstverständlich berichten, tatsächlich in das<br />

politische und historische Bewusstsein <strong>de</strong>r Menschen in Lippe aufgenommen<br />

wor<strong>de</strong>n ist, wage ich nicht zu entschei<strong>de</strong>n. Ich habe <strong>de</strong>n Verdacht, dass nur<br />

eine historische Gestalt – neben Hermann <strong>de</strong>m Cherusker – wirklich im Bewusstsein<br />

<strong>de</strong>r Lipper präsent ist. Das ist die Fürstin Pauline:<br />

Drum wird ihr, wie sich gebühret<br />

Zu Meinberg ein Monument gesetzt<br />

Hab selbst nicht subskribieret.<br />

107


Anmerkungen<br />

Nachgedruckt aus: FELIX FECHENBACH 1894-1933. Journalist, Schriftsteller, Pazifist. Symposium<br />

zum 100. Geburtstag am 28. und 29. Januar 1994 in Detmold. Mit einem Vorwort von<br />

Lotti Fechenbach und Beiträgen von Imanuel Geiss, Jürgen Hartmann, Wolfgang Müller, Karl<br />

Heinrich Pohl, Ingrid Schäfer und Hermann Schueler. Bearbeitet von Sabine Klocke-Daffa,<br />

Detmold 1994, S. 118ff.<br />

1 Tucholsky, Kurt: Stimmen in <strong>de</strong>r Nacht (1924). In: Tucholsky, Kurt: Gesammelt Werke. Hrsg.<br />

von M. Gold-Tucholsky u. F. J. Raddatz. Bd. 3. Hamburg 1975, S. 394 f. Über <strong>de</strong>n Fechenbach-<br />

Prozess von 1922 war auch in <strong>de</strong>n lippischen Zeitungen berichtet wor<strong>de</strong>n, vgl. z. B. Lippische<br />

Lan<strong>de</strong>s-Zeitung (= LZ) v. 4. Oktober 1922.<br />

2 Vermerk Heinrich Drakes v. 7. August 1945, NW Staatsarchiv Detmold L 80 Ia III 4 Nr. 4 Bd.<br />

XV Beiakte. Die Signaturen beziehen sich im Folgen<strong>de</strong>n, wenn nicht an<strong>de</strong>rs vermerkt, immer<br />

auf die Bestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Staatsarchivs Detmold.<br />

3 Erklärung Walter Heckmanns v. 17. August 1945, ebd.<br />

4 Anweisung Drakes an <strong>de</strong>n Bürgermeister in Lemgo v. 9. Oktober 1945, ebd.<br />

5 Plakat mit <strong>de</strong>m Nachruf, ebd.<br />

6 So z. B. an <strong>de</strong>r Ge<strong>de</strong>nkstun<strong>de</strong> am neuen Ehrenmal für Wilhelm Gräfer im April 1949, vgl. Freie<br />

Presse v. 3. April 1949, zitiert in: Wiese, Joseph: Lemgo in schwerer Zeit. Lemgo 1950, S. 31 ff.<br />

7 Vgl. Wilhelm Süverns Text für die von Max Staercke geplante Lippische Biographie aus <strong>de</strong>m<br />

Jahr 1947, Staatsarchiv D 72 Staercke Nr. 273. Süvern erwähnt darin auch, dass schon am<br />

Jahrestag von Gräfers Tod eine Straße nach ihm benannt wur<strong>de</strong>. Zu <strong>de</strong>n weiteren Ehrungen<br />

vgl. die Zeitschriftenausschnittsammlung zu Gräfer in <strong>de</strong>r Lippischen Lan<strong>de</strong>sbibliothek (L<br />

2700).<br />

8 Vgl. Lissmann.: Der Wi<strong>de</strong>rstandskämpfer, <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n <strong>de</strong>portieren half. In: päd. extra Jg. 7, H.<br />

8, 1982, S. 40-43.<br />

9 Bauerkämper, Arnd; Freitag, Werner und Tegt, Rainer: Die Stellung <strong>de</strong>s Bürgermeisters im<br />

Nationalsozialistischen Staat – Wilhelm Gräfer in Lemgo: Eine Fallstudie. In: Lippische Mitteilungen<br />

51, 1982, S. 211-239; Dies.: Wilhelm Gräfer in Lemgo. Eine Fallstudie zur Stellung<br />

<strong>de</strong>s Bürgermeisters im Nationalsozialismus. In: Emer, Wolfgang; Horst, Uwe; Schuler-Jung,<br />

Helga (Hrsg.): Provinz unterm Hakenkreuz. Diktatur und Wi<strong>de</strong>rstand in Ostwestfalen-Lippe.<br />

Bielefeld 1984, S. 101-124; zur Beurteilung Gräfers vgl. jetzt Pohlmann, Klaus und Pohlmann,<br />

Hanne: Kontinuität und Bruch. Nationalsozialismus und die Kleinstadt Lemgo. Bielefeld 1990<br />

(Forum Lemgo Bd. 5), S. 93 ff, S. 189 f.<br />

10 Staercke, Max: Der Mord an Felix Fechenbach. In: Berliner Zeitung, Hrsg. im Auftrag <strong>de</strong>s Magistrats<br />

<strong>de</strong>r Stadt Berlin, v. 7. August 1945, vgl. das Exemplar in: Staasarchiv Detmold D 72<br />

Staercke Nr. 586. Staercke befand sich zu diesem Zeitpunkt in Berlin. Dort hatte er nach <strong>de</strong>m<br />

Verlust <strong>de</strong>r „Lippischen Lan<strong>de</strong>s-Zeitung“ im Jahr 1936 einen neuen Verlag, <strong>de</strong>n Maximilian-Verlag,<br />

gegrün<strong>de</strong>t. Mit einer ganzen Serie von Artikeln über lippische Opfer <strong>de</strong>s Nationalsozialismus<br />

bereitete er offensichtlich seine Rückkehr in die Politik vor. Schon am 15. Juli<br />

1945 veröffentlichte er in <strong>de</strong>r sozial<strong>de</strong>mokratischen Zeitung „Das Volk“ einen Artikel über die<br />

Grün<strong>de</strong>, die zum Selbstmord <strong>de</strong>s Detmol<strong>de</strong>r Bürgermeisters Peters im Jahr 1933 geführt hatten.<br />

Der Artikel en<strong>de</strong>te mit <strong>de</strong>r Bemerkung: „Es erscheint mir wichtig, beim Wie<strong>de</strong>raufbau<br />

eines neuen Gemeinschaftslebens <strong>de</strong>n Faschismus als Begriff und Form und auch in seinen<br />

brutalen Einzelerscheinungen nicht zu vergessen“, Staercke, Max: Der mutige Oberbürgermeister<br />

von Detmold. Eine Erinnerung. In: Das Volk. Tageszeitung <strong>de</strong>r sozial<strong>de</strong>mokratischen<br />

Partei Deutschlands v. 15. Juli 1945, vgl. das Exemplar in: Staasarchiv Detmold D 72 Staercke<br />

Nr. 586. Ein Artikel über <strong>de</strong>n kommunistischen Wi<strong>de</strong>rstandskämpfer Willi Langenberg, Staercke<br />

nennt ihn fälschlich Langemann und kommt auch mit <strong>de</strong>r Chronologie durcheinan<strong>de</strong>r,<br />

wur<strong>de</strong> allerdings nicht gedruckt, Staercke, Max: Räuberromantik um Langemann, Staasarchiv<br />

Detmold D 72 Staercke Nr. 583. Staercke hat dann in Lippe, wohin er zurückkehrte,<br />

in Geschäft und Politik nicht mehr viel Erfolg gehabt. Die Britische Militärregierung untersagte<br />

ihm 1946, einen führen<strong>de</strong>n Posten in <strong>de</strong>r FDP einzunehmen und verweigerte ihm eine<br />

Zeitungslizenz, Staasarchiv Detmold D 72 Staercke Nr. 9, D 70 Nr. 57. Er initiierte 1948 eine<br />

Ge<strong>de</strong>nkveranstaltung für die ermor<strong>de</strong>ten lippischen Ju<strong>de</strong>n und arbeitete einige Jahre an ei-<br />

108


nem Ge<strong>de</strong>nkbuch, vgl. Staasarchiv Detmold D 72 Staercke Nr. 18. Er setzte sich aber auch für<br />

die Rehabilitierung von Alfred Hugenberg, vgl. D 72 Staercke Nr. 59, und <strong>de</strong>r Witwe <strong>de</strong>s NS-<br />

DAP-Gauleiters von Westfalen-Nord, Alfred Meyer, ein, wobei er sehr eng mit Arno Schrö<strong>de</strong>r<br />

und <strong>de</strong>m „lieben“ August Prüßner (Leiter <strong>de</strong>s NSDAP-Kreises Lemgo] zusammenarbeitete,<br />

vgl. Staasarchiv Detmold D 72 Staercke Nr. 75. August Prüßner, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r Beschlagnahme<br />

<strong>de</strong>s „Volksblatt“-Gebäu<strong>de</strong>s in Detmold, Wall 9, im Jahr 1933 dort nicht nur als „Schriftleiter“<br />

<strong>de</strong>r „Lippischen Staats-Zeitung“ fungierte, son<strong>de</strong>rn auch in Fechenbachs Redaktionsräumen<br />

die Kreisleitung Lemgo <strong>de</strong>r NSDAP etabliert hatte, wohnte zum Zeitpunkt dieser Aktivitäten<br />

noch immer im Haus Wall 9, das noch nicht „zurückerstattet“ wor<strong>de</strong>n war, vgl. dazu die Akte<br />

<strong>de</strong>s Amts für gesperrte Vermögen Staasarchiv Detmold D 27 BA 61//21/2422 sowie die Rückerstattungsakte<br />

SPD/ Volksblatt GmbH gegen Gebhardt, Staasarchiv Detmold D 20 B Rü Nr.<br />

16/49.<br />

11 Vermerk <strong>de</strong>s Staatsanwalts Richter v. 6. Mai 1963, Staasarchiv Detmold D 21 C 20/78 Nr. l, S.<br />

134 ff.<br />

12 Protokoll <strong>de</strong>s 2. Verhandlungstages am 29. Januar 1969, Staasarchiv Detmold D 21 C 24/84 Nr.<br />

30 Bd. IV, S. 531 v. ff.<br />

13 „Es waren damals bei uns schon 5 o<strong>de</strong>r 6 Selbstmor<strong>de</strong> vorgekommen, darunter war sogar<br />

mein eigener Sohn. (…) Die Selbstmor<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n wahrscheinlich damals begangen, weil diese<br />

Menschen <strong>de</strong>n Terror fürchteten“, ebd., S. 532. Zu <strong>de</strong>n Spekulationen über <strong>de</strong>n Tod von<br />

Drakes Sohn vgl. Rombeck-Jaschinski, Ursula: Heinrich Drake und Lippe. Düsseldorf 1984, S.<br />

160 f.<br />

14 Irma Fechenbach an <strong>de</strong>n Regierungspräsi<strong>de</strong>nten in Detmold v. 2. August 1954, Staasarchiv<br />

Detmold D 1 Nr. 12759. Dieser Briefwechsel ist nicht erhalten. Irma Fechenbach kommt nur<br />

in einer Randbemerkung Drakes auf einer beglaubigten Abschrift <strong>de</strong>s Sterbeeintrags Felix Fechenbachs<br />

durch das Stan<strong>de</strong>samt Scherfe<strong>de</strong> vor: „Frau Fechenbach (…) auf ihren Wunsch<br />

21.3.47 übersandt“, Staatsarchiv Detmold L 80 la 114 Nr. 2 Bd. IV (746).<br />

15 Schueler, Hermann: Auf <strong>de</strong>r Flucht erschossen. Felix Fechenbach 1894-1933. Köln 1981, S. 224;<br />

Steinbach, Peter: „Das Schicksal hat bestimmt, dass ich hierbleibe“. Zur Erinnerung an Felix<br />

Fechenbach (1894-1933). Mit <strong>de</strong>r Zusammenstellung <strong>de</strong>r Artikel von „Nazi-Jüsken“. Berlin<br />

1983.<br />

16 Vgl. die ausführliche Analyse <strong>de</strong>r „Volksblatt“-Linie nach <strong>de</strong>r Septemberwahl 1930 bei Hemkemeier,<br />

Reinhard: Bereit sein ist alles. Die ostwestfälisch-lippische Sozial<strong>de</strong>mokratie im Kampf<br />

gegen <strong>de</strong>n Faschismus 1929-1933. Hamburg 1987, S. 100 ff.<br />

17 Hemkemeier, Die ostwestfälisch-lippische Sozial<strong>de</strong>mokratie, S. 86 ff.<br />

18 Staasarchiv Detmold D 72.<br />

19 Vgl. die durch die Nationalsozialisten 1933 beschlagnahmten Prozessunterlagen Fechenbachs,<br />

Staasarchiv Detmold L 113 Nr. 1289.<br />

20 Rombeck-Jaschinski, Heinrich Drake, S. 169 ff.<br />

21 Irma Fechenbach an Eva Aufhäuser v. 15. Mai 1933, im Besitz von Lotti Fechenbach, Zürich.<br />

22 Heinrich Drake an Emil Feldmann v. 23. Juni 1933, Nachlass Emil Feldmann, zitiert in: Rauchschwalbe,<br />

Karl: Geschichte <strong>de</strong>r lippischen Sozial<strong>de</strong>mokratie. Bielefeld 1979, S. 286 f. Zur Einschätzung<br />

<strong>de</strong>s Vorgangs vgl. Rombeck-Jaschinski, Heinrich Drake, S. 178.<br />

23 Belege und Erörterung dieses Dokuments bei Rombeck-Jaschinski, Heinrich Drake, S. 179 ff.<br />

24 Heinrich Drake an Irma Fechenbach v. 21. April 1933, Archiv <strong>de</strong>r Sozialen Demokratie, Bonn-<br />

Bad Go<strong>de</strong>sberg, Nachlass Fechenbach III Nr. 68. Der Brief ist im Faksimile abgedruckt in:<br />

Wehrmann, Volker: Heinrich Drake 1881-1970. Sein Leben in Bil<strong>de</strong>rn und Dokumenten. Detmold<br />

1981, S. 217, dort auch eine Umschrift (mit Lesefehlern).<br />

25 Zum Begriff und zur Sache vgl. Lösche, Peter und Walter, Franz: Zur Organisationskultur <strong>de</strong>r<br />

sozial<strong>de</strong>mokratischen Arbeiterbewegung in <strong>de</strong>r Weimarer Republik. Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>r Klassenkultur<br />

o<strong>de</strong>r solidargemeinschaftlicher Höhepunkt? In: Geschichte und Gesellschaft Bd. 15,<br />

1989, S. 511-536.<br />

26 Vgl. Allen, William Sheridan: Die sozial<strong>de</strong>mokratische Untergrundbewegung: Zur Kontinuität<br />

<strong>de</strong>r subkulturellen Werte. In: Schmä<strong>de</strong>cke, Jürgen und Steinbach, Peter (Hrsg.): Der Wi<strong>de</strong>rstand<br />

gegen <strong>de</strong>n Nationalsozialismus. Die <strong>de</strong>utsche Gesellschaft und <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand gegen<br />

109


Hitler. München 1985, S. 849-866. Allen hat die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s sozial<strong>de</strong>mokratischen Verhaltens<br />

sehr aufschlussreich beschrieben. Unglücklich erscheint aber <strong>de</strong>r gewählte Begriff<br />

„Untergrundbewegung“, <strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstandsbewegungen in <strong>de</strong>n besetzten<br />

Län<strong>de</strong>rn im Deutschen etwas an<strong>de</strong>res be<strong>de</strong>utet. Eine genaue Untersuchung <strong>de</strong>r Verfolgung<br />

und <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstands <strong>de</strong>r lippischen Sozial<strong>de</strong>mokraten steht noch aus. Zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />

<strong>de</strong>r lippischen Kommunisten vgl. jetzt Hartmann, Jürgen: Zur Geschichte <strong>de</strong>r KPD und<br />

zum kommunistischen Wi<strong>de</strong>rstand in Lippe (1920 bis 1945). In: Lippische Mitteilungen Bd.<br />

62, 1993, S. 199-251.<br />

27 Vgl. die Briefe an Irma Fechenbach von Ella Mellies v. 11. Mai 1933, von Emil Feldmann v. 10.<br />

Juni 1933, von August und Erna Berlin v. 1. August 1933 sowie von Wilhelm und Ella Mellies<br />

v. 9. August 1933, Archiv <strong>de</strong>r Sozialen Demokratie, Bonn-Bad Go<strong>de</strong>sberg, Nachlass Fechenbach<br />

III Nr. 59-62.<br />

28 Vgl. August Pollmanns kurzen Bericht darüber in: „Freie Presse“ (= FP), Ausgabe Detmold,<br />

v. 28. August 1946. Zu August Pollmann vgl. die Nachrufe in: FP v. 7. April 1953 u. v. 1. Mai<br />

1953. Er war es wohl auch, <strong>de</strong>r Irma Fechenbach die Spen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r politischen Freun<strong>de</strong> in<br />

Lippe übergeben hat, von <strong>de</strong>nen August Berlin in einem Interview mit Studienreferendaren<br />

und Schülern 1980 gesprochen hat, vgl. R. Blomenkamp, Bielefeld, Interview mit August Berlin<br />

am 24. Oktober 1980, Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 39. Und doch hat es auch Unstimmigkeiten<br />

gegeben, wie <strong>de</strong>r Brief von Willi Scheuß an Irma Fechenbach v. 18. November<br />

1933 zeigt, ohne dass klar wür<strong>de</strong>, worum es ging. Scheuß sprach von einer Angelegenheit, bei<br />

<strong>de</strong>r sämtliche Beschlüsse einstimmig gewesen seien. Aber er sei nicht nachtragend, vgl. Willi<br />

Scheuß an Irma Fechenbach v. 18. November 1933, Kopie aus <strong>de</strong>m Archiv <strong>de</strong>r sozialen Demokratie<br />

in: Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 3 Januar 1983 hat Willi Scheuß diesen Brief<br />

in einem Brief an Karl Rauchschwalbe zu erläutern versucht. Worum es bei <strong>de</strong>m Streit ging,<br />

ist auch daraus nicht ersichtlich. Aber er schil<strong>de</strong>rt, welche umständlichen Vorkehrungen beim<br />

Versen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Briefe getroffen wur<strong>de</strong>n, vgl. Willi Scheuß an Karl Rauchschwalbe v. 13./14. Juli<br />

1983, Staatsarchiv Detmold D 72 Rauchschwalbe (unverz.), Akte „Historische Kommission“.<br />

29 Willi Scheuß an Karl Rauchschwalbe., ebd.<br />

30 Fechenbach, Felix: Mein Herz schlägt weiter. Briefe aus <strong>de</strong>r Schutzhaft von Felix Fechenbach.<br />

St. Gallen 1936.<br />

31 Victor, Walther (Hrsg.): Das Felix Fechenbach Buch. Herausgegeben zu seinem Ge<strong>de</strong>nken. Arbon<br />

1936, S. 430 f.<br />

32 Willi Scheuß an Karl Rauchschwalbe v. 13./14. Juli 1983, Staasarchiv Detmold D 72 Rauchschwalbe<br />

(unverz.), Akte „Historische Kommission“. Dem Staatsarchiv wur<strong>de</strong> erst kürzlich ein<br />

Originalfoto <strong>de</strong>s Grabes aus <strong>de</strong>m Besitz <strong>de</strong>s Eichholzer Sozial<strong>de</strong>mokraten August Grote übergeben,<br />

Staatsarchiv Detmold D 75 Nr. 6756.<br />

33 Mellies, Wilhelm: Vor zwanzig Jahren. In: FP v. 8. August 1953.<br />

34 Staasarchiv Detmold D 21 C 20/78 Nr. 1 Bd. I, S. 28.<br />

35 Aussage von Albrecht und Pauline Kruel vor <strong>de</strong>r Kriminalpolizei in Lage v. 30. Januar 1969,<br />

Staasarchiv Detmold D 21 C 24/84 Nr. 30 Bd. IV, S. 552-562.<br />

36 Aussage von Meta Ulmke vor <strong>de</strong>r Kriminalpolizei Detmold v. 11. Mai 1948, Staasarchiv Detmold<br />

D 21 C 118/93, S. 134.<br />

37 Aussage von Franz Har<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>r Kriminalpolizei Detmold v. 7. Mai 1948, S. 110-111, ebd.<br />

38 Anzeige <strong>de</strong>s Polizeimeisters Brand v. 15. September 1946, S. 44, ebd.<br />

39 Hans Sprenger an die Staatsanwaltschaft Pa<strong>de</strong>rborn vom 2. Februar 1969, Staasarchiv Detmold<br />

D 21 C 24/84 Nr. 30 Bd. IV, S. 603.<br />

40 Vgl. die Kopien <strong>de</strong>r Vorgänge in Staatsarchiv Detmold D 21 C 20/78 Nr. 1 Bd. I, S. 18 ff.<br />

41 So wird Emil Feldmann im Urteil gegen Paul Wiese v. 26. Oktober 1948 zitiert, Staatsarchiv<br />

Detmold D 21 C Zug. 118/93, S. 358; vgl. auch die gleichlauten<strong>de</strong>n Aussagen von Willi Rubach<br />

und Wilhelm Ehrmann, ebd., S. 226, S. 288.<br />

42 Paul Wiese: 25. Oktober 1933 Einstellung als Kraftfahrer bei <strong>de</strong>r Lippischen Lan<strong>de</strong>sregierung,<br />

1934 Bote bei <strong>de</strong>r Katasterverwaltung, 1937 Amtsgehilfe, 1938 Kanzleiassistent, vgl. die Personalakte<br />

D 99 Nr. 1173. Die Personalakte beginnt übrigens mit einem Bericht <strong>de</strong>s SS-Truppführers<br />

Joseph Stroop, <strong>de</strong>s Führers <strong>de</strong>s V. Sturmbanns <strong>de</strong>r 19. SS-Standarte, v. 25. Okto-<br />

110


er 1933 an Staatsminister Riecke: „Den SS-Scharführer Wiese habe ich beauftragt, sich um<br />

4 Uhr nachmittags zum Dienstantritt zu mel<strong>de</strong>n“. Fritz Grüttemeyer: 15. August 1933 Beför<strong>de</strong>rung<br />

zum SA-Sturmbannführer, 1937 SA-Standartenführer, 1934 Leiter <strong>de</strong>s Sozialamts <strong>de</strong>r<br />

DAF, ab 1934 Ratsherr <strong>de</strong>r Stadt Detmold, Angaben nach <strong>de</strong>m Personalfragebogen im Document<br />

Center, Berlin, vgl. jetzt auch Staatsarchiv Detmold D 21 C 24/84 Nr. 30 Bd. IV. Es war<br />

<strong>de</strong>r Nebenkläger Robert W. Kempner, <strong>de</strong>r das Gericht erst auf das Document Center und die<br />

ungewöhnlichen Beför<strong>de</strong>rungen Grüttemeyers nach <strong>de</strong>m Mord aufmerksam machte, ebd., S.<br />

466. Josef Focke: Beför<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r SA, seit 1934 Mitglied im Kreisausschuss Detmold, vgl.<br />

Staatsarchiv Detmold L 113 Nr. 1197.<br />

43 FP, Ausgabe Lippe, v. 3. April 1946. Zur Geschichte <strong>de</strong>r „Freien Presse“ vgl. Buggisch, Michael:<br />

Für ein neues, besseres Deutschland. Wie<strong>de</strong>rgründung und Politik <strong>de</strong>r SPD im Bezirk Ostwestfalen-Lippe<br />

und in Bielefeld nach 1945. Hamburg 1988, S. 92 sowie die Jubiläumsausgaben<br />

v. 7. April 1956 und 2. April 1966 und 2. April 1966.<br />

44 „Felix Fechenbach zum Gedächtnis“. In: FP, Ausgabe Lippe, v. 7. August 1946.<br />

45 Protokoll <strong>de</strong>s Unterbezirksparteitags <strong>de</strong>r SPD Land Lippe v. 10. März 1946, Staasarchiv Detmold<br />

D 72 Berlin Nr. 267.<br />

46 Vgl. Groh, Dieter und Brandt, Peter: „Vaterlandslose Gesellen“. Sozial<strong>de</strong>mokratie und Nation<br />

1860-1990. München 1992, S. 234 f.<br />

47 Vgl. Grebing, Helga: Politische und soziale Probleme <strong>de</strong>r Arbeiterklasse am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 2. Weltkriegs<br />

und in <strong>de</strong>r unmittelbaren Nachkriegszeit. In: Intern. Wiss. Korrespon<strong>de</strong>nz zur Geschichte<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Arbeiterbewegung Bd. 22, 1986, S. 1-20; Buggisch, SPD, S. 183.<br />

48 Vgl. Buggisch, SPD, S. 180 ff.<br />

49 Protokoll <strong>de</strong>s Unterbezirksparteitags v. 23. Februar 1947, Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr.<br />

268. Die Diskussion hatte sich an <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s Genossen Dr. Hartwig entzün<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r seine<br />

Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r SA verschwiegen hatte. ‘<br />

50 „Auf <strong>de</strong>r Flucht erschossen“. In: Volksecho für Westfalen und Lippe (= VE) v. 9. August 1946.<br />

51 VE v. 13. September 1947.<br />

52 VE v. 27. Oktober 1948 und v. 30. Oktober 1948.<br />

53 Zum „Tag <strong>de</strong>r Opfer <strong>de</strong>s Faschismus“ vgl. FP, Ausgabe Detmold, v. 17. September 1947; Westfalen<br />

Zeitung/Neue Lippische Rundschau (= LR) v. 16. September 1947; FP, Ausgabe Detmold,<br />

v. 15. September 1948; zu <strong>de</strong>r Veranstaltung in Lemgo vgl. Staasarchiv Detmold D 72<br />

Staercke Nr. 18 sowie Müller, Wolfgang: Die Jüdische Gemein<strong>de</strong> Detmold in <strong>de</strong>r Nachkriegszeit<br />

in diesem Band.<br />

54 Vgl. die Re<strong>de</strong> von Hans Sprenger am 12. September 1948: „Auf eine rechte Gewissenserweckung,<br />

nicht auf Vergeltung begangenen Unrechts, sollten auch die Gedanken an einem solchen<br />

Ge<strong>de</strong>nktage gerichtet sein“, „Ge<strong>de</strong>nkfeier zum Tag <strong>de</strong>r Opfer <strong>de</strong>s Faschismus“. In: FP,<br />

Ausgabe Detmold, v. 15. September 1948.<br />

55 Max Staercke an Dr. Ulrich Walter v. 6. Juli 1948, Staasarchiv Detmold D 72 Staercke Nr. 18.<br />

56 „Fünf Jahre Zuchthaus für Mittäter Wiese“. In: LR v. 2. November 1948.<br />

57 „Das Urteil im Felix-Fechenbach-Mordprozeß“. In: FP, Ausgabe Detmold v. 30. Oktober 1948.<br />

58 Die Akten dieses Prozesses befan<strong>de</strong>n sich bis vor kurzem bei <strong>de</strong>r „Zentralstelle im Lan<strong>de</strong><br />

NRW für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen bei <strong>de</strong>m leiten<strong>de</strong>n<br />

Oberstaatsanwalt in Dortmund“, sie stehen jetzt unter <strong>de</strong>r Signatur D 21 C Zug. 118/93 im<br />

Staatsarchiv Detmold zur Verfügung. In ihnen befin<strong>de</strong>n sich auch die Protokolle <strong>de</strong>r Verhöre,<br />

die Oberregierungsrat Dr. Oppermann von <strong>de</strong>r Lippischen Lan<strong>de</strong>sregierung vom 8.-10. August<br />

1933 mit <strong>de</strong>n vier Angehörigen <strong>de</strong>s Begleitkommandos Fritz Grüttemeyer, Josef Focke,<br />

Paul Wiese und Karl Segler sowie <strong>de</strong>m Polizeiführer Wilhelm Dettmer durchgeführt hat, ebd.,<br />

S. 159-168. Die von Hermann Schueler 1973 im „Vorwärts“ geäußerte Vermutung, „daß auch<br />

nach <strong>de</strong>m Krieg die Verschleierer am Werk waren“ und im Staatsarchiv Detmold die Protokolle<br />

hätten verschwin<strong>de</strong>n lassen, Schueler, Hermann: Ein Pazifist, <strong>de</strong>r gut zuschlug. In: Vorwärts<br />

v. 23. August 1973, S. 5, stimmt also nicht.<br />

59 Vgl. Goschler, Constantin: Wie<strong>de</strong>rgutmachung. West<strong>de</strong>utschland und die Verfolgten <strong>de</strong>s Nationalsozialismus<br />

(1945-1954). München 1992, S. 217-224.<br />

111


60 „Den Toten ein Platz in unserem Herzen! Detmol<strong>de</strong>r Hel<strong>de</strong>nge<strong>de</strong>nkfeiern am Volkstrauertage“.<br />

In: LR v. 17. November 1952.<br />

61 Dazu, wie unterschiedlich diese „Stille“ <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>nauerzeit von Hermann Lübbe auf <strong>de</strong>r einen<br />

und Theodor W. Adorno, Alexan<strong>de</strong>r und Margarete Mitscherlich, Peter Steinbach, Gotthard<br />

Jasper und Lutz Niethammer auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite beurteilt wor<strong>de</strong>n ist, vgl. das knappe, aber<br />

sehr erhellen<strong>de</strong> Referat von Goschler, Wie<strong>de</strong>rgutmachung, S. 223 ff.<br />

62 Entschließung <strong>de</strong>r SPD-Konferenz, Unterbezirk Lemgo und Detmold, v. 25. April 1953, Staasarchiv<br />

Detmold D 72 Berlin Nr. 233.<br />

63 Vgl. dazu Staasarchiv Detmold D 27 A BA 61/21/2422 und Staatsarchiv Detmold D 20 B Rü<br />

l6/49.<br />

64 Mellies, Wilhelm: Vor 20 Jahren. In: FP, Ausgabe Detmold, v. 8. August 1953. Der Artikel ist nachgedruckt<br />

in: Steinbach, Peter: Das Schicksal, S. 150-152. Das Verfahren gegen Dr. Karl Segler<br />

wur<strong>de</strong> vom Landgericht Pa<strong>de</strong>rborn am 28. September 1953 aufgrund <strong>de</strong>s Gesetzes über<br />

die Straffreiheit vom 31. Dezember 1949 eingestellt, vgl. Staasarchiv Detmold D 21 C 20/78 Nr.<br />

l, S. 119.<br />

65 Vgl. Staasarchiv Detmold D 21 C 20/78 Nr. l.<br />

66 Schreiben <strong>de</strong>s Leiten<strong>de</strong>n Oberstaatsanwalts Pa<strong>de</strong>rborn an Frau Anne Pillmann, München, v.<br />

22. Dezember 1964, ebd., Bd. II, S. 292 ff.<br />

67 LR v. 9. März 1967; FP v. 9. März 1967. In <strong>de</strong>rselben Ausgabe <strong>de</strong>r FP befin<strong>de</strong>t sich eine Glosse<br />

Heinrich Drakes über das Hermanns<strong>de</strong>nkmal, in <strong>de</strong>r er u. a. voller Stolz mitteilte, wie es ihm<br />

1950 gelungen sei, die Beseitigung <strong>de</strong>r chauvinistischen Sprüche an <strong>de</strong>m Denkmal zu verhin<strong>de</strong>rn:<br />

„Gewahrt wer<strong>de</strong>n muß die Erinnerung an die Vergangenheit, und sie soll uns sicherlich<br />

immer wie<strong>de</strong>r in ernsten Formen aufleuchten. Aber wir stehen vor <strong>de</strong>r Zukunft, sind in <strong>de</strong>r<br />

Gegenwart nach <strong>de</strong>m Verlöschen <strong>de</strong>r Vergangenheit.“<br />

68 Neue Westfälische – Pa<strong>de</strong>rborner Zeitung v. 21.1. und v. 24. Januar 1969.<br />

69 LZ v. 28.1., 30.1., 4.2., 5.2., 6.2., 11. Februar 1969; LR v. 28.1., 30.1., 31.1., 1.2., 5.2., 6.2., 11. Februar<br />

1969.<br />

70 Vgl. etwa LZ v 11. Februar 1969: „lm Schwurgerichtssaal wur<strong>de</strong> ein Stück <strong>de</strong>utscher Geschichte<br />

sichtbar, in <strong>de</strong>r sich die bewegte Zeit vor und nach <strong>de</strong>r Machtübernahme durch die<br />

Nationalsozialisten im Jahre 1933 wi<strong>de</strong>rspiegelte.“<br />

71 Westfälisches Volksblatt v. 8. Februar 1969.<br />

72 Staasarchiv Detmold D 21 C 24/84 Nr. 30 Bd. IV, S. 622.<br />

73 Steinbach, Das Schicksal, S. 23.<br />

74 Staasarchiv Detmold D 21 C 24/84 Nr. 30, Bd. IV, S. 663.<br />

75 LR v. 11. Februar 1969; LZ v. 11. Februar 1969.<br />

76 Vgl. Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 324.<br />

77 Vgl. Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 338.<br />

78 Vgl. jetzt das kurze Lebensbild von Andreas Ruppert in: Staatsarchiv Detmold: Nachlass August<br />

Berlin. Findbuch. Bearbeitet von Andreas Ruppert. Detmold 1993, S. 1-5.<br />

79 August Berlin an Irma Fechenbach v. 9. Dezember 1973, Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr.<br />

31.<br />

80 Vgl. <strong>de</strong>n Vertrag zwischen <strong>de</strong>r Standortverwaltung Höxter <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr und August Berlin<br />

v. 6. November 1972 sowie die Rechnung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr v. 30. November 1972, Staasarchiv<br />

Detmold D 72 Berlin Nr. 33.<br />

81 Vgl. August Berlin an <strong>de</strong>n Ministerpräsi<strong>de</strong>nten Heinz Kühn v. 19. Juni 1973; Leiter <strong>de</strong>s Büros<br />

<strong>de</strong>s Ministerpräsi<strong>de</strong>nten an August Berlin v. 14. August 1973, ebd.<br />

82 Re<strong>de</strong> von Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Heinz Kühn, Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 30.<br />

83 Re<strong>de</strong> von Irma Fechenbach, ebd.<br />

84 Re<strong>de</strong> von Robert W. Kempner, ebd.<br />

85 August Berlin an Robert W. Kempner v. 10. September 1973, Beilage „Zu <strong>de</strong>n Presseberichten<br />

<strong>de</strong>r Tageszeitungen“, Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 31; „Mit Herzblut für die Dinge <strong>de</strong>s<br />

Gewissens Ge<strong>de</strong>nkstein für Felix Fechenbach enthüllt / Kühn: ‘Er ging Millionen voraus’“. In:<br />

LZ v. 27. August 1973. Die LR brachte am 27. August 1973 nur eine ganz kurze Notiz.<br />

112


86 Jähnes erster Entwurf für <strong>de</strong>n Text <strong>de</strong>r Tafel sprach immerhin noch von <strong>de</strong>m „jüdischen Journalisten<br />

Felix Fechenbach“ ; vgl. Hans Jähne an Gebr. Rincker, Metall- und Kunstgießerei in<br />

Sinn/Dillkreis v. 4. April 1973 (Privatbesitz). Schon 1969 hatte Jähne ein Triptychon geschaffen,<br />

das Fechenbach und seinen Mör<strong>de</strong>r Grüttemeyer zeigt. Die Fe<strong>de</strong>rzeichnungen befin<strong>de</strong>n sich<br />

jetzt im Kupferstichkabinett Dres<strong>de</strong>n. Nach Fotonegativen, die Hans Jähne großzügigerweise<br />

zur Verfügung stellte, fertigte das Staatsarchiv Detmold Abzüge für die Fechenbach-Ausstellung<br />

vom 29.1.-11. März 1994, Staatsarchiv Detmold D 75 Nr. 7949.<br />

87 Vgl. die Sammlung von Zeitungsartikeln beim SPD-Stadtverband Warburg. Auch die Ausstellung<br />

„Mein Herz schlägt weiter. Felix Fechenbach 1894-1933“, die im August 1993 in Warburg,<br />

im Dezember 1993 in Kleinenberg und vom 29.1.-11. März 1994, ergänzt durch Original-<br />

Exponate, im Staatsarchiv Detmold gezeigt wur<strong>de</strong>, ist <strong>de</strong>r Initiative <strong>de</strong>r Warburger Sozial<strong>de</strong>mokraten<br />

zu verdanken; vgl. Heistermann, Dieter (Hrsg.): Felix Fechenbach – ein Leben für<br />

die Freiheit. Warburg 1993.<br />

88 Re<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s SPD-Unterbezirks Lippe Erhard Mahne v. 5. August 1978, Staasarchiv<br />

Detmold D 72 Berlin Nr. 35.<br />

89 Vgl. [Sch., H.]: „Felix-Fechenbach-Ge<strong>de</strong>nken“. In: Oerlinghausen heute, Jg. 3, Nr. 5, Sept. 1973,<br />

S. 1.<br />

90 Schmautzer, Dirk: Denkmal im Nebenberuf. Beiträge zu Straßennamen in Essen. Körber-Stiftung<br />

Hamburg 1993, Nr. 930568 .<br />

91 Notiz in <strong>de</strong>r LZ v. 25. Juli 1973.<br />

92 „Der Anregung ‚von links‘ bedurfte es nicht:“ In: LZ v. 2. Oktober 1973 .<br />

93 Hans Jähne an Bürgermeister und Rat <strong>de</strong>r Stadt Detmold v. 17. März 1970, Staasarchiv Detmold<br />

D 72 Berlin Nr. 31, Bei <strong>de</strong>r Stadt war <strong>de</strong>r Brief Jähnes schlicht verlorengegangen, und<br />

August Berlin hatte die erhaltene Durchschrift <strong>de</strong>s Briefes erneut an die Stadt geschickt; vgl.<br />

Bürgermeister Vogt an Hans Jähne v. 20. Juli 1973 (Privatbesitz).<br />

94 Vgl. Aktennotiz <strong>de</strong>s Bürgermeisters v. 31. Januar 1973, Stadt Detmold, Bauplanungsamt 61<br />

/02. Martha Bierhake an die Stadt Detmold v. 21.9. u. 27. September 1973 sowie Otto Franzmeier<br />

an die Stadt Detmold v. 21. September 1973.<br />

95 Vermerk v. 20. September 1974, ebd.<br />

96 Beschluss <strong>de</strong>s Bau- und Planungsausschusses v. 15. Oktober 1974, ebd.<br />

97 Jungsozialisten in <strong>de</strong>r SPD – Gruppe Detmold an <strong>de</strong>n Rat <strong>de</strong>r Stadt v. 22. November 1985,<br />

ebd.<br />

98 Stadtjugendring Detmold an <strong>de</strong>n Rat <strong>de</strong>r Stadt v. 23. Februar 1986, ebd.<br />

99 Richard Müller-Dombois an <strong>de</strong>n Stadtdirektor v. 20. August 1986, ebd.<br />

100 Vgl. Staatsarchiv Detmold an Bauverwaltungsamt v. 10. April 1986, ebd.<br />

101 Protokoll <strong>de</strong>s Bauausschusses v. 15. Juli 1986, ebd.<br />

102 Protokoll <strong>de</strong>r Ratssitzung v. 23. Oktober 1986, ebd.<br />

103 LZ v. 24. Oktober 1986.<br />

104 „Juso-Antrag erfolgreich“. In Detmol<strong>de</strong>r Neue Presse, Nov./Dez. 1986; „Die Sache mit <strong>de</strong>m<br />

Namen. Weweler contra Fechenbach“. In: „Die Wage“ 9/87, S. 9.<br />

105 Vgl. Anm. 30 u. 31.<br />

106 Victor, Walther: „Auf <strong>de</strong>r Flucht erschossen”. Zum An<strong>de</strong>nken an Felix Fechenbach. In: Aufbau<br />

4, 1948, H. 8, S. 705 ff, Abschrift in: Staasarchiv Detmold D 21 C Zug. 118/93, S. 412 ff.; Ders.:<br />

Köpfe und Herzen. Begegnungen mit Zeit und Zeitgenossen. Weimar 1949, S. 116-133; Ders.:<br />

… es kommt aber darauf an, sie zu verän<strong>de</strong>rn. Weimar 1962, S. 184-204.<br />

107 August Berlin besaß nach <strong>de</strong>m Krieg die bei<strong>de</strong>n Fechenbach-Bücher von 1936 und hütete sie<br />

wie seinen Augapfel: „Ich hab’s! Das gebe ich nicht aus <strong>de</strong>r Hand. Wenn jemand darin lesen<br />

will, dann muss er zu mir kommen und in meinem Zimmer darin lesen“, Interview mit August<br />

Berlin v. 24. Oktober 1980, Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 39. Trotz intensiver Bemühungen<br />

in enger Zusammenarbeit mit Lotti Fechenbach in Zürich gelang es ihm in <strong>de</strong>n 70er<br />

Jahren nicht, eine Institution für die Neuauflage <strong>de</strong>s Fechenbach-Buches von 1936, das durch<br />

Dokumente aus neuerer Zeit ergänzt wer<strong>de</strong>n sollte, zu gewinnen, vgl. <strong>de</strong>n Schriftwechsel in<br />

Staatsarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 37.<br />

108 Jungsozialisten in <strong>de</strong>r SPD, Unterbezirk Lippe (Hrsg.): Felix Fechenbach. o.0.1980.<br />

113


109 Schueler, Hermann: Felix Fechenbach 1894-1933. Die Entwicklung eines republikanischen<br />

Journalisten. Phil. Diss. Bonn 1980.<br />

110 Schueler, Hermann: Auf <strong>de</strong>r Flucht erschossen. Felix Fechenbach 1894-1933. Köln 1981.<br />

111 Steinbach, Peter: „Das Schicksal hat bestimmt, daß ich hierbleibe”. Zur Erinnerung an Felix<br />

Fechenbach (1894-1933). Berlin 1983.<br />

112 Fechenbach, Felix: Mein Herz schlägt weiter. Briefe aus <strong>de</strong>r Schutzhaft. Mit einem Nachwort<br />

von Peter Steinbach. Passau 1987.<br />

113 „…auf <strong>de</strong>r Flucht erschossen.“ Felix Fechenbach 1894-1933. WDR 1989.<br />

114 Berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Schulen an das Schulverwaltungsamt <strong>de</strong>s Kreises Lippe v. 30. Mai 1986, Felix-<br />

Fechenbach-Schule, Akte Nr. 10-04.<br />

115 Vgl. Felix-Fechenbach-Schule, Akte „Feierstun<strong>de</strong> am 7. Mai 1988“.<br />

116 Schueler, Hermann: Fechenbach und wir. Vortrag zur Feier <strong>de</strong>r Namensgebung für die Felix-<br />

Fechenbach-Schule am 7. Mai 1988, ebd.<br />

117 Pan<strong>de</strong>l, Hans-Jürgen: Geschichtsbewusstsein. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht<br />

11, 1993, S. 725-729.<br />

118 Giordano, Ralph: Die zweite Schuld o<strong>de</strong>r Von <strong>de</strong>r Last Deutscher zu sein. Hamburg 1987.<br />

119 Vgl. etwa Backes, Uwe; Jesse, Eckhard und Zitelmann, Rainer (Hrsg.): Die Schatten <strong>de</strong>r Vergangenheit.<br />

Impulse zur Historisierung <strong>de</strong>s Nationalsozialismus. Frankfurt/M., Berlin 1990;<br />

Hoffmann, Christa: Stun<strong>de</strong>n Null? Vergangenheitsbewältigung in Deutschland 1945 und<br />

1989. Bonn, Berlin 1992; Kittel, Manfred: Die Legen<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r „Zweiten Schuld“. Vergangenheitsbewältigung<br />

in <strong>de</strong>r Ära A<strong>de</strong>nauer. Berlin, Frankfurt/M. 1993.<br />

120 Zum Ausmaß <strong>de</strong>s Völkermords an <strong>de</strong>n lippischen Ju<strong>de</strong>n vgl. Faassen, Dina van und Hartmann,<br />

Jürgen: „…<strong>de</strong>nnoch Menschen von Gott geschaffen“ – Die jüdische Min<strong>de</strong>rheit in<br />

Lippe von <strong>de</strong>n Anfängen bis zur Vernichtung. Bielefeld 1991, S. 127-133. Mit Ausnahme <strong>de</strong>r<br />

schon erwähnten Ge<strong>de</strong>nkfeier im Jahr 1948 und <strong>de</strong>r Anbringung einiger kleiner Ge<strong>de</strong>nktafeln<br />

an <strong>de</strong>n Stellen <strong>de</strong>r zerstörten Synagogen ab 1963 begann in Lippe die Erinnerungsarbeit<br />

auch erst in <strong>de</strong>n 80er Jahren, vgl. Müller: Jüdische Gemein<strong>de</strong> Detmold in <strong>de</strong>r Nachkriegszeit<br />

in diesem Band.<br />

121 Vgl. Hartmann, Jürgen: Zur Geschichte <strong>de</strong>r KPD und zum kommunistischen Wi<strong>de</strong>rstand in<br />

Lippe (1920-1945). In: Lippische Mitteilungen Bd. 62, 1993, S. 199-251, S. 233-238.<br />

122 Bosien, Günter: Elisabeth Lange und ihr Weg. Beitrag zum Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte<br />

1993. Körber-Stiftung Hamburg Nr. 930144.<br />

Micheline Prüter-Müller: Elisabeth Lange. Eine Frau aus Detmold im Umfeld <strong>de</strong>r „Weißen<br />

Rose“, in: Nationalsozialismus in Detmold, Dokumentation eines stadtgeschichtlichen Projekts,<br />

Bielefeld 1998, S. 850ff. [Anm. d. Hg.]<br />

123 Re<strong>de</strong> von Robert W. Kempner am 25. August 1973, Staasarchiv Detmold D 72 Berlin Nr. 30.<br />

114

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