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Vertrieb

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Thomas Bonart<br />

<strong>Vertrieb</strong><br />

Skript<br />

I


Inhaltsverzeichnis<br />

Verzeichnis der Abbildungen...................................................................................... IX<br />

Verzeichnis der Abkürzungen..................................................................................... XI<br />

Verzeichnis der Variablen ..........................................................................................XII<br />

Hinweise zu den Literaturempfehlungen................................................................ XIII<br />

1 Einleitung ...................................................................................................................1<br />

1.1 Produkte 1<br />

1.2 Tausch 4<br />

1.3 Anhang: Export/Import-Statistik 11<br />

1.4 Aufgaben 12<br />

1.5 Literaturempfehlungen 12<br />

2 <strong>Vertrieb</strong> und Marketing .........................................................................................13<br />

2.1 Marketing 14<br />

2.2 Marketing in der Aufbauo rganisation 17<br />

2.3 <strong>Vertrieb</strong> 20<br />

2.4 <strong>Vertrieb</strong> und Unternehmen serfolg 25<br />

2.5 Nutzwert- und Kosten-Wi rksamkeitsanalyse 33<br />

2.6 Anhang: Bewertung und G ewichtung 41<br />

2.7 Aufgaben 43<br />

2.8 Literaturempfehlungen 44<br />

3 <strong>Vertrieb</strong> und Wettbewerb.......................................................................................45<br />

3.1 Substitutionalität und Vert riebsleistung 45<br />

3.1.1 Substitutionalität und Produkthierarchien 48<br />

3.1.2 Substitutionalität und Kreuzpreiselastizitäten 51<br />

3.1.3 Stochastische Analyse der Substitutionalität 53<br />

3.2 Differenzierung der Vertri ebsstrategien 61<br />

3.2.1 Theorie der Marktsegmente 61<br />

3.2.2 Praktische Anforderungen an die Marktsegmentierung 65<br />

3.3 Anhang: Teststatistik 68<br />

3.3.1 Hypothesen H 0 und H 1 68<br />

3.3.2 Verteilungsfunktion 70<br />

3.3.3 Annahme- und Ablehnungsbereich beim einseitigen Z-Test 75<br />

3.4 Aufgaben 76<br />

3.5 Literaturempfehlungen 77<br />

4 Der Verkauf .............................................................................................................78<br />

4.1 Das Totalmodell 79<br />

4.1.1 Verhalten des individuellen Einkäufers 79<br />

4.1.2 Der institutionelle Ansatz 89<br />

4.2 Partialmodelle 90<br />

4.3 Verkäufer 91<br />

4.4 Das Verkaufsgespräch 94<br />

VII


4.5 Der Innendienst 104<br />

4.6 Bindungen und Behinderu ngen von Händlern 105<br />

4.7 Das kollektive Marktverh alten 113<br />

4.8 Horizontale Behinderunge n 117<br />

4.9 Aufgaben 120<br />

4.10 Literaturempfehlungen 121<br />

5 Auslandsvertrieb ...................................................................................................122<br />

5.1 Formen des Auslandsenga gements 122<br />

5.1.1 Export und Import 122<br />

5.1.2 Vom Export zu Direktinvestitionen 126<br />

5.2 Währungskurse und Währ ungsrisiko 129<br />

5.2.1 Wechselkurse 129<br />

5.2.2 Kaufkraftparitäten 135<br />

5.2.3 Backward Bending der De visenangebotskurve 137<br />

5.2.4 Absicherung von Wechse lkursrisiken 140<br />

5.2.5 Zahlungsbilanz 143<br />

5.3 Grundordnung des interna tionalen Handels 146<br />

5.3.1 Internationale Kostenvort eile und effiziente Allokation 146<br />

5.3.2 Die Ordnung des GATT 152<br />

5.3.2.1 Grundsätze 154<br />

5.3.2.2 Die Uruguay-Runde 165<br />

5.4 Aufgaben 168<br />

5.5 Literaturempfehlungen 170<br />

6 Internationale Distribution...................................................................................172<br />

6.1 Internationale Absatzkanä le 172<br />

6.2 Beispiel eines Exportgesc häftes 180<br />

6.3 Auftragsabwicklung und A uftragsmanagement 184<br />

6.4 INCO-Terms und Preiskalkulation 189<br />

6.5 Die Transportversicherung 193<br />

6.6 Internationale Logistik un d Containerverkehr 199<br />

6.7 Gefahrguttransporte 206<br />

6.8 Dislozierung von Ausland sstandorten 211<br />

6.8.1 Direktinvestitionsentscheidung 211<br />

6.8.2 Länderrisiken und Kapital wert 216<br />

6.8.3 Synergie und Kapitalwert 219<br />

6.9 Aufgaben 222<br />

6.10 Literaturempfehlungen 225<br />

7 Stichwortverzeichnis .............................................................................................227<br />

VIII


Verzeichnis der Abbildungen<br />

Abb. 1: Stoffkreislauf .................................5<br />

Abb. 2: Gleichgewicht auf einem<br />

Wettbewerbsmarkt.........................6<br />

Abb. 3: Effizienzsteigerung d. Produktion .7<br />

Abb. 4: Steigerung der Präferenz................7<br />

Abb. 5: Bruttosozialprodukt .......................8<br />

Abb. 6: Wachtumsraten des<br />

Bruttosozialprodukts der (alten)<br />

Bundesrepublik Deutschland .........9<br />

Abb. 7: Anbieter- und Nachfragermärkte ...9<br />

Abb. 8: Kunden lenken die<br />

Unternehmensentscheidungen .....10<br />

Abb. 9: Außenhandel der Bundesrepublik<br />

Deutschland nach<br />

Produktgruppen ...........................11<br />

Abb. 10: Funktionen im<br />

Industrieunternehmen ..................13<br />

Abb. 11: Interdisziplinärer Ansatz..............15<br />

Abb. 12: Strategisches Dreieck...................15<br />

Abb. 13: Marketingplanung........................16<br />

Abb. 14: Marketing.....................................17<br />

Abb. 15: Marketing als<br />

Absatzvorbereitung......................18<br />

Abb. 16: Funktionsorientierte Organisation19<br />

Abb. 17: Spartenorganisation .....................20<br />

Abb. 18: <strong>Vertrieb</strong>........................................21<br />

Abb. 19: adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozeß............23<br />

Abb. 20: Widerspruchssystem des adaptiven,<br />

marktorientierten<br />

<strong>Vertrieb</strong>es.....................................24<br />

Abb. 21: Betroffene eines<br />

Industrieunternehmens.................26<br />

Abb. 22: Technische Ergiebigkeit als<br />

Oberziel........................................26<br />

Abb. 23: Produktionsmöglichkeitsraum<br />

eines Unternehmens mit zwei<br />

Produkten bei konstanten<br />

Ressourcen und Technologien.....27<br />

Abb. 24: „shareholder value“ als Ziel.........28<br />

Abb. 25: Erfolgsbeitrag mittels multipler<br />

Regression und Wirkung-zu-<br />

Kosten-Relation ...........................30<br />

Abb. 26: Kundenzufriedenheit als Ziel.......31<br />

Abb. 27: Kundenzufriedenheit und<br />

Anteilswert...................................32<br />

Abb. 28: Legende........................................33<br />

Abb. 29: Lineares Nutzwertmodell.............35<br />

Abb. 30: Einzelschritte einer Nutzwert- u.<br />

Kosten-Wirksamkeitsanalyse ......36<br />

Abb. 31: Gewichte und Bewertungen ........ 37<br />

Abb. 32: Ermittlung der<br />

Kostenwirksamkeiten.................. 38<br />

Abb. 33: Maßnahmen................................. 39<br />

Abb. 34: Nutzenfunktion mit linearen<br />

Indifferenzkurven........................ 41<br />

Abb. 35: Substitutionsrate und Gewichte... 42<br />

Abb. 36: Beispiele von Variablen der<br />

Unternehmensentscheidung ........ 45<br />

Abb. 37: Determinanten der<br />

Substitutionalität ......................... 47<br />

Abb. 38: Produkthierarchie und<br />

Konkurrenz.................................. 48<br />

Abb. 39: Beispiel einer Produkthierarchie . 50<br />

Abb. 40: Kreuzpreiselastizität.................... 51<br />

Abb. 41: Beispiel einer Ausgangsmatrix.... 57<br />

Abb. 42: Beispiel einer Wechselmatrix...... 57<br />

Abb. 43: Marktanteile ................................ 58<br />

Abb. 44: Beispiel zweier<br />

<strong>Vertrieb</strong>sleistungspakete ............. 62<br />

Abb. 45: Linearer Kostenverlauf................ 63<br />

Abb. 46: Gewinn bei Segmentierung ......... 63<br />

Abb. 47: Optimale Segmentanzahl............. 64<br />

Abb. 48: Segmentierungskriterien.............. 67<br />

Abb. 49: Binomialprozeß ........................... 70<br />

Abb. 50: Standardnormalverteilung und<br />

Ablehnungsbereich...................... 75<br />

Abb. 51: Totalmodell der<br />

Konsumentscheidung .................. 80<br />

Abb. 52: Kategorien der<br />

Verhaltensaktivierung ................. 80<br />

Abb. 53: Kognitive Prozesse...................... 83<br />

Abb. 54: Bedeutung von Einstellungen...... 84<br />

Abb. 55: Verbundprozesse ......................... 84<br />

Abb. 56: Involvement-Typen ..................... 85<br />

Abb. 57: Beteiligte am<br />

Kaufentscheidungsprozeß ........... 89<br />

Abb. 58: Struktur des dyadischen<br />

Interaktionssystems ..................... 94<br />

Abb. 59: Verhaltensnormen von<br />

Verkäufern................................... 95<br />

Abb. 60: Persönliche Merkmale, die ein<br />

Verkaufsgespräch erleichtern...... 97<br />

Abb. 61: Regeln für Verkaufsverhandlungen<br />

........................... 101<br />

Abb. 62: Akzeptanzgrenzen und<br />

Kompromißzonen...................... 103<br />

Abb. 63: Aufgaben des Innendienstes...... 105<br />

Abb. 64: externe Absatzorgane ................ 106<br />

IX


Abb. 65: Funktionen der Händler .............106<br />

Abb. 66: Gesetze, die den Wettbewerb<br />

sichern und stärken sollen..........107<br />

Abb. 67: Bindung, Behinderung u. vertikale<br />

Verhaltenskoordination......107<br />

Abb. 68: Ausnahmen vom Verbot der<br />

Inhaltsbindungen........................109<br />

Abb. 69: Vertikale Machtverteilung .........110<br />

Abb. 70: Vertikale Behinderungspraktiken<br />

....................................111<br />

Abb. 71: Verstoß gegen die guten Sitten<br />

§ 1 UWG....................................112<br />

Abb. 72: Empfehlungen, die keine<br />

Ordnungswidrigkeit darstellen...112<br />

Abb. 73: Kollektives Marktverhalten .......113<br />

Abb. 74: Gründe für Marktversagen mit<br />

Beispielen ..................................113<br />

Abb. 75: Gegenstand von Kartellen..........114<br />

Abb. 76: Horizontale Behinderungspraktiken<br />

....................................118<br />

Abb. 77: Importsog...................................123<br />

Abb. 78: Exportdruck ...............................124<br />

Abb. 79: Einfuhr von Erdöl und Erdgas ..124<br />

Abb. 80: Einbruch des Außenhandels<br />

um das Jahr 1980 .......................125<br />

Abb. 81: Formen des Auslandsengagements<br />

von Produzenten...126<br />

Abb. 82: Öffnungszeiten der Börsen ........130<br />

Abb. 83: Währungsmarkt..........................131<br />

Abb. 84: Entscheidungsprozeß .................133<br />

Abb. 85: Risikopräferenzen ......................134<br />

Abb. 86: Beispiele einiger Risikoarten<br />

durch Auslandsengagement .......134<br />

Abb. 87: Backward Bending.....................138<br />

Abb. 88: Importnachfrage.........................140<br />

Abb. 89: Devisenangebot..........................140<br />

Abb. 90: Ziel-Sortiment, Import und<br />

Export ........................................147<br />

Abb. 91: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Muttergesellschaft (1. Fall)..151<br />

Abb. 92: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Muttergesellschaft (2. Fall)..151<br />

Abb. 93: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Tochtergesellschaft (1. Fall) 151<br />

Abb. 94: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Tochtergesellschaft (2. Fall) 151<br />

Abb. 95: GATT-Verhandlungsrunden......154<br />

Abb. 96: Meistbegünstigung.....................155<br />

Abb. 97: Regeln gegen wichtige nichttarifäre<br />

Beschränkungen ............157<br />

Abb. 98: Dumping ....................................163<br />

Abb. 99: Indirekter und direkter<br />

Außenhandel ............................. 173<br />

Abb. 100: Räumliche Funktion des<br />

Handels...................................... 174<br />

Abb. 101: Ermittlung der ordinalen<br />

Rangfolge der Alternativen ....... 179<br />

Abb. 102: Exportkette ................................ 180<br />

Abb. 103: Funktionen des Konnossements 182<br />

Abb. 104: Merkmale der logistischen<br />

Leistung..................................... 185<br />

Abb. 105: Auftragsinvolvierte<br />

Unternehmensbereiche.............. 185<br />

Abb. 106: Kommunikationsströme im<br />

sternförmigen globalen Netz ..... 186<br />

Abb. 107: Automatische Auftragsprüfung. 187<br />

Abb. 108: Auftragsverwaltung................... 188<br />

Abb. 109: Aufträge..................................... 188<br />

Abb. 110: INCO-Terms (Auswahl)............ 190<br />

Abb. 111: Mindestpreiskalkulation............ 192<br />

Abb. 112: Kommissionsberechnung .......... 193<br />

Abb. 113: Vertragsfreiheit und<br />

Einschränkungen ....................... 194<br />

Abb. 114: Einteilung der<br />

Transportversicherungen........... 195<br />

Abb. 115: Seekaskoversicherung ............... 196<br />

Abb. 116: Cargoversicherung .................... 197<br />

Abb. 117: Bestand an Seeschiffen unter<br />

deutscher Flagge........................ 201<br />

Abb. 118: Segelliste (Auszug) ................... 202<br />

Abb. 119: Internationaler Frachtverkehr<br />

von deutschen Flughäfen .......... 203<br />

Abb. 120: Containerverkehr zwischen<br />

Deutschland und USA in TEU.. 205<br />

Abb. 121: Gesetze, Verordnungen und<br />

Empfehlungen für den<br />

Transport von Gefahrgütern...... 207<br />

Abb. 122: Gefahrgutklassen....................... 208<br />

Abb. 123: Warntafel für Butan................... 209<br />

Abb. 124: Bedeutung besonderer<br />

Ziffernfolgen ............................. 210<br />

Abb. 125: Beispiele von Warntafeln mit<br />

Kemmler-Zahl und<br />

UN-Nummer.............................. 210<br />

Abb. 126: Bausteine des Kapitalwerts ....... 213<br />

Abb. 127: Internationaler Kapitalwert ....... 213<br />

Abb. 128: Heuristischer Prozess zur<br />

internationalen Strategie............ 215<br />

Abb. 129: Risikoindex und<br />

Handlungsempfehlungen........... 218<br />

Abb. 130: Kalkulationsbeispiel.................. 223<br />

Abb. 131: Beispiel zur Kapitalwertformel . 224<br />

X


Verzeichnis der Abkürzungen<br />

ADS Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen<br />

Art. Artikel<br />

BERI business environment risk<br />

BL bill of lading<br />

BRT Bruttoregistertonnen<br />

CIF cost, insurance, freight<br />

CO 2 Kohlendioxid<br />

DDP delivered duty paid<br />

DDU delivered duty unpaid<br />

DEQ delivered ex quay<br />

DIN Deutsches Institut für Normung<br />

EFTA European Free Trade Association<br />

EG Europäische Gemeinschaft<br />

EU Europäische Union<br />

ETA estimated time of arrival<br />

ETW ex works<br />

FOB free on board<br />

GATT General Agreement on Tarifs<br />

and Trade<br />

GefGutG Gefahrgutgesetz<br />

GGV Gefahrgutverordnung<br />

GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung<br />

HGB Handelsgesetzbuch<br />

INCO International Commercial ...<br />

ISO International Organizaton for<br />

Standardization<br />

ITO International Trade Organisation<br />

J.I.T. Just-In-Time<br />

lb US-Pfund<br />

MAIS Marketinginformationssystem<br />

max Maximum<br />

min Minimum<br />

MIS Managementinformationssystem<br />

MT metrische Tonne<br />

NAFTA North-American-Free-Trade-<br />

Association<br />

OECD Organisation of Economic Cooperation<br />

and Developement<br />

poe port of entry<br />

PE Polyehtylen<br />

PP Polypropylen<br />

PVC Polyvinylchlorid<br />

Seg. Segment<br />

S-O-R Stimulus-Organism-Response<br />

S-R Stimulus-Response<br />

Stat. Statistisches ...<br />

TEU twenty-foot-equivalent-unit<br />

THC terminal handling charge<br />

TRIPS Trade-Related Aspects of Intellectual<br />

Property Rights<br />

TÜV Technischer Überwachungsverein<br />

UNO United Nations Organisation<br />

UNCTADUnited Nation Conference on<br />

Trade and Developement<br />

UWG Gesetz gegen den unlauteren<br />

Wettbewerb<br />

VAG Versicherungsaufsichtsgesetz<br />

VVG Versicherungsvertragsgesetz<br />

WIPO World Intellectual Property Organisation<br />

WTO World Trade Organisation<br />

XI


Verzeichnis der Variablen<br />

a Aktion, Maßnahme, Ausland<br />

A Anfangsauszahlung, Marke,<br />

Konstante, Staat<br />

b Binomialverteilung<br />

B Kreditbetrag, Marke, Staat<br />

c direkte Kosten pro Stück<br />

C Marke, Staat<br />

D Abschreibung, Marke<br />

DB Deckungsbeitrag<br />

E Marke, Erwartungswert<br />

d, ∆ Differenz<br />

e Elastizität<br />

e Eulersche Zahl<br />

f Inflationsrate<br />

F fixe Kosten<br />

g Gewicht<br />

GE Geldeinheit<br />

H Hypothese<br />

i Index, Ist-Wert, Inland, Diskontierungszins<br />

j Index<br />

k Stückkosten<br />

k v variable Stückkosten<br />

K Grenzkosten<br />

K Kapitalwert, Kosten, Gesamtkosten,<br />

verfügbare Mittel, Kombinationen<br />

K Kostenbudget<br />

m Merkmal<br />

n Anzahl von Stichprobenelementen,<br />

Index<br />

nˆ gemessene Anzahl von Merkmalswechslern<br />

n~ in der Stichprobe<br />

Anzahl von Merkmalswechslern<br />

in der Stichprobe, Zufallsvariable<br />

N Nutzwert, Normalverteilung<br />

p Index, Marktpreis, Mindesverkaufspreis<br />

Q Angebotsmenge<br />

r Index, Wechselkurs<br />

R Restwert<br />

s Soll-Wert, Gewinnsteuersatz<br />

S erwarteter Marktanteil<br />

σ<br />

2<br />

Varianz<br />

t Periode, Jahr<br />

T Zeithorizont, Tilgungsbeitrag<br />

U subjektiver Zielerreichungsgrad<br />

x Indikator, Importnachfragemenge<br />

x~ Zufallsvariable<br />

X Nachfragemenge, Maßnahme,<br />

Marke, Länderrisikofaktor<br />

Ye erwarteter Aktienwert<br />

z Ziel<br />

Z Menge der Ziele<br />

Z ~ standardisierte Zufallvariable<br />

Hinweise zu den Literaturempfehlungen<br />

Literaturangaben sind als Quellennachweise und zum Selbststudium jeweils an<br />

den Kapitelenden aufgeführt. Weichen die Anfangs- und Endseitenzahlen eines<br />

Artikels in einer Zeitschrift oder einem Sammelwerk von der Leseempfehlung<br />

ab, dann werden diese in eckige Klammern dem Quellennachweis angefügt.<br />

Beispiel: SUJAN, H., WEITZ, B.A., KUMAR N., Learning orientation, working<br />

smart, and effective selling, in: Journal of Marketing, Vol. 58<br />

(Juli 1994), S. 39-52 [S. 39-48].<br />

XII


1 Einleitung<br />

1.1 Produkte<br />

Der <strong>Vertrieb</strong> gliedert sich in die Funktionen des Verkaufs, der Bereitstellung<br />

und des Transports von Gütern. Wenn ein Kunde ein Erzeugnis der Industrieproduktion<br />

erwirbt, dann kauft er auch die <strong>Vertrieb</strong>sleistung mit, welche zu einer<br />

bedeutsamen Eigenschaft des Produktes wird.<br />

Beim Zusammenspiel zwischen Produktion und <strong>Vertrieb</strong> im Industrieunternehmen<br />

stoßen zwei Denkkulturen aufeinander, die nur schwer unter dem Dach einer<br />

integrierenden Unternehmensphilosophie zu vereinen sind. Auf der einen<br />

Seite steht die Vorstellung des Produktes als eine objektive stoffliche Ansammlung<br />

verschiedener Bausteine. Auf der anderen Seite sieht man das Produkt<br />

als einen subjektiven Nutzenwert.<br />

Ein Beispiel macht dieses deutlich:<br />

Der Produzent sieht in einem Schlauch aus dem Kunststoff PVC sicherlich<br />

ein „anderes Produkt“ als in einen Schlauch aus Polyester, da sich<br />

die Produktionsprozesse und verwendeten Vorprodukte vollkommen<br />

unterscheiden. Für den <strong>Vertrieb</strong> handelt es sich aber dann um das „gleiche<br />

Produkt“, wenn der industrielle Kunde zwischen dem Aussehen, der<br />

Anwendung und der Haltbarkeit nicht differenziert. Umgekehrt stellt<br />

sich ein Maschinenfett aus der Sicht des <strong>Vertrieb</strong>es als ein „anderes Produkt“<br />

dar als ein Lebensmittelfett. Wenn es sich chemisch-physikalisch<br />

aber um die gleichen Stoffe handelt, die aus der gleichen Produktionsanlage<br />

kommen, dann würde der Produzent nicht von zwei Produkten<br />

sprechen. Die Abgrenzung der Produkte ist subjektiv und zweckbezogen.<br />

Produkte können Konsumzwecken der privaten Haushalte dienen. Diese Konsumgüter<br />

werden aus Vorprodukten, sogenannten Produktionsgütern, unter<br />

Zuhilfenahme von Investitionsgütern hergestellt. Produktionsgüter sind solche,<br />

1


die im industriellen Prozeß in kurzer Zeit verbraucht werden und stofflich in andere<br />

Produkte eingehen. Investitionsgüter besitzen eine relativ lange Lebenszeit,<br />

werden als Werkzeuge im Produktionsprozeß eingesetzt und verbrauchen sich<br />

hierbei zwar wertmäßig, gehen aber nicht stofflich in die erzeugte Leistung ein.<br />

Personalcomputer beispielsweise, die wir für die Büroausstattung einer<br />

Firma der Meß- und Regeltechnik liefern, haben dort die Funktion von<br />

Investitionsgütern. Fertigt diese Firma aber Verkaufsprodukte, die unsere<br />

Geräte als Systemkomponenten enthalten (Systemmarketing), dann<br />

werden die Personalcomputer zu Produktionsgütern. Verkaufen wir die<br />

Computer hingegen an private Haushalte, sind sie Konsumgüter.<br />

Im Industriebereich unterscheiden wir Commodities und Spezialitäten:<br />

Bei „Commodities“ finden die Tauschbeziehungen in einem Umfeld<br />

mit guten und sicheren Informationen über Anwendungen, Beschaffenheiten<br />

und Preise aller im Wettbewerb zueinander stehenden Produkte<br />

statt. Die Produkte sind standardisiert, nicht erklärungsbedürftig und ihr<br />

Verkauf findet bei einer hohen Markttransparenz über Telefon und Fax<br />

statt. Nur durch niedrige Preise oder spezielle Dienstleistungen am Kunden<br />

kann ein Vorteil im Markt erlangt werden. Die Kunden können<br />

leicht zwischen den Produkten auswählen, was zu einem hohen Wettbewerb<br />

zwischen den Anbietern führt.<br />

Hiervon unterscheidet man die hinsichtlich ihrer Anwendung und Beschaffenheit<br />

erklärungsbedürftigen Spezialitäten. Produzenten können<br />

sie nur dann verkaufen, wenn Außendienstmitarbeiter den Kunden die<br />

Vorteilhaftigkeit persönlich erklären. Man vereinbart häufig längere<br />

Versuchsreihen, bevor es zu einem Verkauf kommt. Spezialitäten zeichnen<br />

sich durch zahlreiche Varianten bei geringer Markttransparenz aus.<br />

Zwischen den Anbietern herrscht ein relativ geringer Wettbewerb, da<br />

Kunden nur unter großem Aufwand (Suchkosten) oder mit einem großen<br />

Kaufrisiko von einem zum anderen Produkt wechseln können<br />

(Wechselkosten).<br />

2


Beispiel: Industrieanlagen benötigen Wärmeträgeröle, mit denen Wärme<br />

zu- oder abgeführt werden kann. Diese Öle sind langlebig und speziell<br />

auf die einzelnen Anlagen abgestimmt. Ein Wechsel der Öle ist teuer<br />

und bedarf einer genauen Recherche. Testergebnisse müssen analysiert<br />

werden. Wegen zahlreicher Varianten und der Vielzahl physikalischtechnischer<br />

Daten, die betrachtet werden müssen, ist der Markt unübersichtlich.<br />

Man versucht in der Praxis durch den besonderen Einsatz von <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen,<br />

„Commodities“ in Spezialitäten zu verwandeln, um hierdurch den Substitutionswettbewerb<br />

zu verringern. In diesem Zusammenhang erlangen Differenzierungs-,<br />

Segmentierungs- und Markenstrategien große Bedeutung.<br />

Typisch für den Industriebereich sind die folgenden <strong>Vertrieb</strong>smerkmale:<br />

• Industrieunternehmen als Kunden<br />

• Verschiedene Personen, die sich häufig nicht alle gegenseitig kennen,<br />

als Käufer, Verwender, Entscheider und Berater<br />

• Lange Kaufentscheidungsprozesse (z.B. Testreihen)<br />

• Geringe Kundenzahl (Nachfrageoligopole)<br />

• Hohe Internationalität (Abb. 9, S. 11)<br />

• Direktvertrieb<br />

• Persönliche Marktkontakte<br />

Hiervon grenzen wir den Konsumgütervertrieb ab:<br />

Konsumgüter unterscheidet man nach Lebensdauer und Funktion.<br />

Verbrauchsgüter dienen der täglichen Lebenserhaltung (Nahrung,<br />

Energie, Hygiene) und sind zur einmaligen Verwendung bestimmt. Gebrauchsgüter<br />

eignen sich für eine häufige und langfristige Anwendung.<br />

Ein weiteres Differenzierungsmerkmal liegt im Einkaufsverhalten der<br />

Konsumenten. So sind „Convenience Goods“ häufig gekaufte Güter.<br />

Die Märkte besitzen eine hohe Transparenz (z.B. Zeitungen, Seife) und<br />

Kunden zeigen nur geringe Bereitschaft zu Beschaffungsanstrengungen.<br />

3


„Shopping Goods“ stehen für weniger häufig gekaufte Güter mit mittlerer<br />

Markttransparenz. Die Bereitschaft, Beschaffungsanstrengungen<br />

auf sich zu nehmen, ist deutlich erhöht (z.B. Möbel, Schuhe). Selten gekaufte<br />

Produkte, die man in Märkten mit geringer Transparenz handelt,<br />

bezeichnen wir als „Speciality Goods“. Der Konsument investiert viel<br />

Zeit und Mühe, diese Güter zu erwerben (z.B. technische Produkte,<br />

Sammlerobjekte).<br />

Der <strong>Vertrieb</strong> von Konsumgütern weist folgende typische Merkmale auf:<br />

• Auf die Endstufe des Wirtschaftsprozesses gerichtet (private Konsumenten)<br />

• Einkaufen, Verwenden, Entscheiden und Informationsbeschaffung<br />

durch eine Person oder durch wenige, gegenseitig gut bekannte (Familien-)Mitglieder<br />

des privaten Haushalts<br />

• Kurze Kaufentscheidungsprozesse<br />

• Große Kundenzahl<br />

• <strong>Vertrieb</strong> über den Groß- und Einzelhandel (Zwischenstufen)<br />

• Auf den Binnenmarkt und viele Regionalmärkte konzentriert<br />

• Anonyme Marktkontakte zur Endstufe<br />

1.2 Tausch<br />

Am Herstellungsprozess eines Produktes sind in der Regel mehrere Unternehmen<br />

des In- und Auslandes beteiligt. Diese gewinnen Rohstoffe, arbeiten sie zu industriellen<br />

Grundstoffen um, stellen grundlegende Komponenten her, fügen diese<br />

zu Systemen zusammen, nehmen die Endmontage vor, lackieren und beschriften<br />

die Gehäuse. Ein Unternehmen können wir als ein kooperatives Entscheidungssystem<br />

verstehen. Dieses umgeben nicht-kooperative, nach den Regeln des Wettbewerbs<br />

funktionierende, globale Tauschsysteme (Märkte). Hier finden Kauf-/<br />

Verkaufs-, Ex-/Import- und Transportaktivitäten statt, wodurch die internationale<br />

Koordination der Güterströme (vgl. Abb. 1, S. 5) in quantitativer, qualitativer,<br />

räumlicher und zeitlicher Hinsicht gewährleistet wird.<br />

Die Tauschbeziehungen, die Industrieunternehmen untereinander, sowie mit<br />

Handelsunternehmen und privaten Haushalten im In- und Ausland (vgl. Abb. 9,<br />

4


S. 11) unterhalten, können wir als das wesentliche Element des <strong>Vertrieb</strong>es begreifen.<br />

Abb. 1: Stoffkreislauf<br />

Verkaufen, Bereitstellen und Transportieren sind Dienstleistungen mit der<br />

Aufgabe, den Tausch der erzeugten Sachleistungen gegen Geld zu ermöglichen<br />

und zu optimieren. Hierbei spielen die Informationsbedingungen, unter denen<br />

die Tauschhandlungen stattfinden, eine wichtige Rolle.<br />

Ein Tauschsystem mit Anbietern und Kunden eines Gutes läßt sich durch das<br />

Modell des Wettbewerbsmarktes (vgl. Abb. 2, S. 6) konzeptionell darstellen:<br />

Die Angebotsfunktion Q(p) beschreibt das Verhalten der Anbieter insgesamt:<br />

Zum Marktpreis p 1 bieten diese die Menge Q 1 an und bei p 2 die<br />

Menge Q 2 . Mit sinkendem Marktpreis sinkt das Angebot, weil Produzenten<br />

mit zu hohen Kosten aus dem Markt herausfallen und andere<br />

Hersteller ihre Produktion drosseln und ineffiziente Anlagen herunterfahren.<br />

Das Einkommen der Branche, welches man aus dem Verkauf des<br />

Produktes erzielt, sinkt, weshalb längerfristig Investitionskapital in andere,<br />

profitablere Güterproduktionen fließt.<br />

Strikt von der Angebotsfunktion trennt man die Nachfragefunktion X(p) (vgl.<br />

Abb. 2, S. 6), die das Nachfrageverhalten der Kunden beschreibt. Bei p 1 werden<br />

X 1 Einheiten des Gutes nachgefragt, bei p 2 nur X 2 Einheiten. Die Nachfrage<br />

5


nimmt bei einem sinkenden Preis zu, weil sich die Kunden mit ihrem begrenzten<br />

Budget nun mehr von dem Produkt leisten können. Außerdem werden relativ teure<br />

Güter durch das billigere substituiert. Schließlich bietet der sinkende Preis einen<br />

Anreiz zum Marktzutritt neuer Kunden.<br />

Abb. 2: Gleichgewicht auf einem Wettbewerbsmarkt<br />

Im Schnittpunkt der Kurven koordiniert der Marktpreis das Angebots- und das<br />

Nachfrageverhalten effizient. Zu dem Gleichgewichtspreis p* bieten Produzenten<br />

genau die Mengen an, die sie auch absetzen können.<br />

Es gibt zu diesen grundlegenden Gesetzmäßigkeiten des Angebots- und Nachfrageverhaltens<br />

aber Ausnahmen, wie wir an den folgenden beiden Beispielen erkennen:<br />

(1) Anbieter könnten auf einen sinkenden Preis auch mit einer Erhöhung<br />

des Angebots reagieren, um hierdurch den Gesamtumsatz zu<br />

stabilisieren.<br />

(2) Andererseits könnten Nachfrager mit hohen Preisen eine gute Qualität<br />

des Gutes verbinden. Ein sinkender Preis würde bei diesen Kunden<br />

zu einer Reduktion der Nachfrage führen.<br />

Das Angebots- und Nachfrageverhalten bei einem bestimmten Produkt unterliegt<br />

Veränderungen, die man gezielt durch einzelwirtschaftliche Entscheidungen<br />

6


herbeiführen kann. Unternehmen, die ihre knappen Ressourcen für eine Effizienzsteigerung<br />

der Produktion verwenden, können eine größere Menge des Produktes<br />

zu einem niedrigeren Marktpreis gewinnbringend verkaufen. Es kommt<br />

zu einer Rechtsverschiebung der Angebotskurve (vgl. Abb. 3, unten).<br />

Abb. 3: Effizienzsteigerung der Produktion<br />

Werden die knappen Mittel stattdessen für einen verbesserten Verkaufs-, Bereitstellungs-<br />

und Transportservice verwendet, dann verschiebt sich die Nachfragekurve<br />

nach rechts und ein neuer Gleichgewichtspunkt (vgl. Abb. 4, unten) entsteht.<br />

Abb. 4: Steigerung der Präferenz<br />

Von einem Ungleichgewicht spricht man bei den Preisen p 1 und p 2 (vgl. Abb. 2,<br />

S. 6). Hier übersteigt entweder die Nachfrage das Angebot oder umgekehrt. Un-<br />

7


ternehmen können inländische Nachfragelücken durch verstärkte Exporte ausgleichen,<br />

bzw. bei Angebotsdefiziten ihre Vorprodukte importieren.<br />

Summe der Produktionswerte (einschl. Exporte)<br />

- Summe aller Vorleistungen (einschl. Importe)<br />

= Bruttowertschöpfung<br />

+ Nichtabzugsfähige Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer)<br />

+ Einfuhrabgaben (Zölle)<br />

= Bruttoinlandsprodukt<br />

+ Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen<br />

zwischen Inländern und der übrigen Welt<br />

= Bruttosozialprodukt<br />

Abb. 5: Bruttosozialprodukt<br />

Ungleichgewichtszustände könne sehr lange andauern. Für die Märkte der Bundesrepublik<br />

gilt, daß bis etwa zur Mitte der 60-er Jahre ein allgemeiner Nachfrageüberhang<br />

bestand. Diese Phase kam in der Rezession der Jahre 1967/68 zu einem<br />

Ende.<br />

In den folgenden Jahrzehnten erlebte die Wirtschaft verstärkt das Phänomen eines<br />

Angebotüberhanges. Die Gesamtnachfrage zieht nicht mehr in dem Maße<br />

die Wirtschaft, wie das noch in den 50er und 60er Jahren der Fall war. Dieses<br />

können wir an den sich verringernden Wachstumsraten des Bruttosozialproduktes<br />

(vgl. Abb. 5, oben, u. Abb. 6, S. 9) erkennen.<br />

Märkte mit einem stabilen Nachfrageüberhang werden als Anbietermärkte bezeichnet<br />

(vgl. Abb. 7, S. 9). Hier können Nachfragewünsche nicht vollständig befriedigt<br />

werden und die rationierten Kunden konkurrieren um die Angebotsmenge.<br />

Nachfrager, die sich nicht um Kaufabschlüsse bemühen, erhalten kein Produkt.<br />

Diese Situation gibt den Anbietern vergleichweise viel Verhandlungsmacht<br />

beim Kundenkontakt. Unternehmen investieren dann hauptsächlich in eine<br />

Erweiterung der Produktion.<br />

8


12<br />

1955<br />

10<br />

1951<br />

1960<br />

8<br />

1969<br />

6<br />

1964<br />

1976<br />

4<br />

1973<br />

1979<br />

1984<br />

1989<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

Abb. 6: Wachtumsraten des Bruttosozialprodukts der (alten) Bundesrepublik Deutschland<br />

Anders sieht die Situation in Nachfragermärkten aus. Hier konkurrieren die<br />

Anbieter um die Aufträge und müssen sich anstrengen, ihre Produkte abzusetzen.<br />

Budgetverteilung im Unternehmen<br />

Marktsituation:<br />

Marktsituation:<br />

• Anbietermärkte vorherrschend • Nachfragermärkte vorherrschend<br />

Konsequenzen:<br />

Konsequenzen:<br />

• Marktmacht auf Anbieterseite • Marktmacht auf Nachfragerseite<br />

• Preise sind relativ hoch (demand pull) • Preise sind relativ niedrig<br />

• horizontale Konkurrenz ist gering • horizontale Konkurrenz ist groß<br />

• Kapazitäten sind Engpaß des Unternehmenswachstums<br />

• Absatz ist der Engpaß des Unternehmenswachstums<br />

Maßnahmen:<br />

• Kapazitätserweiterung<br />

Abb. 7: Anbieter- und Nachfragermärkte<br />

Maßnahmen:<br />

• aktive <strong>Vertrieb</strong>s- und Exportpolitik<br />

Durch Investitionen in die <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten lassen sich Kunden gewinnen und<br />

der Kundenstamm pflegen (vgl. Abb. 7, oben). Der Kundenstamm erweist sich<br />

in Nachfragermärkten als das wichtigste Kapitalgut des Unternehmens und stellt<br />

den entscheidenden Engpaß der Unternehmensentwicklung dar.<br />

9


Den <strong>Vertrieb</strong> verstehen wir als eine Dienstleistung, die in einer komplementären<br />

Beziehung zum sachlichen Produkt des Industrieunternehmens steht. Für<br />

den Kunden bilden die <strong>Vertrieb</strong>s- und die Sachleistung eine Gesamtheit von nutzenstiftenden<br />

Eigenschaften mit einer sachlichen, räumlichen und zeitlichen<br />

Dimension (vgl. Abb. 8, unten). Das marktorientierte Unternehmen läßt sich bei<br />

der Gestaltung der Gesamtleistung von den Präferenzen der Kunden auf der<br />

Grundlage des technisch, finanziell und rechtlich Machbaren lenken.<br />

GESAMTLEISTUNG <br />

(Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistung)<br />

WAS?<br />

WOHIN?<br />

WANN?<br />

KUNDEN<br />

Abb. 8: Kunden lenken die Unternehmensentscheidungen<br />

Defizite im <strong>Vertrieb</strong> führen dazu, daß in Nachfragermärkten das Unternehmen<br />

seine Wettbewerbsfähigkeit verliert. Insofern darf sich eine Unternehmenspolitik<br />

nicht auf die Optimierung der sachlichen Leistung beschränken, sondern muß für<br />

ein kundengerechtes <strong>Vertrieb</strong>smanagement als integraler Bestandteil der<br />

Unternehmensleistung sorgen.<br />

Dem marktorientierten <strong>Vertrieb</strong> kommt die Aufgabe zu, alle Verkaufs-, Bereitstellungs-<br />

und Transportaktivitäten im Rahmen der Marketingkonzeption des<br />

Unternehmens am Kunden und am internationalen Wettbewerb auszurichten.<br />

Nicht die Abwicklung des <strong>Vertrieb</strong>es, sondern dessen marktgerechte Gestaltung<br />

steht im Vordergrund.<br />

10


1.3 Anhang: Export/Import-Statistik<br />

Erdöl,<br />

Erdgas<br />

Eisen und<br />

Stahl<br />

GÜTER- FRÜHERES BUNDESGEBIET BRD<br />

GRUPPE 1970 1980 1985 1988 1990 1991 1993 1995<br />

Landwirtschaftliche<br />

Einfuhr jeweilige Preise 12,16 23,56 31,78 26,29 27,75 30,10 26,57 29,51<br />

Ausfuhr<br />

1,45 2,80 5,45 5,23 5,92 5,80 5,09 6,44<br />

Einfuhr Preise von 1991 15,38 22,93 25,28 26,31 29,03 30,10 29,32 30,50<br />

Produkte<br />

Chemieund<br />

Kernprodukte<br />

Kunststofferzeugnisse<br />

Maschinenbauerzeugnisse<br />

Büromaschinen,<br />

ADV-<br />

Geräte<br />

Straßenfahrzeuge<br />

Elektrotechnische<br />

Erzeugnisse<br />

Textilien<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise von 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise von 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise v. 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise von 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise von 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise von 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise v. 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise von 1991<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr jeweilige Preise<br />

Ausfuhr<br />

Einfuhr Preise von 1991<br />

Ausfuhr<br />

1,88<br />

6,00<br />

0,04<br />

32,62<br />

0,06<br />

8,46<br />

17,42<br />

3,92<br />

28,32<br />

0,92<br />

1,81<br />

1,34<br />

3,18<br />

5,85<br />

8,11<br />

8,46<br />

11,68<br />

6,43<br />

24,10<br />

12,73<br />

61,04<br />

1,90<br />

2,22<br />

1,49<br />

1,51<br />

4,72<br />

17,52<br />

8,91<br />

40,45<br />

5,53<br />

11,98<br />

6,97<br />

19,71<br />

6,42<br />

4,12<br />

10,53<br />

6,39<br />

2,52<br />

51,02<br />

0,65<br />

40,36<br />

0,38<br />

29,51<br />

47,61<br />

32,11<br />

52,11<br />

3,97<br />

6,15<br />

4,59<br />

7,36<br />

11,02<br />

18,39<br />

11,69<br />

19,14<br />

15,91<br />

57,42<br />

21,82<br />

83,43<br />

5,58<br />

5,23<br />

6,59<br />

3,82<br />

14,72<br />

50,55<br />

20,02<br />

68,59<br />

20,62<br />

34,18<br />

23,80<br />

41,98<br />

16,56<br />

10,59<br />

19,30<br />

12,59<br />

4,37<br />

54,16<br />

0,71<br />

26,76<br />

0,23<br />

48,33<br />

76,11<br />

42,71<br />

70,91<br />

5,98<br />

10,46<br />

6,12<br />

10,98<br />

14,08<br />

23,29<br />

12,52<br />

19,38<br />

21,07<br />

77,69<br />

23,04<br />

92,69<br />

14,43<br />

12,70<br />

12,60<br />

9,14<br />

22,08<br />

85,57<br />

25,51<br />

94,40<br />

34,08<br />

53,13<br />

33,50<br />

56,54<br />

21,06<br />

15,70<br />

20,74<br />

15,71<br />

5,10<br />

20,04<br />

0,22<br />

27,94<br />

0,23<br />

48,18<br />

78,49<br />

48,22<br />

77,92<br />

7,41<br />

13,14<br />

7,76<br />

13,86<br />

14,15<br />

19,95<br />

13,59<br />

18,50<br />

24,76<br />

86,52<br />

26,73<br />

95,29<br />

15,84<br />

11,80<br />

15,31<br />

10,59<br />

31,31<br />

95,00<br />

34,13<br />

98,03<br />

41,96<br />

62,94<br />

44,83<br />

67,31<br />

22,74<br />

16,10<br />

23,58<br />

16,37<br />

6,34<br />

27,12<br />

0,81<br />

29,64<br />

0,03<br />

56,61<br />

88,65<br />

57,64<br />

88,25<br />

10,62<br />

17,05<br />

10,85<br />

17,38<br />

16,88<br />

23,60<br />

15,72<br />

21,90<br />

35,30<br />

104,51<br />

36,43<br />

107,80<br />

20,42<br />

14,15<br />

20,54<br />

13,19<br />

47,34<br />

112,77<br />

49,05<br />

114,43<br />

54,55<br />

76,42<br />

56,88<br />

79,64<br />

26,95<br />

18,70<br />

27,11<br />

18,53<br />

5,80<br />

32,27<br />

0,03<br />

32,27<br />

0,03<br />

59,34<br />

85,21<br />

59,34<br />

85,21<br />

12,58<br />

17,06<br />

12,58<br />

17,06<br />

15,93<br />

19,97<br />

15,93<br />

19,97<br />

41,29<br />

98,25<br />

41,29<br />

98,25<br />

24,00<br />

13,23<br />

24,00<br />

13,23<br />

64,91<br />

102,67<br />

64,91<br />

102,67<br />

63,74<br />

76,21<br />

63,74<br />

76,21<br />

30,78<br />

17,68<br />

30,78<br />

17,68<br />

5,31<br />

30,03<br />

0,04<br />

36,50<br />

0,04<br />

55,22<br />

84,82<br />

59,30<br />

88,01<br />

11,32<br />

16,61<br />

11,68<br />

17,00<br />

12,45<br />

15,73<br />

13,58<br />

17,14<br />

31,09<br />

92,45<br />

30,22<br />

87,36<br />

23,66<br />

12,28<br />

25,19<br />

14,28<br />

56,19<br />

100,34<br />

53,62<br />

95,83<br />

61,03<br />

76,72<br />

61,30<br />

74,70<br />

27,58<br />

16,34<br />

27,70<br />

16,13<br />

Abb. 9: Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland nach Produktgruppen (in Mrd. DM)<br />

Quelle: Fachserie 18, Reihe 1.3., Stat. Bundesamt,<br />

Wiesbaden 1996, und frühere Ausgaben<br />

6,84<br />

29,37<br />

0,13<br />

39,94<br />

0,16<br />

71,24<br />

104,31<br />

72,51<br />

102,25<br />

13,44<br />

18,99<br />

13,58<br />

19,08<br />

20,02<br />

23,04<br />

19,63<br />

22,86<br />

37,85<br />

112,67<br />

36,75<br />

103,79<br />

29,65<br />

16,52<br />

35,80<br />

21,60<br />

67,36<br />

125,00<br />

63,00<br />

117,77<br />

80,06<br />

97,62<br />

80,49<br />

94,66<br />

28,48<br />

16,77<br />

28,21<br />

16,24<br />

11


1.4 Aufgaben<br />

1. Aufgabe<br />

Erläutern Sie die Begriffe Konsumgut, Produktionsgut und Investitionsgut (je<br />

ein Satz) und geben Sie Beispiele. Zeichnen Sie den volkswirtschaftlichen Stoffkreislauf.<br />

2. Aufgabe<br />

Behauptung A:<br />

Behauptung B:<br />

Ein Kunststoffrohr und ein Aluminiumrohr stellen das gleiche<br />

Produkt dar.<br />

Das Rohr aus Kunststoff ist ein anderes Produkt als das Rohr<br />

aus Aluminium.<br />

In welchem Sinne können beide Behauptungen richtig sein?<br />

3. Aufgabe<br />

These:<br />

„In Anbietermärkten sollten alle Anbieter ihre Vetriebsanstrengungen<br />

intensivieren. Hierdurch würde sich die Angebotskurve<br />

verschieben und der Marktpreis steigen.“<br />

• Definieren Sie die Begriffe Anbietermarkt (ein Satz), Angebotsfunktion (ein<br />

Satz) und <strong>Vertrieb</strong> (ein Satz).<br />

• Korrigieren Sie die These.<br />

1.5 Literaturempfehlungen<br />

BACKHAUS, K., Industriegütermarketing, 5. Aufl. 1997, S. 7-37, 344, 362-365.<br />

BÖCKER, F., Marketing, 6. Aufl. 1996, S. 6-13.<br />

HARDES, H.-D., RAHMEYER, F., SCHMID, A., Volkswirtschaftslehre,<br />

19. Aufl. 1995, S. 1-32, 163-184.<br />

KOTLER, PH., BLIEMEL, F., Marketing-Management, 9. Aufl. 1999, S. 619-<br />

655.<br />

NIESCHLAG, R., DICHTL, E., HÖRSCHGEN, H., Marketing, 17. Aufl. 1994,<br />

S. 10, 426-431.<br />

PFOHL, H.-CHR., Logistiksysteme, 5. Aufl. 1996, S. 11-14, 18.<br />

12


2 <strong>Vertrieb</strong> und Marketing<br />

Die Absatzwirtschaft ist Bestandteil der funktionalen Systematik der<br />

Betriebswirtschaft (vgl. Abb. 10, unten). Mit dem Begriff der Funktion wird die<br />

Art der in einem Unternehmen zu verrichtenden Tätigkeiten charakterisiert.<br />

PRODUKTBEZOGENE FUNKTIONEN<br />

• Beschaffungswirtschaft<br />

Programm und Instrumente, Einkauf, Marktforschung, Beschaffungslogistik<br />

• Materialwirtschaft<br />

innerbetrieblicher Materialtransport, Lagerhaltung, Qualitätsprüfung, Entsorgung<br />

• Produktionswirtschaft<br />

Transformation, Leistungserstellung<br />

• Absatzwirtschaft<br />

<strong>Vertrieb</strong> (Verkauf, Bereitstellung, Transport), Marktforschung, Werbung<br />

UNTERNEHMENSBEZOGENE FUNKTIONEN<br />

• Personalwirtschaft<br />

Rekrutierung, Aus- und Weiterbildung<br />

• Kapitalwirtschaft<br />

Investition und Finanzierung<br />

• Informationswirtschaft<br />

Rechnungswesen, MIS, MAIS<br />

• Management (Unternehmensführung)<br />

Zielbildung<br />

Grundsätze, Zielhierarchien, Dekompositition<br />

Planung<br />

kurzfristig (0-1), mittelfristig (1-5), langfristig (> 5 Jahre)<br />

Organisation<br />

Rollenstruktur:<br />

Verhaltenserwartung<br />

Aufgabenstruktur: Aufgabenerfüllung<br />

Hierarchische Struktur: Machtbeziehungen<br />

Kommunikationsstruktur:<br />

Steuerung<br />

Kontrolle<br />

Abb. 10: Funktionen im Industrieunternehmen<br />

Informationsbeziehungen<br />

Unter Absatz versteht man alle Tätigkeiten eines Unternehmens, die darauf gerichtet<br />

sind, die Leistungen den Kunden zuzuleiten. Hierzu gehört die Werbung,<br />

die Preispolitik und insbesondere der <strong>Vertrieb</strong>. Nicht dazu zählen Maßnahmen<br />

13


der Forschung, Entwicklung und Anwendungstechnik, der Produktion, Personalbeschaffung<br />

und Weiterbildung, der Finanzierung und der Bilanzierung.<br />

Die Gliederung der Betriebswirtschaft in Funktionen resultiert aus den Schwierigkeiten<br />

einer ganzheitlichen Betrachtung betrieblicher Entscheidungen (Ceteris-Paribus-Klausel).<br />

Methodische Grundlage der Absatzwirtschaft ist der angewandt-normative<br />

Ansatz der Betriebswirtschaft:<br />

Ziele des Unternehmens sind selbst nicht Gegenstand der wissenschaftlichen<br />

Analyse, sondern werden aus der Praxis übernommen oder als<br />

Prämisse vorgegeben. Aufgabe ist es, die Mittel zu finden, die bei gegebenen<br />

Restriktionen die Zielerreichung maximieren.<br />

Dieser Ansatz setzt eine strikte Trennung von Zielen und Mitteln voraus, wobei<br />

erstere sämtliche Bewertungen enthalten und letztere wertfrei sind (formale Rationalität).<br />

Außerdem geht die Absatzwirtschaft von der Planbarkeit des betrieblichen<br />

Geschehens aus.<br />

2.1 Marketing<br />

Marketing setzt mit seinen Kategorien der Produkt-, Distributions-, Kontrahierungs-<br />

und Kommunikationspolitik ein eigenes System der funktional gegliederten<br />

Betriebswirtschaftslehre entgegen.<br />

Der Marketingansatz ist von interdisziplinären Vorgehensweisen durchzogen<br />

(vgl. Abb. 11, S. 15). Insbesondere das empirische Vorgehen nimmt gegenüber<br />

dem angewandt-normativen Ansatz einen breiten Raum ein.<br />

Der verbindende ideologische Kern des Marketing ist die konsequente marktwirtschaftliche<br />

Ausrichtung aller Entscheidungen auf Wettbewerb und<br />

Kundenpräferenzen. Unternehmen sind vom Markt her zu führen: Bei allen betriebswirtschaftlichen<br />

Entscheidungen soll man von der Frage, wie Kunden und<br />

Wettbewerber reagieren würden (vgl. Abb. 12, S. 15) und wie sich dieses wie-<br />

14


derum auf das eigene Unternehmen auswirkt könnte, ausgehen. Die Reaktionen<br />

der Kunden und Wettbewerber sollen wahrgenommen werden und das Unternehmensverhalten<br />

steuern.<br />

Teildisziplinen im Marketing<br />

Statistik<br />

Informatik<br />

Naturwissenschaften/Technik<br />

Ethik<br />

Soziologie<br />

Psychologie<br />

Makroökonomie<br />

Mikroökonomie<br />

Rechtswissenschaft<br />

Außenhandel<br />

Politik<br />

Ökologie<br />

Betriebswirtschaftslehre<br />

Abb. 11: Interdisziplinärer Ansatz<br />

Anwendungsbeispiel<br />

Prognose<br />

Datenbanken<br />

Produktpolitik, Produktsicherheit<br />

Werbungsgestaltung<br />

Marktsegmentierung<br />

Kaufverhalten<br />

Länderratings<br />

Preis- und Wettbewerbsanalyse<br />

Bindung des Handels<br />

Exportabwicklung<br />

EG-Binnenmarktentwicklung<br />

Ökobilanzen<br />

Finanzierung neuer Produkte<br />

Es gelang, diese Forderungen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Seit<br />

nunmehr 30 Jahren erscheint eine Vielzahl von Publikationen unter dem Stichwort<br />

Marketing. Noch immer ist Marketing ein charismatisches Wort, welches<br />

Lösungen für Erfolgsprobleme von Unternehmen, Parteien, Kirchen, Hochschulen,<br />

Städten und Einzelpersonen etc. verspricht.<br />

Kunden<br />

Güter<br />

Informationen<br />

Strategie<br />

Geld<br />

Macht<br />

Unternehmen<br />

Wettbewerber<br />

Abb. 12: Strategisches Dreieck<br />

15


Wie auch bei der klassischen Betriebswirtschaftslehre ist die Ziel-Mittel Trennung<br />

(Rationalität) im Planungsprozeß die Grundlage des Marketing. Im Bereich<br />

des Kundenverhaltens allerdings läßt man Irrationalitäten zu. Auch geht man<br />

grundsätzlich von der Planbarkeit des unternehmerischen Geschehens aus, wobei<br />

man allerdings der Subjektivität und der Unsicherheit von Anbeginn an einen<br />

breiten Raum läßt.<br />

Es kam im Marketing zu einer starken Spezialisierung und Auffächerung der<br />

Forschung. Wissenschaftliche Erkenntnisse finden sich in einer Vielzahl von<br />

ökonomisch-statistischen, deskriptiven und entscheidungslogischen Publikationen<br />

zu spezifischen Themen. Marketing hat sich nicht auf der klassischen betriebswirtschaftlichen<br />

Grundlage entwickelt. Eine Einbindung der Ergebnisse in<br />

allgemein anerkannte Zusammenhänge des Wirtschaftens unterblieb weitgehend.<br />

Erst mit Beginn der 90er Jahre setzte eine Trendwende ein und man versuchte,<br />

das Marketing mit der modernen Mikroökonomie zu verbinden und zu<br />

fundieren.<br />

• Erstellung der Situationsanalyse und Marktabgrenzungen<br />

• Definition der strategischen Geschäftsfelder<br />

• Beschreibung der Ziele, Restriktionen und Aktionsvariablen<br />

• Informationsbeschaffungsplanung und Marketingforschung<br />

• Strategische und operative Entscheidungslogik<br />

Maßnahmen zur Marktsegmentierung<br />

Produktpolitische Maßnahmen<br />

Kontrahierungspolitische Maßnahmen<br />

Distributionspolitische Maßnahmen<br />

Kommunikationspolitische Maßnahmen<br />

• Prognose alternativer Marketingmixwirkungen<br />

• Durchführungsplanung<br />

• Planung der Zielkontrolle<br />

Abb. 13: Marketingplanung<br />

Analoge Problemlösungsideen finden sich im Marketing in den typischen Kategorien<br />

der Marketingplanung (vgl. Abb. 13, oben).<br />

16


Anders als bei der klassischen Betriebswirtschaftslehre kann man im Marketing<br />

keine allgemein durchgreifende Methodik erkennen. Der Preis für die Einbringung<br />

zahlreicher Disziplinen ist eine methodische Vielfalt.<br />

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Marketing in erster Linie einen unternehmensphilosophischen<br />

Ansatz darstellt (vgl. Abb. 14, unten):<br />

Abb. 14: Marketing<br />

• Ein marktbezogener Denk- und Führungsstil auf allen Ebenen,<br />

• der ganzheitlich auf das Unternehmen und alle seine Funktionen bezogen<br />

ist.<br />

• Der Absatzplan wird in einem simultanen oder iterativen Prozeß mit<br />

den anderen Teilbereichsplänen abgestimmt und<br />

• zum wichtigsten Bestimmungsfaktor (Einkauf, Produktion, Finanzierung,<br />

Personal) der Unternehmensplanung.<br />

Die bahnbrechende Entwicklung des Marketing erklärt sich aus den Defiziten der<br />

Betriebswirtschaftslehre der 50er und 60er Jahre auf diesem Gebiet. Indem der<br />

Blick auf den Markt, den Wettbewerb und die betriebswirtschaftlichen Problemstellungen<br />

und nicht auf die vom Markt losgelösten (Verwaltungs-) Funktionen<br />

gelenkt wurde, konnten der Praxis wichtige Anstöße gegeben werden. Die Unternehmenspraxis<br />

unterwirft das Marketing einer konkreten und beständigen<br />

Überprüfung. In dieser breiten Auseinandersetzung der Praxis mit den Grundwerten<br />

und hieraus abgeleiteten Methoden und Thesen liegt bislang die hauptsächliche<br />

Leistung des Marketing.<br />

2.2 Marketing in der Aufbauorganisation<br />

In der betrieblichen Praxis werde die Begriffe Absatz, Marketing und <strong>Vertrieb</strong><br />

mehrdeutig verwendet. Häufig umfaßt das Marketing lediglich Tätigkeiten der<br />

Planung, Marktforschung, Werbung und Messebetreuung (vgl. Abb. 15, S.<br />

18, „Marketingdienste“) und man trennt sie organisatorisch und inhaltlich vom<br />

<strong>Vertrieb</strong>. Dieser wird dann ohne eine besondere konzeptionelle und operative<br />

Kunden- und Wettbewerbsorientierung abgewickelt. In der funktionsorientierten<br />

17


Organisation bearbeiten die <strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter viele verschiedene Produkte.<br />

Bei großen Unternehmen tritt dann ein Identitätsproblem auf: Man verliert den<br />

emotionalen Bezug zur Unternehmensleistung, da sie zu umfangreich und komplex<br />

geworden ist, um sie zu verstehen und zu repräsentieren. Die Kenntnisse<br />

über die jeweiligen Produktlinien sind gering. Wenn Kunden anrufen und über<br />

Anwendungsprobleme mit dem gekauften Produkt klagen, treffen sie auf weitgehend<br />

inkompetente Mitarbeiter.<br />

Geschäftsleitung<br />

Stäbe<br />

Personal<br />

Produktion <strong>Vertrieb</strong> Forschung Verwaltung Rechnungswesen<br />

Marketingdienste<br />

Abb. 15: Marketing als Absatzvorbereitung<br />

In einer stärker marktorientierten Organisation umfaßt der Marketingbegriff die<br />

gesamte Absatzfunktion. Abstimmung des <strong>Vertrieb</strong>es mit der gesamten Unternehmensplanung<br />

sind in einer Aufbauorganisation gemäß Abb. 16, Seite 19 institutionell<br />

nicht verankert.<br />

Hieraus ergeben sich Koordinationsprobleme im Unternehmen, wie folgende<br />

Beispiele zeigen:<br />

• Das Ziel der Kostenminimierung in der Produktion führt letztlich zu<br />

homogenen Produkten. Der Verkauf muß zur Erreichung seines Umsatzzieles<br />

aber die Leistung differenziert darstellen können.<br />

• Die Finanzabteilung verlangt die strikte Einhaltung der Zahlungsfristen.<br />

Der Verkauf ist bemüht, kundenindividuelle und kulante Zahlungsziele<br />

zu praktizieren.<br />

• Die Beschaffung drückt die Einkaufspreise mit der Folge, daß<br />

schwankende Qualitäten bezogen und verarbeitet werden. Darunter<br />

18


leidet wiederum die Qualität der Produkte, so daß der Verkauf seine<br />

Marktziele nicht erreichen kann.<br />

Geschäftsleitung<br />

Stäbe<br />

Produktion<br />

Marketing<br />

(= Absatz)<br />

Abb. 16: Funktionsorientierte Organisation<br />

Forschung Verwaltung Rechnungswesen<br />

Personal<br />

Die Koordinations-, Kommunikations- und Identifikationsprobleme einer funktionalen<br />

Organisation können durch ein konsequentes Produktmanagement in<br />

einer Spartenorganisation (vgl. Abb. 17, S. 20) teilweise gelöst werden. Die<br />

Sparten stellen teilautonome Organisationseinheiten dar, in die das Unternehmen<br />

zerlegt wird. Sie werden häufig um eine Produktgruppe herum gebildet. In der<br />

Sparte fließen mehrere Funktionen zusammen. Die produktmäßige Spezialisierung<br />

und Dekomposition (Zerlegung) setzt sich innerhalb der Sparte bis zum<br />

Produktmanager weiter fort. Dieser vereinigt mehrere betriebswirtschaftliche<br />

Funktionen in seiner Person und besitzt die vollständige Verantwortung für eine<br />

eng abgesteckte Produktgruppe. <strong>Vertrieb</strong>s-, Produktions- und in einem gewissen<br />

Umfang auch Personalmanagementmaßnahmen werden zu integrierten Instrumenten<br />

einer am Markt ausgerichteten Betriebswirtschaft. In der Regel führt eine<br />

Spartenorganisation allerdings zu Synergieverlusten (vgl. Abschnitt 6.8.3, S.<br />

219).<br />

Häufig sind Personal-, Verwaltungs- und Finanzierungsaktivitäten nicht den Produktgruppen<br />

zuweisbar. Sie können dann in Zentralbereichen, die quer zu den<br />

Sparten arbeiten, zusammengefaßt werden. Manchmal stößt auch die Aufteilung<br />

der Produktion auf Schwierigkeiten. In Chemieunternehmen beispielsweise, die<br />

über einen vernetzten Stoff-, Energie- und Abfallverbund verfügen, ist eine Dekomposition<br />

in unabhängige und selbständige Einheiten praktisch unmöglich.<br />

19


Marketingvorstand<br />

Stäbe<br />

Sparte 1<br />

Marketingdirektor<br />

• <strong>Vertrieb</strong><br />

• Forschung<br />

• Produktion<br />

Abb. 17: Spartenorganisation<br />

Sparte 2<br />

Marketingdirektor<br />

• <strong>Vertrieb</strong><br />

• Forschung<br />

• Produktion<br />

Sparte 3<br />

Marketingdirektor<br />

• <strong>Vertrieb</strong><br />

• Forschung<br />

• Produktion<br />

Zentralbereiche<br />

1. Personal<br />

2. Rechnungswesen<br />

3. Information<br />

4. Einkauf<br />

Allerdings ist keineswegs eindeutig, daß Spartenorganisationen nach Produktgruppen<br />

gegliedert werden müssen. Es bietet sich auch eine Orientierung auf<br />

spezielle Kundensegmente an. So findet man bei Chemie- und Kunststoffunternehmen<br />

Geschäftsbereiche, die ausschließlich Produkte für Automobilzulieferer<br />

vertreiben (z.B. Lackkomponenten, verschiedene Kautschuke und Kunststoffe).<br />

Mit einer Spartenorganisation läßt sich die Marktnähe eines Unternehmens institutionell<br />

verankern. Dieses allein führt aber noch nicht zum Erfolg (vgl. adaptiver<br />

<strong>Vertrieb</strong>, Abb. 19, S. 23). Für Unternehmen in Wettbewerbsmärkten ist die<br />

Marketingverankerung im Führungssystem wichtig. Auf jeder Managementebene<br />

müssen hierzu Führungskräfte zum Einsatz kommen, die über Erfahrungen<br />

mit Kunden verfügen, indem sie einige Zeit verantwortlich im <strong>Vertrieb</strong> oder im<br />

technischen Außendienst tätig waren. Nur durch die persönliche Kundenerfahrung<br />

kann die Marktorientierung zur praktischen Unternehmensphilosophie und<br />

zur praktischen Handlungsleitlinie jedes einzelnen Mitarbeiters werden.<br />

2.3 <strong>Vertrieb</strong><br />

Den <strong>Vertrieb</strong> kennzeichnen die Teilfunktionen des Absatzes, die sich auf die<br />

Durchführung der Verkaufs- und Lieferaufgaben der Unternehmung beziehen<br />

(vgl. Abb. 18, S. 21).<br />

20


•Auftragsabwicklung •Bereitstellung •Transport •Verkauf<br />

•Absatzlagerhaltung •vertriebsbezogene Informationsleistungen<br />

Abb. 18: <strong>Vertrieb</strong><br />

Die <strong>Vertrieb</strong>sfunktionen werden im Rahmen der Distributions- und Kommunikationspolitik<br />

realisiert. Sie stehen aber auch in Beziehung zur Produkt- und<br />

Kontrahierungspolitik und zu Segmentierungsstrategien. Durch die konsequente<br />

Kundenorientierung im Verkaufs- und Lieferwesen im Rahmen einer marktorientierten<br />

Führung des gesamten Unternehmens wird der <strong>Vertrieb</strong> zu einem zentralen<br />

Begriff des Marketing.<br />

In der Praxis sind die folgenden beiden Einordnungen des <strong>Vertrieb</strong>es in die Strategie<br />

des Industrieunternehmens verbreitet:<br />

1. Konzeption<br />

Bei der Verwirklichung der Kundenorientierung des Industrieunternehmens<br />

konzentriert man sich auf die Optimierung der Sachleistung. Forschung,<br />

Entwicklung und Anwendungstechnik stehen im Vordergrund. Verkauf, Bereitstellung<br />

und Transport besitzen lediglich eine notwendige und ergänzende<br />

Verwaltungs- und Abwicklungsfunktion (Sachleistungsmarketing).<br />

Diese Konzeption vernachlässigt die Bedeutung des <strong>Vertrieb</strong>es als Dienstleistung<br />

am Kunden. Hierdurch vergibt das Unternehmen die Chance, sich durch<br />

den <strong>Vertrieb</strong> positiv vom Wettbewerb abzuheben. Aktionsmöglichkeiten des<br />

Marketing werden unzureichend genutzt. Diese Konzeption muß als ineffizient<br />

zur Seite gelegt werden.<br />

2. Konzeption<br />

Der Verkaufs- und Lieferpolitik räumt man einen deutlichen Stellenwert im<br />

Kundenkonzept des Unternehmens ein. Man plant und optimiert sie deshalb<br />

gemeinsam mit der Sachleistung (<strong>Vertrieb</strong>smarketing).<br />

21


In beiden Konzeptionen wird die Kundenorientierung in erster Linie als eine integrierte<br />

strategische Planungsaufgabe verstanden, die marktferne Entscheidungszentren<br />

im Unternehmen leisten.<br />

Die Ansätze bewähren sich bei stabilen Marktverhältnissen, hervorragender Informationslage<br />

und guten Absatzmöglichkeiten. Ob beim realen Kontakt mit dem<br />

einzelnen Kunden die psychologischen Voraussetzungen bei den Mitarbeitern<br />

existieren, um die Situation zum Vorteil des Unternehmens zu meistern, wird<br />

kaum thematisiert. Auch hinkt man bei dynamischen und diskontinuierlichen<br />

Märkten den Entwicklungen hinterher und verliert den engen Bezug zu den Bedürfnissen<br />

der Kunden. Es zeigt sich in der Praxis, daß die Kundenorientierung<br />

eines Industrieunternehmens nicht alleine durch Planung realisiert werden kann,<br />

sondern ein besonderes Bewußtsein und flexible Verhaltensweisen der Mitarbeiter<br />

erfordert. Dieser personale Faktor erweist sich als die eigentliche Hürde bei<br />

der Umsetzung der Kundenorientierung.<br />

Es empfiehlt sich, die personale Komponente in das Zentrum der marktorientierten<br />

<strong>Vertrieb</strong>skonzeption zu rücken:<br />

Die eigentliche Herausforderung des marktorientierten industriellen<br />

<strong>Vertrieb</strong>es liegt in der Schaffung der mentalen Voraussetzungen der<br />

Mitarbeiter, sich dem Kunden in jeder Situation persönlich anzupassen<br />

und von ihm zu lernen. Mitarbeiter, die im persönlichen Kundenkontakt<br />

stehen, haben die einzigartige Möglichkeit, in dieser Kontaktsituation<br />

unmittelbar Marktforschung zu betreiben. Sie können die unverstellten<br />

Reaktionen der Kunden beobachten und hierauf abgestimmte Variationen<br />

der Kommunikation vornehmen (Adaption). Erfahrene Mitarbeiter<br />

können in einer Kontaktsituation den Kunden durch Ähnlichkeitsvergleiche<br />

zu früheren Begegnungen kategorisieren und den für die jeweilige<br />

Kategorie bewährten Kommunikationsansatz wählen.<br />

Eine adaptive Kontaktarbeit erfordert erhebliche kommunikative Flexibilität<br />

und Sensibilität für die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden. Erst dann können<br />

Marktstrategien optimal wirksam werden (vgl. Abb. 19, S. 23). Die dauerhaft er-<br />

22


folgreiche Tätigkeit von Industrieunternehmen in dynamischen und diskontinuierlichen<br />

Märkten besitzt in erster Linie personale Voraussetzungen. Die flexible<br />

adaptive Marktgestaltung hat für den industriellen <strong>Vertrieb</strong> einen hohen Stellenwert.<br />

Strategische Festlegungen führen demgegenüber schnell zu einer Erstarrung<br />

und Entfernung vom Marktgeschehen.<br />

ZIELE, ERFAHRUNGEN UND<br />

WAHRNEHMUNGEN IM KUNDENKONTAKT<br />

<br />

Kategorisierung des Kunden<br />

<br />

Ableitung von differenzierten <strong>Vertrieb</strong>szielen<br />

<br />

persönliche Kommunikation mit dem Kunden<br />

<br />

individuelle Reaktionen des Kunden<br />

<br />

veränderte Wahrnehmung, Re-Kategorisierung des Kunden<br />

<br />

Differenzierung der <strong>Vertrieb</strong>sziele<br />

<br />

Differenzierung der persönlichen Kommunikation<br />

<br />

veränderte Reaktionen des Kunden<br />

<br />

veränderte Wahrnehmung, Re-Kategorisierung des Kunden<br />

<br />

FORTGESETZTER ADAPTIONSPROZEß<br />

IM VERTRIEB<br />

Abb. 19: adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozeß<br />

Die adaptive <strong>Vertrieb</strong>skonzeption stellt sehr hohe Ansprüche an die Mitarbeiter.<br />

Die persönliche Anpassung an die verschiedenen Kundenindividualitäten erfordert<br />

ein weiches, einfühlsames Vorgehen. Dieses steht im Kontrast zur monetären<br />

Orientierung, mit ihren harten Fakten Preis, Menge und Kosten. Man muß<br />

von den <strong>Vertrieb</strong>smitarbeitern ein Verhalten erwarten, welches einerseits adaptiv-kundenorientiert<br />

(soziale Kompetenz) und andererseits materialistisch im<br />

Sinne der langfristigen finanziellen Unternehmensziele (ökonomische Kompetenz)<br />

ist (vgl. Abb. 20, S. 24).<br />

23


Kundenorientierung (weich) Monetäre Orientierung (hart)<br />

Anpassung an die verschiedenen Langfristige Maximierung des<br />

Kundenindividualitäten und Maximierung<br />

der Kundenzufriedenheit Verkaufsmengen und niedrigen<br />

Preisniveaus bei stetig steigenden<br />

Verkaufskosten<br />

Maximale KundenzufriedenheitMaximaler Deckungsbeitrag<br />

Abb. 20: Widerspruchssystem des adaptiven, marktorientierten <strong>Vertrieb</strong>es<br />

Dieses widersprüchliche Prinzip läßt sich vom einzelnen <strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter auf<br />

das marktorientierte Unternehmen übertragen. Die Fähigkeit eines Unternehmens,<br />

sich mit seinen Kunden zu verändern und sich diesen anzupassen, bei<br />

gleichzeitiger konsequenter Gewinnorientierung, sichert den Erfolg.<br />

Es kann beispielsweise zur <strong>Vertrieb</strong>sstrategie gehören, die „alte Geschichte“<br />

des Unternehmens, seine „Gediegenheit“ und seinen „Adel“<br />

zu repräsentieren. Was dieses aber im einzelnen bedeutet, muß sich nach<br />

den Einstellungen der Kunden richten und das Konzept ist gänzlich zu<br />

verändern, wenn die Kunden dieses nicht mehr honorieren. Dann ist eine<br />

neue „Unternehmenspersönlichkeit“ zu kreieren.<br />

Die Adaptionsfähigkeit des Unternehmens besitzt psychologische, technologische<br />

und organisatorische Dimensionen. Lager-, Lade-, Verpackungs- und<br />

Transporttechnologien müssen so ausgelegt sein, daß sich <strong>Vertrieb</strong>svariationen<br />

ohne entscheidungsverhindernde Investitionen durchführen lassen. Verkaufsroutinen,<br />

Verwaltungsabläufe und vernetzte Informationssysteme müssen mit dem<br />

Markt veränderbar sein. Im Zwang zur Flexibilität liegt ein Dilemma, da Unternehmen<br />

einerseits Durchschnittskostendegressionen durch Wiederholung erreichen<br />

wollen, andererseits aber einer stetigen Veränderung unterworfen werden,<br />

welche die erlangten Routinen wieder zerstört.<br />

Seit Beginn der 70er Jahre nehmen die makroökonomischen Turbulenzen, die<br />

zu Diskontinuitäten in den Rahmenbedigungen der Unternehmenstätigkeit führen,<br />

deutlich zu. Die Produklebenszyklen werden kürzer und unsicherer, Wechselkurse<br />

und Rohstoffpreise schwanken stärker. Durch die Globalisierung von<br />

Produktion und <strong>Vertrieb</strong> nehmen die geschäftlichen und politischen Auslandsri-<br />

24


siken für das einzelne Unternehmen zu. Allein mit verfeinerten Prognosetechniken<br />

lassen sich diese Informationsprobleme nicht lösen. Märkte werden zunehmend<br />

„unplanbarer“, weshalb Voraussetzungen für adaptive Verhaltensweisen<br />

im Unternehmen geschaffen werden müssen.<br />

Der adaptive <strong>Vertrieb</strong> erfordert ein hohes Maß an beständiger Überprüfung der<br />

jeweils herrschenden Strategie des Unternehmens. Um diese leisten zu können,<br />

müssen Mitarbeiter zu Kritik angehalten werden, damit Erfahrungs- und Ideenpotentiale<br />

nicht ungenutzt bleiben. Führung, Kritik und Veränderung gehören<br />

im modernen Unternehmen zusammen und müssen gemeinsam akzeptiert werden,<br />

will man sich den Diskontinuitäten der globalen Ökonomie stellen.<br />

2.4 <strong>Vertrieb</strong> und Unternehmenserfolg<br />

Zu den Aufgaben der Unternehmensführung gehört die Entwicklung eines Zielsystems,<br />

das alle Komponenten der Organisation erfaßt. Es gibt den Einzelaktivitäten<br />

die gewünschte Richtung, indem es erfolgreiches von nicht erfolgreichem<br />

Handeln unterscheidbar macht. Bei einem korrekt definierten Zielsystem sichern<br />

hohe Erreichungsgrade der Organisationsteile den Unternehmenserfolg. Um über<br />

die Ressourcenverteilung und die Maßnahmenpläne im Industrieunternehmen<br />

entscheiden zu können, müssen Zielerreichungsgrade der Organisationsteile gemessen<br />

und mit Sollwerten verglichen werden.<br />

Da der <strong>Vertrieb</strong> im Industrieunternehmen keine eigenständige, mit Marktpreisen<br />

bewertete Leistung erbringt, läßt sich sein Erfolgsbeitrag nur indirekt bestimmen.<br />

Auch ist der Begriff des Erfolgsbeitrages in einer Organisation keineswegs eindeutig.<br />

Industrieunternehmen sind mit sehr unterschiedlichen Zielvorstellungen<br />

konfrontiert. Je nach persönlicher Erfahrung und Ausbildung ihrer Mitglieder<br />

unterscheiden sich die Erwartungshaltungen betroffener gesellschaftlicher Gruppen.<br />

Abb. 21, Seite 26, nennt wichtige Gruppen, die zum engeren Kreis der Betroffenen<br />

von Industrieunternehmen gehören (stakeholder).<br />

25


• Gesellschafter<br />

• Geschäftsleitung<br />

• außertariflich Beschäftigte<br />

• tariflich Beschäftigte<br />

• gewerbliche Mitarbeiter<br />

• unmittelbare Werksanwohner<br />

• Stadtrat und Fraktionen<br />

• Banken<br />

• Lieferanten<br />

• Kunden<br />

• Gewerbeaufsichtsamt<br />

• TÜV<br />

• Finanzamt<br />

• Arbeitsamt<br />

Abb. 21: Betroffene eines Industrieunternehmens<br />

Die Zielvorstellungen der Betroffenengruppen gehen mit unterschiedlichen Gewichten<br />

in die Unternehmensentscheidungen ein. Ziele lassen sich grob in gesellschaftliche<br />

und betriebswirtschaftliche einteilen. Den größten direkten Einfluß<br />

auf die betriebswirtschaftlichen Zielentscheidungen besitzen die Gesellschafter,<br />

die Geschäftsleitung und die leitenden Angestellten (Kerngruppe).<br />

Welche Schwerpunkte sie setzen, hängt von den persönlichen Motiven dieses<br />

Personenkreises und dem zumeist monetären Anreizsystem der Unternehmung<br />

ab.<br />

Mitarbeiter der Forschung und Entwicklung können besonders durch ihr Interesse<br />

an naturwissenschaftlich-technischen Prozessen intrinsisch motiviert sein.<br />

Zielvorgabe A:<br />

STEIGERE DIE EFFIZIENZ DER STOFFLICH-ENERGETISCHEN<br />

TRANSFORMATION<br />

Nebenbedingungen: (1) ausreichende Liquidität in jedem Zeitpunkt<br />

(2) ausreichende durchschnittliche Gewinnverteilung<br />

Abb. 22: Technische Ergiebigkeit als Oberziel<br />

Im Sinne dieser Motivstruktur kann beispielsweise ein Chemieunternehmen, ein<br />

Textilunternehmen oder eine Blechwarenfabrik vorrangig als eine technische<br />

Apparatur zur stofflichen Transformation von Ausgangsmaterialien begriffen<br />

werden (vgl. Abb. 22, oben).<br />

26


Eine effiziente stoffliche und energetische Umsetzung von Ausgangsmaterialien<br />

als Unternehmensziel muß durch die Nebenbedingungen einer ausreichenden Liquidität<br />

(Konkurs!) und einer angemessenen durchschnittlichen Gewinnverteilung<br />

an die Gesellschafter ergänzt werden.<br />

Diese Zielformulierung kann in Einzelfällen tragfähig sein. Komplexe logistische<br />

Stoff-, Energie- und Abfallverbundsysteme erzeugen wichtige Wettbewerbsvorteile<br />

für manche Unternehmen. Die produktionsorientierte Sichtweise kann<br />

lebenserhaltend für diese sein. Betriebswirtschaftlich betrachtet wird hierbei die<br />

technische Ergiebigkeit, technische Wirtschaftlichkeit oder Produktivität eines<br />

komplexen Systems maximiert (vgl. Abb. 23, unten).<br />

q<br />

2 effiziente Technologie<br />

q 1<br />

Produktionsmöglichkeitsraum<br />

des Unternehmens<br />

ineffiziente<br />

Technologie<br />

q<br />

q<br />

1<br />

2<br />

: Produktionsmenge<br />

des Gutes 1<br />

: Produktionsmenge<br />

des Gutes 2<br />

Abb. 23: Produktionsmöglichkeitsraum eines Unternehmens mit zwei Produkten bei konstanten<br />

Ressourcen und Technologien<br />

<strong>Vertrieb</strong>spolitische Aktivitäten spielen in der Zielvorgabe A (vgl. Abb. 22, S. 26)<br />

eine Rolle, da die Liquidität und der Gewinn, als Satisfikationsziele in den Nebenbedingungen<br />

formuliert, hiervon abhängen. Ein Anreiz zur Optimierung<br />

vertriebspolitischer Maßnahmen geht hiervon allerdings nicht aus (Anbietermärkte;<br />

vgl. Abb. 7, S. 9). Sollen außer der Produktion auch andere Unternehmensfunktionen,<br />

hier insbesondere der <strong>Vertrieb</strong>, Gegenstand von Optimierungen<br />

sein, bedarf es einer breiteren Zielformulierung.<br />

27


Es bietet sich der handelsrechtliche Jahresüberschuß, der Saldo der jährlichen<br />

Aufwands- und Ertragsvorgänge, an. Da Entscheidungen in die Zukunft wirken,<br />

ist die Abschätzung zukünftiger Überschüsse wichtig (Prognoseproblem). Auch<br />

müssen die Erfolgsursachen zweckmäßig dargestellt werden, damit sich der Erfolgsbeitrag<br />

des <strong>Vertrieb</strong>es ermitteln läßt. Nur so können Defizite in diesem Bereich<br />

erkannt werden (Kausalitätsproblem). Der Jahresüberschuß bildet zukünftige<br />

Zahlungsströme und Ursachen ihrer Entwicklung nicht ab.<br />

Die zukünftigen Überschüsse sind risikobehaftet. Dieses Risiko ist zu bewerten<br />

und in das Erfolgsmaß zu integrieren. Auch muß geklärt werden, ob Überschüsse,<br />

die möglicherweise in zehn Jahren anfallen, das gleiche Gewicht im Erfolgsmaß<br />

haben sollen wie solche Überschüsse, die vielleicht schon im nächsten Jahr<br />

entstehen (Bewertungsproblem).<br />

Für den Fall von Aktiengesellschaften läßt sich eine theoretische Lösung dieser<br />

Prognose-, Kausalitäts- und Bewertungsprobleme herbeiführen, indem man das<br />

Aktionärsinteresse zur Grundlage des Unternehmensziels macht (vgl. Abb. 24,<br />

unten).<br />

Zielvorgabe B:<br />

ERHÖHE DEN MARKTWERT DES DIVIDENDENSTROMS!<br />

Abb. 24: „shareholder value“ als Ziel<br />

Der Unternehmenserfolg könnte durch die Veränderung des Marktwertes des<br />

Eigenkapitals gemessen werden. Theoretische Grundlage dieser Vorgehensweise<br />

ist die Annahme, daß rationale Aktionäre Portfolios besitzen und alle Diversifikationsmöglichkeiten<br />

ausschöpfen (effiziente Portfolios). Der erwartete Dividendenstrom<br />

der Unternehmens einschließlich der Liquidationsdividende, wird<br />

annahmegemäß von den Aktionären im Rahmen ihrer Portfolios bewertet. Der<br />

Kapitalmarkt formt aus diesen individuellen Bewertungen den Aktienkurs. Da<br />

der erwartete Dividendenstrom kausal von den Unternehmensentscheidungen<br />

abhängt, könnten sich die Entscheidungen im <strong>Vertrieb</strong> theoretisch am Aktienwert<br />

ausrichten.<br />

28


Die Bewertungsvorgänge auf der Ebene des individuellen Aktionärs und auf der<br />

Ebene des Kapitalmarktes sind sehr komplex. Theoretisch zinst der Aktionär die<br />

für zukünftige Perioden erwarteten risikobehafteten Netto-Cash-Flows des Unternehmens<br />

ab und berücksichtigt Diversifikationseffekte in seinem Portfolio.<br />

Die entstehenden Barwerte stellen für den Verkäufer von Aktien individuelle<br />

Mindestpreise und für den Käufer Höchstpreise dar. Im Kapitalmarkt formen sich<br />

unter Wettbewerb, unvollständigen and ungleich verteilten Informationen in den<br />

Tauschvorgängen zwischen Käufern und Verkäufern die Aktienkurse.<br />

Folgt die Unternehmensleitung dem Shareholder-Ansatz, dann muß sie prognostizieren<br />

können, wie sich einzelne unternehmenspolitische Maßnahmen auf den<br />

Aktienwert bzw. die zukünftigen Netto-Cash-Flows und Diversifizierungseffekte<br />

auswirken. Man kann ohne eingehende kausale oder statistische Analyse die Zusammenhänge<br />

zwischen den verschiedenen Entscheidungen und dem Aktienwert<br />

nicht erkennen.<br />

Wir erläutern die Problematik anhand eines statistischen Unternehmensmodells<br />

(vgl. Abb. 25, S. 30).<br />

Um die Beiträge der einzelnen Unternehmensaktivitäten zum Erfolg zu<br />

ermitteln, können zunächst für die Aktivitäten der Funktionsbereiche des<br />

Unternehmens und die externen Kräfte, die den Unternehmenserfolg beeinflussen,<br />

quantitative Indikatoren bestimmt werden.<br />

Interner Indikator der <strong>Vertrieb</strong>stätigkeit wäre beispielsweise die durchschnittliche<br />

Anzahl der Kundenbesuche pro Verkäufer. Ein externer Indikator<br />

der Absatzchancen könnte in der Dollarkursentwicklung gesehen<br />

werden. Liegen 20-30 Vergangenheitswerte pro Indikator und die dazugehörenden<br />

Aktienwerte vor, dann können die quantitativen statistischen<br />

Zusammenhänge zwischen den Indikatorausprägungen und den<br />

Aktienwerten Ye (e: erwartet) in einem multiplen Regressionsmodell<br />

ermittelt werden.<br />

29


Die statistisch geschätzten Koeffizienten a i zeigen den Wirkungszusammenhang<br />

zwischen den Aktivitätsindikatoren und dem Aktienkurs<br />

an. Man könnte jetzt alternative Maßnahmenpläne mit dem Ziel der Aktienwertsteigerung<br />

entwickeln und deren Kosten K i bestimmen. Jeder<br />

Maßnahmenplan sieht eine Veränderung der Indikatorwerte ∆x i vor.<br />

Anhand der Regressionsgleichung läßt sich die Wirkung a<br />

i<br />

⋅ ∆ x von<br />

Maßnahmen auf den Aktienkurs bestimmen. Der Plan mit der größten<br />

Wirkung-zu-Kosten-Relation ist bei begrenztem Budget zuerst zu realisieren.<br />

i<br />

Aktivitäten X i des Unternehmens<br />

<br />

<br />

• Quantitative Indikatoren x0, x1, x2, etc.<br />

(z.B. Kundenbesuche x 2 )<br />

• Aktienwert Y (Meßwerte aus mindestens 20 Perioden)<br />

e<br />

• Funktionale Beziehung Y = x0<br />

+ a1<br />

⋅ x1<br />

+ a 2 ⋅ x 2 + ...<br />

der erwarteten Aktienwerte<br />

Interpretation von a 2 :<br />

Interpretation von ( a2<br />

⋅ ∆x2<br />

)<br />

K 2<br />

Erklärungsbeitrag der Kundenbesuche<br />

zum erwarteten Aktienwert<br />

(Gewichte)<br />

: Wirkung-zu-Kosten-Relation<br />

Abb. 25: Erfolgsbeitrag mittels multipler Regression und Wirkung-zu-Kosten-Relation<br />

Dem wissenschaftlichen Anspruch eines solchen Erklärungsmodells des Unternehmenserfolges<br />

stehen Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung entgegen:<br />

So ist die Unabhängigkeit der externen und internen Indikatoren nur selten<br />

gewährleisten, was die Anwendbarkeit der Methode gefährdet. Zudem sind nur<br />

wenige Unternehmen als börsennotierte Aktiengesellschaften einer Kapitalmarktbewertung<br />

zugänglich. Außerdem ist aufgrund erheblicher Informationsdefizite<br />

und Interessensdivergenzen fraglich, ob Aktionäre die Unternehmenspolitik<br />

ausreichend differenziert erfassen. Zahlreiche Kursschwankungen bleiben<br />

unerklärt. Wenngleich der Aktienkurs eine betriebswirtschaftlich wichtige Größe<br />

darstellt, kann man ihn nicht als differenziertes Steuersignal für eine Unterneh-<br />

30


menspolitik ansehen. Schließlich paßt ein Entscheidungsmodell, welches sich nur<br />

an den Eigentümerinteressen ausrichtet, nicht in die politische Realität moderner<br />

Industriegesellschaften (vgl. Stakeholder, Abb. 21, S. 26).<br />

Um für praktische Anwendungen die <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten ausreichend genau<br />

abzubilden, müßte man eine sehr große Anzahl quantitativer Indikatoren finden<br />

und messen. Die Kosten eines solchen Modells wären entsprechend hoch, so daß<br />

es unpraktikabel würde. Auch gibt es zahlreiche qualitative Bestimmungsgrößen,<br />

die man nur sehr unzureichend durch quantitative Indikatoren abbilden kann.<br />

Als Alternative zum Regressionsmodell bieten sich intuitiv-kreative Methoden<br />

an, die eine explizite Einbeziehung qualitativer Faktoren gestatten. Auf den<br />

fragwürdigen Aktienwert als Erfolgsgröße kann hierbei verzichtet werden. Stattdessen<br />

wird die Wettbewerbsfähigkeit (vgl. Abb. 26, unten) des Unternehmens<br />

in Form der nachhaltigen Kundenzufriedenheit als Erfolgsgröße bestimmt. Dies<br />

ist theoretisch sinnvoll, da der Wert, den ein Industrieunternehmen im Kapitalmarkt<br />

besitzt, sich hieraus letztlich ableitet. Zentral für die Wettbewerbsfähigkeit<br />

ist die Einstellung der Kunden zum Kauf der angebotenen Produkte. Die nachhaltige<br />

Kundenzufriedenheit kann als das wichtigste strategische Ziel des Unternehmens<br />

angesehen werden.<br />

Zielvorgabe C:<br />

MAXIMIERE DIE NACHHALTIGE KUNDENZUFRIEDENHEIT<br />

Nebenbedingungen: (1) ausreichende Liquidität in jedem Zeitpunkt<br />

(2) ausreichende durchschnittliche Gewinnverteilung<br />

Abb. 26: Kundenzufriedenheit als Ziel<br />

Die drei genannten Zielvorgaben A, B und C entstammen verschiedenen Denkansätzen<br />

der Wirtschaftswissenschaften. Die erste Zielsetzung ist produktionstheoretisch<br />

fundiert, die zweite finanzierungstheoretisch und die dritte repräsentiert<br />

den Marketingansatz der Unternehmensführung (vgl. S. 14 ff.). Der<br />

Marketingansatz führt keineswegs immer zu maximaler Produktionseffizienz.<br />

Auch kann die Verfolgung des Ziels einer hohen Kundenzufriedenheit in den<br />

31


Gütermärkten temporär zu einer geringen Ausschüttung an die Aktionäre führen.<br />

Je nach Zeithorizont der Anleger können hierdurch niedrige Aktienkurse die Folge<br />

sein. Insofern konkurrieren die drei Unternehmensziele miteinander.<br />

Allerdings muß der langfristige Aufbau der Kundenzufriedenheit für ein Industrieunternehmen<br />

als das grundlegende Unternehmensziel angesehen werden,<br />

welches eine notwendige Voraussetzung für die Maximierung der technischen<br />

Effizienz und des Anteilswertes darstellt (vgl. Abb. 27, unten):<br />

• Hohe Kundenzufriedenheit sichert eine günstige Wettbewerbsposition<br />

in Nachfragermärkten und generiert so einen hohen und stabilen<br />

Barmittelzufluß (Liquidität).<br />

• Erst dieser Barmittelzufluß ermöglicht die stetige Modernisierung<br />

der Produktion in einer von technologischen Erneuerungen geprägten<br />

Ökonomie (technische Effizienz).<br />

• Die nachhaltige Kundenzufriedenheit und stetige Liquidität ermöglichen<br />

eine stabile Dividendenpolitik (Anteilswertmaximierung) und<br />

eine langfristige Gewinnerwartung von Industrieunternehmern und<br />

Anlegern.<br />

Dividendenpolitik<br />

<br />

Liquidität<br />

<br />

Kundenzufriedenheit moderne<br />

Technologien<br />

Abb. 27: Kundenzufriedenheit und Anteilswert<br />

Wir bestimmen deshalb den Erfolgsbeitrag des <strong>Vertrieb</strong>es über die nachhaltig erzeugte<br />

Kundenzufriedenheit bei angemessenem Gewinn und angemessener<br />

Liquidität.<br />

32


2.5 Nutzwert- und Kosten-Wirksamkeitsanalyse<br />

Die Zielvorgabe C (vgl. Abb. 26, S. 31), welche die Kundenzufriedenheit zum<br />

Maßstab des Unternehmenserfolges macht, läßt sich mithilfe kreativ-intuitiver<br />

Methodik operationalisieren. Die Kundenzufriedenheit basiert auf zahlreichen<br />

Zielen, die Nachfrager mit dem Erwerb eines Produktes verfolgen. Die Integration<br />

verschiedener qualitativer und quantitativer Ziele wird durch die Nutzwertanalyse<br />

erreicht. Diese Technik hat den Vorteil, flexibel der jeweiligen Erfolgsdefinition<br />

anpaßbar zu sein.<br />

Allgemein versteht man unter der Nutzwertanalyse ein Entscheidungsverfahren<br />

zur Auswahl der nutzenmaximalen Maßnahme aus einer Anzahl zulässiger Aktionen<br />

auf der Grundlage quantitativer und qualitativer Ziele. Zunächst müssen<br />

das Entscheidungsproblem vorformuliert und Experten ausgewählt werden. Diese<br />

identifizieren die Menge Z aller quantitativen und qualitativen Ziele:<br />

zi ∈ Z, die nutzenrelevant sind. Die Ziele z i müssen präzise formuliert werden,<br />

gegeneinander abgegrenzt und einzeln bewertbar sein. Geht von einem Ziel ein<br />

hoher (subjektiver) Nutzeneffekt aus, dann erhält dieses von dem Expertengremium<br />

ein hohes Gewicht g i zugewiesen, bei einem geringen Nutzeneffekt ist<br />

das Gewicht entsprechend niedriger. Häufig werden die Gewichte standardisiert:<br />

g i ∈[ 01]<br />

, und g =<br />

i i 1. Die Experten benennen Maßnahmen, die der Problemlösung<br />

dienen könnten. Diese sind zu überprüfen und so umzuformulieren,<br />

daß aus der Menge A zulässiger Aktionen: aj ∈ A eine ergriffen werden muß<br />

und die Aktionen sich gegenseitig ausschließen (Prinzip der vollkommenen Alternativenstellung,<br />

vgl. Abb. 33, S. 39).<br />

U(z<br />

N ij<br />

N j<br />

i<br />

,a<br />

j<br />

)<br />

Erreichungsgrade des Ziels z i der Aktion a j<br />

Nutzwert des Merkmals i der Aktion j<br />

Nutzwert der Aktion j<br />

Abb. 28: Legende<br />

33


Die Maßnahmen werden nun (subjektiv) bewertet, indem man für jede Aktion<br />

zunächst die Zielerreichungsgrade der einzelnen Ziele: U( zi, a j) ermittelt.<br />

Anschließend werden die Zielerreichungsgrade U( z , a ) mit den jeweils zugehörigen<br />

Gewichten multipliziert. Man erhält hierdurch den Nutzwert des Merkmals<br />

i der Aktion j: N ij . Für jede Aktion j werden die gewichteten Zielerreichungsgrade<br />

aufaddiert: i gi ⋅ U( zi, aj) = Nj. Der Wert N j ist ein Maß für<br />

den subjektiven Nutzen der Aktion j (Nutzwert der Aktion j).<br />

i<br />

j<br />

Die Nutzwertanalyse beinhaltet eine Reihe von Problemen:<br />

• Durch die Auswahl der Experten und deren anschließende Festlegung<br />

der Ziele, Gewichte und Zielerreichungsgrade unterliegt das<br />

Verfahren einem erheblichen Maß an Subjektivität und teilweise<br />

auch Willkür.<br />

• Ein niedriger Zielerreichungsgrad bei einem Merkmal kann durch einen<br />

hohen Zielerreichungsgrad bei einem anderen Merkmal ausgeglichen<br />

werden. Durch die Gewichte wird das Tauschverhältnis<br />

zwischen den Zielerreichungsgraden bestimmt. Gewichte dürfen<br />

deshalb nicht pauschal und ohne weitere Analyse der Tauschverhältnisse<br />

zugewiesen werden (vgl. Abb. 34 u. Abb. 35, S. 41 f.).<br />

• Die lineare Verknüpfung von Gewichten, Zielerreichungsgraden und<br />

Nutzwerten ist willkürlich. Nichtlineare Funktionen sind ebenso<br />

plausibel. Die Verknüpfungsregeln können von Fall zu Fall unterschiedlich<br />

sein und müßten ebenfalls ermittelt werden, was aber große<br />

praktische Probleme bereitet.<br />

• Die subjektiven Zielereichungsgrade und Nutzwerte müssen als kardinale<br />

Größen (bis auf lineare Transformationen definiert) interpretiert<br />

werden, damit die notwendigen Rechenoperationen sinnvoll<br />

sind. Wenn Experten aber nur ordinale Bewertungen (größer, kleiner,<br />

gleich) abgeben können, dann kann die Nutzwertanalyse nicht durchgeführt<br />

werden.<br />

• Schwierigkeiten verursacht die saubere Abgrenzung der Ziele. Insbesondere<br />

quantitative und qualitative Ziele hängen voneinander ab.<br />

34


Durch die Überschneidungen kommt es leicht zu Mehrfachbewertungen<br />

einzelner Merkmale.<br />

Die Nutzwertanalyse bietet aber auch eindeutige Vorteile:<br />

• Eine Reduktion der Entscheidungsprobleme auf den quantifizierbaren<br />

monetären Teil wird dem <strong>Vertrieb</strong> mit seinen vielfältigen<br />

Chancen und Risiken, sowie den unterschiedlichen kulturellen und<br />

technischen Parametern, nicht gerecht.<br />

• Die Nutzwertanalyse bringt die verschiedenen Maßzahlen der Parameter<br />

auf einen gemeinsamen Nenner (Nutzwerte).<br />

• Sie strukturiert den Kommunikationsprozeß der Entscheidungsträger,<br />

führt zu verwertbaren Ergebnissen unter Einbeziehung aller relevanter<br />

Aspekte und macht die unvermeidliche Subjektivität in der<br />

Entscheidungsfindung transparent und diskussionsfähig (hoher<br />

Kommunikationswert). Durch eine Sensitivitätsanalyse mit einem<br />

veränderten Expertengremium kann die Stabilität des Entscheidungsergebnisses<br />

überprüft werden.<br />

Die subjektiven Bewertungen sind durch repräsentative Umfragen bei Kunden,<br />

Mitarbeitern und Lieferanten und durch Liquiditäts- und Kapitalwertberechnungen<br />

zu stützen und zu begründen.<br />

In der Nutzwertanalyse drücken die Gewichtungen der Basismerkmale, je nach<br />

Problem, die beigemessene Bedeutung der Leistungsmerkmale einzelner Produkte,<br />

des Unternehmens, einer Sparte, eines strategischen Geschäftsfeldes etc.<br />

aus. Gewichte g und Zielerreichungsgrade U werden in der Nutzwertanalyse<br />

multiplikativ verknüpft und über alle Merkmale i zu Nutzwerten N addiert (vgl.<br />

Abb. 28, S. 33 u. Abb. 29, unten):<br />

[ 01] 1 [ 01]<br />

N = g ⋅U( z , a ) mit g∈ , , g = , U( z , a ) ∈ ,<br />

j<br />

Abb. 29: Lineares Nutzwertmodell<br />

i<br />

i<br />

i j i i j<br />

i<br />

35


In rationalen Präferenzsystemen müssen Merkmalsgewichte als Größen angesehen<br />

werden, die Austauschbeziehungen zwischen einzelnen Zielerreichungsgraden<br />

der Merkmale herstellen (vgl. Abb. 34 u. Abb. 35 S. 41 f.). Man kann ein<br />

Merkmal zu Lasten eines anderen verbessern. Steigt der Zielerreichungsgrad des<br />

einen Merkmals um 10%, während der des anderen um 5% fällt, dann entscheidet<br />

das Verhältnis der Gewichte beider Merkmale, ob der Nutzwert der Aktion steigt,<br />

gleichbleibt oder fällt. Einzelpersonen können sich solche Trade-Offs bewußt<br />

machen. In Gruppen ist ihre Ermittlung ungleich schwieriger und selten eindeutig.<br />

Dennoch sollte man die Merkmalsbewertungen und Gewichte unter Berücksichtigung<br />

der substitutiven Wertbeziehungen durch Befragung abschätzen.<br />

Die Kundenzufriedenheit soll gesteigert werden.<br />

1. Der Moderator wählt hierzu eine Expertenrunde aus.<br />

2. Die Mitglieder der Expertenrunde werden befragt und nennen mögliche<br />

Merkmale der Kundenzufriedenheit.<br />

3. Der Moderator bildet hieraus voneinander nutzenunabhängige Basismerkmale<br />

(Ziele), die den Merkmalsraum aufspannen.<br />

4. Die Basismerkmale werden den Mitgliedern der Expertenrunde präsentiert<br />

und von ihnen nach der Bedeutung für die Kunden gewichtet. Dazu unternimmt<br />

man Kundenbefragungen.<br />

5. Die Expertenrunde ermittelt die subjektiven Zielerreichungsgrade der Basismerkmale<br />

der Unternehmensleistung. Wiederum stützt man sich hierbei<br />

auf Kundenbefragungen.<br />

6. Es werden die Zielerreichungsgrade der Merkmale mit den Gewichten multipliziert<br />

und zu (Ist-) Nutzwerten aufaddiert.<br />

7. Der Moderator ermittelt ein Soll- und ein Ist-Profil der Unternehmensleistung<br />

und erkennt kritische Basismerkmale mit hohen Soll-Ist-<br />

Abweichungen.<br />

8. Es werden zu jedem kritischen Merkmal Maßnahmenpläne gemäß des Prinzipes<br />

der vollkommenen Alternativenstellung entwickelt und die Realisierungskosten<br />

geschätzt.<br />

9. Der Moderator berechnet die Quotienten aus gewichteten Nutzenwertsteigerungen<br />

der Strategien und Realisierungskosten. Er empfiehlt bei gegebenem<br />

Kostenbudget die Realisierung der Maßnahmenpläne mit den größten Kennziffern!<br />

Abb. 30: Einzelschritte einer Nutzwert- (1.-6.) und Kosten-Wirksamkeitsanalyse (1.-9.)<br />

36


Wir verwenden die Nutzwertanalyse zur Bewertung des <strong>Vertrieb</strong>es als Teil der<br />

Unternehmensleistung. Dabei gehen wir davon aus, daß sich die Unternehmensleistung<br />

aus Basismerkmalen zusammensetzt, die wir hinsichtlich ihres Zielbeitrages<br />

zur Kundenzufriedenheit einzeln bewerten können. So kann man zu jedem<br />

Basismerkmal den Ist- und den Soll-Nutzwert angeben.<br />

Weichen Ist- und Sollwerte erheblich voneinander ab, dann liegt ein kritisches<br />

Merkmal vor, in dessen Verbesserung Ressourcen des Unternehmens fließen<br />

sollten. Zur Steigerung der Kundenzufriedenheit sind vom Unternehmen Maßnahmenpläne<br />

zu kritischen Merkmalen aufzustellen und deren Kosten zu bestimmmen.<br />

Die Kosten-Wirksamkeitsanalyse ermittelt die Relation zwischen<br />

den Nutzwertverbesserungen und den Kosten der Maßnahmenpläne. Der wesentliche<br />

Informationsgehalt der Kosten-Wirksamkeitsanalyse liegt in der ordinalen<br />

Rangfolge dieser Kennzahlen. Hierunter verstehen wir die Beziehungen „größer“,<br />

„kleiner“ und „gleich“. Die Abstände zwischen den Kennzahlen sind nicht<br />

wichtig.<br />

Beispiel einer Kosten-Wirksamkeitsanalyse<br />

Problem<br />

Es soll die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Hierzu ist ein Maßnahmenplan<br />

zu empfehlen. Die kritischen Basismerkmale lauten:<br />

• ökologisches Image des Unternehmens<br />

• Wartungsfreundlichkeit der elektronischen Verkaufsprodukte<br />

• Pünktlichkeit der Anlieferungen<br />

Kritische<br />

Merkmale des Kundennutzens<br />

relatives<br />

Gewicht<br />

Bewertung<br />

0,1: schlecht<br />

1,0: gut<br />

U<br />

g<br />

Ökologisches Image 0,2 0,7<br />

Wartungsfreundlichkeit 0,6 0,7<br />

Pünktlichkeit 0,2 0,4<br />

Abb. 31: Gewichte und Bewertungen (vgl. auch das Beispiel auf Seite 178 ff.)<br />

37


Es stehen DM 120.000 zur Verfügung. Um das ökologische Image auf<br />

den Zielwert von 1,0 (maximale Bewertung) zu bringen, müßten DM<br />

50.000 investiert werden. Bei der Wartungsfreundlichkeit sind zum Erlangen<br />

dieses Zielwertes Investitionen von DM 100.000 und bei der<br />

Pünklichkeit von DM 30.000 notwendig. Es können auch Teilbeträge in<br />

die Merkmale investiert werden.<br />

Das Prinzip der vollkommenen Alternativenstellung fordert, daß der<br />

Entscheidungsträger durch die Formulierung des Entscheidungsproblems<br />

• gezwungen ist, eine der Maßnahmen zu ergreifen,<br />

• gleichzeitig aber nur eine einzige der Alternativen realisieren kann.<br />

Bestimmen Sie die optimale Maßnahme auf der Grundlage der Kostenwirksamkeiten.<br />

Es soll das gesamte Budget von DM 120.000 eingesetzt<br />

werden. Restbeträge sind nutzenmaximierend auf die Merkmale zu verteilen.<br />

Die Kostenwirksamkeitsrelationen der einzelnen Merkmale sind<br />

unabhängig von der Höhe des investierten Geldbetrages (linearer Fall).<br />

Lösungsweg<br />

Den Lösungsweg gibt die Abb. 30 auf Seite 36 wieder. Das Ergebnis eines<br />

solchen Entscheidungsprozesses kann in einem Tableau festgehalten<br />

werden, wie es die Abb. 32, unten, (vgl. auch Abb. 101, S. 179) veranschaulicht.<br />

Lösung<br />

Kritische<br />

Merkmale des<br />

Kundennutzens<br />

relatives<br />

Gewicht<br />

g<br />

Bewertung Nutzwert<br />

0,1: schlecht<br />

1,0: gut<br />

U N i<br />

Sollwert<br />

N s<br />

Soll-Ist Kosten K Relation<br />

Differenz der Pläne<br />

∆N<br />

Mio.DM<br />

ökologisches Image 0,2 0,7 0,14 0,2 0,06 0,050 1,2<br />

Wartungsfreundlichkeit 0,6 0,7 0,42 0,6 0,18 0,100 1,8<br />

∆N/K<br />

Pünktlichkeit 0,2 0,4 0,08 0,2 0,12 0,030 4,0<br />

Abb. 32: Ermittlung der Kostenwirksamkeiten<br />

38


Die Entscheidungsregel ist einfach, da die berechneten Kostenwirksamkeitsrelationen<br />

auch für Teilbeträge gelten, mit denen nicht die Sollnutzwerte<br />

erreicht werden (linearer Fall). Für drei Merkmale n, p und r<br />

ist die folgende lineare Funktion durch Verteilung der Mittel K auf die<br />

Merkmale n, p und r zu maximieren:<br />

∆N n<br />

∆N p<br />

∆N r<br />

n<br />

p<br />

r<br />

, ,<br />

max max max<br />

Kn<br />

Kp<br />

Kr<br />

MAX ∆N = K ⋅ + K ⋅ + K ⋅<br />

K n K p K r<br />

mit K = Kn + Kp + Kr<br />

und<br />

Kn<br />

max<br />

≤ Kn<br />

und K p<br />

K<br />

max<br />

≤ p und K r<br />

K<br />

max<br />

≤ r .<br />

Die folgenden Alternativen (vgl. Abb. 33, unten) beschreiben die Menge<br />

zulässiger dominanter Maßnahmen vollständig:<br />

Investitionsbeträge<br />

Alternativen a 1 a 2 a 3 a 4 a 5<br />

ökologisches Image 50 20 50<br />

Wartungsfreundlichkeit 70 100 100 90 40<br />

Pünklichkeit 20 30 30<br />

Abb. 33: Maßnahmen<br />

Die Entscheidungsregel lautet:<br />

Investiere den maximal möglichen Betrag in das Merkmal mit der größten<br />

Kostenwirksamkeitsrelation. Vom Rest investiere den maximal<br />

möglichen Betrag in das Merkmal mit der zweitgrößten Relation, usw. .<br />

Arbeite die ordinale Reihenfolge der Kostenwirksamkeitsrelationen ab.<br />

Die Alternative a 4 ist im linearen Fall optimal: Man gibt DM 30.000 für<br />

die Verbesserung der Pünklichkeit aus. Die Kostenwirksamkeitsrelation<br />

beträgt hierbei 4,0. Die verbleibenden DM 90.000 werden zur Verbesse-<br />

39


ung der Wartungsfreundlichkeit mit einer Kostenwirksamkeitsrelation<br />

von 1,8 verwendet.<br />

Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen äußern wir deshalb<br />

die begründete Vermutung, daß der Maßnahmenplan a 4 die Kundenzufriedenheit<br />

am stärksten steigert und empfehlen diese Alternative.<br />

C<br />

40


2.6 Anhang: Bewertung und Gewichtung<br />

Im 2. Kapitel argumentieren wir, daß der Nutzwert- und Kosten-Wirksamkeitsanalyse<br />

eine große Bedeutung als Entscheidungsmethode zur Ressourcenverteilung<br />

im Unternehmen zukommt. Wir werden die Nutzwertanalyse auch<br />

noch zur Lösung von Teilproblemen im <strong>Vertrieb</strong> verwenden. Wir sehen in ihr eine<br />

Möglichkeit, die vielseitigen quantitativen und qualitativen Zielsetzungen in<br />

praktischer Weise zu integrieren. Das gemeinsame Dach dieser verschiedenen<br />

Zielsetzungen ist der subjektive Nutzwert. Für die korrekte Verarbeitung und<br />

Auswertung der Daten ist es von Bedeutung, die Eigenart dieser Größe genauer<br />

kennenzulernen.<br />

Nachfolgend zeigt Abb. 34 die Nutzenfunktion eines Experten. Die Indifferenzlinien<br />

sind Höhenlinien gleichen Nutzwertes. Sie verdeutlichen die Substitution<br />

einer Merkmalsausprägung durch eine andere bei konstantem Nutzwert. Die Indifferenzlinien<br />

sind in der Nutzwertanalyse linear.<br />

Abb. 34: Nutzenfunktion mit linearen Indifferenzkurven<br />

41


Abb. 35 zeigt, daß ein logischer Zusammenhang zwischen den Gewichten und<br />

den Nutzenbewertungen besteht.<br />

n und r repräsentieren zwei Merkmale (Ziele). Der Nutzwert eines Experten setzt<br />

sich aus zwei Teilnutzwerten linear zusammen (vgl. Abb. 34, S. 41):<br />

N = Nn<br />

+ Nr<br />

mit Nn = gn ⋅ U( zn, aj) und Nr = gr ⋅ U( zr, aj).<br />

Hierbei kennzeichnen die Gewichte g, g ∈( 01 , ) , die Bedeutungen, die der Experte<br />

den einzelnen Zielen z zuweist. Wir suchen eine Maßnahme ak, durch die<br />

sich der Zielerreichungsgrad U n des Merkmals n verringert und der Zielerreichungsgrad<br />

U r des Merkmals r erhöht, aber der Nutzwert unverändert bleibt:<br />

( ( , ) ( , )) ( ( , ) ( , ))<br />

gn ⋅ Uzn ak − Uzn aj = −gr ⋅ Uzr ak −Uzr aj<br />

Durch dieses Experiment erkennen wir deutlich den Zusammenhang zwischen<br />

den Bewertungen und den Gewichten. Wir bringen die Gewichte auf die rechte<br />

Seite der Gleichung und die Zielerreichungsgrade auf die linke. Die Grenzrate<br />

der Substitution der Zielerreichungsgrade gleicht dem negativen umgekehrten<br />

Verhältnis der Merkmalsgewichte:<br />

Uz ( n, ak) − Uz ( n, aj)<br />

gr<br />

=−<br />

Uz ( r, ak) − Uz ( r, aj)<br />

N konstant gn<br />

Aus nutzentheoretischer Sicht sind Bewertungen und Gewichtungen Ausdruck<br />

desselben Präferenzsystems.<br />

Abb. 35: Substitutionsrate und Gewichte<br />

42


2.7 Aufgaben<br />

1. Aufgabe<br />

Erläutern Sie den Begriff: Adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozess.<br />

2. Aufgabe<br />

Nennen Sie produktbezogene und unternehmensbezogene Funktionen.<br />

3. Aufgabe<br />

Grenzen die die Begriffe <strong>Vertrieb</strong>, Absatz und Marketing voneinander ab.<br />

4. Aufgabe<br />

Was versteht man unter produktions-, kapitalmarkt- und marketingorientierten<br />

Zielen der Unternehmensführung?<br />

5. Aufgabe<br />

Aus welchen Elementen baut sich die Nutzwertanalyse auf?<br />

6. Aufgabe<br />

Warum führt eine Spartenorganisation zu Synergieverlusten?<br />

7. Aufgabe<br />

Die Nutzwertanalyse besitzt eine Reihe von Defiziten. Nennen Sie diese.<br />

8. Aufgabe<br />

Nennen Sie die Vorteile der Nutzwertanalyse.<br />

9. Aufgabe (Anhang)<br />

Gewichte können im Sinne von Substitutionsraten interpretiert werden, die zwischen<br />

Teilzielen bestehen. Zeigen Sie diesen Zusammenhang.<br />

43


3 <strong>Vertrieb</strong> und Wettbewerb<br />

3.1 Substitutionalität und <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />

Unter den Unternehmenszielen nimmt der kurz-, mittel- und langfristige Gewinn<br />

eine herausragende Stellung ein. Im Streben nach Zielerreichung versuchen<br />

Unternehmen, ihre Produkte kundengerecht zu gestalten und zu variieren.<br />

Determinanten des eigenen Unternehmens und des Umfeldes bestimmen die Gewinnentwicklung.<br />

Wir können diese Einflußgrößen nach ihrer grundsätzlichen<br />

Veränderbarkeit durch das einzelne Unternehmen und der Zeitspanne bis zur<br />

Realisierung typisieren (vgl. Abb. 36, unten).<br />

Determinanten der<br />

Gewinnentwicklung<br />

(interdependent)<br />

Verbesserungen sind<br />

einzelwirtschaftlich<br />

Herbeiführbar<br />

Zeitspanne von der<br />

Entscheidung bis zur<br />

Realisierung<br />

Sachleistung (Variation) gut kurzfristig<br />

<strong>Vertrieb</strong>sleistung gut kurzfristig<br />

Informationslage gut kurzfristig<br />

Technologie gut mittelfristig<br />

Managementleistung gut mittelfristig<br />

Sachleistung (Innovation) gut langfristig<br />

Substitutionalität mittel kurzfristig<br />

Faktorkosten wenig kurzfristig<br />

Liquidität der Kunden kaum --<br />

Abb. 36: Beispiele von Variablen der Unternehmensentscheidung<br />

Die Kundenzufriedenheit ist die entscheidende Determinante für die Gewinnentwicklung<br />

des Unternehmens (vgl. Abschnitt 2.4, S. 25 ff.). Sie gründet sich<br />

auf zwei gegensätzliche Konzepte:<br />

• Kostenführerschaft führt bei hoher Substitutionalität der Produkte zu niedrigen<br />

Preisen, was eine bedeutsame Determinante der Kundenzufriedenheit darstellt<br />

und das Kaufverhalten stark beeinflußt.<br />

• Kann die Kostenführerschaft nicht übernommen werden, dann bietet die Qualitätsführerschaft<br />

einen Ausweg. Hat man hiermit Erfolg, dann reduziert sich<br />

45


die Substitutionalität und der Preis kann steigen. Der Kunde honoriert die<br />

(subjektiv wahrgenommene) Qualität mit seinem Bestellverhalten.<br />

Die Fähigkeit zur Kostenführerschaft erfordert weitgehend standardisierte Produkte,<br />

die man mit modernen Technologien in großen Stückzahlen erzeugt. Hierdurch<br />

nutzt man die Vorteile der Durchschnittskostendegression. Zwar sind die<br />

Wettbewerbsprodukte gegeneinander austauschbar, doch schützt der Preisvorteil<br />

des Kostenführers vor einem Wechselverhalten.<br />

Mit der zunehmenden globalen Außenhandelsverflechtung steigt der Importdruck.<br />

Den Industrieunternehmen Westeuropas und Nordamerikas fällt es wegen<br />

des hohen heimischen Kostenniveaus immer schwerer, globale Kostenführerschaften<br />

auszuüben. In Osteuropa, Asien und Südamerika produzierende Unternehmen<br />

sind in der Lage, bei deutlich geringeren Kostenniveaus, gleichwohl hohem<br />

Ausbildungsstand der Beschäftigten, moderne Technologien einzusetzen.<br />

Deshalb bleibt Unternehmen in den „alten“ Industrieländern häufig nur der Versuch,<br />

die Substitutionalität ihrer Produkte durch Qualitätssteigerungen zu verringern.<br />

Hierbei kann auch der <strong>Vertrieb</strong> eine wichtige Rolle übernehmen (vgl. Abb.<br />

37, S. 47).<br />

Die Substitutionalität läßt sich über die Sachleistung, die <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />

und die Kommunikation verringern:<br />

(1) Zunächst kann man die Gestaltung und die Technologie der Produkte<br />

variieren und sie damit von Wettbewerbererzeugnissen, die<br />

anwendungstechnisch die gleiche Leistung erbringen, unterscheidbar<br />

machen.<br />

(2) Dann lassen sich die psychologischen Produktmerkmale verändern.<br />

Mit einem Markennamen, einem Symbol oder einem Gütesiegel<br />

lassen sich Eigenschaften wie Qualität, Ökologie, Service u.a.<br />

vermitteln. Hierfür ist der Einsatz von kommunikationspolitischen<br />

Instrumenten notwendig.<br />

46


Sachleistung<br />

Gestaltung und<br />

Technologie<br />

<br />

<strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />

Verkauf und Distribution<br />

<br />

Substitutionalität<br />

der Produkte<br />

<br />

Kommunikation<br />

psychologische<br />

Merkmale<br />

Abb. 37: Determinanten der Substitutionalität<br />

(3) Schließlich können Unternehmen noch die <strong>Vertrieb</strong>sanstrengungen<br />

erhöhen. Durch eine adaptive Strategie werden die Verkaufs- und<br />

Transportleistungen den individuellen Kundenbedürfnissen angenähert.<br />

Auch hier hat die Kommunikation eine wichtige Aufgabe, da<br />

sie maßgeblich die psychologischen Merkmale der <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />

bestimmt.<br />

In dem vorliegenden Kapitel beschäftigen wir uns mit dem Zusammenhang zwischen<br />

dem <strong>Vertrieb</strong> und der Substitutionalität von Produkten. Wir können sie<br />

nach verschiedenen Verfahren bestimmen und diskutieren Produkthierarchien,<br />

Kreuzpreiselastizitäten und das „Forced-Switching“ Modell. Mithilfe einer<br />

gezielten <strong>Vertrieb</strong>sdifferenzierung und Marktsegmentierung läßt sich die Kundenzufriedenheit<br />

steigern und die Substitutionalität verringern.<br />

47


3.1.1 Substitutionalität und Produkthierarchien<br />

Bei der Aufstellung einer Produkthierarchie geht man intuitiv vor. Die Kaufentscheidung<br />

des Kunden interpretiert man als Prozeß:<br />

Der Kunde geht zunächst von sehr allgemeinen Merkmalen aus, mit denen<br />

er die Gruppe der Produkte eingrenzt. Im Vordergrund steht zunächst<br />

der grundlegende Nutzen, den Produkte für eine bestimmte Anwendung<br />

besitzen. Es treten dann technische Merkmale hinzu, die<br />

konkreter die Anwendungssituation definieren. Zum Schluß werden<br />

noch Merkmale wichtig, die sehr spezieller technischer und auch rein<br />

psychologischer Natur sind. Während noch eine Vielzahl von Produkten<br />

die grundlegenden Merkmalen aufweisen, wird diese Menge mit zunehmender<br />

Konkretisierung und Spezialisierung der Merkmale immer<br />

kleiner. Schließlich bleiben nur noch wenige Marken übrig, die sich nur<br />

durch Marginalien unterscheiden und deshalb leicht untereinander substituierbar<br />

sind. Sie stehen in einem sehr hohen Wettbewerb zueinander<br />

(vgl. Abb. 38, unten).<br />

Nutzenhierarchie<br />

Grundnutzen<br />

<br />

Technologien<br />

<br />

Präferenz<br />

<br />

Nachfrage<br />

Spezialisierung der<br />

Leistung<br />

Produktklasse<br />

Produkttypen<br />

Produktvarianten<br />

Marken<br />

Substitutionalität<br />

und Konkurrenz<br />

sehr gering<br />

gering<br />

mittel<br />

hoch<br />

Abb. 38: Produkthierarchie und Konkurrenz<br />

Durch das Aufstellen einer Produkthierarchie gelingt es, in einer ersten Annäherung<br />

die Produkte mit einer hohen Substitutionalität zueinander herauszufinden<br />

48


und den Markt abzugrenzen. Natürlich setzen Produkthierarchien eine gute<br />

Kenntnis des Kaufentscheidungsprozesses der Kunden voraus.<br />

Beispiel<br />

Wir versetzen uns in die Situation eines Kunststoffherstellers, der ein<br />

„PE“ (Polyethylen) unter der Marke „Mosopol 1710“ vertreibt. Seine<br />

Kundenerfahrung sagt ihm, daß die Verwendung des Polyethylens als<br />

formgebender Werkstoff die grundlegende Anwendung ist.<br />

Die Schlüsselfragen sind nun:<br />

„Warum wählen Kunden gerade das ‘Mosopol 1710’? In welchem<br />

Wettbewerb steht unsere Marke? Konkurriert sie gegen andere Polyethylenvarianten<br />

oder gegen PVC, Holz, Zement, Glas oder Eisen?“<br />

Durch chemische und physikalische Untersuchungen können wir diese<br />

Fragen nicht beantworten. Erst der Kaufentscheidungsprozess der Kunden<br />

gibt hierüber Aufschluß.<br />

Unser Kunststoffhersteller überlegt sich nun im ersten Schritt eine möglichst<br />

vollständige Menge formgebender Werkstoffe. In einem zweiten<br />

Schritt sammelt er Merkmale formgebender Werkstoffe, die seiner Ansicht<br />

nach für Kunden Bedeutung bei der Entscheidung besitzen, welches<br />

Produkt sie wählen. Manche Merkmale differenzieren große Produktgruppen<br />

und andere einzelne Marken innerhalb einer Produktgruppe. Hierdurch<br />

ergibt sich in einem dritten Schritt eine Hierarchie der Merkmale.<br />

Auf jeder Merkmalsebene gibt es eine Produktgruppe, zu der das „Mosopol“<br />

zählt und ein Rest, der ausscheidet. Durch Hinzunahme zusätzlicher<br />

Merkmale verringert sich im vierten Schritt die Anzahl der Wettbewerbsprodukte<br />

immer weiter bei gleichzeitiger Erhöhung der Substitutionalität.<br />

Wie bei einer Zwiebel fällt Schale für Schale ab und übrig bleibt das „Mosopol“<br />

mit wenigen anderen Marken, zwischen denen ein großer Wettbewerb<br />

besteht.<br />

49


Ebene<br />

Abb. 39, unten, zeigt eine Produkthierarchie am Beispiel formgebender Werkstoffe.<br />

Grundnutzen<br />

<br />

Technologie<br />

<br />

Präferenz<br />

3 Modisch,<br />

ökologisch<br />

4 <strong>Vertrieb</strong>sservice,<br />

Preis<br />

<br />

Nachfrage<br />

<br />

PP/PE, Edelstahl, Buche<br />

PE der Marke Mosopol,<br />

Edelstahlbleche von<br />

Stahlvertrieb GmbH<br />

Lfd.<br />

Nr.<br />

Merkmal Inklusiv Exklusiv<br />

1 Formbar Beton, Gips, Kunststoffe,<br />

Wasser, Sand, Luft,<br />

Holz, Metalle, Glas, Getreide, u.a.<br />

Keramik<br />

2 Biegsam, flexible Kunststoffe, Beton, Gips, spröde<br />

leicht Holz, Metalle<br />

Kunststoffe, Glas, Keramik<br />

PVC, Aluminium<br />

sonstige Marken und<br />

Anbieter<br />

Enger Wettbewerbsmarkt<br />

PE der Marke Mosopol,<br />

Edelstahlbleche von<br />

Stahlvertrieb GmbH<br />

Abb. 39: Beispiel einer Produkthierarchie<br />

Im Ergebnis erkennen wir, daß sowohl der Kunststoff Polyethylen der Marke<br />

„Mosopol“ als auch Edelstahlbleche der Firma „Stahlvertrieb GmbH“ alle<br />

Merkmale, die eine Rolle im Kaufentscheidungsprozess der Kunden spielen, erfüllen.<br />

Damit stehen diese beiden Produkte in hoher Konkurrenz zueinander.<br />

Produkthierarchien enthalten ein stark subjektives und willkürliches Element:<br />

Die Marktkenntnisse und Kundenerfahrungen der <strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter<br />

bestimmen die Qualität dieser Methode. Es handelt sich hierbei aber um<br />

eine einfache und sehr edukative analytische Herangehensweise für<br />

<strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter. Man macht sich dadurch bewußt, was über Kunden<br />

und deren Kaufentscheidungsprozesse bekannt ist und gewinnt einen<br />

klaren Eindruck der eigenen Wettbewerbswahrnehmung und Informationsdefizite.<br />

50


3.1.2 Substitutionalität und Kreuzpreiselastizitäten<br />

Mithilfe ökonomischer Modelle, die präzise Meßverfahren ermöglichen, versucht<br />

man, objektiv die Substitutionalität und damit die Konkurrenz zu ermitteln. Die<br />

Kreuzpreiselastizität stellt die relative Änderung der Nachfragemenge eines<br />

Gutes in eine ursächliche Beziehung zur relativen Änderung des Preises eines<br />

anderen Gutes (vgl. Abb. 40, unten). Man geht davon aus, daß bei Substitutionsbeziehungen<br />

die Verschlechterung der Kaufbedingungen bei einem Gut<br />

durch Erhöhung des Preises dazu führt, daß Konsumenten auf ein anderes Gut<br />

ausweichen (Substitutionseffekt). Die Änderungen des Preises und der Nachfragemenge<br />

messen wir als Prozentsätze des Preis- und des Nachfrageniveaus.<br />

p : Preis des Gutes<br />

X: Nachfragemenge<br />

∆ : Differenz<br />

d : marginale Differenz<br />

i, j: Indizes für Produkte i und j<br />

Abb. 40: Kreuzpreiselastizität<br />

Wenn wir den Preis eines Gutes beispielsweise um 5% anheben und deshalb<br />

10% zusätzlich von einem Substitut gekauft wird, dann ist die Substitutionsbeziehung<br />

vergleichsweise eng. Wenn hingegen nur 1% zusätzliche<br />

Menge nachgefragt wird, dann ist die Substitutionsbeziehung relativ<br />

weit.<br />

Formelmäßig können wir die Kreuzpreiselastizität folgendermaßen schreiben:<br />

e<br />

ij<br />

i≠<br />

j<br />

∆ x<br />

i<br />

=<br />

x<br />

i<br />

∆ x<br />

i<br />

=<br />

∆ p<br />

j ∆ p<br />

j<br />

⋅<br />

p<br />

j<br />

p<br />

x<br />

i<br />

j<br />

51


Bei differenzierbaren Nachfragefunktionen und infinitesimal kleinen Änderungen<br />

des Preises verwenden wir das Konzept der Differentialrechnung zur Bestimmung<br />

der Punktelastizität:<br />

e<br />

ij<br />

i≠<br />

j<br />

dxi<br />

= ⋅<br />

dp<br />

j<br />

p<br />

x<br />

j<br />

i<br />

Die Kreuzpreiselastizität kann nur eingeschränkt als Maß der Substitutionalität<br />

dienen. Wir merken die folgenden drei Punkte kritisch an:<br />

(1) Preisvariationen lösen vielschichtige Veränderungen des wahrgenommenen<br />

Produktnutzens aus:<br />

• Häufig glauben Kunden über den Preis die Produktqualität zu erkennen.<br />

In solchen Fällen können Preiserhöhungen zu einem Anstieg der Nachfrage<br />

führen (Qualitätseffekt).<br />

• Da durch die Preiserhöhung das reale Budget des Kunden sinkt (realer<br />

Einkommenseffekt), verändert sich sein Kaufverhalten insgesamt. Wir<br />

nehmen als Beispiel an, daß er wenige teure Farbkopierer kauft und von<br />

seinem restlichen Budget den hauptsächlichen Bedarf durch billige<br />

Schwarz-Weiß-Kopierer abdeckt. Es ist durchaus denkbar, daß durch<br />

die Preiserhöhung der billigen Geräte der Kunde sich nun weniger<br />

Farbkopierer leistet und diese durch die anderen schrittweise substituiert.<br />

Der Qualitätseffekt und der reale Einkommenseffekt verzerren den Substitutionseffekt.<br />

Sie müssen ermittelt und herausgerechnet werden, was praktisch<br />

kaum möglich ist. Kreuzpreiselastizitäten sind also nur eingeschränkt ein<br />

operationales Maß der Gütersubstitution. Neben dem Merkmal „Preis“<br />

gibt es zahlreiche andere Eigenschaften, die den wahrgenommenen Nutzen<br />

des Produktes und damit die Kaufhandlungen prägen. Sie werden bei der Ermittlung<br />

der Kreuzpreiselastizität konstant gehalten. Dies gilt natürlich auch<br />

für die Merkmale der <strong>Vertrieb</strong>sleistung.<br />

52


(2) Die Methode der Kreuzpreiselastizität basiert auf der Kenntnis der Nachfragefunktion.<br />

Eine solche Prämisse ist kaum haltbar. Nachfragefunktionen können<br />

wir nur durch aufwendige Erhebungen von Primärdaten ermitteln. Die Praxis<br />

ist hierzu kaum in der Lage. Sollte sich aber ein Unternehmen tatsächlich die<br />

Mühe machen, dann wäre die Nachfragefunktion mit erheblichen Unsicherheiten<br />

behaftet.<br />

(3) Die Methode der Kreuzpreiselastizität verdeutlicht nicht den Kaufentscheidungsprozeß<br />

und die Produktmerkmale, die für Kunden wichtig sind.<br />

An der intuitiven Methode der Produkthierachie erkannten wir, daß man Erzeugnisse<br />

nicht als Ganzheit, sondern selektiv als Bündel von nutzenstiftenden<br />

Merkmalen wahrnimmt. Diese entscheiden über die subjektive „Nähe“ von Produkten<br />

und ihre Substituierbarkeit. Es gelang uns, den Beitrag des <strong>Vertrieb</strong>sservices<br />

mit der Methode der Produkthierarchie darzustellen. Wir werden nun den<br />

Gedanken der Produkthierarchie aufnehmen und ein stochastisches Modell entwickeln,<br />

mit dem meßbar wird, ob Güter zu einem gemeinsamen Wettbewerbsmarkt<br />

gehören oder nicht.<br />

3.1.3 Stochastische Analyse der Substitutionalität<br />

Bei der Methode der Produkthierarchie entscheiden die Kunden darüber, ob Produkte<br />

und letztlich deshalb auch Unternehmen in signifikanter Konkurrenz zueinander<br />

stehen oder nicht. Man macht sich hierbei die Kundenerfahrung des<br />

<strong>Vertrieb</strong>smitarbeiters zunutze. Damit vernachlässigt man allerdings die Unsicherheit,<br />

die dem Wissen über das Kaufverhalten der Kunden anhaftet.<br />

Wir wollen jetzt diese Unsicherheit berücksichtigen und hierfür ein mathematisch-statistisches<br />

Testmodell heranziehen, das erlaubt, systematisch und effizient<br />

mit unvollkomenen Informationen umzugehen.<br />

Zur Erläuterung der Teststatistik konstruieren wir das folgende Beispiel:<br />

53


Bei der Nutzenwahrnehmung der Marke X handelt es sich um eine<br />

Kombination von Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistungen. Wir können uns z.B.<br />

ein Kunststoffgranulat vorstellen, welches einschließlich eines anspruchsvollen<br />

internationalen <strong>Vertrieb</strong>sservices (Beratung, Musterversandt,<br />

flexible Logistik, vgl. Kap. 6, S. 172 ff.) gekauft wird. Wir wollen<br />

wissen, zu welchen Marken unser X im Wettbewerb steht und ob der<br />

Verkaufs-, Bereitstellungs- und Transportservice hierbei einen bedeutsamen<br />

Kaufgrund darstellt. Dazu nehmen wird eine repräsentative<br />

Stichprobe aus der Grundgesamtheit der Kunden, die das Produkt der<br />

Marke X von uns kaufen.<br />

Dann stellen wir den Probanden in der Stichprobe die folgende Frage:<br />

„Welches Produkt würden Sie kaufen, wenn die Marke X nicht<br />

mehr lieferbar wäre?“<br />

Natürlich können wir eine solche Frage nicht in dieser direkten Form an<br />

unsere Kunden richten. Es empfiehlt sich, ein neutrales Institut zu beauftragen<br />

und die Frage nur indirekt in einem größeren Zusammenhang<br />

zu stellen.<br />

Anschließend klassifizieren wir die genannten Produkte danach, ob es<br />

sich um die gleiche technologische Variante und um das gleiche <strong>Vertrieb</strong>sserviceniveau<br />

handelt. Hierfür können wir den Probanden Zusatzfragen<br />

stellen. Unsere Kunden kennzeichnen die folgenden Verhaltensweisen:<br />

• Treue zum Service: Produkte mit gleichen <strong>Vertrieb</strong>sserviceniveaus<br />

stellen einen Markt dar und die Technologie ist ein sekundäres<br />

Merkmal.<br />

• Treue zur technologischen Variante: Produkte mit gleicher Technologie<br />

stellen einen Markt dar und der <strong>Vertrieb</strong> wird zu einem sekundären<br />

Merkmal.<br />

54


• Andere Charakteristika: Es kann im Wechselverhalten weder<br />

„Treue zum Service“ noch „Treue zur Technologie“ nachgewiesen<br />

werden.<br />

Um eine <strong>Vertrieb</strong>sstrategie aufbauen zu können, müssen wir die Merkmale<br />

der Substitutionalität kennen. Die folgenden Anwendungen der Ergebnisse<br />

unserer Teststatistik kommen in Betracht:<br />

• Um nicht den eigenen Absatz durch eine Produkteinführung zu<br />

schädigen („Sortimentkannibalismus“), muß das Sortiment wirkungsvoll<br />

differenziert sein. Wir müssen die Substitutionsbeziehungen<br />

zu den eigenen Produkten gering halten. Zur Differenzierung<br />

der Produkte dient auch der <strong>Vertrieb</strong>sservice.<br />

• Bei der Bestimmung wettbewerblicher <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen muß<br />

vorher geklärt sein, welches die Produkte im Markt sind, zu denen die<br />

eigenen Marken im Wettbewerb stehen. Dazu sind aus der Vielfalt<br />

der Produkteigenschaften diejenigen relevanten Merkmale herauszufiltern,<br />

auf die sich die Kunden konzentrieren, wenn sie Substitute<br />

identifizieren. Durch diese relevanten Produktmerkmale kommen die<br />

Wettbewerbsbeziehungen im Markt zustande.<br />

Grundlage jeder <strong>Vertrieb</strong>sstrategie ist die vorherige produktmäßige<br />

Marktabgrenzung. Sie beinhaltet z.B. die Aussage, daß unser Produkt<br />

mit der Technik 1 und einem hohen <strong>Vertrieb</strong>sservice gegen das Wettbewerbsprodukt<br />

mit der anderen Technik 2 und ebenso hohem <strong>Vertrieb</strong>sservice<br />

eng konkurriert, nicht aber gegen ein Wettbewerbsprodukt,<br />

welches mit der Technik 1 arbeitet, aber nur mit geringem <strong>Vertrieb</strong>sservice<br />

angeboten wird.<br />

• Die produktorientierte Marktabgrenzung kann bereits als eine erste<br />

Identifikation von Marktsegmenten verstanden werden. In der<br />

Segmentierung des Absatzmarktes geht es darum, Kundengruppen,<br />

die durch homogenes Kaufverhalten auf einzelne Marketingmaß-<br />

55


nahmen reagieren, zu erkennen und bewußt zu entwickeln. Jedes so<br />

gewonnene Segment zeichnet sich durch ein typisches Substitutionsverhalten<br />

aus.<br />

In der Kundenbefragung simulieren wir den Fall, daß unserere Marke X<br />

aus dem Markt genommen wird. Zwei mögliche Auswirkungen auf die<br />

Marktanteile der anderen Produkte können sich hieraus ergeben:<br />

1. Möglichkeit<br />

Die Elimination von X erhöht gleichmäßig die Nachfrage nach den anderen<br />

Produkten. Es liegt dann kein Wettbewerbsmarkt vor.<br />

2. Möglichkeit<br />

Die Elimination von X erhöht ungleichmäßig die Nachfrage nach den<br />

anderen Produkten. Die Substitute, welche besonders viel Nachfrage<br />

hinzugewinnen konnten, bilden zusammen mit unserem Produkt X einen<br />

Wettbewerbsmarkt.<br />

Beispiel zur Bestimmung der stochastischen Substitutionalität<br />

Problem<br />

Wir betrachten die Produkte X 1 , A 2 , B 1 , C 2 , D 2 und E 1 . Fett bezeichnet<br />

den Just-In-Time-Service und der Index die Technologie. Wir befragen<br />

100 Käufer unseres Produktes X 1 . Per Sekundärrecherche wissen wir<br />

über die Produkte A 2 , B 1 , C 2 , D 2 und E 1 folgendes:<br />

• Die Produkte X 1 , B 1 und D 2 werden zusammen mit einem Just-In-<br />

Time-(JIT-)Lieferservice angeboten (deshalb fett markiert). Bei den<br />

anderen Produkten müssen die Kunden eine eigene Lagerhaltung<br />

betreiben.<br />

56


• Die Produkte X 1 , B 1 und E 1 arbeiten mit der Technologie 1. Die Produkte<br />

A 2 , C 2 und D 2 arbeiten bei gleichem Anwendungszweck nach<br />

der technologischen Variante 2 (Index).<br />

Ermitteln wir die Gesamtabsatzmenge der Produkte X 1 , A 2 , B 1 , C 2 , D 2<br />

und E 1 und berechnen die Anteile der einzelnen Produkte an dieser Gesamtabsatzmenge,<br />

dann erhalten wir folgende Werte (vgl. Abb. 41,<br />

unten):<br />

Marke X 1 A 2 B 1 C 2 D 2 E 1<br />

Anteile 0,2 0,1 0,25 0,2 0,1 0,15<br />

Abb. 41: Beispiel einer Ausgangsmatrix<br />

Der Marktanteil der JIT-Konkurrenzprodukte liegt zunächst bei 0,35.<br />

Durch das Wechselverhalten verändert sich dieser Marktanteil (vgl.<br />

Abb. 42, unten). Wir wollen nun die Null-Hypothese aufstellen, daß<br />

kein Markt der JIT-Produkte vorliegt und uns durch die Befragung<br />

eventuell vom Gegenteil überzeugen lassen.<br />

52 Probanden würden wegen des „forced switching“ zu Produkten<br />

wechseln, die einschließlich eines Just-In-Time-Service angeboten werden.<br />

Wechselverhalten<br />

Marke X 1 A 2 B 1 C 2 D 2 E 1<br />

Häufigkeiten 100 20 17 4 35 24<br />

Abb. 42: Beispiel einer Wechselmatrix<br />

Die Fragen, die wir nun durch Analyse der Wechselmatrix beantworten<br />

können, lauten:<br />

Lassen sich die Behauptungen belegen, daß<br />

1. der Just-In-Time-Service maßgeblich das Substitutionsverhalten der<br />

Kunden beeinflußt?<br />

57


2. die Marken, die mit einem Just-In-Time-Service angeboten werden,<br />

unsere Wettbewerbsprodukte sind?<br />

3. der Markt unserer Marke X 1 durch die Just-In-Time Produkte B 1 , D 2<br />

und X 1 definiert wird?<br />

Welche vertriebsstrategischen Schlußfolgerungen können gezogen werden?<br />

Lösungsweg<br />

Das Produkt X 1 besitzt einen Marktanteil von 20%, die restlichen Produkte<br />

von zusammen 80%. Eliminieren wir das Produkt X 1 , dann erhöhen<br />

sich die Marktanteile der restlichen Produkte auf insgesamt 100%.<br />

Im 1. Fall (gleichmäßige prozentuale Erhöhung) wachsen die einzelnen<br />

Marktanteile um den gleichen Prozentsätze von 25 %: Der Marktanteil<br />

des Produktes A steigt auf 10% ⋅ 100 = 12 , 5% an, der von B1 auf<br />

25%<br />

80%<br />

80%<br />

⋅ 100 = 31,25% . Ebenso können wir die erwarteten Marktanteile der<br />

anderen Produkte berechnen (vgl. Abb. 43, unten).<br />

Marke X 1 A 2 B 1 C 2 D 2 E 1<br />

Erwartete Anteile 0,0 0,125 0,3125 0,25 0,125 0,1875<br />

Abb. 43: Marktanteile<br />

Bei einer gleichmäßigen Verteilung der X 1 -Nachfrage auf die Produkte<br />

A 2 bis E 1 erwarten wir für die JIT-Produkte B 1 und D 2 einen Marktanteil<br />

von 0,4375. Die Auswertung unserer Befragung kann nun signifikante<br />

Abweichungen von den erwarteten Marktanteilen erbringen. Aus<br />

der Analyse der Merkmale der einzelnen Produkte erhalten wir dann<br />

Aussagen zu den Gründen der Substitutionalität.<br />

Da wir nur selten die Gesamtheit unserer Kunden befragen können und<br />

auf Teilbefragungen angewiesen sind, wird die Wahrscheinlichkeit,<br />

58


mit der nach einer Zufallsstichprobe unsere ausgewählten Testpersonen<br />

zu alternativen Produkten wechseln, zu der entscheidenen Größe für die<br />

Beurteilung der Wettbewerbsbeziehungen.<br />

Wir führen die folgenden Symbole ein und geben die dazugehörigen<br />

Werte an:<br />

• Anzahl der Befragten X 1 -Kunden n = 100<br />

• Kunden, die zu JIT-Produkten wechseln nˆ = 52<br />

• erwarteter Marktanteil der JIT-Produkte S = 0,4375<br />

Wir definieren eine Variable Z (Siehe Anhang zum 3. Kapitel, S. 68 ff.):<br />

Z =<br />

nˆ − n ⋅S<br />

n⋅S⋅<br />

[ 1−<br />

S]<br />

Wenn Z ≥ 128 , (vgl. „Ablehungsbereich“, S. 75), dann werden wir unsere<br />

Null-Hypothese ablehnen und stattdessen davon ausgehen, daß ein<br />

Wettbewerbsmarkt der JIT-Produkte existiert.<br />

Wir berechnen Z für das Merkmal „<strong>Vertrieb</strong>sservice“:<br />

52 −100<br />

⋅ 0,4375<br />

Z =<br />

= 1,684 > 1,28<br />

100⋅0,4375⋅0,5625<br />

Die Produkte bilden über das Merkmal „<strong>Vertrieb</strong>sservice“ einen<br />

Wettbewerbsmarkt.<br />

Wir testen nun auch das Merkmal „Technologie“:<br />

• Anzahl der Befragten X 1 -Kunden n = 100<br />

• Kunden, die zu B 1 - und E 1 -Produkten wechseln nˆ = 41<br />

• erwarteter Marktanteil dieser Produkte S = 0,5<br />

59


Z =<br />

41−100⋅0,<br />

5<br />

100 ⋅ 0, 5 ⋅ 0,<br />

5<br />

=− 18 , < 128 ,<br />

Die Technologie bildet keinen Wettbewerbsmarkt.<br />

Ergebnis<br />

Es zeigt sich, daß wir die Null-Hypothese verwerfen müssen. Die JIT-<br />

Produkte bilden einen Wettbewerbsmarkt.<br />

Definieren sich die Substitutionsbeziehungen über den <strong>Vertrieb</strong>sservice,<br />

dann erwachsen hieraus Konsequenzen für die Wettbewerbsstrategie:<br />

Produktpolitik: Bei technologischen und gestalterischen Veränderungen<br />

der Sachleistung sollte man sich dem Wettbewerb anpassen. Doch<br />

liegt hier kein strategischer Schwerpunkt. Das herausragende Produktmerkmal,<br />

welches den Wettbewerb definiert, besteht im JIT-Service. Es<br />

empfiehlt sich, dieses Merkmal auf hohem Niveau weiter zu entwickeln<br />

und zu differenzieren.<br />

Kommunikationspolitik: Den Grundnutzen verdeutlichen wir durch die<br />

Darstellung der zentralen Anwendungen unseres Produktes. Der strategische<br />

Schwerpunkt der Kommunikationspolitik muß aber in der Vermittlung<br />

des JIT-Services als Zusatznutzens liegen. Durch Herausstellung<br />

der differenzierten <strong>Vertrieb</strong>sleistung grenzt man sich vom Wettbewerb<br />

ab.<br />

C<br />

60


3.2 Differenzierung der <strong>Vertrieb</strong>sstrategien<br />

3.2.1 Theorie der Marktsegmente<br />

Im vorherigen Abschnitt grenzten wir den Markt produktmäßig ab. Zu einem<br />

Markt gehören danach die eigenen Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistungen und eine Anzahl<br />

von Wettbewerbsprodukten (nahe Substitute). Die produktmäßige Abgrenzung<br />

ist eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Marktstrategien.<br />

Durch geeignete <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen läßt sich die Substitutionalität und damit<br />

die Marktabgrenzung beeinflussen.<br />

Durch die Verfahren zur Marktabgrenzung haben wir bereits wichtige Kenntnisse<br />

über das Kundenverhalten gewonnen. Eine genauere Analyse und Strukturierung<br />

des gesamten Kundenstammes führt uns in die Theorie der Marktsegmente.<br />

Hierunter verstehen wir Käufergruppen, die auf gleiche Reize gleich reagieren.<br />

Innerhalb der Käufergruppen besteht ein relativ homogenes Kaufverhalten. Es<br />

weicht aber von dem Verhalten in anderen Segmenten deutlich ab.<br />

Für Planungszwecke müssen wir strategische Geschäftseinheiten definieren.<br />

Dies sind Planungseinheiten, die autonome Systeme bilden und zum Gegenstand<br />

einer eigenen Strategie gemacht werden können. Hierfür sind die Marktabgrenzung<br />

und Segmentierung wichtige Voraussetzungen. Zu einer strategischen Geschäftseinheit<br />

gehören die folgenden drei Elemente:<br />

• Zielgruppe (Marktsegment)<br />

• eigenes Produkt (Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistung)<br />

• Wettbewerbsprodukte (nahe Substitute)<br />

Stellen wir uns die folgende Situation vor:<br />

Unser Unternehmen bietet für jedes Segment eine kundenspezifische<br />

Produktvariante unter einem eigenen Markennamen an. Mithilfe leichter<br />

Variationen im Design, in der Verpackung, im <strong>Vertrieb</strong> (vgl. Abb. 44,<br />

S. 62) und im Image kann der Anbieter die Differenzierung durchführen.<br />

61


Sie erlaubt ihm, Kundensegmente individuell anzusprechen, wodurch<br />

der Absatz und der Umsatz gesteigert werden.<br />

Das Unternehmen verlangt für jede Variante entsprechend des segmentspezifischen<br />

Kaufverhaltens und der jeweiligen Wettbewerbssituation<br />

auch einen anderen Preis.<br />

Kundenorientierte Leistung Standardleistung<br />

Haus zu Haus Service<br />

Abholer<br />

garantierte Ankunftszeiten keine Garantien, hohe Varianzen<br />

kurzfristige Änderung der Ankunftszeit<br />

möglich<br />

kurzfristige Änderung der Ankunftszeit<br />

nicht möglich<br />

kurze Bestellfristen<br />

lange Bestellfristen<br />

keine Lagerhaltung durch Kunden Lagerhaltung durch Kunden nötig<br />

variable Mengen<br />

nur Bulk Ware (20 Tonnen)<br />

Verpackung nach Kundenwunsch Standardverpackung<br />

Rücknahme des Verpackungsmaterials<br />

keine Rücknahme<br />

eigene Werksspedition<br />

Fremdspedition<br />

Kontrolle des gesamten Transportweges<br />

keine Kontrollmöglichkeiten<br />

Sofortersatz bei beschädigter Ware kein Sofortersatz möglich<br />

Verkäufer mit hoher Produktkenntnis<br />

kein Außendienst<br />

adaptiver Verkaufsstil<br />

keine Adaption an verschiedene<br />

Kundenindividualitäten<br />

regelmäßige Kundenbesuche Kontakte nur über Telefon und<br />

Fax<br />

eigener technischer Service nur Fremdservice<br />

Abb. 44: Beispiel zweier <strong>Vertrieb</strong>sleistungspakete<br />

Wir wollen nachfolgend am Modell die Vorteile, die sich durch eine Marktsegmentierung<br />

mit anschließender Preisdifferenzierung für den Anbieter erzielen<br />

lassen, darstellen. Hierzu treffen wir die folgenden Annahmen:<br />

1. Es bestehen Segmente mit homogenen Preisbereitschaften.<br />

2. Zwischen den Segmenten existieren Informationsbarrieren.<br />

62


Abb. 45: Linearer Kostenverlauf<br />

Abb. 46: Gewinn bei Segmentierung<br />

Die gewinnmaximierende Vorgehensweise des Anbieters besteht aus<br />

den folgenden Schritten:<br />

1. Identifiziere die Segmente im Markt. Die segmentbildenden Verhaltensweisen<br />

lassen sich häufig durch Werbung und direkte Kommunikation<br />

verstärken.<br />

2. Quantifiziere durch Marktforschung die Preisbereitschaft der Kunden<br />

in jedem Segment.<br />

3. Kommuniziere mit jedem Segment individuell. Variiere die Leistung.<br />

4. Etabliere in jedem Segment einen Preis, der sich an der jeweiligen<br />

Preisbereitschaft orientiert.<br />

Im Segment Nr. 1 sind die Kunden bereit, einen maximalen Preis p 1*<br />

zu<br />

bezahlen und hierbei die Menge ∆ Q 1<br />

zu kaufen. Der Anbieter erzielt bei<br />

p 1*<br />

einen Umsatz von ∆ Q ⋅ p *<br />

. Das Segment Nr. 2 zahlt p 2*<br />

und der<br />

Umsatz lautet: ∆ Q<br />

1 1<br />

⋅ p *<br />

. Die Umsätze in den Segmenten Nr. 3 und 4<br />

2 2<br />

lassen sich entsprechend berechnen:<br />

63


∆ Q<br />

⋅ p *<br />

und ∆ Q ⋅ p<br />

3 3<br />

*<br />

4 4<br />

.<br />

Der Anbieter erzielt mit Q 4<br />

einen Gesamtumsatz von:<br />

∆Q ⋅ p + ∆Q ⋅ p + ∆Q ⋅ p + ∆Q ⋅p<br />

* * * *<br />

1 1 2 2 3 3 4 4<br />

Im Segment Nr. 5 liegt die Preisbereitschaft unter den Stückkosten.<br />

Hier entstünde deshalb ein Verlust. Mit Q 4<br />

erreicht der Anbieter folglich<br />

die optimale Ausbringungsmenge unter den Bedingungen der Preisdifferenzierung<br />

und Segmentierung.<br />

Kosten der Segmentierung entstehen durch:<br />

• Zielgruppenspezifische Marktanalysen, Werbe- und<br />

Distributionsstrategien,<br />

• Produktvariationen,<br />

• zusätzliche Managementleistungen.<br />

Abb. 47: Optimale Segmentanzahl<br />

Abb. 47 stellt die optimale Segmentzahl als Funktion des Gewinns dar. Mit Anzahl<br />

und Art der Produktvariationen erhöhen sich die Produktionskosten. Durch<br />

64


die Segmentierung steigen die <strong>Vertrieb</strong>skosten der Unternehmen häufig erheblich.<br />

Auch die geforderte Managementleistung nimmt zu. Insgesamt führt dies zu<br />

einem Kostenanstieg. Diesem steht die größere Kundennähe und eine daraus<br />

folgende Umsatzerhöhung gegenüber.<br />

3.2.2 Praktische Anforderungen an die Marktsegmentierung<br />

Segmente sprechen wir jeweils mit einer eigenen <strong>Vertrieb</strong>spolitik an. Zunächst<br />

müssen wir aber diese Käufergruppen anhand von Merkmalen identifizieren.<br />

In dem nachfolgenden Beispiel bilden wir ein Segment bestehend aus Ingenieuren<br />

der Buying Centers (Einkaufsgremium, vgl. Abschnitt 4.1.2, S. 89 ff.) unserer<br />

Kunden. Die Merkmale zur zieladäquaten Identifikation des Segmentes sollen<br />

die folgenden praktischen Anforderungen erfüllen:<br />

• Kaufverhaltensrelevanz: Die Merkmale des Segments sollen in einer<br />

engen Beziehung zum Kaufverhalten stehen.<br />

Beispiel: Ingenieure nehmen als Produktionsleiter eine spezifische<br />

Rolle im Buying Center ein. Insofern besitzt das Merkmal „Ingenieur“<br />

eine Beziehung zum Kaufverhalten des Unternehmens. Allerdings<br />

finden wir Ingenieure noch in vielen anderen Funktionen, z.B.<br />

als Qualitätsmanager, als Controller, im technischen Außendienst, in<br />

der Forschung, im Verkauf, weshalb Streuverluste bei der Ansprache<br />

von Ingenieuren entstehen. Es empfiehlt sich deshalb eine genauere<br />

Spezifizierung, z.B. „Ingenieur als Produktionsleiter“. Es könnten<br />

noch psychographische Daten hinzukommen, wie z.B. „starke Karriereorientierung“<br />

oder „bevorzugt heimische Vorlieferanten“.<br />

• Aussagefähigkeit: Die Merkmalsausprägungen sollen die Unterscheidung<br />

zwischen verschiedenen optimalen <strong>Vertrieb</strong>spolitiken erlauben.<br />

65


Beispiel: Die Verkaufsgesprächsführung bei „Ingenieuren als Produktionsleitern<br />

mit einer Neigung zu heimischen Vorlieferanten“ unterscheidet<br />

sich von der bei anderen Ingenieuren und Kaufleuten.<br />

Gleiches gilt für die Messe- und Werbegestaltung. Insofern besitzt<br />

das Merkmalsbündel Relevanz für die Auswahl von <strong>Vertrieb</strong>spolitiken.<br />

• Zugänglichkeit: Die Merkmale sollen Segmente erzeugen, die dann<br />

auch mithilfe von Kommunikations- und Distributionsmitteln erreichbar<br />

sind.<br />

Beispiel: Erreichbarkeit von „Ingenieuren als Produktionsleiter mit<br />

einer Neigung zu heimischen Vorlieferanten“ im Buying Center über<br />

Fachzeitschriften, wissenschaftliche Tagungen, Verbandsveranstaltungen<br />

und Messen ist möglich. An direkten Verkaufsgesprächen<br />

nimmt diese Personengruppe in der Regel nicht teil.<br />

• Meßbarkeit: Die Kriterien sollen meßbar sein, damit willkürliche<br />

Einteilungen möglichst unterbleiben.<br />

Beispiel: Die Meßbarkeit ist bei demographischen Daten gegeben.<br />

Schwierigkeiten treten bei psychographischen Kriterien auf. Es besteht<br />

bei dem Merkmal „Neigung zu heimischen Vorlieferanten“ noch<br />

ein Definitionsbedarf.<br />

• Zeitliche Stabilität: Die Kaufverhaltensrelevanz der Merkmale soll<br />

über einen längeren Zeitraum gleichbleiben, damit die <strong>Vertrieb</strong>spolitik<br />

sich auf die Segmentierung einstellen und wirksam werden kann.<br />

Beispiel: Die Verteilung der Rollen im Buying Center auf Ingenieure<br />

und Kaufleute ist zeitlich stabil. Allerdings ändern sich die Einstellungen<br />

dieser Gruppen zu einzelnen Produkteigenschaften.<br />

66


• Wirtschaftlichkeit: Art und Anzahl der Segmentierung unterliegen<br />

Umsatz- und Kostenoptimierungen.<br />

Beispiel: Zuviele Segmente treiben die <strong>Vertrieb</strong>skosten übermäßig in<br />

die Höhe (vgl. Abb. 47, S. 64).<br />

Segmentierungskriterien<br />

geographisch<br />

• Kulturkreise<br />

• Länder<br />

• Regionen<br />

Abb. 48: Segmentierungskriterien<br />

demographisch<br />

• Alter<br />

• Geschlecht<br />

• Beruf<br />

• Einkommen<br />

psychographisch<br />

• Emotionen<br />

• Motive<br />

• Einstellungen<br />

• Lebensstil<br />

Als Segmentierungskriterien bieten sich geographische, demographische und<br />

psychographische Merkmale an (vgl. Abb. 48, oben).<br />

Psychographische Segmentierungen lassen sich nur mithilfe aufwendiger<br />

Marktforschungsmethoden vornehmen. In der Regeln müssen per schriftlicher<br />

Befragung, durch Interviews oder Laborexperimente Primärdaten über die Kunden<br />

erst ermittelt werden.<br />

Geographische Segmentierungen gibt es zwischen Stadt und Land, in den Ländern<br />

der Europäischen Union oder zwischen Europa, USA und Ost-Asien. Die<br />

Segmentierung bricht im Industriebereich auch dann nicht sofort zusammen,<br />

wenn Kunden durch Zufall oder systematische Recherche von den unterschiedlichen<br />

Preisen bei gleicher Sachleistung erfahren, da die verkäuferische und logistische<br />

Betreuung durch den Lieferanten oft hoch eingeschätzt wird und so eine<br />

starke Kundenbindung bewirkt. Die geographische Segmentierung wird in der<br />

Praxis häufig ad hoc festgelegt. Um sie zu optimieren, sind umfangreiche Kaufverhaltensuntersuchungen<br />

in verschiedenen regionalen Abgrenzungen notwendig.<br />

Die demographische Segmentierung kann in vielen Fällen auf der Grundlage<br />

von leicht zugänglichem Sekundärmaterial vorgenommen werden. Doch auch<br />

67


hierfür gilt, daß zur Optimierung der Kaufverhaltensrelevanz weitgehende statistische<br />

Analysen unverzichtbar sind.<br />

In der Praxis beschreibt man Segmente durch Bündel aus geographischen, demographischen<br />

und psychographischen Merkmalen.<br />

3.3 Anhang: Teststatistik<br />

Auf Seite 59 wurde die Formel für die Größe Z genannt und verwendet. Im folgenden<br />

erläutern wir diese Größe und stellen die hauptsächlichen Bausteine einer<br />

Teststatistik vor:<br />

• Aufstellung der Hypothese H 0 , die dem Falsifizierungstest unterzogen werden<br />

soll,<br />

• Aufstellung der Gegenhypothese H 1 ,<br />

• Bestimmung der Verteilungsfunktion der Zufallsvariable auf der Grundlage<br />

von H 0 ,<br />

• Approximation dieser Verteilungsfunktion durch die Normalverteilung,<br />

• Standardisierung der Normalverteilung,<br />

• Bestimmung des Ablehnungsbereichs,<br />

• Berechnung des Z-Wertes,<br />

• Bestätigung oder Ablehnung von H 0 .<br />

3.3.1 Hypothesen H 0 und H 1<br />

Wahl von H 0 :<br />

Die empirische Wahrscheinlichkeit, daß ein zufällig ausgewählter Besitzer<br />

von Produkt i mit dem Merkmal m bei Elimination von Produkt i zu<br />

einem anderen Produkt mit Merkmal m wechselt, ist kleiner oder gleich<br />

S(i) mit S(i)∈[0,1].<br />

S(i) wird hierbei als die Übergangswahrscheinlichkeit von einem Pro-<br />

68


dukt zu einem Konkurrenzprodukt definiert, die auf keine Marktstruktur<br />

hinsichtlich eines Merkmals hinweist.<br />

Auf den Seiten 56 ff. findet sich hierzu ein Beispiel. In Abb. 43,<br />

Seite 58, berechnen wir nach einer Produktelimination die neuen<br />

Marktanteile. Diese erhöhen sich gleichmäßig. Die Relationen zwischen<br />

den Marktanteilen bleiben hierbei konstant. Der neue Marktanteil<br />

der Just-In-Time Produkte bei einer gleichmäßigen Erhöhung<br />

beträgt im Beispiel 0,4375 (vgl. S. 58). Wenn die empirisch gefundene<br />

Übergangswahrscheinlichkeit in unserer Stichprobe nicht<br />

erheblich größer als 43,75% ist, dann vermuten wir für die Grundgesamtheit<br />

keine enge Substitutionalität zwischen den JIT-<br />

Produkten.<br />

Wahl einer zu H 0 komplementären Hypothese H 1 :<br />

Die Wahrscheinlichkeit, daß ein zufällig ausgewählter Besitzer von Produkt<br />

i bei Elimination von i zu einem anderen Produkt mit dem Merkmal<br />

m wechselt, ist größer als S(i).<br />

Da im Beispiel (vgl. S. 56 ff.) die empirisch gefundene Übergangswahrscheinlichkeit<br />

in unserer Stichprobe erheblich größer als<br />

43,75% ist, vermuten wir für die Grundgesamtheit eine starke Erhöhung<br />

des Marktanteils der JIT-Produkte bei der Elimination eines<br />

derartigen Erzeugnisses. In einem solchen Fall gehen wir davon aus,<br />

daß eine enge Substitutionalität vorliegt und das JIT-Merkmal maßgeblich<br />

hierfür verantwortlich ist. Wir müssen deshalb H 0 verwerfen<br />

und H 1 annehmen.<br />

Unter H 1 bevorzugen es die Käufer, innerhalb einer Produktgruppe mit<br />

dem Merkmal m zu substituieren.<br />

69


3.3.2 Verteilungsfunktion<br />

Binomialprozeß<br />

Die Antworten der befragten Personen werden in der Auswertung nach<br />

„Merkmal-JA“ und „Merkmal-NEIN“ sortiert (vgl. Abb. 49, unten). Sie<br />

generieren bei Unabhängigkeit der Antworten zu jedem Merkmal einen<br />

Binomialprozeß (lat. „bi...“ und „nomen“: zwei Namen).<br />

Der Binomialprozeß ergibt sich aus dem folgenden Experiment: In einer<br />

Urne liegen 40 schwarze und 60 weiße Kugeln. Wir haben die Aufgabe,<br />

10 Kugeln zu entnehmen, wobei jede Kugel in der Urne die gleiche<br />

Chance haben soll, gezogen zu werden. Nach jedem Zug notieren<br />

wir die Farbe und legen die Kugel wieder zurück in die Urne. Der Binomialprozeß<br />

beschreibt den Vorgang, nach dem sich weiße und<br />

schwarze Kugeln in der Stichprobe Ziehung für Ziehung ansammeln.<br />

Sortieren der Antworten<br />

<br />

„Merkmal-JA“ „Merkmal-NEIN“<br />

Abb. 49: Binomialprozeß<br />

Kombinationen und Binomialverteilung<br />

Wir verwenden die folgenden Variablen:<br />

n(i): Anzahl der Besitzer von Produkt i in der Stichprobe.<br />

S(i): Vermutete Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich die<br />

nächste befragte Person aus i für m entscheidet (bei<br />

gleichmäßiger Erhöhung der Marktanteile, vgl. S. 58 f.).<br />

~ ni ( → m)<br />

: Theoretische Zufallsvariable. Sie kennzeichnet die Anzahl<br />

der Personen in einer Stichprobe, die ein Produkt i<br />

besitzen und zu Produkten mit dem Merkmal m wechseln.<br />

70


nˆ (i → m) : Empirische Zufallsvariable. Durch die Befragung empirisch<br />

gemessene tatsächliche Anzahl von Personen in<br />

der Stichprobe, die Produkt i besitzen und zu Produkten<br />

[<br />

~ ( → m ) ]<br />

bni<br />

mit dem Merkmal m wechseln.<br />

: Wahrscheinlichkeit dafür, daß in der Befragung genau n<br />

Besitzer des Produkts i ein Element aus der Produktgruppe<br />

mit Merkmal m als 2. beste Wahl nennen.<br />

Werden n( i → m)<br />

Elemente mit „Merkmal-Ja“ in beliebiger Reihenfolge<br />

aus n(i) Elementen ausgewählt, sind hierfür verschiedene Kombinationen<br />

K möglich.<br />

Betrachten wir wieder das Urnenbeispiel. Hat die Stichprobe einen Umfang<br />

von vier Kugeln, dann können zwei schwarze Kugeln in der ersten<br />

und zweiten Ziehung, in der ersten und dritten, in der ersten und vierten,<br />

in der zweiten und dritten, in der zweiten und vierten und in der dritten<br />

und vierten Ziehung auftauchen. K beträgt in diesem Fall also 6. Es gibt<br />

sechs Kombinationen, in denen zwei schwarze Kugeln in einer Stichprobe<br />

von vier auftreten können.<br />

Wir führen keine Vollerhebung durch, sondern ziehen eine relativ zur<br />

Grundgesamtheit kleine Stichprobe. Dadurch entsteht ein Unsicherheitsfaktor.<br />

Die Anzahl der Personen in einer Stichprobe, die ein Produkt<br />

i besitzen und zu einem Produkt mit Merkmal m wechseln, ist vom<br />

Zufall abhängig. Wir bezeichnen diese theoretische Zufallsvariable mit<br />

~ ni ( → m ) . Sie ist binomialverteilt mit dem H0 -Parameter S(i). Die<br />

Dichtefunktion gibt die Wahrscheinlichkeiten b für eine bestimmte Anzahl<br />

von theoretischen „Merkmal-Ja“ Antworten in der Stichprobe an.<br />

Die Dichtefunktion lautet:<br />

( )<br />

ni ( → m) ni () − ni ( → m)<br />

bni ( ~ ( → m)<br />

= K ⋅S ⋅ 1−S<br />

71


Die Struktur dieser Funktion ist wie folgt:<br />

K bezeichnet die Anzahl der Kombinationen zu jeder Zahl<br />

ni ( → m)<br />

in n(i). S ni ( → m)<br />

ist die Wahrscheinlichkeit, genau<br />

ni ( → m)<br />

mal „Merkmal-Ja“ in einer bestimmten Kombination zu<br />

ziehen. ( 1− S)<br />

ni () − ni ( → m ) ist die Gegenwahrscheinlichkeit,<br />

daß die restlichen n() i −n( i → m)<br />

Kugeln in der Stichprobe<br />

„Merkmal-Nein“ aufweisen.<br />

Die Dichtefunktion besitzt den Erwartungswert:<br />

[ ]<br />

Eni ~ ( → m ) = ni () ⋅ Si ()<br />

und die Varianz:<br />

σ<br />

2<br />

[ n~ (i) → m] = n(i) ⋅S(i)<br />

⋅[ 1−<br />

S(i) ]<br />

Approximation durch die Normalverteilung<br />

Es gibt sehr viele verschiedene statistische Tests für die unterschiedlichsten<br />

Zwecke mit sehr unterschiedlichen Dichtefunktionen. Um die Testverfahren<br />

weitestgehend zu vereinheitlichen, sucht man eine Normalverteilung,<br />

die der tatsächlichen Verteilung möglichst nahe kommt und<br />

rechnet dann jeweils mit dieser Normalverteilung weiter.<br />

Die allgemeine Darstellung der Dichtefunktion der Normalverteilung<br />

mit der Zufallsvariablen ~ x lautet:<br />

N(x ~ )<br />

( )<br />

2<br />

A: Konstante<br />

x~ − E(x)<br />

−<br />

= 2<br />

2σ<br />

(x)<br />

σ 2 : Varianz<br />

A ⋅ e<br />

σ<br />

E: Erwartungswert<br />

~ x : Zufallsvariable<br />

72


Wir setzen jetzt den Erwartungswert und die Standardabweichung der<br />

Binomialverteilung ein:<br />

[ m]<br />

A<br />

Nni ~ ( → ) = ⋅<br />

ni () ⋅Si () ⋅ −Si<br />

()<br />

[ 1 ]<br />

e<br />

−<br />

[<br />

~ ni ( → m ) − ni () ⋅Si<br />

() ]<br />

2ni () ⋅Si () ⋅[ 1−Si<br />

()]<br />

2<br />

Hierdurch wird die diskrete Dichtefunktion der Binomialverteilung<br />

durch die stetige Dichtefunktion der Normalverteilung approximiert.<br />

Standardisierung von N(x) durch Z<br />

Die Normalverteilung weist den Erwartungswert und die Varianz unserer<br />

ursprünglichen Binomialverteilung auf. Um den Testablauf noch<br />

weiter zu vereinheitlichen, verändern wir die Normalverteilung so, daß<br />

sie den Erwartungswert von Null annimmt. Auch verändern wir ihre<br />

Form, so daß die Varianz Eins ergibt. Dieses ist ein normaler Vorgang<br />

für viele Teststatistiken. Das Ergebnis nennt man „standardisierte<br />

Normalverteilung“.<br />

Wir zeigen die Standardisierung zuerst allgemein. Die Verteilungsfunktion<br />

von N( ~ x ) lautet:<br />

x<br />

x<br />

A<br />

N( ~ x)<br />

dx = <br />

( x)<br />

−∞ −∞ σ<br />

⋅e<br />

−<br />

( ~ x − E( x)<br />

)<br />

2<br />

2<br />

2 σ ( x)<br />

dx<br />

Wir transformieren diese Verteilungsfunktion, indem wir eine Variable<br />

~<br />

Z definieren:<br />

~ ~ ( )<br />

Z = x − E x<br />

σ ( x)<br />

x Ex ( ) x<br />

mit der Variation dZ = d − d = d<br />

σ( x)<br />

σ σ( x)<br />

73


Nun ersetzen wir ~ x − E( x)<br />

in der Normalverteilung durch Z ~ und dx<br />

σ ( x)<br />

durch σ dZ. Wir erhalten eine Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen<br />

~<br />

Z:<br />

Z<br />

Z 1 ~ 2<br />

~<br />

− Z<br />

NZdx ( ) = A⋅<br />

e 2 dZ<br />

−∞ −∞<br />

mit der Dichte<br />

NZ ( ~ ) = A⋅<br />

e<br />

~<br />

− 1 2<br />

Z<br />

2<br />

und ~ ~ ( )<br />

Z = x − E x<br />

σ ( x)<br />

Bei dieser neuen Funktion handelt es sich um die standardisierte Normalverteilung<br />

mit dem Erwartungswert von Null und der Varianz von<br />

Eins. Nun wenden wir die standardisierte Normalverteilung auf unseren<br />

konkreten Fall an.<br />

Die für unseren konkreten Fall bestimmte Dichtefunktion der Normalverteilung<br />

lautet:<br />

[ m]<br />

A<br />

Nni ~ ( → ) = ⋅<br />

ni () ⋅Si () ⋅ −Si<br />

()<br />

[ 1 ]<br />

e<br />

−<br />

[<br />

~ ni ( → m ) − ni () ⋅Si<br />

() ]<br />

2 ni () ⋅Si () ⋅[ 1−Si<br />

()]<br />

2<br />

Diese spezielle Dichtefunktion transformieren wir in die standardisierte<br />

Dichtefunktion der Normalverteilung<br />

N( Z ~ ) = A ⋅e<br />

~<br />

− 1 2<br />

Z<br />

2<br />

74


mit<br />

~<br />

Z<br />

=<br />

[<br />

~ n ( i → m ) − n ( i ) ⋅S ( i ) ]<br />

ni () ⋅Si () ⋅[ 1 − Si ()]<br />

.<br />

Durch die Transformation verändert sich die Form der Normalverteilung.<br />

NZ ( ~ )<br />

besitzt ein Maximum bei Z = 0 , einen Erwartungswert von Null<br />

und eine Varianz von Eins.<br />

Abb. 50: Standardnormalverteilung und Ablehnungsbereich<br />

3.3.3 Annahme- und Ablehnungsbereich beim einseitigen Z-Test<br />

NZ ( ~ ) wird auf der Basis von H 0 gebildet. Wir definieren jetzt einen Bereich von<br />

Z, der weit rechts vom Erwartungswert (Null) liegt und bezeichnen ihn als<br />

„Ablehnungsbereich“ (vgl. Abb. 50, oben). Bei standardisierten Normalverteilungen<br />

hat es sich eingespielt, den Ablehnungsbereich bei Z =1,28 beginnen zu<br />

lassen.<br />

Dann werten wir die Antworten unserer Befragung aus und zählen die Personen<br />

nˆ (i → m) . Anschließend berechnen wir aus nˆ (i → m)<br />

, n(i) und S(i) den Wert<br />

für Ẑ . Wenn nˆ (i → m)<br />

der Stichprobe so groß ist, daß Ẑ in den Ablehnungsbereich<br />

fällt, ist H 0 aufzugeben. Wir gehen dann davon aus, daß m ein Merkmal ist,<br />

75


welches einen Markt konstituiert. Zwischen den Produkten des Marktes herrscht<br />

eine hohe Substitutionalität.<br />

3.4 Aufgaben<br />

1. Aufgabe<br />

Erläutern Sie mit wenigen Worten, was wir unter Wettbewerb im Absatzmarkt<br />

verstehen.<br />

2. Aufgabe<br />

Warum muß zur Berechnung des Marktanteils der Markt produktmäßig abgegrenzt<br />

sein?<br />

3. Aufgabe<br />

Erläutern Sie am Beispiel einer Marke, die mit einem Just-In Time Service angeboten<br />

wird, welchen Einfluß das <strong>Vertrieb</strong>skonzept auf die Marktabgrenzung besitzen<br />

kann. Verwenden Sie hierzu die Methode der Produkthierarchie.<br />

4. Aufgabe<br />

Warum treten in Kreuzpreiselastizitäten reale Einkommenseffekte auf?<br />

5. Aufgabe<br />

Sie führen einen „forced switching“ Test am Produkt X, welches mit einem hohen<br />

<strong>Vertrieb</strong>sservice angeboten wird, durch. Prüfen Sie auf <strong>Vertrieb</strong>sservicetreue<br />

mit Z =1,28.<br />

• Anzahl der Befragten X-Kunden n = 120<br />

• Kunden, die zu Produkten mit hohem <strong>Vertrieb</strong>sservice wechseln nˆ = 72<br />

• Erwarteter „no-market-structure“ Marktanteil der Produkte<br />

mit hohem <strong>Vertrieb</strong>sservice: S = 0,5<br />

6. Aufgabe<br />

(1) Versuchen Sie, den Begriff „Marktsegment“ präzise, allgemein und kurz zu<br />

definieren.<br />

(2) Marktsegmente werden durch Merkmale voneinander abgegrenzt. Man unterscheidet<br />

drei Arten von Merkmalen. Nennen Sie diese drei Arten und geben Sie<br />

kurze Beispiele.<br />

(3) An die Segmentierungsmerkmale sind Anforderungen zu stellen. Welche?<br />

76


3.5 Literaturempfehlungen<br />

BACKHAUS, K., Industriegütermarketing, 5. Aufl. 1997, S. 182-196.<br />

BAUER, H., Marktabgrenzung, 1989, S. 15-55, 156-169, 186-201.<br />

FRETER, H., Marktsegmentierung, 1983, S. 43 f. .<br />

MEFFERT, H., Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung,<br />

8. Aufl. 1998, S. 34-43, 177-204.<br />

PFOHL, H.-CHR., Logistiksysteme, 5. Aufl. 1996, S. 20-30, 33-35.<br />

URBAN, G., JOHNSON, P., HAUSER, R., Testing competitive market structures,<br />

in: Marketing Science, Vol. 3 (1984), Nr. 2, S. 83-112 [S. 85-93].<br />

77


4 Der Verkauf<br />

Der Kunde entscheidet sich für einzelne Verkäufer und Leistungen auf der<br />

Grundlage unvollständiger Informationen über Gewinnchancen, Produkte, Wettbewerber<br />

im Beschaffungsmarkt, <strong>Vertrieb</strong>squalitäten u.a. . Umgekehrt besitzt<br />

auch der Lieferant nur unzureichende Kenntnisse der Produktbewertungen und<br />

Kaufentscheidungsprozesse des Kunden. Die wechselseitige unvollständige Informationslage<br />

kennzeichnet wesentlich das Verhältnis zwischen Käufer und<br />

Verkäufer.<br />

Für den industriellen Lieferanten reicht die binäre Information, Bestellung oder<br />

Nicht-Bestellung, nicht aus, um sich im Sinne einer adaptiven Strategie (vgl.<br />

Abb. 19, S. 23) auf den Kunden einstellen zu können. Direkte Interviews auf<br />

Messen oder neutrale Erhebungen, tragen zur Verbesserung der Informationslage<br />

bei. Die beste Kenntnis über die Kundenwünsche und -möglichkeiten erbringt<br />

aber die Zusammenarbeit der Außendienstverkäufer mit den Kunden bei der Suche<br />

und Auswahl geeigneter Produkte. Die „Marktforschung“ des Außendienstes<br />

-dokumentiert in Besuchsberichten- liefert ein authentisches und über einen<br />

längeren Zeitraum entstandenes Bild des Kommunikationsprozesses mit dem<br />

Kunden.<br />

Diese Informationen sind einzelkundenbezogen und deskriptiv. Um <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen<br />

zu planen, benötigt man zusätzlich ein Verständnis der kausalen<br />

Determinanten des Kundenverhaltens. Kausalitäten entziehen sich der Beobachtungen,<br />

können aber theoretisch-spekulativ in Modellen begründet werden.<br />

Ökonomische Modelle der Kaufentscheidung finden sich in der Haushalts- und<br />

Produktionstheorie der Mikroökonomie. Gegen diesen Ansatz erheben Kritiker<br />

den Vorwurf praktischer Nutzlosigkeit, da von einem unrealistischen Menschenbild,<br />

einem „homo oeconomicus“ ausgegangen würde. Tatsächlich eignen sich<br />

Kaufentscheidungsmodelle der Mikroökonomie aber zur Darstellung des Konzeptes<br />

der Nachfragefunktionen in ihren kausalen Zusammenhängen. Weiterhin<br />

sind sie in der empirischen Analyse und Prognose von großem Nutzen. Die Darstellung<br />

nicht-monetärer Marketingmaßnahmen und ihre Wirkung auf das Kaufverhalten<br />

sind mit dem üblichen mikroökonomischen Instrumentarium jedoch<br />

78


nur unzweckmäßig darstellbar. Darüberhinaus bilden mikroökonomische Modelle<br />

die Persönlichkeitsmerkmale von Kunden nur sehr vereinfachend ab. Insbesondere<br />

sind die Päferenzstrukturen in der mikroökonomischen Konzeption statisch,<br />

hingegegen sind reale Kaufentscheidungen von dynamischen Prozessen bestimmt<br />

(Erfahrung und Lernen). Damit erweisen sich mikroökonomische Modelle<br />

des Kaufverhaltens als unzulänglich für die Marketingplanung.<br />

Bei Kaufentscheidungsmodellen unterscheiden wir zwischen dem individuellen<br />

und dem institutionellen Ansatz. Zunächst ist es sicherlich richtig davon auszugehen,<br />

daß Entscheidungen im Unternehmen von Individuen getroffen werden.<br />

Eine Vielzahl von psychologischen Determinaten bestimmen die Verhaltensweisen<br />

der an Einkaufs- und Verkaufsprozessen beteiligten Personen. Individuelle<br />

Ansätze strukturieren die psychologischen Einflußgrößen auf das Verhalten des<br />

Einzelnen und stellen die intraindividuellen Vorgänge dar. Da in die Kaufentscheidungen<br />

im Unternehmen aber häufig mehrere Stellen eingebunden sind und<br />

diese hierbei unterschiedliche Aufgaben übernehmen, legen institutionelle Ansätze<br />

das Gewicht auf die Zielformulierungen und Aufgabenverteilungen unterschiedlicher<br />

Organisationseinheiten im industriellen Kaufprozess.<br />

Die Kaufverhaltensforschung entwickelte Totalmodelle, in denen inter- und intrapersonelle<br />

Determinanten, Dispositionen und Abläufe, sowie organisationale<br />

und umweltbedingte Restriktionen, die Kaufentscheidungen beeinflussen, abgebildet<br />

sind.<br />

4.1 Das Totalmodell<br />

4.1.1 Verhalten des individuellen Einkäufers<br />

Die Kaufverhaltensforschung unterscheidet zwischen empfangenen Reizen und<br />

Informationen, den intervenierenden Variablen der aktivierenden und kognitiven<br />

Konstrukte und den verhaltensbeschreibenden Outputvariablen. Aktivierung<br />

und Kognition sind Bestandteile intraindividueller Vorgänge (vgl. Abb. 51,<br />

S. 80).<br />

79


REIZE<br />

<br />

AUFNAHME<br />

<br />

Form, Farbe, Marke<br />

Symbole, Aufschriften<br />

Technologie<br />

KAUF<br />

<br />

VERHALTEN<br />

<br />

GEDANKLICHE VERARBEITUNG: KOGNITIVE PROZESSE<br />

Auswahl•Wahrnehmung•Zielbildung•Bewertung<br />

Lernen•Entscheidung•Steuern•Kontrollieren<br />

+<br />

ANTRIEB: AKTIVIERENDE PROZESSE<br />

Emotionen•Motive•Einstellungen<br />

<br />

SOZIALES UMFELD<br />

Kultur•Subkultur•Vorbilder•Familie•Schule<br />

Abb. 51: Totalmodell der Konsumentscheidung<br />

Verhalten ist das Ergebnis eines psychischen Prozesses, der sich in Phasen vollzieht:<br />

(1) aktivierende Phase<br />

Innere Erregungungszustände werden als Emotionen bezeichnet (vgl. Abb. 52,<br />

unten). Diese können Bedürfnisse oder Mangelempfindungen ausdrücken, die einerseits<br />

autonom-biologisch begründet, andererseits aber auch eng mit der Wahrnehmung<br />

der Umwelt verbunden sein können.<br />

EMOTION:<br />

Reiz in Form eines inneren Erregungszustands,<br />

z.B. Mangelgefühl<br />

MOTIV:<br />

Auf die Beseitigung einer widersprüchlichen<br />

Wahrnehmung, z.B. eines<br />

Mangelgefühls, gerichtete Emotion<br />

Abb. 52: Kategorien der Verhaltensaktivierung<br />

Im Verhältnis zwischen Einkäufer und Verkäufer spielen Emotionen und Motive<br />

eine wichtige Rolle. Der Einkäufer hat Motive, d.h. gerichtete Emotionen. Er<br />

80


möchte Karriere machen, anerkannt sein oder auch nur angenehm kommunizieren.<br />

Seine persönlichen Bedürfnisse sind nicht gesättigt und er sucht im Rahmen<br />

seiner Funktion als Einkäufer und des Anreizsystems seines Unternehmens nach<br />

Möglichkeiten zur Verfolgung seiner Interessen.<br />

Maslow (1908-1970) unterscheidet fünf Motivklassen für Verhalten, die hinsichtlich<br />

ihrer Bedeutung für das Individuum in einer hierarchischen Ordnung<br />

stehen:<br />

• Physiologische Motive (Schutz vor Gefährdung und Untergang)<br />

• Sicherheitsmotive (Schutz vor unvorhersehbarer Beeinträchtigung)<br />

• Soziale Motive (Wunsch nach Kommunikation)<br />

• Wertschätzungsmotive (Streben nach Selbstvertrauen und Anerkennung)<br />

• Selbstverwirklichungsmotive (Gestaltung des Lebensraums nach eigenen<br />

Wertvorstellungen)<br />

Der Einkäufer verbringt einen wesentlichen Teil der Tageszeit am Arbeitsplatz.<br />

Persönliche Motive besitzen eine hohe Bedeutung für sein Verhalten im Unternehmen,<br />

wie wir am Beispiel des Kommunikationsprozesses beim Kauf-<br />

Verkaufsgespräch verdeutlichen.<br />

Der Wunsch nach Lieferung der notwendigen Investitions- und Produktionsgüter<br />

zu akzeptablen Preisen ohne unnötiges Lieferrisiko ist<br />

der eigentliche ökonomische Kern des Kauf-Verkaufsgesprächs im Industriebereich.<br />

Doch kann ein Verkäufer in seinen Gesprächen feststellen,<br />

daß auf diesen Aspekt häufig nur beiläufig eingegangen wird.<br />

In Abhängigkeit von der Persönlichkeitsstruktur des Einkäufers und der<br />

Machtverteilung im Verhandlungsgespräch treten andere Motive beim<br />

Kundenkontakt in den Vordergrund und gestalten hauptsächlich den<br />

Kommunikationsprozeß zwischen industriellem Kunden und Verkäufer.<br />

Hierzu zählen die sozialen Motive des Einkäufers. Sie beinhalten<br />

den Wunsch nach Kommunikation und Anerkennung, was im Kauf-<br />

Verkaufsgespräch sehr deutlich werden kann. Einkäufer benutzen das<br />

Gespräch, um Ansichten und Erfahrungen allgemeiner Art auszutau-<br />

81


schen. Soziale Veranstaltungen, wie gemeinsames Mittagessen, Produktionsbesichtigungen,<br />

Tennis- und Golfspiele entstammen diesem Motiv.<br />

Wenn grundlegende Motive befriedigt werden konnten, dann dient das<br />

Kauf-Verkaufsgespräch zunehmend dem individuellen, häufig egozentrischen<br />

Gestaltungswillen des Einkäufers. Ausdruck hiervon können<br />

wirtschaftlich überzogene Wünsche bei der Logistik der Lieferung sein.<br />

Just-in-time Vereinbarungen, unübliche Verpackungen und Informationsleistungen<br />

und kaum nachvollziehbare Qualitätsstandards untermauern<br />

ein Streben nach Dominanz. Bei Einkäufern zeigen sich pädagogische<br />

Absichten, indem sie die liefernde Firma und ihren Verkäufer „disziplinieren“,<br />

ohne daß dies einer betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit<br />

entspricht. Gegenstand diese „Pädagogik“ können sogar die Kleidung,<br />

die Bildung und die Familienverhältnisse des Verkäufers sein. Es kann<br />

zu einer gezielten Herabsetzung des Gesprächspartners kommen.<br />

Beim adaptiven <strong>Vertrieb</strong> versucht der Verkäufer, sich auf die Motivstruktur des<br />

Einkäufers einzustellen.<br />

(2) Kognitive Phase<br />

Während aktivierende Vorgänge das Verhalten antreiben, dienen kognitive Verarbeitungsprozesse<br />

dem Erkennen der Umwelt, der Kontrolle und Steuerung<br />

(vgl. Abb. 51, S. 80, u. Abb. 53, S. 83). Informationen müssen wahrgenommen<br />

und verarbeitet werden (Denk-, Lern- und Gedächnisvorgänge) und weitere gezielte<br />

Wahrnehmungsvorgänge werden ausgelöst, bis es schließlich zur Handlung<br />

kommt.<br />

In Industriebetrieben liegt der Ausgangspunkt des Kaufentscheidungsprozesses<br />

häufig im Auftreten und Erkennen eines technischen Problems durch einen<br />

verantwortlichen Mitarbeiter: Im Produktionsbereich eines Unternehmens läuft<br />

eine Maschine nicht erwartungsgemäß oder ein Produkt kann nicht optimal verarbeitet<br />

werden. Natürlich muß es auch hier zu einer Aktivierung eines Mitarbeiters<br />

in Form eines emotionalen Reizes kommen. Der Vorgang wird nur dann<br />

von nachfolgenden Stellen weiterbearbeitet, wenn die jeweiligen Stelleninhaber<br />

82


ausreichend motiviert sind. Die kognitiven Anteile des Einkaufsverhaltens im<br />

Industriebetrieb erscheinen zunächst dominierend. Hierbei wird jedoch die Bedeutung<br />

einer erfolgreichen Aktivierung und Motivierung von Mitarbeitern als<br />

Voraussetzung für ein zielgerechtes Verhalten übersehen.<br />

Die Problemerkennungsphase mündet in eine Suchphase: Ingenieure werden<br />

mit dem Angebot an Produktions- und Investitionsgütern konfrontiert und suchen<br />

nach geeigneten Problemlösungen. In der Bewertungs- und Auswahlphase äußern<br />

sie gegenüber dem Einkauf einen Bedarf hinsichtlich eines bestimmten Gutes.<br />

Kommen jetzt noch beschaffungsdispositive Faktoren hinzu (Budget,<br />

Kaufzeitpunkt, Lieferort, logistische Merkmale), wird eine auf ein Produkt,<br />

möglicherweise auch schon auf eine Marke konkretisierte Nachfrage im Markt<br />

wirksam, welche zum Kauf führt. Die Realisierungsphase des Kaufs wird von<br />

der Nachkaufphase abgelöst, in der Kunden Erfahrungen mit dem erworbenen<br />

Produkt machen.<br />

KOGNITIVE PROZESSE:<br />

Wahrnehmen, Verstehen und Erinnern der Umwelt, Kontrolle und Steuerung des<br />

Verhaltens<br />

Abb. 53: Kognitive Prozesse<br />

Kognitive Vorgänge vernetzen die unmittelbar empfangenen Reize und Informationen<br />

(Kurzzeitkomponente) mit Bestandteilen aus dem Langzeitgedächnis,<br />

welches früher empfangene Reize, Emotionen und kognitive Leistungen abgespeichert<br />

hat. Je nach Persönlichkeit und erworbenen Erfahrungen beeinflußt das<br />

Langzeitgedächnis das Verhalten des Einkäufers unterschiedlich stark und mit<br />

anderen Inhalten.<br />

Das Langzeitgedächnis kann der Verkäufer durch eine langfristig angelegte Kundenpflege<br />

beeinflussen. Er baut sich so ein positives Wirkungsdepot beim Kunden<br />

auf. Durch eine kontinuierliche Pflege kann dem Vergessen entgegengewirkt<br />

werden. So schützt sich der Lieferant vor Umsatzeinbußen bei einem möglichen,<br />

kurzzeitigen Versagen in der <strong>Vertrieb</strong>spolitik.<br />

83


(3) Unbewußte Verbundstruktur<br />

• Einstellungen drängen Nicht-Relevantes in den Hintergrund. Damit selektieren<br />

sie relevante Reize, Informationen und Werturteile.<br />

• Einstellungen strukturieren und interpretieren die Umwelt. Hierdurch ermöglichen<br />

sie schnelle Orientierungen und Stellungnahmen.<br />

• Einstellungen verhindern starke Verhaltensschwankungen. Der Einkäufer wird<br />

in seinen Handlungen konsistent und berechenbar.<br />

• Da Einstellungen erlernt sind, wirken sie als Instrument der sozialen Integration.<br />

Hierdurch kann die Konformität in der jeweiligen Geschäftswelt mit der<br />

Ausprägung von Kulturen und Subkulturen erhöht werden.<br />

Abb. 54: Bedeutung von Einstellungen<br />

Richtung und Verlauf des Verhaltens werden nach einer Aktivierung von verfestigten<br />

Ansichten beeinflußt. Diese Determinanten lassen sich als in der Vergangenheit<br />

stattgefundene Verbindungen (vgl. Abb. 54, oben, u. Abb. 55, unten) von<br />

emotionalen Erregungs- und gedanklichen Verarbeitungsprozessen auffassen, die<br />

der Einkäufer im Langzeitgedächnis abgespeichert hat. Solche Verbindungen<br />

werden als Einstellungen (je nach Zusammenhang auch Vorurteile oder Stereotypen)<br />

bezeichnet.<br />

VERBUNDSTRUKTUR:<br />

Komplexe und auf Dauer angelegte Verbindungen aktivierender und kognitiver<br />

Konstrukte zwecks rationeller, vereinfachter Entscheidungsfindung, z.B. Einstellungen,<br />

Vorurteile, Stereotypen, Routinen, Ideologien.<br />

Abb. 55: Verbundprozesse<br />

Da der Einkäufer eine Flut von Reizen, Informationen und Werturteilen zu bewältigen<br />

hat, muß er sich erlernter Muster und Modelle bedienen, mit denen er<br />

sortieren, begreifen, erklären und schlußfolgern kann.<br />

Verbundeffekte zeigen sich bei Kunden in Form des Involvements. Dies sind<br />

komplexe Einstellungen im zuvor dargestellten Sinne (vgl. Abb. 56, S. 85).<br />

84


Informationssuche<br />

kognitiver<br />

Umgang mit<br />

Informationen<br />

Informationsverarbeitung<br />

Einstellungsänderung<br />

Wiederholung<br />

der<br />

Information<br />

Markenpräferenz<br />

kognitive<br />

Dissonanz<br />

Einfluß<br />

anderer<br />

Personen<br />

Abb. 56: Involvement-Typen<br />

HOHES INVOLVEMENT<br />

aktive Suche nach Produktoder<br />

Markeninformationen<br />

Widerstand gegen diskrepante<br />

Informationen<br />

komplexe Verarbeitung der<br />

Informationen<br />

schwierig und selten<br />

Anzahl der Wiederholung ist<br />

weniger bedeutsam als der<br />

Inhalt<br />

GERINGES<br />

INVOLVEMENT<br />

begrenzte Suche nach Produkt-<br />

oder Markeninformationen<br />

passiver Empfang von diskrepanten<br />

Informationen<br />

vereinfachter Übergang von<br />

Aktivierung zum Erstkauf<br />

häufig und vorübergehend<br />

bloße Anzahl der Informationen<br />

kann zur Überzeugung<br />

führen<br />

Markentreue ist üblich Routinekäufe ohne Treue<br />

tritt oft auf<br />

andere Personen werden befragt<br />

und deren Verhalten<br />

imitiert<br />

tritt selten auf<br />

andere Personen üben wenig<br />

Einfluß aus<br />

Das Langzeitgedächnis und die darin abgespeicherten Erfahrungen können bei<br />

eintreffendem Reiz einen unterschiedlich starken emotionalen Wunsch des Einkäufers<br />

nach gezielter Wahrnehmung und detallierten Informationen verursachen.<br />

Bei einem schwachen Wunsch ist der Einkäufer allgemein vertrauensvoll<br />

und nach einer Aktivierung nur wenig durch detallierte Informationen beeinflußbar,<br />

die Informationsaufnahme verläuft weitgehend passiv. Hier sind pauschale,<br />

atmosphärische Informationen wirksamer als komplexe Wissensinhalte, welche<br />

nicht aufgenommen werden. Dagegen zeichnet sich der high-involvement Einkäufer<br />

dadurch aus, daß er aktiv und kritisch Informationen sucht, Argumente<br />

im Detail analysiert, hinterfragt und bewertet. Aufgrund von Verbundeffekten<br />

und dem Zusammenwirken von Kurzzeit- und Langzeitkomponenten verlaufen<br />

auch bei identischen Reizen aktivierende und kognitive Phasen interpersonell<br />

unterschiedlich.<br />

85


(4) Institutionalisierte Bewertungsmuster<br />

In Unternehmen werden durch vorgegebene Merkmalskataloge Situationen erfaßt<br />

und beurteilt (z.B. Chancen/Risiken-Analysen, Kreditwürdigkeitsprüfungen,<br />

Lieferantenratings, Produktqualitätskontrollen, Umweltprüfungen, Personalbewertungen).<br />

Die Merkmalsauswahl, die Gewichtung der Merkmale, ihre Messung<br />

und die Methoden der Schlußfolgerung sind (kollektiv) subjektiver Natur<br />

(vgl. Abschnit 3.1.3, S. 53). Dennoch werden diese Routinen keineswegs ad hoc<br />

gebildet, sondern sind das Ergebnis spezifischer Erfahrungen im Unternehmensalltag.<br />

Die Routinen nehmen häufig nicht explizite Formen an, sondern beruhen<br />

auf einem unternehmenseigenen impliziten Verständnis von wichtigen und unwichtigen<br />

Faktoren sowie plausiblen und nicht plausiblen Schlußfogerungen.<br />

Hierin drückt sich eine spezifische Unternehmensindividualität aus.<br />

So können beispielsweise umweltrelevante Daten im Einkauf je nach<br />

erworbener Erfahrung eine hohe oder eine geringe Bedeutung besitzen,<br />

weshalb die Bereitschaft zur Analyse detallierter Darstellungen unterschiedlich,<br />

gleichwohl subjektiv rational, begründet ist. Kam es nie zu<br />

Umweltgefährdungen bei der Produktanwendung, dann verliert sich im<br />

Einkauf der Wunsch nach kritischer und aktueller Information. Liegen<br />

dagegen eindrucksvolle Erfahrungen mit ökologischen Schäden vor,<br />

dann erhält der Aspekt der Produktsicherheit ein hohes Gewicht.<br />

Ein systematisches Lieferantenrating erlangt immer größere Verbreitung.<br />

Hierzu definiert das beziehende Unternehmen Merkmale, die es<br />

gewichtet und regelmäßig auf der Grundlage der empfangenen <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />

bewertet. Ein abgewerteter Lieferant, der schließlich nicht<br />

mehr gelistet wird, kann nur unter größten Anstrengungen und erst nach<br />

längerer Zeit wieder das Vertrauen des Kunden gewinnen.<br />

(5) Referenzgruppen<br />

Um Widersprüche zwischen der gewünschten und der tatsächlichen sozialen Position<br />

im Unternehmen zu überwinden, orientieren sich Einkäufer in ihrem Verhalten<br />

an den ethischen Grundwerten, sozialen Vernetzungen, gemeinsamen Interessen<br />

und monetären Zielen des eigenen Unternehmens, sodaß sie ihr eigenes<br />

86


Handeln mit den Normen dieser Referenzgruppe in Übereinstimmung bringen. Je<br />

stärker eine Unternehmensidentität, desto mehr prägt sie das Verhalten des Einkäufers.<br />

(6) Lernen und Dissonanzen<br />

Die Suche nach Lösungen für empfundene Widersprüche vollzieht sich in einem<br />

Regelkreis. Es werden Zielerreichungsgrade kontrolliert und neue Verhaltensweisen<br />

entwickelt. Der Einkäufer verfügt häufig über ex-ante Erfahrungen mit<br />

vergleichbaren Gütern und anderen Lieferanten. Indem der Lieferant Kommunikationsinstrumente<br />

des Marketing einsetzt, werden weitere Erwartungen beim<br />

Einkäufer gebildet. Dissonanzen können beim Kunden auftreten, indem die expost<br />

Erfahrung nicht mit der Erwartung in das Produkt übereinstimmt. Günde für<br />

negative Abweichungen liegen in Mängeln am Produkt, falscher Beratung, übersteigerter<br />

Erwartungen oder mangelndem Training bei der Beherrschung der<br />

Technik. Derartige Dissonanzen können zu Negativempfindungen bei bestimmten<br />

Produkten, Marken, Lieferanten oder Verhaltensweisen führen. Umgekehrt<br />

können auch positive Erlebnisse eintreten. Das Ungleichgewicht zwischen Erwartung<br />

und Erfahrung versucht man häufig kognitiv zu glätten. Statt zu einem<br />

bewußten Verarbeiten der neuen Erfahrung (Lernen) kann es zu einer eindeutigen<br />

positiven oder negativen „Schuldzuweisung“ an den Verkäufer kommen (Verdrängung).<br />

So kann beispielsweise dem Verkäufer nach einer Bemerkung, die er<br />

machte, eine unvermutete Aversion entgegenschlagen, die ihren Grund<br />

nicht in dem Gesagten, sondern in kognitiven Dissonanzen vergangener<br />

Geschäfte hat.<br />

Zur Verringerung kognitiver Dissonanzen durch Fehler im Produkt kann der<br />

Lieferant herausragende Serviceleistungen und Garantien anbieten. Hierdurch<br />

reduziert er den negativen Eindruck eines ungünstigen Nachkauferlebnisses und<br />

kann ihn sogar ganz beseitigen, wenn er zur sofortigen Ersatzleistung bereit und<br />

in der Lage ist.<br />

87


(7) Kaufrisiko und Diffusion<br />

Die Kaufentscheidung beinhaltet für den Kunden exogene und endogene Risiken.<br />

Diese kennzeichnen den Informationsstand des Käufers. Ein exogenes Risiko<br />

liegt vor, wenn mit der Inbesitznahme und Anwendung des Produktes nutzenrelevante<br />

Konsequenzen verbunden sind, die weder dem Verkäufer noch dem Käufer,<br />

noch Dritten bekannt sind und deshalb nicht mit Sicherheit vorausgesagt<br />

werden können.<br />

Wenn die Qualität des Gutes schwankt (Funktionserfüllungsrisiko),<br />

das persönliche Ansehen durch den Besitz des Gutes beeinträchtigt wird<br />

(Reputationsrisiko) oder die finanziellen Bedingungen sich ändern (finanzielles<br />

Risiko), dann hat dieses Auswirkungen auf den Nutzen des<br />

Käufers. Führt das Produkt bei seiner Anwendung zu einem Umweltunfall,<br />

dann können alle drei Risikoarten betroffen werden.<br />

Wenn der Verkäufer oder ein Dritter die Konsequenzen des Kaufs kennt oder die<br />

Informationen beschaffen könnte, sie aber dem Käufer vorenthält, handelt es sich<br />

um ein endogenes Risiko. Da der Verkäufer oder ein Dritter in diesem Fall mehr<br />

Kenntnisse besitzt als der Kunde, liegt eine asymmetrische Informationsverteilung<br />

vor.<br />

Das Kaufverhalten des Kunden wird von der subjektiven Wahrnehmung des<br />

exogenen und endogenen Risikos beeinflußt. Auch hier kann der Lieferant durch<br />

freie Serviceleistungen und Garantien das Risikoverhalten des Kunden positiv<br />

und dauerhaft verändern. Indem der Lieferant erhebliche Kostenbelastungen für<br />

den Fall eines Schadens auf sich nimmt, macht er seine Qualitätsversprechungen<br />

glaubhaft.<br />

Kunden lassen sich in verschiedene Gruppen entsprechend ihres Adoptionsverhaltens<br />

bei neuen Produkten einteilen. Die Risikobereitschaft stellt die wichtigste<br />

intrapersonelle Determinante des Neukaufverhaltens dar:<br />

88


• Innovatoren gelten als probierfreudig. Sie sind nur wenig risikoscheu und<br />

emotional nur wenig an das Bekannte und Bewährte gebunden. („Wer wagt<br />

gewinnt.“)<br />

• Imitatoren verringern das Risiko, indem sie Innovatoren vorpreschen lassen,<br />

um dann bei Erfolg sofort nachzuziehen. Damit verringern Imitatoren allerdings<br />

auch mögliche Extragewinne. („Lieber den Spatz in der Hand als die<br />

Taube auf dem Dach.“)<br />

• Majoritätsbewußte sind relativ stark risikoscheu und emotional an das Handeln<br />

der Mehrheit gebunden („Was alle tun, kann nicht so falsch sein.“ „Bloß<br />

nicht auffallen.“)<br />

• Traditionsbewußte sind emotional stark an das Bekannte und Bewährte gebunden.<br />

Sie besitzen eine konservative Grundhaltung und fühlen sich bei Neuem<br />

zunächst unwohl. („Was lange währt wird endlich gut.“ „Üb immer Treu<br />

und Redlichkeit.“)<br />

4.1.2 Der institutionelle Ansatz<br />

Initiator z.B. Endverbraucher (Kunde des Kunden)<br />

Multiplikator z.B. Verkäufer und Produktionsingenieur des Kunden<br />

Informant z.B. Technischer Verkäufer des Lieferanten<br />

Beurteiler z.B. Produktionsleiter des Kunden<br />

Entscheider z.B. Einkaufsleiter des Kunden<br />

Beschaffer z.B. Technischer Verkäufer des Lieferanten<br />

Verwender z.B. Produktionsingenieur des Kunden<br />

Abb. 57: Beteiligte am Kaufentscheidungsprozeß<br />

Im Kaufentscheidungsprozeß spielen verschiedene Personen auf Lieferanten- und<br />

Kundenseite mit. Sie besitzen hierbei unterschiedliche Funktionen (vgl. Abb. 57,<br />

oben).<br />

Der Lieferant kommuniziert häufig nur mit dem Einkäufer des Kunden. An der<br />

Einkaufsentscheidung sind aber neben dem Einkäufer, der vielleicht sogar nur<br />

eine untergeordnete Rolle spielt, der Einkaufsleiter, der Produktionsingenieur,<br />

sein Produktionsleiter, der Qualitätsmanager und weitere Personen beteiligt. Sie<br />

89


ilden ein sogenanntes Buying Center (Einkaufsgremium). Dieses muß keine<br />

formal etablierte Gruppe sein. Häufig kennen sich nicht alle Mitglieder des<br />

Buying Centers. Zu ihr kann die Sekretärin des Produktionsleiters gehören, die<br />

Termine und Informationen filtert, das Controlling, welches Wirtschaftlichkeitsberechnungen<br />

für den Einkäufer anstellt und der Verkaufsleiter, der den Qualitätsdruck<br />

des Absatzmarktes an den Produktionsleiter weitergibt. Es gibt in einem<br />

Buying Center im allgemeinen auch keine formalisierten Entscheidungsstrukturen.<br />

Insofern ist es für den Lieferanten besonders schwierig, die Präferenzen des<br />

Kunden, d.h. des Buying Centers kennenzulernen. Er muß sich schrittweise<br />

durch die Organisation des Kundenunternehmens arbeiten, kommt nicht an alle<br />

Mitspieler im Hintergrund heran, verwendet die Hilfe anderer Verkäufer, die<br />

über gute Kontakte im Unternehmen des Kunden verfügen, muß Schlüsselfiguren<br />

kennenlernen und für sich einnehmen. Kontakte werden so zu einem wertvollen<br />

strategischen Kapitalgut. Sie sind an Personen gebunden und kaum übertragbar.<br />

4.2 Partialmodelle<br />

Fragt man nach der praktischen Umsetzbarkeit von Totalmodellen zur Erklärung<br />

des Kundenverhaltens, so sind die Antworten eher ernüchternd. Die Schwierigkeiten<br />

bei der Überprüfbarkeit des gesamten interpersonellen und organisationalen<br />

Vorgangsnetzes machen eine betriebliche Anwendung kaum möglich. Allerdings<br />

lassen sich Teilaspekte untersuchen, so beispielsweise die Ermittlung<br />

von Einstellungsänderungen der Kunden gegenüber dem <strong>Vertrieb</strong>sservice und<br />

deren Auswirkungen auf den Auftragseingang. Durch entsprechende Fragebogenaktionen<br />

und Interviews erfährt man etwas über die Ursachen des Verkaufserfolges.<br />

Schwieriger ist aber zu spekulieren, welche <strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen zu<br />

ergreifen sind, um gewünschte Präferenzänderungen bei den Kunden herbeizuführen.<br />

Mit geringerem Anspruch als Totalmodelle lassen sich sogenannte Black-Box<br />

90


Modelle zur Erklärung von Kaufentscheidungen anwenden (Stimulus-Response-<br />

Modelle). Mit ihnen wird der statistische Zusammenhang zwischen verschiedenen<br />

meßbaren Inputvariablen und den Kaufentscheidungen einzelner Individuen<br />

oder Gruppen untersucht. Black-Box Modelle spannen den Bogen direkt von den<br />

Reizen zum Verhalten. Es wird auf eine explizite Einbeziehung der Aktivierungs-<br />

und Kognitionskonstrukte verzichtet.<br />

Diesen Modellen mangelt es damit an der kausalen Verknüpfung der Input- und<br />

Outputvariablen. Mit ihnen läßt sich das Kundenverhalten nicht verstehen, sodaß<br />

die Gefahr falscher Einschätzungen groß ist. Außerdem ist ihre Modellstruktur<br />

zu einfach, um längere zeitliche Stabilität der Ergebnisse und Verallgemeinerungen<br />

für verschiedene Personengruppen zu ermöglichen.<br />

In der industriellen Praxis sind meist nur Erhebungen bestimmter Kundeneinstellungen<br />

und Kaufverhaltensweisen und einfache Hypothesen über ihr Zustandekommen<br />

(z.B. Zusammenhang zwischen der Höhe der Werbebudgets und dem<br />

Auftragseingang) möglich und kostenmäßig verantwortbar. Die Datenlage reicht<br />

für komplexe Analysen des Kundenverhaltens selten aus, zumal Reiz- und Informationsströme<br />

kaum abgrenzbar und quantifizierbar sind und ständigen Änderungen<br />

unterliegen.<br />

Ein <strong>Vertrieb</strong>skonzept, welches sich ausschließlich auf Kundeninformationen bezieht,<br />

die wissenschaftlich ermittelt wurden, muß eine Illusion bleiben.<br />

Den Hauptanteil an kundenrelevanten operativen und strategischen Entscheidungen<br />

besitzen deshalb Mitarbeiter auf allen Ebenen der Unternehmenshierarchie,<br />

die über eigene langjährige Erfahrung mit Kunden verfügen.<br />

Die Beurteilungen dieser Experten können als qualifiziert gelten und<br />

sind in die betrieblichen Entscheidungsprozesse explizit einzubauen.<br />

4.3 Verkäufer<br />

Der Verkäufer als passiver Auftragsempfänger findet sich in vielen Bereichen<br />

91


der Wirtschaft (und öffenlichen Verwaltung). Im Marketingkonzept des Unternehmens<br />

nimmt der Verkäufer jedoch eine Schlüsselstellung als aktiver Partner<br />

des Kunden und Auftragsbeschaffer ein. Die Kaufentscheidung des Kunden<br />

hängt zunächst von dem Lieferangebot, bestehend aus der Ware, der Menge, der<br />

Verpackung, dem Preis, dem Liefertermin, dem Kundenservice, Kreditvereinbarungen<br />

etc. ab. Neben dem Lieferangebot ist aber dessen persönliche Präsentation<br />

bedeutsam. Hier unterscheidet man zwischen dem verkaufsorientierten und<br />

dem kundenorientierten Konzept. Bei der Verkaufsorientierung werden<br />

Druckmittel und Verkaufstechniken intensiv eingesetzt. Dieses Verkaufsmuster<br />

zielt auf unerfahrene Kunden und kurze Kundenbeziehungen ab und hat im industriellen<br />

<strong>Vertrieb</strong> keine Bedeutung. Um dauerhafte Beziehungen aufzubauen,<br />

muß die Art der Präsentation so gestaltet sein, daß der Kunde diese als angenehmen,<br />

vertrauenswürdig und fair empfindet (kundenorientiertes Konzept).<br />

Vor dem Kontakt mit dem Verkäufer ist der Kunde durch die Öffentlichkeitsarbeit<br />

des Lieferanten und sein <strong>Vertrieb</strong>simage bereits voreingenommen. Zusätzlich<br />

hat er durch Werbung und Messen eine Vorstellung von den Produkten. Der<br />

erste Kontakt mit dem Lieferanten über Telefon und Fax vermittelt ihm einen<br />

Eindruck, wie schnell, zuverlässig und freundlich man dort arbeitet. Es muß vom<br />

Lieferanten vermieden werden, daß der Kunde bereits im Vorfeld des persönlichen<br />

Verkaufsgesprächs durch diese Kommunikationsereignisse negativ eingestimmt<br />

wird.<br />

Die Tätigkeit des Verkäufers kennzeichnen verschiedene Aufgaben. So repräsentiert<br />

er den Auslieferer der Ware und ist entsprechend Ansprechpartner und<br />

Problemlöser des Kunden. Er ist Nachfrageanreger, indem er eine technische<br />

und kaufmännische Beratungsfunktion ausübt, Produktprogramme vorstellt, Produktapplikationen<br />

begleitet, Finanzierungsvorschläge unterbreitet und Lieferkonditionen<br />

aushandelt. Dann ist er Empfänger der Aufträge, die der Innendienst<br />

datenmäßig erfaßt und verarbeitet. Gegebenenfalls muß der Verkäufer selber<br />

die Auftragsabwicklung kontrollieren, Mängel vor der Auslieferung erkennen<br />

und die Korrektur erwirken.<br />

Es gibt zahlreiche Charakterdarstellungen erfolgreicher Verkäufer. Eine Objekti-<br />

92


vierung mithilfe statistischer Analysen wurde versucht. Hierbei diskutiert man<br />

auch die Frage, ob wünschenswerte Charaktereigenschaften angeboren (Biologie),<br />

durch Erziehung und andere Umwelteinflüsse geprägt sind (Sozialisation)<br />

oder beruflich trainiert (Schulung) werden können.<br />

In modernen Ansätzen zur Erklärung erfolgreicher Verkaufstätigkeiten betont<br />

man den sozialen Interaktionsprozeß zwischen Kunden und Verkäufer. Von einer<br />

einseitigen, auf den Verkäufer fixierten Betrachtungsweise, wir hierbei Abstand<br />

genommen. Die am Verkaufsvorgang teilnehmenden Personen analysiert man als<br />

Mitglieder einer Gruppe, die sich durch ihre Handlungen gegenseitig beeinflussen.<br />

Dabei ist der einfachste Fall eine Dyade, also eine Zwei-Personen-Gruppe.<br />

Untersuchungen zeigen, daß ein Verkaufsabschluß um so wahrscheinlicher ist,<br />

• je ähnlicher Käufer und Verkäufer sich in ihren Persönlichkeitsmerkmalen<br />

sind. Dabei spielen Faktoren wie Alter, Körpergröße, Ausbildung etc. eine<br />

wichtige Rolle,<br />

• je stärker die Erwartungen an die Verkäuferrolle bei Käufer und Verkäufer<br />

übereinstimmen,<br />

• je stärker das tatsächliche Verhalten des Verkäufers dem Bild des Kunden<br />

über das Verhalten von Verkäufern entspricht.<br />

Außerdem sind strukturelle Faktoren, wie die Intensität der bisherigen Geschäftsbeziehungen<br />

und korrespondierende Funktions-, Hierarchie- und Entscheidungsstrukturen<br />

in den Kauf-Verkaufbeziehungen zwischen zwei Unternehmen wichtig.<br />

Hierbei zeigt sich, daß Erwartungen und Eigenschaftsmerkmale von Lieferant<br />

und Kunde, die einander gleichen, den Verkaufsabschluß fördern (vgl. Abb.<br />

58, S. 94).<br />

93


ökonomische<br />

Faktoren<br />

• finanzielle Mittel<br />

• Produktverfügbarkeit<br />

und Produktbedarf<br />

• Qualitätsstandards<br />

psychologische und<br />

physiologische<br />

Faktoren<br />

• aktivierende und kognitive<br />

Determinanten<br />

und Prozesse im Kommunikationsverlauf<br />

zwischen Verkäufer<br />

und Käufer<br />

• Sprechverhalten<br />

• Körpergröße<br />

sozio-demographische<br />

Faktoren<br />

• Einkommen, Bildung<br />

• Alter, Geschlecht<br />

Rollenerwartungen<br />

• an die eigene Position<br />

im Verkaufsgespräch<br />

und im Verkaufsgremium<br />

• an die Gegenposition<br />

im Verkaufsgespräch<br />

und im Kaufgremium<br />

Abb. 58: Struktur des dyadischen Interaktionssystems<br />

historische<br />

Faktoren<br />

• Geschäftsverlauf<br />

• Reklamationen<br />

• Reputationen<br />

• persönliche Kontakte<br />

strukturelle<br />

Faktoren<br />

• Produktsortiment,<br />

Technologie, Funktions-,<br />

Hierarchie- und<br />

Entscheidungsaufbau<br />

Es kann also in diesem Sinne nicht „den erfolgreichen Verkäufer“ geben.<br />

Vielmehr eignen sich verschiedene Verkäufertypen für verschiedene Kundengruppen.<br />

Unternehmen müssen sich daher ein genaues Bild ihrer Abnehmer<br />

und Zielgruppen machen und sich klar darüber werden, welche Marktsegmente<br />

sie bedienen wollen. Es stellt sich hierbei die grundsätzliche Frage, welchen Charakter<br />

sich das Unternehmen selbst geben möchte. Denn hierzu gehören bestimmte<br />

Marktsegmente und deshalb wiederum bestimmte Verkäufertypen.<br />

4.4 Das Verkaufsgespräch<br />

Im Prozeß der Auftragsbeschaffung nimmt das Verkaufsgespräch die zentrale<br />

Stellung bei den Verkaufsaktivitäten ein. Man kann die vier Kategorien „Hochdruckverkauf“,<br />

„Pseudo-Partner-Verkauf“, „Beratungsverkauf“ und „Consulting“<br />

unterscheiden (vgl. Abb. 59, S. 95).<br />

94


Offenheit<br />

und Ehrlichkeit<br />

nur Darstellung<br />

der Vorteile des<br />

Produktes, auch<br />

Übertreibungen<br />

und Lügen<br />

Reden und primär redet der<br />

Zuhören Verkäufer<br />

Beeinflussung intensiver Einsatz<br />

von Abschlußtechniken,<br />

Druckausübung<br />

Produkt- und<br />

Marktkenntnis<br />

Positionierung<br />

des<br />

Verkäufers<br />

zwischen eigenem<br />

Unternehmen<br />

und Kunden<br />

Einstellung<br />

des Kunden<br />

Bindung des<br />

Verkäufers<br />

an sein Unternehmen<br />

Zuhören und<br />

Umdeuten<br />

der Kunde wird<br />

in dem Glauben<br />

zum Abschluß<br />

geführt, er hätte<br />

frei entschieden<br />

Hochdruckverkauf<br />

Pseudo-<br />

Partner-<br />

Verkauf<br />

nennt auch<br />

Nachteile zur<br />

besseren Herausstellung<br />

der<br />

Vorteile<br />

Beratungsverkauf<br />

klare Benennung<br />

der Vor- u.<br />

Nachteile; Nennung<br />

der Wettbewerbsprodukte,<br />

wenn kein eigenes<br />

geeignet<br />

ist<br />

Zuhören und Beraten<br />

keine Abschlußtechniken,<br />

kein<br />

Druck, Überzeugung<br />

durch Leistung<br />

geringe Rolle notwendig sehr wichtig; auf<br />

die eigenen Produkte<br />

bezogen<br />

steht klar auf der<br />

Seite des Anbieters<br />

Kunde fühlt sich<br />

bereits beim ersten<br />

mal übervorteilt<br />

vordergründig<br />

auf Seite des<br />

Kunden<br />

Kunde lernt:<br />

Vertrauen<br />

schlägt mit der<br />

Zeit in Mißtrauen<br />

um<br />

Vermittler zwischen<br />

Kunde und<br />

Anbieter<br />

langfristig vertrauensvoll,<br />

Entscheidung<br />

liegt<br />

beim Kunden<br />

sicher sicher gefährdet gering<br />

Abb. 59: Verhaltensnormen von Verkäufern<br />

Consulting<br />

Beratung hinsichtlich<br />

eigener<br />

u. Wettbewerbsprodukte<br />

gleichermaßen<br />

Zuhören und Beraten<br />

Analysen und<br />

Gegenüberstellung<br />

mit<br />

Wettbewerbsangeboten<br />

sehr wichtig;<br />

schließt Wettbewerbsprodukte<br />

ein<br />

steht auf Seite<br />

des Kunden<br />

langfristig vertrauensvoll,<br />

Entscheidung<br />

oft<br />

dem Verkäufer<br />

übertragen<br />

Für den Aufbau einer langfristigen Beziehung zwischen Kunden und Lieferanten<br />

erscheinen Beratungsgespräche mit einer Tendenz zu Pseudo-Partner-<br />

Situationen als geeignet. Dem Kunden sollte aufmerksam zugehört werden.<br />

Durch gezielte Fragen sollte dem Kunden geholfen werden, seine Bedürnisse klar<br />

zu benennen. Gemeinsam sind dann Lösungen zu finden. Basis der Beratungsge-<br />

95


spräche sind einerseits die autonome Entscheidungsfähigkeit des Kunden und<br />

andererseits das kommerzielle Grundinteresse des Verkäufers.<br />

Gespräche können nach Reiz-Reaktionsschemata strukturiert werden, wobei<br />

zwischen der starren und der flexiblen Methode zu unterscheiden ist. Verfolgt<br />

der Verkäufer die starre (Fertig-)Methode, dann baut er das Gespräch immer<br />

nach dem gleichen Muster auf und unterstellt hierbei, daß der Käufer durch typische<br />

Systeme von Schlüsselwörtern, -bildern und -formulierungen zu spezifischen<br />

Verhaltensweisen angeregt werden kann. Das einstudierte Gespräch<br />

deckt immer die gleichen Punkte ab. Im Vergleich zu Gesprächstechniken, bei<br />

denen sich der Verkäufer stärker in die Individualität seines Gegenübers versetzen<br />

muß und auf Fragen über das Produkt eingeht, wird bei der starren Methode<br />

relativ wenig Fachwissen und psychologische Kompetenz im Umgang mit den<br />

Kunden vorausgesetzt.<br />

Die flexible (Bausatz-)Methode basiert ebenfalls auf dem Reiz-Reaktions-<br />

Ansatz. Hier geht man aber von unterschiedlichen Käufertypen aus, für die jeweils<br />

eigene, vorformulierte Präsentationen konzipiert werden. Der Verkäufer<br />

muß im Anfangsstadium des Gesprächs die Bedürfnisse und das Kaufverhalten<br />

des Kunden erfassen und den Typ identifizieren. Danach folgt die Präsentation<br />

eines für diesen Typ konzipierten Ablaufplans. Die psychologische Kompetenz<br />

des Verkäufers muß hier höher sein, als bei der starren Methode, um sich verstärkt<br />

in die Persönlichkeit des Kunden hinein zu versetzen.<br />

Der anspruchvollste Gesprächsansatz beruht auf dem Ziel, die Bedürfnisse des<br />

Kunden zu erkennen und individuell zu erfüllen (vgl. Abb. 19, S. 23, adaptiver<br />

<strong>Vertrieb</strong>). Diese sind nur zum Teil ökonomischer Art (z.B. Produktlieferung,<br />

Preis). Wichtig sind die psychologischen Anforderungen, die ein solches Gespräch<br />

stellt. Es kommt vor allem darauf an, gut zuzuhören, dem Kunden ein angenehmer<br />

Gesprächspartner zu sein und passende Problemlösungen anzubieten.<br />

Es kann für ein solches Gespräch keine schematische Konzeption geben. Vieles<br />

hängt von den fachlichen und menschlichen Fähigkeiten des Verkäufers ab, auf<br />

seinen Kunden individuell einzugehen (vgl. Abb. 60, S. 97). Gleichwohl können<br />

einige Hinweise Beachtung finden:<br />

96


• Fähigkeit zur systematischen Vorbereitung und Planung<br />

• genaue Kenntnis des Verhandlungsgegenstands<br />

• schnelles und klares Denken, auch unter Druck und Unsicherheit<br />

• deutliche Sprache, umgänglicher Stil, gutes Ausdrucksvermögen<br />

• Fähigkeit, komplexe Sachverhalte in einfache Worte zu fassen<br />

• Fähigkeit, gut und lange zuzuhören, ohne zu unterbrechen<br />

• ausgeprägtes Urteils- und Einfühlungsvermögen<br />

• Integrität und Zurückhaltung<br />

• Fähigkeit, Beleidigungen und Demütigungen nicht nachzutragen<br />

• Überzeugungskraft und Geduld<br />

• geeignete Körpersprache<br />

• für den Kunden ansprechendes Aussehen<br />

Abb. 60: Persönliche Merkmale, die ein Verkaufsgespräch erleichtern<br />

Das Gespräch sollte mit Belanglosigkeiten eingestimmt werden. Der<br />

Kunde sollte von jedem Abwehrverhalten befreit sein, bevor man zur<br />

Sache kommt. Die Garderobe des Verkäufers sollte so gestaltet sein, daß<br />

ein intolleranter Kunde nicht daran Anstoß nehmen kann. Der Verkäufer<br />

sollte sich vor dem anstehenden Gespräch seinen letzten Besuchsbericht<br />

durchgelesen haben und die zugrundeliegende Verkaufsgeschichte<br />

(Preise, Liefermengen, Applikationsprobleme etc.) in Erinnerung bringen.<br />

Nun kann man das Gespräch mit der Frage nach Problemen und Sorgen<br />

des Kunden bei der Anwendung der eigenen oder der Wettbewerbsprodukte<br />

fortsetzen.<br />

So äußert der kunststoffverarbeitende Kunde zum Beispiel Bedenken,<br />

weil die von ihm hergestellte transparente Folie Schlieren aufweist und<br />

er sich nicht sicher ist, ob sein Abnehmer diese Folie deshalb zurückweisen<br />

wird. Gemeinsam ist zu diskutieren, ob diese Schlieren ihre Ursache<br />

im Verarbeitungsprozeß oder im gelieferten Rohmaterial haben.<br />

Es ist dem Kunden zu versprechen, daß man diese Frage mit den Technikern<br />

im Zulieferwerk behandeln wird. Es kann dann z.B. eine etwas<br />

97


abgewandelte Kunststoffart per kostenlosem Muster geliefert werden,<br />

um hiermit einen Produktionsversuch durchzuführen und die Anwendungstechnik<br />

kann zusätzlich Verarbeitungshinweise schicken. Sollte<br />

dieses nicht zum Ziel führen, kann ein Technikerbesuch vereinbart<br />

werden, um die Angelegenheit fachmännisch zu erörtern. Man sollte einem<br />

Kunden auf keinen Fall ein Produkt, welches keinen Problemlöser<br />

darstellt, einreden, nur um einen Verkaufsabschluß zu erzielen. Das untergräbt<br />

die Autorität des Verkäufers schnell und zerstört die Vertrauensbasis,<br />

die für eine langfristige Geschäftsbeziehung wichtig ist (kognitive<br />

Dissonanz, vgl. S. 87).<br />

Kunden, die Vertrauen in den partnerschaftlichen Verkäufer gewinnen,<br />

offenbaren ihm im Laufe der Zeit wertvolle Informationen über den<br />

Markt. Alle technischen, kaufmännischen und wettbewerblichen Informationen<br />

sind in Besuchsberichten festzuhalten und finden Verwendung<br />

in der Produktentwicklung und der Produktionsoptimierung, um<br />

die Qualitäten zu erreichen, die der Markt wünscht. Das Speditionswesen<br />

benötigt die Informationen für logistische Entscheidungen. Der Verkauf<br />

erfährt aus den Besuchsberichten Wichtiges über den Wettbewerb,<br />

über Einschätzungen der Marktlage, Marktpreise, Wettbewerbsprodukte<br />

und deren Entwicklung, die Einschätzung der eigenen Produkte und<br />

Dienstleistungen durch den Kunden, die Liquidität der Kunden und<br />

Ähnliches. Der Verkäufer kann in den Besuchsberichten Beobachtungen<br />

festhalten, die er auf dem Firmengelände des Kunden anstellen konnte,<br />

z.B. Tank- und Lagererweiterungen, allgemeine Unordnung und verrottende<br />

Anlagen oder die LKWs der Konkurrenz. Die Besuchsberichte<br />

sollten systematisch verfaßt und ausgewertet werden, da sie ein authentisches<br />

Bild der Kunden enthalten. Sie sind die bedeutendste Informationsquelle<br />

des <strong>Vertrieb</strong>es im Industrieunternehmen.<br />

Wichtigster Gegenstand des Verkäufergesprächs sind Liefermengen,<br />

Termine und Preise. Die Zusage von Mengen und Terminen erfordert<br />

eine gründliche Kenntnis der gesamten Liefersituation und kann nur<br />

mit Absprache der Zentrale erfolgen. Ein Gespräch über Preise führt<br />

98


leicht zu einer Verschlechterung der Gesprächsatmosphäre. Preisgespräche<br />

sollten deshalb möglichst weitgehend vermieden werden. Klagen<br />

über zu hohe Preise sind üblich und gehören bei einigen Kunden<br />

zum Ritual. Hierauf braucht der Verkäufer nicht weiter einzugehen. Anders<br />

sieht es aus, wenn mit dem Wettbewerb gedroht wird. Dann muß<br />

der Verkäufer versuchen, Genaueres zu erfahren. Häufig kann er durch<br />

seine zahlreichen Besuche bei anderen Kunden solche Drohungen abschätzen,<br />

je nach dem, ob andere Kunden ebenfalls von günstigen<br />

Wettbewerbsofferten berichten oder den bisherigen Preis durch ihre<br />

Bestellungen bestätigen.<br />

Schwierig sind Preiserhöhungen durchzuführen. Sie erinnern den Kunden<br />

an seine materielle Abhängigkeit vom Lieferanten und bedürfen der<br />

plausiblen Rechtfertigung durch allgemeine Kostensteigerungen. Rohstoffpreise<br />

und Lohnabschlüsse beispielsweise treffen in der Regel andere<br />

Wettbewerber auch und der Kunde hat die Erwartung, daß die anderen<br />

potentiellen Lieferanten ebenfalls in näherer Zukunft ihre Preise<br />

anheben müssen. Die Erwartung und das Vertrauen wird enttäuscht,<br />

wenn der vereinbarte Preis weit über dem eines anderen Lieferanten<br />

liegt. Es kann dann zu kognitiven Dissonanzen beim Kunden kommen.<br />

Der Verkäufer wird dann möglicherweise gemieden und kann erst nach<br />

Monaten wieder einen Besuchstermin vereinbaren.<br />

Preissenkungen müssen ebenfalls begründet werden. Man setzt sich<br />

dabei leicht dem Verdacht aus, monate- oder jahrelang überhöht geliefert<br />

zu haben. Geht man beispielsweise auf den Hinweis des Kunden,<br />

ein anderer Lieferant hätte um 20% unterboten, sofort auch um 20%<br />

herunter, dann steht die Frage im Raum, ob man denn in der vergangenen<br />

Zeit derartig hohe Margen verdient hätte. Preise müssen als fair<br />

empfunden werden, was bei der Begründung einer Preissenkung zu beachten<br />

ist. Gegebenenfalls kann es vorteilhafter sein, auf das Geschäft zu<br />

verzichten, als dem Kunden zu offenbaren, daß man bisher überhöht geliefert<br />

hat. Statt bei vermutlich temporär niedrigeren Wettbewerbspreisen<br />

mitzuhalten ist es dann besser, Produktionsmengenkürzungen für ei-<br />

99


nen gewissen Zeitraum hinzunehmen. So besteht die Chance, daß der<br />

Kunde nach einigen Monaten zurückkommt, wenn der Wettbewerber<br />

seinen Preis ebenfalls angehoben hat, ohne daß es zu einem Vertrauensverlust<br />

kam.<br />

Die Produktqualität ist ein subjektiver Begriff. Der Hersteller hat hier<br />

andere Kriterien als der Kunde. Die Beurteilung dieser Qualität hängt<br />

einerseits von dem Einsatzzweck des Produktes ab, andererseits von den<br />

Informationen, die über das Produkt verfügbar sind. Die Informationsverteilung<br />

zwischen Anbieter und Kunde ist häufig asymmetrisch: Der<br />

Kunde weiß deutlich weniger über das Produkt als der Anbieter. Insofern<br />

ist der Kunde auf Indikatoren angewiesen, die Qualität signalisieren<br />

können. Der Preis ist ein solcher Indikator. Ein hoher Preis wird oft als<br />

Signal guter Qualität angesehen. Auch deshalb sind Preissenkungen kritisch<br />

zu betrachten: Sie verändern die Qualitätswahrnehmung im Markt.<br />

Verkaufsverhandlungen sind taktisch klug zu führen (vgl. Abb. 61, S. 101).<br />

Grundlegend sind eine defensive und deeskalierende Wortwahl. Kommt es zu<br />

einer Regelverletzung (untragbarer Gesprächsstil, abwegige Forderungen), die<br />

nicht übergangen werden kann, dann sollte sie offen angesprochen und die Frage<br />

nach der Angemessenheit gestellt werden. Kommt es zu keiner Lösung, kann<br />

auch mit dem Hinweis auf den Regelungsbedarf die Verkaufsverhandlung unterbrochen<br />

werden. Im Allgemeinen sind solche drastischen Maßnahmen aber nicht<br />

nötig.<br />

100


1. Erhöhe Deine Glaubwürdigkeit, indem Du eine gefühlsmäßige Anbindung an<br />

Deine Position demonstrierst. Damit wird dem Gegner (Partner) klar, daß Du<br />

nicht leicht vor Argumenten zurückweichst, weshalb es sich für ihn lohnt, auf<br />

Deine Position einzugehen.<br />

2. Bewahre Dir Verhandlungsspielraum, indem Du hoch einsteigst.<br />

3. Lobe Deine Gegenseite und verbinde mit der Akzeptanz Deiner Position Prestige.<br />

Das kostet Dich nichts, macht es aber der Gegenseite psychologisch<br />

leichter, auf Dich einzugehen.<br />

4. Verweise bei ungünstigen Verhandlungsergebnissen darauf, daß Du vor dem<br />

Abschluß noch andere (Vorgesetzte) fragen mußt. Das gibt Dir einen zeitlichen<br />

Spielraum und bringt Dich in die Rolle des Mediators, der von der Gegenseite<br />

umworben wird.<br />

5. Wenn die Gegenseite stark oder sogar stärker ist als Du, dann stelle nie einem<br />

Vorschlag der Gegenseite Deinen Vorschlag direkt entgegen, sondern lobe<br />

den Vorschlag und fordere dazu auf, daß sich beide Seiten diesen genauer ansehen<br />

wollen. Setze Dich dann argumentativ damit auseinander. So erkennt<br />

die Gegenseite Deine Position und kann auf Dich eingehen, ohne daß es zu<br />

einer Konfrontation kommt.<br />

Abb. 61: Regeln für Verkaufsverhandlungen<br />

Die folgenden Grundsätze eignen sich, die Verhandlung immer wieder zum<br />

ökonomischen Kern zu führen:<br />

1. Personen und Sachprobleme trennen!<br />

Hierdurch verhindert man, daß Kauf-Verkaufsverhandlungen zu einem Test<br />

der Willensstärke werden und Emotionen die Sachfragen überlagern. Voraussetzung<br />

für diese Trennung ist die Fähigkeit, persönliche Empfindlichkeiten<br />

der Gegenseite und emotionale Bindungen an Einzelfragen des Verhandlungsgegenstandes<br />

zu verstehen und zu erkennen. Dieses setzt Sensibilität und Erfahrung<br />

voraus. Gefühlsausbrüche, wenn sie denn geschehen, sollten gemeinsam<br />

als solche bezeichnet werden, damit man anschließend zu den Sachfragen<br />

zurückkehren kann. Die Partner müssen die Berechtigung dessen anerkennen,<br />

was die Gegenseite sagt und hiervon sachlich ausgehen. Wird immer<br />

wieder das eigene vorgebrachte Anliegen von der Gegenseite in Abrede gestellt,<br />

dann empfindet man dieses als Unterstellung von Unehrlichkeit, Unerfahrenheit,<br />

Dummheit oder Ignoranz und reagiert entsprechend abweisend.<br />

101


2. Bei Konflikten die Verhandlungsebene wechseln!<br />

In Kauf-Verkaufsverhandlungen gibt es die Ebene der Grundinteressen beider<br />

Partner und die Ebene konkreter Lösungswege. Häufiges Problem ist, daß<br />

man sich in divergierende Lösungswege verrennt. Da es aber zu den Grundinteressen,<br />

die jede Seite berechtigter Weise hat, meist mehrere Lösungswege<br />

gibt, ist hier Flexibilität gefordert. Treten Konfliktsituationen auf der Ebene<br />

der Lösungswege auf, sollten die Grundinteressen in Erinnerung gerufen und<br />

hiervon ausgehend ein neuer Interessensausgleich versucht werden.<br />

Die Verhandlung kann sich aber auch auf der Ebene der Grundinteressen verhaken,<br />

indem sich beide Seiten ihre fundamentalen Positionen gegenseitig<br />

vorhalten: Beispielsweise wirft ein emotionalisierter Einkäufer dem Verkäufer<br />

vor, daß er „Verkäufer“ ist und als solcher nichts taugt. Starke Emotionen<br />

können sich aufbauen, die den Konflikt als unlösbar erscheinen lassen, bevor<br />

überhaupt der Versuch gemacht wurde, ökonomische Lösungswege zu diskutieren.<br />

Dann ist es angebracht, auf die Ebene konkreter Lösungsschritte zu<br />

wechseln und den aufgebauten Gegensatz in den Hintergrund zu schieben.<br />

3. Nach Lösungsmöglichkeiten zum beiderseitigen Nutzen suchen!<br />

Beide Verhandlungspartner gehen in das Gespäch mit einem bestimmten Ausgangswert<br />

an materiellem Vermögen und emotionaler Zufriedenheit. Beide<br />

Seiten wollen durch die Verhandlung ihren Nutzen erhöhen. Von Anfang an<br />

sollte keine Seite den Versuch unternehmen, den eigenen Nutzen zu maximieren,<br />

indem die Gegenseite noch hinter ihren Ausgangsnutzen gedrückt wird<br />

(vgl. Abb. 62, S. 103). Dieses führt die Partnerschaft in eine Sackgasse und<br />

belastet die Beziehungen nachhaltig. Vielmehr sollten die Parteien gemeinsam<br />

nach Lösungen suchen, die den Nutzen beider Seiten so erhöhen und nachhaltig<br />

als positiv empfunden werden.<br />

4. Auf objektiven Kriterien bestehen!<br />

Objektive Kriterien bei Kauf-Verkaufsverhandlungen können Marktwerte,<br />

Preise des Wettbewerbs, Kosten u.ä. sein. Werden Verhandlungen blockiert,<br />

weil eine Seite pauschale Standpunkte „aus dem Bauch heraus“ unnachgiebig<br />

vertritt, dann ist ein Rückgriff auf objektive Kriterien angebracht. Sie reichen<br />

102


zwar in der Regel als Entscheidungsgrundlage nicht aus, bringen aber Sachlichkeit<br />

und Differenziertheit in die Verhandlung zurück.<br />

Die Kompromißzone beschreibt alle möglichen Lösungen einer erfolgreichen<br />

Verhandlung (vgl. Abb. 62, unten). Bei freiwilligen Verhandlungslösungen sehen<br />

sich beide Kontrahenten im Ergebnis in einer verbesserten Lage (Paretoeffizienz).<br />

Würde sich eine Seite durch die Verhandlung übervorteilt fühlen, führte<br />

dieses schnell zum Abbruch. Die Kompromißzone ist jedoch nicht statisch. Die<br />

Akzeptanzgrenzen verschieben sich mit der Zeit und als Folge zahlreicher Determinanten,<br />

nicht zuletzt aber auch bei geschickten Argumentationen des Käufers<br />

und des Verkäufers. Kann man im Gespräch keine Kompromißzone finden,<br />

dann kommt es zu keiner freiwilligen Lösung. Dennoch sollte der Verkäufer den<br />

Kontakt zum Kunden halten, da sich zu einem späteren Zeitpunkt andere Bewertungen<br />

ergeben können.<br />

Abb. 62: Akzeptanzgrenzen und Kompromißzonen<br />

Akzeptanzgrenzen hängen von (subjektiven) Wahrnehmungen verschiedener<br />

ökonomischer Beschränkungen (Liquidität, Wettbewerb), Risiken und Chancen<br />

ab. Die obere Akzeptanzgrenze eines Kunden bestimmt sich beispielsweise dadurch,<br />

daß er bestimmte Verkaufspreise nicht mehr akzeptieren kann, da seine<br />

Produktion zu teuer und seine Marktposition gefährdet würde. Oder er möchte<br />

neue Marktchancen realisieren, und sucht deshalb besonders günstige Einkaufskonditionen.<br />

Umgekehrt könnten die Kapazitäten des Verkäufers ausgeschöpft<br />

103


sein und er möchte deshalb die Waren nicht unter dem derzeitigen Wettbewerbspreis<br />

an einen Kunden verkaufen.<br />

4.5 Der Innendienst<br />

Dem Innendienst können wir die folgenden Aufgaben zuordnen (vgl. Abb. 63, S.<br />

105):<br />

1. Er steht als Informationsschnitt- und -speicherstelle vorrangig zwischen der<br />

internen Unternehmensorganisation und dem Außendienst. Hauptsächlich bedient<br />

er sich des Telefons, sowie interner und externer EDV-Netze. In vielen<br />

Fragen technischer und kaufmännischer Art wenden sich die Kunden direkt<br />

per Telefon, Fax und e-mail an den Innendienst. Dieser muß kompetent,<br />

freundlich und hilfsbereit sein und die Produkte, die Verkaufsgeschichte und<br />

die aktuellen Besuchsberichte gut kennen. Aufgabe des Innendienstes ist es<br />

auch, Kunden problemgemäß mit anderen Stellen im Unternehmen, z.B. einem<br />

Techniker, telefonisch zu verbinden. Dieses setzt eine gute Kenntnis des<br />

eigenen Unternehmens voraus.<br />

2. Die Abstimmung zwischen Verkäufern und Innendienst besitzt eine hohe Bedeutung<br />

für die Durchsetzung einer Verkaufsstrategie. Wenn Kunden sich beispielsweise<br />

bei Lieferterminen, Mengen oder Preisen nicht bei einem Verkäufer<br />

durchsetzen können, versuchen sie unter Umständen, vom Innendienst entsprechende<br />

Zugeständnisse zu erhalten. Wenn Innendienstmitarbeiter, aus Unkenntnis<br />

oder Profilierungswunsch, Zusagen machen, schwächen sie hierdurch<br />

die Positition und Kompetenz des Verkäufers gegenüber dem Kunden und zerstören<br />

die Verkaufsstrategie. Der Innendienst muß sich in seinem Verhältnis<br />

zum Kunden stets als dem Verkäufer untergeordnet darstellen.<br />

3. Der Innendienst nimmt die Bestellungen telefonisch, per Fax, per Brief oder<br />

per Besuchsbericht an und gibt sie in das Bestellsystem ein. Er muß deshalb<br />

Verpackungsarten, Lagerbestände, Produktionseinplanungen, Transportmittel<br />

und -kapazitäten kennen und dieses Wissen souverän beherrschen.<br />

104


4. Das gesamte Auftragsmanagement (vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.) liegt in der<br />

Hand des Innendienstes.<br />

5. Der Innendienst benötigt die EDV auch für das Erstellen der Berichte für die<br />

Marketingleitung und der kurz- und mittelfristigen Absatzpläne, die zusammen<br />

mit den Verkäufern für jedes Produkt, jeden Kunden, jede Region, bei<br />

den kurzfristigen Plänen pro Monat oder Quartal, bei den mittel- und langfristigen<br />

Plänen pro Jahr, zu erstellen sind.<br />

6. Die Innendienstmitarbeiter, die insbesondere über das Telefon in direktem<br />

Kundenkontakt stehen, sollten mit den Verkäufern regelmäßig, vielleicht einmal<br />

im Jahr, die wichtigsten Kunden aufsuchen, um die persönlichen Beziehungen<br />

zu verstärken.<br />

• Schnittstelle zwischen Unternehmen und Markt<br />

• Informationsspeicherung<br />

• telefonische Kundenberatung<br />

• Erteilung von Produktionsaufträgen<br />

• Bestelleingabe<br />

• Auftragsmanagement<br />

• Reporting an Verkaufsleitung<br />

• Verkaufsanalyse<br />

• Verkaufsplanung<br />

Abb. 63: Aufgaben des Innendienstes<br />

4.6 Bindungen und Behinderungen von Händlern<br />

Der Verkauf über die externen Absatzorgane Händler, Kommissionäre und Handelsvertreter<br />

bietet eine Alternative zum Einsatz des eigenen Außendienstes (vgl.<br />

Abb. 64, S. 106 und Abschnitt 6.1, S. 172 ff.).<br />

105


Händler<br />

handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung,<br />

(Absatzmittler) erwirbt Eigentum an der Ware<br />

Kommissionär handelt im eigenen Namen und auf fremde Rechnung,<br />

(Absatzhelfer) erwirbt kein Eigentum an der Ware<br />

Handelsvertreter handelt im fremden Namen und auf fremde Rechnung,<br />

(Absatzmittler) erwirbt kein Eigentum an der Ware<br />

Abb. 64: externe Absatzorgane<br />

Das Vorliegen spezieller Absatzkenntnisse kann ein Grund sein, Händlern die<br />

Geschäfte für einen besonderen Markt zu überlassen, den sie besser bearbeiten<br />

können als der unternehmenseigene Außendienst. Händler übernehmen häufig<br />

auch eine Sortimentsfunktion, indem sie Produkte von verschiedenen Herstellern<br />

zu einem Sortiment mit eigenem Markennamen zusammenstellen und so den<br />

Absatz jedes einzelnen Produktes steigern. Die Zusammenarbeit mit Händlern<br />

kann vielfältig sein und sich auch auf Werbung, Lagerhaltung, und Finanzierungskonzepte<br />

beziehen.<br />

Funktionen<br />

Raum<br />

Zeit<br />

Quantität<br />

Qualität<br />

Service<br />

Kommunikation<br />

Finanzierung<br />

Beispiele<br />

Transport der Güter von einem Ort zum anderen<br />

Lagerung der Güter zwischen Herstellung und Verwendung<br />

Verschiedene Produzenten unter einer Handelsmarke<br />

Zusammenstellung eines Sortiments<br />

Kaufmännischer und technischer Außendienst des Handels<br />

Werbung durch den Handel<br />

Lieferantenkredite durch den Handel<br />

Abb. 65: Funktionen der Händler<br />

Durch den Absatz über Händler reduziert sich die Anzahl der Kundenkontakte<br />

für den Hersteller drastisch. Er verliert den unmittelbaren Marktkontakt. Beim<br />

Hersteller besteht deshalb häufig der Wunsch, den Handel in sein Marketingkonzept<br />

einzubinden und dessen Eigenständigkeit zu begrenzen. Der Gesetzgeber hat<br />

aus übergeordneten wettbewerbspolitischen Gründen Beschränkungen hierfür<br />

vorgesehen. Maßnahmen von Unternehmen, die den horizontalen oder vertikalen<br />

106


Wettbewerb einschränken, unterliegen der Mißbrauchsaufsicht, sind genehmigungspflichtig<br />

oder verboten.<br />

• Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, 1909, 1994)<br />

• Zugabeverordnung (1932)<br />

• Rabattgesetz (1933, 1986)<br />

• Warenzeichengesetz, Patentgesetz, Geschmackmustergesetz, Gebrauchmustergesetz<br />

(1876, 1994)<br />

• Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (1957, 1994)<br />

• Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und<br />

Stahl (1951)<br />

• Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1957)<br />

Abb. 66: Gesetze, die den Wettbewerb sichern und stärken sollen (mit Jahreszahlen)<br />

Besondere wettbewerbsrechtliche Relevanz für das Verhältnis zwischen Hersteller<br />

und Händler besitzen (1) Bindungen, (2) Behinderungen und (3) vertikale<br />

Verhaltenskoordinationen (vgl. Abb. 67, unten).<br />

Wettbewerbsbeschränkung<br />

Inhaltsbindung<br />

(Verbot im Grundsatz mit<br />

Ausnahmen)<br />

Abschlußbindung<br />

(steht unter Mißbrauchsaufsicht)<br />

Behinderung<br />

vertikale Verhaltenskoordination<br />

(Verbot im Grundsatz mit<br />

Ausnahmen)<br />

Einzeltatbestände<br />

• Preisbindung der zweiten Hand<br />

• Konditionenbindung<br />

• Kalkulationsmethodenbindung<br />

• Meistbegünstigungsklauseln<br />

• Ausschließlichkeitsbindung<br />

• <strong>Vertrieb</strong>sbeschränkung<br />

• Verwendungsbeschränkung<br />

• Koppelungsverträge<br />

• Limit Pricing<br />

• Boykottaufrufe<br />

• Wettbewerberverleumdung<br />

• unverbindliche Preisempfehlungen<br />

• Konditionenempfehlungen<br />

• Normen- und Typenempfehlungen<br />

Abb. 67: Bindung, Behinderung und vertikale Verhaltenskoordination<br />

Wenn ein selbständiges Handelsunternehmen eine Bindung im Sinne des<br />

Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) eingeht, dann verpflichtet<br />

es sich gegenüber dem Hersteller auf die Verfolgung einer be-<br />

107


stimmten Geschäftspolitik. Als Beispiele dienen Preisbindungen und Verwendungsbeschränkungen<br />

(vertikale Bindungen).<br />

Unter Behinderungen versteht man unangemessene und unbillige Praktiken,<br />

die andere Unternehmen schädigen, ihren Handlungsspielraum einschränken<br />

und unfreiwillig hingenommen werden müssen, beispielsweise Kampfpreisansagen<br />

unter Selbstkosten, Limit Pricing, Boykottaufrufe und Wettbewerberverleumdungen.<br />

Gibt der Hersteller an Händler Empfehlungen über Weiterverkaufspreise,<br />

Preissetzungsarten und Preisspielräume, dann liegt hierin eine vertikale Koordination<br />

des Verhaltens.<br />

Es folgen die Darstellungen im einzelnen:<br />

(1) Bindungen<br />

Bei Inhaltsbindungen des Handels durch den Hersteller legen diese den Inhalt<br />

von Verträgen, die der Händler mit Dritten abschließt, fest. Abschlußbindungen<br />

steuern, OB und mit WEM und über WAS der Händler einen Vertrag abschließen<br />

darf.<br />

Der Gesetzgeber verbot Inhaltsbindungen des Handels im Grundsatz.<br />

Bis 1973 bildete die vertikale Preisbindung für Markenartikel eine<br />

Ausnahme und war gesetzlich erlaubt. Die Hersteller konnten in solchen<br />

Fällen die Wiederverkaufspreise den Händlern vorschreiben. Seit 1973<br />

gilt ein grundsätzliches Verbot der vertikalen Preisbindung (§ 15, vgl.<br />

auch § 38 I Nr. 1 GWB). Außerdem ist es den Herstellern verboten, dem<br />

Handel die Konditionen vorzuschreiben, zu denen die Produkte weiterverkauft<br />

werden können (z.B. Preisnachlässe). Keine Anwendung finden<br />

diese Verbote auf Personen im Absatzweg, die nicht eigenunternehmerisch<br />

tätig sind: Kommissionäre und Handelsvertreter können einer<br />

Preis- und Konditionenbindung unterliegen (vgl. Abb. 68, S. 109).<br />

Ihre Beziehung zum Hersteller und seiner Marketingstrategie ist deshalb<br />

108


ungleich stärker als die von Handelsunternehmen, was für die Wahl der<br />

industriellen <strong>Vertrieb</strong>swege eine erhebliche Bedeutung besitzt.<br />

• unverbindliche Preisempfehlung für Markenwaren erlaubt<br />

(§ 38 a I/III: „Mißbrauchsaufsicht“ GWB)<br />

• Preisbindung bei Verlagserzeugnissen erlaubt<br />

(§§ 16 f.: „Mißbrauchsaufsicht“ GWB)<br />

• Preisbindung bei Handelvertretern und Kommissionären erlaubt<br />

• indirekte Preisbindung bei Arzneimitteln erlaubt<br />

(Arzneimittelpreisverordnung mit einheitlichen Apothekenabgabepreisen)<br />

Abb. 68: Ausnahmen vom Verbot der Inhaltsbindungen<br />

Die Zulässigkeit der Preisbindung bei Handelsvertretern und Kommissionären<br />

eröffnet Herstellern die Möglichkeit, durch sogenannte „Partner-Verträge“ die<br />

nachfolgende Handelsstufe stärker in die <strong>Vertrieb</strong>sstrategie einzubeziehen.<br />

Auf diese Weise können beispielsweise Mineralölunternehmen bei<br />

Tankstellenpächtern das Preisbindungsverbot umgehen. In der Unterhaltungselektronik<br />

werden Agentur- und Depotsysteme gegründet. Hier<br />

verkauft der Händler im Namen und auf Rechnung des Herstellers. Neue<br />

<strong>Vertrieb</strong>sformen entstehen im Industriebereich als Kommissionsagenturen<br />

und Franchisebetriebe.<br />

Abschlußbindungen sind grundsätzlich erlaubt, doch besteht eine Mißbrauchsaufsicht.<br />

Sie werden nachfolgend im einzelnen erläutert:<br />

• Ausschließlichkeitsbindungen verpflichten den Industriehändler dazu,<br />

bestimmte Güter nur vom Bindenden zu beziehen.<br />

• Bei <strong>Vertrieb</strong>sbeschränkungen darf der Handel Waren nur an bestimmte<br />

Kundenkreise liefern oder nur in bestimmten Absatzgebieten<br />

tätig sein. Typisch ist der Einsatz von Händlern als Kleinverteiler.<br />

Größere Aufträge (z.B. eine ganze LKW Ladung) werden vom Hersteller<br />

übernommen.<br />

109


• Verwendungsbeschränkungen verpflichten die Kunden, bestimmte<br />

komplementäre Ergänzungs- und Zusatzkomponenten ebenfalls vom<br />

Hersteller des Hauptgerätes zu beziehen.<br />

• In Koppelungsverträgen verpflichtet sich der Kunde, noch andere<br />

nicht-komplementäre Güter vom Hersteller zu beziehen.<br />

Unwirksam und verboten sind Abschlußbindungen, wenn (§ 18 I GWB)<br />

• man eine erhebliche Zahl von Unternehmen gleichartig bindet und in<br />

ihrer Wettbewerbsfähigkeit unbillig einschränkt,<br />

• der Marktzutritt für andere Unternehmen unbillig beschränkt ist,<br />

• der Wettbewerb auf dem Markt dieser oder anderer Güter wesentlich<br />

beeinträchtigt ist.<br />

Allerdings bleibt die Mißbrauchsaufsicht bei Abschlußbindungen in der Praxis<br />

weitgehend unwirksam.<br />

Produktionsstufe<br />

dominant<br />

Ursachen:<br />

• Verkäufermarktsituation<br />

• Handelsstufe zergliedert<br />

in viele kleine Betriebe<br />

Handelsstufe<br />

dominant<br />

Ursachen:<br />

• Käufermarktsituation<br />

• Starke Konzentration in<br />

der Handelsstufe<br />

Machtgleichgewicht<br />

Ursachen:<br />

• Gleiche Konzentration<br />

auf der Produktionsund<br />

Handelsstufe<br />

Konsequenzen:<br />

• Absatzkonzeption des<br />

Herstellers maßgeblich<br />

für Handel<br />

Konsequenzen:<br />

• Absatzkonzeption des<br />

Handels maßgeblich für<br />

Hersteller<br />

Konsequenzen:<br />

• Konkurrierende oder<br />

partnerschaftlich-kooperative<br />

Konzeptionen<br />

Abb. 69: Vertikale Machtverteilung<br />

Je nach Machtstellung der Hersteller gegenüber dem Handel können Bindungen<br />

die Form eines Diktats oder einer für beide Seiten nützlichen Zusammenarbeit<br />

annehmen (vgl. Abb. 69, oben, u. Abb. 7, S. 9).<br />

110


(2) Behinderungen<br />

Den zweiten wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmenbereich stellen die Behinderungen<br />

(vgl. Abb. 70, unten) dar.<br />

• Gruppenboykotts und Boykottaufrufe<br />

• Individualboykott: temporäre Liefer- oder Bezugsverweigerung und<br />

-androhung<br />

• Diskriminierung einschließlich Erzwingen von Vorzugsbedingungen<br />

• Zwang, Drohung, Belästigung, falsche Angaben<br />

• Bestechung von Angestellten des Marktpartners<br />

• Werbung durch irreführende Angaben über Qualität, Herkunft, Preis, Menge<br />

des Vorrates, Art des Unternehmens<br />

• Erwecken des Eindrucks besonderer Vorteile durch Sonderverkaufsveranstaltungen<br />

(Konkurswarenverkauf, Großhändlerverkauf, Herstellerverkauf,<br />

Räumungsverkauf, Ausverkaufsveranstaltungen)<br />

• progressive Kundenwerbung (sog. Schneeballsystem), Werbung mit mengenmäßig<br />

beschränkten Angeboten, Werbung mit Preisgegenüberstellungen<br />

Abb. 70: Vertikale Behinderungspraktiken<br />

Häufig sind Behinderungen aber mit koordiniertem Marktverhalten oder Bindungen<br />

verbunden und dann als solche verboten. Mit Hilfe von Behinderungen kann<br />

oft der gleiche Effekt erreicht werden, wie durch Bindungen. Der Händler wird<br />

zu einem bestimmten gewünschten Verhalten durch Androhung oder Zufügung<br />

von Nachteilen oder dem Versprechen und Gewähren von Vorteilen veranlaßt,<br />

als wäre er gebunden. Eine solche Umgehung des Bindungsverbots durch die<br />

Androhung oder Zufügung von Nachteilen oder das Versprechen und Gewähren<br />

von Vorteilen schließt das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung aus<br />

(§ 25 II GWB). Eine massive Behinderung stellt der Boykott eines Händlers<br />

durch Liefersperre dar. § 26 I GWB verbietet den Aufruf von Lieferanten zu derartigen<br />

Boykottmaßnahmen.<br />

Das GWB spricht kein allgemeines und explizites Verbot von Behinderungen<br />

und Diskriminierungen aus. Eine große Bedeutung für die gesetzliche Beschränkung<br />

von Behinderungen in der Praxis besitzt daher der § 1 UWG, der ei-<br />

111


4.7 Das kollektive Marktverhalten<br />

Kollektives Marktverhalten:<br />

Bewußte Verhaltenskoordination von selbständigen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen<br />

der gleichen Wirtschaftsstufe (horizontal).<br />

Kartell:<br />

Horizontal-kollektives wettbewerbsbeschränkendes Marktverhalten auf der<br />

Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrages zur Verfolgung eines gemeinsamen<br />

Zweckes.<br />

Abb. 73: Kollektives Marktverhalten<br />

Die Zusammenarbeit von Anbietern der gleichen Wirtschaftsstufe birgt die Gefahr<br />

in sich, den horizontalen Wettbewerb um Kunden und Aufträge zu regulieren<br />

und zu verringern. Hierdurch erlangen die beteiligten Unternehmen eine größere<br />

wirtschaftliche Macht in den Beschaffungs- und Absatzmärkten, erzielen<br />

höhere Verkaufspreise und Unternehmensgewinne und können sich einen geringeren<br />

Leistungsstandard erlauben.<br />

• externe Effekte z.B. Umweltschäden<br />

• öffentliche Güter z.B. nationale Sicherheit<br />

• Erwartungsfehler z.B. Cobweb-Modell<br />

• Ungleichgewichte z.B. Strukturkrisen<br />

• Zutrittsbarrieren z.B. Sunk Cost<br />

• Macht<br />

z.B. Monopole und Oligopole<br />

Abb. 74: Gründe für Marktversagen mit Beispielen<br />

Im kollektiven Marktverhalten liegt ein Versagen der auf Wettbewerb angelegten<br />

Wirtschaftsordnung (vgl. Abb. 73 u. Abb. 74, oben). Das Gesetz gegen<br />

Wettbewerbsbeschränkung soll dem entgegenwirken. Die Ziele des Gesetzes liegen<br />

in der Verwirklichung der freiheitlichen Ordnung, der ökonomischen Systemeffizienz<br />

und der Maximierung der allgemeinen Wohlfahrt der Gesellschaft.<br />

Vertragliche Vereinbarungen, aber auch moralische Bindungen durch ein „gentlemen<br />

agreement“, begründen Kartelle (vgl. Abb. 75, S. 114). Sie stellen den<br />

höchsten Bindungsgrad der Absprachen zwischen Unternehmen der gleichen<br />

113


Wirtschaftsstufe dar. Die Vereinbarungen können Sanktionen gegen einzelne<br />

Mitglieder bei einem Kartellbruch vorsehen. Bestimmte Kartellverträge können<br />

von den Partnern gerichtlich eingeklagt werden.<br />

• Preiskartelle<br />

Preise, Preiskalkulationsverfahren, Höchst- und Mindestpreise, Rabatte<br />

• Konditionenkartelle<br />

allgemeine Geschäfts-, Liefer- und Zahlungsbedingungen<br />

• Quoten- und Gebietskartelle<br />

angebotene und nachgefragte Mengen zwecks Marktaufteilung<br />

• Normen- und Typenkartelle, Rationalisierungskartelle<br />

Produktarten und Produktionsverfahren<br />

Abb. 75: Gegenstand von Kartellen<br />

Bei Wettbewerbsbeschränkungen auf den Auslandsmärkten dürfen deutsche<br />

Importeure und Exporteure Gegenpositionen durch Absprachen aufbauen. So gestattet<br />

der § 6 I und II GWB Ausfuhrkartelle ohne bzw. mit einer entsprechenden<br />

Inlandsregelung. § 7 GWB erlaubt unter bestimmten Bedingungen Einfuhrkartelle.<br />

Verschiedene Faktoren begünstigen die Kartellbildung:<br />

• geringe Zahl der Marktteilnehmer<br />

• homogene Güter<br />

• ähnliche Produktions- und Kostenbedingungen<br />

• ähnliche Zielsetzungen<br />

• gute Kenntnis voneinander<br />

• hohe Marktzutrittsschranken<br />

• kulturelle und regionale Nähe<br />

• geringe staatliche Sanktionen<br />

Die Instabilität vieler Preis- und Quotenkartelle hat verschiedene Gründe.<br />

Die hohen Preise und Gewinne der Kartellmitglieder veranlassen potentielle<br />

Konkurrenten, in den Markt einzutreten. Dadurch steigt die Angebotsmenge<br />

und das Kartell kann die hohen Preise nicht halten. Im Endzustand befinden sich<br />

mehr Wettbewerber im Markt, die Preise sind niedriger und die angebotene Pro-<br />

114


duktmenge höher als vor der Kartellbildung. Das Kartell versucht deshalb, den<br />

Marktzutritt abzuwehren (äußerer Kartellzwang). Möglichkeiten bestehen in<br />

Treuerabatten an Kunden und Exklusivverträgen mit Zulieferern und Abnehmern.<br />

Dadurch werden die Marktzutrittskosten potentieller Konkurrenten erhöht,<br />

was diese vom Eintrittsversuch abhalten kann. Das Kartell kann außerdem den<br />

potentiellen Konkurrenten mit einem Limit Preis drohen. Hierunter versteht man<br />

einen niedrigen Preis, bei dem das eintretende Unternehmen einen Verlust macht,<br />

während die Kartellunternehmen, die keine Marktzutrittskosten aufzuwenden haben,<br />

noch mit Gewinn operieren können. Mithilfe von Überkapazitäten verschafft<br />

sich das Kartell die Möglichkeit, den Markt mit Produkten zu überschwemmen,<br />

den Preis abfallen zu lassen und neue Wettbewerber so in den Konkurs<br />

zu treiben.<br />

Jedes Mitglied eines Preis- und Quotenkartells kann seinen Gewinn steigern,<br />

wenn es Preiszugeständnisse an die Kunden macht und seine Quote heimlich<br />

erhöht. Dieses Verhalten ist für das einzelne Kartellmitglied rational, wenn es<br />

annimmt, daß alle anderen Mitglieder bemüht sind, das Preisniveau hoch zu halten.<br />

Der heimliche Bruch der Kartellvereinbarung ist aber auch dann angebracht,<br />

wenn das einzelne Unternehmen seinen Kartellpartnern mißtraut und annimmt,<br />

daß diese sich auch nicht an den vereinbarten Preis und die Quoten halten. Im<br />

Endergebnis zerfällt das Kartell allerdings und alle Unternehmen sind schlechter<br />

gestellt.<br />

Das Kartell kann Stabilisierungsmaßnahmen beschließen, um jedes Mitglied zu<br />

disziplinieren (innerer Kartellzwang). So können Konventionalstrafen gegen<br />

treulose Unternehmen oder deren langfristige Isolierung vereinbart werden.<br />

Statt durch eine formale Kartellbildung kann man die Verhaltenskoordination<br />

auch durch zwanglose Unterhaltung, unorganisierte Mitteilungen und Ankündigungen,<br />

organisierte Marktinformationsverfahren (z.B. Preis-Absatzmeldestellen),<br />

das Aussprechen von Empfehlungen und das Formulieren von Wettbewerbsregeln<br />

herbeiführen.<br />

Im § 1 GWB wird ein allgemeines Kartellverbot formuliert:<br />

115


„Verträge, die Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen zu<br />

einem gemeinsamen Zweck schließen, und Beschlüsse von Vereinigungen<br />

von Unternehmen sind unwirksam, soweit sie geeignet sind, die Erzeugung<br />

oder die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder<br />

gewerbliche Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen.“<br />

§ 25 I GWB erweitert das Verbot auch auf Verhaltensabstimmungen, für die<br />

kein Vertrag vorliegt:<br />

„Ein aufeinander abgestimmtes Verhalten von Unternehmen oder Vereinigungen<br />

von Unternehmen, das nach diesem Gesetz nicht zum Gegenstand<br />

einer vertraglichen Bindung gemacht werden darf, ist verboten.“<br />

Fühlungnahme, Informationsweitergabe und Verständigungshandlungen<br />

zwischen Unternehmen zwecks Willensübereinstimmungen reduzieren<br />

gezielt die wettbewerblichen Unsicherheiten und können ein abgestimmtes<br />

Verhalten begründen, welches nicht Gegenstand eines Vertrages<br />

sein darf. Damit wären diese Handlungen gemäß § 25 GWB untersagt.<br />

Allerdings ist der Nachweis im Einzelfall sehr schwierig.<br />

Zur Klärung des Begriffes der Wettbewerbsbeschränkung als operationales<br />

Maß für das Vorliegen von Kartellen muß auf die Mikroökonomie und insbesondere<br />

auf die Monopol- und Oligopoltheorie verwiesen werden. Keinesweg führen<br />

Monopole und Oligopole in jedem Fall zu einer Verringerung der Wohlfahrt, wie<br />

die Theorie der Contestable Markets einerseits und die Lehre Schumpeters<br />

deutlich machen.<br />

§ 38 I Nr. 10-12 GWB verbietet das Herbeiführen eines gleichförmigen horizontalen<br />

Verhaltens durch ein Aussprechen von Empfehlungen. Hierdurch<br />

schließt das Gesetz eine weitere Lücke, mit deren Hilfe das Kartellverbot hätte<br />

umgangen werden können.<br />

116


Der Gesetzgeber läßt Ausnahmen zum Kartellverbot zu (§ 2 GWB ff.). Man unterscheidet:<br />

• anmeldefreie Kartelle: z.B. Festlegung der einheitlichen Methode der Leistungsbeschreibung<br />

oder Preisaufgliederung. Sie sind ohne Anmeldung legal<br />

(§ 5 IV und § 9 I GWB).<br />

• Anmeldekartelle: z.B. Festlegung der einheitlichen Anwendung von Normen<br />

oder Typen und andere Rationalisierungsmaßnahmen. Sie sind nach Anmeldung<br />

legal (§ 5 I-III und § 9 I GWB).<br />

• Widerspruchkartelle: z.B. Festlegung der einheitlichen Anwendung allgemeiner<br />

Geschäfts- Liefer- und Zahlungsbedingungen. Sie sind nach Anmeldung<br />

und ausbleibendem Widerspruch der Kartellbehörde nach drei Monaten<br />

legal (§ 2 GWB).<br />

• Erlaubniskartelle: z.B. um eine planmäßige Reduzierung der Kapazität einer<br />

Branche an den Bedarf herbeizuführen, wenn die Nachfrage sich nachhaltig<br />

verringert hat. Hierbei müssen die Gesamtwirtschaft und das Gemeinwohl Berücksichtigung<br />

finden. Für die Legalisierung des Kartells ist ein Antrag und<br />

eine Erlaubnis der Kartellbehörde erforderlich (§ 4 GWB).<br />

Außerdem „kann der Bundesminister für Wirtschaft auf Antrag die Erlaubnis<br />

zu einem Vertrag oder Beschluß im Sinne des § 1 GWB erteilen, wenn ausnahmsweise<br />

die Beschränkung des Wettbewerbs aus überwiegenden Gründen der<br />

Gesamtwirtschaft oder des Gemeinwohls notwendig ist“ (Ministererlaubnis für<br />

Sonderkartelle, § 8 I GWB; vgl. auch § 24 III GWB bei Zusammenschlüssen von<br />

Unternehmen).<br />

4.8 Horizontale Behinderungen<br />

Der Wettbewerb zwischen Unternehmen soll maßgeblich durch<br />

• die Qualität der Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />

• die Effizienz der Leistungserstellung<br />

• die Freiheit des Kunden, sich über beides ein Urteil zu bilden<br />

117


estimmt werden.<br />

• Kampfpreise<br />

Verkauf unter Selbstkosten durch Kreuzsubventionierung,<br />

Eintrittsverhindernde Preise (limit pricing)<br />

• Frachtbasissystem gegen Kartellfremde<br />

• Boykottaufrufe und -organisation<br />

Nichtbelieferung eines Konkurrenten,<br />

Bezugsstopp bei einem Konkurrenten<br />

• Anschwärzen von Konkurrenten<br />

• Imitation von Konkurrenten<br />

Namensverwendung,<br />

Werksspionage,<br />

Anstiftung zum Verrat und Vertrauensbruch<br />

• Fangwerbung und irreführende Werbung<br />

• Gesamtumsatzrabatte von Kartellen<br />

• Treuerabatte<br />

• Inhalts- und Abschlußbindungen<br />

Abb. 76: Horizontale Behinderungspraktiken<br />

Die Qualität der Leistung besteht aus der Eignung für bestimmte Verwendungszwecke<br />

und der subjektiven Bewertung einer Vielzahl von Produkt- und<br />

<strong>Vertrieb</strong>seigenschaften durch den Kunden auf der Grundlage seiner individuellen<br />

Präferenzen. Die Effizienz der Leistungserstellung bestimmt die Kosten des<br />

Unternehmens und damit die Mindestpreise, die es im Markt für die angebotenen<br />

Lieferungen verlangen muß. Damit der Kunde von einer hohen Leistungsqualität<br />

und Produktionseffizienz profitieren kann, müssen die Unternehmen im Wettbewerb<br />

zueinander stehen. Es muß sich der Produzent im Markt durchsetzen können,<br />

der bei Investition, Produktion und <strong>Vertrieb</strong> den Kaufwünschen der Kunden<br />

am nächsten liegt.<br />

Behinderungen eines Produzenten durch einen anderen verletzen diese Prinzipien<br />

(vgl. Abb. 76, oben). Sie führen zwar zu kurzfristigen Erfolgen der behindernden<br />

Unternehmen, verschlechtern aber gesamtwirtschaftlich und langfristig die Sachund<br />

<strong>Vertrieb</strong>sleistungen, reduzieren die Produktionseffizienz und die Investitionen.<br />

118


Gesetzliche Maßnahmen gegen horizontale Behinderungen und deren Wohlfahrtswirkungen<br />

finden sich im UWG:<br />

§ 1: Absatzbehinderung durch Gratisverteilung von Waren, gezielte<br />

ruinöse Preisunterbietung, Aufkauf von Konkurrentenware,<br />

Erlangen von Vorsprungspositionen durch Vertrags-<br />

und Gesetzesbruch, planmäßiges Abwerben und<br />

Ausloben von Kopfgeld.<br />

§§ 1, 14, 15: Anschwärzen und Verleumden zwecks Geschäfts- und<br />

Kreditschädigung.<br />

§§ 17, 20: Anstiftung zum und Verrat von Geschäftsgeheimnissen.<br />

119


4.9 Aufgaben<br />

1. Aufgabe<br />

Worin liegt der hauptsächliche Unterschied zwischen dem S-O-R-Modell des<br />

Käuferverhaltens und dem S-R-Modell?<br />

2. Aufgabe<br />

a) Definieren Sie die Begriffe Motiv und Einstellung.<br />

b) Nennen Sie die Motivklassen nach Maslow.<br />

c) Welche Funktionen besitzen Einstellungen für die individuelle Entscheidungsfindung?<br />

3. Aufgabe<br />

a) Was versteht man unter einer kognitiven Dissonanz?<br />

b) Wie kann man kognitive Dissonanzen bei den Kunden verringern?<br />

4. Aufgabe<br />

Zu einem Buying Center gehören typischerweise Personen, die verschiedene<br />

Funktionen im Kaufentscheidungsprozess des Kundenunternehmens ausüben.<br />

Nennen Sie diese Funktionen und gegeben Sie konkrete Beispiele aus dem Beschaffungsprozess<br />

eines Industrieunternehmens.<br />

5. Aufgabe<br />

Den Verkaufsvorgang können wir als ein dyadisches Interaktionssystems begreifen.<br />

Erläutern Sie, was hierunter zu verstehen ist.<br />

6. Aufgabe<br />

Nennen Sie zehn Merkmale (persönliche Merkmale und solche der Verkaufsgesprächsführung),<br />

die für ein erfolgreiches Verkaufsgespräch von Bedeutung sind.<br />

7. Aufgabe<br />

Welche Funktionen übernimmt der Handel im Absatzkanal?<br />

8. Aufgabe<br />

Definieren Sie Inhaltsbindungen, Abschlußbindungen, Behinderungen und<br />

vertikale Verhaltenskoordination im Absatzkanal.<br />

Geben Sie je zwei Beispiele.<br />

9. Aufgabe<br />

Was versteht man unter horizontalen Behinderungen?<br />

Geben Sie zwei Beispiele.<br />

120


4.10 Literaturempfehlungen<br />

ANTON, F., Plädoyer für den Beratungsverkauf, in: Marketing Journal, Nr. 1<br />

(1989), S. 46-51.<br />

BACKHAUS, K., Investitionsgütermarketing, 5. Aufl. 1997, S. 49-65, 98-105,<br />

117-119, 593-598.<br />

BÖCKER, F., Marketing, 6. Aufl. 1996, S. 31-87.<br />

HAYES, H.M., HARTLEY, ST.W., How buyers view industrial salespeople, in:<br />

Industrial Marketing Management, Nr. 18 (1989), S. 73-80.<br />

HERDZINA, K., Wettbewerbspolitik, 4. Aufl. 1993, S. 145-181.<br />

KOTLER, PH., BLIEMEL, F., Marketing-Management, 9. Aufl. 1999, S. 364-<br />

381, 1086-1103.<br />

KROEBER-RIEL, W., Konsumentenverhalten, 6. Aufl. 1996, S. 26-32, 49-52,<br />

56 f., 100-106, 113-116, 145-147, 167-170, 224-231, 247-252.<br />

MEFFERT, H., Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung,<br />

8. Aufl. 1998, S. 93-126, 131-136.<br />

MOSER, K., Werbepsychologie, 1990, S. 81.<br />

SPIRO, R.S., WEITZ, B.A., Adaptive selling: conceptualization, measurement,<br />

and nomological validity, in: Journal of Marketing Research, Vol. 27<br />

(Feb. 1990), S. 61-69 [S. 61-63].<br />

SUJAN, H., WEITZ, B.A., KUMAR N., Learning orientation, working smart,<br />

and effective selling, in: Journal of Marketing, Vol. 58 (Juli 1994), S.<br />

39-52 [S. 39-48].<br />

STAEHLE, W., Management, 7. Aufl., München 1994, S. 148-168, 183-198,<br />

204-245, 258-260.<br />

USUNIER, J.-C., WALLISER, B., Interkulturelles Marketing, 1993, S. 231-264.<br />

WEITZ, B.A., SUJAN, H., SUJAN, M., Knowledge, motivation, and adaptive<br />

behavior: a framework for improving selling effectiveness, in: Journal of<br />

Marketing, Vol. 50 (Oct. 1986), S. 174-191.<br />

121


5 Auslandsvertrieb<br />

Die Kernaufgaben des internationalen <strong>Vertrieb</strong>es liegen in dem Verkauf und<br />

Transport von Erzeugnissen aus einem Staatsgebiet in ein anderes. Unterschiede<br />

zum nationalen <strong>Vertrieb</strong> bestehen in der wesentlich größeren Anzahl der Entscheidungsdeterminanten<br />

und der zu bewältigenden Risiken. Fehlende Rechtsangleichungen,<br />

unkoordinierte Wirtschaftspolitiken der beteiligten Länder, Währungsrisiken,<br />

verschiedene Sprachen und Kulturen erschweren die Bewältigung<br />

der <strong>Vertrieb</strong>saufgaben, bieten aber auch Chancen weiterer Absatzsteigerungen<br />

und zusätzlicher Differenzierung und Segmentierung. Die Überwindung großer<br />

Entfernungen erfordert besondere Transport- und Informationstechnologien. Die<br />

Ausbildung der im <strong>Vertrieb</strong> tätigen Personen muß daher die internationale<br />

Komponente berücksichtigen.<br />

Dieses Kapitel behandelt einführende Ansätze zum grenzüberschreitenden Waren-<br />

und Dienstleistungsverkehr: Formen des Auslandsengagements, Währungskurse<br />

und -risiken und die Ordnung des globalen Handels.<br />

5.1 Formen des Auslandsengagements<br />

5.1.1 Export und Import<br />

Verschiedene Faktoren lassen Unternehmen aktiv nach Importmöglichkeiten suchen.<br />

Verfügbarkeitsbegrenzungen an Rohstoffen, Technologien und Dienstleistungen<br />

und Qualitätsnachteile der inländischen Produktion sind für einen Importsog<br />

verantwortlich (Anbietermärkte, vgl. Abb. 7, S. 9 u. Abb. 77, S. 123).<br />

122


natürliche Monopole<br />

Klimatische und geologische<br />

Bedingungen, Rohstoffe<br />

temporäre Monopole<br />

Technologie, Bildung, Patente<br />

Qualitätsvorteile einzelner Hersteller Umwelttechnologie<br />

Differenzierte Bedürfnisse reicher Segmente Image ausländischer Produkte<br />

Transportkosten<br />

Warenaustausch grenznaher<br />

Regionen<br />

Risikominimierung<br />

Finanzielle Gegenposition<br />

zum Export zwecks Hedging<br />

Versetzte Konjunkturzyklen<br />

Nachfrageüberhang im Inland<br />

während des Booms<br />

Kostenvorteile<br />

Internationale Spezialisierung<br />

Abb. 77: Importsog<br />

Andere Faktoren bewirken, daß Unternehmen gezielt in die Auslandsmärkte<br />

drängen und einen Exportdruck auslösen (Nachfragermärkte, vgl. Abb. 7, S. 9<br />

u. Abb. 78, S. 124):<br />

1. Die fixen und variablen Kosten in der Produktion, der Verwaltung und dem<br />

<strong>Vertrieb</strong> müssen über die Produktpreise verdient werden. Da aber die fixen<br />

Kosten konstant und von den produzierten und verkauften Stückzahlen unabhängig<br />

sind, reduzieren sich die fixen Kosten pro Stück mit zunehmender Produktion.<br />

Es entsteht hieraus ein Anreiz zur Massenproduktion, so daß stetig<br />

neue Absatzmärkte, auch im Ausland, zu suchen sind.<br />

2. Um die Kundenzufriedenheit und damit den Gewinn zu steigern, segmentieren<br />

Unternehmen den Markt und differenzieren ihr Produktsortiment. Beschränken<br />

sie sich hierbei auf den inländischen Markt, dann fallen die Absatzund<br />

Umsatzzahlen in den einzelnen Segmenten relativ gering aus. Es bietet<br />

sich deshalb an, größere und grenzüberschreitende Zielgruppen zu bilden und<br />

so die Absatz- und Umsatzzahlen der einzelnen Leistungsvarianten zu erhöhen.<br />

3. Wenn die Nachfrage im Inland zeitversetzt zur Nachfrage im Ausland nachläßt,<br />

werden viele Unternehmen ihre Kapazitäten mithilfe zusätzlicher Exporte<br />

auslasten, solange dieses Nachfragegefälle besteht. Der Export findet dann nur<br />

123


temporär zur Überwindung des konjunkturellen Abschwungs statt. Der Absatz<br />

der Produkte erfolgt ohne Markterschließung und zu niedrigen Preisen<br />

(Dumping). Umgekehrt ist mit einem preisbrechenden Importstrom in Zeiten<br />

der inländischen Hochkonjunktur zu rechnen, wenn sich das Ausland gleichzeitig<br />

in einer Rezession befindet.<br />

Stückkostendegression<br />

Produktdifferenzierung<br />

Risikominimierung<br />

Versetzte Konjunkturzyklen<br />

Kostenvorteile<br />

Ermöglicht bei großen Anlagen niedrige Angebotspreise.<br />

Der Wettbewerb erzwingt die<br />

Erschließung internationaler Absatzmärkte<br />

Hohe Stückzahlen verlangen nach einer<br />

grenzüberschreitenden Segmentierung<br />

Durch Währungshedgingstrategien<br />

Führen zu „Dumping“-Aktionen während der<br />

Rezession<br />

Durch internationale Spezialisierung<br />

Abb. 78: Exportdruck<br />

Bei der Tabelle der Exporte und Importe nach Warengruppen (vgl. Abb. 9,<br />

S. 11) handelt es sich um eine Nebenrechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.<br />

Die Export- und Importwerte wichtiger Produktgruppen werden mit<br />

jährlich aktuellen Preisen und dem Preis des Basisjahres 1991 einander gegenübergestellt.<br />

Abb. 79, unten, zeigt einen Ausschnitt aus Abb. 9, Seite 11, im Anhang<br />

zum 1. Kapitel:<br />

GÜTER- FRÜHERES BUNDESGEBIET BRD<br />

GRUPPE PREISBASIS 1970 1980 1985 1988 1989 1990 1991 1992<br />

Erdöl und Einfuhr jeweilige Preise 6,00 51,02 54,16 20,04 22,55 27,12 32,27 30,23<br />

Erdgas Einfuhr Preise von 1991 32,62 40,36 26,76 27,94 27,56 29,64 32,27 35,64<br />

Abb. 79: Einfuhr von Erdöl und Erdgas in Mrd. DM<br />

Wir interpretieren die Zahlen folgendermaßen:<br />

Die rohstoffarme Bundesrepublik ist erheblich von Erdöl- und Erdgasimporten<br />

abhängig. Es handelt sich hierbei um die wertmäßig bedeutendste<br />

Importgütergruppe. Aus Erdöl werden Grundstoffe gewonnen, Zwischenprodukte<br />

und Brennstoffe hergestellt. Produkte aus Erdölderivaten<br />

124


(Diesel und Benzin, Agro- und Pharmaprodukte, Farben und Lacke,<br />

Kunststoffe und Gummi u.a.) finden in allen Industrie-, Landwirtschaftsund<br />

Konsumbereichen Verwendung. Erdöl wird in US-Dollar fakturiert,<br />

weshalb der Importwert von den Erdölpreisen und dem DM/Dollar-<br />

Währungskurs beeinflußt wird. Chemieprodukte, Maschinenbauerzeugnisse,<br />

Straßenfahrzeuge und elektrotechnische Erzeugnisse sind die hauptsächlichen<br />

Exportträger und finanzieren die Importe. Da es sich bei den<br />

wichtigsten Exportprodukten überwiegend um superiore Güter handelt,<br />

profitiert die Bundesrepublik in der Regel überproportional von einem<br />

globalen Wachstum. Umgekehrt wirkt sich eine globale Wachstumsschwäche<br />

verstärkt negativ auf die deutsche Volkswirtschaft aus. Deutlich<br />

zeichnen sich in den Abbildungen 80, unten, und 81, Seite 126, die Auswirkungen<br />

der Ölkrise ab. Hierunter versteht man die im Zusammenhang<br />

mit dem Jom Kippur Krieg im Nahen Osten (1973) stattgefundene massive<br />

Verteuerung des Rohöl- und Erdgaspreises. Der Einfuhrwert der BRD<br />

von Erdöl und Erdgas stieg zwischen dem Jahr 1970 und dem Jahr 1980<br />

um das 8,5-fache (850%!). Die Importmenge wuchs im gleichen Zeitraum<br />

um lediglich 23%. Der Ausfuhrüberschuß der BRD brach im Jahr 1980<br />

ein.<br />

Jahr 1974 1979 1980 1981 1982 1989<br />

Handelsüberschuß 50,8 22,4 8,9 27,7 51,2 134,6<br />

(in Mrd. DM)<br />

(Quelle: Stat. Jahrbuch 1995, Abschnitt 12.1, S.<br />

283, Stat. Bundesamt, Wiesbaden 1995)<br />

Abb. 80: Einbruch des Außenhandels um das Jahr 1980<br />

1979 betrug das üblicherweise positive Saldo der Leistungsbilanz der BRD<br />

-9,92 Mrd. DM und verschlechterte sich bis 1982 auf -28,5 Mrd. DM. Abbildung<br />

80, oben, zeigt die entsprechende Entwicklung des Außenhandelsüberschusses.<br />

Die technologische Verankerung des Rohstoffs Erdöl in der modernen Volkswirtschaft<br />

führt zu einer sehr geringen kurzfristigen Preiselastizität der Importnachfrage.<br />

Eine Entspannung der Importsituation trat erst nach 1985 ein, als der<br />

mittlerweile reduzierte Erdölverbrauch und ein niedriger DM/$-Kurs in der Leistungsbilanz<br />

wirksam wurden.<br />

125


5.1.2 Vom Export zu Direktinvestitionen<br />

Die Entwicklung der Auslandsaktivitäten vollziehen Unternehmen nicht in einem<br />

Stück sondern schrittweise (vgl. Abb. 81, unten, und Abschnitt 6.8.1, S. 211 ff.).<br />

Der Export erfordert keinen oder einen nur geringen Kapitaltransfer und auch nur<br />

wenig Managementleistung im Ausland. Beim indirekten Export bedient man<br />

sich eines Außenhandelsunternehmens. Das Geschäft des Herstellers wird im<br />

Inland getätigt und er hat mit der Abwicklung des Exportes selber dann nichts<br />

mehr zu tun. Beim direkten Export liefert der Hersteller in das Ausland, ohne<br />

die Einbindung eines inländischen Außenhandelsunternehmens. Der Hersteller<br />

muß hierzu über die entsprechenden Exportkenntnisse und Abteilungen verfügen.<br />

Es sind Zwischenlager und ein Außendienst im Ausland zu unterhalten. Insofern<br />

kommt es hierbei zu einem Kapital- und Managementtransfer.<br />

Tochtergesellschaft<br />

Produktionsbetrieb<br />

Verkaufsniederlassung<br />

Joint Venture<br />

Franchising<br />

Lizenzvergabe<br />

direkter Export<br />

indirekter Export<br />

Abb. 81: Formen des Auslandsengagements von Produzenten<br />

Kapitalexport<br />

Managementexport<br />

Während beim indirekten Export die Managementleistung im Ausland und der<br />

Kapitaltransfer gering ausfallen, stellt die Gründung einer kompletten selbständigen<br />

Tochtergesellschaft die höchsten Anforderungen an beide Merkmale. Der<br />

Hersteller, der bislang nur im Inland tätig war, geht mit dem Kapitaltransfer neue<br />

finanzielle Risiken ein. Hier ist insbesondere das Währungsrisiko zu nennen.<br />

126


Aber auch unbekannte Rechts- und Verwaltungsroutinen im Ausland können erhebliche<br />

Kosten bewirken.<br />

Um die notwendigen Managementleistungen im Ausland erbringen zu können,<br />

müssen erfahrene Personen angeworben, Mitarbeiter der Niederlassungen gezielt<br />

geschult oder von der Zentrale ins Ausland delegiert werden. Bei einem ethnozentrischen<br />

Führungsstil (Begriff nach H. Perlmutter) „exportiert“ die Muttergesellschaft<br />

ihre Managementkultur und überträgt nationale Strategien, Leistungskriterien<br />

und Entscheidungsverfahren auf die ausländischen Tochterunternehmen.<br />

Dieses wirkt sich auf die internationale Führungskräfte- und Delegierungspolitik<br />

aus: Beim ethnozentrischen Ansatz werden aus der Muttergesellschaft die<br />

Führungskräfte in die ausländischen Tochterunternehmen delegiert. Der Vorteil<br />

besteht in einer kulturellen Identität auf der Managementebene des internationalen<br />

Konzerns, was die unternehmensinterne Kommunikation fördert. Nachteilig<br />

wirkt sich aus, daß die Führungskräfte des Tochterunternehmens nicht die<br />

Nationalität der dortigen Mitarbeiter und Geschäftspartner (Kunden, Lieferanten,<br />

Banken, Behörden etc.) besitzen, was zu Spannungen in der Auslandsorganisation<br />

führen kann und die Marktbearbeitung erschwert. Einen ethnozentrischen<br />

Führungsstil beobachtet man im Anfangsstadium der Internationalisierung eines<br />

Unternehmens. Länderspezifische Besonderheiten finden hierbei nur wenig Berücksichtigung.<br />

Im Gegensatz hierzu steht der geozentrische Führungsstil. Die Managementkultur,<br />

Strategien und Leistungskriterien im globalen Unternehmen werden unabhängig<br />

von der nationalen Zugehörigkeit von Konzernmutter und Tochterunternehmen<br />

gemeinsam gebildet und angewendet. Kommunikations- und Reisekosten,<br />

die Dauer von Entscheidungsprozessen und der bürokratische Aufwand zur<br />

Erzielung eines globalen Konsenses sind hoch. Von den Mitarbeitern wird eine<br />

internationale Grundeinstellung, Gewandtheit und Einsatzbereitschaft erwartet.<br />

Vorteile der globalen Unternehmensphilosophie liegen in der Nutzung der Konzernressourcen<br />

und Synergiepotentiale über die nationalen Grenzen hinweg, sowie<br />

in den integriert geplanten weltweiten Absatzstrategien. Die Personalpolitik<br />

zeichnet sich dadurch aus, daß die nationale Herkunft bei den Stellenbesetzungen<br />

bis in höchste Führungspositionen keine Rolle spielt.<br />

127


Als polyzentrisch bezeichnet man einen Führungsstil, bei dem Managementkultur,<br />

Strategien und Leistungskriterien in den Niederlassungen des internationalen<br />

Unternehmens jeweils entsprechend der landesüblichen Sitten gebildet<br />

und angewendet werden. Kommunikations- und Reisekosten zur Gesamtabstimmung<br />

im Unternehmen sind gering. Die Entscheidungsprozesse verlaufen dezentral.<br />

Nur wenige Führungskräfte benötigen eine internationale Grundeinstellung<br />

und Gewandtheit. Mitarbeiter werden überwiegend lokal rekrutiert. Spannungen<br />

in den ausländischen Niederlassungen wegen unterschiedlicher nationaler Herkunft<br />

der Mitarbeiter, insbesondere zwischen Vorgesetzten und Unterstellten,<br />

sind selten. Der Kontakt zum nationalen Markt ist aufgrund kultureller Identität<br />

mit den Kunden gut. Allerdings werden die Ressourcen des internationalen Unternehmens<br />

nur suboptimal genutzt und Synergiepotentiale liegen brach.<br />

Zwischen der Exportstrategie auf der einen Seite und der Gründung einer selbständigen<br />

ausländischen Tochtergesellschaft auf der anderen Seite liegen verschiedene<br />

weitere Auslandsaktivitäten, die wir ebenfalls hinsichtlich der Merkmale<br />

des Management- und Kapitalexports beurteilen können (vgl. Abb. 81, S.<br />

126). Bei einer Lizenzvergabe nutzt man das verfahrenstechnische Wissen nicht<br />

in der eigenen Produktion. Man verzichtet auf die Vermarktung eines eigenen<br />

Produktes, den hierdurch möglichen Gewinn und das Risiko. Vielmehr sucht<br />

man für die Produktion, Vermarktung und Risikoübernahme Lizenznehmer, die<br />

periodisch eine Gebühr entrichten. Kapital wandert in der Form von Know-How<br />

ins Ausland. Der Managementexport ist gering.<br />

Franchisingverträge umfassen verschiedene Lizenzvergaben von Rezepturen,<br />

Herstellungsverfahren und Warenzeichen, Beratungs- und Lieferantenverträge<br />

und ähnliches, die ein Gesamtpaket bilden. Sie beinhalten einen beträchtlichen<br />

Kapital- als auch Managementexport. Das unternehmerische Risiko liegt beim<br />

Franchisenehmer, der für die empfangenen Leistungen eine fixe oder umsatzabhängige<br />

Gebühr an den Franchisegeber zahlt. Ergänzen sich zwei Unternehmen<br />

in ihren Produktions-, Forschungs- oder <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten, dann können sie zur<br />

Nutzung dieser Synergieeffekte (vgl. Abschnitt 6.8.3, S. 219 ff.) ein gemeinsames<br />

drittes Unternehmen als Joint Venture gründen.<br />

128


Viele internationale Unternehmen produzieren in einem Hauptwerk und unterhalten<br />

weltweit in verschiedenen Regionen Verkaufsniederlassungen, wo auch<br />

der Außendienst rekrutiert und geführt wird. Die Verkaufsmitarbeiter haben eine<br />

engere Beziehung zur lokalen Niederlassung als zum Hauptwerk. Die Niederlassungen<br />

importieren die Produkte von der Muttergesellschaft zur Auslieferungen<br />

an den ausländischen Kunden. Zusätzlich kann die Muttergesellschaft ausländische<br />

Produktionsstandorte gründen, deren Produkte dann über die Verkaufsbüros<br />

weltweit vertrieben werden (vgl. Abb. 127, S. 213). Der Übergang zu selbständigen,<br />

mit allen betriebswirtschaftlichen Funktionen ausgestatteten Tochterunternehmen<br />

ist fließend.<br />

5.2 Währungskurse und Währungsrisiko<br />

5.2.1 Wechselkurse<br />

Viele Export- und Importgeschäfte werden nicht in der heimischen, sondern in<br />

der Auslandswährung fakturiert. Hierdurch liegt das gesamte Währungsrisiko<br />

beim inländischen Unternehmen.<br />

Für den inländischen Erlös aus dem Import- oder Exportgeschäft sind bei einer<br />

Fakturierung in der Auslandswährung der ausländische Produktpreis und der<br />

Wechselkurs maßgeblich. Wechselkurse ergeben sich, wenn man verschiedene<br />

Währungen gegeneinander tauscht. Sie stellen die Preise einer Währung, ausgedrückt<br />

in anderen Währungen dar. Wir bezeichnen mit GE a die ausländische<br />

Geldeinheit und mit GE i die inländische. Der Preis der Inlandswährung i in der<br />

Auslandswährung a ist gleich dem Wechselkurs r mit der Einheit [GE a /GE i ]. So<br />

hat der Preis des EURO in US-$ die Einheit [$/C]. Steigt der Preis der Inlandswährung<br />

i: r[GE a /GE i ]↑, so werden Warenimporte in das Inland billiger. Dadurch<br />

steigen die Importmengen. Die Einfuhr löst ein Angebot der Inlandswährung<br />

i auf dem Devisenmarkt aus. In einem Währungsmarktgleichgewicht entspricht<br />

die angebotene der nachgefragten Währungsmenge. Der dazugehörige<br />

129


Kurs heißt Gleichgewichtskurs r* (vgl. Abb. 83, S. 131). Weicht nun der tatsächliche<br />

Kurs vom Gleichgewichtskurs ab, dann entsteht ein Nachfrageüberhang<br />

(negative Kursabweichung r 1 in Abb. 83, S. 131) oder ein Angebotsüberhang<br />

(positive Kursabweichung r 2 in Abb. 83, S. 131) der Währung. In einem<br />

stabilen Markt bewirkt der Nachfrageüberhang eine Währungspreissteigerung.<br />

Hierdurch reduziert sich der Nachfrageüberschuß. Umgekehrt bewirkt der Angebotsüberhang<br />

eine Währungspreissenkung und einen zurückgehenden Angebotsüberschuß.<br />

Ein stabiler Markt bewegt sich hierdurch jeweils ins Gleichgewicht.<br />

Der flexible Wechselkurs bildet sich alleine durch Angebot und Nachfrage von<br />

Währungen ständig neu. Er kann sich durch das freie Spiel der Wettbewerbskräfte<br />

an den Devisenbörsen in ständig veränderliche Gleichgewichte bewegen<br />

(vgl. Abb. 83, S. 131). Mit der Zeitverschiebung wandert der Devisenmarkt<br />

um die Erde und bleibt ständig geöffnet (vgl. Abb. 82, unten).<br />

Börsenplatz Öffnungszeiten<br />

(New Yorker Zeit)<br />

New York 08:00-16:00<br />

San Francisco 11:00-19:00<br />

Sydney 18:00-02:00<br />

Singapur 20:30-04:30<br />

Frankfurt 04:00-12:00<br />

Abb. 82: Öffnungszeiten der Börsen<br />

Um die Kurse im Interesse des Außenhandels kurzfristig zu stabilisieren, greifen<br />

Zentralbanken durch Währungsverkäufe und -ankäufe ein. Zur langfristigen<br />

Stabilisierung stimmen sich Regierungen in der Wirtschafts-, Währungs- und<br />

Ordnungspolitik ab. Bei einem festen Wechselkurs geben Regierungen oder<br />

Zentralbanken die Tauschrate zwischen einer heimischen und einer ausländischen<br />

Währung durch dirigistischen Eingriff vor. Wird die heimische Währung<br />

durch den festen Wechselkurs relativ zum Gleichgewichtskurs eines freien<br />

Marktes überbewertet (Kurs r 2 in Abb. 83, S. 131), dann entsteht ein Angebotsüberhang<br />

an relativ teurer inländischer Währung. Durch die Überbewertung der<br />

heimischen Währung werden Importe vergleichsweise billig und Exporte teuer.<br />

Es kommt deshalb zu einer Steigerung der Importnachfrage und einer Verdrän-<br />

130


gung der eigenen Produktion. Außerdem entwickelt sich ein (Schwarz-)Markt,<br />

auf dem die heimische Währung zu einem Kurs, der unterhalb der legalen Rate<br />

liegt, gegen die Auslandswährung getauscht wird.<br />

r 2<br />

r*<br />

r 1<br />

Abb. 83: Währungsmarkt<br />

Liegt der feste Wechselkurs hingegen unter dem Gleichgewichtskurs eines freien<br />

Marktes (Kurs r 1 in Abb. 83, oben), dann wird hierdurch die heimische Währung<br />

unterbewertet. Es kommt zu einem Nachfrageüberhang der einheimischen<br />

Währung. Importe werden verteuert und Exporte verbilligt. Die Güterknappheit<br />

im Inland nimmt mit der Folge von Preissteigerungen zu. Der Vorteil fester<br />

Wechselkurse liegt in der Ausschaltung des Währungsrisikos. Sie sollten aber<br />

den Gleichgewichtskursen eines freien Markts entsprechen, um Fehlbewertungen<br />

der Währungen und nachteilige Folgen zu vermeiden.<br />

Das Währungsrisiko besitzt einen erheblichen Einfluß auf internationale <strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen.<br />

Es ist als Schwankung oder Streuung von Währungskursen<br />

objektiv meßbar. Ökonomisch wichtig ist die Bewertung dieser Schwankung.<br />

Diese ist subjektiv und individuell unterschiedlich (vgl. Abb. 84, S. 133). Um<br />

den Vorgang der Risikobewertung zu verstehen, versetzen wir uns in die subjektive<br />

Entscheidungssituation eines <strong>Vertrieb</strong>smanagers.<br />

131


Dieser besitzt ein Zielsystem, welches teils unternehmensbezogen teils privat ist.<br />

Die Ziele können klar und logisch aufeinander bezogen oder diffus und brüchig<br />

sein. In jedem Fall besitzt er für sein Handeln einen normativen Rahmen, der es<br />

ihm erlaubt, verschiedene Maßnahmen nach ihrer Güte zu bewerten.<br />

Wichtige Ziele sind zum einen die Kundenzufriedenheit und zum anderen<br />

der monetäre Gewinn, der aus einem Geschäft gezogen werden<br />

kann.<br />

Grundsätzlich kann der <strong>Vertrieb</strong>smanager aus einer großen Anzahl verschiedener<br />

absatzpolitischer Maßnahmen auswählen (Menge der Aktionen). Hierbei unterliegt<br />

er rechtlichen, technologischen, kulturellen und informatorischen Beschränkungen<br />

(Menge der Restriktionen), die seine Aktionsmenge stark reduzieren.<br />

So können die Rechnungen in der heimischen, der ausländischen oder<br />

einer dritten Währung fakturiert werden. Es kann zu einem Export- ein<br />

entsprechendes Importgeschäft aufgebaut oder ein Fremdwährungskredit<br />

aufgenommen werden.<br />

Zur Zeit der Entscheidungsfindung und im Zeitraum der Entscheidungswirksamkeit<br />

herrschen bestimmte Bedingungen des Marktes, des Wettbewerbs, des eigenen<br />

Unternehmens und des privaten Bereichs (Menge der Zustände), die das<br />

Ergebnis der Entscheidung beeinflussen.<br />

Bestandteil der Menge der Zustände sind auch verschiedene Währungskurse,<br />

die in der Gegenwart und zu jedem Zeitpunkt in der Zukunft herrschen<br />

können.<br />

Weder der momentane Zustand ist immer im einzelnen bekannt, noch sind es die<br />

zukünftigen Zustände. Der <strong>Vertrieb</strong>smanager ergreift nun, unter Beachtung der<br />

Restriktionen, die absatzpolitische Maßnahme, die seine Vorgaben bestmöglich<br />

erfüllt (Ergebnismaximierung). Hierbei muß er sich wegen der Zustandsabhängigkeit<br />

der Ergebnisse unter Bedingungen der Unsicherheit entscheiden.<br />

132


Zielmenge<br />

Aktionsmenge<br />

Restriktionsmenge<br />

Zustandsmenge<br />

Ergebnismenge<br />

<br />

<br />

VERKNÜPFUNG<br />

<br />

<br />

ENTSCHEIDUNG<br />

Wahrnehmung Verarbeitung Verhalten<br />

Abb. 84: Entscheidungsprozeß<br />

In einer Risikosituation ist der Zusammenhang zwischen den Maßnahmen und<br />

den Ergebnissen mehrdeutig. Die Durchführung einer Maßnahme kann verschiedene<br />

Ergebnisse zur Folge haben. Dies kann daran liegen, daß die Märkte objektiv<br />

unsicher sind oder es kann seinen Grund in der unvollkommenen Information<br />

über die Märkte haben. Auf jeden Fall kann der <strong>Vertrieb</strong>smanager in vielen Entscheidungssituationen<br />

die Ergebnisse seines Handelns nicht sicher voraussagen.<br />

Bestenfalls lassen sich die möglichen Ergebnisse eingrenzen und mit Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />

gewichten, aber auch dieses ist häufig nicht möglich.<br />

Wir sprechen von einer Ungewißheitssituation, wenn eine Aktion bei gleichen<br />

Restriktionen zu verschiedenen Ergebnissen führen, der <strong>Vertrieb</strong>smanager aber<br />

das Eintreten der Ergebnisse nicht mit Wahrscheinlichkeiten gewichten kann. Ist<br />

es hingegen möglich, subjektive Eintrittswahrscheinlichkeiten anzugeben, dann<br />

liegt eine Risikosituation vor.<br />

Zum Verständnis der praktischen Entscheidungsabläufe muß durchgängig von<br />

einem subjektiven Ansatz ausgegangen werden. Bei der Ziel-, Aktions- und Restriktionsmenge,<br />

dem Ergebnisspektrum und den zugeordneten Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />

handelt es sich um Größen, die durch das Wissen und die Erfahrung<br />

des <strong>Vertrieb</strong>smanagers, seiner emotionalen Aktivierung und kognitiven<br />

Disposition in der konkreten Entscheidungssituation bestimmt sind.<br />

Im allgemeinen sind Entscheidungsträger in der Wirtschaft risikoscheu. Dies<br />

bedeutet nicht, daß sie das wirtschaftliche Risiko vermeiden. Sie wollen sich lediglich<br />

die Übernahme von Risiko bezahlen lassen (vgl. Abb. 85, S. 134). Der<br />

Preis zur Übernahme von Risiko unterscheidet sich von Person zu Person und<br />

von Unternehmen zu Unternehmen. Generell gilt aber, daß mit wachsendem<br />

133


Vermögen der Übernahmepreis eines bestimmten Risikos abnimmt. Bei gleichem<br />

Vermögen steigt mit zunehmender Streuung der Ergebnisse der Übernahmepreis<br />

(Risikoprämie) an.<br />

Währungsrisiko<br />

risikoneutraler Entscheider<br />

Risikoprämie<br />

risikoscheuer Entscheider<br />

Abb. 85: Risikopräferenzen<br />

0<br />

Übernahmepreis<br />

von Risiko<br />

Die Konkursgefahr wächst, bis schließlich das Unternehmen weitere Risikosteigerungen<br />

ablehnt, gleich welcher Preis hierfür geboten wird, da die eigene Existenz<br />

erheblich bedroht scheint.<br />

• Kursrisiken bei Exporten in andere Währungsgebiete<br />

• Kursrisiken bei Importen aus anderen Währungsgebieten<br />

• mangelnde Erfahrung mit dem ausländischen Recht<br />

• Unsicherheiten mit der Verwaltungspraxis<br />

• Kommunikationsprobleme durch Fremdsprachendefizite<br />

• Mißverständnisse bei Kunden wegen kultureller Unterschiede<br />

• unbekannte Führungsprobleme beim Personal<br />

• Transportrisiken<br />

• zusätzliche Kapitalbindungen und finanzielle Risiken<br />

Abb. 86: Beispiele einiger Risikoarten durch Auslandsengagement<br />

134


Eine risikoneutrale Person und ein risikoneutrales Unternehmen orientieren sich<br />

lediglich an dem Erwartungswert der Ergebnisse. Die Streuung ist ihnen unwichtig.<br />

Viele Entscheidungen im Außenhandel finden unter Unsicherheit statt (vgl. Abb.<br />

86, S. 134).<br />

5.2.2 Kaufkraftparitäten<br />

Bei einer Exportware richtet sich der erzielbare Preis in inländischer Währung<br />

nach den Marktverhältnissen im Ausland und dem Wechselkurs. Deshalb sind<br />

neben Marktanalysen im Ausland auch langfristige Wechselkursprognosen für<br />

strategische <strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen von großer Bedeutung.<br />

Langfristige Wechselkurstrends spiegeln die Inflationsraten der Länder wieder.<br />

Diesen Zusammenhang erklärt die Theorie der Kaufkraftparitäten. Danach müssen<br />

bei vollkommener internationaler Konkurrenz, kostenloser Mobilität<br />

aller Güter und gleich effizienten Produktionsweisen in allen Ländern die<br />

Tauschraten zwischen jeweils zwei Gütern überall gleich sein. Währungen und<br />

Preisniveaus verändern nur den Nominal-, nicht aber den Realwert der Güter.<br />

Wechselkurse sorgen dafür, daß bei unterschiedlichen Preisniveauentwicklungen<br />

der Länder die Verhältnisse, zu denen Güter grenzübergreifend getauscht werden<br />

können, unverändert bleiben.<br />

Die Kaufkraftparitätentheorie kann nur teilweise überzeugen. Da in der Realität<br />

die Konkurrenz und die Produktivitäten in verschiedenen Regionen unterschiedlich<br />

groß sind, beim Gütertransport Kosten entstehen und die Informationsverteilung<br />

in den Märkten unvollkommen ist, kommt es zur Ausprägung unterschiedlicher<br />

nationaler Tauschraten zwischen den Gütern, so daß im internationalen<br />

Vergleich nicht nur Nominal-, sondern auch Realwerte voneinander abweichen.<br />

Diese Unterschiede können durch Wechselkurse nicht angeglichen<br />

werden. Wechselkurse werden darüber hinaus zumindest kurzfristig stärker durch<br />

spekulatives Verhalten in der Geldsphäre, Zinsdifferentiale zwischen den Län-<br />

135


dern, Konjunkturentwicklungen und politische Ereignisse (Streiks, Wahlergebnisse)<br />

beeinflußt als durch güterwirtschaftliche Vorgänge. Allerdings sind bei<br />

langfristigen Prognosen der Kursveränderungen inflationäre Entwicklungen der<br />

Länder wichtige Einflußgrößen. Es gibt letztlich keine empirisch überzeugende<br />

Theorie zur Währungskursprognose. Bei langfristigen Analysen und stark unterschiedlichen<br />

Inflationsentwicklungen besitzt die Kaufkraftparitätentheorie praktische<br />

Bedeutung (vgl. Abb. 127, S. 213).<br />

Beispiel zu Kaufkraftparitäten<br />

Ein Gut kostet im Inland 10 GE i und im Ausland 20 GE a . Die Produktions-<br />

und Wettbewerbsverhältnisse im Inland gleichen denen im Ausland.<br />

Im Zeitpunkt t tauscht das Gut im Inland gegen das gleiche Gut im<br />

Ausland im (Mengen-)Verhältnis 1:1, da der Wechselkurs die nominalen<br />

Preisunterschiede ausgleicht:<br />

it , tGE p r a at ,<br />

⋅ p<br />

GE i <br />

<br />

=<br />

r t : Wechselkurs in Periode t<br />

r t+1 : Wechselkurs in Periode t+1<br />

p i : Preis im Inland<br />

p a : Preis im Ausland<br />

bzw.<br />

f i : Inflationsrate im Inland<br />

f a : Inflationsrate im Ausland<br />

i GE 10[ GE ] 2 a a<br />

⋅ 20[ GE ]<br />

GE i <br />

<br />

=<br />

Der Wechselkurs r berechnet sich aus dem Verhältnis der Preise des<br />

Gutes in der Inlands- und der Auslandswährung:<br />

r t GEa <br />

<br />

GE i <br />

<br />

=<br />

20<br />

10<br />

GE a GE a<br />

<br />

GE i = <br />

2<br />

GE i <br />

<br />

Angenommen, im Inland herrscht eine Inflationsrate von 10%. Dadurch<br />

erhöht sich der inländische Preis des Gutes auf 11 GE i . Die Inflationsrate<br />

im Ausland beträgt 65%, so daß der Preis des Gutes im Ausland auf<br />

33 GE a steigt. Entsprechend der Theorie der Kaufkraftparitäten verän-<br />

136


dert sich der Wechselkurs so, daß wiederum das Gut im Inland gegen<br />

das gleiche Gut im Ausland im Verhältnis 1:1 tauscht. Der Wechselkurs<br />

verändert sich demnach von 2 auf 3:<br />

r t + 1<br />

GEa GE a<br />

<br />

GE i <br />

GE i ⋅<br />

<br />

= 20 1,65<br />

=<br />

10<br />

111 ,<br />

33<br />

11<br />

GE a GE a<br />

<br />

GE i <br />

<br />

= <br />

3<br />

GE i .<br />

<br />

Im Allgemeinen gilt, daß<br />

t + 1GE r<br />

a t GE<br />

r<br />

a f a<br />

<br />

GE i = <br />

<br />

GE i <br />

<br />

⋅<br />

f i<br />

bzw.<br />

r t + 1<br />

<br />

<br />

<br />

GEa<br />

GE i<br />

<br />

=<br />

<br />

p at ,<br />

p it ,<br />

f a<br />

⋅<br />

f i<br />

Die Theorie der Kaufkraftparitäten behauptet, daß die realen Tauschverhältnisse<br />

unabhängig von den verschiedenen Inflationsraten der Länder<br />

sind. Die Wechselkurse gleichen die Geldentwertungsdifferentiale aus.<br />

Sind Prognosewerte der Inflationsraten vorhanden, dann lassen sich auf<br />

der Grundlage der Kaufkraftparitätentheorie die Wechselkurse ebenfalls<br />

voraussagen.<br />

5.2.3 Backward Bending der Devisenangebotskurve<br />

Wechselkurse verändern sich manchmal nicht nach den gewohnten Gesetzmäßigkeiten,<br />

die man von Gütermärkten her kennt. Hierdurch werden internationale<br />

<strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen erschwert. Das „Backward Bending“ dient als Erklärungsansatz<br />

für anormales Wechselkursverhalten (vgl. Abb. 87, S. 138). Es<br />

kann verschiedene Ursachen haben.<br />

137


Erhöht sich der Kurs r[GE a /GE i ]↑ bei gleichem Auslandspreis p a eines Gutes,<br />

dann werden Importprodukte im Inland billiger. Dadurch steigt die Nachfrage<br />

nach den Importprodukten im Inland. Um die Einfuhr in ausländischer Währung<br />

bezahlen zu können, wird Inlandswährung in Auslandswährung umgetauscht. Es<br />

kommt zu einem Angebot an Inlandswährung auf dem Devisenmarkt.<br />

Je nach Stärke der Importmengenzunahme als Reaktion auf die Kursänderung<br />

(Preiselastizität der Nachfrage) kann es zu einem wachsenden oder einem fallenden<br />

Angebot der Inlandswährung auf dem Devisenmarkt kommen. Wächst bei<br />

steigendem Kurs r[GE a /GE i ]↑ zunächst das Angebot an Inlandswährung, um<br />

dann mit weiter steigendem Kurs zu fallen, liegt ein „Backward Bending“ des<br />

Devisenangebots vor.<br />

Preis der<br />

Währung<br />

Abb. 87: Backward Bending<br />

Durch Backward Bending kann es zu instabilen Gleichgewichten im Devisenmarkt<br />

kommen: Ein Nachfrageüberhang erhöht den Währungspreis und das Ungleichgewicht<br />

nimmt weiter zu. Umgekehrt läßt ein Angebotsüberschuß den<br />

Kurs sinken und der Überschuß wächst weiter. Dieses annormale Kursverhalten<br />

erschwert die Prognose von Wechselkursveränderungen.<br />

Beispiel<br />

Der Preis einer Importware in Inlandswährung ist bei einem konstanten<br />

138


Auslandspreis eine Funktion des Wechselkurses:<br />

i a <br />

Produktpreis in Inlandswährung:<br />

GE<br />

p p<br />

i <br />

= ⋅ 1<br />

r <br />

GE a <br />

<br />

Ein niedriger Wechselkurs r bewirkt einen hohen Preis p i und damit eine<br />

geringe Importnachfrage x.<br />

Die Importnachfragefunktion zeigt den Zusammenhang zwischen dem<br />

Wechselkurs r und der nachgefragten Menge x eines Importgutes an<br />

(vgl. Abb. 88, S. 140). Der Import löst eine Nachfrage nach der Auslandswährung<br />

aus: p a ⋅x, um das Produkt mit dem Preis p a im Ausland<br />

bezahlen zu können. Entsprechend bietet der Importeur über das Bankensystem<br />

auf dem Devisenmarkt einen Betrag in der Inlandswährung<br />

an, der dem nachgefragten Auslandswährungsbetrag multipliziert mit<br />

dem Kurs entspricht:<br />

Angebot an Inlandswährung:<br />

a 1<br />

x ⋅ p ⋅<br />

r<br />

<br />

<br />

<br />

i<br />

GE<br />

a<br />

GE<br />

<br />

<br />

<br />

Bei einem konstanten Produktpreis p a hängt der Betrag der angebotenen<br />

Inlandswährung von der Importnachfrage x und dem Wechselkurs r ab.<br />

Wir können mithilfe der Importnachfragefunktion die Devisenangebotsfunktion<br />

herleiten. Abb. 88 und 89, Seite 140, stellen den Zusammenhang<br />

für eine lineare Importnachfragefunktion bei einem konstanten<br />

ausländischen Produktpreis p a dar. Das zu einer bestimmten Importmenge<br />

gehörende Devisenangebot gleicht der Fläche des jeweiligen<br />

Rechtecks: x ⋅ p i . Wir erkennen, daß die Devisenangebotsfunktion<br />

rückwärts geneigt verläuft, was zu anormalem Marktverhalten führt.<br />

139


Preis<br />

i<br />

p als<br />

Funktion<br />

von r<br />

r min<br />

Importnachfragefunktion<br />

r<br />

Angebot an<br />

Inlandswährung<br />

Importmenge x<br />

eines Gutes<br />

Angebot an<br />

Inlandswährung<br />

r min Abb. 89: Devisenangebot<br />

Abb. 88: Importnachfrage<br />

Die folgenden Kritikpunkte relativieren die Theorie des Backward Bending:<br />

• Die Produktions- und Verbrauchsverhaltensweisen von Unternehmen<br />

und Konsumenten verändern sich häufig nur langsam (Elastizität).<br />

Langfristige Kursveränderungen können mit ihrer Hilfe erklärt werden.<br />

Im kurzfristigen Bereich besitzt spekulatives Verhalten eine<br />

große Bedeutung: Reagieren Devisenanbieter auf eine Preissteigerung<br />

mit einem zurückhaltenden Angebot in der Hoffnung auf weitere<br />

Preiserhöhungen bzw. auf Preissenkungen mit einem steigenden<br />

Angebot aus Sorge vor einem weiteren Preisverfall, kommt es zum<br />

„Backward Bending“ mit der Folge kurzfristiger Kurssprünge.<br />

• Ursachen des Währungsangebots und der Währungsnachfrage sind<br />

nicht nur Handelsströme, sondern auch Direktinvestitionen in Realund<br />

Finanzkapital, die zur Erklärung der Wechselkursdynamik herangezogen<br />

werden müssen.<br />

5.2.4 Absicherung von Wechselkursrisiken<br />

Neben anderen Faktoren tragen Wechselkursrisiken dazu bei, daß die Einnahmeströme<br />

des Exporteurs oder die Ausgabenströme des Importeurs unsicher sind.<br />

140


Der Verkauf einer Ware ins Ausland zum Auslandspreis hat eine Forderung gegen<br />

den Kunden in Höhe des Verkaufspreises zur Folge. Diese Forderung lautet<br />

auf einen bestimmten festen ausländischen Geldbetrag. Die in der Zukunft liegende<br />

Einzahlung auf das Inlandskonto des Exporteurs erfolgt in der Inlandswährung<br />

und ist wegen des Wechselkursrisikos unsicher. Der Exporteur kann versuchen,<br />

dieses Risiko abzusichern. Hierzu baut er zu der Haben-Position (Forderung)<br />

in ausländischer Währung eine entsprechende Soll-Position (Verbindlichkeit)<br />

auf. Der Zahlungseingang dient dann zur Begleichung der Verbindlichkeit,<br />

ohne daß es zu einem Währungstausch kommt. Der Exporteur ist je nach Präferenz<br />

bereit, für die Absicherung eine Risikoprämie zu leisten (vgl. Abb. 85, S.<br />

134).<br />

Das Exportgeschäft kann mit einem entsprechenden Importgeschäft oder mit einem<br />

Fremdwährungskredit abgesichert werden. Handelt es sich bei der Verbindlichkeit<br />

um die Zahlungsschuld in Fremdwährung wegen eines Importgeschäfts,<br />

dann steht am Ende die Importware im Lager, während die Exportware unter<br />

Ausschluß jeglichen Währungsrisikos verkauft wurde. Mit den Verkaufserlösen<br />

können die Verbindlichkeiten in der Fremdwährung ausgeglichen werden.<br />

Beispielsweise empfiehlt es sich für Unternehmen, die schwerpunktmäßig<br />

in die USA exportieren, aus dem US-$ Gebiet auch einen großen<br />

Anteil der Vorprodukte zu beziehen, um das Währungsrisiko zu verringern.<br />

Bei der Aufnahme eines Fremdwährungskredites hingegen, kann der Kreditbetrag<br />

sofort in die Inlandswährung umgetauscht werden. Es kommt zu einem<br />

Zahlungseingang. Die Kreditverbindlichkeit wird mit der Liquidierung der Auslandsforderung<br />

getilgt und das Währungsrisiko hierbei vernichtet.<br />

Rechenbeispiel zu Fremdwährungskrediten<br />

141


Problem<br />

Ein Exporteur liefert Waren zu einem Inlandspreis von 90.000 EURO in<br />

die USA. Zur Zeit t 0 beträgt der Kurs 0,9 C/$ und der Verkaufspreis beträgt<br />

100.000 $. Der Exporteur fakturiert in US-$ und räumt dem Kunden<br />

ein 90-tägiges Zahlungsziel ein (t 1 ). Der Schuldzins für US-Kredite<br />

beträgt 9% p.a. oder 1 / 12 hiervon pro Monat.<br />

Der Exporteur versucht, das Währungsrisiko durch die Aufnahme eines<br />

Fremdwährungskredites zu beseitigen (Hedging). Die Bezahlung der<br />

Rechnung in US-$ soll für Zins und Tilgung des Fremdwährungskredites<br />

verwendet werden. Welchen Betrag B muß er hierzu aufnehmen?<br />

Lösungsweg<br />

Ergebnis<br />

i<br />

[ ] 1<br />

a<br />

⋅ 97.799,51[ GE ]<br />

90.000 GE<br />

B =<br />

=<br />

i<br />

GE 0,09<br />

0,9<br />

<br />

1+<br />

a 4<br />

<br />

GE <br />

Mit der Aufnahme von 97.799,51 $ im Zeitpunkt t 0 erhält der Exporteur<br />

eine EURO-Einzahlung in Höhe von 88.019,56 C:<br />

i<br />

GE <br />

a<br />

i<br />

[ ] 0,9<br />

88.019,56[ GE ]<br />

97 .799,51 GE ⋅ =<br />

.<br />

a<br />

<br />

GE <br />

Es entsteht hierdurch nach 90 Tagen eine Zins- und Tilgungsschuld in<br />

Höhe von 100.000 $, die mit der Bezahlung durch den amerikanischen<br />

Kunden ausgeglichen wird:<br />

a 0,09 <br />

a<br />

[ ] ⋅ 1<br />

+ 100.000[ GE ]<br />

97 .799,51 GE<br />

=<br />

4 <br />

Diese Einzahlung erfolgt sofort und ohne jedes Währungsrisiko. Die<br />

Differenz zwischen dem Preis in Inlandswährung und der Einzahlung<br />

142


aus dem Fremdwährungskredit entsteht durch den Zins des Kredites.<br />

Wir können die Differenz als Kurssicherungskosten interpretieren:<br />

i<br />

i<br />

i<br />

[ ] − 88.019,56[ GE ] 1.980,44[ GE ]<br />

90 .000 GE<br />

=<br />

C<br />

Es hängt von der Stärke der Risikoaversion des Exporteurs, von den aus subjektiver<br />

Sicht möglichen Kurszuständen, den zugeordneten subjektiven Wahrscheinlichkeiten<br />

und dem Verschuldungszins ab, ob der Exporteur die Kurssicherungsmaßnahme<br />

durchführt.<br />

5.2.5 Zahlungsbilanz<br />

Die aggregierten Wertbewegungen zwischen dem Inland und dem Ausland stellt<br />

man in einer Zahlungsbilanz dar. Es handelt sich hierbei um ein Kontensystem,<br />

das alle Gütertransaktionen, Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen inund<br />

ausländischen Subjekten in einer Periode erfaßt. Der Begriff der Bilanz ist<br />

hierbei irreführend, da man keine Bestands-, sondern Stromgrößen (Veränderungen,<br />

Bewegungen) darstellt.<br />

Die Zahlungsbilanz besteht aus Teilbilanzen:<br />

A. Leistungsbilanz<br />

• Handelsbilanz<br />

• Dienstleistungsbilanz<br />

• Übertragungsbilanz<br />

B. Kapitalbilanz<br />

• langfristiger Kapitalverkehr<br />

• kurzfristiger Kapitalverkehr<br />

C. Devisenbilanz der Zentralbank<br />

Da das Kontensystem gemäß des Grundsatzes der doppelten Buchführung mit<br />

Buchung und Gegenbuchung aufgebaut ist, muß die Zahlungsbilanz immer aus-<br />

143


geglichen sein. Bei einzelnen Teilbilanzen können aber Ungleichgewichte bestehen.<br />

Unter dem Außenbeitrag versteht man das Handels- und Dienstleistungsbilanzsaldo.<br />

Ein positiver Außenbeitrag weist auf ein Ungleichgewicht in der Güterbilanz<br />

(Waren und Dienstleistungen) hin: Die Exporte übertreffen die Importe. Bei<br />

einem negativen Außenbeitrag ist es umgekehrt. Bei Forderungen aus der Lieferung<br />

von Produkten und bei Direktinvestitionen liegt ein Kapitalexport vor. Hieraus<br />

entstehen Ansprüche an das Sozialprodukt des Auslandes.<br />

Ein negativer Außenbeitrag resultiert aus einem Importüberschuß von Gütern<br />

(Realtransaktionen), die in der Handels- und Dienstleistungsbilanz gebucht werden.<br />

Die Gegenbuchung erfolgt in der (kurzfristigen) Kapitalbilanz als Verbindlichkeit<br />

gegenüber dem Ausland. Man spricht hierbei von einem induzierten<br />

Nettokapitalexport.<br />

Der autonome Nettokapitalexport, wie er bei einem Überschuß an Direktinvestitionen<br />

vorliegt, stellt eine reine Finanztransaktion dar, die man in der (langfristigen)<br />

Kapitalbilanz verbucht. Die Gegenbuchung erfolgt in der Devisenbilanz.<br />

Wenn der Export- den Importwert übersteigt, dann entsteht ein positiver Außenbeitrag<br />

mit der Folge eines Nettostroms ausländischer Währung ins Inland<br />

(Nettokapitalimport). Hieraus resultiert ein Nachfrageüberschuß an inländischer<br />

Währung auf dem Weltmarkt mit der Folge einer Aufwertungstendenz der inländischen<br />

Währung.<br />

Eine Abwertungstendenz entsteht bei einem negativen Außenbeitrag oder einem<br />

Nettoabfluß von Investitionsmitteln (Nettokapitalexport).<br />

144


Ein Nettokapitalexport in Form von<br />

• Krediten an das Ausland,<br />

• Direktinvestitionen und<br />

• Entwicklungshilfe<br />

fördert bei einem positiven Außenbeitrag die Währungsstabilität.<br />

Die Devisenbilanz eines Landes, welches seine Währung frei „floaten“ läßt, ist<br />

stets ausgeglichen. Als Folge fester Wechselkurse treten Devisenbilanzungleichgewichte<br />

auf. Die folgenden Eckwerte markieren die Zahlungsbilanzentwicklung<br />

der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1950-1997:<br />

1. Steigender Anteil am Weltexport von 1950 bis 1973. (1970: 12,3%)<br />

2. Einbruch nach 1973 (8,0%)<br />

• Erdölpreis<br />

• Konkurrenz aus Ostasien (Schwellenländer)<br />

3. Zunehmende Exportabhängigkeit<br />

• Exportquote im Maschinenbau 1975 beträgt 47%<br />

4. Hohes Leistungsbilanzdefizit 1979-1981<br />

• Erdöl- und Erdgasrechnung seit 1970 um das 8,5-fache gestiegen<br />

• Globale Verluste von Marktanteilen<br />

5. Nach 1982 Konsolidierung der Leistungsbilanz<br />

• Sinkende Öleinfuhren<br />

• Starke Zunahme des Außenbeitrags<br />

• Überbewertung des US-$ bis 1985<br />

6. Durch globale Konjunktur nimmt der Export überproportional zu. Die deutsche<br />

Wirtschaft exportiert vorwiegend superiore Güter.<br />

7. Nach 1990 hohe Importnachfrage, Kapitaltransfer von West- nach Ostdeutschland,<br />

weniger deutsche Direktinvestitionen im Ausland.<br />

8. Wieder steigende Exportüberschüsse. Ein wachsender Nettokapitalexport fördert<br />

die „Standort Deutschland“ Debatte.<br />

Die Gefahren für den Export der Bundesrepublik liegen in den folgenden Entwicklungen:<br />

145


• Konzentration auf westliche Industrieländer<br />

• Vernachlässigung der dynamischen Schwellenländer<br />

• insbesondere wenig Aktivität in Fernost<br />

• nicht-tarifäre Handelsbarrieren<br />

• hohe Rohstoffabhängigkeit<br />

• nachlassende Innovationsleistung<br />

Mit dem Eingang der DM in den EURO ist die Gefahr einer kontinuierlichen<br />

Aufwertung der deutschen Währung für den Export gebannt.<br />

5.3 Grundordnung des internationalen Handels<br />

5.3.1 Internationale Kostenvorteile und effiziente Allokation<br />

Mit dem Theorem der komparativen Kostenvorteile (von D. Ricardo entwikkelt),<br />

versucht man, die globale Freihandelsordnung durch die wohlfahrtssteigernde<br />

Wirkung des Warenaustausches zwischen Ländern zu rechtfertigen. Nach<br />

der klassischen Fassung des Theorems konzentriert sich jedes Unternehmen auf<br />

den Export derjenigen Güter, die es gegenüber anderen Herstellern, die auf Auslandsmärkten<br />

präsent sind, mit relativ geringeren Opportunitätskosten erzeugen<br />

kann. In einem freien Marktmodell, angetrieben durch das Gewinnstreben<br />

der Unternehmen, die Maximierung des Nutzens der Konsumenten und den<br />

Wettbewerb setzt ein Strukturwandel ein, der zu einer Spezialisierung der<br />

Volkswirtschaften auf die Erzeugung weniger Produkte führt, die man im Inland<br />

verkauft und ins Ausland exportiert. Nicht selbst hergestellte Produkte werden<br />

von anderen, ebenfalls spezialisierten Ländern, importiert. Durch die internationale<br />

Arbeitsteilung und den Außenhandel wächst bei gleicher Ressourcennutzung<br />

die globale Produktivität und das globale Warenangebot.<br />

146


Produkt<br />

Nr. 2<br />

Ziel-Sortiment<br />

Internationale Tauschgerade<br />

Produktionsmöglichkeiten<br />

Spezialisierung auf<br />

Produkt Nr. 1<br />

Abb. 90: Ziel-Sortiment, Import und Export<br />

Produkt<br />

Nr. 1<br />

Abb. 90 veranschaulicht den Zusammenhang für zwei Güter (Nr. 1 und Nr. 2)<br />

und ein Unternehmen. Unterhalb der Produktionsmöglichkeitsgeraden liegen alle<br />

Outputkombinationen, die das Unternehmen mit bestehenden festen Ressourcen<br />

erzeugen kann. Die Gerade selber stellt die effizienten Produktionsmöglichkeiten<br />

dar. Die Steigung dieser Geraden verdeutlicht, auf welche Mengen des Produktes<br />

Nr. 2 zu verzichten wäre, wenn die Ausbringungsmenge des Produktes Nr. 1<br />

erhöht wird und umgekehrt. Die Steigung der internationalen Tauschgerade<br />

hängt von den Preisrelationen der beiden Güter ab. Wenn der Preis des Gutes Nr.<br />

1 hoch ist, dann kann man nach seinem Verkauf mit dem Erlös eine große Menge<br />

des Gutes Nr. 2 erwerben. Die Steigung gleicht deshalb dem Quotienten − p 1<br />

p<br />

.<br />

2<br />

Indem das Unternehmen sich auf die Fertigung von Gut Nr. 1 bei der Produktion<br />

spezialisiert und das Produkt Nr. 2 zukauft, kann es eine größere Stückzahl der<br />

Erzeugnisse an den Markt bringen, als wenn es beide Produkte selber herstellen<br />

würde.<br />

Beim Theorem des komparativen Kostenvorteils geht man von einer Vollauslastung<br />

aller Kapazitäten aus. Jedes Unternehmen muß sich bei zusätzlichen<br />

Mengen eines Outputgutes Nr. 1 bei einem oder mehreren anderen Outputgütern<br />

einschränken („Produktionsmöglichkeitsgerade“, vgl. Abb. 90, oben).<br />

147


Unter den komparativen Produktionskosten eines Stückes von Gut Nr. 1 versteht<br />

man demzufolge die Menge anderer Güter, auf die, wegen der Produktion eines<br />

Stückes von Gut Nr. 1, zu verzichten ist (Opportunitätskosten). Wenn diese<br />

Verzichtsmenge bei einem Unternehmen, welches die Produkte Nr. 1 und 2 herstellen<br />

kann, relativ zu einem anderen Unternehmen mit den gleichen Produktionsmöglichkeiten<br />

klein ist, dann sprechen wir von niedrigen komparativen Kosten,<br />

wenn die Verzichtsmenge bei einem Unternehmen relativ zu einem anderen<br />

Hersteller groß ist, sprechen wir von hohen komparativen Kosten. Auf diese<br />

Weise lassen sich für alle Güter aller Unternehmen komparative Kosten bestimmen.<br />

Interessant für den internationalen <strong>Vertrieb</strong> sind die Vergleiche zwischen<br />

inländischen und ausländischen Produzenten. Sind die komparativen Kosten des<br />

Gutes Nr. 1 bei den inländischen Unternehmen geringer als im Ausland, besitzt<br />

das Inland in der Produktion einen komparativen Vorteil: Es muß bei der Herstellung<br />

des Gutes Nr. 1 auf relativ wenig sonstige Güterproduktion verzichtet<br />

werden.<br />

Nach dem Theorem des komparativen Kostenvorteils ist die Spezialisierung und<br />

Aufnahme des Außenhandels lohnend, wenn die komparativen Kosten der Güter<br />

bei den Unternehmen zweier Länder unterschiedlich sind und dies auch bei Berücksichtigung<br />

von Transportkosten gilt. Beim Freihandel konzentrieren sich die<br />

Unternehmen in jedem Land auf die Produktion der Güter, die sie im Vergleich<br />

zum Ausland relativ billiger herstellen können, d.h. für die sie einen komparativen<br />

Vorteil besitzen. Die anderen Güter des Zielsortiments importieren sie.<br />

Durch Spezialisierung und Außenhandel steigen die Unternehmensgewinne, erhöht<br />

sich die Produktmenge, sinken die Preise und die allgemeine Wohlfahrt<br />

nimmt zu. Diese Effekte haben ihre Ursache in einer verbesserten globalen Ressourcenausnutzung.<br />

Sie gilt als zentrale Rechtfertigung des Freihandels. Problematisch<br />

ist aber die Wohlfahrtsaussage bei Währungsrisiken, natürlichen Monopolen<br />

und langsamen Realkapitalanpassungen.<br />

Mit Spezialisierungen verbinden sich auch Nachteile. Hoffnungen auf individuellen<br />

Wohlstand und Selbstverwirklichung sind häufig nicht mit einem durchgreifenden<br />

strukturellen Wandel vereinbar. Als Folge kommt es deshalb zu<br />

Streiks, sozialen Unruhen und politischem Gegendruck. Einschränkungen des<br />

148


freien Handels sind oft geeignete Mittel, um das gesellschaftliche Gleichgewicht<br />

zu erhalten. Um die Anzahl der Arbeitsplätze mittelfristig zu erhöhen, fördern<br />

Regierungen Exporte und behindern Importe („Beggar-Your-Neighbour-<br />

Policy“). Als temporäres Phänomen zur Verlangsamung eines sozial unverträglichen<br />

Strukturwandels können solche Maßnahmen gerechtfertigt sein. Auf Dauer<br />

sinkt hierdurch aber die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft, was sich<br />

langfristig negativ auf den nationalen Arbeitsmarkt auswirkt.<br />

Auch führt die Spezialisierung auf Unternehmens- und Länderebene zu einem<br />

erhöhten Risiko, da man zur Aufrechterhaltung eines breiten Sortiments von<br />

ausländischen Zulieferern abhängig ist. Aus Gründen der Risikostreuung empfiehlt<br />

sich deshalb ein breites Produktionsprogramm.<br />

Beispiel zum Theorem des komparativen Kostenvorteils<br />

Problem<br />

Im Inland produziert ein Unternehmen mit dem Kostenbudget K zwei<br />

verschiedene Motorentypen A und B. Die Produktionsmöglichkeiten bestehen<br />

aus 50 Motoren pro Tag vom Typ A, wenn alle vorhandenen<br />

Ressourcen hierfür verwendet werden, oder alternativ 100 Motoren vom<br />

Typ B. Es kann auch jede positive Linearkombination aus den beiden<br />

angegebenen Produktmengen hergestellt werden.<br />

Das Unternehmen besitzt eine Auslandstochter und produziert hier<br />

ebenfalls beide Produkte mit einem vergleichbaren Kostenbudget. Man<br />

kann bei der Auslandstochter maximal 50 Motoren vom Typ A oder alternativ<br />

50 Motoren vom Typ B oder jede positive Linearkombination<br />

aus den beiden angegebenen Produktmengen erzeugen.<br />

Im Inland [i] sind die Mengen q Ai und q Bi an Motoren auszuliefern und<br />

im Ausland [a]die Mengen q Aa und q Ba .<br />

149


1. Fall<br />

Der Marktpreis für A-Motoren beträgt 2000 Inlandsgeldeinheiten (GE i ),<br />

der für B-Motoren 800 GE i .<br />

2. Fall<br />

Der Marktpreis für A-Motoren beträgt jetzt 2100 GE i , der für B-<br />

Motoren 1400 GE i .<br />

Von allen Transportkosten und länderspezifischen Merkmalen wird abstrahiert.<br />

Im Inlands- und im Auslandsmarkt herrscht ein hoher Wettbewerb.<br />

Mutter- und Tochtergesellschaft tauschen zu Marktpreisen Motoren<br />

miteinander. Die Inlandswährung tauscht gegen die Auslandswährung<br />

im Verhältnis von 1:1.<br />

Auf der Grundlage der angegebenen Zahlen ist die Frage zu beantworten:<br />

Spezialisieren sich Mutter- und Tochterunternehmen?<br />

Lösungsweg<br />

Die Produktionsmöglichkeitsgeraden der Mutter- und der Tochtergesellschaften<br />

beschreiben die maximalen Produktmengen bei Auslastung<br />

aller verfügbaren Ressourcen (vgl. Abb. 91-94, S. 151). Die Kurven<br />

stellen dar, auf wieviele Stücke des Typs B zu verzichten wäre, wenn ein<br />

zusätzliches Stück vom Typ A produziert würde (Opportunitätskosten in<br />

der Produktion). In der inländischen Produktion muß man für einen A-<br />

Motor auf zwei und in der ausländischen Produktion nur auf einen B-<br />

Motor verzichten.<br />

Die internationalen Tauschgeraden beschreiben die Preisverhältnisse<br />

von A- und B-Motoren im 1. und im 2. Fall. Spezialisiert sich die Muttergesellschaft<br />

auf A-Motoren, dann muß sie zur Erfüllung der Lieferverpflichtungen<br />

die notwendigen B-Motoren importieren. Für den Preis<br />

150


eines A-Motors können 2½ B-Motoren im 1. Fall und 1½ B-Motoren im<br />

2. Fall beschafft werden.<br />

Abb. 91: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Muttergesellschaft<br />

(1. Fall), Skizze!<br />

Abb. 93: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Tochtergesellschaft<br />

(1. Fall), Skizze!<br />

Abb. 92: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Muttergesellschaft<br />

(2. Fall), Skizze!<br />

Abb. 94: Produktionsmöglichkeitskurve<br />

der Tochtergesellschaft<br />

(2. Fall), Skizze!<br />

Spezialisiert sich die Muttergesellschaft hingegen in ihrer Produktion<br />

auf B-Motoren und importiert A-Motoren, dann erhält sie für den Preis<br />

eines B-Motors 2 A-Motoren im 1. Fall und im 2. Fall 5 2 A-Motoren.<br />

3<br />

151


Wir fragen nun, ob es möglich ist, daß der internationale Konzern durch<br />

die Spezialisierung seiner beiden Gesellschaften und durch Im- und Export<br />

zur Deckung der jeweils fehlenden Stückzahlen sein Gesamtangebot<br />

erhöhen kann?<br />

Ergebnis<br />

Zur Erhöhung ihrer Angebotsmengen wollen sich im 1. Fall beide Gesellschaften<br />

auf den A-Motor spezialisieren und das jeweils fehlende<br />

Produkt vom Partner importieren. Dies ist nicht möglich. In unserem<br />

Zwei-Unternehmen-Beispiel kommt es im 1. Fall nicht zu einer Spezialisierung<br />

in der Produktion. Im 2. Fall sieht das Ergebnis anders aus.<br />

Hier spezialisiert sich die Muttergesellschaft auf den A-Motor und die<br />

Tochter auf den B-Motor. Die jeweils fehlenden Mengen tauscht man<br />

durch Im- und Export gegeneinander aus. Das Gesamtergebnis erhöht<br />

sich.<br />

C<br />

Veränderungen der Preise und Wechselkurse führen zu anderen Spezialisierungen.<br />

Da Variationen im Produktsortiment häufig mit hohen Investitionen und<br />

langen Bindungszeiten des Kapitals einhergehen, Wechselkurse aber kurzfristigen<br />

Änderungen unterworfen sind, kann sich die Produktions- und Importentscheidung<br />

nur an den langfristigen komparativen Kostentrends ausrichten.<br />

Tatsächlich werden deshalb Unternehmen und Volkswirtschaften zur Risikoverminderung<br />

immer ein relativ breites Produktionssortiment anstreben und die<br />

einseitige Abhängigkeit von Importprodukten verringern. Die praktische Bedeutung<br />

der komparativen Kosten tritt dementsprechend zurück.<br />

5.3.2 Die Ordnung des GATT<br />

Gesetzliche und vertragliche Regeln fördern den freien Welthandel, wenn sie<br />

Regierungswillkür und wettbewerbsschädigendes Verhalten von Unternehmen<br />

verringern. Für den internationalen <strong>Vertrieb</strong> sind gesetzliche Regelungen auf drei<br />

152


Ebenen relevant: Das Außenwirtschaftsgesetz und die Außenwirtschaftsverordnung<br />

regeln Auslandsgeschäfte, (1) soweit man sie in Deutschland vornimmt<br />

(Territorialprinzip) oder (2) sie deutsche Staatsbürger tätigen (Personalprinzip)<br />

oder (3) sie Auslandswerte und Gold betreffen (Güterprinzip). Die Grundlage für<br />

den Handel im Binnenmarkt bildet der Vertragstext der Europäischen Gemeinschaft<br />

in der aktuellen Fassung (Teil der Vertragstexte von Maastricht). Den internationalen<br />

Handelsverkehr außerhalb der EU ordnet insbesondere das GATT<br />

(General Agreement on Tarifs and Trade), bestehend aus einem Basisvertrag und<br />

einer Vielzahl von Vereinbarungen auf dieser Grundlage. Da Deutschland und<br />

alle anderen Länder der Europäischen Union zu den Unterzeichnerstaaten des<br />

GATT gehören, sind dessen Regeln in das nationale und europäische Recht eingearbeitet<br />

worden.<br />

Im Jahr 1947 vereinbarten 23 Länder das „Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen“<br />

(GATT). Es ist seit dem 1. 1. 1948 in Kraft. Das Vorhaben, gleichzeitig<br />

eine Internationale Handelsorganisation (ITO: International Trade Organisation)<br />

ins Leben zu rufen, scheiterte am Widerspruch der USA. Heute beteiligen<br />

sich über 124 Länder am GATT (vgl. Abb. 95, S. 154). Das Abkommen deckt ca.<br />

90% des Weltgüterhandels ab.<br />

Der GATT-Vertrag gliedert sich in vier Teile:<br />

1. Teil: Art. I, II: Meistbegünstigungsverpflichtung<br />

2. Teil: Art. III-XXIII: Verbot mengenmäßiger Beschränkungen<br />

3. Teil: Art. XXIV-XXXV: Erlaubnis zu Freihandelszonen<br />

4. Teil: Art. XXXVI-XXXVIII: Sonderregelungen für Entwicklungsländer<br />

153


Verhandlungen Jahr Beteiligte Länder<br />

Genf-Runde 1947 23<br />

Annecy-Runde 1949 33<br />

Torquay-Runde 1950 34<br />

Genf-Runde 1956 22<br />

Dillon-Runde 1960-1961 45<br />

Kennedy-Runde 1962-1967 48<br />

Tokyo-Runde 1973-1979 99<br />

Uruguay-Runde 1986-1995 124<br />

Abb. 95: GATT-Verhandlungsrunden<br />

Das Abkommen stellt folgende Grundsätze eines freien Welthandels auf:<br />

1. Keine Diskriminierung. Meistbegünstigung und Inländerbehandlung<br />

aller Vertragsländer. Keine nicht-tarifären Handelshemmnisse.<br />

2. Freihandel durch stetigen Zollabbau.<br />

3. Chancengleichheit der Unternehmen durch eine liberale Weltwirtschaftsordnung<br />

ohne staatlichen Interventionismus.<br />

4. GATT-Schiedsgerichtsbarkeit statt Handelskriege.<br />

Die Vorschriften des GATT können wir drei verschiedenen Ebenen zuordnen:<br />

• Gebote und Verbote zur Sicherung der Grundsätze<br />

• Präzisierung der Ge- und Verbote in Hinblick auf bestimmte Anwendungsgebiete<br />

• Bestimmungen über Ausnahmen von diesen Ge- und Verboten<br />

5.3.2.1 Grundsätze<br />

Artikel I, Absatz 1 GATT verpflichtet jedes Vertragsland zur Meistbegünstigung<br />

aller anderen Vertragsländer (vgl. Abb. 96, S. 155):<br />

154


„... alle Vorteile, Vergünstigungen, Vorrechte oder Befreiungen, die eine<br />

Vertragspartei für eine Ware gewährt, welche aus einem anderen Land<br />

stammt oder für dieses bestimmt ist, (werden) unverzüglich und bedingungslos<br />

für alle gleichartigen Waren gewährt, die aus den Gebieten der<br />

anderen Vertragsparteien stammen oder für diese bestimmt sind.“<br />

Abb. 96: Meistbegünstigung<br />

Die Meistbegünstigungsklausel des GATT besitzt verschiedene historische Vorbilder.<br />

Sie war in den 30er Jahren das Kernstück des neuen US-Handelsgesetzes.<br />

Abweichungen von der Meistbegünstigung können gemäß Artikel I, Absatz 2<br />

und Artikel XXIV, Absätze 4 bis 10 vorgesehen werden:<br />

• zugunsten von Entwicklungsländern,<br />

• bei Präferenzregelungen, die zur Zeit des Inkrafttretens des GATT<br />

bestanden (historische Präferenzsysteme, z.B. Commonwealth)<br />

• bei Zollunion und Zollgemeinschaft (z.B. EU, EFTA, NAFTA) oder<br />

• wenn alle WTO (World-Trade-Organisation)-Mitglieder zustimmen.<br />

Insbesondere müssen Zollzugeständnisse, die eine Partei einem anderen Land<br />

gewährt, allen Parteien zugute kommen. In den GATT-Runden vereinbarte man<br />

seit 1947 Listen, die für jedes einzelne Produkt Zollsätze aufführen, welche nicht<br />

überschritten werden dürfen. Die Listen werden regelmäßig um weitere Produkte<br />

ergänzt und die vereinbarten Zollsätze verringert.<br />

155


Ziel und Methode zur Absenkung der Zölle in Verhandlungsrunden legen die<br />

Artikel II, Absatz 1a und XXVIII, Absatz 1 (Auszüge) fest:<br />

„Jede Vertragspartei gewährt dem Handel der anderen Vertragsparteien<br />

eine nicht weniger günstige Behandlung, als in dem betreffenden Teil<br />

der entsprechenden Liste zu diesem Abkommen vorgesehen ist.<br />

Die Vertragsparteien erkennen an, daß Zölle den Handel oft erheblich<br />

behindern; von großer Bedeutung für die Ausweitung des internationalen<br />

Handels sind daher auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und zum<br />

gemeinsamen Nutzen geführte Verhandlungen, die eine wesentliche<br />

Herabsetzung des allgemeinen Niveaus der Zölle bezwecken. Die Vertragsparteien<br />

können daher von Zeit zu Zeit derartige Verhandlungen<br />

veranstalten.“<br />

Man hat in den vorherigen Verhandlungsrunden drastische Zollreduktionen erreicht.<br />

Es besteht aber nach wie vor das Problem der Zolleskalation: Rohstoffe<br />

besitzen einen geringen, fertige Produkte hingegen einen hohen Zollsatz. Dies<br />

begünstigt die Industrieländer. Sie öffnen ihre Märkte für Rohstoffe, die sie verarbeiten.<br />

Für fertige Produkte aus Entwicklungsländern, insbesondere für technisch<br />

aufwendige Erzeugnisse, bleiben aber die Märkte der reicheren Länder wegen<br />

relativ hoher Zölle unzugänglich.<br />

Der Zoll stellt ein tarifäres Handelshemmnis dar. Es gibt aber darüber hinaus eine<br />

Vielzahl von anderen Barrieren, die Länder offen oder versteckt einrichten, um<br />

die Konkurrenz aus dem Ausland abzuwehren und die inländischen Erzeugnisse<br />

hierdurch zu bevorzugen. Zu Beginn der Uruguay-Runde zählte man über 800<br />

verschiedene nicht-tarifäre Handelshemmnisse.<br />

Hierunter versteht man Maßnahmen, mit denen einzelne Länder eine zollähnliche<br />

Import-, seltener auch Exporterschwerung herbeiführen:<br />

Subventionen, Staatshandel, Regierungskäufe, Wettbewerbsbeschränkungen,<br />

Gebühren, Abgaben, Verbrauchssteuern, Verfahrensvorschrif-<br />

156


ten über Grenzabfertigungen der Importe, Konsularformalitäten, Zollwertbestimmungen,<br />

Zollformalitäten, Zolltarifierung, Industrie-, Gesundheits-,<br />

Sicherheitsnormen, aufwendige Qualitäts-, Sicherheits- und<br />

Gesundheitskontrollen bei der Einfuhr oder bereits bei der Verschiffung,<br />

Verpackung, Etikettierung, Ursprungsangaben, Mengenbeschränkungen,<br />

Importlizenzen, Embargos, Kontingente, Devisenkontrollen, Exporteinschränkungen<br />

u.a. .<br />

Gegen wichtige nicht-tarifäre Beschränkungen wenden sich die in Abb. 97 aufgeführten<br />

Vorschriften.<br />

Artikel<br />

III<br />

VI i.V.m. XVI<br />

VII<br />

VIII<br />

IX<br />

XI<br />

Inhalt<br />

gleiche Behandlung ausländischer und inländischer<br />

Unternehmen<br />

Verhinderung von Dumping und Subventionen<br />

Verbot willkürlicher Zollwertermittlungen<br />

angemessene Gebühren und Formalitäten bei der<br />

Ein- und Ausfuhr<br />

gleiche Kennzeichnungsvorschriften<br />

Verbot mengenmäßiger Beschränkungen<br />

Abb. 97: Regeln gegen wichtige nicht-tarifäre Beschränkungen<br />

Das Inländerprinzip des Artikel III, Absatz 1, 2 und 4 dehnt den Grundsatz der<br />

Nichtdiskriminierung auf das Verhältnis zwischen inländischen zu ausländischen<br />

Unternehmen aus, wonach (Auszug) ...<br />

„ ... innere Abgaben und sonstige Belastungen, Gesetze, Verordnungen<br />

und sonstige Vorschriften über den Verkauf, das Angebot, den Einkauf,<br />

die Beförderung, Verteilung oder Verwendung von Waren im Inland<br />

nicht derart angewendet werden sollen, daß die inländische Erzeugung<br />

geschützt wird. Waren, die aus dem Gebiet einer Vertragspartei in das<br />

einer anderen Vertragspartei eingeführt werden, dürfen weder direkt<br />

oder indirekt höheren inneren Abgaben oder sonstigen Belastungen un-<br />

157


terworfen werden als gleichartige inländische Waren. Waren, die aus<br />

dem Gebiet einer Vertragspartei in das Gebiet einer anderen Vertragspartei<br />

eingeführt werden, dürfen hinsichtlich aller Gesetze, Verordnungen<br />

und sonstigen Vorschriften über den Verkauf, das Angebot, den<br />

Einkauf, die Beförderung, Verteilung oder Verwendung im Inland keine<br />

weniger günstige Behandlung erfahren als gleichartige Waren inländischen<br />

Ursprungs.“<br />

Durch eine unterschiedliche Bestimmung des Zollwertes importierter Waren<br />

könnte man auch bei gleichen Zollsätzen einzelne exportierende Länder diskriminieren<br />

und damit gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoßen.<br />

Die Absätze 2a und b (Auszug) des Artikels VII legen deshalb fest, daß ...<br />

„ ... der Zollwert eingeführter Waren auf Grund des wirklichen Wertes<br />

der eingeführten Ware oder aufgrund des Wertes gleichartiger Waren,<br />

nicht aber auf Grund des Wertes von Waren inländischen Ursprungs<br />

oder auf Grund willkürlich angenommener oder fiktiver Werte ermittelt<br />

werden (soll). Der ‘wirkliche Wert’ einer Ware soll der Preis sein, zu<br />

dem diese oder eine gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr<br />

unter Bedingungen des freien Wettbewerbs in dem durch die Rechtsvorschriften<br />

des Einfuhrlandes bestimmten Zeitpunkt und Ort verkauft oder<br />

angeboten wird.“<br />

Durch Gebühren beim Import von Waren und übermäßige Formalitäten entstehen<br />

dem Importeur Kosten, die eine zollähnliche Wirkung besitzen und die<br />

Einfuhr behindern. Hierdurch diskriminiert man den ausländischen Anbieter und<br />

schützt die inländische Wirtschaft vor der internationalen Konkurrenz. Die Artikel<br />

VIII, Absatz 1a und IX, Absätze 1 und 2 verbieten ein solches Vorgehen:<br />

„Die von den Vertragsparteien anläßlich oder im Zusammenhang mit<br />

der Einfuhr oder Ausfuhr erhobenen Gebühren und Belastungen jeglicher<br />

Art (soweit es sich nicht um Einfuhr- und Ausfuhrzölle oder sonstige<br />

Abgaben im Sinne des Artikels III handelt) sind dem Betrag nach ungefähr<br />

auf die Kosten der erbrachten Dienstleistungen zu beschränken;<br />

158


sie dürfen weder einen mittelbaren Schutz für inländische Waren noch<br />

eine Besteuerung der Einfuhr oder Ausfuhr zur Erzielung von Einnahmen<br />

darstellen.<br />

Jede Vertragspartei gewährt den Waren aus den Gebieten anderer Vertragsparteien<br />

hinsichtlich der Vorschriften über die Kennzeichnung eine<br />

nicht weniger günstige Behandlung als gleichartigen Waren eines dritten<br />

Landes. Die Vertragsparteien erkennen an, daß bei dem Erlaß und der<br />

Anwendung von Gesetzen und sonstigen Vorschriften über Ursprungsbezeichnungen<br />

die Schwierigkeiten und Behinderungen, die durch solche<br />

Maßnahmen für den Handel und die Produktion der Ausfuhrländer<br />

entstehen können, auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden sollen; dabei<br />

ist die Notwendigkeit, den Verbraucher vor mißbräuchlich verwendeten<br />

oder irreführenden Bezeichnungen zu schützen, gebührend zu berücksichtigen.“<br />

Mithilfe von Ursprungsregeln privilegieren Länder solche Importwaren, die aus<br />

Komponenten mit einem hohen inländischen Wertschöpfungsanteil bestehen. Bei<br />

ihrer Einfuhr werden sie vom Zoll befreit (Zollpräferenz) oder fallen nicht unter<br />

vereinbarte (freiwillige) Importquoten. Von den Ursprungsregeln geht ein starker<br />

Anreiz zur Verwendung inländischer Komponenten aus.<br />

Einen massiven Eingriff in den freien Welthandel stellen mengenmäßige Beschränkungen<br />

dar (Kontingente). Sie werden durch Artikel XI, Absatz 1 grundsätzlich<br />

verboten:<br />

„Außer Zöllen, Abgaben und sonstigen Belastungen darf eine Vertragspartei<br />

bei der Einfuhr einer Ware aus dem Gebiet einer anderen Vertragspartei<br />

oder bei der Ausfuhr einer Ware oder ihrem Verkauf zwecks<br />

Ausfuhr in das Gebiet einer anderen Vertragspartei Verbote und Beschränkungen,<br />

sei es in Form von Kontingenten, Einfuhr- und Ausfuhrbewilligungen<br />

oder in Form von anderen Maßnahmen, weder erlassen<br />

noch beibehalten.“<br />

159


Durch ihre Vielfalt können nicht-tarifäre Handelshemmnisse nur sehr schwer<br />

zum Gegenstand der internationalen Kontrolle gemacht werden. Auch fällt die<br />

Abgrenzung von akzeptierten Unterschieden zwischen den Ländern zu nicht<br />

mehr tollerierbaren handelsverzerrenden Regeln schwer. Im Bemühen um die<br />

Verringerung der nicht-tarifären Handelshemmnisse versucht man zunächst, sie<br />

in einen Zoll umzuwandeln, der dann transparent und international vergleichbar<br />

ist und zum Gegenstand einer Reduzierung gemacht werden kann.<br />

Die stetige Senkung der Zollbarrieren und die Eindämmung nicht-tarifärer Handelshemmnisse<br />

verringern den staatlichen Interventionismus und erhöhen die<br />

marktwirtschaftliche Chancengleichheit der Unternehmen. Sie schaffen damit<br />

wichtige Voraussetzungen für eine liberale Welthandelsordnung, in der sich<br />

die aus der Theorie komparativer Kostenvorteile abgeleiteten Wohlfahrtseffekte<br />

global einstellen sollen. Nun können Staaten ihre Volkswirtschaft aber<br />

nicht nur durch Hemmung von Importen begünstigen. Aus allen Ländern kennen<br />

wir das Instrument der Subventionen, mit denen Staaten in das Wirtschaftsgeschehen<br />

eingreifen. Unter dem Begriff der Subventionen verstehen wir staatliche<br />

Zuwendungen, Bevorteilungen oder Vergünstigungen durch finanzielle Zuschüsse,<br />

Zinserleichterungen, Abnahmegarantien, Übernahme von Bürgschaften, steuerliche<br />

Vorteile und vieles mehr.<br />

Die Subventionierung kann einerseits bei der inländischen Erzeugung ansetzen,<br />

andererseits für den Export der industriellen Leistung erfolgen. Die Produktionssubvention<br />

verbilligt die inländische Ware und hat für die Importware den relativen<br />

Effekt eines Zolls. Hierdurch verbessern sich die <strong>Vertrieb</strong>schancen im Inland.<br />

Exportierte Ware wird ebenfalls billiger, wodurch sich die Chancen in den<br />

Auslandsmärkten zulasten der dort heimischen Wettbewerber erhöhen. Wir folgern,<br />

daß die Produktionssubvention im In- und Ausland einen symmetrischen<br />

Anreiz zur Absatzsteigerung zu Lasten ausländischer Wettbewerber verursacht.<br />

Produktionssubventionen werden zur Unterstützung von Forschungsvorhaben,<br />

Umsetzung von Ökologieprogrammen und als strukturpolitische Maßnahmen im<br />

Industriebereich eingesetzt.<br />

160


Anders liegen die Verhältnisse bei Ausfuhrsubventionen. Hierdurch erhalten<br />

Hersteller einen besonderen asymmetrischen Exportanreiz. Während im Inland<br />

die Wettbewerbsverhältnisse unverändert bleiben, erhöhen sich die Wettbewerbschancen<br />

im Ausland. Die <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten lenkt man gezielt in andere<br />

Länder, wodurch die Beeinträchtigung des internationalen Handels größer als bei<br />

der Produktionssubvention ist. Beispiele für Exportsubventionen gibt es im<br />

Schiffsbau, bei Industrieanlagen und Kraftwerken und dem Export von Eisenbahnen<br />

und Flugzeugen.<br />

Das GATT verbietet Subventionen keinesfalls, sondern fordert in Artikel XVI,<br />

Absatz 1 die Benachrichtigung der Vertragsparteien über Ausmaß, Art, Folgewirkungen<br />

und Notwendigkeit der Maßnahme. Absatz 2, 3 und 4 (Auszüge) nennen<br />

die grundsätzliche Position des GATT:<br />

„Die Vertragsparteien erkennen an, daß die Gewährung einer Subvention<br />

bei der Ausfuhr einer Ware durch eine Vertragspartei für andere einführende<br />

oder ausführende Vertragsparteien nachteilige Auswirkungen<br />

haben, unbillige Störungen ihrer normalen Handelsinteressen hervorrufen<br />

und die Erreichung der Ziele dieses Abkommens behindern kann.<br />

Die Vertragsparteien sollen daher bestrebt sein, die Gewährung von<br />

Subventionen bei der Ausfuhr von Grundstoffen zu vermeiden. Ferner<br />

werden die Vertragsparteien bei der Ausfuhr von anderen Waren als<br />

Grundstoffen weder mittelbar noch unmittelbar Subventionen gleich<br />

welcher Art, gewähren, die den Verkauf dieser Waren zwecks Ausfuhr<br />

zu einem Preis ermöglichen, der unter dem vergleichbaren Inlandspreis<br />

einer gleichartigen Ware liegt.<br />

Artikel VI, Absatz 3 gestattet als Gegenmaßnahme einen Ausgleichszoll, der in<br />

seiner Höhe begrenzt ist:<br />

Für eine Ware aus dem Gebiet einer Vertragspartei, die in das Gebiet einer<br />

anderen Vertragspartei eingeführt wird, darf kein Ausgleichszoll erhoben<br />

werden, der den geschätzten Betrag der Prämie oder Subvention<br />

161


übersteigt, von der festgestellt worden ist, daß sie im Ursprungs- oder<br />

Ausfuhrland mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, Gewinnung<br />

oder Ausfuhr dieser Ware gewährt wird, einschließlich jeder besonderen,<br />

für die Beförderung einer bestimmten Ware gewährten Subvention.<br />

Artikel VI behandelt hauptsächlich das Problem des Dumpings (vgl. Abb. 98, S.<br />

163). Hierunter verstehen wir eine unlautere Form der Preisdifferenzierung.<br />

Wenn ein inländisches Unternehmen seine Produktionskapazitäten nicht vollständig<br />

auslastet, dann könnte es den Verkaufspreis im Inland absenken, um so<br />

den Absatz zu steigern. Diese Vorgehensweise zerrüttet aber das Preisgefüge im<br />

Heimatmarkt, was langfristig zum Nachteil des Unternehmens ausfällt. Aus einzelwirtschaftlicher<br />

Sicht wäre es günstiger, einen überseeischen Markt zu finden,<br />

von dem Reimporte in den Binnenmarkt entweder wegen großer Informationsbarrieren<br />

oder hoher Transportkosten unwahrscheinlich sind. Man exportiert das<br />

Produkt zu Preisen, die weit unter denen im Heimatmarkt liegen, mit denen sich<br />

aber noch ein positiver Deckungsbeitrag erwirtschaften läßt. Wegen des niedrigen<br />

Preises kann der Exporteur ohne etablierte Kundenbeziehungen große Mengen<br />

im Ausland absetzen. Er fährt hierdurch zusätzliche Deckungsbeiträge ein,<br />

steigert seinen Gewinn, schützt das inländische Preisniveau, zerstört aber nachhaltig<br />

das Preisgefüge im Ausland.<br />

Sprach-, Kultur-, Rechts- und Informationsgrenzen zwischen dem Heimat- und<br />

dem Überseemarkt sind wichtige Voraussetzungen, um Reimporte zu verhindern.<br />

Im Gegensatz zu staatlichen Subventionen ist Dumping Ausdruck des marktwirtschaftlichen<br />

Wettbewerbsverhaltens von Unternehmen. Wegen des angerichteten<br />

Schadens gilt Dumping national und international als ethisch problematisches<br />

Verhalten und wird durch die Rechtsordnung beschränkt.<br />

162


Abb. 98: Dumping<br />

Die Absätze 1 und 2 (Auszug) des Artikels VI des GATT-Vertrages verurteilen<br />

Dumping und erlauben Gegenmaßnahmen,<br />

„ ...wenn es eine bedeutsame Schädigung eines im Gebiet einer Vertragspartei<br />

bestehenden Wirtschaftszweiges verursacht oder zu verursachen<br />

droht oder wenn es die Errichtung eines inländischen Wirtschaftszweiges<br />

erheblich verzögert. Um ein Dumping unwirksam zu machen<br />

oder zu verhindern, kann eine Vertragspartei für jede Ware, die Gegenstand<br />

eines Dumpings ist, einen Antidumpingzoll bis zur Höhe der<br />

Dumpingspanne erheben.“<br />

Zölle stehen zwar im Widerspruch zu einem freien Welthandel, können aber<br />

wohlfahrtssteigernde Wirkungen besitzen, wenn sich der Außenhandel in einem<br />

starken Ungleichgewicht befindet und eine Erholung nicht absehbar ist. Sie sind<br />

ein wichtiges Instrumentarium zum zeitlich befristeten Schutz einer Volkswirtschaft<br />

vor einem temporär übermäßigen Einfuhrdruck. Dieses erkennt das GATT<br />

explizit durch den Artikel XIX (Schutzklausel) an:<br />

163


„Wird infolge unvorhergesehener Entwicklung und der Auswirkungen<br />

der von einer Vertragspartei auf Grund dieses Abkommens eingegangenen<br />

Verpflichtungen, einschließlich der Zollzugeständnisse, eine Ware<br />

in das Gebiet dieser Vertragspartei in derart erhöhten Mengen und unter<br />

derartigen Bedingungen eingeführt, daß dadurch den inländischen Erzeugern<br />

gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Waren in diesem<br />

Gebiet ein ernsthafter Schaden zugefügt wird oder zugefügt zu werden<br />

droht, so steht es dieser Vertragspartei frei, ihre hinsichtlich einer solchen<br />

Ware übernommenen Verpflichtungen ganz oder teilweise aufzuheben<br />

oder das betreffende Zugeständnis zurückzunehmen oder abzuändern,<br />

soweit und solange dies zur Verhütung oder Behebung des Schadens<br />

erforderlich ist.“<br />

Diese Regelung erlaubt die einseitige Aufhebung von (Zoll-) Konzessionen und<br />

Verpflichtungen gegenüber allen Handelspartnern zur Abwendung von Schäden<br />

an der inländischen Erzeugung. Allerdings darf die Abwehrmaßnahme nicht gegen<br />

einzelne Länder oder gar Unternehmen selektiv eingesetzt werden, obwohl<br />

es häufig nur einzelne Produzenten sind, die eine besondere Gefährdung darstellen.<br />

Das Fehlen einer selektiven Vorgehensmöglichkeit führte im Laufe der Zeit dazu,<br />

daß die Mitgliedsländer sich, im Grauzonenbereich des Artikel XIX, immer<br />

stärker des Instruments der „freiwilligen“ Exportselbstbeschränkungen<br />

bedienten. Das Exportland wird dabei unter, oftmals latenter, Androhung von<br />

Vergeltungsmaßnahmen gezwungen, seinen Unternehmen Kontingente für die<br />

Ausfuhr aufzuerlegen. Während zu Beginn der Uruguay-Runde im September<br />

1986 weltweit erst 99 Selbstbeschränkungsabkommen (ohne Welttextilabkommen)<br />

bestanden, waren im Verlauf der Verhandlungen im Mai 1988 bereits 261<br />

Absprachen bekannt. Die am stärksten geschützten Märkte waren dabei der europäische<br />

(138) und der amerikanische (62). Die Abkommen richteten sich vor allem<br />

gegen die exportstarken Japaner (28) und die wirtschaftlich aufstrebenden<br />

Koreaner (25).<br />

164


Zu jedem genannten Gebot oder Verbot kennt das GATT Ausführungs- und<br />

Ausnahmevorschriften, die teils in den Artikeln des Grundvertrages selbst enthalten<br />

sind, teils aber als eigene Vertragswerke in den einzelnen GATT-Runden<br />

vereinbart, geändert und durch neue Ausführungsverträge ersetzt wurden. Die<br />

Schwierigkeiten bei der praktischen Ausführung und die zahlreichen Ausnahmeregelungen<br />

gefährden die faktische Durchsetzbarkeit der GATT-Grundsätze.<br />

5.3.2.2 Die Uruguay-Runde<br />

Die Uruguay-Runde als bislang letzte GATT-Großveranstaltung begann am 20.<br />

September 1986 in Punta des Este. Sie sollte vier Jahre dauern, kam aber erst<br />

Ende 1995 zum Abschluß. Es wurden Arbeitsgruppen zu den folgenden zentralen<br />

Diskussionsfeldern gebildet, die den hauptsächlichen Einigungs- und Handlungsbedarf<br />

verdeutlichen:<br />

1. Zölle<br />

2. nicht-tarifäre Maßnahmen<br />

3. Rohstoffe<br />

4. Textilien und Bekleidung<br />

5. Agrarhandel<br />

6. Tropische Produkte<br />

7. GATT-Artikel<br />

8. Kodizes und sonstige Vereinbarungen der Tokio-Runde<br />

9. Schutzklausel<br />

10. Subventionen und Ausgleichszölle<br />

11. Handelsrelevante Aspekte geistigen Eigentums einschließlich Handel<br />

mit nachgeahmten Waren<br />

12. Handelsrelevante Investitionsmaßnahmen<br />

13. Streitschlichtung<br />

14. Funktionieren des GATT-Systems<br />

Die Staaten der Europäischen Union wurden bei den Verhandlungen durch die<br />

Kommission vertreten. Die Schlußakte vom 15. Dezember 1993 enthielt 16 für<br />

alle GATT-Mitglieder verbindliche Abkommen, sowie vier nur von Teilgruppen<br />

der Mitglieder vereinbarte Verträge, sieben Interpretationsvereinbarungen zu<br />

spezifischen Artikeln des GATT-Abkommens und zahlreiche Entscheidungen<br />

165


und Erklärungen der Minister zur Durchführung einzelner Verhandlungsvereinbarungen.<br />

Herausragendes Ereignis war die Gründung der Welthandelsorganisation<br />

WTO mit der Ministerkonferenz (Delegierte der Mitgliedsländer) als<br />

oberstes Organ. Die Ministerkonferenz tritt mindestens einmal alle zwei Jahre<br />

zusammen und kann in Übereinstimmung mit dem Entscheidungsverfahren und<br />

den Verträgen in allen multilateralen Fragen Beschlüsse fassen. Nichtmitglieder<br />

sind derzeit VR China, Taiwan und die Staaten der ehemaligen UDSSR. Die<br />

Länder Polen, Rumänien, Slowakien, Tschechien und Ungarn genießen als<br />

Transformationsländer einen besonderen Status.<br />

Die Uruguay-Runde schloß mit den folgenden Ergebnissen ab:<br />

• Für Industriegüter konnte der Zoll im Durchschnitt um ein Drittel gesenkt<br />

werden. Zölle im Stahlbereich sollen nach einer 10-jährigen<br />

Übergangsfrist ganz verschwinden. Damit liegt die arithmetische<br />

Durchschnittszollbelastung der Industrienationen nur noch bei 4%.<br />

• Dienstleistungen wurden in die WTO durch ein eigenes Abkommen<br />

GATS, welches die Grundsätze des GATT übernimmt, integriert.<br />

• Der Schutz des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen) wurde<br />

deutlich verbessert. Hierzu zählt man technische Erfindungen, Patente,<br />

Muster und Modelle, Farbkombinationen, Urheberrechte, Warenzeichen,<br />

Herkunftsbezeichnungen, Industriedesign, Halbleiter,<br />

integrierte Schaltkreise, Marken sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.<br />

Die bisherige Kompetenz für den Schutz des geistigen Eigentums<br />

lag bei der „World Intellectual Property Organisation“<br />

(WIPO), einer Sonderorganisation der UNO, sowie bei der auf Nord-<br />

Süd Probleme konzentrierten UN Conference on Trade and Development<br />

(UNCTAD), blieb aber uneffektiv.<br />

• Verbesserte Regelungen zur Subventions- und Antidumpingproblematik.<br />

• Eindämmung der Subventions- und Abschirmungspraxis im Textilund<br />

Agrarbereich.<br />

• Verbesserung des Streitschlichtungsverfahrens.<br />

166


Der Handel ist häufig erheblichen Differenzen zwischen Ländern ausgesetzt.<br />

Man versuchte, den Streitschlichtungsmechanismus nach Artikel XXII effizient<br />

und wirkungsvoll zu gestalten. Bei einem Konflikt zwischen den Vertragsparteien<br />

sollen die folgenden Schritte eingehalten werden:<br />

1. Zunächst sollen die betroffenen Parteien durch Konsultationen den<br />

Konflikt beilegen.<br />

2. Führt dies nicht zum Erfolg, dann soll das Schiedsgericht (Panel) der<br />

WTO, bestehend aus drei Personen einberufen werden. Dieses hat<br />

nach spätestens 6 Monaten zu einer Entscheidung zu kommen.<br />

3. Die Entscheidung ist dem Streitschlichtungsorgan, einer Arbeitsgruppe<br />

des Allgemeinen Rates der WTO, vorzulegen.<br />

4. Der Panelentscheid gilt als angenommen, wenn das Streitschlichtungsorgan<br />

ihn nicht einstimmig ablehnt und kein Rekurs eingelegt<br />

wird.<br />

5. Die Rekursinstanz besteht aus 7 Mitgliedern und kann den Panelentscheid<br />

einstimmig ablehnen.<br />

6. Nimmt der Schädiger den gültigen Panelentscheid nicht an, dann besitzt<br />

der Geschädigte die Erlaubnis zu Vergeltungsmaßnahmen.<br />

Es kann aber vermutet werden, daß die gesamte Streitschlichtungsprozedur für<br />

die Abwehr handelsbehindernder Maßnahmen zu langwierig ist, so daß in der<br />

Praxis der Schaden unwiderruflich eingetreten ist, bevor das Verfahren zum Abschluß<br />

gelangt.<br />

Den Wohlfahrtsgewinn der Liberalisierungsmaßnahmen, wie sie in der Uruguay-Verhandlungsrunde<br />

beschlossen wurden, schätzt die OECD auf 270 Mrd.<br />

US-$ weltweit.<br />

167


5.4 Aufgaben<br />

1. Aufgabe<br />

Die „Erdölkrise“ veränderte den Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Stellen Sie die Zusammenhänge für den Zeitraum 1973 bis 1885 systematisch<br />

dar.<br />

2. Aufgabe<br />

Benennen Sie sechs Formen des Auslandsengagements von Unternehmen und<br />

begründen Sie den damit verbundenen Kapital- und Managementexport.<br />

3. Aufgabe<br />

Zeichnen Sie den $-Währungsmarkt mit normalem Angebots- und Nachfrageverhalten<br />

als Funktionen des EURO-Preises. Kennzeichnen Sie das Währungsgleichgewicht.<br />

4. Aufgabe<br />

Was sind stabile Gleichgewichte?<br />

5. Aufgabe<br />

Wie wirkt sich ein steigender EURO-Preis des Dollars auf den Güterhandel zwischen<br />

Deutschland und USA aus?<br />

6. Aufgabe<br />

„Feste Wechselkurse führen zu Schwarzmärkten!“ Begründen Sie diese Behauptung.<br />

7. Aufgabe<br />

Zeichnen Sie ein Diagramm mit einer $-Angebotsfunktion und einer $-<br />

Nachfragefunktion mit stabilen und instabilen Gleichgewichten (backward bending).<br />

8. Aufgabe<br />

Erläutern Sie die Begriffe „risikoneutral“, „risikoscheu“ und „Risikoprämie“.<br />

9. Aufgabe<br />

Der Wechselkurs „Inlandswährung zu Auslandswährung“ beträgt derzeit 2. Die<br />

inländische Inflationsrate wird für das nächste Jahr mit 10% prognostiziert und<br />

die ausländische mit 5%. Wie verändert sich der Wechselkurs im nächsten Jahr,<br />

wenn wir die Kaufkraftparitätentheorie zugrunde legen?<br />

168


10. Aufgabe<br />

Sie liefern Waren im Wert von 150.000 DM in die USA. Zur Zeit t 0 beträgt der<br />

Kurs 1,5 DM/$. Sie fakturieren in $ und räumen ein 90tägiges Zahlungsziel ein<br />

(t 1 ). Der Schuldzins für US-Kredite beträgt 9% p.a., der Anlagezins in Deutschland<br />

7% p.a. oder 1/12 hiervon pro Monat.<br />

Berechnen Sie den Betrag des Fremdwährungskredits, den Sie aufnehmen müssen,<br />

um das Währungsrisiko vollständig zu hedgen (zu vernichten).<br />

12. Aufgabe<br />

Was ist die Aussage der Meistbegünstigungsklausel?<br />

13. Aufgabe<br />

Was ist „Dumping“ theoretisch? Zeigen Sie Zusammenhang zwischen Gewinnmaximierung<br />

und Dumping. Erläutern Sie dieses unter Zuhilfenahme eines Preis-<br />

Mengen Diagramms mit einer linearen Gesamtkostenfunktion.<br />

14. Aufgabe<br />

Welche haupsächliche Maßnahme sieht das GATT zur Abwehr von Dumping<br />

vor?<br />

15. Aufgabe<br />

Die Zielsetzung des GATT in seiner ursprünglichen Idee ist der Freihandel. Es<br />

wird behauptet, daß auch Länder mit geringeren Produktivitäten als andere am<br />

Welthandel teilhaben können. Grundlage dieser These ist das Konzept der komparativen<br />

Kosten. Definieren Sie den Begriff der komparative Kosten (in Worten,<br />

kein Diagramm, keine Zahlen).<br />

18. Aufgabe<br />

Zeigen Sie die Bedeutung der komparativen Kosten für die Spezialisierung zweier<br />

Länder an zwei Diagrammen mit Produktionsmöglichkeitskurven, Tauschgeraden<br />

und Erläuterungen.<br />

19. Aufgabe<br />

Erläutern Sie den Begriff der „nicht-tarifären Handelshemmnisse“.<br />

169


5.5 Literaturempfehlungen<br />

O.V.,<br />

BAMBERG, G., COENENBERG, A.G., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre,<br />

9. Aufl. 1996, S. 89-90.<br />

BENEDEK, W., Die Welthandelsorganisation (WTO), Struktur, Organe und Internationale<br />

Stellung, in: Handbuch der Internationalen Zusammenarbeit;<br />

Sonderorganisationen, IAEA und GATT, III A 85, Nr. 02, 1994, S.<br />

1-17.<br />

BERG, H., PETERS, E.-K., Antidumping: Instrumente der EG-Industriepolitik?,<br />

in: Frenkel, M., Bender, D. [Hrsg.], GATT und neue Welthandelsordnung,<br />

1996, S. 91-120.<br />

HAILBRONNER, K., BIERWAGEN, R.M., „Neue“ Formen“ des Dumping und<br />

ihre Regelung im Außenwirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaften,<br />

in: Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), Betriebs-<br />

Berater International, 34. Jg. (1988), Heft 9, S. 705-715 [S. 705-711].<br />

HANTKE, W., Grundlagen des Außenwirtschaftsgesetzes als rechtlicher Rahmen<br />

der Internationalisierung deutscher Unternehmen, in: Macharzina, K.,<br />

Oesterle, M.-J. [Hrsg.], Handbuch Internationales Management, 1997, S.<br />

161-176.<br />

HAUSER, H., MARTEL, A., Das WTO-Streitschlichtungsverfahren: Eine verhandlungsorientierte<br />

Perspektive, in: Aussenwirtschaft, 52. Jg. (1997),<br />

Heft IV, S. 525-560.<br />

KRAMER, S., Die Meistgegünstigung, in: Recht der Internationalen Wirtschaft<br />

(RIW), Betriebs-Berater International, 35. Jg. (1989), Heft 6, S. 473-<br />

481.<br />

MEFFERT, H., BOLZ, J., Internationales Marketing-Management, 3. Aufl.<br />

1998, S. 15-29, 42-54, 124-129, 309-310.<br />

MROTZEK, R., Bewertung direkter Auslandsinvestitionen mit Hilfe betrieblicher<br />

Investitionskalküle, 1989, S. 113-125.<br />

O.V., Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT), in: Deutsches Handels-Archiv,<br />

130 Jg. (1976), Heft 19, S. 2663-2746 [S. 2663-2702].<br />

Verlauf, Bedeutung und Ergebnisse der Uruguay-Runde, in: Handbuch<br />

der Internationalen Zusammenarbeit; Sonderorganisationen, IAEA und<br />

GATT, III A 80, Nr. 13, 322. Lieferung (1994), S. 1-47.<br />

ROSE, K., SAUERNHEIMER, K., Theorie der Außenwirtschaft, 12. Aufl. 1995,<br />

S. 1-22, 39-48, 177-181, 343-364.<br />

ROBOCK, ST.H., SIMMONDS, K., International Business and Multinational<br />

Enterprises, 4. Aufl. 1989, S. 33-49, 65-86, 139-152, 211-220, 571-577.<br />

SACHS, R., KAMPHAUSEN, R.E., Leitfaden Außenwirtschaft, 6. Aufl. 1996,<br />

S. 1-6, 105-108, 125-141, 182-183.<br />

SCHEFFLER, D., Juristische Aspekte der Subventionsproblematik im GATT, in:<br />

Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), Betriebs-Berater International,<br />

39. Jg. (1993), Heft 5, S. 401-409 [S. 401-403].<br />

170


SITTMANN, J.W., Das Streitbeilegungsverfahren der World Trade Organisation<br />

(WTO), in: Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), Betriebs-<br />

Berater International, 43. Jg. (1997), Heft 9, S. 749-753.<br />

VON BOGDANDY, A., Eine Ordnung für das GATT, in: Recht der Internationalen<br />

Wirtschaft (RIW), Betriebs-Berater International, 37. Jg. (1991),<br />

Heft 1, S. 55-61.<br />

171


6 Internationale Distribution<br />

Die Logistik thematisiert Entscheidungen über Fahrzeuge und Routen zur Bewegung<br />

von Material von einem Sender zu einem Empfänger. Logistische Entscheidungsprobleme<br />

finden wir<br />

• im Beziehungssystem Lieferant-Produzent: Beschaffungsbereich,<br />

• in der produktionsinternen Bewegung und Lagerhaltung der Materialien:<br />

Produktionsbereich,<br />

• bei der Lieferung der Produkte an die Kunden: Distributionsbereich<br />

und<br />

• bei der Entsorgung der Produktionsrückstände: Entsorgungsbereich.<br />

Der Begriff der Absatzkanäle bezieht sich auf die Wahl der Institutionen, die im<br />

Absatzbereich eine Rolle spielen. Zu nennen sind hier der Außendienst des Herstellers,<br />

die Spedition, der Fuhrunternehmer und die Reederei, Handelsvertreter,<br />

Kommissionäre und Handelsunternehmen, aber auch Auktionen, Messen und<br />

Börsen. Unter der internationalen Distribution verstehen wir Logistik- und Absatzkanalentscheidungen,<br />

die zu treffen sind, um ein Produkt vom Hersteller in<br />

einem Land zum Kunden in einem anderen Land zu bringen.<br />

6.1 Internationale Absatzkanäle<br />

Besonders kleine Hersteller ohne eigene internationale Erfahrung wenden sich an<br />

Außenhandelsunternehmen, die den gesamten Export übernehmen (vgl. Abb.<br />

99, S. 173). Häufig spezialisieren sich die Händler auf ausgewählte Länder oder<br />

Produktgruppen. So gibt es internationale Handelsunternehmen für Chemie- und<br />

Stahlerzeugnisse, für Waffen, Früchte und Elektronikgüter. Sie verfügen über<br />

große logistische Kenntnisse und bieten dem Hersteller zusätzliche Beratungen<br />

über Markterschließungsstrategien und Speditionsdienstleistungen an. Außenhandelsunternehmen<br />

findet man meistens in der Nähe von Überseehäfen.<br />

Das Außenhandelsunternehmen kann einen internationalen Produktstandard vorschreiben,<br />

nach dem einzelne Hersteller aus verschiedenen Ländern Mengen pro-<br />

172


duzieren, die dann durch den Händler zusammengefaßt und als ein Produkt<br />

weltweit vermarktet werden.<br />

Indirekter Außenhandel<br />

INLAND GRENZE AUSLAND<br />

Exporteur Außenhandelsunternehmen<br />

<br />

Käufer<br />

Direkter Außenhandel<br />

INLAND GRENZE AUSLAND<br />

Exporteur Niederlassung<br />

mit Reisenden,<br />

Handelsvertreter,<br />

Kommissionäre,<br />

Außenhandelsunternehmen<br />

<br />

Käufer<br />

Exporteur Käufer<br />

Abb. 99: Indirekter und direkter Außenhandel<br />

Durch diese Quantitätsfunktion erhalten auch kleine Hersteller im Weltmarkt<br />

die Möglichkeit des Marktzutritts. Das Außenhandelsunternehmen besitzt eine<br />

Qualitätsfunktion, indem es die Produkte verschiedener Hersteller zu einem<br />

Sortiment unter einer eigenen Marke zusammenstellt. Handelshäuser verfügen<br />

über ein weitverteiltes Netz von Lagern und Verkaufsstellen. Es ist ihnen möglich,<br />

auch einen weitverstreuten Kundenstamm zu pflegen und zu beliefern. Sie<br />

üben damit eine wichtige räumliche Funktion aus (vgl. Abb. 100, S. 174).<br />

Da der Hersteller seinen Umsatz bereits bei der Lieferung der Ware an den inländischen<br />

Händler erzielt, übernimmt dieser die Kapitalbindungsfunktion und<br />

entlastet den Hersteller bei der Liquiditätsbeschaffung. Das Außenhandelsunternehmen<br />

besitzt einen direkteren Marktkontakt zum Endverbraucher, als dies der<br />

Hersteller hat. Deshalb müssen spezifische Marketingfunktionen, z.B. die adaptive<br />

Produktstrategie sowie die Markterschließungs- und Werbemaßnahmen,<br />

173


über den Handel zum Hersteller kommuniziert oder durch den Handel selbst<br />

verwirklicht werden.<br />

Hersteller<br />

Kunden<br />

Händler<br />

Abb. 100: Räumliche Funktion des Handels<br />

Durch die Einschaltung des Handels ergeben sich spezifische Nachteile für den<br />

Hersteller: So geht die Gewinnspanne des Außenhandelsunternehmens zu seinen<br />

Lasten. Außerdem verliert er den direkten Kundenkontakt. Zum Dritten<br />

kann der Hersteller seine eigenen Marktstrategien nicht mehr unmittelbar umsetzen.<br />

Außerdem ist fraglich, ob ein Außenhandelsunternehmen, welches die<br />

Produkte vieler verschiedener Produzenten vertreibt, sich mit dem einzelnen Produkt<br />

und seinen Kunden in dem Maße identifizieren kann wie der Hersteller<br />

selbst. Erzeugnisse, die komplex und beratungsbedürftig sind und deren <strong>Vertrieb</strong><br />

eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Produzenten und den Endnutzern bedürfen,<br />

müssen deshalb direkt abgesetzt werden.<br />

Als Alternative zur Einschaltung eines Außenhandelsunternehmens läßt sich der<br />

Export auch als Konsignationsgeschäft abwickeln (vgl. Abb. 99, S. 173).<br />

Bei dem Konsignator (Kommissionär) handelt es sich um einen Kaufmann, der<br />

• rechtlich selbständig<br />

• in eigenem Namen und<br />

• für Rechnung, d.h. im Auftrag des Herstellers (§§ 383 ff. HGB) arbeitet.<br />

Der Konsignator ist Vertragspartner (Verkäufer) im Ausführungsgeschäft mit<br />

dem Dritten (Kunden). Er tritt den Kaufpreisanspruch an seinen Auftraggeber<br />

174


(Hersteller) ab. Häufig übernimmt der Konsignator das sogenannte Delkredererisiko.<br />

Er treibt dann die säumigen Kaufpreiszahlungen ein und haftet gegenüber<br />

dem Auftraggeber für den Zahlungsausfall. Der Konsignator hat Anspruch auf<br />

Auslagenersatz gegenüber dem Auftraggeber und auf die Zahlung einer Kommission.<br />

Der Konsignator unterhält im Ausland ein Konsignationslager. Der Auftraggeber<br />

stellt unberechnet Waren zur Entnahme ein und besitzt das Eigentum an dem<br />

Lager. Der Konsignator verkauft die Waren aus dem Lager und rechnet periodisch<br />

mit dem Auftraggeber gemäß der tatsächlichen Entnahmen ab.<br />

In der Paxis kommt es zwischen dem Konsignator im Ausland und dem inländischen<br />

Auftraggeber zu einer Reihe von Problemen:<br />

1. Zunächst muß die Kommission eindeutig festgelegt und abgerechnet<br />

werden. Macht sie einen bestimmten Prozentsatz des Verkaufspreises<br />

aus, dann profitiert der Konsignator von hohen Zollsätzen und<br />

Transportkosten. Die Kommission kann auch auf der Basis des Landungspreises<br />

im Zielland („CIF“, vgl. Abb. 110, S. 190) ermittelt<br />

werden. Auf jeden Fall muß für besondere Dienstleistungen und die<br />

Übernahme des Delkredererisikos ein Zuschlag gewährt werden. Zur<br />

Sicherung seiner finanziellen Ansprüche kann der Konsignator nach<br />

deutschem Recht die Ware zurückhalten (gesetzliches Pfandrecht).<br />

Hierfür muß er aber im Besitz der Ware oder der Konnossemente<br />

sein. Für die Tätigkeit des Konsignators gilt das Recht und die Gerichtsbarkeit<br />

des Ortes, an dem dieser tätig ist.<br />

2. Wird Ware aus dem Konsignationslager verkauft und geliefert, die<br />

der Kunde reklamiert und zurücksendet, dann muß geklärt werden,<br />

ob hierfür Kommission zu zahlen ist oder nicht. Wurde die Ware<br />

nämlich schadhaft ins Lager eingestellt, dann trifft den Konsignator<br />

kein Verschulden. Häufig erleidet die Ware aber erst im Lager oder<br />

beim Transport zum Kunden einen Schaden.<br />

175


3. Die Auslagen des Konsignators sind vom Auftraggeber zu prüfen<br />

und zu genehmigen. Auftragsbezogene Kosten sind von auftragsfremden<br />

zu trennen.<br />

4. Bei der Führung des Konsignationslagers treten folgende Probleme<br />

auf:<br />

• Der Lagerbestand ist aktuell nachzuhalten und in seiner Entwicklung<br />

zu prognostizieren. Bei vereinbarter Lieferung und eintretender<br />

Lieferunfähigkeit tritt der Kunde an seinen Vertragspartner,<br />

den Konsignator heran, damit dieser die Kosten für die<br />

Produktionsausfälle erstattet. Der Konsignator wird versuchen,<br />

den Auftraggeber (Hersteller) hiermit zu belasten.<br />

• Die Lagerkosten sind abzurechnen. Für die Prüfung muß der<br />

Eingang und Abgang der Einzellieferungen bekannt gemacht<br />

werden, damit die Nutzung der Lagerfläche ermittelt werden<br />

kann.<br />

• Große Schwierigkeiten in der Abrechnung bereiten die Behandlung<br />

von Garantie- und Kulanzfällen, sowie die Einlagerung<br />

von unverkäuflicher Ware. Der Aufwand zur Klärung solcher<br />

Fälle, die Ermittlung der Schuldfrage, sowie die versicherungsrechtlichen<br />

Aspekte behindern den Konsignator in der Ausführung<br />

seiner eigentlichen Verkaufsaufgabe.<br />

5. Der Konsignator schließt häufig mit mehreren Auftraggebern Kommissionsverträge<br />

ab und identifiziert sich wenig mit dem einzelnen<br />

Produkt. Da seine Einnahmen auf fixen Prozentsätzen beruhen, hat er<br />

an großen und schnellen Umsätzen ein Interesse. Die Markterschließungsaufgaben<br />

kommen hierbei oft zu kurz.<br />

6. Der Hersteller besitzt nur indirekte Marktkenntnisse und kann seine<br />

<strong>Vertrieb</strong>sstrategien kaum realisieren.<br />

Enger an den Hersteller rückt der Handelsvertreter bzw. Auslandsagent heran<br />

(§ 84 HGB), der zwar rechtlich selbständig, aber im Namen und auf Rechnung<br />

des Auftraggebers seine Geschäfte führt (vgl. Abb. 99, S. 173).<br />

Zu seinen Aufgaben gehören die Vermittlung von Geschäften (Vermittlungs-<br />

176


agent), die Tätigung der Abschlüsse für den Auftraggeber (Abschlußagent), das<br />

Rechnungsinkasso oder die Übernahme der Generalvertretung im Ausland.<br />

Außerdem leistet der Handelsvertreter wichtige Marktbearbeitungsfunktionen:<br />

• Kundenbesuche und Werbung,<br />

• Bereitstellung des technischen Kundendienstes,<br />

• Unterhaltung eines Auslieferungslagers und<br />

• Bereitstellung von Marktinformation für den Auftraggeber.<br />

Die Bezahlung des Handelsvertreters bzw. Auslandsagenten erfolgt je nach vereinbarter<br />

Funktionsübernahme. Der Vermittlungs- oder Abschlußagent erhält eine<br />

Provision. Hierbei handelt es sich in der Regel um einen Prozentsatz des<br />

vermittelten oder abgeschlossenen Umsatzes. Für die Übernahme der Inkassoaufgaben,<br />

des Delkredererisikos und der Marktbearbeitungsfunktionen gibt es<br />

Provisionszuschläge.<br />

Da der Handelsvertreter bzw. Auslandsagent im Namen seines Auftraggebers<br />

auftritt, kann dieser viel besser seine <strong>Vertrieb</strong>sstrategien im Markt bekannt machen<br />

als bei Einschaltung eines Außenhandelsunternehmens oder eines Kommissionärs.<br />

Die möglichen Probleme ähneln denen des Kommissionsgeschäftes.<br />

Schließlich kann der Hersteller auch seine eigenen Reisenden für den Verkauf<br />

einsetzen (vgl. Abb. 99, S. 173). Diese sind entweder im Inland angestellt und<br />

bereisen von hier aus die Auslandsmärkte. Oder der Hersteller unterhält ein Netz<br />

von Niederlassungen mit lokal beschäftigten Mitarbeitern. Die Präsentationsmöglichkeiten<br />

der eigenen Firmenpersönlichkeit und die Identifikation der<br />

Verkäufer mit dem Produkt sind beim Einsatz eigener Mitarbeiter sicherlich am<br />

größten. Der Hersteller besitzt einen authentischen Marktkontakt und kann seine<br />

<strong>Vertrieb</strong>sstrategien unmittelbar umsetzen. Die Gehälter der Außendienstmitarbeiter<br />

können umsatzunabhängig gewährt werden, um die Markterschließungsaufgaben<br />

effektiv zu unterstützen. Es bestehen aber auch Nachteile beim Einsatz<br />

eigener Außendienstmitarbeiter:<br />

177


• Die Gehälter der Verkäufer sind weitgehend unabhängig von der<br />

Umsatz- und Deckungsbeitragssituation der Produkte. Dadurch entsteht<br />

eine hohe Fixkostenbelastung.<br />

• Der Hersteller muß sich eigene Kenntnisse über Auslandsmärkte,<br />

internationale Umgangsformen und die Exportabwicklung aneignen.<br />

• Die Auslandsmitarbeiter sind regelmäßig zu schulen.<br />

• Bei der internationalen Strategieentwicklung ist der Hersteller schnell<br />

überfordert.<br />

• Der Hersteller muß Hardware und geeignete Software erwerben, um<br />

die Exportabwicklung leisten zu können.<br />

• Für die tägliche Kommunikation mit den Kunden und dem internationalen<br />

<strong>Vertrieb</strong>snetz muß Personal, Zeit und Kapital bereitstehen.<br />

• Es ist ein umfangreiches System von Auslandslagern zu unterhalten.<br />

Die Wahl der optimalen <strong>Vertrieb</strong>skanäle hängt (1) von der strategischen Bedeutung<br />

des Produktes und seiner Phase im Lebenszyklus, und (2) von den Kosten<br />

ab. Die strategische Bedeutung läßt sich durch Positionierungen in Portfolios<br />

ermitteln. Am Produktportfolio erkennen wir, ob Ressourcen in die Marktstärkung<br />

eines Produktes fließen müssen. Das Länder-Portfolio gestattet eine Differenzierung<br />

dieser Beurteilung nach einzelnen Ländern. Mithilfe des Scoring-<br />

Modells bewerten wir anschließend die unterschiedlichen Handlungsalternativen<br />

auf der Grundlage aller relevanten Determinaten.<br />

Aufgabe: Verkaufsniederlassung oder Händler?<br />

Problem<br />

Die Konzer Moselwerk MWK GmbH mit 134 Beschäftigten stellt ausschließlich<br />

hochwertige programmierbare Steuerteile der neuesten Generation<br />

für Industrieanlagen her. Bisher erfolgte der Absatz in den USA<br />

über zwei deutsche Händler, die auf HiTech-Produkte des Anlagenbaus<br />

spezialisiert sind. Programmierbare Steuerelemente werden von diesen<br />

Auslandshandelsunternehmen nur von MWK bezogen.<br />

178


Die Steuerelemente kosten zwischen $ 17.500 und $ 28.900. Es wurden<br />

2.800 Stück 1998 in USA verkauft, 8% mehr als 1997 und 25% mehr als<br />

1996. Auf dem Markt ist ein amerikanisches Unternehmen mit Produktionsstätten<br />

in Chicago und ein japanisches mit einer Verkaufsniederlassung<br />

in Seattle vertreten.<br />

Die Konzer Geschäftsführung überlegt, eine eigene Verkaufsniederlassung,<br />

die AmRob Inc., in Pittsburg zu gründen. Diese würde als Konsignator<br />

die Steuerteile von der Mutttergesellschaft importieren und mit<br />

amerikanischem Personal verkaufen. Die Verträge mit den deutschen<br />

Händlern würde man dann kündigen.<br />

Erstellen Sie beispielhaft ein Scoring-Modell (Nutzwertanalyse) zur<br />

Lösung des Entscheidungsproblems.<br />

Lösungsweg<br />

Die Nutzwertanalyse wurde im Abschnitt 2.5 ausführlich dargestellt.<br />

Abb. 101 verdeutlicht die Lösungsschritte (vgl. Abb. 32, S. 38).<br />

Lösung<br />

Bewertung der Merkmale der Alternativen<br />

Relevante Merkmale<br />

der Alternativen<br />

relatives<br />

Gewicht<br />

eigene<br />

Niederlassung<br />

Nutzwert<br />

Händler Nutzwert<br />

(beispielhaft) d. Merkmale<br />

Alternative A Alternative B<br />

<strong>Vertrieb</strong>skosten 0,20 1 0,20 3 0,60<br />

Kapitalbindung 0,15 1 0,15 3 0,45<br />

<strong>Vertrieb</strong>skontrolle 0,60 3 1,80 1 0,60<br />

Kulturelle Probleme 0,05 1 0,05 3 0,15<br />

Nutzwert: 2,20 Nutzwert: 1,80<br />

Abb. 101: Ermittlung der ordinalen Rangfolge der Alternativen<br />

Abb. 101, oben, stellt beispielhaft die Ermittlung der Nutzwerte dar.<br />

<strong>Vertrieb</strong>skosten und Kapitalbindung fallen bei dem Einsatz von Händlern<br />

günstiger aus. Auch sind Probleme der kulturellen Abstimmung<br />

179


eim Einsatz der Händler für das Konzer Werk geringer. Die Kontrolle<br />

über den <strong>Vertrieb</strong>sweg und damit auch der Marktkontakt und Möglichkeiten<br />

der Markterschließung sind aber mit einer eigenen Niederlassung<br />

besser zu erreichen. Bei der Rangfolge der Alternativen liegt die Niederlassung<br />

vorn.<br />

C<br />

Produkte, die eine hohe strategische Bedeutung besitzen und sich in der<br />

Wachstumsphase befinden, sollten trotz hoher Kosten über einen eigenen Außendienst<br />

vertrieben werden. Erzeugnisse mit geringer strategischer Bedeutung<br />

oder solche, die sich in der Abschwungsphase bewegen, sollte der industrielle<br />

Hersteller an Handelsvertreter, Kommissionäre oder Außenhandelsunternehmen<br />

abgeben.<br />

6.2 Beispiel eines Exportgeschäftes<br />

Wir stellen nachfolgend einen typischen Fall einer Exportkette vor:<br />

Verkäufer<br />

Internationaler Spediteur<br />

Frachtführer (Ablader)<br />

Reederei<br />

Zollagent<br />

Frachtführer<br />

Abb. 102: Exportkette<br />

Kunde<br />

(1) Verkäufer<br />

Dieser ist noch in Besitz der Ware. Er ist vertraglich mit einer Spedition<br />

verbunden und erteilt ihr den Auftrag zum Abschluß der Fracht- und<br />

Transportversicherungsverträge.<br />

180


(2) Internationaler Spediteur<br />

Er handelt im eigenen Namen und für Rechnung des Auftraggebers (vgl.<br />

§ 407 HGB; vgl. Abb. 64, S. 106). Als Absender der Ware schließt der<br />

Spediteur einen Landfrachtvertrag mit einem Frachtführer (Ablader) ab,<br />

erstellt den Frachtbrief, der die Ware begleitet, vereinbart als Befrachter<br />

über den Schiffsmakler einen Seefrachtvertrag mit einer Reederei<br />

(Verfrachter), beauftragt den Zollagenten im Zielhafen und einen ausländischen<br />

Empfangsspediteur und unterzeichnet Transport- und Speditionsversicherungsverträge.<br />

Die moderne internationale Spedition tritt als Logistikunternehmen in Erscheinung,<br />

welches die Planung, Organisation und Steuerung des Güterverkehrs zwischen<br />

Ländern, die Export/Importabwicklung und bei Selbsteintritt die Transportleistung<br />

übernimmt.<br />

(3) Frachtführer (Ablader)<br />

Dieser liefert die Ware mit dem Frachtbrief zum Hafen ans Schiff, empfängt<br />

die Konnossemente (vgl. Abb. 103, S. 182) und sendet sie an den<br />

ausländischen Kunden.<br />

Bei dem Konnossement handelt es sich um ein Wertpapier. Wir unterscheiden<br />

verschiedene Wertpapierarten:<br />

a) Inhaberpapiere: Das verbriefte Recht kann grundsätzlich von jedem<br />

Inhaber geltend gemacht werden. Die Übertragung erfolgt durch<br />

Weitergabe.<br />

b) Rektapapiere (Namenspapiere): Nur der im Papier namentlich Benannte<br />

ist berechtigt. Die Übertragung erfolgt durch Abtretung.<br />

c) Orderpapiere (Traditionspapier): Nur der im Papier namentlich genannte<br />

oder der durch „Order“ des Genannten Bestimmte ist berechtigt,<br />

die Leistung zu empfangen. Die Order wird durch Indossament<br />

in der Regel auf der Rückseite des Wertpapiers erteilt.<br />

181


Das Konnossement (Bill of Lading) stellt ein solches Orderpapier dar. Es besitzt<br />

eine Reihe von Funktionen, die im Handel sehr wichtig sind (vgl. Abb. 103,<br />

unten). Der Berechtigte kann über die schwimmende Ware verfügen. Hierdurch<br />

eröffnet das Konnossement Finanzierungsmöglichkeiten, die im Seehandel wegen<br />

der langen Transportzeiten eine große Bedeutung haben:<br />

a) Die Weiterveräußerung des Seeguts durch Indossament an Dritte<br />

kann bereits während der Transportzeit erfolgen.<br />

b) Die Bank finanziert den Kaufpreis vor: Der Verkäufer gibt ein<br />

Blankokonnossement an seine Bank und erhält den Kaufpreis vorfinanziert.<br />

Die Bank gibt das Blankoindossament an den Käufer gegen<br />

Bezahlung des Kaufpreises. Der Käufer trägt sich in das Konnossement<br />

ein und holt die Ware am Hafen ab.<br />

• Der Besitz des Konnossementes durch den Berechtigten (ununterbrochene Indossamentenkette)<br />

verbrieft den Herausgabeanspruch des Gutes gegen den<br />

Verfrachter (Traditionspapier). Der Anspruch besteht nicht mehr, wenn das<br />

Gut dem Herausgabepflichtigen abhandengekommen ist (Diebstahl, Beschlagnahme,<br />

Untergang).<br />

• Der Verfrachter darf an keinen anderen als den Berechtigten leisten.<br />

• Das Konnossement stellt eine Quittung für den Empfang der Ware dar.<br />

• Es beinhaltet die Verpflichtung zur Beförderung der Ware.<br />

• Es dient der Liquiditätsbeschaffung.<br />

Abb. 103: Funktionen des Konnossements<br />

(4) Reederei (Verfrachter)<br />

Sie nimmt die Ware an Bord und stellt dem Ablader hierüber Konnossemente<br />

aus. Die Reederei ist nach dem Seerecht eine Vereinigung mehrerer<br />

Personen (Reeder), die Anteile an einem Schiff besitzen und dieses<br />

zur Einkommenserzielung auf gemeinschaftliche Rechnung in der Seefahrt<br />

einsetzen.<br />

Reedereien unterhalten (1) Linienschiffe mit festen Routen, Fahrplänen und Tarifen,<br />

(2) Trampschiffe, die je nach Bedarf auf individuell gewünschten Seewe-<br />

182


gen nach frei vereinbarten Fahrplänen segeln, (3) Tankschiffe für den Transport<br />

von Erdöl und Flüssiggas in der Linien- und Trampschiffahrt und (4) Spezialschiffe<br />

mit besonderen Aufbauten und Einrichtungen für den Transport von<br />

Containern, Kühlware, Lebendtieren, Autos etc. .<br />

(5) Zollagent (Customs Broker)<br />

Er begleitet die Wareneinfuhr im Landungshafen und stellt das Gut der<br />

abholenden Spedition bereit. Außerdem versendet er die Zollrechnung,<br />

entweder an den Verkäufer oder den Kunden je nach Vereinbarung.<br />

Für die Verzollung muß der Ware eine Zollcode-Nummer zugewiesen werden.<br />

Hierzu muß zunächst die Einordnung in das Warenverzeichnis stattfinden. Die<br />

Europäische Union kennt einen 9-stelligen Code:<br />

Stellen 1-4:<br />

Stellen 5-7:<br />

Stellen 8-9:<br />

Zolltarifnummer<br />

Nummer des statistischen Warenverzeichnisses<br />

der EU<br />

Verschlüsselung für besondere Fälle<br />

(z.B. Zollkontingente, Zollaussetzung)<br />

Wird bei einer aktiven Veredelung die Ware in die EU eingeführt, hier veredelt<br />

und wieder ausgeführt, muß kein Einfuhrzoll entrichtet werden.<br />

Bei der passiven Veredelung wird die Ware aus der EU ausgeführt, veredelt und<br />

anschließend wieder eingeführt. Es fällt bei der Einfuhr ein Differenzzoll auf den<br />

im Ausland zugewonnenen Mehrwert an.<br />

Bei der Eigenveredelung transformiert man die importierte Ware im Inland, um<br />

sie anschließend auf eigene (inländische) Rechnung wieder zu exportieren. Anders<br />

verhält es sich bei der Lohnveredelung, bei der Import, Transformation und<br />

Export auf fremde (ausländische) Rechnung erfolgen.<br />

Bei der Zollgutlagerung wird die Ware zollrechtlich noch nicht eingeführt. Es<br />

handelt sich hierbei um eine Zwischenlagerung zwecks späterem Versand oder<br />

183


Weiterverarbeitung mit der Wirkung eines Zollaufschubs. Konsignationslager<br />

unterhält man regelmäßig als Zollgutlager.<br />

(6) Empfangsspediteur<br />

Er zeigt die Konnossemente vor, empfängt die Ware und transportiert<br />

diese zum Käufer oder in ein Lager.<br />

6.3 Auftragsabwicklung und Auftragsmanagement<br />

Unter dem Auftragsmanagement verstehen wir die produkt- und kundenbezogene<br />

Planung, Steuerung und Kontrolle des (Waren-) Auftrageingangs,<br />

-abgangs und -bestandes einer Periode. Der Initiator eines Lieferauftrags kann<br />

ein externer Kunde, eine Produktionsstätte oder ein Lager (interner Kunde) sein.<br />

Aufträge gehen direkt oder über Auslandsniederlassungen per Außendienstmitarbeiter,<br />

Telefon, Fax, e-mail u.ä. beim Versender ein. Fertigungsaufträge richten<br />

sich an die Produktion und werden auf der Grundlage optimaler Losgrößen, Liefertermine<br />

und Bedeutung des Kunden eingeplant. Lageraufträge liefert man unmittelbar<br />

vom Lager aus. Aufträge von Warenempfängern an Warensender zur<br />

Bewegung von Gütern finden wir demnach auf allen Stufen des Materialflusses.<br />

Lieferungen müssen die explizit in einem Vertrag formulierten Anforderungen<br />

erfüllen. Dieses reicht zur Zufriedenstellung des Kunden aber nicht aus. Der<br />

Kunde hat Vorstellungen der Lieferung, die weder verbal noch schriftlich formuliert<br />

sind. Im <strong>Vertrieb</strong>smarketingkonzept müssen auch die impliziten Bestandteile<br />

zum Gegenstand des Auftrags gemacht werden. Die kundenbezogene<br />

logistische Leistung setzt sich nach Abb. 104, Seite 185, aus verschiedenen Positionen<br />

zusammen.<br />

184


nehmens (Wide Area Network) an die anderen zuständigen Unternehmensfunktionen<br />

zur Auftragsbearbeitung und -ausführung weitergeleitet (vgl. Abb. 105, S.<br />

185): Beschaffung, Produktion, Lagerwesen, Disposition, Fakturierung, Buchhaltung,<br />

Informationswesen (z.B. Marketing-Informations-System).<br />

Über Kommunikationsleitungen ist das Zentrum (z.B. die Muttergesellschaft)<br />

mit Außenzentren (Niederlassungen, Lager) und Verkaufsbüros netzförmig<br />

verbunden (vgl. Abb. 106, unten). Ein reibungsloses Auftragsmanagement erfordert<br />

eine effektive und schnelle Kommunikation. Dieses wird durch ein Beispiel<br />

deutlich:<br />

Ein in Bochum ansässiger internationaler Produzent erhält einen terminierten<br />

Teilauftrag im Rahmen eines längerfristigen Abrufauftrags zur<br />

Lieferung einer Produktmenge an einen Kunden in Colorado/USA.<br />

CHICAGO<br />

<br />

<br />

ATLANTA<br />

NEWARK<br />

REGIONAL<br />

ZENTRUM<br />

SEATTLE<br />

<br />

<br />

DENVER<br />

MAILAND<br />

<br />

<br />

REGIONAL<br />

GLOBALES<br />

ZENTRUM<br />

ZENTRUM BOCHUM<br />

<br />

PRAG<br />

REGIONAL<br />

ZENTRUM<br />

<br />

Abb. 106: Kommunikationsströme im sternförmigen globalen Netz<br />

Der Auftrag wird im Verkaufsbüro in Denver in das Bestellsystem des<br />

Produzenten eingegeben, welches in einem sternförmigen interkontinentalen<br />

Netz über die USA-Auslandszentrale in New Jersey mit der<br />

Zentrale in Bochum verbunden ist (vgl. Abb. 106, oben). Hier werden<br />

Ablader und Verfrachter sowie der Landungshafen bestimmt. Der Auf-<br />

186


trag durchläuft in der Zentrale in einem Nahbereichsnetz verschiedene<br />

Abteilungen. Diese Abteilungen sind unternehmensinterne organisatorische<br />

Bausteine in der logistischen Kette. Es gibt Schnittstellen zum<br />

Rechnungswesen für die Buchhaltung, Rechnungsschreibung und<br />

Kommissionierung.<br />

Auftragsbezogene Stammdaten werden in zentralen Datenbanken erfaßt. Sie<br />

stellen dauerhafte Sachverhalte wiederkehrender Aufträge dar: Kundenname,<br />

Kundennummer, Lieferanschrift, Rechnungsanschrift, Artikelname, Artikelnummer.<br />

Die Erfassung und Änderung geschieht in der Regel durch die Zentrale.<br />

Bei der Auftragseingabe erscheinen die Stammdaten zu einer Artikelnummer<br />

oder Kundenummer automatisch auf der Bildschirmoberfläche (Maske). Sie sind<br />

durch einzelgeschäftsorientierte Bewegungsdaten zu ergänzen.<br />

• Validitätsprüfung<br />

z.B. numerisch, alphanumerisch<br />

• Kreuzcheck mit anderen Dateien<br />

z.B. Artikel- und Artikelnummerverzeichnis<br />

• Vollständigkeitsprüfung<br />

Eintrag in alle Felder<br />

• Prüfverfahren der Kunden- und Artikelnummern<br />

z.B. kodierte Endnummern, Quersummen<br />

• Plausibilitätsprüfung<br />

z.B. 7 Gramm Polyethylengranulat in 20 kg Säcken<br />

• Bonitätsprüfung<br />

über Auskunftsdateien<br />

• Verfügbarkeitsprüfung<br />

Lagerbestand und Produktionseinplanung<br />

Abb. 107: Automatische Auftragsprüfung<br />

Bereits bei der Auftragseingabe kommt es zu Fehlern, die nicht immer durch<br />

automatische Prüfroutinen (vgl. Abb. 107, oben) entdeckt werden können. Hier<br />

spielt die Ausbildung und Motivation der Sachbearbeiter eine entscheidende<br />

Rolle im Rahmen der Qualitätssicherung (DIN ISO 9001).<br />

Es kann zu Störungen in der werksinternen Kommunikation kommen, indem<br />

z.B. Aufträge in der Produktionseinplanung verspätet terminiert oder der Lager-<br />

187


estand überbucht werden. Es treten Produktionsfehler auf, indem z.B. das produzierte<br />

Material nicht kundenspezifikationsgerecht gefertigt wurde. Außerdem<br />

bietet der Transport zusätzliche Unwägbarkeiten.<br />

• täglicher Auftragseingang (Produkte, Mengen, Termine, Kunden, Preise)<br />

• täglicher Auftragsabgang (Produkte, Mengen, Termine, Kunden, Preise)<br />

• täglicher Auftragsbestand (Produkte, Mengen, Termine, Kunden, Preise)<br />

Abb. 108: Auftragsverwaltung<br />

Der tägliche Auftragseingang, -abgang und -bestand muß übersichtlich ausgewiesen<br />

und dadurch kontrollierbar sein (vgl. Abb. 108, oben, u. Abb. 109, unten).<br />

Sofortaufträge sind unmittelbar auszuliefern, Terminaufträge hingegen zu einem<br />

fest vereinbarten Termin. Ist eine sofortige Auslieferung nicht möglich oder<br />

verstreicht der vereinbarte Termin wegen Produktionsengpässen oder Versäumnissen<br />

bei der Auftragsbearbeitung, dann werden hieraus rückständige Aufträge.<br />

War die Sofortauslieferung oder der Termin zugesichert, können durch Produktionsausfälle<br />

des Kunden und seiner Abnehmer Schadensersatzforderungen<br />

entstehen, die den Lieferwert um ein Vielfaches übersteigen. Bei Abrufaufträgen<br />

werden Mengen mit noch unbestimmtem Liefertermin geordert. Sie sind innerhalb<br />

einer vereinbarten Periode bereitzustellen und vom Kunden abzurufen.<br />

• Sofortaufträge:<br />

• Terminaufträge:<br />

• Abrufaufträge:<br />

• Rückständige Aufträge:<br />

Abb. 109: Aufträge<br />

sofort lieferbar<br />

Lieferung auf Termin<br />

Periodenaufträge, Teillieferungen auf Abruf<br />

wegen mangelnder Produktverfügbarkeit nicht<br />

ausgeführte Aufträge<br />

Die Planung des Auftragsvolumens orientiert sich an den Erwartungen der Großkunden,<br />

den aus Vergangenheitsdaten ermittelten Bestellrhythmen und den<br />

Prognosen und Zielgrößen des Außendienstes. Zur terminlichen Steuerung<br />

von Auftragseingang, -bearbeitung und -auslieferung bedient sich das Industrieunternehmen<br />

eines technisch-sozialen Kommunikationsnetzes zwischen Kunden,<br />

Fertigungssystem, Exportabteilung, Spedition, Transporteur und Lagersy-<br />

188


stem. Eine Schlüsselrolle für die Verbindung zum externen Kunden besitzt hierbei<br />

der Außendienst.<br />

Abweichende Qualitätsspezifikationen einzelner Kunden erfordern zusätzliche<br />

Qualitätskontrollen und die Kennzeichnung des Materials, sowohl physisch am<br />

Produkt als auch bei der Datenerfassung in der EDV. Die Etikettierung erfolgt<br />

nach den nationalen Vorschriften des Export-, Import- und Transitlandes. Die<br />

Genehmigungspflicht und Verbote von Exporten sind bei der Auftragsannahme<br />

zu beachten. Terminüber- und -unterschreitungen sowie Falschlieferungen führen<br />

zu hohen (vermeidbaren) Kosten. Grundlage der Auftragskontrolle ist die periodische<br />

Auftragsübersicht mit einem Soll-Ist Vergleich von Umsätzen, Absätzen<br />

und Deckungsbeiträgen, die nach Produkten und Kunden sortiert werden, sowie<br />

ein regelmäßiger Qualitätsbericht. Beschwerdelisten, Kunden- und Mitarbeiterbefragungen<br />

und ein Ratingsystem geben Aufschluß über die Qualität des Auftragsmanagements<br />

und können als Basis für strategische Entscheidungen dienen.<br />

Ein modernes Auftragsmanagement ist ohne vernetzte EDV-Systeme und eine<br />

sozial und fachlich kompetente Mitarbeiterführung nicht vorstellbar.<br />

6.4 INCO-Terms und Preiskalkulation<br />

Preisvereinbarungen sind der wichtigste Aspekt des Verkaufsgesprächs, stehen<br />

aber häufig nicht im Vordergrund, da es sich hierbei um einen besonders sensiblen<br />

Aspekt handelt. Preise verschiedener Wettbewerber kann man objektiv und<br />

leicht vergleichen, weshalb der Verkäufer den Blick auf weiche und subjektive<br />

Faktoren, wie Liefertreue und Qualität lenkt. Hier kann er psychologisch agieren<br />

und die Preisvereinbarung kann dann in die subjektive Preis-Nutzen-Relation des<br />

Kunden „eingebettet“ werden.<br />

Gleichwohl stellt der Preis eine zentrale Größe des Geschäftes dar, da hierdurch<br />

der Deckungsbeitrag maßgeblich beeinflußt wird. (Wir stellten in Abschnitt 2.3,<br />

S. 20 ff., die monetären Ziele des <strong>Vertrieb</strong>smanagements heraus.)<br />

189


Klausel Kostenübergang Gefahrenübergang<br />

ETW<br />

ex works<br />

FOR/FOT<br />

free on rail/truck<br />

FCA<br />

free Carrier<br />

FAS<br />

free alongside ship<br />

FOB<br />

free on board<br />

FOB Airport<br />

CFR<br />

cost and freight<br />

CIF<br />

cost, insurance, freight<br />

DAF<br />

delivered at frontier<br />

DES<br />

delivered ex ship<br />

DEQ duty paid/unpaid<br />

delivered ex quay<br />

CPT<br />

freight carriage paid to...<br />

CIP<br />

carriage and insurance<br />

DDU<br />

delivered duty unpaid<br />

DDP<br />

delivered duty paid<br />

Abb. 110: INCO-Terms (Auswahl)<br />

ab<br />

Werk<br />

beladener<br />

Waggon<br />

Abgabe an<br />

1. Frachtführer<br />

Längsseite des Schiffes<br />

im Verschiffungshafen<br />

Reling des Schiffes<br />

Im Verschiffungshafen<br />

Abgabe an<br />

Luftfrachtführer<br />

FOB plus Fracht bis zum<br />

Bestimmungshafen<br />

CFR plus<br />

Versicherung<br />

Grenzübergang<br />

ab Bordwand im<br />

Bestimmungshafen<br />

ab Kai vor/nach Zoll<br />

Bestimmungsort<br />

Bestimmungsort<br />

Fracht und Versicherung<br />

Bestimmungsort<br />

alles außer Zoll<br />

Bestimmungsort<br />

alle Kosten<br />

ab<br />

Werk<br />

beladener<br />

Waggon<br />

Abgabe an<br />

1. Frachtführer<br />

Längsseite des Schiffes<br />

im Verschiffungshafen<br />

Reling des Schiffes<br />

im Verschiffungshafen<br />

Abgabe an<br />

Luftfrachtführer<br />

Reling des Schiffes<br />

im Verschiffungshafen<br />

Reling des Schiffes<br />

im Verschiffungshafen<br />

Grenzübergang<br />

ab Bordwand im<br />

Bestimmungshafen<br />

ab Kai vor/nach Zoll<br />

Abgabe an<br />

1. Frachtführer<br />

Abgabe an<br />

1. Frachtführer<br />

Bestimmungsort<br />

Bestimmungsort<br />

Unternehmen arbeiten im internationalen <strong>Vertrieb</strong> mit Klauseln, die kennzeichnen,<br />

bis zu welcher Stelle der vereinbarte Preis die Transport- und Versicherungskosten<br />

mit einschließt. Außerdem muß eine klare Übereinkunft bestehen,<br />

wann in der gesamten Transportkette die Gefahr der Beschädigung oder des Unterganges<br />

der Ware von dem Lieferanten auf den Kunden übergeht. Ausschreibungen<br />

und Preisvergleiche sind nur dann sinnvoll, wenn man den Kosten- und<br />

190


Gefahrenübergang berücksichtigt. Die Transportkosten können leicht 20% des<br />

Wertes einer Lieferung betragen.<br />

Die in der Praxis verwendeten Klauseln unterscheiden sich von Unternehmen zu<br />

Unternehmen. Insbesondere im internationalen Verkehr kommt es hierdurch zu<br />

erheblichen Mißverständnissen. Die sogenannten INCO-Terms (INternational<br />

COmmercial Terms) stellen den Versuch dar, einheitliche Klauseln international<br />

durchzusetzen, um so Reibungsverluste zu verringern (vgl. Abb. 110, S. 190).<br />

Abb. 111, Seite 192, stellt eine beispielhafte Preiskalkulation auf der<br />

Basis der INCO-Terms dar. Geliefert wird ein Kunststoffgranulat, in<br />

Säcken verpackt und in Containern (20 Tonnen) verstaut, DDP nach San<br />

Francisco. Die amerikanische Niederlassung des deutschen Stammwerkes<br />

erhält einen Einkaufspreis FOB/Rotterdamm. Das Material ist nach<br />

einem gespaltenen Satz zu verzollen: 7% des CIF-Wertes und 2,2 Cent<br />

pro Kilogramm. Die Kommission für die ausländische Tochter beträgt<br />

5% des FOB-Preises. Gebühren fallen für den Hafen, die Zollverwaltung<br />

und den Zollagenten an. Weiterhin sind $ 500 an „terminal handling<br />

charge“ abzuführen. Die Lagerkosten werden pauschal verrechnet.<br />

Wir verwenden die folgenden Abkürzungen:<br />

BL:<br />

kg:<br />

lb:<br />

bill of lading (Konnossement)<br />

Kilogramm<br />

US-Pfund<br />

MT: metrische Tonne<br />

THC: terminal handling charge<br />

X: Mindestverkaufspreis<br />

191


SALES IMPORTED PRODUCTS<br />

PRICING MANUAL<br />

container: 40 ft standard<br />

Product, Packaging: Destination:<br />

Terms:<br />

PE 4007 in 50 kg bags<br />

San Francisco DDP warehouse<br />

FOB north sea port 1298 $/MT<br />

+ ocean freight 100 $/MT<br />

+ insurance 39 $/MT<br />

CIF poe (port of entry) 1437 $/MT<br />

+ commission 65 $/MT<br />

+ duty (1) 7% auf CIF 100 $/MT<br />

(2) 2,2 ct pro kg 22 $/MT<br />

+ fees (habour, customs, 0,19% CIF) 3 $/MT<br />

+ $ 7,5 broker ($ 125 per BL) 7,5 $/MT<br />

+ $ 25 THC ($500 per container) 25 $/MT<br />

DEQ duty paid 1659,5 $/MT<br />

/ 2204.6 0,7527 $/lb<br />

WAREHOUSING STANDARD COSTS<br />

+ freight to closesed warehouse 0,015 $/lb<br />

+ handling in/out 0,015 $/lb<br />

+ storage up to 1 month 0,01 $/lb<br />

DDP warehouse 0,7927<br />

≈ 80<br />

Abb. 111: Mindestpreiskalkulation<br />

$/lb<br />

ct/lb<br />

Die Kommission in Höhe von $ 65/MT stellt für die ausländische Niederlassung<br />

den Deckungsbeitrag eines solchen Auftrages dar. Berechnet<br />

sich die Kommission nicht auf den FOB sondern auf den CIF-Preis, dann<br />

erhöht sie sich auf $ 71,85/MT. Sie kann aber auch auf den Verkaufspreis<br />

X erhoben werden, der sich dann folgendermaßen berechnet (vgl. Abb.<br />

112, S. 193):<br />

0, 7633[$/ lb] + 5% ⋅ X[$/ lb] = X[$/ lb]<br />

0, 7633[$/ lb] = X[$/ lb] ⋅0,<br />

95<br />

X[$ / lb]<br />

=<br />

0, 7633[$/ lb]<br />

095 ,<br />

= 0, 8035[$/ lb] ( Verkaufspreis)<br />

192


CIF poe (port of entry) 1437 $/MT<br />

+ duty (1) 7% auf CIF 100 $/MT<br />

(2) 2,2 ct pro kg 22 $/MT<br />

+ fees (habour, customs, 0,19% cif) 3 $/MT<br />

+ $7,5 broker ($ 125 per BL) 7,5 $/MT<br />

+ $25 THC ($500 per container) 25 $/MT<br />

DEQ duty paid 1594,5 $/MT<br />

/ 2204.6 0,7233 $/lb<br />

WAREHOUSING STANDARD COSTS<br />

+ freight to closesed warehouse 0,015 $/lb<br />

+ handling in/out 0,015 $/lb<br />

+ storage up to 1 month 0,01 $/lb<br />

DDP warehouse ex commission 0,7633 $/lb<br />

+ commission 0,0402 $/lb<br />

DDP warehouse incl. Commission 0,8035<br />

≈ 81<br />

Abb. 112: Kommissionsberechnung<br />

$/lb<br />

ct/lb<br />

Dies ergibt eine Kommission in Höhe von $ 0,0402 pro US-Pfund oder $ 88,62<br />

pro metrischer Tonne (vgl. Abb. 112, oben).<br />

Wir erkennen deutlich, daß nicht nur für die Preisverhandlungen mit den Kunden<br />

sondern auch für eine klare Kommissionsregelung mit der ausländischen Handelsniederlassung<br />

international akzeptierte Klauseln von großer Wichtigkeit sind.<br />

6.5 Die Transportversicherung<br />

Die Versicherung im Allgemeinen ist ein Geschäft zwischen einem Versicherungsnehmer<br />

und einem Versicherungsgeber, bei dem der Versicherungsnehmer<br />

eine feste Gebühr im Tausch gegen das Versprechen des Versicherungsgebers<br />

entrichtet, beim Eintreten eines definierten Schadensereignisses eine Ausgleichszahlung<br />

an den Versicherungsnehmer zu leisten. Durch dieses Geschäft glättet<br />

der risikoscheue Versicherungsnehmer seine Zahlungsreihe und überträgt Risiko<br />

auf den Versicherungsgeber, der dieses wiederum durch die Übernahme vieler<br />

unabhängiger Risiken zu diversifizieren versucht.<br />

193


1. Grundsatz der Vertragsfreiheit (Bedingungen und Prämien)<br />

• Zwei in Handelsgeschäften erfahrene Vertragspartner (HGB).<br />

• Handelsgeschäfte über Grenzen hinweg. Anwendung nationalen Rechts behindert<br />

internationalen Handel.<br />

• Vielfalt verschiedener Risiken erfordert individuelle Vertragsgestaltungen.<br />

• VVG (VersicherungsVertragsGesetz) findet keine Anwendung, lt. Seetransportversicherung.<br />

2. Einschränkung der Freiheit<br />

• Seit 1975 besteht Aufsichtspflicht auch bei Transportversicherungen<br />

(VAG: VersicherungsAufsichtsGesetz).<br />

• Verstoß gegen Gesetz oder gegen die Guten Sitten:<br />

§134 BGB: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot<br />

verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.“<br />

§138 (1) BGB: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist<br />

nichtig.“<br />

Abb. 113: Vertragsfreiheit und Einschränkungen<br />

Die Transportversicherung gehört zum Bereich der Sach- und hierbei zu den<br />

Schadensversicherungen. §1 ADS (Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen)<br />

besagt, daß jedes in Geld schätzbare Interesse, welches jemand daran<br />

hat, daß Schiff oder Ladung „die Gefahren der Seeschiffahrt“ bestehen, versichert<br />

werden kann.<br />

Bei internationalen Transporten gilt für die vereinbarten Bedingungen und Prämien<br />

der Grundsatz der Vertragsfreiheit, da es sich bei dem Versicherer und dem<br />

Versicherten um zwei in Handelsgeschäften erfahrene Vertragspartner handelt,<br />

die versicherten Geschäfte grenzüberschreitend sind und die Vielfalt der unterschiedlichen<br />

Risiken individuelle Vertragsausgestaltungen verlangen (vgl. Abb.<br />

113, oben).<br />

Man unterscheidet Kasko- (Transportfahrzeug) und Cargoversicherungen (Ladung).<br />

Häufig wird das Risiko durch Mit- und Rückversicherungen auf mehrere<br />

Versicherungsgeber verteilt.<br />

194


1. Einteilung nach dem versicherten Interesse<br />

• Kaskoversicherung für das Transportmittel<br />

• Cargoversicherung für die Ladung (Handelsgut, Privatgut: Reisegepäck,<br />

Umzugsgut)<br />

• Sonstiges: für Container, Haverei, Frachten<br />

2. Einteilung nach dem Transportweg<br />

• Seetransportversicherung<br />

• Binnentransportversicherung<br />

− Binnenschiffahrtsversicherung<br />

− Landtransportversicherung<br />

• Lufttransportversicherung<br />

• Versicherung für kombinierte Transporte, z.B. LKW-Schiff-LKW<br />

3. Einteilung nach Dauer der Versicherung<br />

• Reiseversicherung: Für die gesamte Transportzeit<br />

• Zeitversicherung: mit Frist<br />

• Einzel- und laufende Versicherung<br />

Abb. 114: Einteilung der Transportversicherungen<br />

Transportversicherungen können nach dem (1) versicherten Interesse (z.B.<br />

Kasko- und Cargoversicherung), nach dem (2) Transportweg (z.B. See - und<br />

Lufttransportversicherung oder für kombinierte Transporte) und nach der (3)<br />

Dauer der abgeschlossenen Versicherung (Kaskoversicherungen über die gesamte<br />

Dauer einer Reise oder nur über eine definierte Zeit; Cargoversicherungen<br />

nur für einzelne Transporte oder laufend) eingeteilt werden (vgl. Abb. 114, S.<br />

oben).<br />

Die Prämienberechnung der Seekaskoversicherung für hochseetüchtige Schiffe<br />

erfolgt nach Fahrgebiet, Größe und Alter des Schiffes, Bauart, Maschinenanlage,<br />

Ausrüstung, Zustand, Qualifikation der Besatzung, Flagge, Beurteilung des<br />

Reeders durch die Versicherungsgesellschaft und Schadensverlauf in der Vergangenheit<br />

(vgl. Abb. 115, S. 196).<br />

195


1. Seekaskoversicherung<br />

• Für hochseetüchtige Schiffe<br />

• Und bestimmte Reiserouten oder Fahrgebiete<br />

2. Prämienberechnung<br />

• Fahrgebiet<br />

• Größe<br />

• Alter<br />

• Qualifikation der Besatzung<br />

• Flagge<br />

• Beurteilung des Reeders durch die Versicherungsgesellschaft<br />

• Schadensverlauf der Vergangenheit (Deutschland: letzten 3 Jahre)<br />

3. Klassifikation:<br />

• Regelmäßige Überprüfung der Schiffe durch Klassifikationsgesellschaften<br />

in Häfen (in Deutschland durch „Germanischer Lloyd“) und gegenseitige<br />

Anerkennung der Klassifikation:<br />

• Bauart<br />

• Maschinenanlage<br />

• Ausrüstung<br />

• Zustand<br />

Abb. 115: Seekaskoversicherung<br />

Die Klassifikation der Schiffe auf der Basis regelmäßiger Überprüfungen durch<br />

Klassifikationsgesellschaften (z.B. Germanischer Lloyd) ist hierbei ein sehr<br />

wichtiges Kriterium. Die Prämienberechnung bei der Cargoversicherung<br />

richtet sich z.B. nach der Güterart und dem Güterwert, der Seetransportart<br />

(Tramp- oder Linienschiffahrt), dem Transportweg und nach den Umschlagsvorrichtungen<br />

in den anzulaufenden Häfen (vgl. Abb. 116, S. 197).<br />

Eine Besonderheit der Haftungsregeln des Seehandelsrechts (§§ 700 ff. HGB)<br />

stellt die Havarie Gross (große Havarie, urspr. arab. 'awar: Fehler, Schaden) dar.<br />

Hierunter versteht man alle Schäden an Schiff oder Ladung, die der Kapitän oder<br />

sein Vertreter zur Rettung aus einer gemeinsamen Gefahr vorsätzlich herbeiführt.<br />

Hauptfall ist die Leichterung des Schiffes im Sturm durch Überbordwerfen eines<br />

Teils der Ladung (Seewurf). Wird das Schiff und wenigstens ein Teil der Ladung<br />

gerettet, so sind die Kosten der Havarie Gross gemeinschaftlich vom Reeder bis<br />

zum Wert des Schiffes, vom Eigentümer der Ladung bis zum Wert der beförder-<br />

196


ten Güter und vom Verfrachter bis zur Höhe des Beförderungsentgelts zu tragen.<br />

Sie haften nicht persönlich.<br />

Güterart und -menge<br />

Seetransportart<br />

Weg<br />

Umschlagvorrichtungen<br />

Reeder<br />

Verpackung<br />

Abb. 116: Cargoversicherung<br />

• Wert der Ladung, Zerbrechlichkeit<br />

• Trampschiffahrt mit unregelmäßigen Fahrzeiten<br />

und Routen, Linienschiffahrt mit festen Routen<br />

und Termine<br />

• Vereisungen, Stürme, Meeresengen<br />

• Ladesicherheit<br />

• Zuverlässigkeit<br />

• Schutz vor Wetter, Seewasser, Staub, Bewegung.<br />

Mitbestimmend für den Schadensverlauf. Versicherer<br />

haben Schäden, die durch fehlende oder<br />

mangelhafte Verpackung enstehen, nicht zu tragen.<br />

Die Vertragsverhandlung führt der Versicherungsnehmer mit Assekuradeuren.<br />

Diese waren ursprünglich selbständige Privatversicherer. Heute versteht man<br />

hierunter Versicherungsagenten, also rechtlich selbständige Kaufleute, die durch<br />

Agenturverträge an mehrere Versicherungsunternehmen gebunden sind. Sie<br />

schließen auf Provisionsbasis Transportversicherungen ab und zeichnen sich<br />

durch ein spezifisches Expertenwissen und zusätzliche Serviceleistungen (Regulierung<br />

von Schäden) aus.<br />

Makler beraten Kunden bei der Vertragsgestaltung und vermitteln Risiken an<br />

Erst- und Mitversicherer. Sie verhandeln über Prämien und Bedingungen mit Assekuradeuren<br />

und Kunden. Erstversicherer schließen Verträge mit einem Versicherungsnehmer<br />

als Endverbraucher ab. Beteiligen sich mehrere Erstversicherer<br />

parallel zueinander am Risiko des Endverbrauchers, liegt eine Mitversicherung<br />

vor. Hierbei übernehmen mehrere Erstversicherer das Großrisiko in der Weise,<br />

daß jeder Versicherungsgeber eine Quote oder einen festen Betrag der Versicherungssumme<br />

übernimmt und dafür den entsprechenden Anteil an der Prämie erhält.<br />

Die Mitversicherer haften nicht als Gesamtschuldner, sondern nur bis zur<br />

Höhe der von ihnen übernommenen Versicherungssumme. Der Versicherungsnehmer<br />

schließt mit jedem Mitversicherer einen selbständigen Vertrag ab.<br />

197


Um das Risiko weiter zu diversifizieren, können Rückversicherungen<br />

vertraglich vereinbart werden. Das sind Verträge zwischen einem oder mehreren<br />

Erstversicherern und einem Rückversicherungsunternehmen, an das Risiko weiterverkauft<br />

wird. Die Rückversicherung begründet keine Rechtsbeziehung zum<br />

Endverbraucher des Versicherungsschutzes. Sie eignet sich besonders für die<br />

Fälle, in denen der Erstversicherer sehr große Risiken übernimmt und eine Mitversicherung<br />

nicht in Betracht kommt oder ergänzt werden soll.<br />

Lloyd’s of London ist der weltweit größte Transportversicherer. Hierbei handelt<br />

es sich um eine genossenschaftsähnliche Vereinigung von Privatpersonen, die<br />

Versicherungen zeichnen und unbegrenzt mit ihrem Vermögen haften. Es gibt<br />

keine gesamtschuldnerische Haftung.<br />

Das Kaffeehaus des Edward Lloyd entwickelte sich Ende des 17. Jahrhunderts zu<br />

einer Nachrichtenbörse für maritime Neuigkeiten. Im Jahre 1696 wurden hier<br />

die Lloyd’s News und 1734 die Lloyd’s List and Shipping Gazette herausgegeben.<br />

1760 gründete man eine Gesellschaft zur Registrierung und Klassifizierung<br />

von Seeschiffen (Lloyd’s Register of Shipping). Der Lloyd’s Act von 1871 etablierte<br />

die Corporation of Lloyd’s in ihrer heutigen Form. Lloyd’s verfügt über<br />

ca. 26.000 Mitglieder, die sich in ca. 350 Konsortien zusammenschließen. Sogenannte<br />

„underwriting members“ tätigen für die Konsortien die Abschlüsse,<br />

während die „non-underwriting members“ lediglich kapitalmäßig beteiligte<br />

Mitglieder sind. Makler („subscribers“) vermitteln die Versicherungsverträge an<br />

die Konsortien und besitzen eine starke Stellung innerhalb Lloyd’s. Die Konsortien<br />

schließen untereinander häufig Rückversicherungsverträge ab. Beim „Council<br />

of Lloyd’s“ müssen die Mitglieder die „Lloyd’s Deposit“ hinterlegen, die für<br />

den Ausgleich der Schadensforderungen und als Zinsanlage in einem Trustfond<br />

dient. Außerdem prüft das Council die Buchhaltung der Konsortien und vertritt<br />

die gemeinsamen Interessen nach außen. Die Gewinne der Mitglieder stammen<br />

aus den Versicherungsverträgen, besonders aber auch aus den ausgeschütteten<br />

Zinserträgen des Trustfonds. Die Gewinnsituation von Lloyd’s hat sich durch<br />

große Versicherungsfälle (Exxon Valdez Tankerunglück, Hurrikan Hugo Katastrophe),<br />

an denen mehrere Konsortien beteiligt waren, die sich durch Rückversi-<br />

198


cherungen gegenseitig absicherten, erheblich verschlechtert. Die Zukunft von<br />

Lloyd´s of London ist wegen des Wunsches vieler Mitglieder, die Organisation<br />

zu verlassen, ungewiß.<br />

6.6 Internationale Logistik und Containerverkehr<br />

Aus funktionaler Sicht beinhaltet die internationale Logistik die Gesamtheit aller<br />

Tätigkeiten (Funktionen) zur grenzüberschreitenden Bewegung eines Gutes<br />

von einem Sende- bis zu einem Empfangspunkt:<br />

• Tätigkeiten des Transports, der Lagerung, des Umschlags und der<br />

Einfuhr bilden die Kernfunktionen der internationalen Logistik.<br />

• Logistische Zusatzfunktionen bestehen in der Auftragsbearbeitung<br />

(vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.), Kommissionierung, Verpackung, und<br />

Markierung.<br />

• Unterstützende Bedeutung besitzen die logistische Informationsfunktionen<br />

des Sammelns, Aufbereitens, Speicherns und Übertragens<br />

entscheidungsrelevanter Daten in Nahbereichs- (Unternehmen) und<br />

interkontinentalen Fernnetzen (vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.).<br />

Aus institutioneller Sicht gehören zur internationalen Logistik alle in- und ausländischen<br />

technischen und organisatorischen Einrichtungen, die bei der Bewältigung<br />

der grenzüberschreitenden Bewegung eines Gutes von einem Liefer- bis<br />

zu einem Empfangspunkt mitwirken. Hierzu zählen die verschiedenen Transportmittel<br />

(z.B. Flugzeuge), die Verpackungsmittel und Transportbehältnisse<br />

(z.B. Container), die in- und ausländischen Lager und Produktionsstandorte (vgl.<br />

Abschnitt 6.8, S. 211 ff.), die internationalen Speditionen, die nationalen und internationalen<br />

Datenleitungen und -netze, sowie Dokumente wie Frachtbriefe und<br />

Konnossemente.<br />

In der systemtheoretischen Betrachtungsweise steht der Zusammenhang der<br />

internationalen Logistik mit dem wirtschaftlich/technisch/sozialen Gesamtsystem<br />

des Unternehmens im Vordergrund. Unter einem System versteht man eine ge-<br />

199


ordnete Gesamtheit von Elementen, zwischen denen spezifische Beziehungen bestehen<br />

oder hergestellt werden können. Zum internationalen Logistiksystem<br />

zählen:<br />

• Betriebliche Ziel-, Entscheidungs- und Kontrollstrukturen, welche<br />

die Logistiktätigkeiten im Rahmen der Gesamtunternehmensleistung<br />

steuern;<br />

• Mitarbeiter und Technologie, welche die Qualität der Logistikleistungen<br />

und ihre Kosten maßgeblich bestimmen;<br />

• interne und externe Kunden, welche die Logistikleistungen abnehmen<br />

und bewerten, mit ihrem Beschaffungs- und Lieferverhalten;<br />

• Wettbewerber, die das Serviceniveau vorgeben, an dem sich das Unternehmen<br />

orientieren muß;<br />

• vernetzte Logistikinformationssysteme, welche die Input-, Transformations-<br />

und Outputströme erfassen, die Daten entscheidungsorientiert<br />

darstellen, speichern und an die Logistikteilnehmer weiterleiten.<br />

Derartige Informationssysteme besitzen zentrale Bedeutung für die<br />

effiziente Erstellung der Logistikleistungen.<br />

Die internationale Logistik zeichnet sich gegenüber der nationalen durch einen<br />

wesentlich höheren Informations- und Erfahrungsbedarf und eine Zunahme<br />

der verschiedenen Risikoeinflüsse aus. Gründe für diese Komplexität liegen in<br />

• international gestreuten Beschaffungs-, Produktions- und Absatzstandorten<br />

des Unternehmens;<br />

• unterschiedlichen Transporttechnologien und länderspezifischen<br />

Vorschriften der Verpackung und Etikettierung;<br />

• zoll-, ausfuhr und einfuhrrechtlichen Bestimmungen und nichttarifäre<br />

Handelshemmnissen;<br />

• unterschiedlichen Preis- und Wettbewerbsstrukturen;<br />

• Währungs-, Technologie-, Witterungs- und Kriminalitätsrisiken.<br />

Bei der Bewertung der Logistikfunktion unterscheidet man zwischen den Logi-<br />

200


stikkosten einerseits und den kundenbezogenen logistischen Leistungen (vgl.<br />

Abb. 104, S. 185) andererseits.<br />

Die Masse des interkontinentalen Warentransports wird auf dem Seeweg abgewickelt.<br />

Bei Seetransporten kann auf eine Zwischenlagerung in Empfängernähe<br />

nicht verzichtet werden, soll ein Höchstmaß an wirtschaftlicher Transaktionseffizienz<br />

und damit Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />

darf der Sender nicht einseitig die erwarteten Logistikkosten minimieren.<br />

Vielmehr muß er dem Lieferzeitrisiko und der Lieferterminflexibilität besondere<br />

Aufmerksamkeit schenken, da diese Merkmale zu erheblichen ungeplante<br />

Kosten und Erlöseinbußen beim Kunden führen können. Die technischen<br />

Lösungen der Transport- und Kommunikationsprobleme bestimmen maßgeblich<br />

das Lieferzeitrisiko und die Terminflexibilität im Überseehandel.<br />

Trockenfrachtschiffe<br />

Tonnage (1000 BRT)<br />

Tankschiffe<br />

Tonnage (1000 BRT)<br />

1992 1993 1994 1995 1996<br />

723<br />

4558<br />

660<br />

4453<br />

617<br />

4919<br />

81 80 72<br />

352 345 331<br />

570<br />

4894<br />

552<br />

5331<br />

68 62<br />

267 267<br />

Abb. 117: Bestand an Seeschiffen (mit 100 und mehr BRT) unter deutscher Flagge<br />

(Quelle: Fachserie 8, Reihe 5, Stat. Bundesamt, Wiesbaden,<br />

1993 bis 1996)<br />

Die kundenorientierte Überseelogistik stellt hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit<br />

des Informations- und Warenflusses (vgl. Abb. 104, S. 185):<br />

Lieferfähigkeit: Fehler treten bei der Auftragseingabe in das Bestellsystem<br />

auf. Es kommt zu Störungen bei der werksinternen Kommunikation<br />

und Produktion.<br />

201


MAERSK-Transatlantik Linie<br />

Europa-Nordamerika (Westküste)<br />

Schiff Majestic<br />

MAERSK<br />

Madison<br />

MAERSK<br />

Reise Nr. 9205 9205<br />

Le Havre 17.Mai 24.Mai<br />

Antwerpen 18.Mai 25.Mai<br />

Felixstowe 18.Mai 25.Mai<br />

Rotterdam 19.Mai 26.Mai<br />

Hamburg 19.Mai 26.Mai<br />

Bremerhaven 20.Mai 27.Mai<br />

Portland 05.Juni 12.Juni<br />

Seattle 05.Juni 12.Juni<br />

Vancouver 06.Juni 13.Juni<br />

Long Beach 10.Juni 17.Juni<br />

Oakland 11.Juni 18.Juni<br />

Abb. 118: Segelliste (Auszug)<br />

(Quelle: MAERSK Deutschland GmbH (Hrsg),<br />

MAERSK Line Nr. 2, März-April; Hamburg 1992,<br />

S. 17)<br />

Varianz der Lieferzeit: Wird die Ware termingerecht bereitgestellt,<br />

bietet der Überseetransport zusätzliche Unwägbarkeiten. Die in Segellisten<br />

enthaltene erwartete Ankunftszeit (ETA, Estimated Time of Arrival)<br />

variiert bei Fahrten nach New York City um plus/minus einen Tag.<br />

Bei Fahrten in die Karibik treten größere Verzögerungen (z.B. durch<br />

Wirbelstürme) relativ häufig auf. Pufferzeiten von mehreren Tagen tragen<br />

dem Rechnung.<br />

Bestellfrist, Lieferfrist und Lieferterminflexibilität: Die Komplexität<br />

der Disposition des Überseetransports, Engpässe bei der kurzfristigen<br />

Laderaumbeschaffung und lange Transportzeiten erfordern mehrere<br />

Wochen Vorlaufzeiten (vgl. Abb. 118, oben). Ist die Ware einmal auf<br />

See, läßt sich der Liefertermin nicht ändern. Eine unerwartet veränderte<br />

Nachfrage des Empfängers führt daher schnell zu einem inakzeptablen<br />

Lagerbestand im Ausland.<br />

202


Ziel- bzw.<br />

Herkunftsregion<br />

in BRD<br />

Einladung nach<br />

Zielregion<br />

1000 Tonnen*<br />

in BRD<br />

Ausladung von<br />

Herkunftsregion<br />

1000 Tonnen*<br />

1993 1994 1995 1993 1994 1995<br />

Europa 210 249 266 164 190 208<br />

Afrika 37 44 44 37 40 41<br />

USA 158 197 203 178 192 202<br />

Amerika inkl. USA 209 251 257 222 239 255<br />

Asien 218 262 285 244 263 280<br />

Australien 8 7 7 3 1 2<br />

Gesamt inkl. Sonstige 683 813 860 672 734 788<br />

*zu bewältigende Fracht einschl. Umladeverkehr (Gesamtgewichtsdifferenzen<br />

wegen Rundungen der Einzelwerte)<br />

Abb. 119: Internationaler Frachtverkehr von deutschen Flughäfen (1000 Tonnen)<br />

(Quelle: Fachserie 8, Reihe 6, Stat. Bundesamt, Wiesbaden,<br />

1993 bis 1996).<br />

Bei Luftfrachtgeschäften handelt es sich um die gewerbsmäßige Beförderung<br />

von Waren im Luftverkehr. Federal Express, Lufthansa, Air France und Japan<br />

Airlines sind weltweit führend bei den Luftfrachtdiensten nach Frachttonnenkilometern.<br />

Häufig kommen spezielle Container zum Einsatz.<br />

Luftfrachtgeschäfte erlangen in der internationalen Logistik zunehmende Bedeutung,<br />

insbesondere bei Just-in-Time Liefervereinbarungen. Die Abwicklung<br />

der Air Cargo Aufträge erfolgt durch die Luftfahrtgesellschaften als Beförderer.<br />

Der Warenumschlag liegt in der Zuständigkeit der Flughafengesellschaften.<br />

Obwohl die Luftfracht nur einen geringen Anteil am internationalen Transportaufkommen<br />

einnimmt, handelt es sich um einen sehr schnell wachsenden und<br />

rentablen Dienstleistungsmarkt. Luftfracht bietet sich als Alternative an, bei<br />

• kleinen Frachtgewichten und Volumina,<br />

• teuren Waren,<br />

• hohen Anforderungen an eine schnelle und pünktliche Lieferung,<br />

• unzureichender logistischer Infrastruktur im Zielland, und<br />

• logistischen Engpaßsituationen.<br />

203


Der Container ist ein international standardisierter Transportbehälter, mit Stückgut,<br />

Schüttware oder Flüssigkeiten beladbar. Er bietet einen zuverlässigen Transportschutz<br />

(Bewegung, Klima, Seewasser, Staub) und kann mit Inhalt zwischen<br />

verschiedenen Transportmitteln (LKW, Bahn, Seeschiff, Flugzeug) umgeschlagen<br />

werden. Dies erspart ein Umladen der Ware. Dadurch tritt ein erheblicher<br />

Rationalisierungseffekt auf dem Schiff, im Hafen und beim Binnentransport<br />

(Zeit, Personal) bei gleichzeitig verringerter Beschädigungsquote der Waren auf.<br />

Größte Bedeutung besitzen genormte stapelbare Seecontainer mit 40 oder 20<br />

Fuß Länge und 8 Fuß Breite wie Höhe (96 Zoll) aus Stahl oder Aluminium<br />

(ISO 668). Container für Luftfracht besitzen verschiedene Maße.<br />

Seecontainer lassen sich übereinander stapeln und so platzsparend in Schiffen<br />

verstauen, deren moderne Ausführungen über 4000 TEUs (Twenty-Foot-<br />

Equivalent-Unit) aufnehmen können. Containerterminals arbeiten voll computerisiert.<br />

Stellplätze der Container im Terminal und im Schiff, sowie alle Ladeund<br />

Entladevorgänge werden optimiert und EDV-gesteuert. Das Qualifikationsprofil<br />

der Hafenarbeiter hat sich entsprechend geändert. So spielen Kenntnisse<br />

der EDV, des Umgangs mit Gefahrgütern und Ladungssicherungstechnik eine<br />

wichtige Rolle. Damit Container sinnvoll eingesetzt werden können, müssen<br />

nicht nur die Hafenanlagen, sondern auch die Infrastruktur im Landesinneren für<br />

den Weitertransport dafür ausgerichtet sein (Straßen, Kanäle, Binnenhäfen, Umschlagvorrichtungen).<br />

Sackware, Fässer und Kisten lassen sich als Palettenware in einem Standardcontainer<br />

verstauen. Dieser besteht aus einem spritzwasserdichten Stahlkasten mit<br />

zwei Stirnwandtüren für Palettenwaren. Sein zulässiges Gesamtgewicht beträgt<br />

24.000 kg bei 20 Fuß Länge oder 30.480 kg bei 40 Fuß Länge. Für flüssige Waren<br />

eignen sich 20-Fuß Tankcontainer mit einer maximalen Füllmenge von<br />

18.140 Litern (95 %) und einem Gesamtgewicht bis 24.000 kg. Sie besitzen einen<br />

Tank, der in einen Rahmen eingehängt ist und sind ebenfalls stapelbar. Mit<br />

Tankcontainern befördet man z.B. flüssige Chemieprodukte, die gegebenenfalls<br />

in beheiztem Zustand gehalten werden können.<br />

204


Ein Bulkcontainer, mit einer PE-Folie ausgekleidet und durch Dachluken aus<br />

dem Silo beladbar, befördert Schüttgüter (z.B. Kunststoffgranulate). Die Entnahme<br />

erfolgt durch Luken im Heck. Für Früchte und andere verderbliche Güter<br />

eignen sich mit einem eigenen Kühlaggregat ausgestattete Kühlcontainer. Hierdurch<br />

vereinfachen sich die Belade- und Entladevorgänge erheblich.<br />

Jahr 1993<br />

20-Fuß-Äquivalenz-<br />

Einheit<br />

1994<br />

20-Fuß-Äquivalenz-<br />

Einheit<br />

Empfang in BRD 269.589 267.733<br />

Versand aus BRD 352.456 343.403<br />

Abb. 120: Containerverkehr zwischen Deutschland und USA in TEU<br />

(Quelle: Fachserie 8, Reihe 5, Stat. Bundesamt, Wiesbaden,<br />

1993 u. 1994)<br />

SEALAND eröffnete 1966 die erste Containerlinie von New York nach Bremen.<br />

Deutsche Reedereien besitzen die größte Containerflotte der Welt, gefolgt von<br />

japanischen und US-amerikanischen Eignern. In den USA kommen zunehmend<br />

Container mit größeren Maßen in Gebrauch: 48 Fuß Länge und 107 Zoll Höhe,<br />

53 Fuß Länge und 110 Zoll Höhe. Damit verlieren die ISO-Normen an Bedeutung.<br />

Beim kombinierten Verkehr handelt es sich um die verkehrstechnische Bezeichnung<br />

für den Transport von Gütern mit zwei oder mehr Verkehrsträgern ohne<br />

Wechsel des Transportgefäßes. Typisch ist der Transport von Waren in Containern<br />

in einer LKW/Seeschiff/LKW-Kette. Länder, die über keinen ausgebauten<br />

Containerhafen verfügen, können über die Kette LKW/Seeschiff/Frachtflugzeug<br />

erreicht werden. Miami (Florida) beispielsweise ist ein wichtiges Umschlagszentrum<br />

für den kombinierten Straße/See/Luft-Warenverkehr nach Südamerika.<br />

Ein besonderer Aspekt der internationalen Logistik sind Just-In-Time (J.I.T.)<br />

Vereinbarungen zwischen einem Sender und einem Empfänger. Es handelt sich<br />

hierbei um ein Organisationsprinzip, das die Synchronisation von Leistungser-<br />

205


stellung und -verbrauch und minimale Lagerbestände in den Stufen der unternehmensinternen<br />

und -übergreifenden Logistikketten zum Ziel hat. Logistische<br />

J.I.T. Konzeptionen sind in allen Stufen des Materialflusses zu finden. Just-In-<br />

Time Vereinbarungen im Distributionsbereich haben weitreichende technologische<br />

und (kartell)rechtliche Auswirkungen (vgl. Abb. 73, S. 113). Im Grundsatz<br />

handelt es sich um eine enge logistische Zusammenarbeit von Sender und Empfänger<br />

mit dem Ziel der Steigerung der wirtschaftlichen Transaktionseffizienz.<br />

Im Überseehandel gestalten sich J.I.T.-Konzeptionen schwierig (vgl. Abb. 104,<br />

S. 185). Beim Einsatz von Seeschiffen nach Ostasien oder an die Westküste der<br />

USA muß mit mehreren Tagen Lieferzeitvarianz gerechnet werden, weshalb Sicherheitslager<br />

(buffer stock) beim Abnehmer notwendig werden. Auch können<br />

wegen der langen Fahrtdauer auf See die Auslieferungsmengen nicht kurzfristig<br />

gesteigert oder gesenkt werden, was leicht zu enormen Fehlbeständen beim Kunden<br />

führt. Die Versendung der Aufträge per Luftfracht reduziert sowohl die erwartete<br />

Lieferzeit als auch die -varianz, kommt aber nur für relativ teure Waren<br />

in kleinen Mengen in Frage. Für die Verringerung der Lagerbestände im Überseehandel<br />

ist die effiziente Kommunikation und Zusammenarbeit mit einer internationalen<br />

Spedition und ein qualitätsbewußtes Auftragsmanagement entscheidend<br />

(vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.).<br />

6.7 Gefahrguttransporte<br />

Der Transport von Gütern erzeugt negative externe Effekte in der Form von<br />

Verletzungen durch Unfälle, Lärm, Luftbelastung und Flächenverbrauch. Insbesondere<br />

bei Gefahrgütern können die Risiken für die Allgemeinheit erheblich<br />

sein. Regeln für Gefahrguttransporte (vgl. Abb. 121, S. 207) finden sich auf nationaler<br />

(BRD), supranationaler (EU) und internationaler Ebene (UNO).<br />

Die folgenden drei Regelungswerke besitzen große Bedeutung für den Transport<br />

von Waren in der Europäischen Union:<br />

206


• Gefahrgutverordnung Straße/Europäisches Abkommen über die<br />

internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit den<br />

Anlagen A und B.<br />

• Gefahrgutverordnung Eisenbahn/Internationales Abkommen über<br />

den Eisenbahnfrachtverkehr, mit der Anlage: Regelung für die Beförderung<br />

gefährlicher Güter mit der Eisenbahn<br />

• Gefahrgutverordnung Binnenschiffahrt/Europäisches Abkommen<br />

über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein.<br />

National (BRD)<br />

• Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (GefGutG)<br />

• Gefahrgutverordnung Straße (GGVS)<br />

• Gefahrgutverordnung Eisenbahn (GGVE)<br />

• Gefahrgutverordnung Binnenschiffahrt (GGVBinSch)<br />

• Gefahrgutverordnung See (GGVSee)<br />

• Gefahrgut-Ausnahmeverordnung (GGAV)<br />

• Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV)<br />

Supranational (Europäische Union)<br />

• Europäisches Abkommen zur Beförderung gefährlicher Güter auf<br />

der Straße (ADR)<br />

• Internationales Abkommen zum Eisenbahnfrachtverkehr, mit der<br />

Anlage: Regelung für die Beförderung gefährlicher Güter mit der<br />

Eisenbahn (RID)<br />

• Europäisches Abkommen zur internationalen Beförderung gefährlicher<br />

Güter auf dem Rhein (ADNR)<br />

International<br />

• Internationaler Code über die Beförderung gefährlicher Güter mit<br />

Seeschiffen (IMDG-Code)<br />

• International-Atomic-Energy (IAEA)-Vorschriften für die sichere<br />

Beförderung radioaktiver Stoffe<br />

• United-Nations (UNO)-Empfehlungen des Expertenausschusses für<br />

Gefahrguttransporte (Orange Book)<br />

• Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter im Luftverkehr<br />

(IATA-DGR)<br />

• Technische Anweisungen der International Civil Aviation Organization<br />

(ICAO-TI)<br />

• Empfehlungen der International Maritime Organization (IMO) für<br />

die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen<br />

Abb. 121: Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen für den Transport von Gefahrgütern<br />

207


Man geht von insgesamt 9 Gefahrgutklassen aus (vgl. Abb. 122, unten).<br />

Klasse<br />

Gefahreigenschaft<br />

1 Explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff<br />

2 Gase<br />

3 Entzündbare flüssige Stoffe<br />

4.1 Entzündbare feste Stoffe<br />

4.2 Selbstentzündliche Stoffe<br />

4.3 Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwikkeln<br />

5.1 Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe<br />

5.2 Organische Peroxide<br />

6.1 Giftige Stoffe<br />

6.2 Ansteckungsgefährliche Stoffe<br />

7 Radioaktive Stoffe<br />

8 Ätzende Stoffe<br />

9 Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände<br />

Abb. 122: Gefahrgutklassen<br />

Das Gefahrgutrecht kennt Sicherheitspflichten für alle Beteiligten der gesamten<br />

Gefahrguttransportkette:<br />

• Auftraggeber des Absenders<br />

• Hersteller<br />

• Verpacker<br />

• Absender<br />

• Beförderer<br />

• Verlader<br />

• Befüller<br />

• Fahrzeugführer<br />

• Halter<br />

• Eigentümer<br />

• unmittelbarer Besitzer<br />

• Empfänger<br />

Häufig werden mehreren Akteuren die selben Pflichten zugewiesen, um die Ausführung<br />

noch sicherer zu gestalten.<br />

Der Absender im Exportgeschäft<br />

• weist den Beförderer auf das gefährliche Gut hin und übergibt ein<br />

Beförderungspapier, in dem das gefährliche Gut mit seiner Gefahrenklasse<br />

bezeichnet ist [§ 9, (1), 1 GGV Straße]. Zusätzliche Regelungen<br />

gelten für radioaktive Stoffe. Das Beförderungspapier muß<br />

208


den inhaltlichen und formalen Anforderungen der Gefahrgutverordnung<br />

Straße genügen.<br />

• Der Absender muß in einer Bescheinigung die Zulassung des<br />

Transportes nach den Vorschriften des Europäisches Übereinkommens<br />

über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße bestätigen.<br />

Bei Sammeltransporten muß er bestätigen, daß die Zusammenpackung<br />

von Gefahrengütern nicht verboten ist.<br />

• Transporte von Gütern der Klassen 1, 5.2 und 7 erfordern behördliche<br />

Genehmigungen, die dem Transport beizufügen sind.<br />

• Der Absender erstellt Unfallmerkblätter und übergibt sie bei der<br />

Auftragserteilung dem Beförderer. Unfallmerkblätter enthalten Anweisungen<br />

für das Verhalten bei Zwischenfällen aller Art.<br />

• Bei kombinierten Transporten muß der Absender auch für die<br />

nachfolgenden Verkehrsmittel Beförderungspapiere dem Transport<br />

beilegen.<br />

An den transportierten Packungseinheiten, Containern und Tanks sind Gefahrzettel<br />

mit warnenden Symbolen anzubringen. Die GGVS definiert hierfür 21 Gefahrzettel.<br />

Außerdem sind orangefarbene Warntafeln mit der sogenannten<br />

Kemmler-Zahl im oberen Feld und der UN-Nummer im unteren Feld zur<br />

Kennzeichnung des Stoffes an Verpackungen, Containern und Tanks deutlich<br />

sichtbar anzubringen (vgl. Abb. 123, unten, u. Abb. 125, S. 210).<br />

Gefahren-Nummer (Kemmler-Zahl) → 23<br />

Abb. 123: Warntafel für Butan<br />

Stoff (UN)-Nummer → 1011<br />

Die Ziffern der Kemmler-Zahl folgen im allgemeinen den neun Gefahrgutklassen.<br />

Zifferkombinationen weisen hierbei auf mehrere Gefahren hin. Beschreibt<br />

die einzelne Ziffer die Gefahr ausreichend, dann wird ihr eine Null angehängt.<br />

Die Verdoppelung einer Ziffer weist auf ein besonders großes Gefahrenpotential<br />

der entsprechenden Gefahrenart hin. Steht den Ziffern der Buchstabe X voran,<br />

dann reagieren diese Stoffe mit Wasser gefährlich. Zum Löschen muß die Feu-<br />

209


erwehr dann Schaum, CO 2 -Schnee, CO 2 -Gas oder Pulver einsetzen. Auf weitere<br />

besondere Zahlenkombination weist die Abbildung 123, Seite 209, hin.<br />

22 Tiefgekühltes Gas<br />

X 333 Selbstentzündliche Flüssigkeit, die mit Wasser gefährlich reagiert<br />

X 423 Entzündbarer fester Stoff, der mit Wasser gefährlich reagiert, wobei<br />

brennbare Gase entweichen<br />

44 Entzündbarer fester Stoff, der sich bei erhöhter Temperatur in geschmolzenem<br />

Zustand befindet<br />

539 Entzündbares organisches Peroxid<br />

Abb. 124: Bedeutung besonderer Ziffernfolgen<br />

Bei der UN-Nummer handelt es sich um eine Stoffkennzeichnung, die von der<br />

UNO dem jeweiligen Gefahrgut zugeteilt wurde. Diese Nummern wurden in das<br />

nationale Recht übernommen.<br />

22 X 333<br />

1951 1102<br />

Argon,<br />

tiefgekühlt,<br />

verflüssigt<br />

Kalium<br />

30 X 423<br />

1223 1428<br />

Kerosin<br />

Natrium<br />

44 539<br />

2304 2116<br />

Schwefel in geschmolzenem<br />

Zustand<br />

Cumolhydroperoxid<br />

Abb. 125: Beispiele von Warntafeln mit Kemmler-Zahl und UN-Nummer<br />

Kennzeichnungsnummern müssen unauslöschbar sein und einen Brand von 15-<br />

minütiger Dauer ohne Beeinträchtigung der Lesbarkeit überstehen. Außerdem<br />

210


ist beim Transport auf der Straße das Fahrzeug vorne und hinten mit achteckigen<br />

orangefarbenen Warntafeln zu versehen.<br />

Mitzuführende Unfallmerkblätter enthalten Hinweise zu Schutzmaßnahmen in<br />

den Sprachen der Transitländer und des Bestimmungslandes. Bei Stückguttransporten<br />

der Bahn werden die Gefahrzettel beidseitig am Waggon angebracht.<br />

Kesselwagen erhalten zusätzlich noch eine Warntafel. Werden verflüssigte Gase<br />

transportiert, dann ist ein gelber Streifen am Kesselwagen anzubringen. Ein Ordner<br />

mit Unfallmerkblättern befindet sich in der Lokomotive. Binnenschiffe<br />

kennzeichnet man beim Transport bestimmter feuergefährlicher oder explosiver<br />

Güter mit blauen Kegeln und Lampen. Seeschiffe müssen tagsüber mit einer rote<br />

Signalflagge und nachts durch ein rotes Rundumlicht vor ihrer Ladung warnen.<br />

Versandstücke versieht man im Seehandel mit dem Gefahrzettel nach dem International-Maritime-Dangerous-Goods-Code.<br />

Im Luftverkehr sind nur die<br />

Versandstücke zu kennzeichnen, nicht jedoch die Flugzeuge selber. Um das Risiko<br />

bei internationalen Gefahrguttransporten gering zu halten, muß auf eine hohe<br />

Qualifikation des Fahr- und Begleitpersonals, geeignete Fahrzeuge und Umschlageinrichtungen<br />

sowie effektive Informationskanäle geachtet werden. Die sichere<br />

Beherrschung von Gefahrguttransporten kann ein bedeutender internationaler<br />

Wettbewerbsvorteil für den Transporteur darstellen.<br />

6.8 Dislozierung von Auslandsstandorten<br />

6.8.1 Direktinvestitionsentscheidung<br />

Die Investitionstätigkeit im Ausland führt von einer bloßen Exportsubstitution<br />

zur Globalisierung der Produktion und des <strong>Vertrieb</strong>es (vgl. Abb. 81, S. 126):<br />

• Um als Exporteur gegen die Produzenten im Auslandsmarkt konkurrieren<br />

zu können, werden <strong>Vertrieb</strong>slager und Verkaufsbüros im<br />

Zielland errichtet. Man beschafft Bürofläche, Parkraum und Hardware<br />

u.a. .<br />

211


• Im nächsten Schritt zieht man auch mit einer Fertigungsstätte nach.<br />

Ein Verwaltungsgebäude entsteht. Man tritt im Auslandsmarkt als<br />

inländischer Produzent auf. Importbeschränkungen verlieren an Bedeutung.<br />

• Man beginnt, von den ausländischen Niederlassungen in angrenzende<br />

Länder zu exportieren und von dort Vorprodukte einzukaufen. Es<br />

bilden sich kontinentale Zentren heraus.<br />

• Die Zentren umgeben sich mit einem Netz von Produktionsstätten,<br />

Verkaufsbüros und <strong>Vertrieb</strong>slager. Sie tauschen Produkte und Vorprodukte<br />

interkontinental aus. Der Zusammenhang zwischen dem<br />

Land des Kunden und dem Land der Produktion löst sich vollständig<br />

auf. Der Kunde ordert in einem Land, erhält sein Produkt aus einem<br />

anderen Land, die Vorprodukte werden global von der eigenen Organisation<br />

erzeugt oder von anderen Unternehmen eingekauft (globales<br />

Unternehmen).<br />

Die einzelnen Investitionsschritte müssen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft<br />

werden. Hierfür eignet sich der Kapitalwert. Er ermittelt die Summe der<br />

(negativen) Anfangsauszahlungen und aller abgezinsten zukünftigen Nettoeinzahlungen,<br />

die ein Investor für die ausländische Anlage über deren Laufzeit erwarten<br />

kann. Unter Anwendung des Kapitalwertkriteriums lassen sich verschiedene<br />

Entscheidungsalternativen miteinander vergleichen.<br />

Mit jeder Auslandsinvestition verbindet sich ein landesspezifisches Risiko (vgl.<br />

Abschnitt 6.8.2, S. 216 ff.), welches zu einer Abwertung des Kapitalwertes führt.<br />

Durch eine kalkulatorische Reduktion der Nettoeinzahlungen, pauschale Abschläge<br />

vom Kapitalwert oder Zuschläge zum Diskontierungszins läßt sich dieses<br />

berücksichtigen.<br />

Die Einzahlungen liegen in der Zukunft und müssen zum erwarteten Wechselkurs<br />

(vgl. Abschnitt 5.2, S. 129 ff.) in die Währung des Investors (inländische<br />

Währung) umgerechnet werden. Hierzu sind die Wechselkursentwicklungen zu<br />

prognostizieren.<br />

212


In der Regel bestimmt man den Kapitalwert mit einem endlichen Zeithorizont,<br />

der beispielsweise bei sechs Jahren liegt. Der Restwert der Investition<br />

am Ende des Zeithorizonts muß als Schlußeinzahlung berücksichtigt<br />

werden. Die Ermittlung des Restwertes kann man unter der Annahme<br />

der Liquidation oder Fortführung der Investition ermitteln.<br />

Abb. 126: Bausteine des Kapitalwerts<br />

Anfangsauszahlung<br />

+<br />

Barwert der Periodendividenden<br />

+<br />

Barwert des Restwertes<br />

+<br />

Barwert der Finanzmittel<br />

+<br />

Barwert der Synergieeffekte<br />

Weitere Ergebniseinflüsse entstehen durch die Fremdkapitalaufnahme mit unterschiedlichen<br />

Finanzierungskosten und durch Synergieeffekte (vgl. Abschnitt<br />

6.8.3, S. 219 ff.) zwischen verschiedenen Investitionen.<br />

Nachfolgend sind die Anfangsauszahlung und der Barwert der Periodendividenden<br />

formelmäßig dargestellt. Hierbei wird zur Wechselkursprognose auf die<br />

Kaufkraftparitätentheorie zurückgegriffen (vgl. Abschnitt 5.2.2, S. 135 ff.).<br />

( )<br />

t t t t t<br />

T p −c ⋅q −F −D<br />

a<br />

K =−r0 ⋅ A+ X⋅( 1−s<br />

) ⋅<br />

⋅r<br />

⋅<br />

t<br />

0<br />

t = 1<br />

( 1+<br />

i)<br />

i<br />

t<br />

( 1+<br />

f )<br />

( 1+<br />

f a<br />

)<br />

t<br />

A : Ausland<br />

A : Anfangsauszahlung<br />

c : direkte Kosten pro Stück<br />

D : Abschreibung<br />

f : Inflationsrate<br />

F : fixe Kosten<br />

i : Inland<br />

K : internationaler Kapitalwert<br />

p : Preis<br />

r : Wechselkurs in Periode Null<br />

t : Periode<br />

T : Zeithorizont<br />

s : Gewinnsteuersatz<br />

X : Länderrisikofaktor, X∈[0,1]<br />

Abb. 127: Internationaler Kapitalwert<br />

213


Es besteht ein erhebliches Prognoseproblem bei der Abschätzung der zukünftigen<br />

Preis-, Mengen und Währungskursentwicklungen. Außerdem ist die Risikomessung<br />

nicht objektivierbar. Weiterhin basiert die Formel des internationalen<br />

Kapitalwertes auf quantitativen Größen. Gerade im Außenhandelsgeschäft spielen<br />

aber qualitative Einflüsse eine große Rolle und müssen in die Entscheidungsfindung<br />

einfließen (Nutzwertanalyse, vgl. Abschnitt 2.5, S. 33 ff.).<br />

Abb. 128, Seite 215, zeigt den Entscheidungsprozeß in einem Unternehmen zur<br />

Planung einer internationalen Strategie für mehrere Regionen und Auslandsstandorte.<br />

Durch die 9. Planungsstufe wird der Vorgang wieder an den Verkauf<br />

zurückgegeben mit der Aufforderung, die Verkaufsziele verstärkt unter finanziellen<br />

Gesichtspunkten zu definieren. Dann werden der Cash Flow und der Kapitalwert<br />

erneut berechnet und der Investitionsplan revidiert. Erst wenn die Investitionsgrenzen,<br />

die man auf der Grundlage der erwarteten Liquidität und des Kapitalwertes<br />

bestimmt, auch eingehalten werden, kann die Strategie verabschiedet<br />

werden.<br />

214


1. Festlegung des Zeithorizonts<br />

• Jahre<br />

2. Schätzung der Nachfrage in jeder Region für das Produkt<br />

• Internationale Institute, Verbände und Organisationen<br />

• Marktpotential und Wettbewerberanalysen<br />

• Befragung des Außendienstes der Niederlassungen<br />

3. Bestimmung der Wettbewerberposition des Unternehmens in jeder relevanten<br />

Region<br />

• Kosten und Verfahren der Wettbewerber analysieren und mit den eigenen<br />

Kosten vergleichen<br />

• Das strategische Wettbewerberverhalten und die Stärke des eigenen Unternehmens<br />

analysieren und prognostizieren<br />

4. Festlegung der Verkaufsziele für jede Region<br />

• Marktanteile planen<br />

• Reaktion des Wettbewerbs und die eigene Reaktion hierauf prognostizieren<br />

5. Bestimmung der regionalen Verteilung der Produktionsstandorte<br />

• Reduktion der Alternativen<br />

− Sunk Cost Risiko<br />

− Verfügbarkeit von ausgebildeten Arbeitskräften<br />

− Größe der lokalen Märkte<br />

− Kosten der lokalen Vorprodukte, Zollsätze, Frachtraten<br />

− Örtliche Vorschriften und Auflagen<br />

• Notwendige Standorte<br />

− Kundenservice<br />

• Investitionsrechnung<br />

− Einbeziehung von internationalen Vorproduktströmen<br />

• Ziel<br />

− Kosten unter gegebenen Absatzzielen minimieren<br />

6. Abschläge für Länderrisiken<br />

• Kapitaltransfer<br />

• Produktionsauflagen<br />

• Arbeitsmarkt<br />

• Politische und volkswirtschaftliche Bedingungen<br />

7. Ermittlung des Cash Flows für jede Periode und den Gegenwartswert<br />

(Kapitalwert) der Strategie<br />

8. Ableitung von Investitionsgrenzen aus dem Cash Flow und dem Gegenwartswert<br />

9. Reduktion des Investitionsplans und Erhöhung der Verkaufsziele<br />

Abb. 128: Heuristischer Prozess zur internationalen Strategie<br />

215


6.8.2 Länderrisiken und Kapitalwert<br />

Durch geschäftliche Auslandsaktivitäten, insbesondere Exporte und Direktinvestitionen,<br />

nimmt man Gewinnmöglichkeiten im Ausland wahr und reagiert auf<br />

den internationalen Wettbewerbsdruck. Das Unternehmen operiert nicht mehr<br />

nur in einem Land, gekennzeichnet durch ein eigenes Rechtssystem, eine Währung,<br />

eine Wirtschaftspolitik und häufig auch eine eigene Sprache, sondern in<br />

vielen Ländern. Unter einem Länderportfolio verstehen wir eine Anzahl von<br />

Ländern, mit denen ein internationales Unternehmen geschäftsmäßig durch Export,<br />

Import, Direktinvestitionen und andere Formen des Auslandsengagements<br />

(vgl. Abb. 81, S. 126) verbunden ist.<br />

Das Länderrisiko kann in die folgenden Merkmale zerlegt werden:<br />

Politisches Risiko<br />

• Keine stabilen Mehrheitsverhältnisse<br />

• Unberechenbarer Regierungskurs<br />

• Unklare Abgrenzung zwischen den politischen Machtinstitutionen<br />

• Politische Aktionen von Bürgern und Militärs<br />

• Undurchsichtige Verstrickung von Politik, Wirtschaft und Militär<br />

Administratives Risiko<br />

• Zuständigkeiten der Verwaltungen unklar<br />

• Erhebliche Zeitvarianzen in der Bearbeitung von Vorgängen<br />

• Entscheidungswillkür<br />

• Bestechliche Verwaltungen und kriminelle Verstrickung<br />

• Diskriminierende Verwaltungspraxis gegenüber Ausländern<br />

Kulturelles Risiko<br />

• Keine Vertrautheit mit Sprache und Sitten<br />

• Kulturelle Intoleranz und Diskriminierungen<br />

• Problematische Wohnsituation für Auslandsdelegierte und deren Familien<br />

• Unbefriedigende Schulsituation<br />

• Kulturelles und touristisches Angebot nicht erwartungsgemäß<br />

216


Rechtssicherheitsrisiko<br />

• Verträge nicht durchsetzbar<br />

• Staat ohne Gewaltmonopol<br />

• Langsam arbeitende und bestechliche Gerichte<br />

• Übermäßig komplizierte Vorschriften und Gesetze, Überregulierung<br />

• Willkürliche und gegen Ausländer diskriminierende Urteile<br />

Makroökonomisches Risiko<br />

• Währungs- und Preisstabilität nicht gegeben<br />

• Hohe Arbeitslosigkeiten<br />

• Geringes Wachstum<br />

• Starke Konjunkturschwankungen<br />

• Hohe Staatsverschuldung<br />

Mikroökonomisches Risiko<br />

• Hoher Wettbewerbsdruck<br />

• Geringe Differenzierungsmöglichkeiten<br />

• Kein inländischer Wachstumsmarkt<br />

• Problematische Beschaffung<br />

• Unbefriedigende Qualität des Personals<br />

• Unzureichende Finanzierungsoptionen<br />

Außenhandelsrisiko<br />

• Qualitätsreduktion wegen Mindestanteil inländischer Komponenten<br />

(local content measures)<br />

• Beschränkung der unternehmerischen Entscheidung wegen Mindestexportanteil<br />

(export-performance)<br />

• Deckung der Importe durch selbsterwirtschaftete Devisen (Devisenbewirtschaftung)<br />

• inländische Reinvestitionspflicht von Gewinnen (Devisenbewirtschaftung)<br />

• Behinderung des Imports von Vorprodukten durch tarifäre und<br />

nichttarifäre Einfuhrbedingungen<br />

• Schleppende und komplizierte Abwicklung der Außenhandelsverwaltung<br />

• Mangelhafte Hafenanlagen und inländische Zubringerwege<br />

• Unzureichende Kommunikationsmöglichkeiten<br />

Die volkswirtschaftlichen Abteilungen von Handelsbanken und großen Industrieunternehmen<br />

sowie unabhängige Institute nehmen eigene Länderrisikoanaly-<br />

217


sen vor. Der Business-Environment-Risk (BERI)-Index wird in vielen Wirtschaftsbereichen<br />

genutzt. Er besteht aus drei Teilindizes:<br />

• Operations Risk Index (Geschäftsklima)<br />

• R-Factor (Rückzahlungsverhalten)<br />

• Political Risk Index (politisches Risiko)<br />

Hinter jedem Teilindex verbergen sich eine Vielzahl von gewichteten Merkmalen,<br />

die von Experten zu bewerten sind (Nutzwertanalyse, Abschnitt 2.5,<br />

insbes. Abb. 30, S. 36). Die Summe aus gewichteten Bewertungen kann bei jedem<br />

Index maximal 100 betragen. Für jedes Land, welches einer Beurteilung<br />

unterzogen wird, nimmt eine Expertenrunde die Skalierungen vor.<br />

Die Länderbewertungen ergänzt man durch Standardempfehlungen für das Auslandsengagement<br />

(Profit Opportunity Recommendation):<br />

Gesamtpunkte<br />

eines Landes<br />

Empfehlung zum Auslandsengagement in diesem<br />

Land<br />

0-120 keine geschäftlichen Transaktionen<br />

120-160 nur Handel<br />

150-180 nur für ertragsunabhängige Zahlungen geeignet<br />

(z.B. Lizenz- und Managementverträge)<br />

180-300 für Direktinvestitionen geeignet<br />

Abb. 129: Risikoindex und Handlungsempfehlungen<br />

Mit der Messung des Länderrisikos verbinden sich Probleme:<br />

• Mehrfacherfassung des Länderrisikos wegen unscharfer Abgrenzung<br />

der Merkmale und Teilrisiken.<br />

• Doppelerfassung des Länderrisikos im Entscheidungsablauf, wenn<br />

in die monetäre Wirtschaftlichkeitsrechnung (Kapitalwert) ein Länderrating<br />

einfließt, da teilweise in den prognostizierten Einzahlungsund<br />

Auszahlungsströmen bereits Merkmale der Länderrisiken erfaßt<br />

sind.<br />

• Vernachlässigung des Diversifikationseffektes bei der Kapitalwertermittlung.<br />

218


Das Auslandsengagement in mehreren Ländern führt zu Diversifikationseffekten<br />

(Länderportfolio). Zunächst wird durch das internationale Unternehmen das politische,<br />

wirtschaftliche und kulturelle Länderrisiko gestreut. Außerdem nimmt<br />

die Anzahl und Größe der bedienten Marktsegmente zu, wodurch Risikominderungseffekte<br />

im Absatz eintreten. Durch die Verteilung der Forschungsaktivitäten<br />

auf mehrere Länder läßt sich das regional vorhandene Wissen besser nutzen.<br />

Bei der horizontalen Diversifikation findet die Ausweitung der internationalen<br />

Aktivitäten auf der gleichen Produktionsstufe statt. Werden hingegen vor- oder<br />

nachgelagerte Produktionsstufen aufgenommen, spricht man von vertikaler Diversifikation.<br />

Durch eine geschickte Zusammenstellung des Länderportfolios kann das kombinierte<br />

Länderrisiko im Auslandsgeschäft eines internationalen Unternehmens<br />

verringert werden. Insofern muß das Länderrisiko in einen diversifizierbaren<br />

und einen nicht-diversifizierbaren Anteil aufgespalten werden. Nur der nichtdiversifizierbare<br />

Anteil (Weltrisiko) ist bewertungsrelevant und darf in die Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />

eingehen.<br />

6.8.3 Synergie und Kapitalwert<br />

Das Wort Synergie stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Mitarbeit“ (synergid)<br />

oder „Zusammenarbeit“ (synergein). Wir verstehen hierunter ein positives<br />

oder negatives ökonomisches Potential, welches bei einer Kombination<br />

unterschiedlicher Aktivitäten und Güter des Unternehmens, manchmal auch unabsichtlich,<br />

abgerufen wird und sich dann ergebnissteigernd oder -senkend auswirkt.<br />

Synergieefekte können in sämtlichen Wertschöpfungsaktivitäten (Beschaffung,<br />

Forschung, Entwicklung, Produktion, Absatz) des Unternehmens auftreten.<br />

Häufig sind sie nur Nebenprodukt einer Entscheidung und nicht das hauptsächliche<br />

Entscheidungsziel. Um die Vollständigkeit der Ergebnisplanung zu gewährleisten,<br />

sollten Synergien aber immer in der Entscheidungsrechnung berücksichtigt<br />

werden.<br />

219


Wir nennen nachfolgend einige Beispiele für Synergien im <strong>Vertrieb</strong>smarketing:<br />

Im Verkauf: Ein neues Produkt wird über bestehende Exportkanäle,<br />

die auch für andere Produkte genutzt werden, abgesetzt.<br />

In der Logistikplanung: Wenn sich zwei Logistikaktivitäten überschneiden,<br />

können Personal und Geräte zwischen den Aktivitäten<br />

ausgetauscht werden. So lassen sich z.B. bei der Disposition<br />

von Transporten nur teilweise ausgelastete Kapazitäten und leere<br />

Rückfahrten durch Verbindung mit anderen Aufträgen<br />

vermeiden (11.5 % der aus Deutschland über See versendeten<br />

und 15,8 % der über See empfangenen Container waren in 1994<br />

leer, vgl. Fachserie 8, Reihe 5, Stat. Bundesamt, Wiesbaden<br />

1994).<br />

Bei Direktinvestitionen: Ein internationales Unternehmen errichtet wegen<br />

der niedrigen Transport- und Lohnkosten (primärer Grund)<br />

einen Produktionsstandort im ausländischen Zielmarkt oder tätigt<br />

dort eine Akquisition. Die Entscheidung vereinfacht außerdem<br />

Just-in-Time Liefervereinbarungen (sekundärer Effekt)<br />

mit den Kunden und führt zur Herausbildung des Images eines<br />

„domestic producers“. Außerdem rückt technisches Personal,<br />

eine Werkstatt oder ein Labor in Kundennähe und ein technischer<br />

Vor-Ort-Service kann kostengünstig eingerichtet werden.<br />

Die Zusammenführung von Kunden und Produktion erbringt<br />

diese positiven Synergieeffekte. Allerdings muß wegen<br />

der Dezentralisierung der Produktion auf einen effizienten<br />

Energie-, Stoff und Abfallverbund mit dem Stammwerk verzichtet<br />

werden (negativer Synergieeffekt).<br />

In der internationalen Strategie: Positive Synergieeffekte lassen sich<br />

durch eine internationale Integration aller Standorte und<br />

Strategien im Gesamtkonzern erzielen. Die Koordination der<br />

Produkt-, Distributions-, Kontrahierungs- und Kommunikationsstrategien<br />

der verschiedenen Standorte entlastet die Konzernressourcen<br />

durch die Verringerung von Mehrfacharbeiten<br />

im Managementbereich und steigert die Zielorientierung des<br />

220


Unternehmens im globalen Wettbewerb. Es treten Lernkurveneffekte<br />

ein. Allerdings können auch negative Synergieeffekte<br />

die Folge sein, wenn dem Management die ausreichende<br />

Kompetenz für die erweiterte Funktion fehlt (mangelnde<br />

persönliche Fähigkeit der Manager, in ausländischen Kulturkreisen<br />

effizient zu kommunizieren, zu führen und zu integrieren).<br />

Bei der Standortwahl: Durch das Zusammenführen von Standorten<br />

können Overheadkosten eingespart, Kapazitäten, Stoff-, Energie-<br />

und Abfallverbundeffekte besser genutzt werden.<br />

Berechnen wir den Kapitalwert einer einzelnen neuen Direktinvestitionsmaßnahme,<br />

dann müssen wir dieses Auslandsengagement in seinem Gesamtzusammenhang<br />

mit anderen Maßnahmen sehen. Positive Synergieefekte sind dem<br />

Kapitalwert der neuen Maßnahme zuzurechnen, negative Effekte müssen abgezogen<br />

werden, um zu einer korrekten Entscheidung zu gelangen.<br />

221


6.9 Aufgaben<br />

1. Aufgabe<br />

Nennen und definieren Sie einen direkten und einen indirekten Exportkanal (Exportweg).<br />

2. Aufgabe<br />

Zwischen dem ausländischen Konsignator und dem inländischen Produzenten,<br />

der seine Waren direkt exportiert, kann es zu einer Anzahl von Problemen in der<br />

Zusammenarbeit kommen.<br />

a) Was sind die Aufgaben des Konsignators im direkten Außenhandelsgeschäft?<br />

b) Nennen und erläutern Sie Probleme in der Zusammenarbeit mit dem Produzenten.<br />

3. Aufgabe<br />

Erläutern Sie die folgenden Begriffe (kurz):<br />

a) Bulk-Container<br />

g) Reeder<br />

b) Inhaberpapiere<br />

h) Lohnveredelung<br />

c) Konnossement<br />

i) Stammdaten<br />

d) Logistik<br />

j) Abrufauftrag<br />

e) Spediteur<br />

k) sternförmiges Kommunikationsnetz<br />

f) Frachtführer<br />

l) TEU<br />

4. Aufgabe<br />

Sind Just-In-Time Lieferungen per Schiff nach Californien möglich? Definieren<br />

und strukturieren Sie. Diskutieren Sie das Problem. Kommen Sie zu einer begründeten<br />

Antwort.<br />

5. Aufgabe<br />

Geben Sie für FOB und CIF den Kosten- und Gefahrenübergang vom inländischen<br />

Verkäufer zum ausländischen Käufer an.<br />

6. Aufgabe<br />

In der USA-Vertretung eines deutschen Unternehmens werden Mindestverkaufspreise<br />

für US-Kunden in Cent pro Pfund kalkuliert. Die Produkte werden<br />

aus Deutschland importiert. Der FOB-Preis Rotterdamm beträgt $ 800/Tonne.<br />

Entwickeln Sie eine systematische und übersichtlich dargestellte Preiskalkulation<br />

beginnend mit FOB Rotterdam. Führen Sie alle Positionen der Kalkulation auf.<br />

222


Daten:<br />

Lieferort: Indian (200 km östlich L.A.)<br />

Preisstellung: delivered duty paid (DDP)<br />

Einheit: cent per US-pound<br />

1 kg = 2,2046 US-Pounds<br />

Menge: 20 Tonnen, full container<br />

Seefracht: $2.400 gesamt<br />

Versicherung:$800 gesamt<br />

Kommission: 5% des Verkaufspreises<br />

Zoll: 3% von CIF<br />

2 cent/US-Pound<br />

Abb. 130: Kalkulationsbeispiel<br />

Terminal Handling<br />

Charge:<br />

Customs Broker:<br />

Hafengebühren<br />

Lager in/out<br />

Lager bis 30 Tage<br />

Nachlauf Port L.A.-<br />

Indian<br />

500 $/Container<br />

125 $ Gebühr/Bill<br />

of Lading<br />

0,19% von CIF<br />

1 cent/US-Pound<br />

2 cent/US-Pound<br />

600 $/Container<br />

7. Aufgabe<br />

Nennen Sie sechs Gefahrenklassen von Gefahrgütern.<br />

8. Aufgabe<br />

Welche Informationen und Warnhinweise müssen an Tankfahrzeugen, die Gefahrenstoffe<br />

transportieren, angebracht sein?<br />

9. Aufgabe<br />

Was versteht man unter der Kemmler-Zahl und der UN-Nummer?<br />

10. Aufgabe<br />

Es sind bis zu 10 Tonnen des Materials XT-Mold in Pulverform, welches in die<br />

Gefahrenklasse 6.1 (giftige Stoffe) eingeordnet ist, regelmäßig alle vier Wochen<br />

per Teminauftrag von Köln nach Piscataway, welches 80 Kilometer südlich von<br />

New York City liegt, zu transportieren. Der industrielle Kunde legt Wert darauf,<br />

daß jede Lieferung frühestens zwei Tage vor dem jeweiligen geplanten Produktionstermin<br />

und spätestens ein Tag nach dem jeweiligen geplanten Produktionstermin<br />

bei ihm eingeht. Die Produktionsmenge des Kunden schwankt, sodaß er<br />

am liebsten immer nur kurzfristig, d.h. zwei Wochen vor Produktionstermin, die<br />

genaue Liefermenge von XT-Mold mitteilt. Über den Kauf-Verkaufspreis ab<br />

Werk hat man sich geeinigt: 3 DM/kg. Die Logistikfrage ist allerdings noch ungeklärt.<br />

Auf eine Zwischenlagerung in Kundenähe will man ganz verzichten. Es bestehen<br />

die direkten Transportalternativen a) Land/Luft/Land und b) Land/See/Land.<br />

Das Problem ist aus der Sicht des Kunden mithilfe der Nutzwertanalyse zu lösen.<br />

Stellen Sie das auf unser Beispiel bezogene, konkrete und realistische Entscheidungsmodell<br />

in Tabellenform auf. Verwenden Sie hierzu tatsächliche Zahlen, so<br />

wie Sie diese für möglich und wahrscheinlich halten. Formulieren Sie das Ergebnis<br />

in einem Satz.<br />

223


11. Aufgabe<br />

Erläutern Sie folgende Begriffe kurz<br />

a) Kaskoversicherung<br />

b) Havarie Gross<br />

c) Assekuradeur<br />

e) Erstversicherer<br />

f) Mitversicherer<br />

g) Rückversicherer<br />

12. Aufgabe<br />

Von welchen Faktoren hängen die Prämienberechnungen der Cargo- und der<br />

Kaskoversicherungen ab?<br />

13. Aufgabe<br />

Es soll eine Auslandsinvestition mit der Kapitalwertmethode aus der Sicht der<br />

inländischen Muttergesellschaft bewertet werden. Über drei Perioden wird der<br />

Kapitalwert detailliert ermittelt. Weitere Perioden werden über den Restwert einbezogen.<br />

Nachfolgend sind einige ökonomische Größen mit ihren Symbolen aufgelistet,<br />

die Sie zur Bewertung möglicherweise brauchen. Sollten Sie weitere Zahlungsvorgänge<br />

und Symbole benötigen, dann definieren Sie diese bitte deutliche. Denken<br />

Sie aber unbedingt erst darüber nach, ob Sie mit den angegebenen Größen<br />

die Bewertung vornehmen können.<br />

Vorgang Periode 0 Periode 1 Periode 2<br />

Anschaffungsauszahlung [GE a ] a 0<br />

Deckungsbeitrag [GE a ] DB 1 DB 2<br />

fixe Kosten inkl. Abschreibungen [GE a ] FK 1 FK 2<br />

Wechselkurs (Inlandswährung zu Auslandswährung<br />

r 0 r 1 r 2<br />

Restwert (im Ausland zu versteuern) [GE a ]<br />

R<br />

Kreditaufnahme [GE a ]<br />

B<br />

Tilgungsbetrag (absolut) [GE a ] T 1 T 2<br />

Diskontierungszins<br />

i ∈[0,1]<br />

relevanter pauschaler Steuersatz im Ausland<br />

sa∈[0,1]<br />

Länderrisikofaktor<br />

X ∈[0,1]<br />

Abb. 131: Beispiel zur Kapitalwertformel<br />

Stellen Sie jetzt mithilfe der definierten Symbole die Kapitalwertformel zur Bewertung<br />

der Auslandsinvestition aus Sicht der Muttergesellschaft in Deutschland<br />

auf.<br />

224


14. Aufgabe<br />

Erläutern Sie, ausgehend von dem Begriff des Kapitalwerts, welche ökonomischen<br />

Größen bei einer Direktinvestition aus der Sicht der Muttergesellschaft<br />

Gegenstand eines Wechselkursrisikos sein können.<br />

15. Aufgabe<br />

a) Welche Merkmale besitzt der BERI-Index und wie wird er ermittelt?<br />

b) Wie können Länderrisiken in der Kapitalwertberechnung berücksichtigt werden?<br />

c) Welche Probleme ergeben sich bei der Verwendung eines Länderrisikofaktors<br />

in Verbindung mit dem Kapitalwert einer Auslandsinvestition?<br />

6.10 Literaturempfehlungen<br />

ARNOLD, U., Logistik, internationale, in: Macharzina, K., Welge, M. [Hrsg.],<br />

Handwörterbuch Export und Internationale Unternehmung, Enzyklopädie<br />

der Betriebswirtschaftslehre, 1989, S. 1340-1356.<br />

BJELICIC, B., Die Zukunft der Luftfracht in der internationalen Zusammenarbeit,<br />

in: Internationales Verkehrswesen, 50. Jg. (1998), Nr. 4, S. 166-<br />

168.<br />

BONART, TH., Just-In-Time nach Übersee?, in: Internationales Verkehrswesen,<br />

46. Jg. (1994), Nr. 3, S. 118-121.<br />

BONART, TH., Fallstudie: Der Kapitalwert einer ausländischen Tochterunternehmung,<br />

in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium WiSt, Nr. 1<br />

(1995), S. 53-56.<br />

GROSSE, W., MÜLLER-LUTZ, H.L., SCHMIDT, R., Versicherungsenzyklopädie,<br />

4. Aufl. 1991, S. 401-408, 410-418, 421-423, 548-555, 597-598,<br />

602-603.<br />

HAPAG-LLOYD AG - CONTAINERSERVICE [Hrsg.], Container Information<br />

1987.<br />

ISERMANN, H., Unternehmensübergreifende Transportketten: Verkehrsintegration<br />

als logistische Aufgabe, in: Internationales Verkehrswesen, Jg. 47<br />

(1995), Nr. 10, S. 602-608.<br />

KELLER, TH., Holdingkonzepte als organisatorische Lösung bei hohem Internationalisierungsgrad,<br />

in: Macharzina, K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch<br />

Internationales Management, 1997, S. 705-729.<br />

KLEINALTENKAMP, M., Gestaltung der Distributionsleistung, in: Kleinaltenkamp,<br />

M., Plinke W. [Hrsg.], Technischer <strong>Vertrieb</strong>, 1995, S. 745-784.<br />

MANDL, B., PINTER, J., Gefahrgut Transport, 2. Aufl. 1997, S. 1-20, 35-36,<br />

110-111, 190-199, 204-209, 269-276.<br />

225


MEFFERT, H., BOLZ, J., Internationales Marketing-Management, 3. Aufl.<br />

1998, S. 66-80, 221-230.<br />

MOECKE, H.J., Grundlagen des internationalen Handelsrechts, in: Macharzina,<br />

K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch Internationales Management, 1997,<br />

S. 371-396 [S. 379-386].<br />

MROTZEK, R., Bewertung direkter Auslandsinvestitionen mit Hilfe betrieblicher<br />

Investitionskalküle, 1989, S. 263-264.<br />

PFOHL, CHR., Logistiksysteme, 5. Aufl. 1996, S. 35-40, 72-84, 141-170, 203-<br />

215, 286-287, 335-341, 346-353, 375-383.<br />

PIEHL, TH., Die Risiken der Gefahrstoffe, in: Internationales Verkehrswesen,<br />

48. Jg. (1996), Nr. 1+2, S. 49-51.<br />

PIONTEK, J., Internationale Logistik, 1994, S. 26-28, 77-102, 114-121, 161-167.<br />

ROPELLA, W., Synergie als strategisches Ziel der Unternehmung, 1989, S. 21,<br />

176-192.<br />

RAUPP, M.G., Managementbezogene und organisatorische Anforderungen der<br />

Exportstrategie, in: Macharzina, K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch<br />

Internationales Management, 1997, S. 351-370.<br />

ROBOCK, ST.H., SIMONDS, K., International Business and Multinational<br />

Enterprises, 4. Aufl. 1989, S. 200.<br />

SACHS, R., KAMPHAUSEN, R.E., Leitfaden Außenwirtschaft, 6. Aufl. 1996,<br />

S. 7-16, 40-53, 69-82.<br />

SCHIEMENZ, B., SCHÖNERT, O., Anforderungen an Informations- und<br />

Kommunikationssysteme im internationalen Unternehmensverbund, in:<br />

Macharzina, K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch Internationales Management,<br />

1997, S. 921-949.<br />

STEIN, I., Investitionsrechenmethoden bei Auslandsdirektinvestitionen, in:<br />

Schoppe, S.G. [Hrsg.], Kompendium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre,<br />

4. Aufl. 1998, S. 565-628 [S. 565-606].<br />

226


Stichwortverzeichnis<br />

[„A“: Dieser Zusatz kennzeichnet Stichwörter in den Aufgabenteilen!]<br />

Ablader 181<br />

Ablehnungsbereich 75<br />

Abrufauftrag 188<br />

Abrufauftrag, A 222<br />

Absatz, Begriff 13<br />

Absatz, Begriff, A 43<br />

Absatzkanal 172<br />

Optimierungsbeispiel 178<br />

Abschlußagent 177<br />

Abschlußbindung 108, 109<br />

Unwirksamkeit bzw. Verbot 110<br />

Absender 181, 208<br />

Abtretung 181<br />

Abwertung der Währung 144<br />

adaptiver <strong>Vertrieb</strong> 23, 47<br />

Führungsstil 25<br />

adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozeß, A 43<br />

Air Cargo 203<br />

Aktionsmenge 132<br />

aktive Veredelung 183<br />

Aktivierung 80, 82<br />

Akzeptanzgrenzen 103<br />

Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen<br />

153<br />

Anbietermarkt 8, 9<br />

Anbietermarkt, A 12<br />

Angebot und Nachfrage 6<br />

Ungleichgewicht 7<br />

Verhandlung 103<br />

Währungsmarkt 131<br />

Angebotsfunktion 5<br />

Angebotsfunktion, A 12<br />

Angebotsüberhang 8, 130<br />

angewandt-normativer Ansatz 14<br />

anormales Wechselkursverhalten 137<br />

Ansätze der Logistik 199<br />

Antidumpingzoll 163<br />

Assekuradeur 197<br />

Assekuradeur, A 224<br />

asymmetrische Informationsverteilung<br />

88, 100<br />

Auftragseingabe 187<br />

Auftragskontrolle 189<br />

Auftragsmanagement 184<br />

Auftragsverwaltung 188<br />

Aufwertung der Währung 144<br />

Ausfuhrkartelle 114<br />

Ausfuhrsubvention 161<br />

Ausgangsmatrix 57<br />

Auslandsagent 176<br />

Auslandsengagement<br />

Formen 122, 126<br />

Formen, A 168<br />

Kapital- u. Managementexport 168<br />

Risikoarten 134<br />

Auslandsgesellschaft 149<br />

Auslandsproduktion 212<br />

Auslandsstandorte 211<br />

Ausschließlichkeitsbindung 109<br />

Außenbeitrag 144<br />

Außendienst 106<br />

Außendienstmitarbeiter 177<br />

Außenhandel 173<br />

Außenhandel, A 168<br />

Außenhandelsunternehmen 172, 174<br />

Außenwirtschaftsgesetz 153<br />

Außenwirtschaftsverordnung 153<br />

Außenzentrum 186<br />

Backward Bending der<br />

Devisenangebotsfunktion 137<br />

Beispiel 138<br />

Kritik 140<br />

Backward Bending, A 168<br />

Befrachter 181<br />

Behinderungen 107<br />

horizontal, A 120<br />

horizontal, gesetzliche Maßnahmen 119<br />

vertikal 111<br />

beratungsbedürftige Produkte 174<br />

Beratungsverkauf 94<br />

BERI-Index 218<br />

BERI-Index, A 225<br />

Beschaffer 89<br />

Beschränkung des Handels 109<br />

Beschwerdelisten 189<br />

Bestellrhythmen 188<br />

Besuchsbericht 78, 98<br />

Beurteiler 89<br />

Bewegungsdaten 187<br />

Bewertungsmuster von Unternehmen 86<br />

Bewertungsproblem 28<br />

Bill of Lading 182<br />

Bindungen 107<br />

Bindungen, A 120<br />

227


Binomialverteilung 70<br />

Black-Box-Modell 91<br />

Blankoindossament 182<br />

Blankokonnossement 182<br />

Bonitätsprüfung 187<br />

Börse 130<br />

Boykott 111<br />

Bruttosozialprodukt<br />

Definition 8<br />

Wachstumsraten 1951-1989 9<br />

Buffer Stock 206<br />

Bulkcontainer 205<br />

Bulkcontainer, A 222<br />

Business-Environment-Risk-Index 218<br />

Buying Center 90<br />

Buying Center, A 120<br />

Cargoversicherung 194<br />

ceteris-paribus 14<br />

Commodities 2<br />

Commonwealth 155<br />

Consulting 94<br />

Container 204<br />

Containerflotte 205<br />

Convenience Good 3<br />

Customs Broker 183<br />

Daten der Auftragseingabe 187<br />

Dekomposition 19<br />

Delkredererisiko 175<br />

Devisenangebotsfunktion 139<br />

Devisenbilanz 143<br />

Differenzzoll 183<br />

direkter Außenhandel 173<br />

Direktinvestition 220<br />

Direktinvestitionsentscheidung 211<br />

Distribution 172<br />

Dumping 124, 162, 163<br />

Gegenmaßnahmen 163<br />

Dumping, A 169<br />

Dumpingspanne 163<br />

Durchschnittskostendegression 46<br />

Dyade 93<br />

Dyade, A 120<br />

effiziente Produktion 135<br />

EFTA 155<br />

Eigenkapital 28<br />

Eigenveredelung 183<br />

Einfuhrentwicklung von Erdöl 124<br />

Einfuhrkartelle 114<br />

Einkaufsgremium 90<br />

Einkommenseffekt 52<br />

Einkommenseffekt, A 76<br />

Einstellung 84<br />

Einstellung, A 120<br />

Einstellungsänderung 90<br />

Einteilung von Transportversicherungen195<br />

Emotion 80<br />

Empfangsspediteur 184<br />

endogenes Risiko 88<br />

Engpaß 9<br />

Entscheider 89<br />

Entscheidungsprozeß 133<br />

Entscheidungsregel 34, 35, 39<br />

Entwicklungsländer 153, 155<br />

Erdöl als Importgut 124<br />

Erdölkrise-A 168<br />

Erfolgsdeterminanten 45<br />

Ergebnismaximierung 132<br />

Erstversicherer 197<br />

Erstversicherer, A 224<br />

ethnozentrisch 127<br />

Etikettierung 189<br />

EU 155<br />

Europäische Gemeinschaft 153<br />

Europäische Union 183<br />

ex-ante 87<br />

exogenes Risiko 88<br />

Export 122<br />

Ausfuhrstatistik 11<br />

direkt 126<br />

indirekt 126<br />

Exportanreiz 161<br />

Exportdruck 123, 124<br />

Exportgeschäft 180<br />

Exportkanal 220<br />

Exportkanal, A 222<br />

Exportkenntnisse 178<br />

Exportselbstbeschränkung 164<br />

Exportsubstitution 211<br />

Exportsubvention 161<br />

externer Effekt 206<br />

Fertigungsauftrag 184<br />

fester Wechselkurs 168<br />

finanzielles Risiko 88<br />

Firmenpersönlichkeit 177<br />

Fixkostenbelastung 178<br />

Forced-Switching 57<br />

formale Rationalität 14<br />

Formalitäten beim Import 158<br />

Frachtbrief 181<br />

Frachtführer 181<br />

Frachtführer, A 222<br />

Franchising 128<br />

freier Welthandel 152<br />

Freihandel 148<br />

228


Freihandelszonen 153<br />

Fremdwährungskredit 141<br />

Rechenbeispiel 142<br />

Fremdwährungskredit, A 169<br />

Funktionen<br />

der Betriebswirtschaft 13<br />

der Marktbearbeitung 177<br />

des Absatzes 13<br />

des <strong>Vertrieb</strong>es 1, 5, 10<br />

Handel 173<br />

Händler 106<br />

im Kaufentscheidungsprozeß 89<br />

inernationaler <strong>Vertrieb</strong> 122<br />

Innendienst 104<br />

Konnossement 182<br />

Logistik 199<br />

produkt- u. unternehmensbezogen, A 43<br />

produktbezogen 13<br />

unternehmensbezogen 13<br />

Verkäufer 92<br />

Funktionserfüllungsrisiko 88<br />

Garantie- und Kulanzfälle 176<br />

GATT 152<br />

Ausführungs- u. Ausnahmevorschriften<br />

165<br />

Subventionen 161<br />

Wohlfahrtsgewinn 167<br />

GATT und Dumping, A 169<br />

GATT-Grundsätze 154<br />

GATT-Verhandlungsrunden 154<br />

Gebühren beim Import 158<br />

Gedächnis 83<br />

Gefahrenübergang 191<br />

Gefahrenübergang, A 222<br />

Gefahrgutklassen 208<br />

Gefahrgutklassen, A 223<br />

Gefahrguttransporte 206<br />

Gefahrgutverordnung 207<br />

Gefahrzettel 209<br />

Generalvertretung 177<br />

geozentrisch 127<br />

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung<br />

108<br />

gesetzliches Pfandrecht 175<br />

Gewichte, Entscheidungsprozeß 33<br />

Gewichte, Zusammenhang mit<br />

Bewertung 41<br />

Gleichgewicht 130<br />

globales Unternehmen 212<br />

Globalisierung 211<br />

Grundsatz der doppelten Buchführung 144<br />

Güterprinzip 153<br />

Güterstrom 4<br />

Handelsfunktionen 173<br />

Handelsfunktionen, A 120<br />

Handelshemmnis 156<br />

Handelsüberschuß, Einbruch 1980 125<br />

Handelsvertreter 176<br />

Definition 106<br />

vertikale Preisbindung 108<br />

Händler<br />

Definition 106<br />

Funktionen 106<br />

Haushaltstheorie 78<br />

Havarie Gross 196<br />

Havarie Gross, A 224<br />

Hedging 142<br />

Hedging, A 169<br />

Herausgabeanspruch 182<br />

Hochdruckverkauf 94<br />

homo oeconomicus 78<br />

horizontale Diversifikation 219<br />

Hypothesen in der Teststatistik 68<br />

Identifikation 177<br />

Imitator 89<br />

Import 122<br />

Einfuhrstatistik 11<br />

Importnachfragefunktion 139<br />

Importquoten 159<br />

Importsog 122, 123<br />

Importstatistik von Erdöl 124<br />

INCO-Terms 189, 190<br />

indirekter Außenhandel 173<br />

Indossament 181<br />

Indossamentenkette 182<br />

Inflationsraten 135<br />

Informant 89<br />

Inhaberpapier 181<br />

Inhaberpapier, A 222<br />

Inhaltsbindung 108<br />

Ausnahmen vom Verbot 109<br />

Initiator 89<br />

Inländerprinzip 157<br />

inländische Komponenten 159<br />

inländischer Ursprung 158<br />

Innendienstfunktionen 104<br />

Innovator 89<br />

Instabilität von Kartellen 114<br />

interdisziplinärer Ansatz des Marketing 15<br />

International Trade Organisation 153<br />

internationale Distribution 172<br />

internationale Logistik 199<br />

internationale Strategie 220<br />

internationaler Absatzkanal 172<br />

229


internationaler Kapitalwert 213<br />

internationaler Kapitalwert, A 224<br />

internationaler Spediteur 181<br />

internationaler <strong>Vertrieb</strong>, Kernaufgaben 122<br />

International-Maritime-Dangerous-<br />

Goods-Code 211<br />

Investitionsgut 1<br />

Investitionsgut, A 12<br />

Involvement 84<br />

Irrationalitäten 16<br />

ITO 153<br />

Joint Venture 128<br />

Just-In-Time 56, 57, 205, 220<br />

Just-In-Time, A 222, 223<br />

Kapitalbilanz 143<br />

Kapitalbindungsfunktion des Handels 173<br />

Kapitalexport 126<br />

Kapitalwert 212, 216, 219<br />

Kartell 113<br />

Ausnahmen vom Verbot 117<br />

Verhaltensabstimmung 116<br />

Kartellbildung 114<br />

Kartellverbot 115<br />

Kaskoversicherung 194<br />

Kaskoversicherung, A 224<br />

Kauf-Verkaufsgespräch<br />

Kommunikationsprozeß, Beispiel 81<br />

Kompromißzone 103<br />

Kaufentscheidung<br />

institutioneller Ansatz 89<br />

Partialmodell 90<br />

Totalmodell 79<br />

Kaufkraftparitäten 135<br />

Beispiel 136<br />

Kritik 135<br />

und Inflation 137<br />

Kaufkraftparitäten, A 168<br />

Kaufrisiko 2, 88<br />

Kaufverhalten<br />

Adoptionsverhalten 88<br />

Diffusion 88<br />

Risiko 88<br />

Kausalität 28<br />

Kundenverhalten 78<br />

Kemmler-Zahl 209, 210<br />

Kemmler-Zahl, A 223<br />

Klassifikationsgesellschaft 196<br />

Kleinverteiler 109<br />

kognitive Dissonanz 87, 98, 120<br />

Garantieleistung und 87<br />

kognitive Phase 82<br />

kognitiver Prozess 83<br />

kollektives Marktverhalten 113<br />

kombinierter Transport 205, 209<br />

Kommission 175<br />

Kommissionär 174<br />

Definition 106<br />

vertikale Preisbindung 108<br />

Kommissionsberechnung 192, 193<br />

Kommunikation<br />

Beispiel 186<br />

Kommunikationsnetz 185<br />

technisch-sozial 188<br />

Kommunikationsnetz, A 222<br />

Kommunikationspolitik 60<br />

komparative Kosten 146, 160<br />

Beispiel 149<br />

Modell 147<br />

komparative Kosten, A 169<br />

Konkursgefahr 134<br />

Konnossement 175, 181<br />

Funktionen 182<br />

Konnossement, A 222<br />

Konsignationsgeschäft 174<br />

Probleme 175<br />

Konsignationslager 175, 184<br />

Konsignator, A 222<br />

Konsumgut 1<br />

Konsumgut, A 12<br />

kontinentales Zentrum 212<br />

Kontingente 159<br />

Koppelungsverträge 110<br />

Kostenführerschaft 45<br />

kostenlose Mobilität 135<br />

Kostenübergang 191<br />

Kostenübergang, A 222<br />

Kosten-Wirksamkeitsanalyse 33<br />

Beispiel 37<br />

kreativ-intuitive Methodik 33<br />

Kreuzcheck 187<br />

Kreuzpreiselastizität 51<br />

Kritik an der 53<br />

Kreuzpreiselastizität, A 76<br />

kulturelle Identität 127<br />

Kunde<br />

Kontaktaufnahme mit 92<br />

Kundendienst 177<br />

Kundenkontakt, Hersteller vs. Handel 174<br />

Kundenorientierung<br />

Kaufverhalten 61<br />

Kostenführerschaft 45<br />

personaler Faktor 22<br />

Qualitätsführerschaft 45<br />

Shareholder-Value Ansatz 32<br />

230


Zielsystem 31<br />

Kundenpflege 83<br />

Kundenverhalten<br />

S-O-R-Modell 80<br />

S-R-Modell 90, 96<br />

Kundenzufriedenheit 45, 184<br />

als Unternehmensziel 31<br />

lenkt die Gesamtleistung 10<br />

Logistik-Merkmale 201<br />

und adaptiver <strong>Vertrieb</strong> 23<br />

und Anteilswert 32<br />

und Nutzwertanalyse 36<br />

Kurzzeitgedächnis 83<br />

Lagerauftrag 184<br />

Lagerbestand 176<br />

Lagerhaltung 56<br />

Lagerkosten 176<br />

Länderportfolio 178, 216<br />

Länderrisiko 212<br />

BERI-Index 218<br />

in der Kapitalwertformel 213<br />

Merkmale des 216<br />

Probleme 218<br />

Standardempfehlungen 218<br />

Länderrisiko, A 225<br />

Langzeitgedächnis 83<br />

Leistungsbilanz 143<br />

Saldo 125<br />

Lernen 82, 87<br />

Lernkurveneffekt 221<br />

liberale Welthandelsordnung 160<br />

Lieferantenrating 86<br />

Lieferauftrag 184<br />

Linienschiffe 182<br />

Lizenzvergabe 128<br />

Lloyd's Deposit 198<br />

Lloyd's of London 198<br />

Local Area Network 185<br />

Logistik 199<br />

Definition 172<br />

Logistik, A 222<br />

Logistikplanung 220<br />

Logistiksystem 200<br />

Logistikunternehmen 181<br />

logistische Kette 187<br />

logistische Leistung 185<br />

Lohnveredelung 183<br />

Lohnveredelung, A 222<br />

Luftfracht 203<br />

Maastricht-Vertrag 153<br />

Machtverteilung 110<br />

majoritätsbewußte Käufer 89<br />

Managementexport 126<br />

Marketing 14<br />

Aufbauorgnisation in der Praxis 17<br />

Definition 17<br />

Führungssystem 20<br />

Sachleistungsmarketing 21<br />

<strong>Vertrieb</strong>smarketing 21<br />

Marketing, Begriff, A 43<br />

Marketingfunktion des Handels 173<br />

Marketingplanung 16<br />

Marktabgrenzung, A 76<br />

Marktabgrenzung, produktmäßig 55<br />

Marktanteile 58<br />

Marktbearbeitungsfunktion 177<br />

Markterschließungsaufgaben 176<br />

Marktsegmente, Theorie der 61<br />

Marktsegmentierung 55<br />

Marktsegmentierung, A 76<br />

Marktstrategie, Hersteller vs. Handel 174<br />

Martkversagen 113<br />

Maslowsche Motivklassen 81<br />

Maßnahmen, Entscheidungsprozeß 33<br />

Materialfluß 184<br />

Meistbegünstigung 153, 155<br />

Meistbegünstigungsklausel 169<br />

mengenmäßige Beschränkung 153<br />

Mikroökonomie 78<br />

Mitarbeiterführung 189<br />

Mitversicherer 197<br />

Mitversicherer, A 224<br />

Motive 80<br />

Motive, A 120<br />

Multiplikator 89<br />

Nachfragefunktion 5<br />

Nachfragermarkt 9<br />

Nachfrageüberhang 8, 130<br />

Nachkaufphase 83<br />

NAFTA 155<br />

Namenspapier 181<br />

Nettokapitalexport 144<br />

Nettokapitalimport 144<br />

Nichtdiskriminierung 157<br />

nicht-tarifäre Handelshemmnisse 156, 169<br />

Niederlassungen 177<br />

Nominalwert 135<br />

Non-Underwriting Member 198<br />

Normalverteilung 72<br />

Approximation durch die 72<br />

Standardisierung durch die 73<br />

normativer Rahmen 132<br />

Null-Hypothese 57<br />

Nutzenwahrnehmung 54<br />

231


Nutzwert 1, 33<br />

Nutzwertanalyse 178, 218<br />

Beispiel 37<br />

Indifferenzlinien 41<br />

Optimierungsbeispiel 38<br />

Probleme 34, 35<br />

Schritte 36<br />

Nutzwertanalyse, A 43, 223<br />

Öffentlichkeitsarbeit 92<br />

Opportunitätskosten 146<br />

Optimierung 38<br />

Orderpapier 181<br />

ordinale Rangfolge 37<br />

Organisation<br />

funktional 19<br />

Sparten 20<br />

Zentralbereiche 19<br />

Organisation und Synergie, A 43<br />

Paretoeffizienz 103<br />

Partner-Verträge 109<br />

passive Veredelung 183<br />

Personalprinzip 153<br />

Planungsprozeß 16<br />

Plausibilitätsprüfung 187<br />

polyzentrisch 128<br />

Portfolio 28, 178<br />

Präferenzsysteme 155<br />

Prämienberechnung 195, 196<br />

Prämienberechnung, A 224<br />

Preisdifferenzierung 162<br />

Preiselastizität der Nachfrage 138<br />

Preisgefüge 162<br />

Preiskalkulation 189, 192<br />

Preiskalkulation, A 222<br />

Problemerkennungsphase 83<br />

Produkt 1<br />

beratungsbedürftig 174<br />

Commodities 2<br />

Convenience Good 3<br />

Gefahrgut 206<br />

Investitionsgut 1<br />

Konsumgut 1<br />

Lebenszyklus 178<br />

Nutzwert 1<br />

Produkthierarchie 48<br />

Produktionsgut 1<br />

psychologische Merkmale 47<br />

Servicetreue 54<br />

Shopping Good 4<br />

Speciality Good 4<br />

Spezialitäten 2<br />

Substitutionalität 47<br />

Technologietreue 54<br />

Wettbewerb 2<br />

Produktabgrenzung, A 12<br />

Produktabgrenzung, Beispiel 1<br />

Produkthierarchie<br />

Beispiel 49<br />

Konkurrenz 48<br />

Produktionsgut 1<br />

Produktionsgut, A 12<br />

Produktionsmöglichkeitsgerade 147, 150<br />

Produktionsmöglichkeitsraum 27<br />

Produktionsstandorte 129, 211<br />

Produktionssubvention 160<br />

Produktionstheorie 78<br />

Produktivität 26<br />

Produktmanagement 19<br />

Produktpolitik 60<br />

Produktportfolio 178<br />

Prognose 28<br />

Provision 177<br />

Provisionszuschläge 177<br />

Prüfverfahren 187<br />

Pseudo-Partner-Verkauf 94<br />

Qualitätseffekt 52<br />

Qualitätsführerschaft 45<br />

Qualitätsfunktion des Handels 173<br />

Qualitätssicherung 187<br />

Qualitätsspezifikationen 189<br />

Quantitätsfunktion des Handels 173<br />

Quittung 182<br />

Rationalität 16<br />

räumliche Funktion des Handels 173<br />

Realisierungsphase 83<br />

Realwert 135<br />

Rechnungsinkasso 177<br />

Reeder, A 222<br />

Reederei 181, 182<br />

Referenzgruppen 86<br />

Regression 29<br />

Reimporte 162<br />

Reisende 177<br />

Reklamation 175<br />

Rektapapier 181<br />

Reputationsrisiko 88<br />

Resourcenallokation 9<br />

Ressourcenallokation 7<br />

Anbietermärkte 8<br />

Nachfragermärkte 9<br />

Restriktionsmenge 132<br />

Risiko 88<br />

Diversifikation 194<br />

Länderrisiko 216<br />

232


länderspezifisch 212<br />

Logistik 200<br />

Weltrisiko 219<br />

risikoneutral 134, 135<br />

risikoneutral, A 168<br />

Risikopräferenzen 134<br />

Risikoprämie 134<br />

Risikoprämie, A 168<br />

risikoscheu 133, 143<br />

risikoscheu, A 168<br />

Risikosituation 133<br />

rückständige Aufträge 188<br />

Rückversicherer 198<br />

Rückversicherer, A 224<br />

Rückversicherung 198<br />

Sanktionen 114<br />

äußerer/innerer Kartellzwang 115<br />

schätzbare Interesse 194<br />

Schiffe 182<br />

Schiffsmakler 181<br />

Schutzklausel 163<br />

Schwarzmarkt 168<br />

Scoring-Modell 178<br />

SEALAND 205<br />

Seefrachtvertrag 181<br />

Seehandel 182<br />

Seeschiffe 201<br />

Seewurf 196<br />

Segelliste 202<br />

Segmentierung<br />

Kosten 64<br />

Kriterien 67<br />

praktische Anforderungen 65<br />

Verfahrensweise 63<br />

Shareholder-Value Ansatz<br />

Kritik 31<br />

multiples Regressionsmodell 29<br />

Shopping Good 4<br />

Sofortaufträge 188<br />

Speciality Good 4<br />

Spediteur 181<br />

Spediteur, A 222<br />

Spezialisierung 146, 150<br />

Kritik 152<br />

Nachteile 148<br />

Spezialisierung, A 169<br />

Spezialitäten 2<br />

Spezialschiffe 183<br />

S-R- und S-O-R-Modelle, A 120<br />

S-R-Modell 96<br />

stabiles Gleichgewicht, A 168<br />

Stakeholder, Kerngruppe 26<br />

Stammdaten 187<br />

Stammdaten, A 222<br />

Standardcontainer 204<br />

Standort 221<br />

statistische Warenverzeichnis 183<br />

statistisches Unternehmensmodell 29<br />

Stereotypen 84<br />

sternförmiges Netz 186<br />

Steuersignal 30<br />

strategische Geschäftseinheiten 61<br />

strategisches Dreieck 15<br />

Streitschlichtungsmechanismus 167<br />

Subscriber 198<br />

Substitutionalität<br />

Beispiel zur Teststatistik 56<br />

Determinanten 47<br />

Kommunikationspolitik 60<br />

Kreuzpreiselastizität 51<br />

Produktdifferenzierung 55<br />

Produktpolitik 60<br />

Sortimentkannibalismus 55<br />

stochastische Analyse 53<br />

Verringerung der 46<br />

<strong>Vertrieb</strong>sservice 55<br />

Substitutionseffekt 51<br />

Substitutionsraten, A 43<br />

Subventionen 160<br />

Suchkosten 2<br />

Suchphase 83<br />

Synergie 128, 219<br />

Verluste 19<br />

Synergie, A 43<br />

Synergieeffekt 213<br />

Tankcontainer 204<br />

Tankschiffe 183<br />

Tausch 4<br />

Tauschgerade 147<br />

Tauschraten 135<br />

Terminaufträge 188<br />

Territorialprinzip 153<br />

Teststatistik<br />

Beispiel 53<br />

formale Darstellung 68<br />

TEU 204<br />

TEU, A 222<br />

Tochtergesellschaft 126, 129<br />

tradionsbewußte Käufer 89<br />

Traditionspapier 181<br />

Trampschiffe 182<br />

Transaktionseffizienz 201<br />

Transportversicherung 181, 193<br />

TRIPS-Abkommen 166<br />

233


UNCTAD 166<br />

Underwriting Member 198<br />

Unfallmerkblatt 209, 211<br />

Ungleichgewicht 163<br />

UN-Nummer 209, 210, 223<br />

Unsicherheit 53<br />

Unternehmenserfolg 25<br />

Zielsystem 25<br />

Unternehmensindividualität 86<br />

Unternehmensziele, A 43<br />

unverkäufliche Ware 176<br />

unvollkommene Information 53<br />

unvollständige Information 78<br />

Reduzierung der 78<br />

Ursprungsregeln 159<br />

Uruguay-Runde 165<br />

Ergebnisse 166<br />

Validitätsprüfung 187<br />

Verbundstruktur 83, 84<br />

Veredelung 183<br />

Verfrachter 181, 182<br />

Verfügbarkeitsprüfung 187<br />

Verhaltenskoordination 107, 112<br />

Verhandlungsmacht 8, 9<br />

Verkauf 78<br />

Verkäufer 91, 180<br />

erfolgreiche 93<br />

Funktionen 92<br />

Verhaltensnormen 95<br />

Verkaufsbüro 186, 211<br />

Verkaufsgespräch 189<br />

Verkaufsgesprächsführung<br />

Deeskalierungsstrategie 101<br />

persönliche Merkmale und 97<br />

Preise 99<br />

Produktqualität 100<br />

starr und flexibel 96<br />

Stil 94<br />

Taktik 100<br />

Verkaufsgesprächsführung, A 120<br />

Verkaufsniederlassungen 129<br />

Vermittlungsagent 177<br />

versichertes Interesse 195<br />

Versicherung 193<br />

Versicherungsagent 197<br />

Versicherungsmakler 197<br />

Verteilungsfunktion 70<br />

vertikale Diversifikation 219<br />

vertikale Preisbindung 108<br />

vertikale Verhaltenskoordination, A 120<br />

Vertragsfreiheit . 194<br />

<strong>Vertrieb</strong> 20<br />

Absatzkanäle 172<br />

adaptiv 23<br />

als Produkteigenschaft 1<br />

Auftragsmanagement 184<br />

Auslandsstandorte 211<br />

Exportbeispiel 180<br />

Forced-Switching, A 76<br />

Funktionen 5<br />

Gefahrguttransporte 206<br />

Industriegüter 3<br />

internationale Distribution 172<br />

internationale Strategie 214<br />

kombinierter Verkehr 205<br />

Konsumgüter 3, 4<br />

Kundenorientierung u. monetäre<br />

Orientierung 24<br />

Länderrisiko 216<br />

Logistik 199<br />

marktorientiert 10, 22<br />

optimale <strong>Vertrieb</strong>skanäle 178<br />

Preiskalkulation 189<br />

Produkthierarchie, A 76<br />

Segmente 62<br />

Shareholder-Value Ansatz 29<br />

strategische Entscheidungen 135<br />

Substitution 45<br />

Tausch 5<br />

Teil der Gesamtleistung 10<br />

Transportversicherung 193<br />

und Absatz 20<br />

und Marketing 21<br />

und Produktvariation 61<br />

und Sachleistung 10, 54<br />

Unternehmensphilosohie 1<br />

<strong>Vertrieb</strong>sstrategie 176, 177<br />

Zusammenarbeit mit Händlern 105<br />

<strong>Vertrieb</strong>, A 12<br />

<strong>Vertrieb</strong>, Begriff, A 43<br />

<strong>Vertrieb</strong>sbeschränkung 109<br />

<strong>Vertrieb</strong>slager 211<br />

<strong>Vertrieb</strong>smanagement 10<br />

Verwender 89<br />

Verwendungsbeschränkung 110<br />

vollkommene Alternativenstellung 33, 38<br />

vollkommene Konkurrenz 135<br />

Vollständigkeitsprüfung 187<br />

Vorurteile 84<br />

Wahrnehmung 82<br />

Währung<br />

Angebotsüberhang 130<br />

instabiles Gleichgewicht 138<br />

Nachfrageüberhang 131<br />

234


Preiselastizität der Nachfrage 138<br />

Schwarzmarkt 131<br />

Spekulation 135<br />

Währungskurs 125, 129<br />

Währungsmarkt 131<br />

Währungsmarkt, A 168<br />

Währungsrisiko 129, 131<br />

Währungsstabilität 145<br />

Wärmeträgeröl 3<br />

Warntafel 209, 210<br />

Warntafel, A 223<br />

Wechselkosten 2<br />

Wechselkurs 212<br />

Berechnung 136<br />

fest 130<br />

flexibel 130<br />

Wechselkurs und internationaler Handel168<br />

Wechselkursrisiko, A 225<br />

Wechselkursrisiko, Absicherung 140<br />

Wechselmatrix 57<br />

Welthandelsorganisation 166<br />

Werbung 92<br />

Wettbewerb, A 76<br />

Wettbewerbsbeschränkung 107<br />

Wide Area Network 186<br />

WIPO 166<br />

Wirkung-zu-Kosten-Relation 30<br />

Wohlfahrt 113, 148<br />

Wohlfahrtseffekt 160<br />

Wohlfahrtsgewinn 167<br />

World Trade Organisation 166<br />

WTO 155, 166<br />

Zahlungsausfall 175<br />

Zahlungsbilanz 143<br />

Zahlungsbilanzentwicklung 145<br />

Ziele und Mittel 14, 16<br />

Zielerreichungsgrad 34<br />

Zielsystem 31, 32, 132<br />

Jahresabschluß 28<br />

Kundenzufriedenheit 31<br />

qualitative Ziele 33<br />

Shareholder-Value 28<br />

Stakeholder 25<br />

technische Ergiebigkeit 26<br />

Zinsdifferentiale 135<br />

Zollagent 181, 183<br />

zollähnliche Wirkung 158<br />

Zollcode-Nummer 183<br />

Zolleskalation 156<br />

Zollgemeinschaft 155<br />

Zollgutlagerung 183<br />

Zollkontingente 183<br />

Zollkonzessionen 164<br />

Zollpräferenz 159<br />

Zollrechnung 183<br />

Zolltarifnummer 183<br />

Zollunion 155<br />

Zollwert 158<br />

Zollzugeständnisse 155<br />

Z-Variable 59, 73<br />

235


Literatur: Große, W./Müller-Lutz, H.L./Schmidt, R., Versicherungsenzyklopädie,<br />

Bd. 5, 3. Aufl., 1991; Ohlig, J., Handbuch Export-Import-Spedition, 10.<br />

Aufl., 1986; Schoppe, G.S. (Hrsg.), Kompendium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre,<br />

13. Kapitel, München 1991.<br />

Literatur: Pfohl, H.-Chr., Logistiksysteme, 4. Aufl., Berlin u.a. 1990; Striening,<br />

H.-D., Prozeß-Management, Frankfurt u.a. 1988.<br />

Literatur: Aberle, G. (Hrsg), Internationales Verkehrswesen, Organ der Deutschen<br />

Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V., Hamburg (mit zahlreichen<br />

Beiträgen zum Thema); Ende, H., Überseeischer Containerverkehr ab binnenländischen<br />

Ladeorten, in: RKW Handbuch (Loseblattsammlung), Ziffer 4315, Berlin<br />

1981; Hapag-Lloyd AG, Containerservice (Hrsg.), Container Information<br />

1987, Hamburg 1987;<br />

Literatur: Arnold, U., Logistik, internationale, in: Macharzina, K./Welge, M.<br />

(Hrsg.), Handwörterbuch Export und Internationale Unternehmung, Enzyklopädie<br />

der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart 1989; Bonart, Th., Just-In-Time nach<br />

Übersee?, in: Internationales Verkehrswesen, 3 (1994), S. 118-121; Schneider D.,<br />

Distributionspolitik und <strong>Vertrieb</strong>swege bei internationaler Unternehmenstätigkeit,<br />

in: Kumar, B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit,<br />

S. 735-755, München 1992; Ohlig, J., Handwörterbuch Export-Import-Spedition,<br />

10. Aufl., Wiesbaden 1986; Pfohl, H.-Chr., Logistiksysteme,<br />

4. Aufl., Berlin u.a. 1990; RKW-Handbuch Logistik, Bd.1-Bd.3 (Loseblattsammlung),<br />

Berlin 1981; Robock, S.H./Simmonds, K., International Business<br />

and Multinational Enterprises, 4. Aufl., Homewood/IL u.a. 1989.<br />

Literatur: Bonart, Th., Fallstudie: Der Kapitalwert einer ausländischen Tochterunternehmung,<br />

in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium WiSt, 1 (1995), S.<br />

53-56; Mrotzek, R., Bewertung direkter Auslandsinvestitionen mit Hilfe betrieblicher<br />

Investitionskalküle, Wiesbaden 1989; Moeser, G., Internationale Akquisitionen<br />

und Fusionen als strategie des Markteintritts in Auslandsmärkten, in: Kumar,<br />

B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmen-<br />

2


stätigkeit, München 1992, S. 175-196; Schoppe, G.S. (Hrsg.), Kompendium der<br />

Internationalen Betriebswirtschaftslehre, 12. Kapitel, München 1991; Wacker,<br />

W., Steuerpolitik bei internationaler Unternehmenstätigkeit, in: Kumar,<br />

B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit,<br />

München 1992, S. 873-894.<br />

Literatur: Ansoff, H.I., An Analytical approach to Business Policy for Growth<br />

and Expansion, New York u.a. 1965; Bruhn, M., Werbung und Kommunikation<br />

für internationale Märkte, in: Kumar, B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der<br />

Internationalen Unternehmenstätigkeit, S. 703-734, München 1992; Hirzel Leder<br />

u. Partner (Hrsg.), Synergiemanagement: Komplexität beherrschen - Verbundvorteile<br />

erzielen, Wiebaden 1993; Moeser, G., Internationale Akquisition und<br />

Fusion als Strategie des Markteintritts in Auslandsmärkten, Bruhn, M., Werbung<br />

und Kommunikation für internationale Märkte, in: Kumar, B.N./Haussmann H.<br />

(Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit, S. 549-567, München<br />

1992; Ropella, W., Synergie als strategisches Ziel der Unternehmung, Berlin<br />

u.a. 1989.<br />

Dembeck, H., Gefahren beim Umgang mit Chemikalien, Tabellenbuch für den<br />

Praktiker, 4. Aufl., Stuttgart 1997<br />

Tretzel<br />

Literatur: Franke, H./Gollnick, R., Ökonomische Aspekte der Gestaltung von<br />

Gefahrguttransporten, in: Internationales Verkehrswesen, Jg.45, Nr.12, 1993, S.<br />

713-717; Müller, N., Gefahrgut-Transportlogistik, in: RKW Handbuch (Loseblattsammlung),<br />

Ziffer 1430, Berlin 1981; Müller, N., Gefahrgut-Lagerlogistik,<br />

in: RKW Handbuch (Loseblattsammlung), Ziffer 1435, Berlin 1981; Piehl, Th.,<br />

Die Risiken der Gefahrstoffe, in: Internationales Verkehrswesen, Jg.48, Nr.1+2,<br />

1996, S. 49-51; Ridder, K., Kennzeichnung von Verpackung und Fahrzeugen mit<br />

gefährlichen Gütern, München 1993.<br />

Prof. Dr. Thomas Bonart<br />

3


Zur Steigerung des langfristigen Gewinns können wir den Umsatz bei konstanten<br />

Kosten erhöhen, die Kosten bei konstantem Umsatz verringern, oder beide Größen<br />

simultan optimieren. Der erste Fall betrifft die Verkaufsbereiche, der zweite<br />

die Produktions- und Verwaltungsbereiche und bei der simultanen Optimierung<br />

müssen wir von einer Gesamtplanung ausgehen. In der Praxis durchlaufen Industrieunternehmen<br />

Phasen, in denen mal der erste und dann der zweite Fall dominiert.<br />

Eine simultane Planung und Umsetzung bindet mehrere Unternehmensbereiche<br />

gleichzeitig ein und ist wegen der Komplexität des sozialen Systems eines<br />

Unternehmens teuer und schwer realisierbar.<br />

2.8 Aufgaben zum 2. Kapitel<br />

1. Aufgabe<br />

Erläutern Sie den Begriff: Adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozess.<br />

2. Aufgabe<br />

Nennen Sie produktbezogene und unternehmensbezogene Funktionen.<br />

3. Aufgabe<br />

Grenzen die die Begriffe <strong>Vertrieb</strong>, Absatz und Marketing voneinander ab.<br />

4. Aufgabe<br />

Was versteht man unter produktions-, kapitalmarkt- und marketingorientierten<br />

Zielen der Unternehmenführung?<br />

5. Aufgabe<br />

Aus welchen Elementen baut sich die Nutzwertanalyse auf?<br />

6. Aufgabe<br />

Warum führt eine Spartenorganisation zu Synergieverlusten?<br />

7. Aufgabe (Anhang)<br />

4


Gewichte können im Sinne von Substitutionsraten interpretiert werden, die zwischen<br />

Teilzielen bestehen. Zeigen Sie diesen Zusammenhang.<br />

5


2.9 Literaturempfehlungen<br />

BAMBERG, G., COENENBERG, A.G., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre,<br />

7. Aufl., München 1992, S. 54 ff.<br />

DRUKARCZYK, J., Finanzierungstheorie, München 1980, S. 260 ff.<br />

KUHN, A., Unternehmensführung, 2. Aufl., München 1990, S. 21-23.<br />

MEYER, J. A., Kreativitätstechniken, in: WiSt - Wirtschaftswissenschaftliches<br />

Studium, 22. Jg. (1993) Nr. 9, S. 94, 446-450.<br />

MÜLLER-HAGEDORN, L., Einführung in das Marketing, Darmstadt 1990, S.<br />

5-11.<br />

NIESCHLAG, R., DICHTL, E., HÖRSCHGEN, H., Marketing, 17. Aufl., Berlin<br />

1994, S. 4-25, 27ff.<br />

SCHNEEWEIß, CHR., Planung, Berlin, Heidelberg, New York 1991, S. 45 ff.,<br />

75f, 132 ff.<br />

SCHWEITZER, M., Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre, in F.X. BEA, E.<br />

DICHTL, M. SCHWEITZER (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,<br />

Bd. 1: Grundfragen, 6. Aufl., Stuttgart, Jena 1992, S. 19, 43-55.<br />

STAEHLE, W. H., Management, 7 .Aufl., München 1994, S. 88 f., 400 ff.<br />

TIETZ, B., Marketing - Zeitschrift für Forschung und Praxis, 15. Jg., Nr. 3<br />

(1993), S. 149-151, 158.<br />

ULRICH, P., FLURI, E., Management, 6. Aufl., Bern, Stuttgart 1992, S. 77 ff. .<br />

6


Quellen:<br />

Borchmann, M., GATT-Auftakt zu einer neuen Welthandelsrunde, Betriebsberater<br />

International, Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1987, Heft 6, S.<br />

444-449.<br />

Hailbronner, K., Bierwagen, R.M. , „Neue“ Formen des Dumping und ihre Regelung<br />

im Außenwirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaften, Betriebsberater<br />

International, Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1988, Heft 9, S.<br />

705-715.<br />

Kramer, S., Die Meistbegünstigung, Betriebsberater International, Recht der Internationalen<br />

Wirtschaft, RIW 1989, Heft 6, S. 473-481.<br />

Bogdandy, A.v., Eine Ordnung für das GATT, Betriebsberater International,<br />

Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1991, Heft 1, S. 55-61.<br />

Scheffler, D., Juristische Aspekte der Subventionsproblematik im GATT, Betriebsberater<br />

International, Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1993, Heft<br />

5, S. 401-409.<br />

Handbuch für Internationale Zusammenarbeit, Sonderorganisationen, IAEA und<br />

GATT. Verlauf, Bedeutung und Ergebnisse der Uruguay-Runde, III A 80 13,<br />

322. Lieferung, Juli 1994, S. 1-48.<br />

(vgl. Borchmann, 1987, S. 444 f):<br />

(Bogandy, 1991, S. 56):<br />

(vgl. Kramer, 1989, S. 478 f)<br />

(Borchmann, 1987, S. 445)<br />

(vgl. News of the Uruguay Round, Press backgropund briefs, Genf, November<br />

1990, S. 35)<br />

(vgl. Fröhlich, H.P., Das GATT am Scheideweg, 1989, S. 19)<br />

7

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