Vertrieb
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Thomas Bonart<br />
<strong>Vertrieb</strong><br />
Skript<br />
I
Inhaltsverzeichnis<br />
Verzeichnis der Abbildungen...................................................................................... IX<br />
Verzeichnis der Abkürzungen..................................................................................... XI<br />
Verzeichnis der Variablen ..........................................................................................XII<br />
Hinweise zu den Literaturempfehlungen................................................................ XIII<br />
1 Einleitung ...................................................................................................................1<br />
1.1 Produkte 1<br />
1.2 Tausch 4<br />
1.3 Anhang: Export/Import-Statistik 11<br />
1.4 Aufgaben 12<br />
1.5 Literaturempfehlungen 12<br />
2 <strong>Vertrieb</strong> und Marketing .........................................................................................13<br />
2.1 Marketing 14<br />
2.2 Marketing in der Aufbauo rganisation 17<br />
2.3 <strong>Vertrieb</strong> 20<br />
2.4 <strong>Vertrieb</strong> und Unternehmen serfolg 25<br />
2.5 Nutzwert- und Kosten-Wi rksamkeitsanalyse 33<br />
2.6 Anhang: Bewertung und G ewichtung 41<br />
2.7 Aufgaben 43<br />
2.8 Literaturempfehlungen 44<br />
3 <strong>Vertrieb</strong> und Wettbewerb.......................................................................................45<br />
3.1 Substitutionalität und Vert riebsleistung 45<br />
3.1.1 Substitutionalität und Produkthierarchien 48<br />
3.1.2 Substitutionalität und Kreuzpreiselastizitäten 51<br />
3.1.3 Stochastische Analyse der Substitutionalität 53<br />
3.2 Differenzierung der Vertri ebsstrategien 61<br />
3.2.1 Theorie der Marktsegmente 61<br />
3.2.2 Praktische Anforderungen an die Marktsegmentierung 65<br />
3.3 Anhang: Teststatistik 68<br />
3.3.1 Hypothesen H 0 und H 1 68<br />
3.3.2 Verteilungsfunktion 70<br />
3.3.3 Annahme- und Ablehnungsbereich beim einseitigen Z-Test 75<br />
3.4 Aufgaben 76<br />
3.5 Literaturempfehlungen 77<br />
4 Der Verkauf .............................................................................................................78<br />
4.1 Das Totalmodell 79<br />
4.1.1 Verhalten des individuellen Einkäufers 79<br />
4.1.2 Der institutionelle Ansatz 89<br />
4.2 Partialmodelle 90<br />
4.3 Verkäufer 91<br />
4.4 Das Verkaufsgespräch 94<br />
VII
4.5 Der Innendienst 104<br />
4.6 Bindungen und Behinderu ngen von Händlern 105<br />
4.7 Das kollektive Marktverh alten 113<br />
4.8 Horizontale Behinderunge n 117<br />
4.9 Aufgaben 120<br />
4.10 Literaturempfehlungen 121<br />
5 Auslandsvertrieb ...................................................................................................122<br />
5.1 Formen des Auslandsenga gements 122<br />
5.1.1 Export und Import 122<br />
5.1.2 Vom Export zu Direktinvestitionen 126<br />
5.2 Währungskurse und Währ ungsrisiko 129<br />
5.2.1 Wechselkurse 129<br />
5.2.2 Kaufkraftparitäten 135<br />
5.2.3 Backward Bending der De visenangebotskurve 137<br />
5.2.4 Absicherung von Wechse lkursrisiken 140<br />
5.2.5 Zahlungsbilanz 143<br />
5.3 Grundordnung des interna tionalen Handels 146<br />
5.3.1 Internationale Kostenvort eile und effiziente Allokation 146<br />
5.3.2 Die Ordnung des GATT 152<br />
5.3.2.1 Grundsätze 154<br />
5.3.2.2 Die Uruguay-Runde 165<br />
5.4 Aufgaben 168<br />
5.5 Literaturempfehlungen 170<br />
6 Internationale Distribution...................................................................................172<br />
6.1 Internationale Absatzkanä le 172<br />
6.2 Beispiel eines Exportgesc häftes 180<br />
6.3 Auftragsabwicklung und A uftragsmanagement 184<br />
6.4 INCO-Terms und Preiskalkulation 189<br />
6.5 Die Transportversicherung 193<br />
6.6 Internationale Logistik un d Containerverkehr 199<br />
6.7 Gefahrguttransporte 206<br />
6.8 Dislozierung von Ausland sstandorten 211<br />
6.8.1 Direktinvestitionsentscheidung 211<br />
6.8.2 Länderrisiken und Kapital wert 216<br />
6.8.3 Synergie und Kapitalwert 219<br />
6.9 Aufgaben 222<br />
6.10 Literaturempfehlungen 225<br />
7 Stichwortverzeichnis .............................................................................................227<br />
VIII
Verzeichnis der Abbildungen<br />
Abb. 1: Stoffkreislauf .................................5<br />
Abb. 2: Gleichgewicht auf einem<br />
Wettbewerbsmarkt.........................6<br />
Abb. 3: Effizienzsteigerung d. Produktion .7<br />
Abb. 4: Steigerung der Präferenz................7<br />
Abb. 5: Bruttosozialprodukt .......................8<br />
Abb. 6: Wachtumsraten des<br />
Bruttosozialprodukts der (alten)<br />
Bundesrepublik Deutschland .........9<br />
Abb. 7: Anbieter- und Nachfragermärkte ...9<br />
Abb. 8: Kunden lenken die<br />
Unternehmensentscheidungen .....10<br />
Abb. 9: Außenhandel der Bundesrepublik<br />
Deutschland nach<br />
Produktgruppen ...........................11<br />
Abb. 10: Funktionen im<br />
Industrieunternehmen ..................13<br />
Abb. 11: Interdisziplinärer Ansatz..............15<br />
Abb. 12: Strategisches Dreieck...................15<br />
Abb. 13: Marketingplanung........................16<br />
Abb. 14: Marketing.....................................17<br />
Abb. 15: Marketing als<br />
Absatzvorbereitung......................18<br />
Abb. 16: Funktionsorientierte Organisation19<br />
Abb. 17: Spartenorganisation .....................20<br />
Abb. 18: <strong>Vertrieb</strong>........................................21<br />
Abb. 19: adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozeß............23<br />
Abb. 20: Widerspruchssystem des adaptiven,<br />
marktorientierten<br />
<strong>Vertrieb</strong>es.....................................24<br />
Abb. 21: Betroffene eines<br />
Industrieunternehmens.................26<br />
Abb. 22: Technische Ergiebigkeit als<br />
Oberziel........................................26<br />
Abb. 23: Produktionsmöglichkeitsraum<br />
eines Unternehmens mit zwei<br />
Produkten bei konstanten<br />
Ressourcen und Technologien.....27<br />
Abb. 24: „shareholder value“ als Ziel.........28<br />
Abb. 25: Erfolgsbeitrag mittels multipler<br />
Regression und Wirkung-zu-<br />
Kosten-Relation ...........................30<br />
Abb. 26: Kundenzufriedenheit als Ziel.......31<br />
Abb. 27: Kundenzufriedenheit und<br />
Anteilswert...................................32<br />
Abb. 28: Legende........................................33<br />
Abb. 29: Lineares Nutzwertmodell.............35<br />
Abb. 30: Einzelschritte einer Nutzwert- u.<br />
Kosten-Wirksamkeitsanalyse ......36<br />
Abb. 31: Gewichte und Bewertungen ........ 37<br />
Abb. 32: Ermittlung der<br />
Kostenwirksamkeiten.................. 38<br />
Abb. 33: Maßnahmen................................. 39<br />
Abb. 34: Nutzenfunktion mit linearen<br />
Indifferenzkurven........................ 41<br />
Abb. 35: Substitutionsrate und Gewichte... 42<br />
Abb. 36: Beispiele von Variablen der<br />
Unternehmensentscheidung ........ 45<br />
Abb. 37: Determinanten der<br />
Substitutionalität ......................... 47<br />
Abb. 38: Produkthierarchie und<br />
Konkurrenz.................................. 48<br />
Abb. 39: Beispiel einer Produkthierarchie . 50<br />
Abb. 40: Kreuzpreiselastizität.................... 51<br />
Abb. 41: Beispiel einer Ausgangsmatrix.... 57<br />
Abb. 42: Beispiel einer Wechselmatrix...... 57<br />
Abb. 43: Marktanteile ................................ 58<br />
Abb. 44: Beispiel zweier<br />
<strong>Vertrieb</strong>sleistungspakete ............. 62<br />
Abb. 45: Linearer Kostenverlauf................ 63<br />
Abb. 46: Gewinn bei Segmentierung ......... 63<br />
Abb. 47: Optimale Segmentanzahl............. 64<br />
Abb. 48: Segmentierungskriterien.............. 67<br />
Abb. 49: Binomialprozeß ........................... 70<br />
Abb. 50: Standardnormalverteilung und<br />
Ablehnungsbereich...................... 75<br />
Abb. 51: Totalmodell der<br />
Konsumentscheidung .................. 80<br />
Abb. 52: Kategorien der<br />
Verhaltensaktivierung ................. 80<br />
Abb. 53: Kognitive Prozesse...................... 83<br />
Abb. 54: Bedeutung von Einstellungen...... 84<br />
Abb. 55: Verbundprozesse ......................... 84<br />
Abb. 56: Involvement-Typen ..................... 85<br />
Abb. 57: Beteiligte am<br />
Kaufentscheidungsprozeß ........... 89<br />
Abb. 58: Struktur des dyadischen<br />
Interaktionssystems ..................... 94<br />
Abb. 59: Verhaltensnormen von<br />
Verkäufern................................... 95<br />
Abb. 60: Persönliche Merkmale, die ein<br />
Verkaufsgespräch erleichtern...... 97<br />
Abb. 61: Regeln für Verkaufsverhandlungen<br />
........................... 101<br />
Abb. 62: Akzeptanzgrenzen und<br />
Kompromißzonen...................... 103<br />
Abb. 63: Aufgaben des Innendienstes...... 105<br />
Abb. 64: externe Absatzorgane ................ 106<br />
IX
Abb. 65: Funktionen der Händler .............106<br />
Abb. 66: Gesetze, die den Wettbewerb<br />
sichern und stärken sollen..........107<br />
Abb. 67: Bindung, Behinderung u. vertikale<br />
Verhaltenskoordination......107<br />
Abb. 68: Ausnahmen vom Verbot der<br />
Inhaltsbindungen........................109<br />
Abb. 69: Vertikale Machtverteilung .........110<br />
Abb. 70: Vertikale Behinderungspraktiken<br />
....................................111<br />
Abb. 71: Verstoß gegen die guten Sitten<br />
§ 1 UWG....................................112<br />
Abb. 72: Empfehlungen, die keine<br />
Ordnungswidrigkeit darstellen...112<br />
Abb. 73: Kollektives Marktverhalten .......113<br />
Abb. 74: Gründe für Marktversagen mit<br />
Beispielen ..................................113<br />
Abb. 75: Gegenstand von Kartellen..........114<br />
Abb. 76: Horizontale Behinderungspraktiken<br />
....................................118<br />
Abb. 77: Importsog...................................123<br />
Abb. 78: Exportdruck ...............................124<br />
Abb. 79: Einfuhr von Erdöl und Erdgas ..124<br />
Abb. 80: Einbruch des Außenhandels<br />
um das Jahr 1980 .......................125<br />
Abb. 81: Formen des Auslandsengagements<br />
von Produzenten...126<br />
Abb. 82: Öffnungszeiten der Börsen ........130<br />
Abb. 83: Währungsmarkt..........................131<br />
Abb. 84: Entscheidungsprozeß .................133<br />
Abb. 85: Risikopräferenzen ......................134<br />
Abb. 86: Beispiele einiger Risikoarten<br />
durch Auslandsengagement .......134<br />
Abb. 87: Backward Bending.....................138<br />
Abb. 88: Importnachfrage.........................140<br />
Abb. 89: Devisenangebot..........................140<br />
Abb. 90: Ziel-Sortiment, Import und<br />
Export ........................................147<br />
Abb. 91: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Muttergesellschaft (1. Fall)..151<br />
Abb. 92: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Muttergesellschaft (2. Fall)..151<br />
Abb. 93: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Tochtergesellschaft (1. Fall) 151<br />
Abb. 94: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Tochtergesellschaft (2. Fall) 151<br />
Abb. 95: GATT-Verhandlungsrunden......154<br />
Abb. 96: Meistbegünstigung.....................155<br />
Abb. 97: Regeln gegen wichtige nichttarifäre<br />
Beschränkungen ............157<br />
Abb. 98: Dumping ....................................163<br />
Abb. 99: Indirekter und direkter<br />
Außenhandel ............................. 173<br />
Abb. 100: Räumliche Funktion des<br />
Handels...................................... 174<br />
Abb. 101: Ermittlung der ordinalen<br />
Rangfolge der Alternativen ....... 179<br />
Abb. 102: Exportkette ................................ 180<br />
Abb. 103: Funktionen des Konnossements 182<br />
Abb. 104: Merkmale der logistischen<br />
Leistung..................................... 185<br />
Abb. 105: Auftragsinvolvierte<br />
Unternehmensbereiche.............. 185<br />
Abb. 106: Kommunikationsströme im<br />
sternförmigen globalen Netz ..... 186<br />
Abb. 107: Automatische Auftragsprüfung. 187<br />
Abb. 108: Auftragsverwaltung................... 188<br />
Abb. 109: Aufträge..................................... 188<br />
Abb. 110: INCO-Terms (Auswahl)............ 190<br />
Abb. 111: Mindestpreiskalkulation............ 192<br />
Abb. 112: Kommissionsberechnung .......... 193<br />
Abb. 113: Vertragsfreiheit und<br />
Einschränkungen ....................... 194<br />
Abb. 114: Einteilung der<br />
Transportversicherungen........... 195<br />
Abb. 115: Seekaskoversicherung ............... 196<br />
Abb. 116: Cargoversicherung .................... 197<br />
Abb. 117: Bestand an Seeschiffen unter<br />
deutscher Flagge........................ 201<br />
Abb. 118: Segelliste (Auszug) ................... 202<br />
Abb. 119: Internationaler Frachtverkehr<br />
von deutschen Flughäfen .......... 203<br />
Abb. 120: Containerverkehr zwischen<br />
Deutschland und USA in TEU.. 205<br />
Abb. 121: Gesetze, Verordnungen und<br />
Empfehlungen für den<br />
Transport von Gefahrgütern...... 207<br />
Abb. 122: Gefahrgutklassen....................... 208<br />
Abb. 123: Warntafel für Butan................... 209<br />
Abb. 124: Bedeutung besonderer<br />
Ziffernfolgen ............................. 210<br />
Abb. 125: Beispiele von Warntafeln mit<br />
Kemmler-Zahl und<br />
UN-Nummer.............................. 210<br />
Abb. 126: Bausteine des Kapitalwerts ....... 213<br />
Abb. 127: Internationaler Kapitalwert ....... 213<br />
Abb. 128: Heuristischer Prozess zur<br />
internationalen Strategie............ 215<br />
Abb. 129: Risikoindex und<br />
Handlungsempfehlungen........... 218<br />
Abb. 130: Kalkulationsbeispiel.................. 223<br />
Abb. 131: Beispiel zur Kapitalwertformel . 224<br />
X
Verzeichnis der Abkürzungen<br />
ADS Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen<br />
Art. Artikel<br />
BERI business environment risk<br />
BL bill of lading<br />
BRT Bruttoregistertonnen<br />
CIF cost, insurance, freight<br />
CO 2 Kohlendioxid<br />
DDP delivered duty paid<br />
DDU delivered duty unpaid<br />
DEQ delivered ex quay<br />
DIN Deutsches Institut für Normung<br />
EFTA European Free Trade Association<br />
EG Europäische Gemeinschaft<br />
EU Europäische Union<br />
ETA estimated time of arrival<br />
ETW ex works<br />
FOB free on board<br />
GATT General Agreement on Tarifs<br />
and Trade<br />
GefGutG Gefahrgutgesetz<br />
GGV Gefahrgutverordnung<br />
GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung<br />
HGB Handelsgesetzbuch<br />
INCO International Commercial ...<br />
ISO International Organizaton for<br />
Standardization<br />
ITO International Trade Organisation<br />
J.I.T. Just-In-Time<br />
lb US-Pfund<br />
MAIS Marketinginformationssystem<br />
max Maximum<br />
min Minimum<br />
MIS Managementinformationssystem<br />
MT metrische Tonne<br />
NAFTA North-American-Free-Trade-<br />
Association<br />
OECD Organisation of Economic Cooperation<br />
and Developement<br />
poe port of entry<br />
PE Polyehtylen<br />
PP Polypropylen<br />
PVC Polyvinylchlorid<br />
Seg. Segment<br />
S-O-R Stimulus-Organism-Response<br />
S-R Stimulus-Response<br />
Stat. Statistisches ...<br />
TEU twenty-foot-equivalent-unit<br />
THC terminal handling charge<br />
TRIPS Trade-Related Aspects of Intellectual<br />
Property Rights<br />
TÜV Technischer Überwachungsverein<br />
UNO United Nations Organisation<br />
UNCTADUnited Nation Conference on<br />
Trade and Developement<br />
UWG Gesetz gegen den unlauteren<br />
Wettbewerb<br />
VAG Versicherungsaufsichtsgesetz<br />
VVG Versicherungsvertragsgesetz<br />
WIPO World Intellectual Property Organisation<br />
WTO World Trade Organisation<br />
XI
Verzeichnis der Variablen<br />
a Aktion, Maßnahme, Ausland<br />
A Anfangsauszahlung, Marke,<br />
Konstante, Staat<br />
b Binomialverteilung<br />
B Kreditbetrag, Marke, Staat<br />
c direkte Kosten pro Stück<br />
C Marke, Staat<br />
D Abschreibung, Marke<br />
DB Deckungsbeitrag<br />
E Marke, Erwartungswert<br />
d, ∆ Differenz<br />
e Elastizität<br />
e Eulersche Zahl<br />
f Inflationsrate<br />
F fixe Kosten<br />
g Gewicht<br />
GE Geldeinheit<br />
H Hypothese<br />
i Index, Ist-Wert, Inland, Diskontierungszins<br />
j Index<br />
k Stückkosten<br />
k v variable Stückkosten<br />
K Grenzkosten<br />
K Kapitalwert, Kosten, Gesamtkosten,<br />
verfügbare Mittel, Kombinationen<br />
K Kostenbudget<br />
m Merkmal<br />
n Anzahl von Stichprobenelementen,<br />
Index<br />
nˆ gemessene Anzahl von Merkmalswechslern<br />
n~ in der Stichprobe<br />
Anzahl von Merkmalswechslern<br />
in der Stichprobe, Zufallsvariable<br />
N Nutzwert, Normalverteilung<br />
p Index, Marktpreis, Mindesverkaufspreis<br />
Q Angebotsmenge<br />
r Index, Wechselkurs<br />
R Restwert<br />
s Soll-Wert, Gewinnsteuersatz<br />
S erwarteter Marktanteil<br />
σ<br />
2<br />
Varianz<br />
t Periode, Jahr<br />
T Zeithorizont, Tilgungsbeitrag<br />
U subjektiver Zielerreichungsgrad<br />
x Indikator, Importnachfragemenge<br />
x~ Zufallsvariable<br />
X Nachfragemenge, Maßnahme,<br />
Marke, Länderrisikofaktor<br />
Ye erwarteter Aktienwert<br />
z Ziel<br />
Z Menge der Ziele<br />
Z ~ standardisierte Zufallvariable<br />
Hinweise zu den Literaturempfehlungen<br />
Literaturangaben sind als Quellennachweise und zum Selbststudium jeweils an<br />
den Kapitelenden aufgeführt. Weichen die Anfangs- und Endseitenzahlen eines<br />
Artikels in einer Zeitschrift oder einem Sammelwerk von der Leseempfehlung<br />
ab, dann werden diese in eckige Klammern dem Quellennachweis angefügt.<br />
Beispiel: SUJAN, H., WEITZ, B.A., KUMAR N., Learning orientation, working<br />
smart, and effective selling, in: Journal of Marketing, Vol. 58<br />
(Juli 1994), S. 39-52 [S. 39-48].<br />
XII
1 Einleitung<br />
1.1 Produkte<br />
Der <strong>Vertrieb</strong> gliedert sich in die Funktionen des Verkaufs, der Bereitstellung<br />
und des Transports von Gütern. Wenn ein Kunde ein Erzeugnis der Industrieproduktion<br />
erwirbt, dann kauft er auch die <strong>Vertrieb</strong>sleistung mit, welche zu einer<br />
bedeutsamen Eigenschaft des Produktes wird.<br />
Beim Zusammenspiel zwischen Produktion und <strong>Vertrieb</strong> im Industrieunternehmen<br />
stoßen zwei Denkkulturen aufeinander, die nur schwer unter dem Dach einer<br />
integrierenden Unternehmensphilosophie zu vereinen sind. Auf der einen<br />
Seite steht die Vorstellung des Produktes als eine objektive stoffliche Ansammlung<br />
verschiedener Bausteine. Auf der anderen Seite sieht man das Produkt<br />
als einen subjektiven Nutzenwert.<br />
Ein Beispiel macht dieses deutlich:<br />
Der Produzent sieht in einem Schlauch aus dem Kunststoff PVC sicherlich<br />
ein „anderes Produkt“ als in einen Schlauch aus Polyester, da sich<br />
die Produktionsprozesse und verwendeten Vorprodukte vollkommen<br />
unterscheiden. Für den <strong>Vertrieb</strong> handelt es sich aber dann um das „gleiche<br />
Produkt“, wenn der industrielle Kunde zwischen dem Aussehen, der<br />
Anwendung und der Haltbarkeit nicht differenziert. Umgekehrt stellt<br />
sich ein Maschinenfett aus der Sicht des <strong>Vertrieb</strong>es als ein „anderes Produkt“<br />
dar als ein Lebensmittelfett. Wenn es sich chemisch-physikalisch<br />
aber um die gleichen Stoffe handelt, die aus der gleichen Produktionsanlage<br />
kommen, dann würde der Produzent nicht von zwei Produkten<br />
sprechen. Die Abgrenzung der Produkte ist subjektiv und zweckbezogen.<br />
Produkte können Konsumzwecken der privaten Haushalte dienen. Diese Konsumgüter<br />
werden aus Vorprodukten, sogenannten Produktionsgütern, unter<br />
Zuhilfenahme von Investitionsgütern hergestellt. Produktionsgüter sind solche,<br />
1
die im industriellen Prozeß in kurzer Zeit verbraucht werden und stofflich in andere<br />
Produkte eingehen. Investitionsgüter besitzen eine relativ lange Lebenszeit,<br />
werden als Werkzeuge im Produktionsprozeß eingesetzt und verbrauchen sich<br />
hierbei zwar wertmäßig, gehen aber nicht stofflich in die erzeugte Leistung ein.<br />
Personalcomputer beispielsweise, die wir für die Büroausstattung einer<br />
Firma der Meß- und Regeltechnik liefern, haben dort die Funktion von<br />
Investitionsgütern. Fertigt diese Firma aber Verkaufsprodukte, die unsere<br />
Geräte als Systemkomponenten enthalten (Systemmarketing), dann<br />
werden die Personalcomputer zu Produktionsgütern. Verkaufen wir die<br />
Computer hingegen an private Haushalte, sind sie Konsumgüter.<br />
Im Industriebereich unterscheiden wir Commodities und Spezialitäten:<br />
Bei „Commodities“ finden die Tauschbeziehungen in einem Umfeld<br />
mit guten und sicheren Informationen über Anwendungen, Beschaffenheiten<br />
und Preise aller im Wettbewerb zueinander stehenden Produkte<br />
statt. Die Produkte sind standardisiert, nicht erklärungsbedürftig und ihr<br />
Verkauf findet bei einer hohen Markttransparenz über Telefon und Fax<br />
statt. Nur durch niedrige Preise oder spezielle Dienstleistungen am Kunden<br />
kann ein Vorteil im Markt erlangt werden. Die Kunden können<br />
leicht zwischen den Produkten auswählen, was zu einem hohen Wettbewerb<br />
zwischen den Anbietern führt.<br />
Hiervon unterscheidet man die hinsichtlich ihrer Anwendung und Beschaffenheit<br />
erklärungsbedürftigen Spezialitäten. Produzenten können<br />
sie nur dann verkaufen, wenn Außendienstmitarbeiter den Kunden die<br />
Vorteilhaftigkeit persönlich erklären. Man vereinbart häufig längere<br />
Versuchsreihen, bevor es zu einem Verkauf kommt. Spezialitäten zeichnen<br />
sich durch zahlreiche Varianten bei geringer Markttransparenz aus.<br />
Zwischen den Anbietern herrscht ein relativ geringer Wettbewerb, da<br />
Kunden nur unter großem Aufwand (Suchkosten) oder mit einem großen<br />
Kaufrisiko von einem zum anderen Produkt wechseln können<br />
(Wechselkosten).<br />
2
Beispiel: Industrieanlagen benötigen Wärmeträgeröle, mit denen Wärme<br />
zu- oder abgeführt werden kann. Diese Öle sind langlebig und speziell<br />
auf die einzelnen Anlagen abgestimmt. Ein Wechsel der Öle ist teuer<br />
und bedarf einer genauen Recherche. Testergebnisse müssen analysiert<br />
werden. Wegen zahlreicher Varianten und der Vielzahl physikalischtechnischer<br />
Daten, die betrachtet werden müssen, ist der Markt unübersichtlich.<br />
Man versucht in der Praxis durch den besonderen Einsatz von <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen,<br />
„Commodities“ in Spezialitäten zu verwandeln, um hierdurch den Substitutionswettbewerb<br />
zu verringern. In diesem Zusammenhang erlangen Differenzierungs-,<br />
Segmentierungs- und Markenstrategien große Bedeutung.<br />
Typisch für den Industriebereich sind die folgenden <strong>Vertrieb</strong>smerkmale:<br />
• Industrieunternehmen als Kunden<br />
• Verschiedene Personen, die sich häufig nicht alle gegenseitig kennen,<br />
als Käufer, Verwender, Entscheider und Berater<br />
• Lange Kaufentscheidungsprozesse (z.B. Testreihen)<br />
• Geringe Kundenzahl (Nachfrageoligopole)<br />
• Hohe Internationalität (Abb. 9, S. 11)<br />
• Direktvertrieb<br />
• Persönliche Marktkontakte<br />
Hiervon grenzen wir den Konsumgütervertrieb ab:<br />
Konsumgüter unterscheidet man nach Lebensdauer und Funktion.<br />
Verbrauchsgüter dienen der täglichen Lebenserhaltung (Nahrung,<br />
Energie, Hygiene) und sind zur einmaligen Verwendung bestimmt. Gebrauchsgüter<br />
eignen sich für eine häufige und langfristige Anwendung.<br />
Ein weiteres Differenzierungsmerkmal liegt im Einkaufsverhalten der<br />
Konsumenten. So sind „Convenience Goods“ häufig gekaufte Güter.<br />
Die Märkte besitzen eine hohe Transparenz (z.B. Zeitungen, Seife) und<br />
Kunden zeigen nur geringe Bereitschaft zu Beschaffungsanstrengungen.<br />
3
„Shopping Goods“ stehen für weniger häufig gekaufte Güter mit mittlerer<br />
Markttransparenz. Die Bereitschaft, Beschaffungsanstrengungen<br />
auf sich zu nehmen, ist deutlich erhöht (z.B. Möbel, Schuhe). Selten gekaufte<br />
Produkte, die man in Märkten mit geringer Transparenz handelt,<br />
bezeichnen wir als „Speciality Goods“. Der Konsument investiert viel<br />
Zeit und Mühe, diese Güter zu erwerben (z.B. technische Produkte,<br />
Sammlerobjekte).<br />
Der <strong>Vertrieb</strong> von Konsumgütern weist folgende typische Merkmale auf:<br />
• Auf die Endstufe des Wirtschaftsprozesses gerichtet (private Konsumenten)<br />
• Einkaufen, Verwenden, Entscheiden und Informationsbeschaffung<br />
durch eine Person oder durch wenige, gegenseitig gut bekannte (Familien-)Mitglieder<br />
des privaten Haushalts<br />
• Kurze Kaufentscheidungsprozesse<br />
• Große Kundenzahl<br />
• <strong>Vertrieb</strong> über den Groß- und Einzelhandel (Zwischenstufen)<br />
• Auf den Binnenmarkt und viele Regionalmärkte konzentriert<br />
• Anonyme Marktkontakte zur Endstufe<br />
1.2 Tausch<br />
Am Herstellungsprozess eines Produktes sind in der Regel mehrere Unternehmen<br />
des In- und Auslandes beteiligt. Diese gewinnen Rohstoffe, arbeiten sie zu industriellen<br />
Grundstoffen um, stellen grundlegende Komponenten her, fügen diese<br />
zu Systemen zusammen, nehmen die Endmontage vor, lackieren und beschriften<br />
die Gehäuse. Ein Unternehmen können wir als ein kooperatives Entscheidungssystem<br />
verstehen. Dieses umgeben nicht-kooperative, nach den Regeln des Wettbewerbs<br />
funktionierende, globale Tauschsysteme (Märkte). Hier finden Kauf-/<br />
Verkaufs-, Ex-/Import- und Transportaktivitäten statt, wodurch die internationale<br />
Koordination der Güterströme (vgl. Abb. 1, S. 5) in quantitativer, qualitativer,<br />
räumlicher und zeitlicher Hinsicht gewährleistet wird.<br />
Die Tauschbeziehungen, die Industrieunternehmen untereinander, sowie mit<br />
Handelsunternehmen und privaten Haushalten im In- und Ausland (vgl. Abb. 9,<br />
4
S. 11) unterhalten, können wir als das wesentliche Element des <strong>Vertrieb</strong>es begreifen.<br />
Abb. 1: Stoffkreislauf<br />
Verkaufen, Bereitstellen und Transportieren sind Dienstleistungen mit der<br />
Aufgabe, den Tausch der erzeugten Sachleistungen gegen Geld zu ermöglichen<br />
und zu optimieren. Hierbei spielen die Informationsbedingungen, unter denen<br />
die Tauschhandlungen stattfinden, eine wichtige Rolle.<br />
Ein Tauschsystem mit Anbietern und Kunden eines Gutes läßt sich durch das<br />
Modell des Wettbewerbsmarktes (vgl. Abb. 2, S. 6) konzeptionell darstellen:<br />
Die Angebotsfunktion Q(p) beschreibt das Verhalten der Anbieter insgesamt:<br />
Zum Marktpreis p 1 bieten diese die Menge Q 1 an und bei p 2 die<br />
Menge Q 2 . Mit sinkendem Marktpreis sinkt das Angebot, weil Produzenten<br />
mit zu hohen Kosten aus dem Markt herausfallen und andere<br />
Hersteller ihre Produktion drosseln und ineffiziente Anlagen herunterfahren.<br />
Das Einkommen der Branche, welches man aus dem Verkauf des<br />
Produktes erzielt, sinkt, weshalb längerfristig Investitionskapital in andere,<br />
profitablere Güterproduktionen fließt.<br />
Strikt von der Angebotsfunktion trennt man die Nachfragefunktion X(p) (vgl.<br />
Abb. 2, S. 6), die das Nachfrageverhalten der Kunden beschreibt. Bei p 1 werden<br />
X 1 Einheiten des Gutes nachgefragt, bei p 2 nur X 2 Einheiten. Die Nachfrage<br />
5
nimmt bei einem sinkenden Preis zu, weil sich die Kunden mit ihrem begrenzten<br />
Budget nun mehr von dem Produkt leisten können. Außerdem werden relativ teure<br />
Güter durch das billigere substituiert. Schließlich bietet der sinkende Preis einen<br />
Anreiz zum Marktzutritt neuer Kunden.<br />
Abb. 2: Gleichgewicht auf einem Wettbewerbsmarkt<br />
Im Schnittpunkt der Kurven koordiniert der Marktpreis das Angebots- und das<br />
Nachfrageverhalten effizient. Zu dem Gleichgewichtspreis p* bieten Produzenten<br />
genau die Mengen an, die sie auch absetzen können.<br />
Es gibt zu diesen grundlegenden Gesetzmäßigkeiten des Angebots- und Nachfrageverhaltens<br />
aber Ausnahmen, wie wir an den folgenden beiden Beispielen erkennen:<br />
(1) Anbieter könnten auf einen sinkenden Preis auch mit einer Erhöhung<br />
des Angebots reagieren, um hierdurch den Gesamtumsatz zu<br />
stabilisieren.<br />
(2) Andererseits könnten Nachfrager mit hohen Preisen eine gute Qualität<br />
des Gutes verbinden. Ein sinkender Preis würde bei diesen Kunden<br />
zu einer Reduktion der Nachfrage führen.<br />
Das Angebots- und Nachfrageverhalten bei einem bestimmten Produkt unterliegt<br />
Veränderungen, die man gezielt durch einzelwirtschaftliche Entscheidungen<br />
6
herbeiführen kann. Unternehmen, die ihre knappen Ressourcen für eine Effizienzsteigerung<br />
der Produktion verwenden, können eine größere Menge des Produktes<br />
zu einem niedrigeren Marktpreis gewinnbringend verkaufen. Es kommt<br />
zu einer Rechtsverschiebung der Angebotskurve (vgl. Abb. 3, unten).<br />
Abb. 3: Effizienzsteigerung der Produktion<br />
Werden die knappen Mittel stattdessen für einen verbesserten Verkaufs-, Bereitstellungs-<br />
und Transportservice verwendet, dann verschiebt sich die Nachfragekurve<br />
nach rechts und ein neuer Gleichgewichtspunkt (vgl. Abb. 4, unten) entsteht.<br />
Abb. 4: Steigerung der Präferenz<br />
Von einem Ungleichgewicht spricht man bei den Preisen p 1 und p 2 (vgl. Abb. 2,<br />
S. 6). Hier übersteigt entweder die Nachfrage das Angebot oder umgekehrt. Un-<br />
7
ternehmen können inländische Nachfragelücken durch verstärkte Exporte ausgleichen,<br />
bzw. bei Angebotsdefiziten ihre Vorprodukte importieren.<br />
Summe der Produktionswerte (einschl. Exporte)<br />
- Summe aller Vorleistungen (einschl. Importe)<br />
= Bruttowertschöpfung<br />
+ Nichtabzugsfähige Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer)<br />
+ Einfuhrabgaben (Zölle)<br />
= Bruttoinlandsprodukt<br />
+ Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen<br />
zwischen Inländern und der übrigen Welt<br />
= Bruttosozialprodukt<br />
Abb. 5: Bruttosozialprodukt<br />
Ungleichgewichtszustände könne sehr lange andauern. Für die Märkte der Bundesrepublik<br />
gilt, daß bis etwa zur Mitte der 60-er Jahre ein allgemeiner Nachfrageüberhang<br />
bestand. Diese Phase kam in der Rezession der Jahre 1967/68 zu einem<br />
Ende.<br />
In den folgenden Jahrzehnten erlebte die Wirtschaft verstärkt das Phänomen eines<br />
Angebotüberhanges. Die Gesamtnachfrage zieht nicht mehr in dem Maße<br />
die Wirtschaft, wie das noch in den 50er und 60er Jahren der Fall war. Dieses<br />
können wir an den sich verringernden Wachstumsraten des Bruttosozialproduktes<br />
(vgl. Abb. 5, oben, u. Abb. 6, S. 9) erkennen.<br />
Märkte mit einem stabilen Nachfrageüberhang werden als Anbietermärkte bezeichnet<br />
(vgl. Abb. 7, S. 9). Hier können Nachfragewünsche nicht vollständig befriedigt<br />
werden und die rationierten Kunden konkurrieren um die Angebotsmenge.<br />
Nachfrager, die sich nicht um Kaufabschlüsse bemühen, erhalten kein Produkt.<br />
Diese Situation gibt den Anbietern vergleichweise viel Verhandlungsmacht<br />
beim Kundenkontakt. Unternehmen investieren dann hauptsächlich in eine<br />
Erweiterung der Produktion.<br />
8
12<br />
1955<br />
10<br />
1951<br />
1960<br />
8<br />
1969<br />
6<br />
1964<br />
1976<br />
4<br />
1973<br />
1979<br />
1984<br />
1989<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
Abb. 6: Wachtumsraten des Bruttosozialprodukts der (alten) Bundesrepublik Deutschland<br />
Anders sieht die Situation in Nachfragermärkten aus. Hier konkurrieren die<br />
Anbieter um die Aufträge und müssen sich anstrengen, ihre Produkte abzusetzen.<br />
Budgetverteilung im Unternehmen<br />
Marktsituation:<br />
Marktsituation:<br />
• Anbietermärkte vorherrschend • Nachfragermärkte vorherrschend<br />
Konsequenzen:<br />
Konsequenzen:<br />
• Marktmacht auf Anbieterseite • Marktmacht auf Nachfragerseite<br />
• Preise sind relativ hoch (demand pull) • Preise sind relativ niedrig<br />
• horizontale Konkurrenz ist gering • horizontale Konkurrenz ist groß<br />
• Kapazitäten sind Engpaß des Unternehmenswachstums<br />
• Absatz ist der Engpaß des Unternehmenswachstums<br />
Maßnahmen:<br />
• Kapazitätserweiterung<br />
Abb. 7: Anbieter- und Nachfragermärkte<br />
Maßnahmen:<br />
• aktive <strong>Vertrieb</strong>s- und Exportpolitik<br />
Durch Investitionen in die <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten lassen sich Kunden gewinnen und<br />
der Kundenstamm pflegen (vgl. Abb. 7, oben). Der Kundenstamm erweist sich<br />
in Nachfragermärkten als das wichtigste Kapitalgut des Unternehmens und stellt<br />
den entscheidenden Engpaß der Unternehmensentwicklung dar.<br />
9
Den <strong>Vertrieb</strong> verstehen wir als eine Dienstleistung, die in einer komplementären<br />
Beziehung zum sachlichen Produkt des Industrieunternehmens steht. Für<br />
den Kunden bilden die <strong>Vertrieb</strong>s- und die Sachleistung eine Gesamtheit von nutzenstiftenden<br />
Eigenschaften mit einer sachlichen, räumlichen und zeitlichen<br />
Dimension (vgl. Abb. 8, unten). Das marktorientierte Unternehmen läßt sich bei<br />
der Gestaltung der Gesamtleistung von den Präferenzen der Kunden auf der<br />
Grundlage des technisch, finanziell und rechtlich Machbaren lenken.<br />
GESAMTLEISTUNG <br />
(Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistung)<br />
WAS?<br />
WOHIN?<br />
WANN?<br />
KUNDEN<br />
Abb. 8: Kunden lenken die Unternehmensentscheidungen<br />
Defizite im <strong>Vertrieb</strong> führen dazu, daß in Nachfragermärkten das Unternehmen<br />
seine Wettbewerbsfähigkeit verliert. Insofern darf sich eine Unternehmenspolitik<br />
nicht auf die Optimierung der sachlichen Leistung beschränken, sondern muß für<br />
ein kundengerechtes <strong>Vertrieb</strong>smanagement als integraler Bestandteil der<br />
Unternehmensleistung sorgen.<br />
Dem marktorientierten <strong>Vertrieb</strong> kommt die Aufgabe zu, alle Verkaufs-, Bereitstellungs-<br />
und Transportaktivitäten im Rahmen der Marketingkonzeption des<br />
Unternehmens am Kunden und am internationalen Wettbewerb auszurichten.<br />
Nicht die Abwicklung des <strong>Vertrieb</strong>es, sondern dessen marktgerechte Gestaltung<br />
steht im Vordergrund.<br />
10
1.3 Anhang: Export/Import-Statistik<br />
Erdöl,<br />
Erdgas<br />
Eisen und<br />
Stahl<br />
GÜTER- FRÜHERES BUNDESGEBIET BRD<br />
GRUPPE 1970 1980 1985 1988 1990 1991 1993 1995<br />
Landwirtschaftliche<br />
Einfuhr jeweilige Preise 12,16 23,56 31,78 26,29 27,75 30,10 26,57 29,51<br />
Ausfuhr<br />
1,45 2,80 5,45 5,23 5,92 5,80 5,09 6,44<br />
Einfuhr Preise von 1991 15,38 22,93 25,28 26,31 29,03 30,10 29,32 30,50<br />
Produkte<br />
Chemieund<br />
Kernprodukte<br />
Kunststofferzeugnisse<br />
Maschinenbauerzeugnisse<br />
Büromaschinen,<br />
ADV-<br />
Geräte<br />
Straßenfahrzeuge<br />
Elektrotechnische<br />
Erzeugnisse<br />
Textilien<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise von 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise von 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise v. 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise von 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise von 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise von 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise v. 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise von 1991<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr jeweilige Preise<br />
Ausfuhr<br />
Einfuhr Preise von 1991<br />
Ausfuhr<br />
1,88<br />
6,00<br />
0,04<br />
32,62<br />
0,06<br />
8,46<br />
17,42<br />
3,92<br />
28,32<br />
0,92<br />
1,81<br />
1,34<br />
3,18<br />
5,85<br />
8,11<br />
8,46<br />
11,68<br />
6,43<br />
24,10<br />
12,73<br />
61,04<br />
1,90<br />
2,22<br />
1,49<br />
1,51<br />
4,72<br />
17,52<br />
8,91<br />
40,45<br />
5,53<br />
11,98<br />
6,97<br />
19,71<br />
6,42<br />
4,12<br />
10,53<br />
6,39<br />
2,52<br />
51,02<br />
0,65<br />
40,36<br />
0,38<br />
29,51<br />
47,61<br />
32,11<br />
52,11<br />
3,97<br />
6,15<br />
4,59<br />
7,36<br />
11,02<br />
18,39<br />
11,69<br />
19,14<br />
15,91<br />
57,42<br />
21,82<br />
83,43<br />
5,58<br />
5,23<br />
6,59<br />
3,82<br />
14,72<br />
50,55<br />
20,02<br />
68,59<br />
20,62<br />
34,18<br />
23,80<br />
41,98<br />
16,56<br />
10,59<br />
19,30<br />
12,59<br />
4,37<br />
54,16<br />
0,71<br />
26,76<br />
0,23<br />
48,33<br />
76,11<br />
42,71<br />
70,91<br />
5,98<br />
10,46<br />
6,12<br />
10,98<br />
14,08<br />
23,29<br />
12,52<br />
19,38<br />
21,07<br />
77,69<br />
23,04<br />
92,69<br />
14,43<br />
12,70<br />
12,60<br />
9,14<br />
22,08<br />
85,57<br />
25,51<br />
94,40<br />
34,08<br />
53,13<br />
33,50<br />
56,54<br />
21,06<br />
15,70<br />
20,74<br />
15,71<br />
5,10<br />
20,04<br />
0,22<br />
27,94<br />
0,23<br />
48,18<br />
78,49<br />
48,22<br />
77,92<br />
7,41<br />
13,14<br />
7,76<br />
13,86<br />
14,15<br />
19,95<br />
13,59<br />
18,50<br />
24,76<br />
86,52<br />
26,73<br />
95,29<br />
15,84<br />
11,80<br />
15,31<br />
10,59<br />
31,31<br />
95,00<br />
34,13<br />
98,03<br />
41,96<br />
62,94<br />
44,83<br />
67,31<br />
22,74<br />
16,10<br />
23,58<br />
16,37<br />
6,34<br />
27,12<br />
0,81<br />
29,64<br />
0,03<br />
56,61<br />
88,65<br />
57,64<br />
88,25<br />
10,62<br />
17,05<br />
10,85<br />
17,38<br />
16,88<br />
23,60<br />
15,72<br />
21,90<br />
35,30<br />
104,51<br />
36,43<br />
107,80<br />
20,42<br />
14,15<br />
20,54<br />
13,19<br />
47,34<br />
112,77<br />
49,05<br />
114,43<br />
54,55<br />
76,42<br />
56,88<br />
79,64<br />
26,95<br />
18,70<br />
27,11<br />
18,53<br />
5,80<br />
32,27<br />
0,03<br />
32,27<br />
0,03<br />
59,34<br />
85,21<br />
59,34<br />
85,21<br />
12,58<br />
17,06<br />
12,58<br />
17,06<br />
15,93<br />
19,97<br />
15,93<br />
19,97<br />
41,29<br />
98,25<br />
41,29<br />
98,25<br />
24,00<br />
13,23<br />
24,00<br />
13,23<br />
64,91<br />
102,67<br />
64,91<br />
102,67<br />
63,74<br />
76,21<br />
63,74<br />
76,21<br />
30,78<br />
17,68<br />
30,78<br />
17,68<br />
5,31<br />
30,03<br />
0,04<br />
36,50<br />
0,04<br />
55,22<br />
84,82<br />
59,30<br />
88,01<br />
11,32<br />
16,61<br />
11,68<br />
17,00<br />
12,45<br />
15,73<br />
13,58<br />
17,14<br />
31,09<br />
92,45<br />
30,22<br />
87,36<br />
23,66<br />
12,28<br />
25,19<br />
14,28<br />
56,19<br />
100,34<br />
53,62<br />
95,83<br />
61,03<br />
76,72<br />
61,30<br />
74,70<br />
27,58<br />
16,34<br />
27,70<br />
16,13<br />
Abb. 9: Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland nach Produktgruppen (in Mrd. DM)<br />
Quelle: Fachserie 18, Reihe 1.3., Stat. Bundesamt,<br />
Wiesbaden 1996, und frühere Ausgaben<br />
6,84<br />
29,37<br />
0,13<br />
39,94<br />
0,16<br />
71,24<br />
104,31<br />
72,51<br />
102,25<br />
13,44<br />
18,99<br />
13,58<br />
19,08<br />
20,02<br />
23,04<br />
19,63<br />
22,86<br />
37,85<br />
112,67<br />
36,75<br />
103,79<br />
29,65<br />
16,52<br />
35,80<br />
21,60<br />
67,36<br />
125,00<br />
63,00<br />
117,77<br />
80,06<br />
97,62<br />
80,49<br />
94,66<br />
28,48<br />
16,77<br />
28,21<br />
16,24<br />
11
1.4 Aufgaben<br />
1. Aufgabe<br />
Erläutern Sie die Begriffe Konsumgut, Produktionsgut und Investitionsgut (je<br />
ein Satz) und geben Sie Beispiele. Zeichnen Sie den volkswirtschaftlichen Stoffkreislauf.<br />
2. Aufgabe<br />
Behauptung A:<br />
Behauptung B:<br />
Ein Kunststoffrohr und ein Aluminiumrohr stellen das gleiche<br />
Produkt dar.<br />
Das Rohr aus Kunststoff ist ein anderes Produkt als das Rohr<br />
aus Aluminium.<br />
In welchem Sinne können beide Behauptungen richtig sein?<br />
3. Aufgabe<br />
These:<br />
„In Anbietermärkten sollten alle Anbieter ihre Vetriebsanstrengungen<br />
intensivieren. Hierdurch würde sich die Angebotskurve<br />
verschieben und der Marktpreis steigen.“<br />
• Definieren Sie die Begriffe Anbietermarkt (ein Satz), Angebotsfunktion (ein<br />
Satz) und <strong>Vertrieb</strong> (ein Satz).<br />
• Korrigieren Sie die These.<br />
1.5 Literaturempfehlungen<br />
BACKHAUS, K., Industriegütermarketing, 5. Aufl. 1997, S. 7-37, 344, 362-365.<br />
BÖCKER, F., Marketing, 6. Aufl. 1996, S. 6-13.<br />
HARDES, H.-D., RAHMEYER, F., SCHMID, A., Volkswirtschaftslehre,<br />
19. Aufl. 1995, S. 1-32, 163-184.<br />
KOTLER, PH., BLIEMEL, F., Marketing-Management, 9. Aufl. 1999, S. 619-<br />
655.<br />
NIESCHLAG, R., DICHTL, E., HÖRSCHGEN, H., Marketing, 17. Aufl. 1994,<br />
S. 10, 426-431.<br />
PFOHL, H.-CHR., Logistiksysteme, 5. Aufl. 1996, S. 11-14, 18.<br />
12
2 <strong>Vertrieb</strong> und Marketing<br />
Die Absatzwirtschaft ist Bestandteil der funktionalen Systematik der<br />
Betriebswirtschaft (vgl. Abb. 10, unten). Mit dem Begriff der Funktion wird die<br />
Art der in einem Unternehmen zu verrichtenden Tätigkeiten charakterisiert.<br />
PRODUKTBEZOGENE FUNKTIONEN<br />
• Beschaffungswirtschaft<br />
Programm und Instrumente, Einkauf, Marktforschung, Beschaffungslogistik<br />
• Materialwirtschaft<br />
innerbetrieblicher Materialtransport, Lagerhaltung, Qualitätsprüfung, Entsorgung<br />
• Produktionswirtschaft<br />
Transformation, Leistungserstellung<br />
• Absatzwirtschaft<br />
<strong>Vertrieb</strong> (Verkauf, Bereitstellung, Transport), Marktforschung, Werbung<br />
UNTERNEHMENSBEZOGENE FUNKTIONEN<br />
• Personalwirtschaft<br />
Rekrutierung, Aus- und Weiterbildung<br />
• Kapitalwirtschaft<br />
Investition und Finanzierung<br />
• Informationswirtschaft<br />
Rechnungswesen, MIS, MAIS<br />
• Management (Unternehmensführung)<br />
Zielbildung<br />
Grundsätze, Zielhierarchien, Dekompositition<br />
Planung<br />
kurzfristig (0-1), mittelfristig (1-5), langfristig (> 5 Jahre)<br />
Organisation<br />
Rollenstruktur:<br />
Verhaltenserwartung<br />
Aufgabenstruktur: Aufgabenerfüllung<br />
Hierarchische Struktur: Machtbeziehungen<br />
Kommunikationsstruktur:<br />
Steuerung<br />
Kontrolle<br />
Abb. 10: Funktionen im Industrieunternehmen<br />
Informationsbeziehungen<br />
Unter Absatz versteht man alle Tätigkeiten eines Unternehmens, die darauf gerichtet<br />
sind, die Leistungen den Kunden zuzuleiten. Hierzu gehört die Werbung,<br />
die Preispolitik und insbesondere der <strong>Vertrieb</strong>. Nicht dazu zählen Maßnahmen<br />
13
der Forschung, Entwicklung und Anwendungstechnik, der Produktion, Personalbeschaffung<br />
und Weiterbildung, der Finanzierung und der Bilanzierung.<br />
Die Gliederung der Betriebswirtschaft in Funktionen resultiert aus den Schwierigkeiten<br />
einer ganzheitlichen Betrachtung betrieblicher Entscheidungen (Ceteris-Paribus-Klausel).<br />
Methodische Grundlage der Absatzwirtschaft ist der angewandt-normative<br />
Ansatz der Betriebswirtschaft:<br />
Ziele des Unternehmens sind selbst nicht Gegenstand der wissenschaftlichen<br />
Analyse, sondern werden aus der Praxis übernommen oder als<br />
Prämisse vorgegeben. Aufgabe ist es, die Mittel zu finden, die bei gegebenen<br />
Restriktionen die Zielerreichung maximieren.<br />
Dieser Ansatz setzt eine strikte Trennung von Zielen und Mitteln voraus, wobei<br />
erstere sämtliche Bewertungen enthalten und letztere wertfrei sind (formale Rationalität).<br />
Außerdem geht die Absatzwirtschaft von der Planbarkeit des betrieblichen<br />
Geschehens aus.<br />
2.1 Marketing<br />
Marketing setzt mit seinen Kategorien der Produkt-, Distributions-, Kontrahierungs-<br />
und Kommunikationspolitik ein eigenes System der funktional gegliederten<br />
Betriebswirtschaftslehre entgegen.<br />
Der Marketingansatz ist von interdisziplinären Vorgehensweisen durchzogen<br />
(vgl. Abb. 11, S. 15). Insbesondere das empirische Vorgehen nimmt gegenüber<br />
dem angewandt-normativen Ansatz einen breiten Raum ein.<br />
Der verbindende ideologische Kern des Marketing ist die konsequente marktwirtschaftliche<br />
Ausrichtung aller Entscheidungen auf Wettbewerb und<br />
Kundenpräferenzen. Unternehmen sind vom Markt her zu führen: Bei allen betriebswirtschaftlichen<br />
Entscheidungen soll man von der Frage, wie Kunden und<br />
Wettbewerber reagieren würden (vgl. Abb. 12, S. 15) und wie sich dieses wie-<br />
14
derum auf das eigene Unternehmen auswirkt könnte, ausgehen. Die Reaktionen<br />
der Kunden und Wettbewerber sollen wahrgenommen werden und das Unternehmensverhalten<br />
steuern.<br />
Teildisziplinen im Marketing<br />
Statistik<br />
Informatik<br />
Naturwissenschaften/Technik<br />
Ethik<br />
Soziologie<br />
Psychologie<br />
Makroökonomie<br />
Mikroökonomie<br />
Rechtswissenschaft<br />
Außenhandel<br />
Politik<br />
Ökologie<br />
Betriebswirtschaftslehre<br />
Abb. 11: Interdisziplinärer Ansatz<br />
Anwendungsbeispiel<br />
Prognose<br />
Datenbanken<br />
Produktpolitik, Produktsicherheit<br />
Werbungsgestaltung<br />
Marktsegmentierung<br />
Kaufverhalten<br />
Länderratings<br />
Preis- und Wettbewerbsanalyse<br />
Bindung des Handels<br />
Exportabwicklung<br />
EG-Binnenmarktentwicklung<br />
Ökobilanzen<br />
Finanzierung neuer Produkte<br />
Es gelang, diese Forderungen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Seit<br />
nunmehr 30 Jahren erscheint eine Vielzahl von Publikationen unter dem Stichwort<br />
Marketing. Noch immer ist Marketing ein charismatisches Wort, welches<br />
Lösungen für Erfolgsprobleme von Unternehmen, Parteien, Kirchen, Hochschulen,<br />
Städten und Einzelpersonen etc. verspricht.<br />
Kunden<br />
Güter<br />
Informationen<br />
Strategie<br />
Geld<br />
Macht<br />
Unternehmen<br />
Wettbewerber<br />
Abb. 12: Strategisches Dreieck<br />
15
Wie auch bei der klassischen Betriebswirtschaftslehre ist die Ziel-Mittel Trennung<br />
(Rationalität) im Planungsprozeß die Grundlage des Marketing. Im Bereich<br />
des Kundenverhaltens allerdings läßt man Irrationalitäten zu. Auch geht man<br />
grundsätzlich von der Planbarkeit des unternehmerischen Geschehens aus, wobei<br />
man allerdings der Subjektivität und der Unsicherheit von Anbeginn an einen<br />
breiten Raum läßt.<br />
Es kam im Marketing zu einer starken Spezialisierung und Auffächerung der<br />
Forschung. Wissenschaftliche Erkenntnisse finden sich in einer Vielzahl von<br />
ökonomisch-statistischen, deskriptiven und entscheidungslogischen Publikationen<br />
zu spezifischen Themen. Marketing hat sich nicht auf der klassischen betriebswirtschaftlichen<br />
Grundlage entwickelt. Eine Einbindung der Ergebnisse in<br />
allgemein anerkannte Zusammenhänge des Wirtschaftens unterblieb weitgehend.<br />
Erst mit Beginn der 90er Jahre setzte eine Trendwende ein und man versuchte,<br />
das Marketing mit der modernen Mikroökonomie zu verbinden und zu<br />
fundieren.<br />
• Erstellung der Situationsanalyse und Marktabgrenzungen<br />
• Definition der strategischen Geschäftsfelder<br />
• Beschreibung der Ziele, Restriktionen und Aktionsvariablen<br />
• Informationsbeschaffungsplanung und Marketingforschung<br />
• Strategische und operative Entscheidungslogik<br />
Maßnahmen zur Marktsegmentierung<br />
Produktpolitische Maßnahmen<br />
Kontrahierungspolitische Maßnahmen<br />
Distributionspolitische Maßnahmen<br />
Kommunikationspolitische Maßnahmen<br />
• Prognose alternativer Marketingmixwirkungen<br />
• Durchführungsplanung<br />
• Planung der Zielkontrolle<br />
Abb. 13: Marketingplanung<br />
Analoge Problemlösungsideen finden sich im Marketing in den typischen Kategorien<br />
der Marketingplanung (vgl. Abb. 13, oben).<br />
16
Anders als bei der klassischen Betriebswirtschaftslehre kann man im Marketing<br />
keine allgemein durchgreifende Methodik erkennen. Der Preis für die Einbringung<br />
zahlreicher Disziplinen ist eine methodische Vielfalt.<br />
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Marketing in erster Linie einen unternehmensphilosophischen<br />
Ansatz darstellt (vgl. Abb. 14, unten):<br />
Abb. 14: Marketing<br />
• Ein marktbezogener Denk- und Führungsstil auf allen Ebenen,<br />
• der ganzheitlich auf das Unternehmen und alle seine Funktionen bezogen<br />
ist.<br />
• Der Absatzplan wird in einem simultanen oder iterativen Prozeß mit<br />
den anderen Teilbereichsplänen abgestimmt und<br />
• zum wichtigsten Bestimmungsfaktor (Einkauf, Produktion, Finanzierung,<br />
Personal) der Unternehmensplanung.<br />
Die bahnbrechende Entwicklung des Marketing erklärt sich aus den Defiziten der<br />
Betriebswirtschaftslehre der 50er und 60er Jahre auf diesem Gebiet. Indem der<br />
Blick auf den Markt, den Wettbewerb und die betriebswirtschaftlichen Problemstellungen<br />
und nicht auf die vom Markt losgelösten (Verwaltungs-) Funktionen<br />
gelenkt wurde, konnten der Praxis wichtige Anstöße gegeben werden. Die Unternehmenspraxis<br />
unterwirft das Marketing einer konkreten und beständigen<br />
Überprüfung. In dieser breiten Auseinandersetzung der Praxis mit den Grundwerten<br />
und hieraus abgeleiteten Methoden und Thesen liegt bislang die hauptsächliche<br />
Leistung des Marketing.<br />
2.2 Marketing in der Aufbauorganisation<br />
In der betrieblichen Praxis werde die Begriffe Absatz, Marketing und <strong>Vertrieb</strong><br />
mehrdeutig verwendet. Häufig umfaßt das Marketing lediglich Tätigkeiten der<br />
Planung, Marktforschung, Werbung und Messebetreuung (vgl. Abb. 15, S.<br />
18, „Marketingdienste“) und man trennt sie organisatorisch und inhaltlich vom<br />
<strong>Vertrieb</strong>. Dieser wird dann ohne eine besondere konzeptionelle und operative<br />
Kunden- und Wettbewerbsorientierung abgewickelt. In der funktionsorientierten<br />
17
Organisation bearbeiten die <strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter viele verschiedene Produkte.<br />
Bei großen Unternehmen tritt dann ein Identitätsproblem auf: Man verliert den<br />
emotionalen Bezug zur Unternehmensleistung, da sie zu umfangreich und komplex<br />
geworden ist, um sie zu verstehen und zu repräsentieren. Die Kenntnisse<br />
über die jeweiligen Produktlinien sind gering. Wenn Kunden anrufen und über<br />
Anwendungsprobleme mit dem gekauften Produkt klagen, treffen sie auf weitgehend<br />
inkompetente Mitarbeiter.<br />
Geschäftsleitung<br />
Stäbe<br />
Personal<br />
Produktion <strong>Vertrieb</strong> Forschung Verwaltung Rechnungswesen<br />
Marketingdienste<br />
Abb. 15: Marketing als Absatzvorbereitung<br />
In einer stärker marktorientierten Organisation umfaßt der Marketingbegriff die<br />
gesamte Absatzfunktion. Abstimmung des <strong>Vertrieb</strong>es mit der gesamten Unternehmensplanung<br />
sind in einer Aufbauorganisation gemäß Abb. 16, Seite 19 institutionell<br />
nicht verankert.<br />
Hieraus ergeben sich Koordinationsprobleme im Unternehmen, wie folgende<br />
Beispiele zeigen:<br />
• Das Ziel der Kostenminimierung in der Produktion führt letztlich zu<br />
homogenen Produkten. Der Verkauf muß zur Erreichung seines Umsatzzieles<br />
aber die Leistung differenziert darstellen können.<br />
• Die Finanzabteilung verlangt die strikte Einhaltung der Zahlungsfristen.<br />
Der Verkauf ist bemüht, kundenindividuelle und kulante Zahlungsziele<br />
zu praktizieren.<br />
• Die Beschaffung drückt die Einkaufspreise mit der Folge, daß<br />
schwankende Qualitäten bezogen und verarbeitet werden. Darunter<br />
18
leidet wiederum die Qualität der Produkte, so daß der Verkauf seine<br />
Marktziele nicht erreichen kann.<br />
Geschäftsleitung<br />
Stäbe<br />
Produktion<br />
Marketing<br />
(= Absatz)<br />
Abb. 16: Funktionsorientierte Organisation<br />
Forschung Verwaltung Rechnungswesen<br />
Personal<br />
Die Koordinations-, Kommunikations- und Identifikationsprobleme einer funktionalen<br />
Organisation können durch ein konsequentes Produktmanagement in<br />
einer Spartenorganisation (vgl. Abb. 17, S. 20) teilweise gelöst werden. Die<br />
Sparten stellen teilautonome Organisationseinheiten dar, in die das Unternehmen<br />
zerlegt wird. Sie werden häufig um eine Produktgruppe herum gebildet. In der<br />
Sparte fließen mehrere Funktionen zusammen. Die produktmäßige Spezialisierung<br />
und Dekomposition (Zerlegung) setzt sich innerhalb der Sparte bis zum<br />
Produktmanager weiter fort. Dieser vereinigt mehrere betriebswirtschaftliche<br />
Funktionen in seiner Person und besitzt die vollständige Verantwortung für eine<br />
eng abgesteckte Produktgruppe. <strong>Vertrieb</strong>s-, Produktions- und in einem gewissen<br />
Umfang auch Personalmanagementmaßnahmen werden zu integrierten Instrumenten<br />
einer am Markt ausgerichteten Betriebswirtschaft. In der Regel führt eine<br />
Spartenorganisation allerdings zu Synergieverlusten (vgl. Abschnitt 6.8.3, S.<br />
219).<br />
Häufig sind Personal-, Verwaltungs- und Finanzierungsaktivitäten nicht den Produktgruppen<br />
zuweisbar. Sie können dann in Zentralbereichen, die quer zu den<br />
Sparten arbeiten, zusammengefaßt werden. Manchmal stößt auch die Aufteilung<br />
der Produktion auf Schwierigkeiten. In Chemieunternehmen beispielsweise, die<br />
über einen vernetzten Stoff-, Energie- und Abfallverbund verfügen, ist eine Dekomposition<br />
in unabhängige und selbständige Einheiten praktisch unmöglich.<br />
19
Marketingvorstand<br />
Stäbe<br />
Sparte 1<br />
Marketingdirektor<br />
• <strong>Vertrieb</strong><br />
• Forschung<br />
• Produktion<br />
Abb. 17: Spartenorganisation<br />
Sparte 2<br />
Marketingdirektor<br />
• <strong>Vertrieb</strong><br />
• Forschung<br />
• Produktion<br />
Sparte 3<br />
Marketingdirektor<br />
• <strong>Vertrieb</strong><br />
• Forschung<br />
• Produktion<br />
Zentralbereiche<br />
1. Personal<br />
2. Rechnungswesen<br />
3. Information<br />
4. Einkauf<br />
Allerdings ist keineswegs eindeutig, daß Spartenorganisationen nach Produktgruppen<br />
gegliedert werden müssen. Es bietet sich auch eine Orientierung auf<br />
spezielle Kundensegmente an. So findet man bei Chemie- und Kunststoffunternehmen<br />
Geschäftsbereiche, die ausschließlich Produkte für Automobilzulieferer<br />
vertreiben (z.B. Lackkomponenten, verschiedene Kautschuke und Kunststoffe).<br />
Mit einer Spartenorganisation läßt sich die Marktnähe eines Unternehmens institutionell<br />
verankern. Dieses allein führt aber noch nicht zum Erfolg (vgl. adaptiver<br />
<strong>Vertrieb</strong>, Abb. 19, S. 23). Für Unternehmen in Wettbewerbsmärkten ist die<br />
Marketingverankerung im Führungssystem wichtig. Auf jeder Managementebene<br />
müssen hierzu Führungskräfte zum Einsatz kommen, die über Erfahrungen<br />
mit Kunden verfügen, indem sie einige Zeit verantwortlich im <strong>Vertrieb</strong> oder im<br />
technischen Außendienst tätig waren. Nur durch die persönliche Kundenerfahrung<br />
kann die Marktorientierung zur praktischen Unternehmensphilosophie und<br />
zur praktischen Handlungsleitlinie jedes einzelnen Mitarbeiters werden.<br />
2.3 <strong>Vertrieb</strong><br />
Den <strong>Vertrieb</strong> kennzeichnen die Teilfunktionen des Absatzes, die sich auf die<br />
Durchführung der Verkaufs- und Lieferaufgaben der Unternehmung beziehen<br />
(vgl. Abb. 18, S. 21).<br />
20
•Auftragsabwicklung •Bereitstellung •Transport •Verkauf<br />
•Absatzlagerhaltung •vertriebsbezogene Informationsleistungen<br />
Abb. 18: <strong>Vertrieb</strong><br />
Die <strong>Vertrieb</strong>sfunktionen werden im Rahmen der Distributions- und Kommunikationspolitik<br />
realisiert. Sie stehen aber auch in Beziehung zur Produkt- und<br />
Kontrahierungspolitik und zu Segmentierungsstrategien. Durch die konsequente<br />
Kundenorientierung im Verkaufs- und Lieferwesen im Rahmen einer marktorientierten<br />
Führung des gesamten Unternehmens wird der <strong>Vertrieb</strong> zu einem zentralen<br />
Begriff des Marketing.<br />
In der Praxis sind die folgenden beiden Einordnungen des <strong>Vertrieb</strong>es in die Strategie<br />
des Industrieunternehmens verbreitet:<br />
1. Konzeption<br />
Bei der Verwirklichung der Kundenorientierung des Industrieunternehmens<br />
konzentriert man sich auf die Optimierung der Sachleistung. Forschung,<br />
Entwicklung und Anwendungstechnik stehen im Vordergrund. Verkauf, Bereitstellung<br />
und Transport besitzen lediglich eine notwendige und ergänzende<br />
Verwaltungs- und Abwicklungsfunktion (Sachleistungsmarketing).<br />
Diese Konzeption vernachlässigt die Bedeutung des <strong>Vertrieb</strong>es als Dienstleistung<br />
am Kunden. Hierdurch vergibt das Unternehmen die Chance, sich durch<br />
den <strong>Vertrieb</strong> positiv vom Wettbewerb abzuheben. Aktionsmöglichkeiten des<br />
Marketing werden unzureichend genutzt. Diese Konzeption muß als ineffizient<br />
zur Seite gelegt werden.<br />
2. Konzeption<br />
Der Verkaufs- und Lieferpolitik räumt man einen deutlichen Stellenwert im<br />
Kundenkonzept des Unternehmens ein. Man plant und optimiert sie deshalb<br />
gemeinsam mit der Sachleistung (<strong>Vertrieb</strong>smarketing).<br />
21
In beiden Konzeptionen wird die Kundenorientierung in erster Linie als eine integrierte<br />
strategische Planungsaufgabe verstanden, die marktferne Entscheidungszentren<br />
im Unternehmen leisten.<br />
Die Ansätze bewähren sich bei stabilen Marktverhältnissen, hervorragender Informationslage<br />
und guten Absatzmöglichkeiten. Ob beim realen Kontakt mit dem<br />
einzelnen Kunden die psychologischen Voraussetzungen bei den Mitarbeitern<br />
existieren, um die Situation zum Vorteil des Unternehmens zu meistern, wird<br />
kaum thematisiert. Auch hinkt man bei dynamischen und diskontinuierlichen<br />
Märkten den Entwicklungen hinterher und verliert den engen Bezug zu den Bedürfnissen<br />
der Kunden. Es zeigt sich in der Praxis, daß die Kundenorientierung<br />
eines Industrieunternehmens nicht alleine durch Planung realisiert werden kann,<br />
sondern ein besonderes Bewußtsein und flexible Verhaltensweisen der Mitarbeiter<br />
erfordert. Dieser personale Faktor erweist sich als die eigentliche Hürde bei<br />
der Umsetzung der Kundenorientierung.<br />
Es empfiehlt sich, die personale Komponente in das Zentrum der marktorientierten<br />
<strong>Vertrieb</strong>skonzeption zu rücken:<br />
Die eigentliche Herausforderung des marktorientierten industriellen<br />
<strong>Vertrieb</strong>es liegt in der Schaffung der mentalen Voraussetzungen der<br />
Mitarbeiter, sich dem Kunden in jeder Situation persönlich anzupassen<br />
und von ihm zu lernen. Mitarbeiter, die im persönlichen Kundenkontakt<br />
stehen, haben die einzigartige Möglichkeit, in dieser Kontaktsituation<br />
unmittelbar Marktforschung zu betreiben. Sie können die unverstellten<br />
Reaktionen der Kunden beobachten und hierauf abgestimmte Variationen<br />
der Kommunikation vornehmen (Adaption). Erfahrene Mitarbeiter<br />
können in einer Kontaktsituation den Kunden durch Ähnlichkeitsvergleiche<br />
zu früheren Begegnungen kategorisieren und den für die jeweilige<br />
Kategorie bewährten Kommunikationsansatz wählen.<br />
Eine adaptive Kontaktarbeit erfordert erhebliche kommunikative Flexibilität<br />
und Sensibilität für die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden. Erst dann können<br />
Marktstrategien optimal wirksam werden (vgl. Abb. 19, S. 23). Die dauerhaft er-<br />
22
folgreiche Tätigkeit von Industrieunternehmen in dynamischen und diskontinuierlichen<br />
Märkten besitzt in erster Linie personale Voraussetzungen. Die flexible<br />
adaptive Marktgestaltung hat für den industriellen <strong>Vertrieb</strong> einen hohen Stellenwert.<br />
Strategische Festlegungen führen demgegenüber schnell zu einer Erstarrung<br />
und Entfernung vom Marktgeschehen.<br />
ZIELE, ERFAHRUNGEN UND<br />
WAHRNEHMUNGEN IM KUNDENKONTAKT<br />
<br />
Kategorisierung des Kunden<br />
<br />
Ableitung von differenzierten <strong>Vertrieb</strong>szielen<br />
<br />
persönliche Kommunikation mit dem Kunden<br />
<br />
individuelle Reaktionen des Kunden<br />
<br />
veränderte Wahrnehmung, Re-Kategorisierung des Kunden<br />
<br />
Differenzierung der <strong>Vertrieb</strong>sziele<br />
<br />
Differenzierung der persönlichen Kommunikation<br />
<br />
veränderte Reaktionen des Kunden<br />
<br />
veränderte Wahrnehmung, Re-Kategorisierung des Kunden<br />
<br />
FORTGESETZTER ADAPTIONSPROZEß<br />
IM VERTRIEB<br />
Abb. 19: adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozeß<br />
Die adaptive <strong>Vertrieb</strong>skonzeption stellt sehr hohe Ansprüche an die Mitarbeiter.<br />
Die persönliche Anpassung an die verschiedenen Kundenindividualitäten erfordert<br />
ein weiches, einfühlsames Vorgehen. Dieses steht im Kontrast zur monetären<br />
Orientierung, mit ihren harten Fakten Preis, Menge und Kosten. Man muß<br />
von den <strong>Vertrieb</strong>smitarbeitern ein Verhalten erwarten, welches einerseits adaptiv-kundenorientiert<br />
(soziale Kompetenz) und andererseits materialistisch im<br />
Sinne der langfristigen finanziellen Unternehmensziele (ökonomische Kompetenz)<br />
ist (vgl. Abb. 20, S. 24).<br />
23
Kundenorientierung (weich) Monetäre Orientierung (hart)<br />
Anpassung an die verschiedenen Langfristige Maximierung des<br />
Kundenindividualitäten und Maximierung<br />
der Kundenzufriedenheit Verkaufsmengen und niedrigen<br />
Preisniveaus bei stetig steigenden<br />
Verkaufskosten<br />
Maximale KundenzufriedenheitMaximaler Deckungsbeitrag<br />
Abb. 20: Widerspruchssystem des adaptiven, marktorientierten <strong>Vertrieb</strong>es<br />
Dieses widersprüchliche Prinzip läßt sich vom einzelnen <strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter auf<br />
das marktorientierte Unternehmen übertragen. Die Fähigkeit eines Unternehmens,<br />
sich mit seinen Kunden zu verändern und sich diesen anzupassen, bei<br />
gleichzeitiger konsequenter Gewinnorientierung, sichert den Erfolg.<br />
Es kann beispielsweise zur <strong>Vertrieb</strong>sstrategie gehören, die „alte Geschichte“<br />
des Unternehmens, seine „Gediegenheit“ und seinen „Adel“<br />
zu repräsentieren. Was dieses aber im einzelnen bedeutet, muß sich nach<br />
den Einstellungen der Kunden richten und das Konzept ist gänzlich zu<br />
verändern, wenn die Kunden dieses nicht mehr honorieren. Dann ist eine<br />
neue „Unternehmenspersönlichkeit“ zu kreieren.<br />
Die Adaptionsfähigkeit des Unternehmens besitzt psychologische, technologische<br />
und organisatorische Dimensionen. Lager-, Lade-, Verpackungs- und<br />
Transporttechnologien müssen so ausgelegt sein, daß sich <strong>Vertrieb</strong>svariationen<br />
ohne entscheidungsverhindernde Investitionen durchführen lassen. Verkaufsroutinen,<br />
Verwaltungsabläufe und vernetzte Informationssysteme müssen mit dem<br />
Markt veränderbar sein. Im Zwang zur Flexibilität liegt ein Dilemma, da Unternehmen<br />
einerseits Durchschnittskostendegressionen durch Wiederholung erreichen<br />
wollen, andererseits aber einer stetigen Veränderung unterworfen werden,<br />
welche die erlangten Routinen wieder zerstört.<br />
Seit Beginn der 70er Jahre nehmen die makroökonomischen Turbulenzen, die<br />
zu Diskontinuitäten in den Rahmenbedigungen der Unternehmenstätigkeit führen,<br />
deutlich zu. Die Produklebenszyklen werden kürzer und unsicherer, Wechselkurse<br />
und Rohstoffpreise schwanken stärker. Durch die Globalisierung von<br />
Produktion und <strong>Vertrieb</strong> nehmen die geschäftlichen und politischen Auslandsri-<br />
24
siken für das einzelne Unternehmen zu. Allein mit verfeinerten Prognosetechniken<br />
lassen sich diese Informationsprobleme nicht lösen. Märkte werden zunehmend<br />
„unplanbarer“, weshalb Voraussetzungen für adaptive Verhaltensweisen<br />
im Unternehmen geschaffen werden müssen.<br />
Der adaptive <strong>Vertrieb</strong> erfordert ein hohes Maß an beständiger Überprüfung der<br />
jeweils herrschenden Strategie des Unternehmens. Um diese leisten zu können,<br />
müssen Mitarbeiter zu Kritik angehalten werden, damit Erfahrungs- und Ideenpotentiale<br />
nicht ungenutzt bleiben. Führung, Kritik und Veränderung gehören<br />
im modernen Unternehmen zusammen und müssen gemeinsam akzeptiert werden,<br />
will man sich den Diskontinuitäten der globalen Ökonomie stellen.<br />
2.4 <strong>Vertrieb</strong> und Unternehmenserfolg<br />
Zu den Aufgaben der Unternehmensführung gehört die Entwicklung eines Zielsystems,<br />
das alle Komponenten der Organisation erfaßt. Es gibt den Einzelaktivitäten<br />
die gewünschte Richtung, indem es erfolgreiches von nicht erfolgreichem<br />
Handeln unterscheidbar macht. Bei einem korrekt definierten Zielsystem sichern<br />
hohe Erreichungsgrade der Organisationsteile den Unternehmenserfolg. Um über<br />
die Ressourcenverteilung und die Maßnahmenpläne im Industrieunternehmen<br />
entscheiden zu können, müssen Zielerreichungsgrade der Organisationsteile gemessen<br />
und mit Sollwerten verglichen werden.<br />
Da der <strong>Vertrieb</strong> im Industrieunternehmen keine eigenständige, mit Marktpreisen<br />
bewertete Leistung erbringt, läßt sich sein Erfolgsbeitrag nur indirekt bestimmen.<br />
Auch ist der Begriff des Erfolgsbeitrages in einer Organisation keineswegs eindeutig.<br />
Industrieunternehmen sind mit sehr unterschiedlichen Zielvorstellungen<br />
konfrontiert. Je nach persönlicher Erfahrung und Ausbildung ihrer Mitglieder<br />
unterscheiden sich die Erwartungshaltungen betroffener gesellschaftlicher Gruppen.<br />
Abb. 21, Seite 26, nennt wichtige Gruppen, die zum engeren Kreis der Betroffenen<br />
von Industrieunternehmen gehören (stakeholder).<br />
25
• Gesellschafter<br />
• Geschäftsleitung<br />
• außertariflich Beschäftigte<br />
• tariflich Beschäftigte<br />
• gewerbliche Mitarbeiter<br />
• unmittelbare Werksanwohner<br />
• Stadtrat und Fraktionen<br />
• Banken<br />
• Lieferanten<br />
• Kunden<br />
• Gewerbeaufsichtsamt<br />
• TÜV<br />
• Finanzamt<br />
• Arbeitsamt<br />
Abb. 21: Betroffene eines Industrieunternehmens<br />
Die Zielvorstellungen der Betroffenengruppen gehen mit unterschiedlichen Gewichten<br />
in die Unternehmensentscheidungen ein. Ziele lassen sich grob in gesellschaftliche<br />
und betriebswirtschaftliche einteilen. Den größten direkten Einfluß<br />
auf die betriebswirtschaftlichen Zielentscheidungen besitzen die Gesellschafter,<br />
die Geschäftsleitung und die leitenden Angestellten (Kerngruppe).<br />
Welche Schwerpunkte sie setzen, hängt von den persönlichen Motiven dieses<br />
Personenkreises und dem zumeist monetären Anreizsystem der Unternehmung<br />
ab.<br />
Mitarbeiter der Forschung und Entwicklung können besonders durch ihr Interesse<br />
an naturwissenschaftlich-technischen Prozessen intrinsisch motiviert sein.<br />
Zielvorgabe A:<br />
STEIGERE DIE EFFIZIENZ DER STOFFLICH-ENERGETISCHEN<br />
TRANSFORMATION<br />
Nebenbedingungen: (1) ausreichende Liquidität in jedem Zeitpunkt<br />
(2) ausreichende durchschnittliche Gewinnverteilung<br />
Abb. 22: Technische Ergiebigkeit als Oberziel<br />
Im Sinne dieser Motivstruktur kann beispielsweise ein Chemieunternehmen, ein<br />
Textilunternehmen oder eine Blechwarenfabrik vorrangig als eine technische<br />
Apparatur zur stofflichen Transformation von Ausgangsmaterialien begriffen<br />
werden (vgl. Abb. 22, oben).<br />
26
Eine effiziente stoffliche und energetische Umsetzung von Ausgangsmaterialien<br />
als Unternehmensziel muß durch die Nebenbedingungen einer ausreichenden Liquidität<br />
(Konkurs!) und einer angemessenen durchschnittlichen Gewinnverteilung<br />
an die Gesellschafter ergänzt werden.<br />
Diese Zielformulierung kann in Einzelfällen tragfähig sein. Komplexe logistische<br />
Stoff-, Energie- und Abfallverbundsysteme erzeugen wichtige Wettbewerbsvorteile<br />
für manche Unternehmen. Die produktionsorientierte Sichtweise kann<br />
lebenserhaltend für diese sein. Betriebswirtschaftlich betrachtet wird hierbei die<br />
technische Ergiebigkeit, technische Wirtschaftlichkeit oder Produktivität eines<br />
komplexen Systems maximiert (vgl. Abb. 23, unten).<br />
q<br />
2 effiziente Technologie<br />
q 1<br />
Produktionsmöglichkeitsraum<br />
des Unternehmens<br />
ineffiziente<br />
Technologie<br />
q<br />
q<br />
1<br />
2<br />
: Produktionsmenge<br />
des Gutes 1<br />
: Produktionsmenge<br />
des Gutes 2<br />
Abb. 23: Produktionsmöglichkeitsraum eines Unternehmens mit zwei Produkten bei konstanten<br />
Ressourcen und Technologien<br />
<strong>Vertrieb</strong>spolitische Aktivitäten spielen in der Zielvorgabe A (vgl. Abb. 22, S. 26)<br />
eine Rolle, da die Liquidität und der Gewinn, als Satisfikationsziele in den Nebenbedingungen<br />
formuliert, hiervon abhängen. Ein Anreiz zur Optimierung<br />
vertriebspolitischer Maßnahmen geht hiervon allerdings nicht aus (Anbietermärkte;<br />
vgl. Abb. 7, S. 9). Sollen außer der Produktion auch andere Unternehmensfunktionen,<br />
hier insbesondere der <strong>Vertrieb</strong>, Gegenstand von Optimierungen<br />
sein, bedarf es einer breiteren Zielformulierung.<br />
27
Es bietet sich der handelsrechtliche Jahresüberschuß, der Saldo der jährlichen<br />
Aufwands- und Ertragsvorgänge, an. Da Entscheidungen in die Zukunft wirken,<br />
ist die Abschätzung zukünftiger Überschüsse wichtig (Prognoseproblem). Auch<br />
müssen die Erfolgsursachen zweckmäßig dargestellt werden, damit sich der Erfolgsbeitrag<br />
des <strong>Vertrieb</strong>es ermitteln läßt. Nur so können Defizite in diesem Bereich<br />
erkannt werden (Kausalitätsproblem). Der Jahresüberschuß bildet zukünftige<br />
Zahlungsströme und Ursachen ihrer Entwicklung nicht ab.<br />
Die zukünftigen Überschüsse sind risikobehaftet. Dieses Risiko ist zu bewerten<br />
und in das Erfolgsmaß zu integrieren. Auch muß geklärt werden, ob Überschüsse,<br />
die möglicherweise in zehn Jahren anfallen, das gleiche Gewicht im Erfolgsmaß<br />
haben sollen wie solche Überschüsse, die vielleicht schon im nächsten Jahr<br />
entstehen (Bewertungsproblem).<br />
Für den Fall von Aktiengesellschaften läßt sich eine theoretische Lösung dieser<br />
Prognose-, Kausalitäts- und Bewertungsprobleme herbeiführen, indem man das<br />
Aktionärsinteresse zur Grundlage des Unternehmensziels macht (vgl. Abb. 24,<br />
unten).<br />
Zielvorgabe B:<br />
ERHÖHE DEN MARKTWERT DES DIVIDENDENSTROMS!<br />
Abb. 24: „shareholder value“ als Ziel<br />
Der Unternehmenserfolg könnte durch die Veränderung des Marktwertes des<br />
Eigenkapitals gemessen werden. Theoretische Grundlage dieser Vorgehensweise<br />
ist die Annahme, daß rationale Aktionäre Portfolios besitzen und alle Diversifikationsmöglichkeiten<br />
ausschöpfen (effiziente Portfolios). Der erwartete Dividendenstrom<br />
der Unternehmens einschließlich der Liquidationsdividende, wird<br />
annahmegemäß von den Aktionären im Rahmen ihrer Portfolios bewertet. Der<br />
Kapitalmarkt formt aus diesen individuellen Bewertungen den Aktienkurs. Da<br />
der erwartete Dividendenstrom kausal von den Unternehmensentscheidungen<br />
abhängt, könnten sich die Entscheidungen im <strong>Vertrieb</strong> theoretisch am Aktienwert<br />
ausrichten.<br />
28
Die Bewertungsvorgänge auf der Ebene des individuellen Aktionärs und auf der<br />
Ebene des Kapitalmarktes sind sehr komplex. Theoretisch zinst der Aktionär die<br />
für zukünftige Perioden erwarteten risikobehafteten Netto-Cash-Flows des Unternehmens<br />
ab und berücksichtigt Diversifikationseffekte in seinem Portfolio.<br />
Die entstehenden Barwerte stellen für den Verkäufer von Aktien individuelle<br />
Mindestpreise und für den Käufer Höchstpreise dar. Im Kapitalmarkt formen sich<br />
unter Wettbewerb, unvollständigen and ungleich verteilten Informationen in den<br />
Tauschvorgängen zwischen Käufern und Verkäufern die Aktienkurse.<br />
Folgt die Unternehmensleitung dem Shareholder-Ansatz, dann muß sie prognostizieren<br />
können, wie sich einzelne unternehmenspolitische Maßnahmen auf den<br />
Aktienwert bzw. die zukünftigen Netto-Cash-Flows und Diversifizierungseffekte<br />
auswirken. Man kann ohne eingehende kausale oder statistische Analyse die Zusammenhänge<br />
zwischen den verschiedenen Entscheidungen und dem Aktienwert<br />
nicht erkennen.<br />
Wir erläutern die Problematik anhand eines statistischen Unternehmensmodells<br />
(vgl. Abb. 25, S. 30).<br />
Um die Beiträge der einzelnen Unternehmensaktivitäten zum Erfolg zu<br />
ermitteln, können zunächst für die Aktivitäten der Funktionsbereiche des<br />
Unternehmens und die externen Kräfte, die den Unternehmenserfolg beeinflussen,<br />
quantitative Indikatoren bestimmt werden.<br />
Interner Indikator der <strong>Vertrieb</strong>stätigkeit wäre beispielsweise die durchschnittliche<br />
Anzahl der Kundenbesuche pro Verkäufer. Ein externer Indikator<br />
der Absatzchancen könnte in der Dollarkursentwicklung gesehen<br />
werden. Liegen 20-30 Vergangenheitswerte pro Indikator und die dazugehörenden<br />
Aktienwerte vor, dann können die quantitativen statistischen<br />
Zusammenhänge zwischen den Indikatorausprägungen und den<br />
Aktienwerten Ye (e: erwartet) in einem multiplen Regressionsmodell<br />
ermittelt werden.<br />
29
Die statistisch geschätzten Koeffizienten a i zeigen den Wirkungszusammenhang<br />
zwischen den Aktivitätsindikatoren und dem Aktienkurs<br />
an. Man könnte jetzt alternative Maßnahmenpläne mit dem Ziel der Aktienwertsteigerung<br />
entwickeln und deren Kosten K i bestimmen. Jeder<br />
Maßnahmenplan sieht eine Veränderung der Indikatorwerte ∆x i vor.<br />
Anhand der Regressionsgleichung läßt sich die Wirkung a<br />
i<br />
⋅ ∆ x von<br />
Maßnahmen auf den Aktienkurs bestimmen. Der Plan mit der größten<br />
Wirkung-zu-Kosten-Relation ist bei begrenztem Budget zuerst zu realisieren.<br />
i<br />
Aktivitäten X i des Unternehmens<br />
<br />
<br />
• Quantitative Indikatoren x0, x1, x2, etc.<br />
(z.B. Kundenbesuche x 2 )<br />
• Aktienwert Y (Meßwerte aus mindestens 20 Perioden)<br />
e<br />
• Funktionale Beziehung Y = x0<br />
+ a1<br />
⋅ x1<br />
+ a 2 ⋅ x 2 + ...<br />
der erwarteten Aktienwerte<br />
Interpretation von a 2 :<br />
Interpretation von ( a2<br />
⋅ ∆x2<br />
)<br />
K 2<br />
Erklärungsbeitrag der Kundenbesuche<br />
zum erwarteten Aktienwert<br />
(Gewichte)<br />
: Wirkung-zu-Kosten-Relation<br />
Abb. 25: Erfolgsbeitrag mittels multipler Regression und Wirkung-zu-Kosten-Relation<br />
Dem wissenschaftlichen Anspruch eines solchen Erklärungsmodells des Unternehmenserfolges<br />
stehen Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung entgegen:<br />
So ist die Unabhängigkeit der externen und internen Indikatoren nur selten<br />
gewährleisten, was die Anwendbarkeit der Methode gefährdet. Zudem sind nur<br />
wenige Unternehmen als börsennotierte Aktiengesellschaften einer Kapitalmarktbewertung<br />
zugänglich. Außerdem ist aufgrund erheblicher Informationsdefizite<br />
und Interessensdivergenzen fraglich, ob Aktionäre die Unternehmenspolitik<br />
ausreichend differenziert erfassen. Zahlreiche Kursschwankungen bleiben<br />
unerklärt. Wenngleich der Aktienkurs eine betriebswirtschaftlich wichtige Größe<br />
darstellt, kann man ihn nicht als differenziertes Steuersignal für eine Unterneh-<br />
30
menspolitik ansehen. Schließlich paßt ein Entscheidungsmodell, welches sich nur<br />
an den Eigentümerinteressen ausrichtet, nicht in die politische Realität moderner<br />
Industriegesellschaften (vgl. Stakeholder, Abb. 21, S. 26).<br />
Um für praktische Anwendungen die <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten ausreichend genau<br />
abzubilden, müßte man eine sehr große Anzahl quantitativer Indikatoren finden<br />
und messen. Die Kosten eines solchen Modells wären entsprechend hoch, so daß<br />
es unpraktikabel würde. Auch gibt es zahlreiche qualitative Bestimmungsgrößen,<br />
die man nur sehr unzureichend durch quantitative Indikatoren abbilden kann.<br />
Als Alternative zum Regressionsmodell bieten sich intuitiv-kreative Methoden<br />
an, die eine explizite Einbeziehung qualitativer Faktoren gestatten. Auf den<br />
fragwürdigen Aktienwert als Erfolgsgröße kann hierbei verzichtet werden. Stattdessen<br />
wird die Wettbewerbsfähigkeit (vgl. Abb. 26, unten) des Unternehmens<br />
in Form der nachhaltigen Kundenzufriedenheit als Erfolgsgröße bestimmt. Dies<br />
ist theoretisch sinnvoll, da der Wert, den ein Industrieunternehmen im Kapitalmarkt<br />
besitzt, sich hieraus letztlich ableitet. Zentral für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
ist die Einstellung der Kunden zum Kauf der angebotenen Produkte. Die nachhaltige<br />
Kundenzufriedenheit kann als das wichtigste strategische Ziel des Unternehmens<br />
angesehen werden.<br />
Zielvorgabe C:<br />
MAXIMIERE DIE NACHHALTIGE KUNDENZUFRIEDENHEIT<br />
Nebenbedingungen: (1) ausreichende Liquidität in jedem Zeitpunkt<br />
(2) ausreichende durchschnittliche Gewinnverteilung<br />
Abb. 26: Kundenzufriedenheit als Ziel<br />
Die drei genannten Zielvorgaben A, B und C entstammen verschiedenen Denkansätzen<br />
der Wirtschaftswissenschaften. Die erste Zielsetzung ist produktionstheoretisch<br />
fundiert, die zweite finanzierungstheoretisch und die dritte repräsentiert<br />
den Marketingansatz der Unternehmensführung (vgl. S. 14 ff.). Der<br />
Marketingansatz führt keineswegs immer zu maximaler Produktionseffizienz.<br />
Auch kann die Verfolgung des Ziels einer hohen Kundenzufriedenheit in den<br />
31
Gütermärkten temporär zu einer geringen Ausschüttung an die Aktionäre führen.<br />
Je nach Zeithorizont der Anleger können hierdurch niedrige Aktienkurse die Folge<br />
sein. Insofern konkurrieren die drei Unternehmensziele miteinander.<br />
Allerdings muß der langfristige Aufbau der Kundenzufriedenheit für ein Industrieunternehmen<br />
als das grundlegende Unternehmensziel angesehen werden,<br />
welches eine notwendige Voraussetzung für die Maximierung der technischen<br />
Effizienz und des Anteilswertes darstellt (vgl. Abb. 27, unten):<br />
• Hohe Kundenzufriedenheit sichert eine günstige Wettbewerbsposition<br />
in Nachfragermärkten und generiert so einen hohen und stabilen<br />
Barmittelzufluß (Liquidität).<br />
• Erst dieser Barmittelzufluß ermöglicht die stetige Modernisierung<br />
der Produktion in einer von technologischen Erneuerungen geprägten<br />
Ökonomie (technische Effizienz).<br />
• Die nachhaltige Kundenzufriedenheit und stetige Liquidität ermöglichen<br />
eine stabile Dividendenpolitik (Anteilswertmaximierung) und<br />
eine langfristige Gewinnerwartung von Industrieunternehmern und<br />
Anlegern.<br />
Dividendenpolitik<br />
<br />
Liquidität<br />
<br />
Kundenzufriedenheit moderne<br />
Technologien<br />
Abb. 27: Kundenzufriedenheit und Anteilswert<br />
Wir bestimmen deshalb den Erfolgsbeitrag des <strong>Vertrieb</strong>es über die nachhaltig erzeugte<br />
Kundenzufriedenheit bei angemessenem Gewinn und angemessener<br />
Liquidität.<br />
32
2.5 Nutzwert- und Kosten-Wirksamkeitsanalyse<br />
Die Zielvorgabe C (vgl. Abb. 26, S. 31), welche die Kundenzufriedenheit zum<br />
Maßstab des Unternehmenserfolges macht, läßt sich mithilfe kreativ-intuitiver<br />
Methodik operationalisieren. Die Kundenzufriedenheit basiert auf zahlreichen<br />
Zielen, die Nachfrager mit dem Erwerb eines Produktes verfolgen. Die Integration<br />
verschiedener qualitativer und quantitativer Ziele wird durch die Nutzwertanalyse<br />
erreicht. Diese Technik hat den Vorteil, flexibel der jeweiligen Erfolgsdefinition<br />
anpaßbar zu sein.<br />
Allgemein versteht man unter der Nutzwertanalyse ein Entscheidungsverfahren<br />
zur Auswahl der nutzenmaximalen Maßnahme aus einer Anzahl zulässiger Aktionen<br />
auf der Grundlage quantitativer und qualitativer Ziele. Zunächst müssen<br />
das Entscheidungsproblem vorformuliert und Experten ausgewählt werden. Diese<br />
identifizieren die Menge Z aller quantitativen und qualitativen Ziele:<br />
zi ∈ Z, die nutzenrelevant sind. Die Ziele z i müssen präzise formuliert werden,<br />
gegeneinander abgegrenzt und einzeln bewertbar sein. Geht von einem Ziel ein<br />
hoher (subjektiver) Nutzeneffekt aus, dann erhält dieses von dem Expertengremium<br />
ein hohes Gewicht g i zugewiesen, bei einem geringen Nutzeneffekt ist<br />
das Gewicht entsprechend niedriger. Häufig werden die Gewichte standardisiert:<br />
g i ∈[ 01]<br />
, und g =<br />
i i 1. Die Experten benennen Maßnahmen, die der Problemlösung<br />
dienen könnten. Diese sind zu überprüfen und so umzuformulieren,<br />
daß aus der Menge A zulässiger Aktionen: aj ∈ A eine ergriffen werden muß<br />
und die Aktionen sich gegenseitig ausschließen (Prinzip der vollkommenen Alternativenstellung,<br />
vgl. Abb. 33, S. 39).<br />
U(z<br />
N ij<br />
N j<br />
i<br />
,a<br />
j<br />
)<br />
Erreichungsgrade des Ziels z i der Aktion a j<br />
Nutzwert des Merkmals i der Aktion j<br />
Nutzwert der Aktion j<br />
Abb. 28: Legende<br />
33
Die Maßnahmen werden nun (subjektiv) bewertet, indem man für jede Aktion<br />
zunächst die Zielerreichungsgrade der einzelnen Ziele: U( zi, a j) ermittelt.<br />
Anschließend werden die Zielerreichungsgrade U( z , a ) mit den jeweils zugehörigen<br />
Gewichten multipliziert. Man erhält hierdurch den Nutzwert des Merkmals<br />
i der Aktion j: N ij . Für jede Aktion j werden die gewichteten Zielerreichungsgrade<br />
aufaddiert: i gi ⋅ U( zi, aj) = Nj. Der Wert N j ist ein Maß für<br />
den subjektiven Nutzen der Aktion j (Nutzwert der Aktion j).<br />
i<br />
j<br />
Die Nutzwertanalyse beinhaltet eine Reihe von Problemen:<br />
• Durch die Auswahl der Experten und deren anschließende Festlegung<br />
der Ziele, Gewichte und Zielerreichungsgrade unterliegt das<br />
Verfahren einem erheblichen Maß an Subjektivität und teilweise<br />
auch Willkür.<br />
• Ein niedriger Zielerreichungsgrad bei einem Merkmal kann durch einen<br />
hohen Zielerreichungsgrad bei einem anderen Merkmal ausgeglichen<br />
werden. Durch die Gewichte wird das Tauschverhältnis<br />
zwischen den Zielerreichungsgraden bestimmt. Gewichte dürfen<br />
deshalb nicht pauschal und ohne weitere Analyse der Tauschverhältnisse<br />
zugewiesen werden (vgl. Abb. 34 u. Abb. 35, S. 41 f.).<br />
• Die lineare Verknüpfung von Gewichten, Zielerreichungsgraden und<br />
Nutzwerten ist willkürlich. Nichtlineare Funktionen sind ebenso<br />
plausibel. Die Verknüpfungsregeln können von Fall zu Fall unterschiedlich<br />
sein und müßten ebenfalls ermittelt werden, was aber große<br />
praktische Probleme bereitet.<br />
• Die subjektiven Zielereichungsgrade und Nutzwerte müssen als kardinale<br />
Größen (bis auf lineare Transformationen definiert) interpretiert<br />
werden, damit die notwendigen Rechenoperationen sinnvoll<br />
sind. Wenn Experten aber nur ordinale Bewertungen (größer, kleiner,<br />
gleich) abgeben können, dann kann die Nutzwertanalyse nicht durchgeführt<br />
werden.<br />
• Schwierigkeiten verursacht die saubere Abgrenzung der Ziele. Insbesondere<br />
quantitative und qualitative Ziele hängen voneinander ab.<br />
34
Durch die Überschneidungen kommt es leicht zu Mehrfachbewertungen<br />
einzelner Merkmale.<br />
Die Nutzwertanalyse bietet aber auch eindeutige Vorteile:<br />
• Eine Reduktion der Entscheidungsprobleme auf den quantifizierbaren<br />
monetären Teil wird dem <strong>Vertrieb</strong> mit seinen vielfältigen<br />
Chancen und Risiken, sowie den unterschiedlichen kulturellen und<br />
technischen Parametern, nicht gerecht.<br />
• Die Nutzwertanalyse bringt die verschiedenen Maßzahlen der Parameter<br />
auf einen gemeinsamen Nenner (Nutzwerte).<br />
• Sie strukturiert den Kommunikationsprozeß der Entscheidungsträger,<br />
führt zu verwertbaren Ergebnissen unter Einbeziehung aller relevanter<br />
Aspekte und macht die unvermeidliche Subjektivität in der<br />
Entscheidungsfindung transparent und diskussionsfähig (hoher<br />
Kommunikationswert). Durch eine Sensitivitätsanalyse mit einem<br />
veränderten Expertengremium kann die Stabilität des Entscheidungsergebnisses<br />
überprüft werden.<br />
Die subjektiven Bewertungen sind durch repräsentative Umfragen bei Kunden,<br />
Mitarbeitern und Lieferanten und durch Liquiditäts- und Kapitalwertberechnungen<br />
zu stützen und zu begründen.<br />
In der Nutzwertanalyse drücken die Gewichtungen der Basismerkmale, je nach<br />
Problem, die beigemessene Bedeutung der Leistungsmerkmale einzelner Produkte,<br />
des Unternehmens, einer Sparte, eines strategischen Geschäftsfeldes etc.<br />
aus. Gewichte g und Zielerreichungsgrade U werden in der Nutzwertanalyse<br />
multiplikativ verknüpft und über alle Merkmale i zu Nutzwerten N addiert (vgl.<br />
Abb. 28, S. 33 u. Abb. 29, unten):<br />
[ 01] 1 [ 01]<br />
N = g ⋅U( z , a ) mit g∈ , , g = , U( z , a ) ∈ ,<br />
j<br />
Abb. 29: Lineares Nutzwertmodell<br />
i<br />
i<br />
i j i i j<br />
i<br />
35
In rationalen Präferenzsystemen müssen Merkmalsgewichte als Größen angesehen<br />
werden, die Austauschbeziehungen zwischen einzelnen Zielerreichungsgraden<br />
der Merkmale herstellen (vgl. Abb. 34 u. Abb. 35 S. 41 f.). Man kann ein<br />
Merkmal zu Lasten eines anderen verbessern. Steigt der Zielerreichungsgrad des<br />
einen Merkmals um 10%, während der des anderen um 5% fällt, dann entscheidet<br />
das Verhältnis der Gewichte beider Merkmale, ob der Nutzwert der Aktion steigt,<br />
gleichbleibt oder fällt. Einzelpersonen können sich solche Trade-Offs bewußt<br />
machen. In Gruppen ist ihre Ermittlung ungleich schwieriger und selten eindeutig.<br />
Dennoch sollte man die Merkmalsbewertungen und Gewichte unter Berücksichtigung<br />
der substitutiven Wertbeziehungen durch Befragung abschätzen.<br />
Die Kundenzufriedenheit soll gesteigert werden.<br />
1. Der Moderator wählt hierzu eine Expertenrunde aus.<br />
2. Die Mitglieder der Expertenrunde werden befragt und nennen mögliche<br />
Merkmale der Kundenzufriedenheit.<br />
3. Der Moderator bildet hieraus voneinander nutzenunabhängige Basismerkmale<br />
(Ziele), die den Merkmalsraum aufspannen.<br />
4. Die Basismerkmale werden den Mitgliedern der Expertenrunde präsentiert<br />
und von ihnen nach der Bedeutung für die Kunden gewichtet. Dazu unternimmt<br />
man Kundenbefragungen.<br />
5. Die Expertenrunde ermittelt die subjektiven Zielerreichungsgrade der Basismerkmale<br />
der Unternehmensleistung. Wiederum stützt man sich hierbei<br />
auf Kundenbefragungen.<br />
6. Es werden die Zielerreichungsgrade der Merkmale mit den Gewichten multipliziert<br />
und zu (Ist-) Nutzwerten aufaddiert.<br />
7. Der Moderator ermittelt ein Soll- und ein Ist-Profil der Unternehmensleistung<br />
und erkennt kritische Basismerkmale mit hohen Soll-Ist-<br />
Abweichungen.<br />
8. Es werden zu jedem kritischen Merkmal Maßnahmenpläne gemäß des Prinzipes<br />
der vollkommenen Alternativenstellung entwickelt und die Realisierungskosten<br />
geschätzt.<br />
9. Der Moderator berechnet die Quotienten aus gewichteten Nutzenwertsteigerungen<br />
der Strategien und Realisierungskosten. Er empfiehlt bei gegebenem<br />
Kostenbudget die Realisierung der Maßnahmenpläne mit den größten Kennziffern!<br />
Abb. 30: Einzelschritte einer Nutzwert- (1.-6.) und Kosten-Wirksamkeitsanalyse (1.-9.)<br />
36
Wir verwenden die Nutzwertanalyse zur Bewertung des <strong>Vertrieb</strong>es als Teil der<br />
Unternehmensleistung. Dabei gehen wir davon aus, daß sich die Unternehmensleistung<br />
aus Basismerkmalen zusammensetzt, die wir hinsichtlich ihres Zielbeitrages<br />
zur Kundenzufriedenheit einzeln bewerten können. So kann man zu jedem<br />
Basismerkmal den Ist- und den Soll-Nutzwert angeben.<br />
Weichen Ist- und Sollwerte erheblich voneinander ab, dann liegt ein kritisches<br />
Merkmal vor, in dessen Verbesserung Ressourcen des Unternehmens fließen<br />
sollten. Zur Steigerung der Kundenzufriedenheit sind vom Unternehmen Maßnahmenpläne<br />
zu kritischen Merkmalen aufzustellen und deren Kosten zu bestimmmen.<br />
Die Kosten-Wirksamkeitsanalyse ermittelt die Relation zwischen<br />
den Nutzwertverbesserungen und den Kosten der Maßnahmenpläne. Der wesentliche<br />
Informationsgehalt der Kosten-Wirksamkeitsanalyse liegt in der ordinalen<br />
Rangfolge dieser Kennzahlen. Hierunter verstehen wir die Beziehungen „größer“,<br />
„kleiner“ und „gleich“. Die Abstände zwischen den Kennzahlen sind nicht<br />
wichtig.<br />
Beispiel einer Kosten-Wirksamkeitsanalyse<br />
Problem<br />
Es soll die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Hierzu ist ein Maßnahmenplan<br />
zu empfehlen. Die kritischen Basismerkmale lauten:<br />
• ökologisches Image des Unternehmens<br />
• Wartungsfreundlichkeit der elektronischen Verkaufsprodukte<br />
• Pünktlichkeit der Anlieferungen<br />
Kritische<br />
Merkmale des Kundennutzens<br />
relatives<br />
Gewicht<br />
Bewertung<br />
0,1: schlecht<br />
1,0: gut<br />
U<br />
g<br />
Ökologisches Image 0,2 0,7<br />
Wartungsfreundlichkeit 0,6 0,7<br />
Pünktlichkeit 0,2 0,4<br />
Abb. 31: Gewichte und Bewertungen (vgl. auch das Beispiel auf Seite 178 ff.)<br />
37
Es stehen DM 120.000 zur Verfügung. Um das ökologische Image auf<br />
den Zielwert von 1,0 (maximale Bewertung) zu bringen, müßten DM<br />
50.000 investiert werden. Bei der Wartungsfreundlichkeit sind zum Erlangen<br />
dieses Zielwertes Investitionen von DM 100.000 und bei der<br />
Pünklichkeit von DM 30.000 notwendig. Es können auch Teilbeträge in<br />
die Merkmale investiert werden.<br />
Das Prinzip der vollkommenen Alternativenstellung fordert, daß der<br />
Entscheidungsträger durch die Formulierung des Entscheidungsproblems<br />
• gezwungen ist, eine der Maßnahmen zu ergreifen,<br />
• gleichzeitig aber nur eine einzige der Alternativen realisieren kann.<br />
Bestimmen Sie die optimale Maßnahme auf der Grundlage der Kostenwirksamkeiten.<br />
Es soll das gesamte Budget von DM 120.000 eingesetzt<br />
werden. Restbeträge sind nutzenmaximierend auf die Merkmale zu verteilen.<br />
Die Kostenwirksamkeitsrelationen der einzelnen Merkmale sind<br />
unabhängig von der Höhe des investierten Geldbetrages (linearer Fall).<br />
Lösungsweg<br />
Den Lösungsweg gibt die Abb. 30 auf Seite 36 wieder. Das Ergebnis eines<br />
solchen Entscheidungsprozesses kann in einem Tableau festgehalten<br />
werden, wie es die Abb. 32, unten, (vgl. auch Abb. 101, S. 179) veranschaulicht.<br />
Lösung<br />
Kritische<br />
Merkmale des<br />
Kundennutzens<br />
relatives<br />
Gewicht<br />
g<br />
Bewertung Nutzwert<br />
0,1: schlecht<br />
1,0: gut<br />
U N i<br />
Sollwert<br />
N s<br />
Soll-Ist Kosten K Relation<br />
Differenz der Pläne<br />
∆N<br />
Mio.DM<br />
ökologisches Image 0,2 0,7 0,14 0,2 0,06 0,050 1,2<br />
Wartungsfreundlichkeit 0,6 0,7 0,42 0,6 0,18 0,100 1,8<br />
∆N/K<br />
Pünktlichkeit 0,2 0,4 0,08 0,2 0,12 0,030 4,0<br />
Abb. 32: Ermittlung der Kostenwirksamkeiten<br />
38
Die Entscheidungsregel ist einfach, da die berechneten Kostenwirksamkeitsrelationen<br />
auch für Teilbeträge gelten, mit denen nicht die Sollnutzwerte<br />
erreicht werden (linearer Fall). Für drei Merkmale n, p und r<br />
ist die folgende lineare Funktion durch Verteilung der Mittel K auf die<br />
Merkmale n, p und r zu maximieren:<br />
∆N n<br />
∆N p<br />
∆N r<br />
n<br />
p<br />
r<br />
, ,<br />
max max max<br />
Kn<br />
Kp<br />
Kr<br />
MAX ∆N = K ⋅ + K ⋅ + K ⋅<br />
K n K p K r<br />
mit K = Kn + Kp + Kr<br />
und<br />
Kn<br />
max<br />
≤ Kn<br />
und K p<br />
K<br />
max<br />
≤ p und K r<br />
K<br />
max<br />
≤ r .<br />
Die folgenden Alternativen (vgl. Abb. 33, unten) beschreiben die Menge<br />
zulässiger dominanter Maßnahmen vollständig:<br />
Investitionsbeträge<br />
Alternativen a 1 a 2 a 3 a 4 a 5<br />
ökologisches Image 50 20 50<br />
Wartungsfreundlichkeit 70 100 100 90 40<br />
Pünklichkeit 20 30 30<br />
Abb. 33: Maßnahmen<br />
Die Entscheidungsregel lautet:<br />
Investiere den maximal möglichen Betrag in das Merkmal mit der größten<br />
Kostenwirksamkeitsrelation. Vom Rest investiere den maximal<br />
möglichen Betrag in das Merkmal mit der zweitgrößten Relation, usw. .<br />
Arbeite die ordinale Reihenfolge der Kostenwirksamkeitsrelationen ab.<br />
Die Alternative a 4 ist im linearen Fall optimal: Man gibt DM 30.000 für<br />
die Verbesserung der Pünklichkeit aus. Die Kostenwirksamkeitsrelation<br />
beträgt hierbei 4,0. Die verbleibenden DM 90.000 werden zur Verbesse-<br />
39
ung der Wartungsfreundlichkeit mit einer Kostenwirksamkeitsrelation<br />
von 1,8 verwendet.<br />
Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen äußern wir deshalb<br />
die begründete Vermutung, daß der Maßnahmenplan a 4 die Kundenzufriedenheit<br />
am stärksten steigert und empfehlen diese Alternative.<br />
C<br />
40
2.6 Anhang: Bewertung und Gewichtung<br />
Im 2. Kapitel argumentieren wir, daß der Nutzwert- und Kosten-Wirksamkeitsanalyse<br />
eine große Bedeutung als Entscheidungsmethode zur Ressourcenverteilung<br />
im Unternehmen zukommt. Wir werden die Nutzwertanalyse auch<br />
noch zur Lösung von Teilproblemen im <strong>Vertrieb</strong> verwenden. Wir sehen in ihr eine<br />
Möglichkeit, die vielseitigen quantitativen und qualitativen Zielsetzungen in<br />
praktischer Weise zu integrieren. Das gemeinsame Dach dieser verschiedenen<br />
Zielsetzungen ist der subjektive Nutzwert. Für die korrekte Verarbeitung und<br />
Auswertung der Daten ist es von Bedeutung, die Eigenart dieser Größe genauer<br />
kennenzulernen.<br />
Nachfolgend zeigt Abb. 34 die Nutzenfunktion eines Experten. Die Indifferenzlinien<br />
sind Höhenlinien gleichen Nutzwertes. Sie verdeutlichen die Substitution<br />
einer Merkmalsausprägung durch eine andere bei konstantem Nutzwert. Die Indifferenzlinien<br />
sind in der Nutzwertanalyse linear.<br />
Abb. 34: Nutzenfunktion mit linearen Indifferenzkurven<br />
41
Abb. 35 zeigt, daß ein logischer Zusammenhang zwischen den Gewichten und<br />
den Nutzenbewertungen besteht.<br />
n und r repräsentieren zwei Merkmale (Ziele). Der Nutzwert eines Experten setzt<br />
sich aus zwei Teilnutzwerten linear zusammen (vgl. Abb. 34, S. 41):<br />
N = Nn<br />
+ Nr<br />
mit Nn = gn ⋅ U( zn, aj) und Nr = gr ⋅ U( zr, aj).<br />
Hierbei kennzeichnen die Gewichte g, g ∈( 01 , ) , die Bedeutungen, die der Experte<br />
den einzelnen Zielen z zuweist. Wir suchen eine Maßnahme ak, durch die<br />
sich der Zielerreichungsgrad U n des Merkmals n verringert und der Zielerreichungsgrad<br />
U r des Merkmals r erhöht, aber der Nutzwert unverändert bleibt:<br />
( ( , ) ( , )) ( ( , ) ( , ))<br />
gn ⋅ Uzn ak − Uzn aj = −gr ⋅ Uzr ak −Uzr aj<br />
Durch dieses Experiment erkennen wir deutlich den Zusammenhang zwischen<br />
den Bewertungen und den Gewichten. Wir bringen die Gewichte auf die rechte<br />
Seite der Gleichung und die Zielerreichungsgrade auf die linke. Die Grenzrate<br />
der Substitution der Zielerreichungsgrade gleicht dem negativen umgekehrten<br />
Verhältnis der Merkmalsgewichte:<br />
Uz ( n, ak) − Uz ( n, aj)<br />
gr<br />
=−<br />
Uz ( r, ak) − Uz ( r, aj)<br />
N konstant gn<br />
Aus nutzentheoretischer Sicht sind Bewertungen und Gewichtungen Ausdruck<br />
desselben Präferenzsystems.<br />
Abb. 35: Substitutionsrate und Gewichte<br />
42
2.7 Aufgaben<br />
1. Aufgabe<br />
Erläutern Sie den Begriff: Adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozess.<br />
2. Aufgabe<br />
Nennen Sie produktbezogene und unternehmensbezogene Funktionen.<br />
3. Aufgabe<br />
Grenzen die die Begriffe <strong>Vertrieb</strong>, Absatz und Marketing voneinander ab.<br />
4. Aufgabe<br />
Was versteht man unter produktions-, kapitalmarkt- und marketingorientierten<br />
Zielen der Unternehmensführung?<br />
5. Aufgabe<br />
Aus welchen Elementen baut sich die Nutzwertanalyse auf?<br />
6. Aufgabe<br />
Warum führt eine Spartenorganisation zu Synergieverlusten?<br />
7. Aufgabe<br />
Die Nutzwertanalyse besitzt eine Reihe von Defiziten. Nennen Sie diese.<br />
8. Aufgabe<br />
Nennen Sie die Vorteile der Nutzwertanalyse.<br />
9. Aufgabe (Anhang)<br />
Gewichte können im Sinne von Substitutionsraten interpretiert werden, die zwischen<br />
Teilzielen bestehen. Zeigen Sie diesen Zusammenhang.<br />
43
3 <strong>Vertrieb</strong> und Wettbewerb<br />
3.1 Substitutionalität und <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />
Unter den Unternehmenszielen nimmt der kurz-, mittel- und langfristige Gewinn<br />
eine herausragende Stellung ein. Im Streben nach Zielerreichung versuchen<br />
Unternehmen, ihre Produkte kundengerecht zu gestalten und zu variieren.<br />
Determinanten des eigenen Unternehmens und des Umfeldes bestimmen die Gewinnentwicklung.<br />
Wir können diese Einflußgrößen nach ihrer grundsätzlichen<br />
Veränderbarkeit durch das einzelne Unternehmen und der Zeitspanne bis zur<br />
Realisierung typisieren (vgl. Abb. 36, unten).<br />
Determinanten der<br />
Gewinnentwicklung<br />
(interdependent)<br />
Verbesserungen sind<br />
einzelwirtschaftlich<br />
Herbeiführbar<br />
Zeitspanne von der<br />
Entscheidung bis zur<br />
Realisierung<br />
Sachleistung (Variation) gut kurzfristig<br />
<strong>Vertrieb</strong>sleistung gut kurzfristig<br />
Informationslage gut kurzfristig<br />
Technologie gut mittelfristig<br />
Managementleistung gut mittelfristig<br />
Sachleistung (Innovation) gut langfristig<br />
Substitutionalität mittel kurzfristig<br />
Faktorkosten wenig kurzfristig<br />
Liquidität der Kunden kaum --<br />
Abb. 36: Beispiele von Variablen der Unternehmensentscheidung<br />
Die Kundenzufriedenheit ist die entscheidende Determinante für die Gewinnentwicklung<br />
des Unternehmens (vgl. Abschnitt 2.4, S. 25 ff.). Sie gründet sich<br />
auf zwei gegensätzliche Konzepte:<br />
• Kostenführerschaft führt bei hoher Substitutionalität der Produkte zu niedrigen<br />
Preisen, was eine bedeutsame Determinante der Kundenzufriedenheit darstellt<br />
und das Kaufverhalten stark beeinflußt.<br />
• Kann die Kostenführerschaft nicht übernommen werden, dann bietet die Qualitätsführerschaft<br />
einen Ausweg. Hat man hiermit Erfolg, dann reduziert sich<br />
45
die Substitutionalität und der Preis kann steigen. Der Kunde honoriert die<br />
(subjektiv wahrgenommene) Qualität mit seinem Bestellverhalten.<br />
Die Fähigkeit zur Kostenführerschaft erfordert weitgehend standardisierte Produkte,<br />
die man mit modernen Technologien in großen Stückzahlen erzeugt. Hierdurch<br />
nutzt man die Vorteile der Durchschnittskostendegression. Zwar sind die<br />
Wettbewerbsprodukte gegeneinander austauschbar, doch schützt der Preisvorteil<br />
des Kostenführers vor einem Wechselverhalten.<br />
Mit der zunehmenden globalen Außenhandelsverflechtung steigt der Importdruck.<br />
Den Industrieunternehmen Westeuropas und Nordamerikas fällt es wegen<br />
des hohen heimischen Kostenniveaus immer schwerer, globale Kostenführerschaften<br />
auszuüben. In Osteuropa, Asien und Südamerika produzierende Unternehmen<br />
sind in der Lage, bei deutlich geringeren Kostenniveaus, gleichwohl hohem<br />
Ausbildungsstand der Beschäftigten, moderne Technologien einzusetzen.<br />
Deshalb bleibt Unternehmen in den „alten“ Industrieländern häufig nur der Versuch,<br />
die Substitutionalität ihrer Produkte durch Qualitätssteigerungen zu verringern.<br />
Hierbei kann auch der <strong>Vertrieb</strong> eine wichtige Rolle übernehmen (vgl. Abb.<br />
37, S. 47).<br />
Die Substitutionalität läßt sich über die Sachleistung, die <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />
und die Kommunikation verringern:<br />
(1) Zunächst kann man die Gestaltung und die Technologie der Produkte<br />
variieren und sie damit von Wettbewerbererzeugnissen, die<br />
anwendungstechnisch die gleiche Leistung erbringen, unterscheidbar<br />
machen.<br />
(2) Dann lassen sich die psychologischen Produktmerkmale verändern.<br />
Mit einem Markennamen, einem Symbol oder einem Gütesiegel<br />
lassen sich Eigenschaften wie Qualität, Ökologie, Service u.a.<br />
vermitteln. Hierfür ist der Einsatz von kommunikationspolitischen<br />
Instrumenten notwendig.<br />
46
Sachleistung<br />
Gestaltung und<br />
Technologie<br />
<br />
<strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />
Verkauf und Distribution<br />
<br />
Substitutionalität<br />
der Produkte<br />
<br />
Kommunikation<br />
psychologische<br />
Merkmale<br />
Abb. 37: Determinanten der Substitutionalität<br />
(3) Schließlich können Unternehmen noch die <strong>Vertrieb</strong>sanstrengungen<br />
erhöhen. Durch eine adaptive Strategie werden die Verkaufs- und<br />
Transportleistungen den individuellen Kundenbedürfnissen angenähert.<br />
Auch hier hat die Kommunikation eine wichtige Aufgabe, da<br />
sie maßgeblich die psychologischen Merkmale der <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />
bestimmt.<br />
In dem vorliegenden Kapitel beschäftigen wir uns mit dem Zusammenhang zwischen<br />
dem <strong>Vertrieb</strong> und der Substitutionalität von Produkten. Wir können sie<br />
nach verschiedenen Verfahren bestimmen und diskutieren Produkthierarchien,<br />
Kreuzpreiselastizitäten und das „Forced-Switching“ Modell. Mithilfe einer<br />
gezielten <strong>Vertrieb</strong>sdifferenzierung und Marktsegmentierung läßt sich die Kundenzufriedenheit<br />
steigern und die Substitutionalität verringern.<br />
47
3.1.1 Substitutionalität und Produkthierarchien<br />
Bei der Aufstellung einer Produkthierarchie geht man intuitiv vor. Die Kaufentscheidung<br />
des Kunden interpretiert man als Prozeß:<br />
Der Kunde geht zunächst von sehr allgemeinen Merkmalen aus, mit denen<br />
er die Gruppe der Produkte eingrenzt. Im Vordergrund steht zunächst<br />
der grundlegende Nutzen, den Produkte für eine bestimmte Anwendung<br />
besitzen. Es treten dann technische Merkmale hinzu, die<br />
konkreter die Anwendungssituation definieren. Zum Schluß werden<br />
noch Merkmale wichtig, die sehr spezieller technischer und auch rein<br />
psychologischer Natur sind. Während noch eine Vielzahl von Produkten<br />
die grundlegenden Merkmalen aufweisen, wird diese Menge mit zunehmender<br />
Konkretisierung und Spezialisierung der Merkmale immer<br />
kleiner. Schließlich bleiben nur noch wenige Marken übrig, die sich nur<br />
durch Marginalien unterscheiden und deshalb leicht untereinander substituierbar<br />
sind. Sie stehen in einem sehr hohen Wettbewerb zueinander<br />
(vgl. Abb. 38, unten).<br />
Nutzenhierarchie<br />
Grundnutzen<br />
<br />
Technologien<br />
<br />
Präferenz<br />
<br />
Nachfrage<br />
Spezialisierung der<br />
Leistung<br />
Produktklasse<br />
Produkttypen<br />
Produktvarianten<br />
Marken<br />
Substitutionalität<br />
und Konkurrenz<br />
sehr gering<br />
gering<br />
mittel<br />
hoch<br />
Abb. 38: Produkthierarchie und Konkurrenz<br />
Durch das Aufstellen einer Produkthierarchie gelingt es, in einer ersten Annäherung<br />
die Produkte mit einer hohen Substitutionalität zueinander herauszufinden<br />
48
und den Markt abzugrenzen. Natürlich setzen Produkthierarchien eine gute<br />
Kenntnis des Kaufentscheidungsprozesses der Kunden voraus.<br />
Beispiel<br />
Wir versetzen uns in die Situation eines Kunststoffherstellers, der ein<br />
„PE“ (Polyethylen) unter der Marke „Mosopol 1710“ vertreibt. Seine<br />
Kundenerfahrung sagt ihm, daß die Verwendung des Polyethylens als<br />
formgebender Werkstoff die grundlegende Anwendung ist.<br />
Die Schlüsselfragen sind nun:<br />
„Warum wählen Kunden gerade das ‘Mosopol 1710’? In welchem<br />
Wettbewerb steht unsere Marke? Konkurriert sie gegen andere Polyethylenvarianten<br />
oder gegen PVC, Holz, Zement, Glas oder Eisen?“<br />
Durch chemische und physikalische Untersuchungen können wir diese<br />
Fragen nicht beantworten. Erst der Kaufentscheidungsprozess der Kunden<br />
gibt hierüber Aufschluß.<br />
Unser Kunststoffhersteller überlegt sich nun im ersten Schritt eine möglichst<br />
vollständige Menge formgebender Werkstoffe. In einem zweiten<br />
Schritt sammelt er Merkmale formgebender Werkstoffe, die seiner Ansicht<br />
nach für Kunden Bedeutung bei der Entscheidung besitzen, welches<br />
Produkt sie wählen. Manche Merkmale differenzieren große Produktgruppen<br />
und andere einzelne Marken innerhalb einer Produktgruppe. Hierdurch<br />
ergibt sich in einem dritten Schritt eine Hierarchie der Merkmale.<br />
Auf jeder Merkmalsebene gibt es eine Produktgruppe, zu der das „Mosopol“<br />
zählt und ein Rest, der ausscheidet. Durch Hinzunahme zusätzlicher<br />
Merkmale verringert sich im vierten Schritt die Anzahl der Wettbewerbsprodukte<br />
immer weiter bei gleichzeitiger Erhöhung der Substitutionalität.<br />
Wie bei einer Zwiebel fällt Schale für Schale ab und übrig bleibt das „Mosopol“<br />
mit wenigen anderen Marken, zwischen denen ein großer Wettbewerb<br />
besteht.<br />
49
Ebene<br />
Abb. 39, unten, zeigt eine Produkthierarchie am Beispiel formgebender Werkstoffe.<br />
Grundnutzen<br />
<br />
Technologie<br />
<br />
Präferenz<br />
3 Modisch,<br />
ökologisch<br />
4 <strong>Vertrieb</strong>sservice,<br />
Preis<br />
<br />
Nachfrage<br />
<br />
PP/PE, Edelstahl, Buche<br />
PE der Marke Mosopol,<br />
Edelstahlbleche von<br />
Stahlvertrieb GmbH<br />
Lfd.<br />
Nr.<br />
Merkmal Inklusiv Exklusiv<br />
1 Formbar Beton, Gips, Kunststoffe,<br />
Wasser, Sand, Luft,<br />
Holz, Metalle, Glas, Getreide, u.a.<br />
Keramik<br />
2 Biegsam, flexible Kunststoffe, Beton, Gips, spröde<br />
leicht Holz, Metalle<br />
Kunststoffe, Glas, Keramik<br />
PVC, Aluminium<br />
sonstige Marken und<br />
Anbieter<br />
Enger Wettbewerbsmarkt<br />
PE der Marke Mosopol,<br />
Edelstahlbleche von<br />
Stahlvertrieb GmbH<br />
Abb. 39: Beispiel einer Produkthierarchie<br />
Im Ergebnis erkennen wir, daß sowohl der Kunststoff Polyethylen der Marke<br />
„Mosopol“ als auch Edelstahlbleche der Firma „Stahlvertrieb GmbH“ alle<br />
Merkmale, die eine Rolle im Kaufentscheidungsprozess der Kunden spielen, erfüllen.<br />
Damit stehen diese beiden Produkte in hoher Konkurrenz zueinander.<br />
Produkthierarchien enthalten ein stark subjektives und willkürliches Element:<br />
Die Marktkenntnisse und Kundenerfahrungen der <strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter<br />
bestimmen die Qualität dieser Methode. Es handelt sich hierbei aber um<br />
eine einfache und sehr edukative analytische Herangehensweise für<br />
<strong>Vertrieb</strong>smitarbeiter. Man macht sich dadurch bewußt, was über Kunden<br />
und deren Kaufentscheidungsprozesse bekannt ist und gewinnt einen<br />
klaren Eindruck der eigenen Wettbewerbswahrnehmung und Informationsdefizite.<br />
50
3.1.2 Substitutionalität und Kreuzpreiselastizitäten<br />
Mithilfe ökonomischer Modelle, die präzise Meßverfahren ermöglichen, versucht<br />
man, objektiv die Substitutionalität und damit die Konkurrenz zu ermitteln. Die<br />
Kreuzpreiselastizität stellt die relative Änderung der Nachfragemenge eines<br />
Gutes in eine ursächliche Beziehung zur relativen Änderung des Preises eines<br />
anderen Gutes (vgl. Abb. 40, unten). Man geht davon aus, daß bei Substitutionsbeziehungen<br />
die Verschlechterung der Kaufbedingungen bei einem Gut<br />
durch Erhöhung des Preises dazu führt, daß Konsumenten auf ein anderes Gut<br />
ausweichen (Substitutionseffekt). Die Änderungen des Preises und der Nachfragemenge<br />
messen wir als Prozentsätze des Preis- und des Nachfrageniveaus.<br />
p : Preis des Gutes<br />
X: Nachfragemenge<br />
∆ : Differenz<br />
d : marginale Differenz<br />
i, j: Indizes für Produkte i und j<br />
Abb. 40: Kreuzpreiselastizität<br />
Wenn wir den Preis eines Gutes beispielsweise um 5% anheben und deshalb<br />
10% zusätzlich von einem Substitut gekauft wird, dann ist die Substitutionsbeziehung<br />
vergleichsweise eng. Wenn hingegen nur 1% zusätzliche<br />
Menge nachgefragt wird, dann ist die Substitutionsbeziehung relativ<br />
weit.<br />
Formelmäßig können wir die Kreuzpreiselastizität folgendermaßen schreiben:<br />
e<br />
ij<br />
i≠<br />
j<br />
∆ x<br />
i<br />
=<br />
x<br />
i<br />
∆ x<br />
i<br />
=<br />
∆ p<br />
j ∆ p<br />
j<br />
⋅<br />
p<br />
j<br />
p<br />
x<br />
i<br />
j<br />
51
Bei differenzierbaren Nachfragefunktionen und infinitesimal kleinen Änderungen<br />
des Preises verwenden wir das Konzept der Differentialrechnung zur Bestimmung<br />
der Punktelastizität:<br />
e<br />
ij<br />
i≠<br />
j<br />
dxi<br />
= ⋅<br />
dp<br />
j<br />
p<br />
x<br />
j<br />
i<br />
Die Kreuzpreiselastizität kann nur eingeschränkt als Maß der Substitutionalität<br />
dienen. Wir merken die folgenden drei Punkte kritisch an:<br />
(1) Preisvariationen lösen vielschichtige Veränderungen des wahrgenommenen<br />
Produktnutzens aus:<br />
• Häufig glauben Kunden über den Preis die Produktqualität zu erkennen.<br />
In solchen Fällen können Preiserhöhungen zu einem Anstieg der Nachfrage<br />
führen (Qualitätseffekt).<br />
• Da durch die Preiserhöhung das reale Budget des Kunden sinkt (realer<br />
Einkommenseffekt), verändert sich sein Kaufverhalten insgesamt. Wir<br />
nehmen als Beispiel an, daß er wenige teure Farbkopierer kauft und von<br />
seinem restlichen Budget den hauptsächlichen Bedarf durch billige<br />
Schwarz-Weiß-Kopierer abdeckt. Es ist durchaus denkbar, daß durch<br />
die Preiserhöhung der billigen Geräte der Kunde sich nun weniger<br />
Farbkopierer leistet und diese durch die anderen schrittweise substituiert.<br />
Der Qualitätseffekt und der reale Einkommenseffekt verzerren den Substitutionseffekt.<br />
Sie müssen ermittelt und herausgerechnet werden, was praktisch<br />
kaum möglich ist. Kreuzpreiselastizitäten sind also nur eingeschränkt ein<br />
operationales Maß der Gütersubstitution. Neben dem Merkmal „Preis“<br />
gibt es zahlreiche andere Eigenschaften, die den wahrgenommenen Nutzen<br />
des Produktes und damit die Kaufhandlungen prägen. Sie werden bei der Ermittlung<br />
der Kreuzpreiselastizität konstant gehalten. Dies gilt natürlich auch<br />
für die Merkmale der <strong>Vertrieb</strong>sleistung.<br />
52
(2) Die Methode der Kreuzpreiselastizität basiert auf der Kenntnis der Nachfragefunktion.<br />
Eine solche Prämisse ist kaum haltbar. Nachfragefunktionen können<br />
wir nur durch aufwendige Erhebungen von Primärdaten ermitteln. Die Praxis<br />
ist hierzu kaum in der Lage. Sollte sich aber ein Unternehmen tatsächlich die<br />
Mühe machen, dann wäre die Nachfragefunktion mit erheblichen Unsicherheiten<br />
behaftet.<br />
(3) Die Methode der Kreuzpreiselastizität verdeutlicht nicht den Kaufentscheidungsprozeß<br />
und die Produktmerkmale, die für Kunden wichtig sind.<br />
An der intuitiven Methode der Produkthierachie erkannten wir, daß man Erzeugnisse<br />
nicht als Ganzheit, sondern selektiv als Bündel von nutzenstiftenden<br />
Merkmalen wahrnimmt. Diese entscheiden über die subjektive „Nähe“ von Produkten<br />
und ihre Substituierbarkeit. Es gelang uns, den Beitrag des <strong>Vertrieb</strong>sservices<br />
mit der Methode der Produkthierarchie darzustellen. Wir werden nun den<br />
Gedanken der Produkthierarchie aufnehmen und ein stochastisches Modell entwickeln,<br />
mit dem meßbar wird, ob Güter zu einem gemeinsamen Wettbewerbsmarkt<br />
gehören oder nicht.<br />
3.1.3 Stochastische Analyse der Substitutionalität<br />
Bei der Methode der Produkthierarchie entscheiden die Kunden darüber, ob Produkte<br />
und letztlich deshalb auch Unternehmen in signifikanter Konkurrenz zueinander<br />
stehen oder nicht. Man macht sich hierbei die Kundenerfahrung des<br />
<strong>Vertrieb</strong>smitarbeiters zunutze. Damit vernachlässigt man allerdings die Unsicherheit,<br />
die dem Wissen über das Kaufverhalten der Kunden anhaftet.<br />
Wir wollen jetzt diese Unsicherheit berücksichtigen und hierfür ein mathematisch-statistisches<br />
Testmodell heranziehen, das erlaubt, systematisch und effizient<br />
mit unvollkomenen Informationen umzugehen.<br />
Zur Erläuterung der Teststatistik konstruieren wir das folgende Beispiel:<br />
53
Bei der Nutzenwahrnehmung der Marke X handelt es sich um eine<br />
Kombination von Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistungen. Wir können uns z.B.<br />
ein Kunststoffgranulat vorstellen, welches einschließlich eines anspruchsvollen<br />
internationalen <strong>Vertrieb</strong>sservices (Beratung, Musterversandt,<br />
flexible Logistik, vgl. Kap. 6, S. 172 ff.) gekauft wird. Wir wollen<br />
wissen, zu welchen Marken unser X im Wettbewerb steht und ob der<br />
Verkaufs-, Bereitstellungs- und Transportservice hierbei einen bedeutsamen<br />
Kaufgrund darstellt. Dazu nehmen wird eine repräsentative<br />
Stichprobe aus der Grundgesamtheit der Kunden, die das Produkt der<br />
Marke X von uns kaufen.<br />
Dann stellen wir den Probanden in der Stichprobe die folgende Frage:<br />
„Welches Produkt würden Sie kaufen, wenn die Marke X nicht<br />
mehr lieferbar wäre?“<br />
Natürlich können wir eine solche Frage nicht in dieser direkten Form an<br />
unsere Kunden richten. Es empfiehlt sich, ein neutrales Institut zu beauftragen<br />
und die Frage nur indirekt in einem größeren Zusammenhang<br />
zu stellen.<br />
Anschließend klassifizieren wir die genannten Produkte danach, ob es<br />
sich um die gleiche technologische Variante und um das gleiche <strong>Vertrieb</strong>sserviceniveau<br />
handelt. Hierfür können wir den Probanden Zusatzfragen<br />
stellen. Unsere Kunden kennzeichnen die folgenden Verhaltensweisen:<br />
• Treue zum Service: Produkte mit gleichen <strong>Vertrieb</strong>sserviceniveaus<br />
stellen einen Markt dar und die Technologie ist ein sekundäres<br />
Merkmal.<br />
• Treue zur technologischen Variante: Produkte mit gleicher Technologie<br />
stellen einen Markt dar und der <strong>Vertrieb</strong> wird zu einem sekundären<br />
Merkmal.<br />
54
• Andere Charakteristika: Es kann im Wechselverhalten weder<br />
„Treue zum Service“ noch „Treue zur Technologie“ nachgewiesen<br />
werden.<br />
Um eine <strong>Vertrieb</strong>sstrategie aufbauen zu können, müssen wir die Merkmale<br />
der Substitutionalität kennen. Die folgenden Anwendungen der Ergebnisse<br />
unserer Teststatistik kommen in Betracht:<br />
• Um nicht den eigenen Absatz durch eine Produkteinführung zu<br />
schädigen („Sortimentkannibalismus“), muß das Sortiment wirkungsvoll<br />
differenziert sein. Wir müssen die Substitutionsbeziehungen<br />
zu den eigenen Produkten gering halten. Zur Differenzierung<br />
der Produkte dient auch der <strong>Vertrieb</strong>sservice.<br />
• Bei der Bestimmung wettbewerblicher <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen muß<br />
vorher geklärt sein, welches die Produkte im Markt sind, zu denen die<br />
eigenen Marken im Wettbewerb stehen. Dazu sind aus der Vielfalt<br />
der Produkteigenschaften diejenigen relevanten Merkmale herauszufiltern,<br />
auf die sich die Kunden konzentrieren, wenn sie Substitute<br />
identifizieren. Durch diese relevanten Produktmerkmale kommen die<br />
Wettbewerbsbeziehungen im Markt zustande.<br />
Grundlage jeder <strong>Vertrieb</strong>sstrategie ist die vorherige produktmäßige<br />
Marktabgrenzung. Sie beinhaltet z.B. die Aussage, daß unser Produkt<br />
mit der Technik 1 und einem hohen <strong>Vertrieb</strong>sservice gegen das Wettbewerbsprodukt<br />
mit der anderen Technik 2 und ebenso hohem <strong>Vertrieb</strong>sservice<br />
eng konkurriert, nicht aber gegen ein Wettbewerbsprodukt,<br />
welches mit der Technik 1 arbeitet, aber nur mit geringem <strong>Vertrieb</strong>sservice<br />
angeboten wird.<br />
• Die produktorientierte Marktabgrenzung kann bereits als eine erste<br />
Identifikation von Marktsegmenten verstanden werden. In der<br />
Segmentierung des Absatzmarktes geht es darum, Kundengruppen,<br />
die durch homogenes Kaufverhalten auf einzelne Marketingmaß-<br />
55
nahmen reagieren, zu erkennen und bewußt zu entwickeln. Jedes so<br />
gewonnene Segment zeichnet sich durch ein typisches Substitutionsverhalten<br />
aus.<br />
In der Kundenbefragung simulieren wir den Fall, daß unserere Marke X<br />
aus dem Markt genommen wird. Zwei mögliche Auswirkungen auf die<br />
Marktanteile der anderen Produkte können sich hieraus ergeben:<br />
1. Möglichkeit<br />
Die Elimination von X erhöht gleichmäßig die Nachfrage nach den anderen<br />
Produkten. Es liegt dann kein Wettbewerbsmarkt vor.<br />
2. Möglichkeit<br />
Die Elimination von X erhöht ungleichmäßig die Nachfrage nach den<br />
anderen Produkten. Die Substitute, welche besonders viel Nachfrage<br />
hinzugewinnen konnten, bilden zusammen mit unserem Produkt X einen<br />
Wettbewerbsmarkt.<br />
Beispiel zur Bestimmung der stochastischen Substitutionalität<br />
Problem<br />
Wir betrachten die Produkte X 1 , A 2 , B 1 , C 2 , D 2 und E 1 . Fett bezeichnet<br />
den Just-In-Time-Service und der Index die Technologie. Wir befragen<br />
100 Käufer unseres Produktes X 1 . Per Sekundärrecherche wissen wir<br />
über die Produkte A 2 , B 1 , C 2 , D 2 und E 1 folgendes:<br />
• Die Produkte X 1 , B 1 und D 2 werden zusammen mit einem Just-In-<br />
Time-(JIT-)Lieferservice angeboten (deshalb fett markiert). Bei den<br />
anderen Produkten müssen die Kunden eine eigene Lagerhaltung<br />
betreiben.<br />
56
• Die Produkte X 1 , B 1 und E 1 arbeiten mit der Technologie 1. Die Produkte<br />
A 2 , C 2 und D 2 arbeiten bei gleichem Anwendungszweck nach<br />
der technologischen Variante 2 (Index).<br />
Ermitteln wir die Gesamtabsatzmenge der Produkte X 1 , A 2 , B 1 , C 2 , D 2<br />
und E 1 und berechnen die Anteile der einzelnen Produkte an dieser Gesamtabsatzmenge,<br />
dann erhalten wir folgende Werte (vgl. Abb. 41,<br />
unten):<br />
Marke X 1 A 2 B 1 C 2 D 2 E 1<br />
Anteile 0,2 0,1 0,25 0,2 0,1 0,15<br />
Abb. 41: Beispiel einer Ausgangsmatrix<br />
Der Marktanteil der JIT-Konkurrenzprodukte liegt zunächst bei 0,35.<br />
Durch das Wechselverhalten verändert sich dieser Marktanteil (vgl.<br />
Abb. 42, unten). Wir wollen nun die Null-Hypothese aufstellen, daß<br />
kein Markt der JIT-Produkte vorliegt und uns durch die Befragung<br />
eventuell vom Gegenteil überzeugen lassen.<br />
52 Probanden würden wegen des „forced switching“ zu Produkten<br />
wechseln, die einschließlich eines Just-In-Time-Service angeboten werden.<br />
Wechselverhalten<br />
Marke X 1 A 2 B 1 C 2 D 2 E 1<br />
Häufigkeiten 100 20 17 4 35 24<br />
Abb. 42: Beispiel einer Wechselmatrix<br />
Die Fragen, die wir nun durch Analyse der Wechselmatrix beantworten<br />
können, lauten:<br />
Lassen sich die Behauptungen belegen, daß<br />
1. der Just-In-Time-Service maßgeblich das Substitutionsverhalten der<br />
Kunden beeinflußt?<br />
57
2. die Marken, die mit einem Just-In-Time-Service angeboten werden,<br />
unsere Wettbewerbsprodukte sind?<br />
3. der Markt unserer Marke X 1 durch die Just-In-Time Produkte B 1 , D 2<br />
und X 1 definiert wird?<br />
Welche vertriebsstrategischen Schlußfolgerungen können gezogen werden?<br />
Lösungsweg<br />
Das Produkt X 1 besitzt einen Marktanteil von 20%, die restlichen Produkte<br />
von zusammen 80%. Eliminieren wir das Produkt X 1 , dann erhöhen<br />
sich die Marktanteile der restlichen Produkte auf insgesamt 100%.<br />
Im 1. Fall (gleichmäßige prozentuale Erhöhung) wachsen die einzelnen<br />
Marktanteile um den gleichen Prozentsätze von 25 %: Der Marktanteil<br />
des Produktes A steigt auf 10% ⋅ 100 = 12 , 5% an, der von B1 auf<br />
25%<br />
80%<br />
80%<br />
⋅ 100 = 31,25% . Ebenso können wir die erwarteten Marktanteile der<br />
anderen Produkte berechnen (vgl. Abb. 43, unten).<br />
Marke X 1 A 2 B 1 C 2 D 2 E 1<br />
Erwartete Anteile 0,0 0,125 0,3125 0,25 0,125 0,1875<br />
Abb. 43: Marktanteile<br />
Bei einer gleichmäßigen Verteilung der X 1 -Nachfrage auf die Produkte<br />
A 2 bis E 1 erwarten wir für die JIT-Produkte B 1 und D 2 einen Marktanteil<br />
von 0,4375. Die Auswertung unserer Befragung kann nun signifikante<br />
Abweichungen von den erwarteten Marktanteilen erbringen. Aus<br />
der Analyse der Merkmale der einzelnen Produkte erhalten wir dann<br />
Aussagen zu den Gründen der Substitutionalität.<br />
Da wir nur selten die Gesamtheit unserer Kunden befragen können und<br />
auf Teilbefragungen angewiesen sind, wird die Wahrscheinlichkeit,<br />
58
mit der nach einer Zufallsstichprobe unsere ausgewählten Testpersonen<br />
zu alternativen Produkten wechseln, zu der entscheidenen Größe für die<br />
Beurteilung der Wettbewerbsbeziehungen.<br />
Wir führen die folgenden Symbole ein und geben die dazugehörigen<br />
Werte an:<br />
• Anzahl der Befragten X 1 -Kunden n = 100<br />
• Kunden, die zu JIT-Produkten wechseln nˆ = 52<br />
• erwarteter Marktanteil der JIT-Produkte S = 0,4375<br />
Wir definieren eine Variable Z (Siehe Anhang zum 3. Kapitel, S. 68 ff.):<br />
Z =<br />
nˆ − n ⋅S<br />
n⋅S⋅<br />
[ 1−<br />
S]<br />
Wenn Z ≥ 128 , (vgl. „Ablehungsbereich“, S. 75), dann werden wir unsere<br />
Null-Hypothese ablehnen und stattdessen davon ausgehen, daß ein<br />
Wettbewerbsmarkt der JIT-Produkte existiert.<br />
Wir berechnen Z für das Merkmal „<strong>Vertrieb</strong>sservice“:<br />
52 −100<br />
⋅ 0,4375<br />
Z =<br />
= 1,684 > 1,28<br />
100⋅0,4375⋅0,5625<br />
Die Produkte bilden über das Merkmal „<strong>Vertrieb</strong>sservice“ einen<br />
Wettbewerbsmarkt.<br />
Wir testen nun auch das Merkmal „Technologie“:<br />
• Anzahl der Befragten X 1 -Kunden n = 100<br />
• Kunden, die zu B 1 - und E 1 -Produkten wechseln nˆ = 41<br />
• erwarteter Marktanteil dieser Produkte S = 0,5<br />
59
Z =<br />
41−100⋅0,<br />
5<br />
100 ⋅ 0, 5 ⋅ 0,<br />
5<br />
=− 18 , < 128 ,<br />
Die Technologie bildet keinen Wettbewerbsmarkt.<br />
Ergebnis<br />
Es zeigt sich, daß wir die Null-Hypothese verwerfen müssen. Die JIT-<br />
Produkte bilden einen Wettbewerbsmarkt.<br />
Definieren sich die Substitutionsbeziehungen über den <strong>Vertrieb</strong>sservice,<br />
dann erwachsen hieraus Konsequenzen für die Wettbewerbsstrategie:<br />
Produktpolitik: Bei technologischen und gestalterischen Veränderungen<br />
der Sachleistung sollte man sich dem Wettbewerb anpassen. Doch<br />
liegt hier kein strategischer Schwerpunkt. Das herausragende Produktmerkmal,<br />
welches den Wettbewerb definiert, besteht im JIT-Service. Es<br />
empfiehlt sich, dieses Merkmal auf hohem Niveau weiter zu entwickeln<br />
und zu differenzieren.<br />
Kommunikationspolitik: Den Grundnutzen verdeutlichen wir durch die<br />
Darstellung der zentralen Anwendungen unseres Produktes. Der strategische<br />
Schwerpunkt der Kommunikationspolitik muß aber in der Vermittlung<br />
des JIT-Services als Zusatznutzens liegen. Durch Herausstellung<br />
der differenzierten <strong>Vertrieb</strong>sleistung grenzt man sich vom Wettbewerb<br />
ab.<br />
C<br />
60
3.2 Differenzierung der <strong>Vertrieb</strong>sstrategien<br />
3.2.1 Theorie der Marktsegmente<br />
Im vorherigen Abschnitt grenzten wir den Markt produktmäßig ab. Zu einem<br />
Markt gehören danach die eigenen Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistungen und eine Anzahl<br />
von Wettbewerbsprodukten (nahe Substitute). Die produktmäßige Abgrenzung<br />
ist eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Marktstrategien.<br />
Durch geeignete <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen läßt sich die Substitutionalität und damit<br />
die Marktabgrenzung beeinflussen.<br />
Durch die Verfahren zur Marktabgrenzung haben wir bereits wichtige Kenntnisse<br />
über das Kundenverhalten gewonnen. Eine genauere Analyse und Strukturierung<br />
des gesamten Kundenstammes führt uns in die Theorie der Marktsegmente.<br />
Hierunter verstehen wir Käufergruppen, die auf gleiche Reize gleich reagieren.<br />
Innerhalb der Käufergruppen besteht ein relativ homogenes Kaufverhalten. Es<br />
weicht aber von dem Verhalten in anderen Segmenten deutlich ab.<br />
Für Planungszwecke müssen wir strategische Geschäftseinheiten definieren.<br />
Dies sind Planungseinheiten, die autonome Systeme bilden und zum Gegenstand<br />
einer eigenen Strategie gemacht werden können. Hierfür sind die Marktabgrenzung<br />
und Segmentierung wichtige Voraussetzungen. Zu einer strategischen Geschäftseinheit<br />
gehören die folgenden drei Elemente:<br />
• Zielgruppe (Marktsegment)<br />
• eigenes Produkt (Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistung)<br />
• Wettbewerbsprodukte (nahe Substitute)<br />
Stellen wir uns die folgende Situation vor:<br />
Unser Unternehmen bietet für jedes Segment eine kundenspezifische<br />
Produktvariante unter einem eigenen Markennamen an. Mithilfe leichter<br />
Variationen im Design, in der Verpackung, im <strong>Vertrieb</strong> (vgl. Abb. 44,<br />
S. 62) und im Image kann der Anbieter die Differenzierung durchführen.<br />
61
Sie erlaubt ihm, Kundensegmente individuell anzusprechen, wodurch<br />
der Absatz und der Umsatz gesteigert werden.<br />
Das Unternehmen verlangt für jede Variante entsprechend des segmentspezifischen<br />
Kaufverhaltens und der jeweiligen Wettbewerbssituation<br />
auch einen anderen Preis.<br />
Kundenorientierte Leistung Standardleistung<br />
Haus zu Haus Service<br />
Abholer<br />
garantierte Ankunftszeiten keine Garantien, hohe Varianzen<br />
kurzfristige Änderung der Ankunftszeit<br />
möglich<br />
kurzfristige Änderung der Ankunftszeit<br />
nicht möglich<br />
kurze Bestellfristen<br />
lange Bestellfristen<br />
keine Lagerhaltung durch Kunden Lagerhaltung durch Kunden nötig<br />
variable Mengen<br />
nur Bulk Ware (20 Tonnen)<br />
Verpackung nach Kundenwunsch Standardverpackung<br />
Rücknahme des Verpackungsmaterials<br />
keine Rücknahme<br />
eigene Werksspedition<br />
Fremdspedition<br />
Kontrolle des gesamten Transportweges<br />
keine Kontrollmöglichkeiten<br />
Sofortersatz bei beschädigter Ware kein Sofortersatz möglich<br />
Verkäufer mit hoher Produktkenntnis<br />
kein Außendienst<br />
adaptiver Verkaufsstil<br />
keine Adaption an verschiedene<br />
Kundenindividualitäten<br />
regelmäßige Kundenbesuche Kontakte nur über Telefon und<br />
Fax<br />
eigener technischer Service nur Fremdservice<br />
Abb. 44: Beispiel zweier <strong>Vertrieb</strong>sleistungspakete<br />
Wir wollen nachfolgend am Modell die Vorteile, die sich durch eine Marktsegmentierung<br />
mit anschließender Preisdifferenzierung für den Anbieter erzielen<br />
lassen, darstellen. Hierzu treffen wir die folgenden Annahmen:<br />
1. Es bestehen Segmente mit homogenen Preisbereitschaften.<br />
2. Zwischen den Segmenten existieren Informationsbarrieren.<br />
62
Abb. 45: Linearer Kostenverlauf<br />
Abb. 46: Gewinn bei Segmentierung<br />
Die gewinnmaximierende Vorgehensweise des Anbieters besteht aus<br />
den folgenden Schritten:<br />
1. Identifiziere die Segmente im Markt. Die segmentbildenden Verhaltensweisen<br />
lassen sich häufig durch Werbung und direkte Kommunikation<br />
verstärken.<br />
2. Quantifiziere durch Marktforschung die Preisbereitschaft der Kunden<br />
in jedem Segment.<br />
3. Kommuniziere mit jedem Segment individuell. Variiere die Leistung.<br />
4. Etabliere in jedem Segment einen Preis, der sich an der jeweiligen<br />
Preisbereitschaft orientiert.<br />
Im Segment Nr. 1 sind die Kunden bereit, einen maximalen Preis p 1*<br />
zu<br />
bezahlen und hierbei die Menge ∆ Q 1<br />
zu kaufen. Der Anbieter erzielt bei<br />
p 1*<br />
einen Umsatz von ∆ Q ⋅ p *<br />
. Das Segment Nr. 2 zahlt p 2*<br />
und der<br />
Umsatz lautet: ∆ Q<br />
1 1<br />
⋅ p *<br />
. Die Umsätze in den Segmenten Nr. 3 und 4<br />
2 2<br />
lassen sich entsprechend berechnen:<br />
63
∆ Q<br />
⋅ p *<br />
und ∆ Q ⋅ p<br />
3 3<br />
*<br />
4 4<br />
.<br />
Der Anbieter erzielt mit Q 4<br />
einen Gesamtumsatz von:<br />
∆Q ⋅ p + ∆Q ⋅ p + ∆Q ⋅ p + ∆Q ⋅p<br />
* * * *<br />
1 1 2 2 3 3 4 4<br />
Im Segment Nr. 5 liegt die Preisbereitschaft unter den Stückkosten.<br />
Hier entstünde deshalb ein Verlust. Mit Q 4<br />
erreicht der Anbieter folglich<br />
die optimale Ausbringungsmenge unter den Bedingungen der Preisdifferenzierung<br />
und Segmentierung.<br />
Kosten der Segmentierung entstehen durch:<br />
• Zielgruppenspezifische Marktanalysen, Werbe- und<br />
Distributionsstrategien,<br />
• Produktvariationen,<br />
• zusätzliche Managementleistungen.<br />
Abb. 47: Optimale Segmentanzahl<br />
Abb. 47 stellt die optimale Segmentzahl als Funktion des Gewinns dar. Mit Anzahl<br />
und Art der Produktvariationen erhöhen sich die Produktionskosten. Durch<br />
64
die Segmentierung steigen die <strong>Vertrieb</strong>skosten der Unternehmen häufig erheblich.<br />
Auch die geforderte Managementleistung nimmt zu. Insgesamt führt dies zu<br />
einem Kostenanstieg. Diesem steht die größere Kundennähe und eine daraus<br />
folgende Umsatzerhöhung gegenüber.<br />
3.2.2 Praktische Anforderungen an die Marktsegmentierung<br />
Segmente sprechen wir jeweils mit einer eigenen <strong>Vertrieb</strong>spolitik an. Zunächst<br />
müssen wir aber diese Käufergruppen anhand von Merkmalen identifizieren.<br />
In dem nachfolgenden Beispiel bilden wir ein Segment bestehend aus Ingenieuren<br />
der Buying Centers (Einkaufsgremium, vgl. Abschnitt 4.1.2, S. 89 ff.) unserer<br />
Kunden. Die Merkmale zur zieladäquaten Identifikation des Segmentes sollen<br />
die folgenden praktischen Anforderungen erfüllen:<br />
• Kaufverhaltensrelevanz: Die Merkmale des Segments sollen in einer<br />
engen Beziehung zum Kaufverhalten stehen.<br />
Beispiel: Ingenieure nehmen als Produktionsleiter eine spezifische<br />
Rolle im Buying Center ein. Insofern besitzt das Merkmal „Ingenieur“<br />
eine Beziehung zum Kaufverhalten des Unternehmens. Allerdings<br />
finden wir Ingenieure noch in vielen anderen Funktionen, z.B.<br />
als Qualitätsmanager, als Controller, im technischen Außendienst, in<br />
der Forschung, im Verkauf, weshalb Streuverluste bei der Ansprache<br />
von Ingenieuren entstehen. Es empfiehlt sich deshalb eine genauere<br />
Spezifizierung, z.B. „Ingenieur als Produktionsleiter“. Es könnten<br />
noch psychographische Daten hinzukommen, wie z.B. „starke Karriereorientierung“<br />
oder „bevorzugt heimische Vorlieferanten“.<br />
• Aussagefähigkeit: Die Merkmalsausprägungen sollen die Unterscheidung<br />
zwischen verschiedenen optimalen <strong>Vertrieb</strong>spolitiken erlauben.<br />
65
Beispiel: Die Verkaufsgesprächsführung bei „Ingenieuren als Produktionsleitern<br />
mit einer Neigung zu heimischen Vorlieferanten“ unterscheidet<br />
sich von der bei anderen Ingenieuren und Kaufleuten.<br />
Gleiches gilt für die Messe- und Werbegestaltung. Insofern besitzt<br />
das Merkmalsbündel Relevanz für die Auswahl von <strong>Vertrieb</strong>spolitiken.<br />
• Zugänglichkeit: Die Merkmale sollen Segmente erzeugen, die dann<br />
auch mithilfe von Kommunikations- und Distributionsmitteln erreichbar<br />
sind.<br />
Beispiel: Erreichbarkeit von „Ingenieuren als Produktionsleiter mit<br />
einer Neigung zu heimischen Vorlieferanten“ im Buying Center über<br />
Fachzeitschriften, wissenschaftliche Tagungen, Verbandsveranstaltungen<br />
und Messen ist möglich. An direkten Verkaufsgesprächen<br />
nimmt diese Personengruppe in der Regel nicht teil.<br />
• Meßbarkeit: Die Kriterien sollen meßbar sein, damit willkürliche<br />
Einteilungen möglichst unterbleiben.<br />
Beispiel: Die Meßbarkeit ist bei demographischen Daten gegeben.<br />
Schwierigkeiten treten bei psychographischen Kriterien auf. Es besteht<br />
bei dem Merkmal „Neigung zu heimischen Vorlieferanten“ noch<br />
ein Definitionsbedarf.<br />
• Zeitliche Stabilität: Die Kaufverhaltensrelevanz der Merkmale soll<br />
über einen längeren Zeitraum gleichbleiben, damit die <strong>Vertrieb</strong>spolitik<br />
sich auf die Segmentierung einstellen und wirksam werden kann.<br />
Beispiel: Die Verteilung der Rollen im Buying Center auf Ingenieure<br />
und Kaufleute ist zeitlich stabil. Allerdings ändern sich die Einstellungen<br />
dieser Gruppen zu einzelnen Produkteigenschaften.<br />
66
• Wirtschaftlichkeit: Art und Anzahl der Segmentierung unterliegen<br />
Umsatz- und Kostenoptimierungen.<br />
Beispiel: Zuviele Segmente treiben die <strong>Vertrieb</strong>skosten übermäßig in<br />
die Höhe (vgl. Abb. 47, S. 64).<br />
Segmentierungskriterien<br />
geographisch<br />
• Kulturkreise<br />
• Länder<br />
• Regionen<br />
Abb. 48: Segmentierungskriterien<br />
demographisch<br />
• Alter<br />
• Geschlecht<br />
• Beruf<br />
• Einkommen<br />
psychographisch<br />
• Emotionen<br />
• Motive<br />
• Einstellungen<br />
• Lebensstil<br />
Als Segmentierungskriterien bieten sich geographische, demographische und<br />
psychographische Merkmale an (vgl. Abb. 48, oben).<br />
Psychographische Segmentierungen lassen sich nur mithilfe aufwendiger<br />
Marktforschungsmethoden vornehmen. In der Regeln müssen per schriftlicher<br />
Befragung, durch Interviews oder Laborexperimente Primärdaten über die Kunden<br />
erst ermittelt werden.<br />
Geographische Segmentierungen gibt es zwischen Stadt und Land, in den Ländern<br />
der Europäischen Union oder zwischen Europa, USA und Ost-Asien. Die<br />
Segmentierung bricht im Industriebereich auch dann nicht sofort zusammen,<br />
wenn Kunden durch Zufall oder systematische Recherche von den unterschiedlichen<br />
Preisen bei gleicher Sachleistung erfahren, da die verkäuferische und logistische<br />
Betreuung durch den Lieferanten oft hoch eingeschätzt wird und so eine<br />
starke Kundenbindung bewirkt. Die geographische Segmentierung wird in der<br />
Praxis häufig ad hoc festgelegt. Um sie zu optimieren, sind umfangreiche Kaufverhaltensuntersuchungen<br />
in verschiedenen regionalen Abgrenzungen notwendig.<br />
Die demographische Segmentierung kann in vielen Fällen auf der Grundlage<br />
von leicht zugänglichem Sekundärmaterial vorgenommen werden. Doch auch<br />
67
hierfür gilt, daß zur Optimierung der Kaufverhaltensrelevanz weitgehende statistische<br />
Analysen unverzichtbar sind.<br />
In der Praxis beschreibt man Segmente durch Bündel aus geographischen, demographischen<br />
und psychographischen Merkmalen.<br />
3.3 Anhang: Teststatistik<br />
Auf Seite 59 wurde die Formel für die Größe Z genannt und verwendet. Im folgenden<br />
erläutern wir diese Größe und stellen die hauptsächlichen Bausteine einer<br />
Teststatistik vor:<br />
• Aufstellung der Hypothese H 0 , die dem Falsifizierungstest unterzogen werden<br />
soll,<br />
• Aufstellung der Gegenhypothese H 1 ,<br />
• Bestimmung der Verteilungsfunktion der Zufallsvariable auf der Grundlage<br />
von H 0 ,<br />
• Approximation dieser Verteilungsfunktion durch die Normalverteilung,<br />
• Standardisierung der Normalverteilung,<br />
• Bestimmung des Ablehnungsbereichs,<br />
• Berechnung des Z-Wertes,<br />
• Bestätigung oder Ablehnung von H 0 .<br />
3.3.1 Hypothesen H 0 und H 1<br />
Wahl von H 0 :<br />
Die empirische Wahrscheinlichkeit, daß ein zufällig ausgewählter Besitzer<br />
von Produkt i mit dem Merkmal m bei Elimination von Produkt i zu<br />
einem anderen Produkt mit Merkmal m wechselt, ist kleiner oder gleich<br />
S(i) mit S(i)∈[0,1].<br />
S(i) wird hierbei als die Übergangswahrscheinlichkeit von einem Pro-<br />
68
dukt zu einem Konkurrenzprodukt definiert, die auf keine Marktstruktur<br />
hinsichtlich eines Merkmals hinweist.<br />
Auf den Seiten 56 ff. findet sich hierzu ein Beispiel. In Abb. 43,<br />
Seite 58, berechnen wir nach einer Produktelimination die neuen<br />
Marktanteile. Diese erhöhen sich gleichmäßig. Die Relationen zwischen<br />
den Marktanteilen bleiben hierbei konstant. Der neue Marktanteil<br />
der Just-In-Time Produkte bei einer gleichmäßigen Erhöhung<br />
beträgt im Beispiel 0,4375 (vgl. S. 58). Wenn die empirisch gefundene<br />
Übergangswahrscheinlichkeit in unserer Stichprobe nicht<br />
erheblich größer als 43,75% ist, dann vermuten wir für die Grundgesamtheit<br />
keine enge Substitutionalität zwischen den JIT-<br />
Produkten.<br />
Wahl einer zu H 0 komplementären Hypothese H 1 :<br />
Die Wahrscheinlichkeit, daß ein zufällig ausgewählter Besitzer von Produkt<br />
i bei Elimination von i zu einem anderen Produkt mit dem Merkmal<br />
m wechselt, ist größer als S(i).<br />
Da im Beispiel (vgl. S. 56 ff.) die empirisch gefundene Übergangswahrscheinlichkeit<br />
in unserer Stichprobe erheblich größer als<br />
43,75% ist, vermuten wir für die Grundgesamtheit eine starke Erhöhung<br />
des Marktanteils der JIT-Produkte bei der Elimination eines<br />
derartigen Erzeugnisses. In einem solchen Fall gehen wir davon aus,<br />
daß eine enge Substitutionalität vorliegt und das JIT-Merkmal maßgeblich<br />
hierfür verantwortlich ist. Wir müssen deshalb H 0 verwerfen<br />
und H 1 annehmen.<br />
Unter H 1 bevorzugen es die Käufer, innerhalb einer Produktgruppe mit<br />
dem Merkmal m zu substituieren.<br />
69
3.3.2 Verteilungsfunktion<br />
Binomialprozeß<br />
Die Antworten der befragten Personen werden in der Auswertung nach<br />
„Merkmal-JA“ und „Merkmal-NEIN“ sortiert (vgl. Abb. 49, unten). Sie<br />
generieren bei Unabhängigkeit der Antworten zu jedem Merkmal einen<br />
Binomialprozeß (lat. „bi...“ und „nomen“: zwei Namen).<br />
Der Binomialprozeß ergibt sich aus dem folgenden Experiment: In einer<br />
Urne liegen 40 schwarze und 60 weiße Kugeln. Wir haben die Aufgabe,<br />
10 Kugeln zu entnehmen, wobei jede Kugel in der Urne die gleiche<br />
Chance haben soll, gezogen zu werden. Nach jedem Zug notieren<br />
wir die Farbe und legen die Kugel wieder zurück in die Urne. Der Binomialprozeß<br />
beschreibt den Vorgang, nach dem sich weiße und<br />
schwarze Kugeln in der Stichprobe Ziehung für Ziehung ansammeln.<br />
Sortieren der Antworten<br />
<br />
„Merkmal-JA“ „Merkmal-NEIN“<br />
Abb. 49: Binomialprozeß<br />
Kombinationen und Binomialverteilung<br />
Wir verwenden die folgenden Variablen:<br />
n(i): Anzahl der Besitzer von Produkt i in der Stichprobe.<br />
S(i): Vermutete Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich die<br />
nächste befragte Person aus i für m entscheidet (bei<br />
gleichmäßiger Erhöhung der Marktanteile, vgl. S. 58 f.).<br />
~ ni ( → m)<br />
: Theoretische Zufallsvariable. Sie kennzeichnet die Anzahl<br />
der Personen in einer Stichprobe, die ein Produkt i<br />
besitzen und zu Produkten mit dem Merkmal m wechseln.<br />
70
nˆ (i → m) : Empirische Zufallsvariable. Durch die Befragung empirisch<br />
gemessene tatsächliche Anzahl von Personen in<br />
der Stichprobe, die Produkt i besitzen und zu Produkten<br />
[<br />
~ ( → m ) ]<br />
bni<br />
mit dem Merkmal m wechseln.<br />
: Wahrscheinlichkeit dafür, daß in der Befragung genau n<br />
Besitzer des Produkts i ein Element aus der Produktgruppe<br />
mit Merkmal m als 2. beste Wahl nennen.<br />
Werden n( i → m)<br />
Elemente mit „Merkmal-Ja“ in beliebiger Reihenfolge<br />
aus n(i) Elementen ausgewählt, sind hierfür verschiedene Kombinationen<br />
K möglich.<br />
Betrachten wir wieder das Urnenbeispiel. Hat die Stichprobe einen Umfang<br />
von vier Kugeln, dann können zwei schwarze Kugeln in der ersten<br />
und zweiten Ziehung, in der ersten und dritten, in der ersten und vierten,<br />
in der zweiten und dritten, in der zweiten und vierten und in der dritten<br />
und vierten Ziehung auftauchen. K beträgt in diesem Fall also 6. Es gibt<br />
sechs Kombinationen, in denen zwei schwarze Kugeln in einer Stichprobe<br />
von vier auftreten können.<br />
Wir führen keine Vollerhebung durch, sondern ziehen eine relativ zur<br />
Grundgesamtheit kleine Stichprobe. Dadurch entsteht ein Unsicherheitsfaktor.<br />
Die Anzahl der Personen in einer Stichprobe, die ein Produkt<br />
i besitzen und zu einem Produkt mit Merkmal m wechseln, ist vom<br />
Zufall abhängig. Wir bezeichnen diese theoretische Zufallsvariable mit<br />
~ ni ( → m ) . Sie ist binomialverteilt mit dem H0 -Parameter S(i). Die<br />
Dichtefunktion gibt die Wahrscheinlichkeiten b für eine bestimmte Anzahl<br />
von theoretischen „Merkmal-Ja“ Antworten in der Stichprobe an.<br />
Die Dichtefunktion lautet:<br />
( )<br />
ni ( → m) ni () − ni ( → m)<br />
bni ( ~ ( → m)<br />
= K ⋅S ⋅ 1−S<br />
71
Die Struktur dieser Funktion ist wie folgt:<br />
K bezeichnet die Anzahl der Kombinationen zu jeder Zahl<br />
ni ( → m)<br />
in n(i). S ni ( → m)<br />
ist die Wahrscheinlichkeit, genau<br />
ni ( → m)<br />
mal „Merkmal-Ja“ in einer bestimmten Kombination zu<br />
ziehen. ( 1− S)<br />
ni () − ni ( → m ) ist die Gegenwahrscheinlichkeit,<br />
daß die restlichen n() i −n( i → m)<br />
Kugeln in der Stichprobe<br />
„Merkmal-Nein“ aufweisen.<br />
Die Dichtefunktion besitzt den Erwartungswert:<br />
[ ]<br />
Eni ~ ( → m ) = ni () ⋅ Si ()<br />
und die Varianz:<br />
σ<br />
2<br />
[ n~ (i) → m] = n(i) ⋅S(i)<br />
⋅[ 1−<br />
S(i) ]<br />
Approximation durch die Normalverteilung<br />
Es gibt sehr viele verschiedene statistische Tests für die unterschiedlichsten<br />
Zwecke mit sehr unterschiedlichen Dichtefunktionen. Um die Testverfahren<br />
weitestgehend zu vereinheitlichen, sucht man eine Normalverteilung,<br />
die der tatsächlichen Verteilung möglichst nahe kommt und<br />
rechnet dann jeweils mit dieser Normalverteilung weiter.<br />
Die allgemeine Darstellung der Dichtefunktion der Normalverteilung<br />
mit der Zufallsvariablen ~ x lautet:<br />
N(x ~ )<br />
( )<br />
2<br />
A: Konstante<br />
x~ − E(x)<br />
−<br />
= 2<br />
2σ<br />
(x)<br />
σ 2 : Varianz<br />
A ⋅ e<br />
σ<br />
E: Erwartungswert<br />
~ x : Zufallsvariable<br />
72
Wir setzen jetzt den Erwartungswert und die Standardabweichung der<br />
Binomialverteilung ein:<br />
[ m]<br />
A<br />
Nni ~ ( → ) = ⋅<br />
ni () ⋅Si () ⋅ −Si<br />
()<br />
[ 1 ]<br />
e<br />
−<br />
[<br />
~ ni ( → m ) − ni () ⋅Si<br />
() ]<br />
2ni () ⋅Si () ⋅[ 1−Si<br />
()]<br />
2<br />
Hierdurch wird die diskrete Dichtefunktion der Binomialverteilung<br />
durch die stetige Dichtefunktion der Normalverteilung approximiert.<br />
Standardisierung von N(x) durch Z<br />
Die Normalverteilung weist den Erwartungswert und die Varianz unserer<br />
ursprünglichen Binomialverteilung auf. Um den Testablauf noch<br />
weiter zu vereinheitlichen, verändern wir die Normalverteilung so, daß<br />
sie den Erwartungswert von Null annimmt. Auch verändern wir ihre<br />
Form, so daß die Varianz Eins ergibt. Dieses ist ein normaler Vorgang<br />
für viele Teststatistiken. Das Ergebnis nennt man „standardisierte<br />
Normalverteilung“.<br />
Wir zeigen die Standardisierung zuerst allgemein. Die Verteilungsfunktion<br />
von N( ~ x ) lautet:<br />
x<br />
x<br />
A<br />
N( ~ x)<br />
dx = <br />
( x)<br />
−∞ −∞ σ<br />
⋅e<br />
−<br />
( ~ x − E( x)<br />
)<br />
2<br />
2<br />
2 σ ( x)<br />
dx<br />
Wir transformieren diese Verteilungsfunktion, indem wir eine Variable<br />
~<br />
Z definieren:<br />
~ ~ ( )<br />
Z = x − E x<br />
σ ( x)<br />
x Ex ( ) x<br />
mit der Variation dZ = d − d = d<br />
σ( x)<br />
σ σ( x)<br />
73
Nun ersetzen wir ~ x − E( x)<br />
in der Normalverteilung durch Z ~ und dx<br />
σ ( x)<br />
durch σ dZ. Wir erhalten eine Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen<br />
~<br />
Z:<br />
Z<br />
Z 1 ~ 2<br />
~<br />
− Z<br />
NZdx ( ) = A⋅<br />
e 2 dZ<br />
−∞ −∞<br />
mit der Dichte<br />
NZ ( ~ ) = A⋅<br />
e<br />
~<br />
− 1 2<br />
Z<br />
2<br />
und ~ ~ ( )<br />
Z = x − E x<br />
σ ( x)<br />
Bei dieser neuen Funktion handelt es sich um die standardisierte Normalverteilung<br />
mit dem Erwartungswert von Null und der Varianz von<br />
Eins. Nun wenden wir die standardisierte Normalverteilung auf unseren<br />
konkreten Fall an.<br />
Die für unseren konkreten Fall bestimmte Dichtefunktion der Normalverteilung<br />
lautet:<br />
[ m]<br />
A<br />
Nni ~ ( → ) = ⋅<br />
ni () ⋅Si () ⋅ −Si<br />
()<br />
[ 1 ]<br />
e<br />
−<br />
[<br />
~ ni ( → m ) − ni () ⋅Si<br />
() ]<br />
2 ni () ⋅Si () ⋅[ 1−Si<br />
()]<br />
2<br />
Diese spezielle Dichtefunktion transformieren wir in die standardisierte<br />
Dichtefunktion der Normalverteilung<br />
N( Z ~ ) = A ⋅e<br />
~<br />
− 1 2<br />
Z<br />
2<br />
74
mit<br />
~<br />
Z<br />
=<br />
[<br />
~ n ( i → m ) − n ( i ) ⋅S ( i ) ]<br />
ni () ⋅Si () ⋅[ 1 − Si ()]<br />
.<br />
Durch die Transformation verändert sich die Form der Normalverteilung.<br />
NZ ( ~ )<br />
besitzt ein Maximum bei Z = 0 , einen Erwartungswert von Null<br />
und eine Varianz von Eins.<br />
Abb. 50: Standardnormalverteilung und Ablehnungsbereich<br />
3.3.3 Annahme- und Ablehnungsbereich beim einseitigen Z-Test<br />
NZ ( ~ ) wird auf der Basis von H 0 gebildet. Wir definieren jetzt einen Bereich von<br />
Z, der weit rechts vom Erwartungswert (Null) liegt und bezeichnen ihn als<br />
„Ablehnungsbereich“ (vgl. Abb. 50, oben). Bei standardisierten Normalverteilungen<br />
hat es sich eingespielt, den Ablehnungsbereich bei Z =1,28 beginnen zu<br />
lassen.<br />
Dann werten wir die Antworten unserer Befragung aus und zählen die Personen<br />
nˆ (i → m) . Anschließend berechnen wir aus nˆ (i → m)<br />
, n(i) und S(i) den Wert<br />
für Ẑ . Wenn nˆ (i → m)<br />
der Stichprobe so groß ist, daß Ẑ in den Ablehnungsbereich<br />
fällt, ist H 0 aufzugeben. Wir gehen dann davon aus, daß m ein Merkmal ist,<br />
75
welches einen Markt konstituiert. Zwischen den Produkten des Marktes herrscht<br />
eine hohe Substitutionalität.<br />
3.4 Aufgaben<br />
1. Aufgabe<br />
Erläutern Sie mit wenigen Worten, was wir unter Wettbewerb im Absatzmarkt<br />
verstehen.<br />
2. Aufgabe<br />
Warum muß zur Berechnung des Marktanteils der Markt produktmäßig abgegrenzt<br />
sein?<br />
3. Aufgabe<br />
Erläutern Sie am Beispiel einer Marke, die mit einem Just-In Time Service angeboten<br />
wird, welchen Einfluß das <strong>Vertrieb</strong>skonzept auf die Marktabgrenzung besitzen<br />
kann. Verwenden Sie hierzu die Methode der Produkthierarchie.<br />
4. Aufgabe<br />
Warum treten in Kreuzpreiselastizitäten reale Einkommenseffekte auf?<br />
5. Aufgabe<br />
Sie führen einen „forced switching“ Test am Produkt X, welches mit einem hohen<br />
<strong>Vertrieb</strong>sservice angeboten wird, durch. Prüfen Sie auf <strong>Vertrieb</strong>sservicetreue<br />
mit Z =1,28.<br />
• Anzahl der Befragten X-Kunden n = 120<br />
• Kunden, die zu Produkten mit hohem <strong>Vertrieb</strong>sservice wechseln nˆ = 72<br />
• Erwarteter „no-market-structure“ Marktanteil der Produkte<br />
mit hohem <strong>Vertrieb</strong>sservice: S = 0,5<br />
6. Aufgabe<br />
(1) Versuchen Sie, den Begriff „Marktsegment“ präzise, allgemein und kurz zu<br />
definieren.<br />
(2) Marktsegmente werden durch Merkmale voneinander abgegrenzt. Man unterscheidet<br />
drei Arten von Merkmalen. Nennen Sie diese drei Arten und geben Sie<br />
kurze Beispiele.<br />
(3) An die Segmentierungsmerkmale sind Anforderungen zu stellen. Welche?<br />
76
3.5 Literaturempfehlungen<br />
BACKHAUS, K., Industriegütermarketing, 5. Aufl. 1997, S. 182-196.<br />
BAUER, H., Marktabgrenzung, 1989, S. 15-55, 156-169, 186-201.<br />
FRETER, H., Marktsegmentierung, 1983, S. 43 f. .<br />
MEFFERT, H., Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung,<br />
8. Aufl. 1998, S. 34-43, 177-204.<br />
PFOHL, H.-CHR., Logistiksysteme, 5. Aufl. 1996, S. 20-30, 33-35.<br />
URBAN, G., JOHNSON, P., HAUSER, R., Testing competitive market structures,<br />
in: Marketing Science, Vol. 3 (1984), Nr. 2, S. 83-112 [S. 85-93].<br />
77
4 Der Verkauf<br />
Der Kunde entscheidet sich für einzelne Verkäufer und Leistungen auf der<br />
Grundlage unvollständiger Informationen über Gewinnchancen, Produkte, Wettbewerber<br />
im Beschaffungsmarkt, <strong>Vertrieb</strong>squalitäten u.a. . Umgekehrt besitzt<br />
auch der Lieferant nur unzureichende Kenntnisse der Produktbewertungen und<br />
Kaufentscheidungsprozesse des Kunden. Die wechselseitige unvollständige Informationslage<br />
kennzeichnet wesentlich das Verhältnis zwischen Käufer und<br />
Verkäufer.<br />
Für den industriellen Lieferanten reicht die binäre Information, Bestellung oder<br />
Nicht-Bestellung, nicht aus, um sich im Sinne einer adaptiven Strategie (vgl.<br />
Abb. 19, S. 23) auf den Kunden einstellen zu können. Direkte Interviews auf<br />
Messen oder neutrale Erhebungen, tragen zur Verbesserung der Informationslage<br />
bei. Die beste Kenntnis über die Kundenwünsche und -möglichkeiten erbringt<br />
aber die Zusammenarbeit der Außendienstverkäufer mit den Kunden bei der Suche<br />
und Auswahl geeigneter Produkte. Die „Marktforschung“ des Außendienstes<br />
-dokumentiert in Besuchsberichten- liefert ein authentisches und über einen<br />
längeren Zeitraum entstandenes Bild des Kommunikationsprozesses mit dem<br />
Kunden.<br />
Diese Informationen sind einzelkundenbezogen und deskriptiv. Um <strong>Vertrieb</strong>smaßnahmen<br />
zu planen, benötigt man zusätzlich ein Verständnis der kausalen<br />
Determinanten des Kundenverhaltens. Kausalitäten entziehen sich der Beobachtungen,<br />
können aber theoretisch-spekulativ in Modellen begründet werden.<br />
Ökonomische Modelle der Kaufentscheidung finden sich in der Haushalts- und<br />
Produktionstheorie der Mikroökonomie. Gegen diesen Ansatz erheben Kritiker<br />
den Vorwurf praktischer Nutzlosigkeit, da von einem unrealistischen Menschenbild,<br />
einem „homo oeconomicus“ ausgegangen würde. Tatsächlich eignen sich<br />
Kaufentscheidungsmodelle der Mikroökonomie aber zur Darstellung des Konzeptes<br />
der Nachfragefunktionen in ihren kausalen Zusammenhängen. Weiterhin<br />
sind sie in der empirischen Analyse und Prognose von großem Nutzen. Die Darstellung<br />
nicht-monetärer Marketingmaßnahmen und ihre Wirkung auf das Kaufverhalten<br />
sind mit dem üblichen mikroökonomischen Instrumentarium jedoch<br />
78
nur unzweckmäßig darstellbar. Darüberhinaus bilden mikroökonomische Modelle<br />
die Persönlichkeitsmerkmale von Kunden nur sehr vereinfachend ab. Insbesondere<br />
sind die Päferenzstrukturen in der mikroökonomischen Konzeption statisch,<br />
hingegegen sind reale Kaufentscheidungen von dynamischen Prozessen bestimmt<br />
(Erfahrung und Lernen). Damit erweisen sich mikroökonomische Modelle<br />
des Kaufverhaltens als unzulänglich für die Marketingplanung.<br />
Bei Kaufentscheidungsmodellen unterscheiden wir zwischen dem individuellen<br />
und dem institutionellen Ansatz. Zunächst ist es sicherlich richtig davon auszugehen,<br />
daß Entscheidungen im Unternehmen von Individuen getroffen werden.<br />
Eine Vielzahl von psychologischen Determinaten bestimmen die Verhaltensweisen<br />
der an Einkaufs- und Verkaufsprozessen beteiligten Personen. Individuelle<br />
Ansätze strukturieren die psychologischen Einflußgrößen auf das Verhalten des<br />
Einzelnen und stellen die intraindividuellen Vorgänge dar. Da in die Kaufentscheidungen<br />
im Unternehmen aber häufig mehrere Stellen eingebunden sind und<br />
diese hierbei unterschiedliche Aufgaben übernehmen, legen institutionelle Ansätze<br />
das Gewicht auf die Zielformulierungen und Aufgabenverteilungen unterschiedlicher<br />
Organisationseinheiten im industriellen Kaufprozess.<br />
Die Kaufverhaltensforschung entwickelte Totalmodelle, in denen inter- und intrapersonelle<br />
Determinanten, Dispositionen und Abläufe, sowie organisationale<br />
und umweltbedingte Restriktionen, die Kaufentscheidungen beeinflussen, abgebildet<br />
sind.<br />
4.1 Das Totalmodell<br />
4.1.1 Verhalten des individuellen Einkäufers<br />
Die Kaufverhaltensforschung unterscheidet zwischen empfangenen Reizen und<br />
Informationen, den intervenierenden Variablen der aktivierenden und kognitiven<br />
Konstrukte und den verhaltensbeschreibenden Outputvariablen. Aktivierung<br />
und Kognition sind Bestandteile intraindividueller Vorgänge (vgl. Abb. 51,<br />
S. 80).<br />
79
REIZE<br />
<br />
AUFNAHME<br />
<br />
Form, Farbe, Marke<br />
Symbole, Aufschriften<br />
Technologie<br />
KAUF<br />
<br />
VERHALTEN<br />
<br />
GEDANKLICHE VERARBEITUNG: KOGNITIVE PROZESSE<br />
Auswahl•Wahrnehmung•Zielbildung•Bewertung<br />
Lernen•Entscheidung•Steuern•Kontrollieren<br />
+<br />
ANTRIEB: AKTIVIERENDE PROZESSE<br />
Emotionen•Motive•Einstellungen<br />
<br />
SOZIALES UMFELD<br />
Kultur•Subkultur•Vorbilder•Familie•Schule<br />
Abb. 51: Totalmodell der Konsumentscheidung<br />
Verhalten ist das Ergebnis eines psychischen Prozesses, der sich in Phasen vollzieht:<br />
(1) aktivierende Phase<br />
Innere Erregungungszustände werden als Emotionen bezeichnet (vgl. Abb. 52,<br />
unten). Diese können Bedürfnisse oder Mangelempfindungen ausdrücken, die einerseits<br />
autonom-biologisch begründet, andererseits aber auch eng mit der Wahrnehmung<br />
der Umwelt verbunden sein können.<br />
EMOTION:<br />
Reiz in Form eines inneren Erregungszustands,<br />
z.B. Mangelgefühl<br />
MOTIV:<br />
Auf die Beseitigung einer widersprüchlichen<br />
Wahrnehmung, z.B. eines<br />
Mangelgefühls, gerichtete Emotion<br />
Abb. 52: Kategorien der Verhaltensaktivierung<br />
Im Verhältnis zwischen Einkäufer und Verkäufer spielen Emotionen und Motive<br />
eine wichtige Rolle. Der Einkäufer hat Motive, d.h. gerichtete Emotionen. Er<br />
80
möchte Karriere machen, anerkannt sein oder auch nur angenehm kommunizieren.<br />
Seine persönlichen Bedürfnisse sind nicht gesättigt und er sucht im Rahmen<br />
seiner Funktion als Einkäufer und des Anreizsystems seines Unternehmens nach<br />
Möglichkeiten zur Verfolgung seiner Interessen.<br />
Maslow (1908-1970) unterscheidet fünf Motivklassen für Verhalten, die hinsichtlich<br />
ihrer Bedeutung für das Individuum in einer hierarchischen Ordnung<br />
stehen:<br />
• Physiologische Motive (Schutz vor Gefährdung und Untergang)<br />
• Sicherheitsmotive (Schutz vor unvorhersehbarer Beeinträchtigung)<br />
• Soziale Motive (Wunsch nach Kommunikation)<br />
• Wertschätzungsmotive (Streben nach Selbstvertrauen und Anerkennung)<br />
• Selbstverwirklichungsmotive (Gestaltung des Lebensraums nach eigenen<br />
Wertvorstellungen)<br />
Der Einkäufer verbringt einen wesentlichen Teil der Tageszeit am Arbeitsplatz.<br />
Persönliche Motive besitzen eine hohe Bedeutung für sein Verhalten im Unternehmen,<br />
wie wir am Beispiel des Kommunikationsprozesses beim Kauf-<br />
Verkaufsgespräch verdeutlichen.<br />
Der Wunsch nach Lieferung der notwendigen Investitions- und Produktionsgüter<br />
zu akzeptablen Preisen ohne unnötiges Lieferrisiko ist<br />
der eigentliche ökonomische Kern des Kauf-Verkaufsgesprächs im Industriebereich.<br />
Doch kann ein Verkäufer in seinen Gesprächen feststellen,<br />
daß auf diesen Aspekt häufig nur beiläufig eingegangen wird.<br />
In Abhängigkeit von der Persönlichkeitsstruktur des Einkäufers und der<br />
Machtverteilung im Verhandlungsgespräch treten andere Motive beim<br />
Kundenkontakt in den Vordergrund und gestalten hauptsächlich den<br />
Kommunikationsprozeß zwischen industriellem Kunden und Verkäufer.<br />
Hierzu zählen die sozialen Motive des Einkäufers. Sie beinhalten<br />
den Wunsch nach Kommunikation und Anerkennung, was im Kauf-<br />
Verkaufsgespräch sehr deutlich werden kann. Einkäufer benutzen das<br />
Gespräch, um Ansichten und Erfahrungen allgemeiner Art auszutau-<br />
81
schen. Soziale Veranstaltungen, wie gemeinsames Mittagessen, Produktionsbesichtigungen,<br />
Tennis- und Golfspiele entstammen diesem Motiv.<br />
Wenn grundlegende Motive befriedigt werden konnten, dann dient das<br />
Kauf-Verkaufsgespräch zunehmend dem individuellen, häufig egozentrischen<br />
Gestaltungswillen des Einkäufers. Ausdruck hiervon können<br />
wirtschaftlich überzogene Wünsche bei der Logistik der Lieferung sein.<br />
Just-in-time Vereinbarungen, unübliche Verpackungen und Informationsleistungen<br />
und kaum nachvollziehbare Qualitätsstandards untermauern<br />
ein Streben nach Dominanz. Bei Einkäufern zeigen sich pädagogische<br />
Absichten, indem sie die liefernde Firma und ihren Verkäufer „disziplinieren“,<br />
ohne daß dies einer betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit<br />
entspricht. Gegenstand diese „Pädagogik“ können sogar die Kleidung,<br />
die Bildung und die Familienverhältnisse des Verkäufers sein. Es kann<br />
zu einer gezielten Herabsetzung des Gesprächspartners kommen.<br />
Beim adaptiven <strong>Vertrieb</strong> versucht der Verkäufer, sich auf die Motivstruktur des<br />
Einkäufers einzustellen.<br />
(2) Kognitive Phase<br />
Während aktivierende Vorgänge das Verhalten antreiben, dienen kognitive Verarbeitungsprozesse<br />
dem Erkennen der Umwelt, der Kontrolle und Steuerung<br />
(vgl. Abb. 51, S. 80, u. Abb. 53, S. 83). Informationen müssen wahrgenommen<br />
und verarbeitet werden (Denk-, Lern- und Gedächnisvorgänge) und weitere gezielte<br />
Wahrnehmungsvorgänge werden ausgelöst, bis es schließlich zur Handlung<br />
kommt.<br />
In Industriebetrieben liegt der Ausgangspunkt des Kaufentscheidungsprozesses<br />
häufig im Auftreten und Erkennen eines technischen Problems durch einen<br />
verantwortlichen Mitarbeiter: Im Produktionsbereich eines Unternehmens läuft<br />
eine Maschine nicht erwartungsgemäß oder ein Produkt kann nicht optimal verarbeitet<br />
werden. Natürlich muß es auch hier zu einer Aktivierung eines Mitarbeiters<br />
in Form eines emotionalen Reizes kommen. Der Vorgang wird nur dann<br />
von nachfolgenden Stellen weiterbearbeitet, wenn die jeweiligen Stelleninhaber<br />
82
ausreichend motiviert sind. Die kognitiven Anteile des Einkaufsverhaltens im<br />
Industriebetrieb erscheinen zunächst dominierend. Hierbei wird jedoch die Bedeutung<br />
einer erfolgreichen Aktivierung und Motivierung von Mitarbeitern als<br />
Voraussetzung für ein zielgerechtes Verhalten übersehen.<br />
Die Problemerkennungsphase mündet in eine Suchphase: Ingenieure werden<br />
mit dem Angebot an Produktions- und Investitionsgütern konfrontiert und suchen<br />
nach geeigneten Problemlösungen. In der Bewertungs- und Auswahlphase äußern<br />
sie gegenüber dem Einkauf einen Bedarf hinsichtlich eines bestimmten Gutes.<br />
Kommen jetzt noch beschaffungsdispositive Faktoren hinzu (Budget,<br />
Kaufzeitpunkt, Lieferort, logistische Merkmale), wird eine auf ein Produkt,<br />
möglicherweise auch schon auf eine Marke konkretisierte Nachfrage im Markt<br />
wirksam, welche zum Kauf führt. Die Realisierungsphase des Kaufs wird von<br />
der Nachkaufphase abgelöst, in der Kunden Erfahrungen mit dem erworbenen<br />
Produkt machen.<br />
KOGNITIVE PROZESSE:<br />
Wahrnehmen, Verstehen und Erinnern der Umwelt, Kontrolle und Steuerung des<br />
Verhaltens<br />
Abb. 53: Kognitive Prozesse<br />
Kognitive Vorgänge vernetzen die unmittelbar empfangenen Reize und Informationen<br />
(Kurzzeitkomponente) mit Bestandteilen aus dem Langzeitgedächnis,<br />
welches früher empfangene Reize, Emotionen und kognitive Leistungen abgespeichert<br />
hat. Je nach Persönlichkeit und erworbenen Erfahrungen beeinflußt das<br />
Langzeitgedächnis das Verhalten des Einkäufers unterschiedlich stark und mit<br />
anderen Inhalten.<br />
Das Langzeitgedächnis kann der Verkäufer durch eine langfristig angelegte Kundenpflege<br />
beeinflussen. Er baut sich so ein positives Wirkungsdepot beim Kunden<br />
auf. Durch eine kontinuierliche Pflege kann dem Vergessen entgegengewirkt<br />
werden. So schützt sich der Lieferant vor Umsatzeinbußen bei einem möglichen,<br />
kurzzeitigen Versagen in der <strong>Vertrieb</strong>spolitik.<br />
83
(3) Unbewußte Verbundstruktur<br />
• Einstellungen drängen Nicht-Relevantes in den Hintergrund. Damit selektieren<br />
sie relevante Reize, Informationen und Werturteile.<br />
• Einstellungen strukturieren und interpretieren die Umwelt. Hierdurch ermöglichen<br />
sie schnelle Orientierungen und Stellungnahmen.<br />
• Einstellungen verhindern starke Verhaltensschwankungen. Der Einkäufer wird<br />
in seinen Handlungen konsistent und berechenbar.<br />
• Da Einstellungen erlernt sind, wirken sie als Instrument der sozialen Integration.<br />
Hierdurch kann die Konformität in der jeweiligen Geschäftswelt mit der<br />
Ausprägung von Kulturen und Subkulturen erhöht werden.<br />
Abb. 54: Bedeutung von Einstellungen<br />
Richtung und Verlauf des Verhaltens werden nach einer Aktivierung von verfestigten<br />
Ansichten beeinflußt. Diese Determinanten lassen sich als in der Vergangenheit<br />
stattgefundene Verbindungen (vgl. Abb. 54, oben, u. Abb. 55, unten) von<br />
emotionalen Erregungs- und gedanklichen Verarbeitungsprozessen auffassen, die<br />
der Einkäufer im Langzeitgedächnis abgespeichert hat. Solche Verbindungen<br />
werden als Einstellungen (je nach Zusammenhang auch Vorurteile oder Stereotypen)<br />
bezeichnet.<br />
VERBUNDSTRUKTUR:<br />
Komplexe und auf Dauer angelegte Verbindungen aktivierender und kognitiver<br />
Konstrukte zwecks rationeller, vereinfachter Entscheidungsfindung, z.B. Einstellungen,<br />
Vorurteile, Stereotypen, Routinen, Ideologien.<br />
Abb. 55: Verbundprozesse<br />
Da der Einkäufer eine Flut von Reizen, Informationen und Werturteilen zu bewältigen<br />
hat, muß er sich erlernter Muster und Modelle bedienen, mit denen er<br />
sortieren, begreifen, erklären und schlußfolgern kann.<br />
Verbundeffekte zeigen sich bei Kunden in Form des Involvements. Dies sind<br />
komplexe Einstellungen im zuvor dargestellten Sinne (vgl. Abb. 56, S. 85).<br />
84
Informationssuche<br />
kognitiver<br />
Umgang mit<br />
Informationen<br />
Informationsverarbeitung<br />
Einstellungsänderung<br />
Wiederholung<br />
der<br />
Information<br />
Markenpräferenz<br />
kognitive<br />
Dissonanz<br />
Einfluß<br />
anderer<br />
Personen<br />
Abb. 56: Involvement-Typen<br />
HOHES INVOLVEMENT<br />
aktive Suche nach Produktoder<br />
Markeninformationen<br />
Widerstand gegen diskrepante<br />
Informationen<br />
komplexe Verarbeitung der<br />
Informationen<br />
schwierig und selten<br />
Anzahl der Wiederholung ist<br />
weniger bedeutsam als der<br />
Inhalt<br />
GERINGES<br />
INVOLVEMENT<br />
begrenzte Suche nach Produkt-<br />
oder Markeninformationen<br />
passiver Empfang von diskrepanten<br />
Informationen<br />
vereinfachter Übergang von<br />
Aktivierung zum Erstkauf<br />
häufig und vorübergehend<br />
bloße Anzahl der Informationen<br />
kann zur Überzeugung<br />
führen<br />
Markentreue ist üblich Routinekäufe ohne Treue<br />
tritt oft auf<br />
andere Personen werden befragt<br />
und deren Verhalten<br />
imitiert<br />
tritt selten auf<br />
andere Personen üben wenig<br />
Einfluß aus<br />
Das Langzeitgedächnis und die darin abgespeicherten Erfahrungen können bei<br />
eintreffendem Reiz einen unterschiedlich starken emotionalen Wunsch des Einkäufers<br />
nach gezielter Wahrnehmung und detallierten Informationen verursachen.<br />
Bei einem schwachen Wunsch ist der Einkäufer allgemein vertrauensvoll<br />
und nach einer Aktivierung nur wenig durch detallierte Informationen beeinflußbar,<br />
die Informationsaufnahme verläuft weitgehend passiv. Hier sind pauschale,<br />
atmosphärische Informationen wirksamer als komplexe Wissensinhalte, welche<br />
nicht aufgenommen werden. Dagegen zeichnet sich der high-involvement Einkäufer<br />
dadurch aus, daß er aktiv und kritisch Informationen sucht, Argumente<br />
im Detail analysiert, hinterfragt und bewertet. Aufgrund von Verbundeffekten<br />
und dem Zusammenwirken von Kurzzeit- und Langzeitkomponenten verlaufen<br />
auch bei identischen Reizen aktivierende und kognitive Phasen interpersonell<br />
unterschiedlich.<br />
85
(4) Institutionalisierte Bewertungsmuster<br />
In Unternehmen werden durch vorgegebene Merkmalskataloge Situationen erfaßt<br />
und beurteilt (z.B. Chancen/Risiken-Analysen, Kreditwürdigkeitsprüfungen,<br />
Lieferantenratings, Produktqualitätskontrollen, Umweltprüfungen, Personalbewertungen).<br />
Die Merkmalsauswahl, die Gewichtung der Merkmale, ihre Messung<br />
und die Methoden der Schlußfolgerung sind (kollektiv) subjektiver Natur<br />
(vgl. Abschnit 3.1.3, S. 53). Dennoch werden diese Routinen keineswegs ad hoc<br />
gebildet, sondern sind das Ergebnis spezifischer Erfahrungen im Unternehmensalltag.<br />
Die Routinen nehmen häufig nicht explizite Formen an, sondern beruhen<br />
auf einem unternehmenseigenen impliziten Verständnis von wichtigen und unwichtigen<br />
Faktoren sowie plausiblen und nicht plausiblen Schlußfogerungen.<br />
Hierin drückt sich eine spezifische Unternehmensindividualität aus.<br />
So können beispielsweise umweltrelevante Daten im Einkauf je nach<br />
erworbener Erfahrung eine hohe oder eine geringe Bedeutung besitzen,<br />
weshalb die Bereitschaft zur Analyse detallierter Darstellungen unterschiedlich,<br />
gleichwohl subjektiv rational, begründet ist. Kam es nie zu<br />
Umweltgefährdungen bei der Produktanwendung, dann verliert sich im<br />
Einkauf der Wunsch nach kritischer und aktueller Information. Liegen<br />
dagegen eindrucksvolle Erfahrungen mit ökologischen Schäden vor,<br />
dann erhält der Aspekt der Produktsicherheit ein hohes Gewicht.<br />
Ein systematisches Lieferantenrating erlangt immer größere Verbreitung.<br />
Hierzu definiert das beziehende Unternehmen Merkmale, die es<br />
gewichtet und regelmäßig auf der Grundlage der empfangenen <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />
bewertet. Ein abgewerteter Lieferant, der schließlich nicht<br />
mehr gelistet wird, kann nur unter größten Anstrengungen und erst nach<br />
längerer Zeit wieder das Vertrauen des Kunden gewinnen.<br />
(5) Referenzgruppen<br />
Um Widersprüche zwischen der gewünschten und der tatsächlichen sozialen Position<br />
im Unternehmen zu überwinden, orientieren sich Einkäufer in ihrem Verhalten<br />
an den ethischen Grundwerten, sozialen Vernetzungen, gemeinsamen Interessen<br />
und monetären Zielen des eigenen Unternehmens, sodaß sie ihr eigenes<br />
86
Handeln mit den Normen dieser Referenzgruppe in Übereinstimmung bringen. Je<br />
stärker eine Unternehmensidentität, desto mehr prägt sie das Verhalten des Einkäufers.<br />
(6) Lernen und Dissonanzen<br />
Die Suche nach Lösungen für empfundene Widersprüche vollzieht sich in einem<br />
Regelkreis. Es werden Zielerreichungsgrade kontrolliert und neue Verhaltensweisen<br />
entwickelt. Der Einkäufer verfügt häufig über ex-ante Erfahrungen mit<br />
vergleichbaren Gütern und anderen Lieferanten. Indem der Lieferant Kommunikationsinstrumente<br />
des Marketing einsetzt, werden weitere Erwartungen beim<br />
Einkäufer gebildet. Dissonanzen können beim Kunden auftreten, indem die expost<br />
Erfahrung nicht mit der Erwartung in das Produkt übereinstimmt. Günde für<br />
negative Abweichungen liegen in Mängeln am Produkt, falscher Beratung, übersteigerter<br />
Erwartungen oder mangelndem Training bei der Beherrschung der<br />
Technik. Derartige Dissonanzen können zu Negativempfindungen bei bestimmten<br />
Produkten, Marken, Lieferanten oder Verhaltensweisen führen. Umgekehrt<br />
können auch positive Erlebnisse eintreten. Das Ungleichgewicht zwischen Erwartung<br />
und Erfahrung versucht man häufig kognitiv zu glätten. Statt zu einem<br />
bewußten Verarbeiten der neuen Erfahrung (Lernen) kann es zu einer eindeutigen<br />
positiven oder negativen „Schuldzuweisung“ an den Verkäufer kommen (Verdrängung).<br />
So kann beispielsweise dem Verkäufer nach einer Bemerkung, die er<br />
machte, eine unvermutete Aversion entgegenschlagen, die ihren Grund<br />
nicht in dem Gesagten, sondern in kognitiven Dissonanzen vergangener<br />
Geschäfte hat.<br />
Zur Verringerung kognitiver Dissonanzen durch Fehler im Produkt kann der<br />
Lieferant herausragende Serviceleistungen und Garantien anbieten. Hierdurch<br />
reduziert er den negativen Eindruck eines ungünstigen Nachkauferlebnisses und<br />
kann ihn sogar ganz beseitigen, wenn er zur sofortigen Ersatzleistung bereit und<br />
in der Lage ist.<br />
87
(7) Kaufrisiko und Diffusion<br />
Die Kaufentscheidung beinhaltet für den Kunden exogene und endogene Risiken.<br />
Diese kennzeichnen den Informationsstand des Käufers. Ein exogenes Risiko<br />
liegt vor, wenn mit der Inbesitznahme und Anwendung des Produktes nutzenrelevante<br />
Konsequenzen verbunden sind, die weder dem Verkäufer noch dem Käufer,<br />
noch Dritten bekannt sind und deshalb nicht mit Sicherheit vorausgesagt<br />
werden können.<br />
Wenn die Qualität des Gutes schwankt (Funktionserfüllungsrisiko),<br />
das persönliche Ansehen durch den Besitz des Gutes beeinträchtigt wird<br />
(Reputationsrisiko) oder die finanziellen Bedingungen sich ändern (finanzielles<br />
Risiko), dann hat dieses Auswirkungen auf den Nutzen des<br />
Käufers. Führt das Produkt bei seiner Anwendung zu einem Umweltunfall,<br />
dann können alle drei Risikoarten betroffen werden.<br />
Wenn der Verkäufer oder ein Dritter die Konsequenzen des Kaufs kennt oder die<br />
Informationen beschaffen könnte, sie aber dem Käufer vorenthält, handelt es sich<br />
um ein endogenes Risiko. Da der Verkäufer oder ein Dritter in diesem Fall mehr<br />
Kenntnisse besitzt als der Kunde, liegt eine asymmetrische Informationsverteilung<br />
vor.<br />
Das Kaufverhalten des Kunden wird von der subjektiven Wahrnehmung des<br />
exogenen und endogenen Risikos beeinflußt. Auch hier kann der Lieferant durch<br />
freie Serviceleistungen und Garantien das Risikoverhalten des Kunden positiv<br />
und dauerhaft verändern. Indem der Lieferant erhebliche Kostenbelastungen für<br />
den Fall eines Schadens auf sich nimmt, macht er seine Qualitätsversprechungen<br />
glaubhaft.<br />
Kunden lassen sich in verschiedene Gruppen entsprechend ihres Adoptionsverhaltens<br />
bei neuen Produkten einteilen. Die Risikobereitschaft stellt die wichtigste<br />
intrapersonelle Determinante des Neukaufverhaltens dar:<br />
88
• Innovatoren gelten als probierfreudig. Sie sind nur wenig risikoscheu und<br />
emotional nur wenig an das Bekannte und Bewährte gebunden. („Wer wagt<br />
gewinnt.“)<br />
• Imitatoren verringern das Risiko, indem sie Innovatoren vorpreschen lassen,<br />
um dann bei Erfolg sofort nachzuziehen. Damit verringern Imitatoren allerdings<br />
auch mögliche Extragewinne. („Lieber den Spatz in der Hand als die<br />
Taube auf dem Dach.“)<br />
• Majoritätsbewußte sind relativ stark risikoscheu und emotional an das Handeln<br />
der Mehrheit gebunden („Was alle tun, kann nicht so falsch sein.“ „Bloß<br />
nicht auffallen.“)<br />
• Traditionsbewußte sind emotional stark an das Bekannte und Bewährte gebunden.<br />
Sie besitzen eine konservative Grundhaltung und fühlen sich bei Neuem<br />
zunächst unwohl. („Was lange währt wird endlich gut.“ „Üb immer Treu<br />
und Redlichkeit.“)<br />
4.1.2 Der institutionelle Ansatz<br />
Initiator z.B. Endverbraucher (Kunde des Kunden)<br />
Multiplikator z.B. Verkäufer und Produktionsingenieur des Kunden<br />
Informant z.B. Technischer Verkäufer des Lieferanten<br />
Beurteiler z.B. Produktionsleiter des Kunden<br />
Entscheider z.B. Einkaufsleiter des Kunden<br />
Beschaffer z.B. Technischer Verkäufer des Lieferanten<br />
Verwender z.B. Produktionsingenieur des Kunden<br />
Abb. 57: Beteiligte am Kaufentscheidungsprozeß<br />
Im Kaufentscheidungsprozeß spielen verschiedene Personen auf Lieferanten- und<br />
Kundenseite mit. Sie besitzen hierbei unterschiedliche Funktionen (vgl. Abb. 57,<br />
oben).<br />
Der Lieferant kommuniziert häufig nur mit dem Einkäufer des Kunden. An der<br />
Einkaufsentscheidung sind aber neben dem Einkäufer, der vielleicht sogar nur<br />
eine untergeordnete Rolle spielt, der Einkaufsleiter, der Produktionsingenieur,<br />
sein Produktionsleiter, der Qualitätsmanager und weitere Personen beteiligt. Sie<br />
89
ilden ein sogenanntes Buying Center (Einkaufsgremium). Dieses muß keine<br />
formal etablierte Gruppe sein. Häufig kennen sich nicht alle Mitglieder des<br />
Buying Centers. Zu ihr kann die Sekretärin des Produktionsleiters gehören, die<br />
Termine und Informationen filtert, das Controlling, welches Wirtschaftlichkeitsberechnungen<br />
für den Einkäufer anstellt und der Verkaufsleiter, der den Qualitätsdruck<br />
des Absatzmarktes an den Produktionsleiter weitergibt. Es gibt in einem<br />
Buying Center im allgemeinen auch keine formalisierten Entscheidungsstrukturen.<br />
Insofern ist es für den Lieferanten besonders schwierig, die Präferenzen des<br />
Kunden, d.h. des Buying Centers kennenzulernen. Er muß sich schrittweise<br />
durch die Organisation des Kundenunternehmens arbeiten, kommt nicht an alle<br />
Mitspieler im Hintergrund heran, verwendet die Hilfe anderer Verkäufer, die<br />
über gute Kontakte im Unternehmen des Kunden verfügen, muß Schlüsselfiguren<br />
kennenlernen und für sich einnehmen. Kontakte werden so zu einem wertvollen<br />
strategischen Kapitalgut. Sie sind an Personen gebunden und kaum übertragbar.<br />
4.2 Partialmodelle<br />
Fragt man nach der praktischen Umsetzbarkeit von Totalmodellen zur Erklärung<br />
des Kundenverhaltens, so sind die Antworten eher ernüchternd. Die Schwierigkeiten<br />
bei der Überprüfbarkeit des gesamten interpersonellen und organisationalen<br />
Vorgangsnetzes machen eine betriebliche Anwendung kaum möglich. Allerdings<br />
lassen sich Teilaspekte untersuchen, so beispielsweise die Ermittlung<br />
von Einstellungsänderungen der Kunden gegenüber dem <strong>Vertrieb</strong>sservice und<br />
deren Auswirkungen auf den Auftragseingang. Durch entsprechende Fragebogenaktionen<br />
und Interviews erfährt man etwas über die Ursachen des Verkaufserfolges.<br />
Schwieriger ist aber zu spekulieren, welche <strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen zu<br />
ergreifen sind, um gewünschte Präferenzänderungen bei den Kunden herbeizuführen.<br />
Mit geringerem Anspruch als Totalmodelle lassen sich sogenannte Black-Box<br />
90
Modelle zur Erklärung von Kaufentscheidungen anwenden (Stimulus-Response-<br />
Modelle). Mit ihnen wird der statistische Zusammenhang zwischen verschiedenen<br />
meßbaren Inputvariablen und den Kaufentscheidungen einzelner Individuen<br />
oder Gruppen untersucht. Black-Box Modelle spannen den Bogen direkt von den<br />
Reizen zum Verhalten. Es wird auf eine explizite Einbeziehung der Aktivierungs-<br />
und Kognitionskonstrukte verzichtet.<br />
Diesen Modellen mangelt es damit an der kausalen Verknüpfung der Input- und<br />
Outputvariablen. Mit ihnen läßt sich das Kundenverhalten nicht verstehen, sodaß<br />
die Gefahr falscher Einschätzungen groß ist. Außerdem ist ihre Modellstruktur<br />
zu einfach, um längere zeitliche Stabilität der Ergebnisse und Verallgemeinerungen<br />
für verschiedene Personengruppen zu ermöglichen.<br />
In der industriellen Praxis sind meist nur Erhebungen bestimmter Kundeneinstellungen<br />
und Kaufverhaltensweisen und einfache Hypothesen über ihr Zustandekommen<br />
(z.B. Zusammenhang zwischen der Höhe der Werbebudgets und dem<br />
Auftragseingang) möglich und kostenmäßig verantwortbar. Die Datenlage reicht<br />
für komplexe Analysen des Kundenverhaltens selten aus, zumal Reiz- und Informationsströme<br />
kaum abgrenzbar und quantifizierbar sind und ständigen Änderungen<br />
unterliegen.<br />
Ein <strong>Vertrieb</strong>skonzept, welches sich ausschließlich auf Kundeninformationen bezieht,<br />
die wissenschaftlich ermittelt wurden, muß eine Illusion bleiben.<br />
Den Hauptanteil an kundenrelevanten operativen und strategischen Entscheidungen<br />
besitzen deshalb Mitarbeiter auf allen Ebenen der Unternehmenshierarchie,<br />
die über eigene langjährige Erfahrung mit Kunden verfügen.<br />
Die Beurteilungen dieser Experten können als qualifiziert gelten und<br />
sind in die betrieblichen Entscheidungsprozesse explizit einzubauen.<br />
4.3 Verkäufer<br />
Der Verkäufer als passiver Auftragsempfänger findet sich in vielen Bereichen<br />
91
der Wirtschaft (und öffenlichen Verwaltung). Im Marketingkonzept des Unternehmens<br />
nimmt der Verkäufer jedoch eine Schlüsselstellung als aktiver Partner<br />
des Kunden und Auftragsbeschaffer ein. Die Kaufentscheidung des Kunden<br />
hängt zunächst von dem Lieferangebot, bestehend aus der Ware, der Menge, der<br />
Verpackung, dem Preis, dem Liefertermin, dem Kundenservice, Kreditvereinbarungen<br />
etc. ab. Neben dem Lieferangebot ist aber dessen persönliche Präsentation<br />
bedeutsam. Hier unterscheidet man zwischen dem verkaufsorientierten und<br />
dem kundenorientierten Konzept. Bei der Verkaufsorientierung werden<br />
Druckmittel und Verkaufstechniken intensiv eingesetzt. Dieses Verkaufsmuster<br />
zielt auf unerfahrene Kunden und kurze Kundenbeziehungen ab und hat im industriellen<br />
<strong>Vertrieb</strong> keine Bedeutung. Um dauerhafte Beziehungen aufzubauen,<br />
muß die Art der Präsentation so gestaltet sein, daß der Kunde diese als angenehmen,<br />
vertrauenswürdig und fair empfindet (kundenorientiertes Konzept).<br />
Vor dem Kontakt mit dem Verkäufer ist der Kunde durch die Öffentlichkeitsarbeit<br />
des Lieferanten und sein <strong>Vertrieb</strong>simage bereits voreingenommen. Zusätzlich<br />
hat er durch Werbung und Messen eine Vorstellung von den Produkten. Der<br />
erste Kontakt mit dem Lieferanten über Telefon und Fax vermittelt ihm einen<br />
Eindruck, wie schnell, zuverlässig und freundlich man dort arbeitet. Es muß vom<br />
Lieferanten vermieden werden, daß der Kunde bereits im Vorfeld des persönlichen<br />
Verkaufsgesprächs durch diese Kommunikationsereignisse negativ eingestimmt<br />
wird.<br />
Die Tätigkeit des Verkäufers kennzeichnen verschiedene Aufgaben. So repräsentiert<br />
er den Auslieferer der Ware und ist entsprechend Ansprechpartner und<br />
Problemlöser des Kunden. Er ist Nachfrageanreger, indem er eine technische<br />
und kaufmännische Beratungsfunktion ausübt, Produktprogramme vorstellt, Produktapplikationen<br />
begleitet, Finanzierungsvorschläge unterbreitet und Lieferkonditionen<br />
aushandelt. Dann ist er Empfänger der Aufträge, die der Innendienst<br />
datenmäßig erfaßt und verarbeitet. Gegebenenfalls muß der Verkäufer selber<br />
die Auftragsabwicklung kontrollieren, Mängel vor der Auslieferung erkennen<br />
und die Korrektur erwirken.<br />
Es gibt zahlreiche Charakterdarstellungen erfolgreicher Verkäufer. Eine Objekti-<br />
92
vierung mithilfe statistischer Analysen wurde versucht. Hierbei diskutiert man<br />
auch die Frage, ob wünschenswerte Charaktereigenschaften angeboren (Biologie),<br />
durch Erziehung und andere Umwelteinflüsse geprägt sind (Sozialisation)<br />
oder beruflich trainiert (Schulung) werden können.<br />
In modernen Ansätzen zur Erklärung erfolgreicher Verkaufstätigkeiten betont<br />
man den sozialen Interaktionsprozeß zwischen Kunden und Verkäufer. Von einer<br />
einseitigen, auf den Verkäufer fixierten Betrachtungsweise, wir hierbei Abstand<br />
genommen. Die am Verkaufsvorgang teilnehmenden Personen analysiert man als<br />
Mitglieder einer Gruppe, die sich durch ihre Handlungen gegenseitig beeinflussen.<br />
Dabei ist der einfachste Fall eine Dyade, also eine Zwei-Personen-Gruppe.<br />
Untersuchungen zeigen, daß ein Verkaufsabschluß um so wahrscheinlicher ist,<br />
• je ähnlicher Käufer und Verkäufer sich in ihren Persönlichkeitsmerkmalen<br />
sind. Dabei spielen Faktoren wie Alter, Körpergröße, Ausbildung etc. eine<br />
wichtige Rolle,<br />
• je stärker die Erwartungen an die Verkäuferrolle bei Käufer und Verkäufer<br />
übereinstimmen,<br />
• je stärker das tatsächliche Verhalten des Verkäufers dem Bild des Kunden<br />
über das Verhalten von Verkäufern entspricht.<br />
Außerdem sind strukturelle Faktoren, wie die Intensität der bisherigen Geschäftsbeziehungen<br />
und korrespondierende Funktions-, Hierarchie- und Entscheidungsstrukturen<br />
in den Kauf-Verkaufbeziehungen zwischen zwei Unternehmen wichtig.<br />
Hierbei zeigt sich, daß Erwartungen und Eigenschaftsmerkmale von Lieferant<br />
und Kunde, die einander gleichen, den Verkaufsabschluß fördern (vgl. Abb.<br />
58, S. 94).<br />
93
ökonomische<br />
Faktoren<br />
• finanzielle Mittel<br />
• Produktverfügbarkeit<br />
und Produktbedarf<br />
• Qualitätsstandards<br />
psychologische und<br />
physiologische<br />
Faktoren<br />
• aktivierende und kognitive<br />
Determinanten<br />
und Prozesse im Kommunikationsverlauf<br />
zwischen Verkäufer<br />
und Käufer<br />
• Sprechverhalten<br />
• Körpergröße<br />
sozio-demographische<br />
Faktoren<br />
• Einkommen, Bildung<br />
• Alter, Geschlecht<br />
Rollenerwartungen<br />
• an die eigene Position<br />
im Verkaufsgespräch<br />
und im Verkaufsgremium<br />
• an die Gegenposition<br />
im Verkaufsgespräch<br />
und im Kaufgremium<br />
Abb. 58: Struktur des dyadischen Interaktionssystems<br />
historische<br />
Faktoren<br />
• Geschäftsverlauf<br />
• Reklamationen<br />
• Reputationen<br />
• persönliche Kontakte<br />
strukturelle<br />
Faktoren<br />
• Produktsortiment,<br />
Technologie, Funktions-,<br />
Hierarchie- und<br />
Entscheidungsaufbau<br />
Es kann also in diesem Sinne nicht „den erfolgreichen Verkäufer“ geben.<br />
Vielmehr eignen sich verschiedene Verkäufertypen für verschiedene Kundengruppen.<br />
Unternehmen müssen sich daher ein genaues Bild ihrer Abnehmer<br />
und Zielgruppen machen und sich klar darüber werden, welche Marktsegmente<br />
sie bedienen wollen. Es stellt sich hierbei die grundsätzliche Frage, welchen Charakter<br />
sich das Unternehmen selbst geben möchte. Denn hierzu gehören bestimmte<br />
Marktsegmente und deshalb wiederum bestimmte Verkäufertypen.<br />
4.4 Das Verkaufsgespräch<br />
Im Prozeß der Auftragsbeschaffung nimmt das Verkaufsgespräch die zentrale<br />
Stellung bei den Verkaufsaktivitäten ein. Man kann die vier Kategorien „Hochdruckverkauf“,<br />
„Pseudo-Partner-Verkauf“, „Beratungsverkauf“ und „Consulting“<br />
unterscheiden (vgl. Abb. 59, S. 95).<br />
94
Offenheit<br />
und Ehrlichkeit<br />
nur Darstellung<br />
der Vorteile des<br />
Produktes, auch<br />
Übertreibungen<br />
und Lügen<br />
Reden und primär redet der<br />
Zuhören Verkäufer<br />
Beeinflussung intensiver Einsatz<br />
von Abschlußtechniken,<br />
Druckausübung<br />
Produkt- und<br />
Marktkenntnis<br />
Positionierung<br />
des<br />
Verkäufers<br />
zwischen eigenem<br />
Unternehmen<br />
und Kunden<br />
Einstellung<br />
des Kunden<br />
Bindung des<br />
Verkäufers<br />
an sein Unternehmen<br />
Zuhören und<br />
Umdeuten<br />
der Kunde wird<br />
in dem Glauben<br />
zum Abschluß<br />
geführt, er hätte<br />
frei entschieden<br />
Hochdruckverkauf<br />
Pseudo-<br />
Partner-<br />
Verkauf<br />
nennt auch<br />
Nachteile zur<br />
besseren Herausstellung<br />
der<br />
Vorteile<br />
Beratungsverkauf<br />
klare Benennung<br />
der Vor- u.<br />
Nachteile; Nennung<br />
der Wettbewerbsprodukte,<br />
wenn kein eigenes<br />
geeignet<br />
ist<br />
Zuhören und Beraten<br />
keine Abschlußtechniken,<br />
kein<br />
Druck, Überzeugung<br />
durch Leistung<br />
geringe Rolle notwendig sehr wichtig; auf<br />
die eigenen Produkte<br />
bezogen<br />
steht klar auf der<br />
Seite des Anbieters<br />
Kunde fühlt sich<br />
bereits beim ersten<br />
mal übervorteilt<br />
vordergründig<br />
auf Seite des<br />
Kunden<br />
Kunde lernt:<br />
Vertrauen<br />
schlägt mit der<br />
Zeit in Mißtrauen<br />
um<br />
Vermittler zwischen<br />
Kunde und<br />
Anbieter<br />
langfristig vertrauensvoll,<br />
Entscheidung<br />
liegt<br />
beim Kunden<br />
sicher sicher gefährdet gering<br />
Abb. 59: Verhaltensnormen von Verkäufern<br />
Consulting<br />
Beratung hinsichtlich<br />
eigener<br />
u. Wettbewerbsprodukte<br />
gleichermaßen<br />
Zuhören und Beraten<br />
Analysen und<br />
Gegenüberstellung<br />
mit<br />
Wettbewerbsangeboten<br />
sehr wichtig;<br />
schließt Wettbewerbsprodukte<br />
ein<br />
steht auf Seite<br />
des Kunden<br />
langfristig vertrauensvoll,<br />
Entscheidung<br />
oft<br />
dem Verkäufer<br />
übertragen<br />
Für den Aufbau einer langfristigen Beziehung zwischen Kunden und Lieferanten<br />
erscheinen Beratungsgespräche mit einer Tendenz zu Pseudo-Partner-<br />
Situationen als geeignet. Dem Kunden sollte aufmerksam zugehört werden.<br />
Durch gezielte Fragen sollte dem Kunden geholfen werden, seine Bedürnisse klar<br />
zu benennen. Gemeinsam sind dann Lösungen zu finden. Basis der Beratungsge-<br />
95
spräche sind einerseits die autonome Entscheidungsfähigkeit des Kunden und<br />
andererseits das kommerzielle Grundinteresse des Verkäufers.<br />
Gespräche können nach Reiz-Reaktionsschemata strukturiert werden, wobei<br />
zwischen der starren und der flexiblen Methode zu unterscheiden ist. Verfolgt<br />
der Verkäufer die starre (Fertig-)Methode, dann baut er das Gespräch immer<br />
nach dem gleichen Muster auf und unterstellt hierbei, daß der Käufer durch typische<br />
Systeme von Schlüsselwörtern, -bildern und -formulierungen zu spezifischen<br />
Verhaltensweisen angeregt werden kann. Das einstudierte Gespräch<br />
deckt immer die gleichen Punkte ab. Im Vergleich zu Gesprächstechniken, bei<br />
denen sich der Verkäufer stärker in die Individualität seines Gegenübers versetzen<br />
muß und auf Fragen über das Produkt eingeht, wird bei der starren Methode<br />
relativ wenig Fachwissen und psychologische Kompetenz im Umgang mit den<br />
Kunden vorausgesetzt.<br />
Die flexible (Bausatz-)Methode basiert ebenfalls auf dem Reiz-Reaktions-<br />
Ansatz. Hier geht man aber von unterschiedlichen Käufertypen aus, für die jeweils<br />
eigene, vorformulierte Präsentationen konzipiert werden. Der Verkäufer<br />
muß im Anfangsstadium des Gesprächs die Bedürfnisse und das Kaufverhalten<br />
des Kunden erfassen und den Typ identifizieren. Danach folgt die Präsentation<br />
eines für diesen Typ konzipierten Ablaufplans. Die psychologische Kompetenz<br />
des Verkäufers muß hier höher sein, als bei der starren Methode, um sich verstärkt<br />
in die Persönlichkeit des Kunden hinein zu versetzen.<br />
Der anspruchvollste Gesprächsansatz beruht auf dem Ziel, die Bedürfnisse des<br />
Kunden zu erkennen und individuell zu erfüllen (vgl. Abb. 19, S. 23, adaptiver<br />
<strong>Vertrieb</strong>). Diese sind nur zum Teil ökonomischer Art (z.B. Produktlieferung,<br />
Preis). Wichtig sind die psychologischen Anforderungen, die ein solches Gespräch<br />
stellt. Es kommt vor allem darauf an, gut zuzuhören, dem Kunden ein angenehmer<br />
Gesprächspartner zu sein und passende Problemlösungen anzubieten.<br />
Es kann für ein solches Gespräch keine schematische Konzeption geben. Vieles<br />
hängt von den fachlichen und menschlichen Fähigkeiten des Verkäufers ab, auf<br />
seinen Kunden individuell einzugehen (vgl. Abb. 60, S. 97). Gleichwohl können<br />
einige Hinweise Beachtung finden:<br />
96
• Fähigkeit zur systematischen Vorbereitung und Planung<br />
• genaue Kenntnis des Verhandlungsgegenstands<br />
• schnelles und klares Denken, auch unter Druck und Unsicherheit<br />
• deutliche Sprache, umgänglicher Stil, gutes Ausdrucksvermögen<br />
• Fähigkeit, komplexe Sachverhalte in einfache Worte zu fassen<br />
• Fähigkeit, gut und lange zuzuhören, ohne zu unterbrechen<br />
• ausgeprägtes Urteils- und Einfühlungsvermögen<br />
• Integrität und Zurückhaltung<br />
• Fähigkeit, Beleidigungen und Demütigungen nicht nachzutragen<br />
• Überzeugungskraft und Geduld<br />
• geeignete Körpersprache<br />
• für den Kunden ansprechendes Aussehen<br />
Abb. 60: Persönliche Merkmale, die ein Verkaufsgespräch erleichtern<br />
Das Gespräch sollte mit Belanglosigkeiten eingestimmt werden. Der<br />
Kunde sollte von jedem Abwehrverhalten befreit sein, bevor man zur<br />
Sache kommt. Die Garderobe des Verkäufers sollte so gestaltet sein, daß<br />
ein intolleranter Kunde nicht daran Anstoß nehmen kann. Der Verkäufer<br />
sollte sich vor dem anstehenden Gespräch seinen letzten Besuchsbericht<br />
durchgelesen haben und die zugrundeliegende Verkaufsgeschichte<br />
(Preise, Liefermengen, Applikationsprobleme etc.) in Erinnerung bringen.<br />
Nun kann man das Gespräch mit der Frage nach Problemen und Sorgen<br />
des Kunden bei der Anwendung der eigenen oder der Wettbewerbsprodukte<br />
fortsetzen.<br />
So äußert der kunststoffverarbeitende Kunde zum Beispiel Bedenken,<br />
weil die von ihm hergestellte transparente Folie Schlieren aufweist und<br />
er sich nicht sicher ist, ob sein Abnehmer diese Folie deshalb zurückweisen<br />
wird. Gemeinsam ist zu diskutieren, ob diese Schlieren ihre Ursache<br />
im Verarbeitungsprozeß oder im gelieferten Rohmaterial haben.<br />
Es ist dem Kunden zu versprechen, daß man diese Frage mit den Technikern<br />
im Zulieferwerk behandeln wird. Es kann dann z.B. eine etwas<br />
97
abgewandelte Kunststoffart per kostenlosem Muster geliefert werden,<br />
um hiermit einen Produktionsversuch durchzuführen und die Anwendungstechnik<br />
kann zusätzlich Verarbeitungshinweise schicken. Sollte<br />
dieses nicht zum Ziel führen, kann ein Technikerbesuch vereinbart<br />
werden, um die Angelegenheit fachmännisch zu erörtern. Man sollte einem<br />
Kunden auf keinen Fall ein Produkt, welches keinen Problemlöser<br />
darstellt, einreden, nur um einen Verkaufsabschluß zu erzielen. Das untergräbt<br />
die Autorität des Verkäufers schnell und zerstört die Vertrauensbasis,<br />
die für eine langfristige Geschäftsbeziehung wichtig ist (kognitive<br />
Dissonanz, vgl. S. 87).<br />
Kunden, die Vertrauen in den partnerschaftlichen Verkäufer gewinnen,<br />
offenbaren ihm im Laufe der Zeit wertvolle Informationen über den<br />
Markt. Alle technischen, kaufmännischen und wettbewerblichen Informationen<br />
sind in Besuchsberichten festzuhalten und finden Verwendung<br />
in der Produktentwicklung und der Produktionsoptimierung, um<br />
die Qualitäten zu erreichen, die der Markt wünscht. Das Speditionswesen<br />
benötigt die Informationen für logistische Entscheidungen. Der Verkauf<br />
erfährt aus den Besuchsberichten Wichtiges über den Wettbewerb,<br />
über Einschätzungen der Marktlage, Marktpreise, Wettbewerbsprodukte<br />
und deren Entwicklung, die Einschätzung der eigenen Produkte und<br />
Dienstleistungen durch den Kunden, die Liquidität der Kunden und<br />
Ähnliches. Der Verkäufer kann in den Besuchsberichten Beobachtungen<br />
festhalten, die er auf dem Firmengelände des Kunden anstellen konnte,<br />
z.B. Tank- und Lagererweiterungen, allgemeine Unordnung und verrottende<br />
Anlagen oder die LKWs der Konkurrenz. Die Besuchsberichte<br />
sollten systematisch verfaßt und ausgewertet werden, da sie ein authentisches<br />
Bild der Kunden enthalten. Sie sind die bedeutendste Informationsquelle<br />
des <strong>Vertrieb</strong>es im Industrieunternehmen.<br />
Wichtigster Gegenstand des Verkäufergesprächs sind Liefermengen,<br />
Termine und Preise. Die Zusage von Mengen und Terminen erfordert<br />
eine gründliche Kenntnis der gesamten Liefersituation und kann nur<br />
mit Absprache der Zentrale erfolgen. Ein Gespräch über Preise führt<br />
98
leicht zu einer Verschlechterung der Gesprächsatmosphäre. Preisgespräche<br />
sollten deshalb möglichst weitgehend vermieden werden. Klagen<br />
über zu hohe Preise sind üblich und gehören bei einigen Kunden<br />
zum Ritual. Hierauf braucht der Verkäufer nicht weiter einzugehen. Anders<br />
sieht es aus, wenn mit dem Wettbewerb gedroht wird. Dann muß<br />
der Verkäufer versuchen, Genaueres zu erfahren. Häufig kann er durch<br />
seine zahlreichen Besuche bei anderen Kunden solche Drohungen abschätzen,<br />
je nach dem, ob andere Kunden ebenfalls von günstigen<br />
Wettbewerbsofferten berichten oder den bisherigen Preis durch ihre<br />
Bestellungen bestätigen.<br />
Schwierig sind Preiserhöhungen durchzuführen. Sie erinnern den Kunden<br />
an seine materielle Abhängigkeit vom Lieferanten und bedürfen der<br />
plausiblen Rechtfertigung durch allgemeine Kostensteigerungen. Rohstoffpreise<br />
und Lohnabschlüsse beispielsweise treffen in der Regel andere<br />
Wettbewerber auch und der Kunde hat die Erwartung, daß die anderen<br />
potentiellen Lieferanten ebenfalls in näherer Zukunft ihre Preise<br />
anheben müssen. Die Erwartung und das Vertrauen wird enttäuscht,<br />
wenn der vereinbarte Preis weit über dem eines anderen Lieferanten<br />
liegt. Es kann dann zu kognitiven Dissonanzen beim Kunden kommen.<br />
Der Verkäufer wird dann möglicherweise gemieden und kann erst nach<br />
Monaten wieder einen Besuchstermin vereinbaren.<br />
Preissenkungen müssen ebenfalls begründet werden. Man setzt sich<br />
dabei leicht dem Verdacht aus, monate- oder jahrelang überhöht geliefert<br />
zu haben. Geht man beispielsweise auf den Hinweis des Kunden,<br />
ein anderer Lieferant hätte um 20% unterboten, sofort auch um 20%<br />
herunter, dann steht die Frage im Raum, ob man denn in der vergangenen<br />
Zeit derartig hohe Margen verdient hätte. Preise müssen als fair<br />
empfunden werden, was bei der Begründung einer Preissenkung zu beachten<br />
ist. Gegebenenfalls kann es vorteilhafter sein, auf das Geschäft zu<br />
verzichten, als dem Kunden zu offenbaren, daß man bisher überhöht geliefert<br />
hat. Statt bei vermutlich temporär niedrigeren Wettbewerbspreisen<br />
mitzuhalten ist es dann besser, Produktionsmengenkürzungen für ei-<br />
99
nen gewissen Zeitraum hinzunehmen. So besteht die Chance, daß der<br />
Kunde nach einigen Monaten zurückkommt, wenn der Wettbewerber<br />
seinen Preis ebenfalls angehoben hat, ohne daß es zu einem Vertrauensverlust<br />
kam.<br />
Die Produktqualität ist ein subjektiver Begriff. Der Hersteller hat hier<br />
andere Kriterien als der Kunde. Die Beurteilung dieser Qualität hängt<br />
einerseits von dem Einsatzzweck des Produktes ab, andererseits von den<br />
Informationen, die über das Produkt verfügbar sind. Die Informationsverteilung<br />
zwischen Anbieter und Kunde ist häufig asymmetrisch: Der<br />
Kunde weiß deutlich weniger über das Produkt als der Anbieter. Insofern<br />
ist der Kunde auf Indikatoren angewiesen, die Qualität signalisieren<br />
können. Der Preis ist ein solcher Indikator. Ein hoher Preis wird oft als<br />
Signal guter Qualität angesehen. Auch deshalb sind Preissenkungen kritisch<br />
zu betrachten: Sie verändern die Qualitätswahrnehmung im Markt.<br />
Verkaufsverhandlungen sind taktisch klug zu führen (vgl. Abb. 61, S. 101).<br />
Grundlegend sind eine defensive und deeskalierende Wortwahl. Kommt es zu<br />
einer Regelverletzung (untragbarer Gesprächsstil, abwegige Forderungen), die<br />
nicht übergangen werden kann, dann sollte sie offen angesprochen und die Frage<br />
nach der Angemessenheit gestellt werden. Kommt es zu keiner Lösung, kann<br />
auch mit dem Hinweis auf den Regelungsbedarf die Verkaufsverhandlung unterbrochen<br />
werden. Im Allgemeinen sind solche drastischen Maßnahmen aber nicht<br />
nötig.<br />
100
1. Erhöhe Deine Glaubwürdigkeit, indem Du eine gefühlsmäßige Anbindung an<br />
Deine Position demonstrierst. Damit wird dem Gegner (Partner) klar, daß Du<br />
nicht leicht vor Argumenten zurückweichst, weshalb es sich für ihn lohnt, auf<br />
Deine Position einzugehen.<br />
2. Bewahre Dir Verhandlungsspielraum, indem Du hoch einsteigst.<br />
3. Lobe Deine Gegenseite und verbinde mit der Akzeptanz Deiner Position Prestige.<br />
Das kostet Dich nichts, macht es aber der Gegenseite psychologisch<br />
leichter, auf Dich einzugehen.<br />
4. Verweise bei ungünstigen Verhandlungsergebnissen darauf, daß Du vor dem<br />
Abschluß noch andere (Vorgesetzte) fragen mußt. Das gibt Dir einen zeitlichen<br />
Spielraum und bringt Dich in die Rolle des Mediators, der von der Gegenseite<br />
umworben wird.<br />
5. Wenn die Gegenseite stark oder sogar stärker ist als Du, dann stelle nie einem<br />
Vorschlag der Gegenseite Deinen Vorschlag direkt entgegen, sondern lobe<br />
den Vorschlag und fordere dazu auf, daß sich beide Seiten diesen genauer ansehen<br />
wollen. Setze Dich dann argumentativ damit auseinander. So erkennt<br />
die Gegenseite Deine Position und kann auf Dich eingehen, ohne daß es zu<br />
einer Konfrontation kommt.<br />
Abb. 61: Regeln für Verkaufsverhandlungen<br />
Die folgenden Grundsätze eignen sich, die Verhandlung immer wieder zum<br />
ökonomischen Kern zu führen:<br />
1. Personen und Sachprobleme trennen!<br />
Hierdurch verhindert man, daß Kauf-Verkaufsverhandlungen zu einem Test<br />
der Willensstärke werden und Emotionen die Sachfragen überlagern. Voraussetzung<br />
für diese Trennung ist die Fähigkeit, persönliche Empfindlichkeiten<br />
der Gegenseite und emotionale Bindungen an Einzelfragen des Verhandlungsgegenstandes<br />
zu verstehen und zu erkennen. Dieses setzt Sensibilität und Erfahrung<br />
voraus. Gefühlsausbrüche, wenn sie denn geschehen, sollten gemeinsam<br />
als solche bezeichnet werden, damit man anschließend zu den Sachfragen<br />
zurückkehren kann. Die Partner müssen die Berechtigung dessen anerkennen,<br />
was die Gegenseite sagt und hiervon sachlich ausgehen. Wird immer<br />
wieder das eigene vorgebrachte Anliegen von der Gegenseite in Abrede gestellt,<br />
dann empfindet man dieses als Unterstellung von Unehrlichkeit, Unerfahrenheit,<br />
Dummheit oder Ignoranz und reagiert entsprechend abweisend.<br />
101
2. Bei Konflikten die Verhandlungsebene wechseln!<br />
In Kauf-Verkaufsverhandlungen gibt es die Ebene der Grundinteressen beider<br />
Partner und die Ebene konkreter Lösungswege. Häufiges Problem ist, daß<br />
man sich in divergierende Lösungswege verrennt. Da es aber zu den Grundinteressen,<br />
die jede Seite berechtigter Weise hat, meist mehrere Lösungswege<br />
gibt, ist hier Flexibilität gefordert. Treten Konfliktsituationen auf der Ebene<br />
der Lösungswege auf, sollten die Grundinteressen in Erinnerung gerufen und<br />
hiervon ausgehend ein neuer Interessensausgleich versucht werden.<br />
Die Verhandlung kann sich aber auch auf der Ebene der Grundinteressen verhaken,<br />
indem sich beide Seiten ihre fundamentalen Positionen gegenseitig<br />
vorhalten: Beispielsweise wirft ein emotionalisierter Einkäufer dem Verkäufer<br />
vor, daß er „Verkäufer“ ist und als solcher nichts taugt. Starke Emotionen<br />
können sich aufbauen, die den Konflikt als unlösbar erscheinen lassen, bevor<br />
überhaupt der Versuch gemacht wurde, ökonomische Lösungswege zu diskutieren.<br />
Dann ist es angebracht, auf die Ebene konkreter Lösungsschritte zu<br />
wechseln und den aufgebauten Gegensatz in den Hintergrund zu schieben.<br />
3. Nach Lösungsmöglichkeiten zum beiderseitigen Nutzen suchen!<br />
Beide Verhandlungspartner gehen in das Gespäch mit einem bestimmten Ausgangswert<br />
an materiellem Vermögen und emotionaler Zufriedenheit. Beide<br />
Seiten wollen durch die Verhandlung ihren Nutzen erhöhen. Von Anfang an<br />
sollte keine Seite den Versuch unternehmen, den eigenen Nutzen zu maximieren,<br />
indem die Gegenseite noch hinter ihren Ausgangsnutzen gedrückt wird<br />
(vgl. Abb. 62, S. 103). Dieses führt die Partnerschaft in eine Sackgasse und<br />
belastet die Beziehungen nachhaltig. Vielmehr sollten die Parteien gemeinsam<br />
nach Lösungen suchen, die den Nutzen beider Seiten so erhöhen und nachhaltig<br />
als positiv empfunden werden.<br />
4. Auf objektiven Kriterien bestehen!<br />
Objektive Kriterien bei Kauf-Verkaufsverhandlungen können Marktwerte,<br />
Preise des Wettbewerbs, Kosten u.ä. sein. Werden Verhandlungen blockiert,<br />
weil eine Seite pauschale Standpunkte „aus dem Bauch heraus“ unnachgiebig<br />
vertritt, dann ist ein Rückgriff auf objektive Kriterien angebracht. Sie reichen<br />
102
zwar in der Regel als Entscheidungsgrundlage nicht aus, bringen aber Sachlichkeit<br />
und Differenziertheit in die Verhandlung zurück.<br />
Die Kompromißzone beschreibt alle möglichen Lösungen einer erfolgreichen<br />
Verhandlung (vgl. Abb. 62, unten). Bei freiwilligen Verhandlungslösungen sehen<br />
sich beide Kontrahenten im Ergebnis in einer verbesserten Lage (Paretoeffizienz).<br />
Würde sich eine Seite durch die Verhandlung übervorteilt fühlen, führte<br />
dieses schnell zum Abbruch. Die Kompromißzone ist jedoch nicht statisch. Die<br />
Akzeptanzgrenzen verschieben sich mit der Zeit und als Folge zahlreicher Determinanten,<br />
nicht zuletzt aber auch bei geschickten Argumentationen des Käufers<br />
und des Verkäufers. Kann man im Gespräch keine Kompromißzone finden,<br />
dann kommt es zu keiner freiwilligen Lösung. Dennoch sollte der Verkäufer den<br />
Kontakt zum Kunden halten, da sich zu einem späteren Zeitpunkt andere Bewertungen<br />
ergeben können.<br />
Abb. 62: Akzeptanzgrenzen und Kompromißzonen<br />
Akzeptanzgrenzen hängen von (subjektiven) Wahrnehmungen verschiedener<br />
ökonomischer Beschränkungen (Liquidität, Wettbewerb), Risiken und Chancen<br />
ab. Die obere Akzeptanzgrenze eines Kunden bestimmt sich beispielsweise dadurch,<br />
daß er bestimmte Verkaufspreise nicht mehr akzeptieren kann, da seine<br />
Produktion zu teuer und seine Marktposition gefährdet würde. Oder er möchte<br />
neue Marktchancen realisieren, und sucht deshalb besonders günstige Einkaufskonditionen.<br />
Umgekehrt könnten die Kapazitäten des Verkäufers ausgeschöpft<br />
103
sein und er möchte deshalb die Waren nicht unter dem derzeitigen Wettbewerbspreis<br />
an einen Kunden verkaufen.<br />
4.5 Der Innendienst<br />
Dem Innendienst können wir die folgenden Aufgaben zuordnen (vgl. Abb. 63, S.<br />
105):<br />
1. Er steht als Informationsschnitt- und -speicherstelle vorrangig zwischen der<br />
internen Unternehmensorganisation und dem Außendienst. Hauptsächlich bedient<br />
er sich des Telefons, sowie interner und externer EDV-Netze. In vielen<br />
Fragen technischer und kaufmännischer Art wenden sich die Kunden direkt<br />
per Telefon, Fax und e-mail an den Innendienst. Dieser muß kompetent,<br />
freundlich und hilfsbereit sein und die Produkte, die Verkaufsgeschichte und<br />
die aktuellen Besuchsberichte gut kennen. Aufgabe des Innendienstes ist es<br />
auch, Kunden problemgemäß mit anderen Stellen im Unternehmen, z.B. einem<br />
Techniker, telefonisch zu verbinden. Dieses setzt eine gute Kenntnis des<br />
eigenen Unternehmens voraus.<br />
2. Die Abstimmung zwischen Verkäufern und Innendienst besitzt eine hohe Bedeutung<br />
für die Durchsetzung einer Verkaufsstrategie. Wenn Kunden sich beispielsweise<br />
bei Lieferterminen, Mengen oder Preisen nicht bei einem Verkäufer<br />
durchsetzen können, versuchen sie unter Umständen, vom Innendienst entsprechende<br />
Zugeständnisse zu erhalten. Wenn Innendienstmitarbeiter, aus Unkenntnis<br />
oder Profilierungswunsch, Zusagen machen, schwächen sie hierdurch<br />
die Positition und Kompetenz des Verkäufers gegenüber dem Kunden und zerstören<br />
die Verkaufsstrategie. Der Innendienst muß sich in seinem Verhältnis<br />
zum Kunden stets als dem Verkäufer untergeordnet darstellen.<br />
3. Der Innendienst nimmt die Bestellungen telefonisch, per Fax, per Brief oder<br />
per Besuchsbericht an und gibt sie in das Bestellsystem ein. Er muß deshalb<br />
Verpackungsarten, Lagerbestände, Produktionseinplanungen, Transportmittel<br />
und -kapazitäten kennen und dieses Wissen souverän beherrschen.<br />
104
4. Das gesamte Auftragsmanagement (vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.) liegt in der<br />
Hand des Innendienstes.<br />
5. Der Innendienst benötigt die EDV auch für das Erstellen der Berichte für die<br />
Marketingleitung und der kurz- und mittelfristigen Absatzpläne, die zusammen<br />
mit den Verkäufern für jedes Produkt, jeden Kunden, jede Region, bei<br />
den kurzfristigen Plänen pro Monat oder Quartal, bei den mittel- und langfristigen<br />
Plänen pro Jahr, zu erstellen sind.<br />
6. Die Innendienstmitarbeiter, die insbesondere über das Telefon in direktem<br />
Kundenkontakt stehen, sollten mit den Verkäufern regelmäßig, vielleicht einmal<br />
im Jahr, die wichtigsten Kunden aufsuchen, um die persönlichen Beziehungen<br />
zu verstärken.<br />
• Schnittstelle zwischen Unternehmen und Markt<br />
• Informationsspeicherung<br />
• telefonische Kundenberatung<br />
• Erteilung von Produktionsaufträgen<br />
• Bestelleingabe<br />
• Auftragsmanagement<br />
• Reporting an Verkaufsleitung<br />
• Verkaufsanalyse<br />
• Verkaufsplanung<br />
Abb. 63: Aufgaben des Innendienstes<br />
4.6 Bindungen und Behinderungen von Händlern<br />
Der Verkauf über die externen Absatzorgane Händler, Kommissionäre und Handelsvertreter<br />
bietet eine Alternative zum Einsatz des eigenen Außendienstes (vgl.<br />
Abb. 64, S. 106 und Abschnitt 6.1, S. 172 ff.).<br />
105
Händler<br />
handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung,<br />
(Absatzmittler) erwirbt Eigentum an der Ware<br />
Kommissionär handelt im eigenen Namen und auf fremde Rechnung,<br />
(Absatzhelfer) erwirbt kein Eigentum an der Ware<br />
Handelsvertreter handelt im fremden Namen und auf fremde Rechnung,<br />
(Absatzmittler) erwirbt kein Eigentum an der Ware<br />
Abb. 64: externe Absatzorgane<br />
Das Vorliegen spezieller Absatzkenntnisse kann ein Grund sein, Händlern die<br />
Geschäfte für einen besonderen Markt zu überlassen, den sie besser bearbeiten<br />
können als der unternehmenseigene Außendienst. Händler übernehmen häufig<br />
auch eine Sortimentsfunktion, indem sie Produkte von verschiedenen Herstellern<br />
zu einem Sortiment mit eigenem Markennamen zusammenstellen und so den<br />
Absatz jedes einzelnen Produktes steigern. Die Zusammenarbeit mit Händlern<br />
kann vielfältig sein und sich auch auf Werbung, Lagerhaltung, und Finanzierungskonzepte<br />
beziehen.<br />
Funktionen<br />
Raum<br />
Zeit<br />
Quantität<br />
Qualität<br />
Service<br />
Kommunikation<br />
Finanzierung<br />
Beispiele<br />
Transport der Güter von einem Ort zum anderen<br />
Lagerung der Güter zwischen Herstellung und Verwendung<br />
Verschiedene Produzenten unter einer Handelsmarke<br />
Zusammenstellung eines Sortiments<br />
Kaufmännischer und technischer Außendienst des Handels<br />
Werbung durch den Handel<br />
Lieferantenkredite durch den Handel<br />
Abb. 65: Funktionen der Händler<br />
Durch den Absatz über Händler reduziert sich die Anzahl der Kundenkontakte<br />
für den Hersteller drastisch. Er verliert den unmittelbaren Marktkontakt. Beim<br />
Hersteller besteht deshalb häufig der Wunsch, den Handel in sein Marketingkonzept<br />
einzubinden und dessen Eigenständigkeit zu begrenzen. Der Gesetzgeber hat<br />
aus übergeordneten wettbewerbspolitischen Gründen Beschränkungen hierfür<br />
vorgesehen. Maßnahmen von Unternehmen, die den horizontalen oder vertikalen<br />
106
Wettbewerb einschränken, unterliegen der Mißbrauchsaufsicht, sind genehmigungspflichtig<br />
oder verboten.<br />
• Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, 1909, 1994)<br />
• Zugabeverordnung (1932)<br />
• Rabattgesetz (1933, 1986)<br />
• Warenzeichengesetz, Patentgesetz, Geschmackmustergesetz, Gebrauchmustergesetz<br />
(1876, 1994)<br />
• Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (1957, 1994)<br />
• Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und<br />
Stahl (1951)<br />
• Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1957)<br />
Abb. 66: Gesetze, die den Wettbewerb sichern und stärken sollen (mit Jahreszahlen)<br />
Besondere wettbewerbsrechtliche Relevanz für das Verhältnis zwischen Hersteller<br />
und Händler besitzen (1) Bindungen, (2) Behinderungen und (3) vertikale<br />
Verhaltenskoordinationen (vgl. Abb. 67, unten).<br />
Wettbewerbsbeschränkung<br />
Inhaltsbindung<br />
(Verbot im Grundsatz mit<br />
Ausnahmen)<br />
Abschlußbindung<br />
(steht unter Mißbrauchsaufsicht)<br />
Behinderung<br />
vertikale Verhaltenskoordination<br />
(Verbot im Grundsatz mit<br />
Ausnahmen)<br />
Einzeltatbestände<br />
• Preisbindung der zweiten Hand<br />
• Konditionenbindung<br />
• Kalkulationsmethodenbindung<br />
• Meistbegünstigungsklauseln<br />
• Ausschließlichkeitsbindung<br />
• <strong>Vertrieb</strong>sbeschränkung<br />
• Verwendungsbeschränkung<br />
• Koppelungsverträge<br />
• Limit Pricing<br />
• Boykottaufrufe<br />
• Wettbewerberverleumdung<br />
• unverbindliche Preisempfehlungen<br />
• Konditionenempfehlungen<br />
• Normen- und Typenempfehlungen<br />
Abb. 67: Bindung, Behinderung und vertikale Verhaltenskoordination<br />
Wenn ein selbständiges Handelsunternehmen eine Bindung im Sinne des<br />
Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) eingeht, dann verpflichtet<br />
es sich gegenüber dem Hersteller auf die Verfolgung einer be-<br />
107
stimmten Geschäftspolitik. Als Beispiele dienen Preisbindungen und Verwendungsbeschränkungen<br />
(vertikale Bindungen).<br />
Unter Behinderungen versteht man unangemessene und unbillige Praktiken,<br />
die andere Unternehmen schädigen, ihren Handlungsspielraum einschränken<br />
und unfreiwillig hingenommen werden müssen, beispielsweise Kampfpreisansagen<br />
unter Selbstkosten, Limit Pricing, Boykottaufrufe und Wettbewerberverleumdungen.<br />
Gibt der Hersteller an Händler Empfehlungen über Weiterverkaufspreise,<br />
Preissetzungsarten und Preisspielräume, dann liegt hierin eine vertikale Koordination<br />
des Verhaltens.<br />
Es folgen die Darstellungen im einzelnen:<br />
(1) Bindungen<br />
Bei Inhaltsbindungen des Handels durch den Hersteller legen diese den Inhalt<br />
von Verträgen, die der Händler mit Dritten abschließt, fest. Abschlußbindungen<br />
steuern, OB und mit WEM und über WAS der Händler einen Vertrag abschließen<br />
darf.<br />
Der Gesetzgeber verbot Inhaltsbindungen des Handels im Grundsatz.<br />
Bis 1973 bildete die vertikale Preisbindung für Markenartikel eine<br />
Ausnahme und war gesetzlich erlaubt. Die Hersteller konnten in solchen<br />
Fällen die Wiederverkaufspreise den Händlern vorschreiben. Seit 1973<br />
gilt ein grundsätzliches Verbot der vertikalen Preisbindung (§ 15, vgl.<br />
auch § 38 I Nr. 1 GWB). Außerdem ist es den Herstellern verboten, dem<br />
Handel die Konditionen vorzuschreiben, zu denen die Produkte weiterverkauft<br />
werden können (z.B. Preisnachlässe). Keine Anwendung finden<br />
diese Verbote auf Personen im Absatzweg, die nicht eigenunternehmerisch<br />
tätig sind: Kommissionäre und Handelsvertreter können einer<br />
Preis- und Konditionenbindung unterliegen (vgl. Abb. 68, S. 109).<br />
Ihre Beziehung zum Hersteller und seiner Marketingstrategie ist deshalb<br />
108
ungleich stärker als die von Handelsunternehmen, was für die Wahl der<br />
industriellen <strong>Vertrieb</strong>swege eine erhebliche Bedeutung besitzt.<br />
• unverbindliche Preisempfehlung für Markenwaren erlaubt<br />
(§ 38 a I/III: „Mißbrauchsaufsicht“ GWB)<br />
• Preisbindung bei Verlagserzeugnissen erlaubt<br />
(§§ 16 f.: „Mißbrauchsaufsicht“ GWB)<br />
• Preisbindung bei Handelvertretern und Kommissionären erlaubt<br />
• indirekte Preisbindung bei Arzneimitteln erlaubt<br />
(Arzneimittelpreisverordnung mit einheitlichen Apothekenabgabepreisen)<br />
Abb. 68: Ausnahmen vom Verbot der Inhaltsbindungen<br />
Die Zulässigkeit der Preisbindung bei Handelsvertretern und Kommissionären<br />
eröffnet Herstellern die Möglichkeit, durch sogenannte „Partner-Verträge“ die<br />
nachfolgende Handelsstufe stärker in die <strong>Vertrieb</strong>sstrategie einzubeziehen.<br />
Auf diese Weise können beispielsweise Mineralölunternehmen bei<br />
Tankstellenpächtern das Preisbindungsverbot umgehen. In der Unterhaltungselektronik<br />
werden Agentur- und Depotsysteme gegründet. Hier<br />
verkauft der Händler im Namen und auf Rechnung des Herstellers. Neue<br />
<strong>Vertrieb</strong>sformen entstehen im Industriebereich als Kommissionsagenturen<br />
und Franchisebetriebe.<br />
Abschlußbindungen sind grundsätzlich erlaubt, doch besteht eine Mißbrauchsaufsicht.<br />
Sie werden nachfolgend im einzelnen erläutert:<br />
• Ausschließlichkeitsbindungen verpflichten den Industriehändler dazu,<br />
bestimmte Güter nur vom Bindenden zu beziehen.<br />
• Bei <strong>Vertrieb</strong>sbeschränkungen darf der Handel Waren nur an bestimmte<br />
Kundenkreise liefern oder nur in bestimmten Absatzgebieten<br />
tätig sein. Typisch ist der Einsatz von Händlern als Kleinverteiler.<br />
Größere Aufträge (z.B. eine ganze LKW Ladung) werden vom Hersteller<br />
übernommen.<br />
109
• Verwendungsbeschränkungen verpflichten die Kunden, bestimmte<br />
komplementäre Ergänzungs- und Zusatzkomponenten ebenfalls vom<br />
Hersteller des Hauptgerätes zu beziehen.<br />
• In Koppelungsverträgen verpflichtet sich der Kunde, noch andere<br />
nicht-komplementäre Güter vom Hersteller zu beziehen.<br />
Unwirksam und verboten sind Abschlußbindungen, wenn (§ 18 I GWB)<br />
• man eine erhebliche Zahl von Unternehmen gleichartig bindet und in<br />
ihrer Wettbewerbsfähigkeit unbillig einschränkt,<br />
• der Marktzutritt für andere Unternehmen unbillig beschränkt ist,<br />
• der Wettbewerb auf dem Markt dieser oder anderer Güter wesentlich<br />
beeinträchtigt ist.<br />
Allerdings bleibt die Mißbrauchsaufsicht bei Abschlußbindungen in der Praxis<br />
weitgehend unwirksam.<br />
Produktionsstufe<br />
dominant<br />
Ursachen:<br />
• Verkäufermarktsituation<br />
• Handelsstufe zergliedert<br />
in viele kleine Betriebe<br />
Handelsstufe<br />
dominant<br />
Ursachen:<br />
• Käufermarktsituation<br />
• Starke Konzentration in<br />
der Handelsstufe<br />
Machtgleichgewicht<br />
Ursachen:<br />
• Gleiche Konzentration<br />
auf der Produktionsund<br />
Handelsstufe<br />
Konsequenzen:<br />
• Absatzkonzeption des<br />
Herstellers maßgeblich<br />
für Handel<br />
Konsequenzen:<br />
• Absatzkonzeption des<br />
Handels maßgeblich für<br />
Hersteller<br />
Konsequenzen:<br />
• Konkurrierende oder<br />
partnerschaftlich-kooperative<br />
Konzeptionen<br />
Abb. 69: Vertikale Machtverteilung<br />
Je nach Machtstellung der Hersteller gegenüber dem Handel können Bindungen<br />
die Form eines Diktats oder einer für beide Seiten nützlichen Zusammenarbeit<br />
annehmen (vgl. Abb. 69, oben, u. Abb. 7, S. 9).<br />
110
(2) Behinderungen<br />
Den zweiten wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmenbereich stellen die Behinderungen<br />
(vgl. Abb. 70, unten) dar.<br />
• Gruppenboykotts und Boykottaufrufe<br />
• Individualboykott: temporäre Liefer- oder Bezugsverweigerung und<br />
-androhung<br />
• Diskriminierung einschließlich Erzwingen von Vorzugsbedingungen<br />
• Zwang, Drohung, Belästigung, falsche Angaben<br />
• Bestechung von Angestellten des Marktpartners<br />
• Werbung durch irreführende Angaben über Qualität, Herkunft, Preis, Menge<br />
des Vorrates, Art des Unternehmens<br />
• Erwecken des Eindrucks besonderer Vorteile durch Sonderverkaufsveranstaltungen<br />
(Konkurswarenverkauf, Großhändlerverkauf, Herstellerverkauf,<br />
Räumungsverkauf, Ausverkaufsveranstaltungen)<br />
• progressive Kundenwerbung (sog. Schneeballsystem), Werbung mit mengenmäßig<br />
beschränkten Angeboten, Werbung mit Preisgegenüberstellungen<br />
Abb. 70: Vertikale Behinderungspraktiken<br />
Häufig sind Behinderungen aber mit koordiniertem Marktverhalten oder Bindungen<br />
verbunden und dann als solche verboten. Mit Hilfe von Behinderungen kann<br />
oft der gleiche Effekt erreicht werden, wie durch Bindungen. Der Händler wird<br />
zu einem bestimmten gewünschten Verhalten durch Androhung oder Zufügung<br />
von Nachteilen oder dem Versprechen und Gewähren von Vorteilen veranlaßt,<br />
als wäre er gebunden. Eine solche Umgehung des Bindungsverbots durch die<br />
Androhung oder Zufügung von Nachteilen oder das Versprechen und Gewähren<br />
von Vorteilen schließt das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung aus<br />
(§ 25 II GWB). Eine massive Behinderung stellt der Boykott eines Händlers<br />
durch Liefersperre dar. § 26 I GWB verbietet den Aufruf von Lieferanten zu derartigen<br />
Boykottmaßnahmen.<br />
Das GWB spricht kein allgemeines und explizites Verbot von Behinderungen<br />
und Diskriminierungen aus. Eine große Bedeutung für die gesetzliche Beschränkung<br />
von Behinderungen in der Praxis besitzt daher der § 1 UWG, der ei-<br />
111
4.7 Das kollektive Marktverhalten<br />
Kollektives Marktverhalten:<br />
Bewußte Verhaltenskoordination von selbständigen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen<br />
der gleichen Wirtschaftsstufe (horizontal).<br />
Kartell:<br />
Horizontal-kollektives wettbewerbsbeschränkendes Marktverhalten auf der<br />
Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrages zur Verfolgung eines gemeinsamen<br />
Zweckes.<br />
Abb. 73: Kollektives Marktverhalten<br />
Die Zusammenarbeit von Anbietern der gleichen Wirtschaftsstufe birgt die Gefahr<br />
in sich, den horizontalen Wettbewerb um Kunden und Aufträge zu regulieren<br />
und zu verringern. Hierdurch erlangen die beteiligten Unternehmen eine größere<br />
wirtschaftliche Macht in den Beschaffungs- und Absatzmärkten, erzielen<br />
höhere Verkaufspreise und Unternehmensgewinne und können sich einen geringeren<br />
Leistungsstandard erlauben.<br />
• externe Effekte z.B. Umweltschäden<br />
• öffentliche Güter z.B. nationale Sicherheit<br />
• Erwartungsfehler z.B. Cobweb-Modell<br />
• Ungleichgewichte z.B. Strukturkrisen<br />
• Zutrittsbarrieren z.B. Sunk Cost<br />
• Macht<br />
z.B. Monopole und Oligopole<br />
Abb. 74: Gründe für Marktversagen mit Beispielen<br />
Im kollektiven Marktverhalten liegt ein Versagen der auf Wettbewerb angelegten<br />
Wirtschaftsordnung (vgl. Abb. 73 u. Abb. 74, oben). Das Gesetz gegen<br />
Wettbewerbsbeschränkung soll dem entgegenwirken. Die Ziele des Gesetzes liegen<br />
in der Verwirklichung der freiheitlichen Ordnung, der ökonomischen Systemeffizienz<br />
und der Maximierung der allgemeinen Wohlfahrt der Gesellschaft.<br />
Vertragliche Vereinbarungen, aber auch moralische Bindungen durch ein „gentlemen<br />
agreement“, begründen Kartelle (vgl. Abb. 75, S. 114). Sie stellen den<br />
höchsten Bindungsgrad der Absprachen zwischen Unternehmen der gleichen<br />
113
Wirtschaftsstufe dar. Die Vereinbarungen können Sanktionen gegen einzelne<br />
Mitglieder bei einem Kartellbruch vorsehen. Bestimmte Kartellverträge können<br />
von den Partnern gerichtlich eingeklagt werden.<br />
• Preiskartelle<br />
Preise, Preiskalkulationsverfahren, Höchst- und Mindestpreise, Rabatte<br />
• Konditionenkartelle<br />
allgemeine Geschäfts-, Liefer- und Zahlungsbedingungen<br />
• Quoten- und Gebietskartelle<br />
angebotene und nachgefragte Mengen zwecks Marktaufteilung<br />
• Normen- und Typenkartelle, Rationalisierungskartelle<br />
Produktarten und Produktionsverfahren<br />
Abb. 75: Gegenstand von Kartellen<br />
Bei Wettbewerbsbeschränkungen auf den Auslandsmärkten dürfen deutsche<br />
Importeure und Exporteure Gegenpositionen durch Absprachen aufbauen. So gestattet<br />
der § 6 I und II GWB Ausfuhrkartelle ohne bzw. mit einer entsprechenden<br />
Inlandsregelung. § 7 GWB erlaubt unter bestimmten Bedingungen Einfuhrkartelle.<br />
Verschiedene Faktoren begünstigen die Kartellbildung:<br />
• geringe Zahl der Marktteilnehmer<br />
• homogene Güter<br />
• ähnliche Produktions- und Kostenbedingungen<br />
• ähnliche Zielsetzungen<br />
• gute Kenntnis voneinander<br />
• hohe Marktzutrittsschranken<br />
• kulturelle und regionale Nähe<br />
• geringe staatliche Sanktionen<br />
Die Instabilität vieler Preis- und Quotenkartelle hat verschiedene Gründe.<br />
Die hohen Preise und Gewinne der Kartellmitglieder veranlassen potentielle<br />
Konkurrenten, in den Markt einzutreten. Dadurch steigt die Angebotsmenge<br />
und das Kartell kann die hohen Preise nicht halten. Im Endzustand befinden sich<br />
mehr Wettbewerber im Markt, die Preise sind niedriger und die angebotene Pro-<br />
114
duktmenge höher als vor der Kartellbildung. Das Kartell versucht deshalb, den<br />
Marktzutritt abzuwehren (äußerer Kartellzwang). Möglichkeiten bestehen in<br />
Treuerabatten an Kunden und Exklusivverträgen mit Zulieferern und Abnehmern.<br />
Dadurch werden die Marktzutrittskosten potentieller Konkurrenten erhöht,<br />
was diese vom Eintrittsversuch abhalten kann. Das Kartell kann außerdem den<br />
potentiellen Konkurrenten mit einem Limit Preis drohen. Hierunter versteht man<br />
einen niedrigen Preis, bei dem das eintretende Unternehmen einen Verlust macht,<br />
während die Kartellunternehmen, die keine Marktzutrittskosten aufzuwenden haben,<br />
noch mit Gewinn operieren können. Mithilfe von Überkapazitäten verschafft<br />
sich das Kartell die Möglichkeit, den Markt mit Produkten zu überschwemmen,<br />
den Preis abfallen zu lassen und neue Wettbewerber so in den Konkurs<br />
zu treiben.<br />
Jedes Mitglied eines Preis- und Quotenkartells kann seinen Gewinn steigern,<br />
wenn es Preiszugeständnisse an die Kunden macht und seine Quote heimlich<br />
erhöht. Dieses Verhalten ist für das einzelne Kartellmitglied rational, wenn es<br />
annimmt, daß alle anderen Mitglieder bemüht sind, das Preisniveau hoch zu halten.<br />
Der heimliche Bruch der Kartellvereinbarung ist aber auch dann angebracht,<br />
wenn das einzelne Unternehmen seinen Kartellpartnern mißtraut und annimmt,<br />
daß diese sich auch nicht an den vereinbarten Preis und die Quoten halten. Im<br />
Endergebnis zerfällt das Kartell allerdings und alle Unternehmen sind schlechter<br />
gestellt.<br />
Das Kartell kann Stabilisierungsmaßnahmen beschließen, um jedes Mitglied zu<br />
disziplinieren (innerer Kartellzwang). So können Konventionalstrafen gegen<br />
treulose Unternehmen oder deren langfristige Isolierung vereinbart werden.<br />
Statt durch eine formale Kartellbildung kann man die Verhaltenskoordination<br />
auch durch zwanglose Unterhaltung, unorganisierte Mitteilungen und Ankündigungen,<br />
organisierte Marktinformationsverfahren (z.B. Preis-Absatzmeldestellen),<br />
das Aussprechen von Empfehlungen und das Formulieren von Wettbewerbsregeln<br />
herbeiführen.<br />
Im § 1 GWB wird ein allgemeines Kartellverbot formuliert:<br />
115
„Verträge, die Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen zu<br />
einem gemeinsamen Zweck schließen, und Beschlüsse von Vereinigungen<br />
von Unternehmen sind unwirksam, soweit sie geeignet sind, die Erzeugung<br />
oder die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder<br />
gewerbliche Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen.“<br />
§ 25 I GWB erweitert das Verbot auch auf Verhaltensabstimmungen, für die<br />
kein Vertrag vorliegt:<br />
„Ein aufeinander abgestimmtes Verhalten von Unternehmen oder Vereinigungen<br />
von Unternehmen, das nach diesem Gesetz nicht zum Gegenstand<br />
einer vertraglichen Bindung gemacht werden darf, ist verboten.“<br />
Fühlungnahme, Informationsweitergabe und Verständigungshandlungen<br />
zwischen Unternehmen zwecks Willensübereinstimmungen reduzieren<br />
gezielt die wettbewerblichen Unsicherheiten und können ein abgestimmtes<br />
Verhalten begründen, welches nicht Gegenstand eines Vertrages<br />
sein darf. Damit wären diese Handlungen gemäß § 25 GWB untersagt.<br />
Allerdings ist der Nachweis im Einzelfall sehr schwierig.<br />
Zur Klärung des Begriffes der Wettbewerbsbeschränkung als operationales<br />
Maß für das Vorliegen von Kartellen muß auf die Mikroökonomie und insbesondere<br />
auf die Monopol- und Oligopoltheorie verwiesen werden. Keinesweg führen<br />
Monopole und Oligopole in jedem Fall zu einer Verringerung der Wohlfahrt, wie<br />
die Theorie der Contestable Markets einerseits und die Lehre Schumpeters<br />
deutlich machen.<br />
§ 38 I Nr. 10-12 GWB verbietet das Herbeiführen eines gleichförmigen horizontalen<br />
Verhaltens durch ein Aussprechen von Empfehlungen. Hierdurch<br />
schließt das Gesetz eine weitere Lücke, mit deren Hilfe das Kartellverbot hätte<br />
umgangen werden können.<br />
116
Der Gesetzgeber läßt Ausnahmen zum Kartellverbot zu (§ 2 GWB ff.). Man unterscheidet:<br />
• anmeldefreie Kartelle: z.B. Festlegung der einheitlichen Methode der Leistungsbeschreibung<br />
oder Preisaufgliederung. Sie sind ohne Anmeldung legal<br />
(§ 5 IV und § 9 I GWB).<br />
• Anmeldekartelle: z.B. Festlegung der einheitlichen Anwendung von Normen<br />
oder Typen und andere Rationalisierungsmaßnahmen. Sie sind nach Anmeldung<br />
legal (§ 5 I-III und § 9 I GWB).<br />
• Widerspruchkartelle: z.B. Festlegung der einheitlichen Anwendung allgemeiner<br />
Geschäfts- Liefer- und Zahlungsbedingungen. Sie sind nach Anmeldung<br />
und ausbleibendem Widerspruch der Kartellbehörde nach drei Monaten<br />
legal (§ 2 GWB).<br />
• Erlaubniskartelle: z.B. um eine planmäßige Reduzierung der Kapazität einer<br />
Branche an den Bedarf herbeizuführen, wenn die Nachfrage sich nachhaltig<br />
verringert hat. Hierbei müssen die Gesamtwirtschaft und das Gemeinwohl Berücksichtigung<br />
finden. Für die Legalisierung des Kartells ist ein Antrag und<br />
eine Erlaubnis der Kartellbehörde erforderlich (§ 4 GWB).<br />
Außerdem „kann der Bundesminister für Wirtschaft auf Antrag die Erlaubnis<br />
zu einem Vertrag oder Beschluß im Sinne des § 1 GWB erteilen, wenn ausnahmsweise<br />
die Beschränkung des Wettbewerbs aus überwiegenden Gründen der<br />
Gesamtwirtschaft oder des Gemeinwohls notwendig ist“ (Ministererlaubnis für<br />
Sonderkartelle, § 8 I GWB; vgl. auch § 24 III GWB bei Zusammenschlüssen von<br />
Unternehmen).<br />
4.8 Horizontale Behinderungen<br />
Der Wettbewerb zwischen Unternehmen soll maßgeblich durch<br />
• die Qualität der Sach- und <strong>Vertrieb</strong>sleistung<br />
• die Effizienz der Leistungserstellung<br />
• die Freiheit des Kunden, sich über beides ein Urteil zu bilden<br />
117
estimmt werden.<br />
• Kampfpreise<br />
Verkauf unter Selbstkosten durch Kreuzsubventionierung,<br />
Eintrittsverhindernde Preise (limit pricing)<br />
• Frachtbasissystem gegen Kartellfremde<br />
• Boykottaufrufe und -organisation<br />
Nichtbelieferung eines Konkurrenten,<br />
Bezugsstopp bei einem Konkurrenten<br />
• Anschwärzen von Konkurrenten<br />
• Imitation von Konkurrenten<br />
Namensverwendung,<br />
Werksspionage,<br />
Anstiftung zum Verrat und Vertrauensbruch<br />
• Fangwerbung und irreführende Werbung<br />
• Gesamtumsatzrabatte von Kartellen<br />
• Treuerabatte<br />
• Inhalts- und Abschlußbindungen<br />
Abb. 76: Horizontale Behinderungspraktiken<br />
Die Qualität der Leistung besteht aus der Eignung für bestimmte Verwendungszwecke<br />
und der subjektiven Bewertung einer Vielzahl von Produkt- und<br />
<strong>Vertrieb</strong>seigenschaften durch den Kunden auf der Grundlage seiner individuellen<br />
Präferenzen. Die Effizienz der Leistungserstellung bestimmt die Kosten des<br />
Unternehmens und damit die Mindestpreise, die es im Markt für die angebotenen<br />
Lieferungen verlangen muß. Damit der Kunde von einer hohen Leistungsqualität<br />
und Produktionseffizienz profitieren kann, müssen die Unternehmen im Wettbewerb<br />
zueinander stehen. Es muß sich der Produzent im Markt durchsetzen können,<br />
der bei Investition, Produktion und <strong>Vertrieb</strong> den Kaufwünschen der Kunden<br />
am nächsten liegt.<br />
Behinderungen eines Produzenten durch einen anderen verletzen diese Prinzipien<br />
(vgl. Abb. 76, oben). Sie führen zwar zu kurzfristigen Erfolgen der behindernden<br />
Unternehmen, verschlechtern aber gesamtwirtschaftlich und langfristig die Sachund<br />
<strong>Vertrieb</strong>sleistungen, reduzieren die Produktionseffizienz und die Investitionen.<br />
118
Gesetzliche Maßnahmen gegen horizontale Behinderungen und deren Wohlfahrtswirkungen<br />
finden sich im UWG:<br />
§ 1: Absatzbehinderung durch Gratisverteilung von Waren, gezielte<br />
ruinöse Preisunterbietung, Aufkauf von Konkurrentenware,<br />
Erlangen von Vorsprungspositionen durch Vertrags-<br />
und Gesetzesbruch, planmäßiges Abwerben und<br />
Ausloben von Kopfgeld.<br />
§§ 1, 14, 15: Anschwärzen und Verleumden zwecks Geschäfts- und<br />
Kreditschädigung.<br />
§§ 17, 20: Anstiftung zum und Verrat von Geschäftsgeheimnissen.<br />
119
4.9 Aufgaben<br />
1. Aufgabe<br />
Worin liegt der hauptsächliche Unterschied zwischen dem S-O-R-Modell des<br />
Käuferverhaltens und dem S-R-Modell?<br />
2. Aufgabe<br />
a) Definieren Sie die Begriffe Motiv und Einstellung.<br />
b) Nennen Sie die Motivklassen nach Maslow.<br />
c) Welche Funktionen besitzen Einstellungen für die individuelle Entscheidungsfindung?<br />
3. Aufgabe<br />
a) Was versteht man unter einer kognitiven Dissonanz?<br />
b) Wie kann man kognitive Dissonanzen bei den Kunden verringern?<br />
4. Aufgabe<br />
Zu einem Buying Center gehören typischerweise Personen, die verschiedene<br />
Funktionen im Kaufentscheidungsprozess des Kundenunternehmens ausüben.<br />
Nennen Sie diese Funktionen und gegeben Sie konkrete Beispiele aus dem Beschaffungsprozess<br />
eines Industrieunternehmens.<br />
5. Aufgabe<br />
Den Verkaufsvorgang können wir als ein dyadisches Interaktionssystems begreifen.<br />
Erläutern Sie, was hierunter zu verstehen ist.<br />
6. Aufgabe<br />
Nennen Sie zehn Merkmale (persönliche Merkmale und solche der Verkaufsgesprächsführung),<br />
die für ein erfolgreiches Verkaufsgespräch von Bedeutung sind.<br />
7. Aufgabe<br />
Welche Funktionen übernimmt der Handel im Absatzkanal?<br />
8. Aufgabe<br />
Definieren Sie Inhaltsbindungen, Abschlußbindungen, Behinderungen und<br />
vertikale Verhaltenskoordination im Absatzkanal.<br />
Geben Sie je zwei Beispiele.<br />
9. Aufgabe<br />
Was versteht man unter horizontalen Behinderungen?<br />
Geben Sie zwei Beispiele.<br />
120
4.10 Literaturempfehlungen<br />
ANTON, F., Plädoyer für den Beratungsverkauf, in: Marketing Journal, Nr. 1<br />
(1989), S. 46-51.<br />
BACKHAUS, K., Investitionsgütermarketing, 5. Aufl. 1997, S. 49-65, 98-105,<br />
117-119, 593-598.<br />
BÖCKER, F., Marketing, 6. Aufl. 1996, S. 31-87.<br />
HAYES, H.M., HARTLEY, ST.W., How buyers view industrial salespeople, in:<br />
Industrial Marketing Management, Nr. 18 (1989), S. 73-80.<br />
HERDZINA, K., Wettbewerbspolitik, 4. Aufl. 1993, S. 145-181.<br />
KOTLER, PH., BLIEMEL, F., Marketing-Management, 9. Aufl. 1999, S. 364-<br />
381, 1086-1103.<br />
KROEBER-RIEL, W., Konsumentenverhalten, 6. Aufl. 1996, S. 26-32, 49-52,<br />
56 f., 100-106, 113-116, 145-147, 167-170, 224-231, 247-252.<br />
MEFFERT, H., Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung,<br />
8. Aufl. 1998, S. 93-126, 131-136.<br />
MOSER, K., Werbepsychologie, 1990, S. 81.<br />
SPIRO, R.S., WEITZ, B.A., Adaptive selling: conceptualization, measurement,<br />
and nomological validity, in: Journal of Marketing Research, Vol. 27<br />
(Feb. 1990), S. 61-69 [S. 61-63].<br />
SUJAN, H., WEITZ, B.A., KUMAR N., Learning orientation, working smart,<br />
and effective selling, in: Journal of Marketing, Vol. 58 (Juli 1994), S.<br />
39-52 [S. 39-48].<br />
STAEHLE, W., Management, 7. Aufl., München 1994, S. 148-168, 183-198,<br />
204-245, 258-260.<br />
USUNIER, J.-C., WALLISER, B., Interkulturelles Marketing, 1993, S. 231-264.<br />
WEITZ, B.A., SUJAN, H., SUJAN, M., Knowledge, motivation, and adaptive<br />
behavior: a framework for improving selling effectiveness, in: Journal of<br />
Marketing, Vol. 50 (Oct. 1986), S. 174-191.<br />
121
5 Auslandsvertrieb<br />
Die Kernaufgaben des internationalen <strong>Vertrieb</strong>es liegen in dem Verkauf und<br />
Transport von Erzeugnissen aus einem Staatsgebiet in ein anderes. Unterschiede<br />
zum nationalen <strong>Vertrieb</strong> bestehen in der wesentlich größeren Anzahl der Entscheidungsdeterminanten<br />
und der zu bewältigenden Risiken. Fehlende Rechtsangleichungen,<br />
unkoordinierte Wirtschaftspolitiken der beteiligten Länder, Währungsrisiken,<br />
verschiedene Sprachen und Kulturen erschweren die Bewältigung<br />
der <strong>Vertrieb</strong>saufgaben, bieten aber auch Chancen weiterer Absatzsteigerungen<br />
und zusätzlicher Differenzierung und Segmentierung. Die Überwindung großer<br />
Entfernungen erfordert besondere Transport- und Informationstechnologien. Die<br />
Ausbildung der im <strong>Vertrieb</strong> tätigen Personen muß daher die internationale<br />
Komponente berücksichtigen.<br />
Dieses Kapitel behandelt einführende Ansätze zum grenzüberschreitenden Waren-<br />
und Dienstleistungsverkehr: Formen des Auslandsengagements, Währungskurse<br />
und -risiken und die Ordnung des globalen Handels.<br />
5.1 Formen des Auslandsengagements<br />
5.1.1 Export und Import<br />
Verschiedene Faktoren lassen Unternehmen aktiv nach Importmöglichkeiten suchen.<br />
Verfügbarkeitsbegrenzungen an Rohstoffen, Technologien und Dienstleistungen<br />
und Qualitätsnachteile der inländischen Produktion sind für einen Importsog<br />
verantwortlich (Anbietermärkte, vgl. Abb. 7, S. 9 u. Abb. 77, S. 123).<br />
122
natürliche Monopole<br />
Klimatische und geologische<br />
Bedingungen, Rohstoffe<br />
temporäre Monopole<br />
Technologie, Bildung, Patente<br />
Qualitätsvorteile einzelner Hersteller Umwelttechnologie<br />
Differenzierte Bedürfnisse reicher Segmente Image ausländischer Produkte<br />
Transportkosten<br />
Warenaustausch grenznaher<br />
Regionen<br />
Risikominimierung<br />
Finanzielle Gegenposition<br />
zum Export zwecks Hedging<br />
Versetzte Konjunkturzyklen<br />
Nachfrageüberhang im Inland<br />
während des Booms<br />
Kostenvorteile<br />
Internationale Spezialisierung<br />
Abb. 77: Importsog<br />
Andere Faktoren bewirken, daß Unternehmen gezielt in die Auslandsmärkte<br />
drängen und einen Exportdruck auslösen (Nachfragermärkte, vgl. Abb. 7, S. 9<br />
u. Abb. 78, S. 124):<br />
1. Die fixen und variablen Kosten in der Produktion, der Verwaltung und dem<br />
<strong>Vertrieb</strong> müssen über die Produktpreise verdient werden. Da aber die fixen<br />
Kosten konstant und von den produzierten und verkauften Stückzahlen unabhängig<br />
sind, reduzieren sich die fixen Kosten pro Stück mit zunehmender Produktion.<br />
Es entsteht hieraus ein Anreiz zur Massenproduktion, so daß stetig<br />
neue Absatzmärkte, auch im Ausland, zu suchen sind.<br />
2. Um die Kundenzufriedenheit und damit den Gewinn zu steigern, segmentieren<br />
Unternehmen den Markt und differenzieren ihr Produktsortiment. Beschränken<br />
sie sich hierbei auf den inländischen Markt, dann fallen die Absatzund<br />
Umsatzzahlen in den einzelnen Segmenten relativ gering aus. Es bietet<br />
sich deshalb an, größere und grenzüberschreitende Zielgruppen zu bilden und<br />
so die Absatz- und Umsatzzahlen der einzelnen Leistungsvarianten zu erhöhen.<br />
3. Wenn die Nachfrage im Inland zeitversetzt zur Nachfrage im Ausland nachläßt,<br />
werden viele Unternehmen ihre Kapazitäten mithilfe zusätzlicher Exporte<br />
auslasten, solange dieses Nachfragegefälle besteht. Der Export findet dann nur<br />
123
temporär zur Überwindung des konjunkturellen Abschwungs statt. Der Absatz<br />
der Produkte erfolgt ohne Markterschließung und zu niedrigen Preisen<br />
(Dumping). Umgekehrt ist mit einem preisbrechenden Importstrom in Zeiten<br />
der inländischen Hochkonjunktur zu rechnen, wenn sich das Ausland gleichzeitig<br />
in einer Rezession befindet.<br />
Stückkostendegression<br />
Produktdifferenzierung<br />
Risikominimierung<br />
Versetzte Konjunkturzyklen<br />
Kostenvorteile<br />
Ermöglicht bei großen Anlagen niedrige Angebotspreise.<br />
Der Wettbewerb erzwingt die<br />
Erschließung internationaler Absatzmärkte<br />
Hohe Stückzahlen verlangen nach einer<br />
grenzüberschreitenden Segmentierung<br />
Durch Währungshedgingstrategien<br />
Führen zu „Dumping“-Aktionen während der<br />
Rezession<br />
Durch internationale Spezialisierung<br />
Abb. 78: Exportdruck<br />
Bei der Tabelle der Exporte und Importe nach Warengruppen (vgl. Abb. 9,<br />
S. 11) handelt es sich um eine Nebenrechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.<br />
Die Export- und Importwerte wichtiger Produktgruppen werden mit<br />
jährlich aktuellen Preisen und dem Preis des Basisjahres 1991 einander gegenübergestellt.<br />
Abb. 79, unten, zeigt einen Ausschnitt aus Abb. 9, Seite 11, im Anhang<br />
zum 1. Kapitel:<br />
GÜTER- FRÜHERES BUNDESGEBIET BRD<br />
GRUPPE PREISBASIS 1970 1980 1985 1988 1989 1990 1991 1992<br />
Erdöl und Einfuhr jeweilige Preise 6,00 51,02 54,16 20,04 22,55 27,12 32,27 30,23<br />
Erdgas Einfuhr Preise von 1991 32,62 40,36 26,76 27,94 27,56 29,64 32,27 35,64<br />
Abb. 79: Einfuhr von Erdöl und Erdgas in Mrd. DM<br />
Wir interpretieren die Zahlen folgendermaßen:<br />
Die rohstoffarme Bundesrepublik ist erheblich von Erdöl- und Erdgasimporten<br />
abhängig. Es handelt sich hierbei um die wertmäßig bedeutendste<br />
Importgütergruppe. Aus Erdöl werden Grundstoffe gewonnen, Zwischenprodukte<br />
und Brennstoffe hergestellt. Produkte aus Erdölderivaten<br />
124
(Diesel und Benzin, Agro- und Pharmaprodukte, Farben und Lacke,<br />
Kunststoffe und Gummi u.a.) finden in allen Industrie-, Landwirtschaftsund<br />
Konsumbereichen Verwendung. Erdöl wird in US-Dollar fakturiert,<br />
weshalb der Importwert von den Erdölpreisen und dem DM/Dollar-<br />
Währungskurs beeinflußt wird. Chemieprodukte, Maschinenbauerzeugnisse,<br />
Straßenfahrzeuge und elektrotechnische Erzeugnisse sind die hauptsächlichen<br />
Exportträger und finanzieren die Importe. Da es sich bei den<br />
wichtigsten Exportprodukten überwiegend um superiore Güter handelt,<br />
profitiert die Bundesrepublik in der Regel überproportional von einem<br />
globalen Wachstum. Umgekehrt wirkt sich eine globale Wachstumsschwäche<br />
verstärkt negativ auf die deutsche Volkswirtschaft aus. Deutlich<br />
zeichnen sich in den Abbildungen 80, unten, und 81, Seite 126, die Auswirkungen<br />
der Ölkrise ab. Hierunter versteht man die im Zusammenhang<br />
mit dem Jom Kippur Krieg im Nahen Osten (1973) stattgefundene massive<br />
Verteuerung des Rohöl- und Erdgaspreises. Der Einfuhrwert der BRD<br />
von Erdöl und Erdgas stieg zwischen dem Jahr 1970 und dem Jahr 1980<br />
um das 8,5-fache (850%!). Die Importmenge wuchs im gleichen Zeitraum<br />
um lediglich 23%. Der Ausfuhrüberschuß der BRD brach im Jahr 1980<br />
ein.<br />
Jahr 1974 1979 1980 1981 1982 1989<br />
Handelsüberschuß 50,8 22,4 8,9 27,7 51,2 134,6<br />
(in Mrd. DM)<br />
(Quelle: Stat. Jahrbuch 1995, Abschnitt 12.1, S.<br />
283, Stat. Bundesamt, Wiesbaden 1995)<br />
Abb. 80: Einbruch des Außenhandels um das Jahr 1980<br />
1979 betrug das üblicherweise positive Saldo der Leistungsbilanz der BRD<br />
-9,92 Mrd. DM und verschlechterte sich bis 1982 auf -28,5 Mrd. DM. Abbildung<br />
80, oben, zeigt die entsprechende Entwicklung des Außenhandelsüberschusses.<br />
Die technologische Verankerung des Rohstoffs Erdöl in der modernen Volkswirtschaft<br />
führt zu einer sehr geringen kurzfristigen Preiselastizität der Importnachfrage.<br />
Eine Entspannung der Importsituation trat erst nach 1985 ein, als der<br />
mittlerweile reduzierte Erdölverbrauch und ein niedriger DM/$-Kurs in der Leistungsbilanz<br />
wirksam wurden.<br />
125
5.1.2 Vom Export zu Direktinvestitionen<br />
Die Entwicklung der Auslandsaktivitäten vollziehen Unternehmen nicht in einem<br />
Stück sondern schrittweise (vgl. Abb. 81, unten, und Abschnitt 6.8.1, S. 211 ff.).<br />
Der Export erfordert keinen oder einen nur geringen Kapitaltransfer und auch nur<br />
wenig Managementleistung im Ausland. Beim indirekten Export bedient man<br />
sich eines Außenhandelsunternehmens. Das Geschäft des Herstellers wird im<br />
Inland getätigt und er hat mit der Abwicklung des Exportes selber dann nichts<br />
mehr zu tun. Beim direkten Export liefert der Hersteller in das Ausland, ohne<br />
die Einbindung eines inländischen Außenhandelsunternehmens. Der Hersteller<br />
muß hierzu über die entsprechenden Exportkenntnisse und Abteilungen verfügen.<br />
Es sind Zwischenlager und ein Außendienst im Ausland zu unterhalten. Insofern<br />
kommt es hierbei zu einem Kapital- und Managementtransfer.<br />
Tochtergesellschaft<br />
Produktionsbetrieb<br />
Verkaufsniederlassung<br />
Joint Venture<br />
Franchising<br />
Lizenzvergabe<br />
direkter Export<br />
indirekter Export<br />
Abb. 81: Formen des Auslandsengagements von Produzenten<br />
Kapitalexport<br />
Managementexport<br />
Während beim indirekten Export die Managementleistung im Ausland und der<br />
Kapitaltransfer gering ausfallen, stellt die Gründung einer kompletten selbständigen<br />
Tochtergesellschaft die höchsten Anforderungen an beide Merkmale. Der<br />
Hersteller, der bislang nur im Inland tätig war, geht mit dem Kapitaltransfer neue<br />
finanzielle Risiken ein. Hier ist insbesondere das Währungsrisiko zu nennen.<br />
126
Aber auch unbekannte Rechts- und Verwaltungsroutinen im Ausland können erhebliche<br />
Kosten bewirken.<br />
Um die notwendigen Managementleistungen im Ausland erbringen zu können,<br />
müssen erfahrene Personen angeworben, Mitarbeiter der Niederlassungen gezielt<br />
geschult oder von der Zentrale ins Ausland delegiert werden. Bei einem ethnozentrischen<br />
Führungsstil (Begriff nach H. Perlmutter) „exportiert“ die Muttergesellschaft<br />
ihre Managementkultur und überträgt nationale Strategien, Leistungskriterien<br />
und Entscheidungsverfahren auf die ausländischen Tochterunternehmen.<br />
Dieses wirkt sich auf die internationale Führungskräfte- und Delegierungspolitik<br />
aus: Beim ethnozentrischen Ansatz werden aus der Muttergesellschaft die<br />
Führungskräfte in die ausländischen Tochterunternehmen delegiert. Der Vorteil<br />
besteht in einer kulturellen Identität auf der Managementebene des internationalen<br />
Konzerns, was die unternehmensinterne Kommunikation fördert. Nachteilig<br />
wirkt sich aus, daß die Führungskräfte des Tochterunternehmens nicht die<br />
Nationalität der dortigen Mitarbeiter und Geschäftspartner (Kunden, Lieferanten,<br />
Banken, Behörden etc.) besitzen, was zu Spannungen in der Auslandsorganisation<br />
führen kann und die Marktbearbeitung erschwert. Einen ethnozentrischen<br />
Führungsstil beobachtet man im Anfangsstadium der Internationalisierung eines<br />
Unternehmens. Länderspezifische Besonderheiten finden hierbei nur wenig Berücksichtigung.<br />
Im Gegensatz hierzu steht der geozentrische Führungsstil. Die Managementkultur,<br />
Strategien und Leistungskriterien im globalen Unternehmen werden unabhängig<br />
von der nationalen Zugehörigkeit von Konzernmutter und Tochterunternehmen<br />
gemeinsam gebildet und angewendet. Kommunikations- und Reisekosten,<br />
die Dauer von Entscheidungsprozessen und der bürokratische Aufwand zur<br />
Erzielung eines globalen Konsenses sind hoch. Von den Mitarbeitern wird eine<br />
internationale Grundeinstellung, Gewandtheit und Einsatzbereitschaft erwartet.<br />
Vorteile der globalen Unternehmensphilosophie liegen in der Nutzung der Konzernressourcen<br />
und Synergiepotentiale über die nationalen Grenzen hinweg, sowie<br />
in den integriert geplanten weltweiten Absatzstrategien. Die Personalpolitik<br />
zeichnet sich dadurch aus, daß die nationale Herkunft bei den Stellenbesetzungen<br />
bis in höchste Führungspositionen keine Rolle spielt.<br />
127
Als polyzentrisch bezeichnet man einen Führungsstil, bei dem Managementkultur,<br />
Strategien und Leistungskriterien in den Niederlassungen des internationalen<br />
Unternehmens jeweils entsprechend der landesüblichen Sitten gebildet<br />
und angewendet werden. Kommunikations- und Reisekosten zur Gesamtabstimmung<br />
im Unternehmen sind gering. Die Entscheidungsprozesse verlaufen dezentral.<br />
Nur wenige Führungskräfte benötigen eine internationale Grundeinstellung<br />
und Gewandtheit. Mitarbeiter werden überwiegend lokal rekrutiert. Spannungen<br />
in den ausländischen Niederlassungen wegen unterschiedlicher nationaler Herkunft<br />
der Mitarbeiter, insbesondere zwischen Vorgesetzten und Unterstellten,<br />
sind selten. Der Kontakt zum nationalen Markt ist aufgrund kultureller Identität<br />
mit den Kunden gut. Allerdings werden die Ressourcen des internationalen Unternehmens<br />
nur suboptimal genutzt und Synergiepotentiale liegen brach.<br />
Zwischen der Exportstrategie auf der einen Seite und der Gründung einer selbständigen<br />
ausländischen Tochtergesellschaft auf der anderen Seite liegen verschiedene<br />
weitere Auslandsaktivitäten, die wir ebenfalls hinsichtlich der Merkmale<br />
des Management- und Kapitalexports beurteilen können (vgl. Abb. 81, S.<br />
126). Bei einer Lizenzvergabe nutzt man das verfahrenstechnische Wissen nicht<br />
in der eigenen Produktion. Man verzichtet auf die Vermarktung eines eigenen<br />
Produktes, den hierdurch möglichen Gewinn und das Risiko. Vielmehr sucht<br />
man für die Produktion, Vermarktung und Risikoübernahme Lizenznehmer, die<br />
periodisch eine Gebühr entrichten. Kapital wandert in der Form von Know-How<br />
ins Ausland. Der Managementexport ist gering.<br />
Franchisingverträge umfassen verschiedene Lizenzvergaben von Rezepturen,<br />
Herstellungsverfahren und Warenzeichen, Beratungs- und Lieferantenverträge<br />
und ähnliches, die ein Gesamtpaket bilden. Sie beinhalten einen beträchtlichen<br />
Kapital- als auch Managementexport. Das unternehmerische Risiko liegt beim<br />
Franchisenehmer, der für die empfangenen Leistungen eine fixe oder umsatzabhängige<br />
Gebühr an den Franchisegeber zahlt. Ergänzen sich zwei Unternehmen<br />
in ihren Produktions-, Forschungs- oder <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten, dann können sie zur<br />
Nutzung dieser Synergieeffekte (vgl. Abschnitt 6.8.3, S. 219 ff.) ein gemeinsames<br />
drittes Unternehmen als Joint Venture gründen.<br />
128
Viele internationale Unternehmen produzieren in einem Hauptwerk und unterhalten<br />
weltweit in verschiedenen Regionen Verkaufsniederlassungen, wo auch<br />
der Außendienst rekrutiert und geführt wird. Die Verkaufsmitarbeiter haben eine<br />
engere Beziehung zur lokalen Niederlassung als zum Hauptwerk. Die Niederlassungen<br />
importieren die Produkte von der Muttergesellschaft zur Auslieferungen<br />
an den ausländischen Kunden. Zusätzlich kann die Muttergesellschaft ausländische<br />
Produktionsstandorte gründen, deren Produkte dann über die Verkaufsbüros<br />
weltweit vertrieben werden (vgl. Abb. 127, S. 213). Der Übergang zu selbständigen,<br />
mit allen betriebswirtschaftlichen Funktionen ausgestatteten Tochterunternehmen<br />
ist fließend.<br />
5.2 Währungskurse und Währungsrisiko<br />
5.2.1 Wechselkurse<br />
Viele Export- und Importgeschäfte werden nicht in der heimischen, sondern in<br />
der Auslandswährung fakturiert. Hierdurch liegt das gesamte Währungsrisiko<br />
beim inländischen Unternehmen.<br />
Für den inländischen Erlös aus dem Import- oder Exportgeschäft sind bei einer<br />
Fakturierung in der Auslandswährung der ausländische Produktpreis und der<br />
Wechselkurs maßgeblich. Wechselkurse ergeben sich, wenn man verschiedene<br />
Währungen gegeneinander tauscht. Sie stellen die Preise einer Währung, ausgedrückt<br />
in anderen Währungen dar. Wir bezeichnen mit GE a die ausländische<br />
Geldeinheit und mit GE i die inländische. Der Preis der Inlandswährung i in der<br />
Auslandswährung a ist gleich dem Wechselkurs r mit der Einheit [GE a /GE i ]. So<br />
hat der Preis des EURO in US-$ die Einheit [$/C]. Steigt der Preis der Inlandswährung<br />
i: r[GE a /GE i ]↑, so werden Warenimporte in das Inland billiger. Dadurch<br />
steigen die Importmengen. Die Einfuhr löst ein Angebot der Inlandswährung<br />
i auf dem Devisenmarkt aus. In einem Währungsmarktgleichgewicht entspricht<br />
die angebotene der nachgefragten Währungsmenge. Der dazugehörige<br />
129
Kurs heißt Gleichgewichtskurs r* (vgl. Abb. 83, S. 131). Weicht nun der tatsächliche<br />
Kurs vom Gleichgewichtskurs ab, dann entsteht ein Nachfrageüberhang<br />
(negative Kursabweichung r 1 in Abb. 83, S. 131) oder ein Angebotsüberhang<br />
(positive Kursabweichung r 2 in Abb. 83, S. 131) der Währung. In einem<br />
stabilen Markt bewirkt der Nachfrageüberhang eine Währungspreissteigerung.<br />
Hierdurch reduziert sich der Nachfrageüberschuß. Umgekehrt bewirkt der Angebotsüberhang<br />
eine Währungspreissenkung und einen zurückgehenden Angebotsüberschuß.<br />
Ein stabiler Markt bewegt sich hierdurch jeweils ins Gleichgewicht.<br />
Der flexible Wechselkurs bildet sich alleine durch Angebot und Nachfrage von<br />
Währungen ständig neu. Er kann sich durch das freie Spiel der Wettbewerbskräfte<br />
an den Devisenbörsen in ständig veränderliche Gleichgewichte bewegen<br />
(vgl. Abb. 83, S. 131). Mit der Zeitverschiebung wandert der Devisenmarkt<br />
um die Erde und bleibt ständig geöffnet (vgl. Abb. 82, unten).<br />
Börsenplatz Öffnungszeiten<br />
(New Yorker Zeit)<br />
New York 08:00-16:00<br />
San Francisco 11:00-19:00<br />
Sydney 18:00-02:00<br />
Singapur 20:30-04:30<br />
Frankfurt 04:00-12:00<br />
Abb. 82: Öffnungszeiten der Börsen<br />
Um die Kurse im Interesse des Außenhandels kurzfristig zu stabilisieren, greifen<br />
Zentralbanken durch Währungsverkäufe und -ankäufe ein. Zur langfristigen<br />
Stabilisierung stimmen sich Regierungen in der Wirtschafts-, Währungs- und<br />
Ordnungspolitik ab. Bei einem festen Wechselkurs geben Regierungen oder<br />
Zentralbanken die Tauschrate zwischen einer heimischen und einer ausländischen<br />
Währung durch dirigistischen Eingriff vor. Wird die heimische Währung<br />
durch den festen Wechselkurs relativ zum Gleichgewichtskurs eines freien<br />
Marktes überbewertet (Kurs r 2 in Abb. 83, S. 131), dann entsteht ein Angebotsüberhang<br />
an relativ teurer inländischer Währung. Durch die Überbewertung der<br />
heimischen Währung werden Importe vergleichsweise billig und Exporte teuer.<br />
Es kommt deshalb zu einer Steigerung der Importnachfrage und einer Verdrän-<br />
130
gung der eigenen Produktion. Außerdem entwickelt sich ein (Schwarz-)Markt,<br />
auf dem die heimische Währung zu einem Kurs, der unterhalb der legalen Rate<br />
liegt, gegen die Auslandswährung getauscht wird.<br />
r 2<br />
r*<br />
r 1<br />
Abb. 83: Währungsmarkt<br />
Liegt der feste Wechselkurs hingegen unter dem Gleichgewichtskurs eines freien<br />
Marktes (Kurs r 1 in Abb. 83, oben), dann wird hierdurch die heimische Währung<br />
unterbewertet. Es kommt zu einem Nachfrageüberhang der einheimischen<br />
Währung. Importe werden verteuert und Exporte verbilligt. Die Güterknappheit<br />
im Inland nimmt mit der Folge von Preissteigerungen zu. Der Vorteil fester<br />
Wechselkurse liegt in der Ausschaltung des Währungsrisikos. Sie sollten aber<br />
den Gleichgewichtskursen eines freien Markts entsprechen, um Fehlbewertungen<br />
der Währungen und nachteilige Folgen zu vermeiden.<br />
Das Währungsrisiko besitzt einen erheblichen Einfluß auf internationale <strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen.<br />
Es ist als Schwankung oder Streuung von Währungskursen<br />
objektiv meßbar. Ökonomisch wichtig ist die Bewertung dieser Schwankung.<br />
Diese ist subjektiv und individuell unterschiedlich (vgl. Abb. 84, S. 133). Um<br />
den Vorgang der Risikobewertung zu verstehen, versetzen wir uns in die subjektive<br />
Entscheidungssituation eines <strong>Vertrieb</strong>smanagers.<br />
131
Dieser besitzt ein Zielsystem, welches teils unternehmensbezogen teils privat ist.<br />
Die Ziele können klar und logisch aufeinander bezogen oder diffus und brüchig<br />
sein. In jedem Fall besitzt er für sein Handeln einen normativen Rahmen, der es<br />
ihm erlaubt, verschiedene Maßnahmen nach ihrer Güte zu bewerten.<br />
Wichtige Ziele sind zum einen die Kundenzufriedenheit und zum anderen<br />
der monetäre Gewinn, der aus einem Geschäft gezogen werden<br />
kann.<br />
Grundsätzlich kann der <strong>Vertrieb</strong>smanager aus einer großen Anzahl verschiedener<br />
absatzpolitischer Maßnahmen auswählen (Menge der Aktionen). Hierbei unterliegt<br />
er rechtlichen, technologischen, kulturellen und informatorischen Beschränkungen<br />
(Menge der Restriktionen), die seine Aktionsmenge stark reduzieren.<br />
So können die Rechnungen in der heimischen, der ausländischen oder<br />
einer dritten Währung fakturiert werden. Es kann zu einem Export- ein<br />
entsprechendes Importgeschäft aufgebaut oder ein Fremdwährungskredit<br />
aufgenommen werden.<br />
Zur Zeit der Entscheidungsfindung und im Zeitraum der Entscheidungswirksamkeit<br />
herrschen bestimmte Bedingungen des Marktes, des Wettbewerbs, des eigenen<br />
Unternehmens und des privaten Bereichs (Menge der Zustände), die das<br />
Ergebnis der Entscheidung beeinflussen.<br />
Bestandteil der Menge der Zustände sind auch verschiedene Währungskurse,<br />
die in der Gegenwart und zu jedem Zeitpunkt in der Zukunft herrschen<br />
können.<br />
Weder der momentane Zustand ist immer im einzelnen bekannt, noch sind es die<br />
zukünftigen Zustände. Der <strong>Vertrieb</strong>smanager ergreift nun, unter Beachtung der<br />
Restriktionen, die absatzpolitische Maßnahme, die seine Vorgaben bestmöglich<br />
erfüllt (Ergebnismaximierung). Hierbei muß er sich wegen der Zustandsabhängigkeit<br />
der Ergebnisse unter Bedingungen der Unsicherheit entscheiden.<br />
132
Zielmenge<br />
Aktionsmenge<br />
Restriktionsmenge<br />
Zustandsmenge<br />
Ergebnismenge<br />
<br />
<br />
VERKNÜPFUNG<br />
<br />
<br />
ENTSCHEIDUNG<br />
Wahrnehmung Verarbeitung Verhalten<br />
Abb. 84: Entscheidungsprozeß<br />
In einer Risikosituation ist der Zusammenhang zwischen den Maßnahmen und<br />
den Ergebnissen mehrdeutig. Die Durchführung einer Maßnahme kann verschiedene<br />
Ergebnisse zur Folge haben. Dies kann daran liegen, daß die Märkte objektiv<br />
unsicher sind oder es kann seinen Grund in der unvollkommenen Information<br />
über die Märkte haben. Auf jeden Fall kann der <strong>Vertrieb</strong>smanager in vielen Entscheidungssituationen<br />
die Ergebnisse seines Handelns nicht sicher voraussagen.<br />
Bestenfalls lassen sich die möglichen Ergebnisse eingrenzen und mit Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />
gewichten, aber auch dieses ist häufig nicht möglich.<br />
Wir sprechen von einer Ungewißheitssituation, wenn eine Aktion bei gleichen<br />
Restriktionen zu verschiedenen Ergebnissen führen, der <strong>Vertrieb</strong>smanager aber<br />
das Eintreten der Ergebnisse nicht mit Wahrscheinlichkeiten gewichten kann. Ist<br />
es hingegen möglich, subjektive Eintrittswahrscheinlichkeiten anzugeben, dann<br />
liegt eine Risikosituation vor.<br />
Zum Verständnis der praktischen Entscheidungsabläufe muß durchgängig von<br />
einem subjektiven Ansatz ausgegangen werden. Bei der Ziel-, Aktions- und Restriktionsmenge,<br />
dem Ergebnisspektrum und den zugeordneten Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />
handelt es sich um Größen, die durch das Wissen und die Erfahrung<br />
des <strong>Vertrieb</strong>smanagers, seiner emotionalen Aktivierung und kognitiven<br />
Disposition in der konkreten Entscheidungssituation bestimmt sind.<br />
Im allgemeinen sind Entscheidungsträger in der Wirtschaft risikoscheu. Dies<br />
bedeutet nicht, daß sie das wirtschaftliche Risiko vermeiden. Sie wollen sich lediglich<br />
die Übernahme von Risiko bezahlen lassen (vgl. Abb. 85, S. 134). Der<br />
Preis zur Übernahme von Risiko unterscheidet sich von Person zu Person und<br />
von Unternehmen zu Unternehmen. Generell gilt aber, daß mit wachsendem<br />
133
Vermögen der Übernahmepreis eines bestimmten Risikos abnimmt. Bei gleichem<br />
Vermögen steigt mit zunehmender Streuung der Ergebnisse der Übernahmepreis<br />
(Risikoprämie) an.<br />
Währungsrisiko<br />
risikoneutraler Entscheider<br />
Risikoprämie<br />
risikoscheuer Entscheider<br />
Abb. 85: Risikopräferenzen<br />
0<br />
Übernahmepreis<br />
von Risiko<br />
Die Konkursgefahr wächst, bis schließlich das Unternehmen weitere Risikosteigerungen<br />
ablehnt, gleich welcher Preis hierfür geboten wird, da die eigene Existenz<br />
erheblich bedroht scheint.<br />
• Kursrisiken bei Exporten in andere Währungsgebiete<br />
• Kursrisiken bei Importen aus anderen Währungsgebieten<br />
• mangelnde Erfahrung mit dem ausländischen Recht<br />
• Unsicherheiten mit der Verwaltungspraxis<br />
• Kommunikationsprobleme durch Fremdsprachendefizite<br />
• Mißverständnisse bei Kunden wegen kultureller Unterschiede<br />
• unbekannte Führungsprobleme beim Personal<br />
• Transportrisiken<br />
• zusätzliche Kapitalbindungen und finanzielle Risiken<br />
Abb. 86: Beispiele einiger Risikoarten durch Auslandsengagement<br />
134
Eine risikoneutrale Person und ein risikoneutrales Unternehmen orientieren sich<br />
lediglich an dem Erwartungswert der Ergebnisse. Die Streuung ist ihnen unwichtig.<br />
Viele Entscheidungen im Außenhandel finden unter Unsicherheit statt (vgl. Abb.<br />
86, S. 134).<br />
5.2.2 Kaufkraftparitäten<br />
Bei einer Exportware richtet sich der erzielbare Preis in inländischer Währung<br />
nach den Marktverhältnissen im Ausland und dem Wechselkurs. Deshalb sind<br />
neben Marktanalysen im Ausland auch langfristige Wechselkursprognosen für<br />
strategische <strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen von großer Bedeutung.<br />
Langfristige Wechselkurstrends spiegeln die Inflationsraten der Länder wieder.<br />
Diesen Zusammenhang erklärt die Theorie der Kaufkraftparitäten. Danach müssen<br />
bei vollkommener internationaler Konkurrenz, kostenloser Mobilität<br />
aller Güter und gleich effizienten Produktionsweisen in allen Ländern die<br />
Tauschraten zwischen jeweils zwei Gütern überall gleich sein. Währungen und<br />
Preisniveaus verändern nur den Nominal-, nicht aber den Realwert der Güter.<br />
Wechselkurse sorgen dafür, daß bei unterschiedlichen Preisniveauentwicklungen<br />
der Länder die Verhältnisse, zu denen Güter grenzübergreifend getauscht werden<br />
können, unverändert bleiben.<br />
Die Kaufkraftparitätentheorie kann nur teilweise überzeugen. Da in der Realität<br />
die Konkurrenz und die Produktivitäten in verschiedenen Regionen unterschiedlich<br />
groß sind, beim Gütertransport Kosten entstehen und die Informationsverteilung<br />
in den Märkten unvollkommen ist, kommt es zur Ausprägung unterschiedlicher<br />
nationaler Tauschraten zwischen den Gütern, so daß im internationalen<br />
Vergleich nicht nur Nominal-, sondern auch Realwerte voneinander abweichen.<br />
Diese Unterschiede können durch Wechselkurse nicht angeglichen<br />
werden. Wechselkurse werden darüber hinaus zumindest kurzfristig stärker durch<br />
spekulatives Verhalten in der Geldsphäre, Zinsdifferentiale zwischen den Län-<br />
135
dern, Konjunkturentwicklungen und politische Ereignisse (Streiks, Wahlergebnisse)<br />
beeinflußt als durch güterwirtschaftliche Vorgänge. Allerdings sind bei<br />
langfristigen Prognosen der Kursveränderungen inflationäre Entwicklungen der<br />
Länder wichtige Einflußgrößen. Es gibt letztlich keine empirisch überzeugende<br />
Theorie zur Währungskursprognose. Bei langfristigen Analysen und stark unterschiedlichen<br />
Inflationsentwicklungen besitzt die Kaufkraftparitätentheorie praktische<br />
Bedeutung (vgl. Abb. 127, S. 213).<br />
Beispiel zu Kaufkraftparitäten<br />
Ein Gut kostet im Inland 10 GE i und im Ausland 20 GE a . Die Produktions-<br />
und Wettbewerbsverhältnisse im Inland gleichen denen im Ausland.<br />
Im Zeitpunkt t tauscht das Gut im Inland gegen das gleiche Gut im<br />
Ausland im (Mengen-)Verhältnis 1:1, da der Wechselkurs die nominalen<br />
Preisunterschiede ausgleicht:<br />
it , tGE p r a at ,<br />
⋅ p<br />
GE i <br />
<br />
=<br />
r t : Wechselkurs in Periode t<br />
r t+1 : Wechselkurs in Periode t+1<br />
p i : Preis im Inland<br />
p a : Preis im Ausland<br />
bzw.<br />
f i : Inflationsrate im Inland<br />
f a : Inflationsrate im Ausland<br />
i GE 10[ GE ] 2 a a<br />
⋅ 20[ GE ]<br />
GE i <br />
<br />
=<br />
Der Wechselkurs r berechnet sich aus dem Verhältnis der Preise des<br />
Gutes in der Inlands- und der Auslandswährung:<br />
r t GEa <br />
<br />
GE i <br />
<br />
=<br />
20<br />
10<br />
GE a GE a<br />
<br />
GE i = <br />
2<br />
GE i <br />
<br />
Angenommen, im Inland herrscht eine Inflationsrate von 10%. Dadurch<br />
erhöht sich der inländische Preis des Gutes auf 11 GE i . Die Inflationsrate<br />
im Ausland beträgt 65%, so daß der Preis des Gutes im Ausland auf<br />
33 GE a steigt. Entsprechend der Theorie der Kaufkraftparitäten verän-<br />
136
dert sich der Wechselkurs so, daß wiederum das Gut im Inland gegen<br />
das gleiche Gut im Ausland im Verhältnis 1:1 tauscht. Der Wechselkurs<br />
verändert sich demnach von 2 auf 3:<br />
r t + 1<br />
GEa GE a<br />
<br />
GE i <br />
GE i ⋅<br />
<br />
= 20 1,65<br />
=<br />
10<br />
111 ,<br />
33<br />
11<br />
GE a GE a<br />
<br />
GE i <br />
<br />
= <br />
3<br />
GE i .<br />
<br />
Im Allgemeinen gilt, daß<br />
t + 1GE r<br />
a t GE<br />
r<br />
a f a<br />
<br />
GE i = <br />
<br />
GE i <br />
<br />
⋅<br />
f i<br />
bzw.<br />
r t + 1<br />
<br />
<br />
<br />
GEa<br />
GE i<br />
<br />
=<br />
<br />
p at ,<br />
p it ,<br />
f a<br />
⋅<br />
f i<br />
Die Theorie der Kaufkraftparitäten behauptet, daß die realen Tauschverhältnisse<br />
unabhängig von den verschiedenen Inflationsraten der Länder<br />
sind. Die Wechselkurse gleichen die Geldentwertungsdifferentiale aus.<br />
Sind Prognosewerte der Inflationsraten vorhanden, dann lassen sich auf<br />
der Grundlage der Kaufkraftparitätentheorie die Wechselkurse ebenfalls<br />
voraussagen.<br />
5.2.3 Backward Bending der Devisenangebotskurve<br />
Wechselkurse verändern sich manchmal nicht nach den gewohnten Gesetzmäßigkeiten,<br />
die man von Gütermärkten her kennt. Hierdurch werden internationale<br />
<strong>Vertrieb</strong>sentscheidungen erschwert. Das „Backward Bending“ dient als Erklärungsansatz<br />
für anormales Wechselkursverhalten (vgl. Abb. 87, S. 138). Es<br />
kann verschiedene Ursachen haben.<br />
137
Erhöht sich der Kurs r[GE a /GE i ]↑ bei gleichem Auslandspreis p a eines Gutes,<br />
dann werden Importprodukte im Inland billiger. Dadurch steigt die Nachfrage<br />
nach den Importprodukten im Inland. Um die Einfuhr in ausländischer Währung<br />
bezahlen zu können, wird Inlandswährung in Auslandswährung umgetauscht. Es<br />
kommt zu einem Angebot an Inlandswährung auf dem Devisenmarkt.<br />
Je nach Stärke der Importmengenzunahme als Reaktion auf die Kursänderung<br />
(Preiselastizität der Nachfrage) kann es zu einem wachsenden oder einem fallenden<br />
Angebot der Inlandswährung auf dem Devisenmarkt kommen. Wächst bei<br />
steigendem Kurs r[GE a /GE i ]↑ zunächst das Angebot an Inlandswährung, um<br />
dann mit weiter steigendem Kurs zu fallen, liegt ein „Backward Bending“ des<br />
Devisenangebots vor.<br />
Preis der<br />
Währung<br />
Abb. 87: Backward Bending<br />
Durch Backward Bending kann es zu instabilen Gleichgewichten im Devisenmarkt<br />
kommen: Ein Nachfrageüberhang erhöht den Währungspreis und das Ungleichgewicht<br />
nimmt weiter zu. Umgekehrt läßt ein Angebotsüberschuß den<br />
Kurs sinken und der Überschuß wächst weiter. Dieses annormale Kursverhalten<br />
erschwert die Prognose von Wechselkursveränderungen.<br />
Beispiel<br />
Der Preis einer Importware in Inlandswährung ist bei einem konstanten<br />
138
Auslandspreis eine Funktion des Wechselkurses:<br />
i a <br />
Produktpreis in Inlandswährung:<br />
GE<br />
p p<br />
i <br />
= ⋅ 1<br />
r <br />
GE a <br />
<br />
Ein niedriger Wechselkurs r bewirkt einen hohen Preis p i und damit eine<br />
geringe Importnachfrage x.<br />
Die Importnachfragefunktion zeigt den Zusammenhang zwischen dem<br />
Wechselkurs r und der nachgefragten Menge x eines Importgutes an<br />
(vgl. Abb. 88, S. 140). Der Import löst eine Nachfrage nach der Auslandswährung<br />
aus: p a ⋅x, um das Produkt mit dem Preis p a im Ausland<br />
bezahlen zu können. Entsprechend bietet der Importeur über das Bankensystem<br />
auf dem Devisenmarkt einen Betrag in der Inlandswährung<br />
an, der dem nachgefragten Auslandswährungsbetrag multipliziert mit<br />
dem Kurs entspricht:<br />
Angebot an Inlandswährung:<br />
a 1<br />
x ⋅ p ⋅<br />
r<br />
<br />
<br />
<br />
i<br />
GE<br />
a<br />
GE<br />
<br />
<br />
<br />
Bei einem konstanten Produktpreis p a hängt der Betrag der angebotenen<br />
Inlandswährung von der Importnachfrage x und dem Wechselkurs r ab.<br />
Wir können mithilfe der Importnachfragefunktion die Devisenangebotsfunktion<br />
herleiten. Abb. 88 und 89, Seite 140, stellen den Zusammenhang<br />
für eine lineare Importnachfragefunktion bei einem konstanten<br />
ausländischen Produktpreis p a dar. Das zu einer bestimmten Importmenge<br />
gehörende Devisenangebot gleicht der Fläche des jeweiligen<br />
Rechtecks: x ⋅ p i . Wir erkennen, daß die Devisenangebotsfunktion<br />
rückwärts geneigt verläuft, was zu anormalem Marktverhalten führt.<br />
139
Preis<br />
i<br />
p als<br />
Funktion<br />
von r<br />
r min<br />
Importnachfragefunktion<br />
r<br />
Angebot an<br />
Inlandswährung<br />
Importmenge x<br />
eines Gutes<br />
Angebot an<br />
Inlandswährung<br />
r min Abb. 89: Devisenangebot<br />
Abb. 88: Importnachfrage<br />
Die folgenden Kritikpunkte relativieren die Theorie des Backward Bending:<br />
• Die Produktions- und Verbrauchsverhaltensweisen von Unternehmen<br />
und Konsumenten verändern sich häufig nur langsam (Elastizität).<br />
Langfristige Kursveränderungen können mit ihrer Hilfe erklärt werden.<br />
Im kurzfristigen Bereich besitzt spekulatives Verhalten eine<br />
große Bedeutung: Reagieren Devisenanbieter auf eine Preissteigerung<br />
mit einem zurückhaltenden Angebot in der Hoffnung auf weitere<br />
Preiserhöhungen bzw. auf Preissenkungen mit einem steigenden<br />
Angebot aus Sorge vor einem weiteren Preisverfall, kommt es zum<br />
„Backward Bending“ mit der Folge kurzfristiger Kurssprünge.<br />
• Ursachen des Währungsangebots und der Währungsnachfrage sind<br />
nicht nur Handelsströme, sondern auch Direktinvestitionen in Realund<br />
Finanzkapital, die zur Erklärung der Wechselkursdynamik herangezogen<br />
werden müssen.<br />
5.2.4 Absicherung von Wechselkursrisiken<br />
Neben anderen Faktoren tragen Wechselkursrisiken dazu bei, daß die Einnahmeströme<br />
des Exporteurs oder die Ausgabenströme des Importeurs unsicher sind.<br />
140
Der Verkauf einer Ware ins Ausland zum Auslandspreis hat eine Forderung gegen<br />
den Kunden in Höhe des Verkaufspreises zur Folge. Diese Forderung lautet<br />
auf einen bestimmten festen ausländischen Geldbetrag. Die in der Zukunft liegende<br />
Einzahlung auf das Inlandskonto des Exporteurs erfolgt in der Inlandswährung<br />
und ist wegen des Wechselkursrisikos unsicher. Der Exporteur kann versuchen,<br />
dieses Risiko abzusichern. Hierzu baut er zu der Haben-Position (Forderung)<br />
in ausländischer Währung eine entsprechende Soll-Position (Verbindlichkeit)<br />
auf. Der Zahlungseingang dient dann zur Begleichung der Verbindlichkeit,<br />
ohne daß es zu einem Währungstausch kommt. Der Exporteur ist je nach Präferenz<br />
bereit, für die Absicherung eine Risikoprämie zu leisten (vgl. Abb. 85, S.<br />
134).<br />
Das Exportgeschäft kann mit einem entsprechenden Importgeschäft oder mit einem<br />
Fremdwährungskredit abgesichert werden. Handelt es sich bei der Verbindlichkeit<br />
um die Zahlungsschuld in Fremdwährung wegen eines Importgeschäfts,<br />
dann steht am Ende die Importware im Lager, während die Exportware unter<br />
Ausschluß jeglichen Währungsrisikos verkauft wurde. Mit den Verkaufserlösen<br />
können die Verbindlichkeiten in der Fremdwährung ausgeglichen werden.<br />
Beispielsweise empfiehlt es sich für Unternehmen, die schwerpunktmäßig<br />
in die USA exportieren, aus dem US-$ Gebiet auch einen großen<br />
Anteil der Vorprodukte zu beziehen, um das Währungsrisiko zu verringern.<br />
Bei der Aufnahme eines Fremdwährungskredites hingegen, kann der Kreditbetrag<br />
sofort in die Inlandswährung umgetauscht werden. Es kommt zu einem<br />
Zahlungseingang. Die Kreditverbindlichkeit wird mit der Liquidierung der Auslandsforderung<br />
getilgt und das Währungsrisiko hierbei vernichtet.<br />
Rechenbeispiel zu Fremdwährungskrediten<br />
141
Problem<br />
Ein Exporteur liefert Waren zu einem Inlandspreis von 90.000 EURO in<br />
die USA. Zur Zeit t 0 beträgt der Kurs 0,9 C/$ und der Verkaufspreis beträgt<br />
100.000 $. Der Exporteur fakturiert in US-$ und räumt dem Kunden<br />
ein 90-tägiges Zahlungsziel ein (t 1 ). Der Schuldzins für US-Kredite<br />
beträgt 9% p.a. oder 1 / 12 hiervon pro Monat.<br />
Der Exporteur versucht, das Währungsrisiko durch die Aufnahme eines<br />
Fremdwährungskredites zu beseitigen (Hedging). Die Bezahlung der<br />
Rechnung in US-$ soll für Zins und Tilgung des Fremdwährungskredites<br />
verwendet werden. Welchen Betrag B muß er hierzu aufnehmen?<br />
Lösungsweg<br />
Ergebnis<br />
i<br />
[ ] 1<br />
a<br />
⋅ 97.799,51[ GE ]<br />
90.000 GE<br />
B =<br />
=<br />
i<br />
GE 0,09<br />
0,9<br />
<br />
1+<br />
a 4<br />
<br />
GE <br />
Mit der Aufnahme von 97.799,51 $ im Zeitpunkt t 0 erhält der Exporteur<br />
eine EURO-Einzahlung in Höhe von 88.019,56 C:<br />
i<br />
GE <br />
a<br />
i<br />
[ ] 0,9<br />
88.019,56[ GE ]<br />
97 .799,51 GE ⋅ =<br />
.<br />
a<br />
<br />
GE <br />
Es entsteht hierdurch nach 90 Tagen eine Zins- und Tilgungsschuld in<br />
Höhe von 100.000 $, die mit der Bezahlung durch den amerikanischen<br />
Kunden ausgeglichen wird:<br />
a 0,09 <br />
a<br />
[ ] ⋅ 1<br />
+ 100.000[ GE ]<br />
97 .799,51 GE<br />
=<br />
4 <br />
Diese Einzahlung erfolgt sofort und ohne jedes Währungsrisiko. Die<br />
Differenz zwischen dem Preis in Inlandswährung und der Einzahlung<br />
142
aus dem Fremdwährungskredit entsteht durch den Zins des Kredites.<br />
Wir können die Differenz als Kurssicherungskosten interpretieren:<br />
i<br />
i<br />
i<br />
[ ] − 88.019,56[ GE ] 1.980,44[ GE ]<br />
90 .000 GE<br />
=<br />
C<br />
Es hängt von der Stärke der Risikoaversion des Exporteurs, von den aus subjektiver<br />
Sicht möglichen Kurszuständen, den zugeordneten subjektiven Wahrscheinlichkeiten<br />
und dem Verschuldungszins ab, ob der Exporteur die Kurssicherungsmaßnahme<br />
durchführt.<br />
5.2.5 Zahlungsbilanz<br />
Die aggregierten Wertbewegungen zwischen dem Inland und dem Ausland stellt<br />
man in einer Zahlungsbilanz dar. Es handelt sich hierbei um ein Kontensystem,<br />
das alle Gütertransaktionen, Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen inund<br />
ausländischen Subjekten in einer Periode erfaßt. Der Begriff der Bilanz ist<br />
hierbei irreführend, da man keine Bestands-, sondern Stromgrößen (Veränderungen,<br />
Bewegungen) darstellt.<br />
Die Zahlungsbilanz besteht aus Teilbilanzen:<br />
A. Leistungsbilanz<br />
• Handelsbilanz<br />
• Dienstleistungsbilanz<br />
• Übertragungsbilanz<br />
B. Kapitalbilanz<br />
• langfristiger Kapitalverkehr<br />
• kurzfristiger Kapitalverkehr<br />
C. Devisenbilanz der Zentralbank<br />
Da das Kontensystem gemäß des Grundsatzes der doppelten Buchführung mit<br />
Buchung und Gegenbuchung aufgebaut ist, muß die Zahlungsbilanz immer aus-<br />
143
geglichen sein. Bei einzelnen Teilbilanzen können aber Ungleichgewichte bestehen.<br />
Unter dem Außenbeitrag versteht man das Handels- und Dienstleistungsbilanzsaldo.<br />
Ein positiver Außenbeitrag weist auf ein Ungleichgewicht in der Güterbilanz<br />
(Waren und Dienstleistungen) hin: Die Exporte übertreffen die Importe. Bei<br />
einem negativen Außenbeitrag ist es umgekehrt. Bei Forderungen aus der Lieferung<br />
von Produkten und bei Direktinvestitionen liegt ein Kapitalexport vor. Hieraus<br />
entstehen Ansprüche an das Sozialprodukt des Auslandes.<br />
Ein negativer Außenbeitrag resultiert aus einem Importüberschuß von Gütern<br />
(Realtransaktionen), die in der Handels- und Dienstleistungsbilanz gebucht werden.<br />
Die Gegenbuchung erfolgt in der (kurzfristigen) Kapitalbilanz als Verbindlichkeit<br />
gegenüber dem Ausland. Man spricht hierbei von einem induzierten<br />
Nettokapitalexport.<br />
Der autonome Nettokapitalexport, wie er bei einem Überschuß an Direktinvestitionen<br />
vorliegt, stellt eine reine Finanztransaktion dar, die man in der (langfristigen)<br />
Kapitalbilanz verbucht. Die Gegenbuchung erfolgt in der Devisenbilanz.<br />
Wenn der Export- den Importwert übersteigt, dann entsteht ein positiver Außenbeitrag<br />
mit der Folge eines Nettostroms ausländischer Währung ins Inland<br />
(Nettokapitalimport). Hieraus resultiert ein Nachfrageüberschuß an inländischer<br />
Währung auf dem Weltmarkt mit der Folge einer Aufwertungstendenz der inländischen<br />
Währung.<br />
Eine Abwertungstendenz entsteht bei einem negativen Außenbeitrag oder einem<br />
Nettoabfluß von Investitionsmitteln (Nettokapitalexport).<br />
144
Ein Nettokapitalexport in Form von<br />
• Krediten an das Ausland,<br />
• Direktinvestitionen und<br />
• Entwicklungshilfe<br />
fördert bei einem positiven Außenbeitrag die Währungsstabilität.<br />
Die Devisenbilanz eines Landes, welches seine Währung frei „floaten“ läßt, ist<br />
stets ausgeglichen. Als Folge fester Wechselkurse treten Devisenbilanzungleichgewichte<br />
auf. Die folgenden Eckwerte markieren die Zahlungsbilanzentwicklung<br />
der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1950-1997:<br />
1. Steigender Anteil am Weltexport von 1950 bis 1973. (1970: 12,3%)<br />
2. Einbruch nach 1973 (8,0%)<br />
• Erdölpreis<br />
• Konkurrenz aus Ostasien (Schwellenländer)<br />
3. Zunehmende Exportabhängigkeit<br />
• Exportquote im Maschinenbau 1975 beträgt 47%<br />
4. Hohes Leistungsbilanzdefizit 1979-1981<br />
• Erdöl- und Erdgasrechnung seit 1970 um das 8,5-fache gestiegen<br />
• Globale Verluste von Marktanteilen<br />
5. Nach 1982 Konsolidierung der Leistungsbilanz<br />
• Sinkende Öleinfuhren<br />
• Starke Zunahme des Außenbeitrags<br />
• Überbewertung des US-$ bis 1985<br />
6. Durch globale Konjunktur nimmt der Export überproportional zu. Die deutsche<br />
Wirtschaft exportiert vorwiegend superiore Güter.<br />
7. Nach 1990 hohe Importnachfrage, Kapitaltransfer von West- nach Ostdeutschland,<br />
weniger deutsche Direktinvestitionen im Ausland.<br />
8. Wieder steigende Exportüberschüsse. Ein wachsender Nettokapitalexport fördert<br />
die „Standort Deutschland“ Debatte.<br />
Die Gefahren für den Export der Bundesrepublik liegen in den folgenden Entwicklungen:<br />
145
• Konzentration auf westliche Industrieländer<br />
• Vernachlässigung der dynamischen Schwellenländer<br />
• insbesondere wenig Aktivität in Fernost<br />
• nicht-tarifäre Handelsbarrieren<br />
• hohe Rohstoffabhängigkeit<br />
• nachlassende Innovationsleistung<br />
Mit dem Eingang der DM in den EURO ist die Gefahr einer kontinuierlichen<br />
Aufwertung der deutschen Währung für den Export gebannt.<br />
5.3 Grundordnung des internationalen Handels<br />
5.3.1 Internationale Kostenvorteile und effiziente Allokation<br />
Mit dem Theorem der komparativen Kostenvorteile (von D. Ricardo entwikkelt),<br />
versucht man, die globale Freihandelsordnung durch die wohlfahrtssteigernde<br />
Wirkung des Warenaustausches zwischen Ländern zu rechtfertigen. Nach<br />
der klassischen Fassung des Theorems konzentriert sich jedes Unternehmen auf<br />
den Export derjenigen Güter, die es gegenüber anderen Herstellern, die auf Auslandsmärkten<br />
präsent sind, mit relativ geringeren Opportunitätskosten erzeugen<br />
kann. In einem freien Marktmodell, angetrieben durch das Gewinnstreben<br />
der Unternehmen, die Maximierung des Nutzens der Konsumenten und den<br />
Wettbewerb setzt ein Strukturwandel ein, der zu einer Spezialisierung der<br />
Volkswirtschaften auf die Erzeugung weniger Produkte führt, die man im Inland<br />
verkauft und ins Ausland exportiert. Nicht selbst hergestellte Produkte werden<br />
von anderen, ebenfalls spezialisierten Ländern, importiert. Durch die internationale<br />
Arbeitsteilung und den Außenhandel wächst bei gleicher Ressourcennutzung<br />
die globale Produktivität und das globale Warenangebot.<br />
146
Produkt<br />
Nr. 2<br />
Ziel-Sortiment<br />
Internationale Tauschgerade<br />
Produktionsmöglichkeiten<br />
Spezialisierung auf<br />
Produkt Nr. 1<br />
Abb. 90: Ziel-Sortiment, Import und Export<br />
Produkt<br />
Nr. 1<br />
Abb. 90 veranschaulicht den Zusammenhang für zwei Güter (Nr. 1 und Nr. 2)<br />
und ein Unternehmen. Unterhalb der Produktionsmöglichkeitsgeraden liegen alle<br />
Outputkombinationen, die das Unternehmen mit bestehenden festen Ressourcen<br />
erzeugen kann. Die Gerade selber stellt die effizienten Produktionsmöglichkeiten<br />
dar. Die Steigung dieser Geraden verdeutlicht, auf welche Mengen des Produktes<br />
Nr. 2 zu verzichten wäre, wenn die Ausbringungsmenge des Produktes Nr. 1<br />
erhöht wird und umgekehrt. Die Steigung der internationalen Tauschgerade<br />
hängt von den Preisrelationen der beiden Güter ab. Wenn der Preis des Gutes Nr.<br />
1 hoch ist, dann kann man nach seinem Verkauf mit dem Erlös eine große Menge<br />
des Gutes Nr. 2 erwerben. Die Steigung gleicht deshalb dem Quotienten − p 1<br />
p<br />
.<br />
2<br />
Indem das Unternehmen sich auf die Fertigung von Gut Nr. 1 bei der Produktion<br />
spezialisiert und das Produkt Nr. 2 zukauft, kann es eine größere Stückzahl der<br />
Erzeugnisse an den Markt bringen, als wenn es beide Produkte selber herstellen<br />
würde.<br />
Beim Theorem des komparativen Kostenvorteils geht man von einer Vollauslastung<br />
aller Kapazitäten aus. Jedes Unternehmen muß sich bei zusätzlichen<br />
Mengen eines Outputgutes Nr. 1 bei einem oder mehreren anderen Outputgütern<br />
einschränken („Produktionsmöglichkeitsgerade“, vgl. Abb. 90, oben).<br />
147
Unter den komparativen Produktionskosten eines Stückes von Gut Nr. 1 versteht<br />
man demzufolge die Menge anderer Güter, auf die, wegen der Produktion eines<br />
Stückes von Gut Nr. 1, zu verzichten ist (Opportunitätskosten). Wenn diese<br />
Verzichtsmenge bei einem Unternehmen, welches die Produkte Nr. 1 und 2 herstellen<br />
kann, relativ zu einem anderen Unternehmen mit den gleichen Produktionsmöglichkeiten<br />
klein ist, dann sprechen wir von niedrigen komparativen Kosten,<br />
wenn die Verzichtsmenge bei einem Unternehmen relativ zu einem anderen<br />
Hersteller groß ist, sprechen wir von hohen komparativen Kosten. Auf diese<br />
Weise lassen sich für alle Güter aller Unternehmen komparative Kosten bestimmen.<br />
Interessant für den internationalen <strong>Vertrieb</strong> sind die Vergleiche zwischen<br />
inländischen und ausländischen Produzenten. Sind die komparativen Kosten des<br />
Gutes Nr. 1 bei den inländischen Unternehmen geringer als im Ausland, besitzt<br />
das Inland in der Produktion einen komparativen Vorteil: Es muß bei der Herstellung<br />
des Gutes Nr. 1 auf relativ wenig sonstige Güterproduktion verzichtet<br />
werden.<br />
Nach dem Theorem des komparativen Kostenvorteils ist die Spezialisierung und<br />
Aufnahme des Außenhandels lohnend, wenn die komparativen Kosten der Güter<br />
bei den Unternehmen zweier Länder unterschiedlich sind und dies auch bei Berücksichtigung<br />
von Transportkosten gilt. Beim Freihandel konzentrieren sich die<br />
Unternehmen in jedem Land auf die Produktion der Güter, die sie im Vergleich<br />
zum Ausland relativ billiger herstellen können, d.h. für die sie einen komparativen<br />
Vorteil besitzen. Die anderen Güter des Zielsortiments importieren sie.<br />
Durch Spezialisierung und Außenhandel steigen die Unternehmensgewinne, erhöht<br />
sich die Produktmenge, sinken die Preise und die allgemeine Wohlfahrt<br />
nimmt zu. Diese Effekte haben ihre Ursache in einer verbesserten globalen Ressourcenausnutzung.<br />
Sie gilt als zentrale Rechtfertigung des Freihandels. Problematisch<br />
ist aber die Wohlfahrtsaussage bei Währungsrisiken, natürlichen Monopolen<br />
und langsamen Realkapitalanpassungen.<br />
Mit Spezialisierungen verbinden sich auch Nachteile. Hoffnungen auf individuellen<br />
Wohlstand und Selbstverwirklichung sind häufig nicht mit einem durchgreifenden<br />
strukturellen Wandel vereinbar. Als Folge kommt es deshalb zu<br />
Streiks, sozialen Unruhen und politischem Gegendruck. Einschränkungen des<br />
148
freien Handels sind oft geeignete Mittel, um das gesellschaftliche Gleichgewicht<br />
zu erhalten. Um die Anzahl der Arbeitsplätze mittelfristig zu erhöhen, fördern<br />
Regierungen Exporte und behindern Importe („Beggar-Your-Neighbour-<br />
Policy“). Als temporäres Phänomen zur Verlangsamung eines sozial unverträglichen<br />
Strukturwandels können solche Maßnahmen gerechtfertigt sein. Auf Dauer<br />
sinkt hierdurch aber die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft, was sich<br />
langfristig negativ auf den nationalen Arbeitsmarkt auswirkt.<br />
Auch führt die Spezialisierung auf Unternehmens- und Länderebene zu einem<br />
erhöhten Risiko, da man zur Aufrechterhaltung eines breiten Sortiments von<br />
ausländischen Zulieferern abhängig ist. Aus Gründen der Risikostreuung empfiehlt<br />
sich deshalb ein breites Produktionsprogramm.<br />
Beispiel zum Theorem des komparativen Kostenvorteils<br />
Problem<br />
Im Inland produziert ein Unternehmen mit dem Kostenbudget K zwei<br />
verschiedene Motorentypen A und B. Die Produktionsmöglichkeiten bestehen<br />
aus 50 Motoren pro Tag vom Typ A, wenn alle vorhandenen<br />
Ressourcen hierfür verwendet werden, oder alternativ 100 Motoren vom<br />
Typ B. Es kann auch jede positive Linearkombination aus den beiden<br />
angegebenen Produktmengen hergestellt werden.<br />
Das Unternehmen besitzt eine Auslandstochter und produziert hier<br />
ebenfalls beide Produkte mit einem vergleichbaren Kostenbudget. Man<br />
kann bei der Auslandstochter maximal 50 Motoren vom Typ A oder alternativ<br />
50 Motoren vom Typ B oder jede positive Linearkombination<br />
aus den beiden angegebenen Produktmengen erzeugen.<br />
Im Inland [i] sind die Mengen q Ai und q Bi an Motoren auszuliefern und<br />
im Ausland [a]die Mengen q Aa und q Ba .<br />
149
1. Fall<br />
Der Marktpreis für A-Motoren beträgt 2000 Inlandsgeldeinheiten (GE i ),<br />
der für B-Motoren 800 GE i .<br />
2. Fall<br />
Der Marktpreis für A-Motoren beträgt jetzt 2100 GE i , der für B-<br />
Motoren 1400 GE i .<br />
Von allen Transportkosten und länderspezifischen Merkmalen wird abstrahiert.<br />
Im Inlands- und im Auslandsmarkt herrscht ein hoher Wettbewerb.<br />
Mutter- und Tochtergesellschaft tauschen zu Marktpreisen Motoren<br />
miteinander. Die Inlandswährung tauscht gegen die Auslandswährung<br />
im Verhältnis von 1:1.<br />
Auf der Grundlage der angegebenen Zahlen ist die Frage zu beantworten:<br />
Spezialisieren sich Mutter- und Tochterunternehmen?<br />
Lösungsweg<br />
Die Produktionsmöglichkeitsgeraden der Mutter- und der Tochtergesellschaften<br />
beschreiben die maximalen Produktmengen bei Auslastung<br />
aller verfügbaren Ressourcen (vgl. Abb. 91-94, S. 151). Die Kurven<br />
stellen dar, auf wieviele Stücke des Typs B zu verzichten wäre, wenn ein<br />
zusätzliches Stück vom Typ A produziert würde (Opportunitätskosten in<br />
der Produktion). In der inländischen Produktion muß man für einen A-<br />
Motor auf zwei und in der ausländischen Produktion nur auf einen B-<br />
Motor verzichten.<br />
Die internationalen Tauschgeraden beschreiben die Preisverhältnisse<br />
von A- und B-Motoren im 1. und im 2. Fall. Spezialisiert sich die Muttergesellschaft<br />
auf A-Motoren, dann muß sie zur Erfüllung der Lieferverpflichtungen<br />
die notwendigen B-Motoren importieren. Für den Preis<br />
150
eines A-Motors können 2½ B-Motoren im 1. Fall und 1½ B-Motoren im<br />
2. Fall beschafft werden.<br />
Abb. 91: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Muttergesellschaft<br />
(1. Fall), Skizze!<br />
Abb. 93: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Tochtergesellschaft<br />
(1. Fall), Skizze!<br />
Abb. 92: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Muttergesellschaft<br />
(2. Fall), Skizze!<br />
Abb. 94: Produktionsmöglichkeitskurve<br />
der Tochtergesellschaft<br />
(2. Fall), Skizze!<br />
Spezialisiert sich die Muttergesellschaft hingegen in ihrer Produktion<br />
auf B-Motoren und importiert A-Motoren, dann erhält sie für den Preis<br />
eines B-Motors 2 A-Motoren im 1. Fall und im 2. Fall 5 2 A-Motoren.<br />
3<br />
151
Wir fragen nun, ob es möglich ist, daß der internationale Konzern durch<br />
die Spezialisierung seiner beiden Gesellschaften und durch Im- und Export<br />
zur Deckung der jeweils fehlenden Stückzahlen sein Gesamtangebot<br />
erhöhen kann?<br />
Ergebnis<br />
Zur Erhöhung ihrer Angebotsmengen wollen sich im 1. Fall beide Gesellschaften<br />
auf den A-Motor spezialisieren und das jeweils fehlende<br />
Produkt vom Partner importieren. Dies ist nicht möglich. In unserem<br />
Zwei-Unternehmen-Beispiel kommt es im 1. Fall nicht zu einer Spezialisierung<br />
in der Produktion. Im 2. Fall sieht das Ergebnis anders aus.<br />
Hier spezialisiert sich die Muttergesellschaft auf den A-Motor und die<br />
Tochter auf den B-Motor. Die jeweils fehlenden Mengen tauscht man<br />
durch Im- und Export gegeneinander aus. Das Gesamtergebnis erhöht<br />
sich.<br />
C<br />
Veränderungen der Preise und Wechselkurse führen zu anderen Spezialisierungen.<br />
Da Variationen im Produktsortiment häufig mit hohen Investitionen und<br />
langen Bindungszeiten des Kapitals einhergehen, Wechselkurse aber kurzfristigen<br />
Änderungen unterworfen sind, kann sich die Produktions- und Importentscheidung<br />
nur an den langfristigen komparativen Kostentrends ausrichten.<br />
Tatsächlich werden deshalb Unternehmen und Volkswirtschaften zur Risikoverminderung<br />
immer ein relativ breites Produktionssortiment anstreben und die<br />
einseitige Abhängigkeit von Importprodukten verringern. Die praktische Bedeutung<br />
der komparativen Kosten tritt dementsprechend zurück.<br />
5.3.2 Die Ordnung des GATT<br />
Gesetzliche und vertragliche Regeln fördern den freien Welthandel, wenn sie<br />
Regierungswillkür und wettbewerbsschädigendes Verhalten von Unternehmen<br />
verringern. Für den internationalen <strong>Vertrieb</strong> sind gesetzliche Regelungen auf drei<br />
152
Ebenen relevant: Das Außenwirtschaftsgesetz und die Außenwirtschaftsverordnung<br />
regeln Auslandsgeschäfte, (1) soweit man sie in Deutschland vornimmt<br />
(Territorialprinzip) oder (2) sie deutsche Staatsbürger tätigen (Personalprinzip)<br />
oder (3) sie Auslandswerte und Gold betreffen (Güterprinzip). Die Grundlage für<br />
den Handel im Binnenmarkt bildet der Vertragstext der Europäischen Gemeinschaft<br />
in der aktuellen Fassung (Teil der Vertragstexte von Maastricht). Den internationalen<br />
Handelsverkehr außerhalb der EU ordnet insbesondere das GATT<br />
(General Agreement on Tarifs and Trade), bestehend aus einem Basisvertrag und<br />
einer Vielzahl von Vereinbarungen auf dieser Grundlage. Da Deutschland und<br />
alle anderen Länder der Europäischen Union zu den Unterzeichnerstaaten des<br />
GATT gehören, sind dessen Regeln in das nationale und europäische Recht eingearbeitet<br />
worden.<br />
Im Jahr 1947 vereinbarten 23 Länder das „Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen“<br />
(GATT). Es ist seit dem 1. 1. 1948 in Kraft. Das Vorhaben, gleichzeitig<br />
eine Internationale Handelsorganisation (ITO: International Trade Organisation)<br />
ins Leben zu rufen, scheiterte am Widerspruch der USA. Heute beteiligen<br />
sich über 124 Länder am GATT (vgl. Abb. 95, S. 154). Das Abkommen deckt ca.<br />
90% des Weltgüterhandels ab.<br />
Der GATT-Vertrag gliedert sich in vier Teile:<br />
1. Teil: Art. I, II: Meistbegünstigungsverpflichtung<br />
2. Teil: Art. III-XXIII: Verbot mengenmäßiger Beschränkungen<br />
3. Teil: Art. XXIV-XXXV: Erlaubnis zu Freihandelszonen<br />
4. Teil: Art. XXXVI-XXXVIII: Sonderregelungen für Entwicklungsländer<br />
153
Verhandlungen Jahr Beteiligte Länder<br />
Genf-Runde 1947 23<br />
Annecy-Runde 1949 33<br />
Torquay-Runde 1950 34<br />
Genf-Runde 1956 22<br />
Dillon-Runde 1960-1961 45<br />
Kennedy-Runde 1962-1967 48<br />
Tokyo-Runde 1973-1979 99<br />
Uruguay-Runde 1986-1995 124<br />
Abb. 95: GATT-Verhandlungsrunden<br />
Das Abkommen stellt folgende Grundsätze eines freien Welthandels auf:<br />
1. Keine Diskriminierung. Meistbegünstigung und Inländerbehandlung<br />
aller Vertragsländer. Keine nicht-tarifären Handelshemmnisse.<br />
2. Freihandel durch stetigen Zollabbau.<br />
3. Chancengleichheit der Unternehmen durch eine liberale Weltwirtschaftsordnung<br />
ohne staatlichen Interventionismus.<br />
4. GATT-Schiedsgerichtsbarkeit statt Handelskriege.<br />
Die Vorschriften des GATT können wir drei verschiedenen Ebenen zuordnen:<br />
• Gebote und Verbote zur Sicherung der Grundsätze<br />
• Präzisierung der Ge- und Verbote in Hinblick auf bestimmte Anwendungsgebiete<br />
• Bestimmungen über Ausnahmen von diesen Ge- und Verboten<br />
5.3.2.1 Grundsätze<br />
Artikel I, Absatz 1 GATT verpflichtet jedes Vertragsland zur Meistbegünstigung<br />
aller anderen Vertragsländer (vgl. Abb. 96, S. 155):<br />
154
„... alle Vorteile, Vergünstigungen, Vorrechte oder Befreiungen, die eine<br />
Vertragspartei für eine Ware gewährt, welche aus einem anderen Land<br />
stammt oder für dieses bestimmt ist, (werden) unverzüglich und bedingungslos<br />
für alle gleichartigen Waren gewährt, die aus den Gebieten der<br />
anderen Vertragsparteien stammen oder für diese bestimmt sind.“<br />
Abb. 96: Meistbegünstigung<br />
Die Meistbegünstigungsklausel des GATT besitzt verschiedene historische Vorbilder.<br />
Sie war in den 30er Jahren das Kernstück des neuen US-Handelsgesetzes.<br />
Abweichungen von der Meistbegünstigung können gemäß Artikel I, Absatz 2<br />
und Artikel XXIV, Absätze 4 bis 10 vorgesehen werden:<br />
• zugunsten von Entwicklungsländern,<br />
• bei Präferenzregelungen, die zur Zeit des Inkrafttretens des GATT<br />
bestanden (historische Präferenzsysteme, z.B. Commonwealth)<br />
• bei Zollunion und Zollgemeinschaft (z.B. EU, EFTA, NAFTA) oder<br />
• wenn alle WTO (World-Trade-Organisation)-Mitglieder zustimmen.<br />
Insbesondere müssen Zollzugeständnisse, die eine Partei einem anderen Land<br />
gewährt, allen Parteien zugute kommen. In den GATT-Runden vereinbarte man<br />
seit 1947 Listen, die für jedes einzelne Produkt Zollsätze aufführen, welche nicht<br />
überschritten werden dürfen. Die Listen werden regelmäßig um weitere Produkte<br />
ergänzt und die vereinbarten Zollsätze verringert.<br />
155
Ziel und Methode zur Absenkung der Zölle in Verhandlungsrunden legen die<br />
Artikel II, Absatz 1a und XXVIII, Absatz 1 (Auszüge) fest:<br />
„Jede Vertragspartei gewährt dem Handel der anderen Vertragsparteien<br />
eine nicht weniger günstige Behandlung, als in dem betreffenden Teil<br />
der entsprechenden Liste zu diesem Abkommen vorgesehen ist.<br />
Die Vertragsparteien erkennen an, daß Zölle den Handel oft erheblich<br />
behindern; von großer Bedeutung für die Ausweitung des internationalen<br />
Handels sind daher auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und zum<br />
gemeinsamen Nutzen geführte Verhandlungen, die eine wesentliche<br />
Herabsetzung des allgemeinen Niveaus der Zölle bezwecken. Die Vertragsparteien<br />
können daher von Zeit zu Zeit derartige Verhandlungen<br />
veranstalten.“<br />
Man hat in den vorherigen Verhandlungsrunden drastische Zollreduktionen erreicht.<br />
Es besteht aber nach wie vor das Problem der Zolleskalation: Rohstoffe<br />
besitzen einen geringen, fertige Produkte hingegen einen hohen Zollsatz. Dies<br />
begünstigt die Industrieländer. Sie öffnen ihre Märkte für Rohstoffe, die sie verarbeiten.<br />
Für fertige Produkte aus Entwicklungsländern, insbesondere für technisch<br />
aufwendige Erzeugnisse, bleiben aber die Märkte der reicheren Länder wegen<br />
relativ hoher Zölle unzugänglich.<br />
Der Zoll stellt ein tarifäres Handelshemmnis dar. Es gibt aber darüber hinaus eine<br />
Vielzahl von anderen Barrieren, die Länder offen oder versteckt einrichten, um<br />
die Konkurrenz aus dem Ausland abzuwehren und die inländischen Erzeugnisse<br />
hierdurch zu bevorzugen. Zu Beginn der Uruguay-Runde zählte man über 800<br />
verschiedene nicht-tarifäre Handelshemmnisse.<br />
Hierunter versteht man Maßnahmen, mit denen einzelne Länder eine zollähnliche<br />
Import-, seltener auch Exporterschwerung herbeiführen:<br />
Subventionen, Staatshandel, Regierungskäufe, Wettbewerbsbeschränkungen,<br />
Gebühren, Abgaben, Verbrauchssteuern, Verfahrensvorschrif-<br />
156
ten über Grenzabfertigungen der Importe, Konsularformalitäten, Zollwertbestimmungen,<br />
Zollformalitäten, Zolltarifierung, Industrie-, Gesundheits-,<br />
Sicherheitsnormen, aufwendige Qualitäts-, Sicherheits- und<br />
Gesundheitskontrollen bei der Einfuhr oder bereits bei der Verschiffung,<br />
Verpackung, Etikettierung, Ursprungsangaben, Mengenbeschränkungen,<br />
Importlizenzen, Embargos, Kontingente, Devisenkontrollen, Exporteinschränkungen<br />
u.a. .<br />
Gegen wichtige nicht-tarifäre Beschränkungen wenden sich die in Abb. 97 aufgeführten<br />
Vorschriften.<br />
Artikel<br />
III<br />
VI i.V.m. XVI<br />
VII<br />
VIII<br />
IX<br />
XI<br />
Inhalt<br />
gleiche Behandlung ausländischer und inländischer<br />
Unternehmen<br />
Verhinderung von Dumping und Subventionen<br />
Verbot willkürlicher Zollwertermittlungen<br />
angemessene Gebühren und Formalitäten bei der<br />
Ein- und Ausfuhr<br />
gleiche Kennzeichnungsvorschriften<br />
Verbot mengenmäßiger Beschränkungen<br />
Abb. 97: Regeln gegen wichtige nicht-tarifäre Beschränkungen<br />
Das Inländerprinzip des Artikel III, Absatz 1, 2 und 4 dehnt den Grundsatz der<br />
Nichtdiskriminierung auf das Verhältnis zwischen inländischen zu ausländischen<br />
Unternehmen aus, wonach (Auszug) ...<br />
„ ... innere Abgaben und sonstige Belastungen, Gesetze, Verordnungen<br />
und sonstige Vorschriften über den Verkauf, das Angebot, den Einkauf,<br />
die Beförderung, Verteilung oder Verwendung von Waren im Inland<br />
nicht derart angewendet werden sollen, daß die inländische Erzeugung<br />
geschützt wird. Waren, die aus dem Gebiet einer Vertragspartei in das<br />
einer anderen Vertragspartei eingeführt werden, dürfen weder direkt<br />
oder indirekt höheren inneren Abgaben oder sonstigen Belastungen un-<br />
157
terworfen werden als gleichartige inländische Waren. Waren, die aus<br />
dem Gebiet einer Vertragspartei in das Gebiet einer anderen Vertragspartei<br />
eingeführt werden, dürfen hinsichtlich aller Gesetze, Verordnungen<br />
und sonstigen Vorschriften über den Verkauf, das Angebot, den<br />
Einkauf, die Beförderung, Verteilung oder Verwendung im Inland keine<br />
weniger günstige Behandlung erfahren als gleichartige Waren inländischen<br />
Ursprungs.“<br />
Durch eine unterschiedliche Bestimmung des Zollwertes importierter Waren<br />
könnte man auch bei gleichen Zollsätzen einzelne exportierende Länder diskriminieren<br />
und damit gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoßen.<br />
Die Absätze 2a und b (Auszug) des Artikels VII legen deshalb fest, daß ...<br />
„ ... der Zollwert eingeführter Waren auf Grund des wirklichen Wertes<br />
der eingeführten Ware oder aufgrund des Wertes gleichartiger Waren,<br />
nicht aber auf Grund des Wertes von Waren inländischen Ursprungs<br />
oder auf Grund willkürlich angenommener oder fiktiver Werte ermittelt<br />
werden (soll). Der ‘wirkliche Wert’ einer Ware soll der Preis sein, zu<br />
dem diese oder eine gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr<br />
unter Bedingungen des freien Wettbewerbs in dem durch die Rechtsvorschriften<br />
des Einfuhrlandes bestimmten Zeitpunkt und Ort verkauft oder<br />
angeboten wird.“<br />
Durch Gebühren beim Import von Waren und übermäßige Formalitäten entstehen<br />
dem Importeur Kosten, die eine zollähnliche Wirkung besitzen und die<br />
Einfuhr behindern. Hierdurch diskriminiert man den ausländischen Anbieter und<br />
schützt die inländische Wirtschaft vor der internationalen Konkurrenz. Die Artikel<br />
VIII, Absatz 1a und IX, Absätze 1 und 2 verbieten ein solches Vorgehen:<br />
„Die von den Vertragsparteien anläßlich oder im Zusammenhang mit<br />
der Einfuhr oder Ausfuhr erhobenen Gebühren und Belastungen jeglicher<br />
Art (soweit es sich nicht um Einfuhr- und Ausfuhrzölle oder sonstige<br />
Abgaben im Sinne des Artikels III handelt) sind dem Betrag nach ungefähr<br />
auf die Kosten der erbrachten Dienstleistungen zu beschränken;<br />
158
sie dürfen weder einen mittelbaren Schutz für inländische Waren noch<br />
eine Besteuerung der Einfuhr oder Ausfuhr zur Erzielung von Einnahmen<br />
darstellen.<br />
Jede Vertragspartei gewährt den Waren aus den Gebieten anderer Vertragsparteien<br />
hinsichtlich der Vorschriften über die Kennzeichnung eine<br />
nicht weniger günstige Behandlung als gleichartigen Waren eines dritten<br />
Landes. Die Vertragsparteien erkennen an, daß bei dem Erlaß und der<br />
Anwendung von Gesetzen und sonstigen Vorschriften über Ursprungsbezeichnungen<br />
die Schwierigkeiten und Behinderungen, die durch solche<br />
Maßnahmen für den Handel und die Produktion der Ausfuhrländer<br />
entstehen können, auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden sollen; dabei<br />
ist die Notwendigkeit, den Verbraucher vor mißbräuchlich verwendeten<br />
oder irreführenden Bezeichnungen zu schützen, gebührend zu berücksichtigen.“<br />
Mithilfe von Ursprungsregeln privilegieren Länder solche Importwaren, die aus<br />
Komponenten mit einem hohen inländischen Wertschöpfungsanteil bestehen. Bei<br />
ihrer Einfuhr werden sie vom Zoll befreit (Zollpräferenz) oder fallen nicht unter<br />
vereinbarte (freiwillige) Importquoten. Von den Ursprungsregeln geht ein starker<br />
Anreiz zur Verwendung inländischer Komponenten aus.<br />
Einen massiven Eingriff in den freien Welthandel stellen mengenmäßige Beschränkungen<br />
dar (Kontingente). Sie werden durch Artikel XI, Absatz 1 grundsätzlich<br />
verboten:<br />
„Außer Zöllen, Abgaben und sonstigen Belastungen darf eine Vertragspartei<br />
bei der Einfuhr einer Ware aus dem Gebiet einer anderen Vertragspartei<br />
oder bei der Ausfuhr einer Ware oder ihrem Verkauf zwecks<br />
Ausfuhr in das Gebiet einer anderen Vertragspartei Verbote und Beschränkungen,<br />
sei es in Form von Kontingenten, Einfuhr- und Ausfuhrbewilligungen<br />
oder in Form von anderen Maßnahmen, weder erlassen<br />
noch beibehalten.“<br />
159
Durch ihre Vielfalt können nicht-tarifäre Handelshemmnisse nur sehr schwer<br />
zum Gegenstand der internationalen Kontrolle gemacht werden. Auch fällt die<br />
Abgrenzung von akzeptierten Unterschieden zwischen den Ländern zu nicht<br />
mehr tollerierbaren handelsverzerrenden Regeln schwer. Im Bemühen um die<br />
Verringerung der nicht-tarifären Handelshemmnisse versucht man zunächst, sie<br />
in einen Zoll umzuwandeln, der dann transparent und international vergleichbar<br />
ist und zum Gegenstand einer Reduzierung gemacht werden kann.<br />
Die stetige Senkung der Zollbarrieren und die Eindämmung nicht-tarifärer Handelshemmnisse<br />
verringern den staatlichen Interventionismus und erhöhen die<br />
marktwirtschaftliche Chancengleichheit der Unternehmen. Sie schaffen damit<br />
wichtige Voraussetzungen für eine liberale Welthandelsordnung, in der sich<br />
die aus der Theorie komparativer Kostenvorteile abgeleiteten Wohlfahrtseffekte<br />
global einstellen sollen. Nun können Staaten ihre Volkswirtschaft aber<br />
nicht nur durch Hemmung von Importen begünstigen. Aus allen Ländern kennen<br />
wir das Instrument der Subventionen, mit denen Staaten in das Wirtschaftsgeschehen<br />
eingreifen. Unter dem Begriff der Subventionen verstehen wir staatliche<br />
Zuwendungen, Bevorteilungen oder Vergünstigungen durch finanzielle Zuschüsse,<br />
Zinserleichterungen, Abnahmegarantien, Übernahme von Bürgschaften, steuerliche<br />
Vorteile und vieles mehr.<br />
Die Subventionierung kann einerseits bei der inländischen Erzeugung ansetzen,<br />
andererseits für den Export der industriellen Leistung erfolgen. Die Produktionssubvention<br />
verbilligt die inländische Ware und hat für die Importware den relativen<br />
Effekt eines Zolls. Hierdurch verbessern sich die <strong>Vertrieb</strong>schancen im Inland.<br />
Exportierte Ware wird ebenfalls billiger, wodurch sich die Chancen in den<br />
Auslandsmärkten zulasten der dort heimischen Wettbewerber erhöhen. Wir folgern,<br />
daß die Produktionssubvention im In- und Ausland einen symmetrischen<br />
Anreiz zur Absatzsteigerung zu Lasten ausländischer Wettbewerber verursacht.<br />
Produktionssubventionen werden zur Unterstützung von Forschungsvorhaben,<br />
Umsetzung von Ökologieprogrammen und als strukturpolitische Maßnahmen im<br />
Industriebereich eingesetzt.<br />
160
Anders liegen die Verhältnisse bei Ausfuhrsubventionen. Hierdurch erhalten<br />
Hersteller einen besonderen asymmetrischen Exportanreiz. Während im Inland<br />
die Wettbewerbsverhältnisse unverändert bleiben, erhöhen sich die Wettbewerbschancen<br />
im Ausland. Die <strong>Vertrieb</strong>saktivitäten lenkt man gezielt in andere<br />
Länder, wodurch die Beeinträchtigung des internationalen Handels größer als bei<br />
der Produktionssubvention ist. Beispiele für Exportsubventionen gibt es im<br />
Schiffsbau, bei Industrieanlagen und Kraftwerken und dem Export von Eisenbahnen<br />
und Flugzeugen.<br />
Das GATT verbietet Subventionen keinesfalls, sondern fordert in Artikel XVI,<br />
Absatz 1 die Benachrichtigung der Vertragsparteien über Ausmaß, Art, Folgewirkungen<br />
und Notwendigkeit der Maßnahme. Absatz 2, 3 und 4 (Auszüge) nennen<br />
die grundsätzliche Position des GATT:<br />
„Die Vertragsparteien erkennen an, daß die Gewährung einer Subvention<br />
bei der Ausfuhr einer Ware durch eine Vertragspartei für andere einführende<br />
oder ausführende Vertragsparteien nachteilige Auswirkungen<br />
haben, unbillige Störungen ihrer normalen Handelsinteressen hervorrufen<br />
und die Erreichung der Ziele dieses Abkommens behindern kann.<br />
Die Vertragsparteien sollen daher bestrebt sein, die Gewährung von<br />
Subventionen bei der Ausfuhr von Grundstoffen zu vermeiden. Ferner<br />
werden die Vertragsparteien bei der Ausfuhr von anderen Waren als<br />
Grundstoffen weder mittelbar noch unmittelbar Subventionen gleich<br />
welcher Art, gewähren, die den Verkauf dieser Waren zwecks Ausfuhr<br />
zu einem Preis ermöglichen, der unter dem vergleichbaren Inlandspreis<br />
einer gleichartigen Ware liegt.<br />
Artikel VI, Absatz 3 gestattet als Gegenmaßnahme einen Ausgleichszoll, der in<br />
seiner Höhe begrenzt ist:<br />
Für eine Ware aus dem Gebiet einer Vertragspartei, die in das Gebiet einer<br />
anderen Vertragspartei eingeführt wird, darf kein Ausgleichszoll erhoben<br />
werden, der den geschätzten Betrag der Prämie oder Subvention<br />
161
übersteigt, von der festgestellt worden ist, daß sie im Ursprungs- oder<br />
Ausfuhrland mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, Gewinnung<br />
oder Ausfuhr dieser Ware gewährt wird, einschließlich jeder besonderen,<br />
für die Beförderung einer bestimmten Ware gewährten Subvention.<br />
Artikel VI behandelt hauptsächlich das Problem des Dumpings (vgl. Abb. 98, S.<br />
163). Hierunter verstehen wir eine unlautere Form der Preisdifferenzierung.<br />
Wenn ein inländisches Unternehmen seine Produktionskapazitäten nicht vollständig<br />
auslastet, dann könnte es den Verkaufspreis im Inland absenken, um so<br />
den Absatz zu steigern. Diese Vorgehensweise zerrüttet aber das Preisgefüge im<br />
Heimatmarkt, was langfristig zum Nachteil des Unternehmens ausfällt. Aus einzelwirtschaftlicher<br />
Sicht wäre es günstiger, einen überseeischen Markt zu finden,<br />
von dem Reimporte in den Binnenmarkt entweder wegen großer Informationsbarrieren<br />
oder hoher Transportkosten unwahrscheinlich sind. Man exportiert das<br />
Produkt zu Preisen, die weit unter denen im Heimatmarkt liegen, mit denen sich<br />
aber noch ein positiver Deckungsbeitrag erwirtschaften läßt. Wegen des niedrigen<br />
Preises kann der Exporteur ohne etablierte Kundenbeziehungen große Mengen<br />
im Ausland absetzen. Er fährt hierdurch zusätzliche Deckungsbeiträge ein,<br />
steigert seinen Gewinn, schützt das inländische Preisniveau, zerstört aber nachhaltig<br />
das Preisgefüge im Ausland.<br />
Sprach-, Kultur-, Rechts- und Informationsgrenzen zwischen dem Heimat- und<br />
dem Überseemarkt sind wichtige Voraussetzungen, um Reimporte zu verhindern.<br />
Im Gegensatz zu staatlichen Subventionen ist Dumping Ausdruck des marktwirtschaftlichen<br />
Wettbewerbsverhaltens von Unternehmen. Wegen des angerichteten<br />
Schadens gilt Dumping national und international als ethisch problematisches<br />
Verhalten und wird durch die Rechtsordnung beschränkt.<br />
162
Abb. 98: Dumping<br />
Die Absätze 1 und 2 (Auszug) des Artikels VI des GATT-Vertrages verurteilen<br />
Dumping und erlauben Gegenmaßnahmen,<br />
„ ...wenn es eine bedeutsame Schädigung eines im Gebiet einer Vertragspartei<br />
bestehenden Wirtschaftszweiges verursacht oder zu verursachen<br />
droht oder wenn es die Errichtung eines inländischen Wirtschaftszweiges<br />
erheblich verzögert. Um ein Dumping unwirksam zu machen<br />
oder zu verhindern, kann eine Vertragspartei für jede Ware, die Gegenstand<br />
eines Dumpings ist, einen Antidumpingzoll bis zur Höhe der<br />
Dumpingspanne erheben.“<br />
Zölle stehen zwar im Widerspruch zu einem freien Welthandel, können aber<br />
wohlfahrtssteigernde Wirkungen besitzen, wenn sich der Außenhandel in einem<br />
starken Ungleichgewicht befindet und eine Erholung nicht absehbar ist. Sie sind<br />
ein wichtiges Instrumentarium zum zeitlich befristeten Schutz einer Volkswirtschaft<br />
vor einem temporär übermäßigen Einfuhrdruck. Dieses erkennt das GATT<br />
explizit durch den Artikel XIX (Schutzklausel) an:<br />
163
„Wird infolge unvorhergesehener Entwicklung und der Auswirkungen<br />
der von einer Vertragspartei auf Grund dieses Abkommens eingegangenen<br />
Verpflichtungen, einschließlich der Zollzugeständnisse, eine Ware<br />
in das Gebiet dieser Vertragspartei in derart erhöhten Mengen und unter<br />
derartigen Bedingungen eingeführt, daß dadurch den inländischen Erzeugern<br />
gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Waren in diesem<br />
Gebiet ein ernsthafter Schaden zugefügt wird oder zugefügt zu werden<br />
droht, so steht es dieser Vertragspartei frei, ihre hinsichtlich einer solchen<br />
Ware übernommenen Verpflichtungen ganz oder teilweise aufzuheben<br />
oder das betreffende Zugeständnis zurückzunehmen oder abzuändern,<br />
soweit und solange dies zur Verhütung oder Behebung des Schadens<br />
erforderlich ist.“<br />
Diese Regelung erlaubt die einseitige Aufhebung von (Zoll-) Konzessionen und<br />
Verpflichtungen gegenüber allen Handelspartnern zur Abwendung von Schäden<br />
an der inländischen Erzeugung. Allerdings darf die Abwehrmaßnahme nicht gegen<br />
einzelne Länder oder gar Unternehmen selektiv eingesetzt werden, obwohl<br />
es häufig nur einzelne Produzenten sind, die eine besondere Gefährdung darstellen.<br />
Das Fehlen einer selektiven Vorgehensmöglichkeit führte im Laufe der Zeit dazu,<br />
daß die Mitgliedsländer sich, im Grauzonenbereich des Artikel XIX, immer<br />
stärker des Instruments der „freiwilligen“ Exportselbstbeschränkungen<br />
bedienten. Das Exportland wird dabei unter, oftmals latenter, Androhung von<br />
Vergeltungsmaßnahmen gezwungen, seinen Unternehmen Kontingente für die<br />
Ausfuhr aufzuerlegen. Während zu Beginn der Uruguay-Runde im September<br />
1986 weltweit erst 99 Selbstbeschränkungsabkommen (ohne Welttextilabkommen)<br />
bestanden, waren im Verlauf der Verhandlungen im Mai 1988 bereits 261<br />
Absprachen bekannt. Die am stärksten geschützten Märkte waren dabei der europäische<br />
(138) und der amerikanische (62). Die Abkommen richteten sich vor allem<br />
gegen die exportstarken Japaner (28) und die wirtschaftlich aufstrebenden<br />
Koreaner (25).<br />
164
Zu jedem genannten Gebot oder Verbot kennt das GATT Ausführungs- und<br />
Ausnahmevorschriften, die teils in den Artikeln des Grundvertrages selbst enthalten<br />
sind, teils aber als eigene Vertragswerke in den einzelnen GATT-Runden<br />
vereinbart, geändert und durch neue Ausführungsverträge ersetzt wurden. Die<br />
Schwierigkeiten bei der praktischen Ausführung und die zahlreichen Ausnahmeregelungen<br />
gefährden die faktische Durchsetzbarkeit der GATT-Grundsätze.<br />
5.3.2.2 Die Uruguay-Runde<br />
Die Uruguay-Runde als bislang letzte GATT-Großveranstaltung begann am 20.<br />
September 1986 in Punta des Este. Sie sollte vier Jahre dauern, kam aber erst<br />
Ende 1995 zum Abschluß. Es wurden Arbeitsgruppen zu den folgenden zentralen<br />
Diskussionsfeldern gebildet, die den hauptsächlichen Einigungs- und Handlungsbedarf<br />
verdeutlichen:<br />
1. Zölle<br />
2. nicht-tarifäre Maßnahmen<br />
3. Rohstoffe<br />
4. Textilien und Bekleidung<br />
5. Agrarhandel<br />
6. Tropische Produkte<br />
7. GATT-Artikel<br />
8. Kodizes und sonstige Vereinbarungen der Tokio-Runde<br />
9. Schutzklausel<br />
10. Subventionen und Ausgleichszölle<br />
11. Handelsrelevante Aspekte geistigen Eigentums einschließlich Handel<br />
mit nachgeahmten Waren<br />
12. Handelsrelevante Investitionsmaßnahmen<br />
13. Streitschlichtung<br />
14. Funktionieren des GATT-Systems<br />
Die Staaten der Europäischen Union wurden bei den Verhandlungen durch die<br />
Kommission vertreten. Die Schlußakte vom 15. Dezember 1993 enthielt 16 für<br />
alle GATT-Mitglieder verbindliche Abkommen, sowie vier nur von Teilgruppen<br />
der Mitglieder vereinbarte Verträge, sieben Interpretationsvereinbarungen zu<br />
spezifischen Artikeln des GATT-Abkommens und zahlreiche Entscheidungen<br />
165
und Erklärungen der Minister zur Durchführung einzelner Verhandlungsvereinbarungen.<br />
Herausragendes Ereignis war die Gründung der Welthandelsorganisation<br />
WTO mit der Ministerkonferenz (Delegierte der Mitgliedsländer) als<br />
oberstes Organ. Die Ministerkonferenz tritt mindestens einmal alle zwei Jahre<br />
zusammen und kann in Übereinstimmung mit dem Entscheidungsverfahren und<br />
den Verträgen in allen multilateralen Fragen Beschlüsse fassen. Nichtmitglieder<br />
sind derzeit VR China, Taiwan und die Staaten der ehemaligen UDSSR. Die<br />
Länder Polen, Rumänien, Slowakien, Tschechien und Ungarn genießen als<br />
Transformationsländer einen besonderen Status.<br />
Die Uruguay-Runde schloß mit den folgenden Ergebnissen ab:<br />
• Für Industriegüter konnte der Zoll im Durchschnitt um ein Drittel gesenkt<br />
werden. Zölle im Stahlbereich sollen nach einer 10-jährigen<br />
Übergangsfrist ganz verschwinden. Damit liegt die arithmetische<br />
Durchschnittszollbelastung der Industrienationen nur noch bei 4%.<br />
• Dienstleistungen wurden in die WTO durch ein eigenes Abkommen<br />
GATS, welches die Grundsätze des GATT übernimmt, integriert.<br />
• Der Schutz des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen) wurde<br />
deutlich verbessert. Hierzu zählt man technische Erfindungen, Patente,<br />
Muster und Modelle, Farbkombinationen, Urheberrechte, Warenzeichen,<br />
Herkunftsbezeichnungen, Industriedesign, Halbleiter,<br />
integrierte Schaltkreise, Marken sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.<br />
Die bisherige Kompetenz für den Schutz des geistigen Eigentums<br />
lag bei der „World Intellectual Property Organisation“<br />
(WIPO), einer Sonderorganisation der UNO, sowie bei der auf Nord-<br />
Süd Probleme konzentrierten UN Conference on Trade and Development<br />
(UNCTAD), blieb aber uneffektiv.<br />
• Verbesserte Regelungen zur Subventions- und Antidumpingproblematik.<br />
• Eindämmung der Subventions- und Abschirmungspraxis im Textilund<br />
Agrarbereich.<br />
• Verbesserung des Streitschlichtungsverfahrens.<br />
166
Der Handel ist häufig erheblichen Differenzen zwischen Ländern ausgesetzt.<br />
Man versuchte, den Streitschlichtungsmechanismus nach Artikel XXII effizient<br />
und wirkungsvoll zu gestalten. Bei einem Konflikt zwischen den Vertragsparteien<br />
sollen die folgenden Schritte eingehalten werden:<br />
1. Zunächst sollen die betroffenen Parteien durch Konsultationen den<br />
Konflikt beilegen.<br />
2. Führt dies nicht zum Erfolg, dann soll das Schiedsgericht (Panel) der<br />
WTO, bestehend aus drei Personen einberufen werden. Dieses hat<br />
nach spätestens 6 Monaten zu einer Entscheidung zu kommen.<br />
3. Die Entscheidung ist dem Streitschlichtungsorgan, einer Arbeitsgruppe<br />
des Allgemeinen Rates der WTO, vorzulegen.<br />
4. Der Panelentscheid gilt als angenommen, wenn das Streitschlichtungsorgan<br />
ihn nicht einstimmig ablehnt und kein Rekurs eingelegt<br />
wird.<br />
5. Die Rekursinstanz besteht aus 7 Mitgliedern und kann den Panelentscheid<br />
einstimmig ablehnen.<br />
6. Nimmt der Schädiger den gültigen Panelentscheid nicht an, dann besitzt<br />
der Geschädigte die Erlaubnis zu Vergeltungsmaßnahmen.<br />
Es kann aber vermutet werden, daß die gesamte Streitschlichtungsprozedur für<br />
die Abwehr handelsbehindernder Maßnahmen zu langwierig ist, so daß in der<br />
Praxis der Schaden unwiderruflich eingetreten ist, bevor das Verfahren zum Abschluß<br />
gelangt.<br />
Den Wohlfahrtsgewinn der Liberalisierungsmaßnahmen, wie sie in der Uruguay-Verhandlungsrunde<br />
beschlossen wurden, schätzt die OECD auf 270 Mrd.<br />
US-$ weltweit.<br />
167
5.4 Aufgaben<br />
1. Aufgabe<br />
Die „Erdölkrise“ veränderte den Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Stellen Sie die Zusammenhänge für den Zeitraum 1973 bis 1885 systematisch<br />
dar.<br />
2. Aufgabe<br />
Benennen Sie sechs Formen des Auslandsengagements von Unternehmen und<br />
begründen Sie den damit verbundenen Kapital- und Managementexport.<br />
3. Aufgabe<br />
Zeichnen Sie den $-Währungsmarkt mit normalem Angebots- und Nachfrageverhalten<br />
als Funktionen des EURO-Preises. Kennzeichnen Sie das Währungsgleichgewicht.<br />
4. Aufgabe<br />
Was sind stabile Gleichgewichte?<br />
5. Aufgabe<br />
Wie wirkt sich ein steigender EURO-Preis des Dollars auf den Güterhandel zwischen<br />
Deutschland und USA aus?<br />
6. Aufgabe<br />
„Feste Wechselkurse führen zu Schwarzmärkten!“ Begründen Sie diese Behauptung.<br />
7. Aufgabe<br />
Zeichnen Sie ein Diagramm mit einer $-Angebotsfunktion und einer $-<br />
Nachfragefunktion mit stabilen und instabilen Gleichgewichten (backward bending).<br />
8. Aufgabe<br />
Erläutern Sie die Begriffe „risikoneutral“, „risikoscheu“ und „Risikoprämie“.<br />
9. Aufgabe<br />
Der Wechselkurs „Inlandswährung zu Auslandswährung“ beträgt derzeit 2. Die<br />
inländische Inflationsrate wird für das nächste Jahr mit 10% prognostiziert und<br />
die ausländische mit 5%. Wie verändert sich der Wechselkurs im nächsten Jahr,<br />
wenn wir die Kaufkraftparitätentheorie zugrunde legen?<br />
168
10. Aufgabe<br />
Sie liefern Waren im Wert von 150.000 DM in die USA. Zur Zeit t 0 beträgt der<br />
Kurs 1,5 DM/$. Sie fakturieren in $ und räumen ein 90tägiges Zahlungsziel ein<br />
(t 1 ). Der Schuldzins für US-Kredite beträgt 9% p.a., der Anlagezins in Deutschland<br />
7% p.a. oder 1/12 hiervon pro Monat.<br />
Berechnen Sie den Betrag des Fremdwährungskredits, den Sie aufnehmen müssen,<br />
um das Währungsrisiko vollständig zu hedgen (zu vernichten).<br />
12. Aufgabe<br />
Was ist die Aussage der Meistbegünstigungsklausel?<br />
13. Aufgabe<br />
Was ist „Dumping“ theoretisch? Zeigen Sie Zusammenhang zwischen Gewinnmaximierung<br />
und Dumping. Erläutern Sie dieses unter Zuhilfenahme eines Preis-<br />
Mengen Diagramms mit einer linearen Gesamtkostenfunktion.<br />
14. Aufgabe<br />
Welche haupsächliche Maßnahme sieht das GATT zur Abwehr von Dumping<br />
vor?<br />
15. Aufgabe<br />
Die Zielsetzung des GATT in seiner ursprünglichen Idee ist der Freihandel. Es<br />
wird behauptet, daß auch Länder mit geringeren Produktivitäten als andere am<br />
Welthandel teilhaben können. Grundlage dieser These ist das Konzept der komparativen<br />
Kosten. Definieren Sie den Begriff der komparative Kosten (in Worten,<br />
kein Diagramm, keine Zahlen).<br />
18. Aufgabe<br />
Zeigen Sie die Bedeutung der komparativen Kosten für die Spezialisierung zweier<br />
Länder an zwei Diagrammen mit Produktionsmöglichkeitskurven, Tauschgeraden<br />
und Erläuterungen.<br />
19. Aufgabe<br />
Erläutern Sie den Begriff der „nicht-tarifären Handelshemmnisse“.<br />
169
5.5 Literaturempfehlungen<br />
O.V.,<br />
BAMBERG, G., COENENBERG, A.G., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre,<br />
9. Aufl. 1996, S. 89-90.<br />
BENEDEK, W., Die Welthandelsorganisation (WTO), Struktur, Organe und Internationale<br />
Stellung, in: Handbuch der Internationalen Zusammenarbeit;<br />
Sonderorganisationen, IAEA und GATT, III A 85, Nr. 02, 1994, S.<br />
1-17.<br />
BERG, H., PETERS, E.-K., Antidumping: Instrumente der EG-Industriepolitik?,<br />
in: Frenkel, M., Bender, D. [Hrsg.], GATT und neue Welthandelsordnung,<br />
1996, S. 91-120.<br />
HAILBRONNER, K., BIERWAGEN, R.M., „Neue“ Formen“ des Dumping und<br />
ihre Regelung im Außenwirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaften,<br />
in: Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), Betriebs-<br />
Berater International, 34. Jg. (1988), Heft 9, S. 705-715 [S. 705-711].<br />
HANTKE, W., Grundlagen des Außenwirtschaftsgesetzes als rechtlicher Rahmen<br />
der Internationalisierung deutscher Unternehmen, in: Macharzina, K.,<br />
Oesterle, M.-J. [Hrsg.], Handbuch Internationales Management, 1997, S.<br />
161-176.<br />
HAUSER, H., MARTEL, A., Das WTO-Streitschlichtungsverfahren: Eine verhandlungsorientierte<br />
Perspektive, in: Aussenwirtschaft, 52. Jg. (1997),<br />
Heft IV, S. 525-560.<br />
KRAMER, S., Die Meistgegünstigung, in: Recht der Internationalen Wirtschaft<br />
(RIW), Betriebs-Berater International, 35. Jg. (1989), Heft 6, S. 473-<br />
481.<br />
MEFFERT, H., BOLZ, J., Internationales Marketing-Management, 3. Aufl.<br />
1998, S. 15-29, 42-54, 124-129, 309-310.<br />
MROTZEK, R., Bewertung direkter Auslandsinvestitionen mit Hilfe betrieblicher<br />
Investitionskalküle, 1989, S. 113-125.<br />
O.V., Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT), in: Deutsches Handels-Archiv,<br />
130 Jg. (1976), Heft 19, S. 2663-2746 [S. 2663-2702].<br />
Verlauf, Bedeutung und Ergebnisse der Uruguay-Runde, in: Handbuch<br />
der Internationalen Zusammenarbeit; Sonderorganisationen, IAEA und<br />
GATT, III A 80, Nr. 13, 322. Lieferung (1994), S. 1-47.<br />
ROSE, K., SAUERNHEIMER, K., Theorie der Außenwirtschaft, 12. Aufl. 1995,<br />
S. 1-22, 39-48, 177-181, 343-364.<br />
ROBOCK, ST.H., SIMMONDS, K., International Business and Multinational<br />
Enterprises, 4. Aufl. 1989, S. 33-49, 65-86, 139-152, 211-220, 571-577.<br />
SACHS, R., KAMPHAUSEN, R.E., Leitfaden Außenwirtschaft, 6. Aufl. 1996,<br />
S. 1-6, 105-108, 125-141, 182-183.<br />
SCHEFFLER, D., Juristische Aspekte der Subventionsproblematik im GATT, in:<br />
Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), Betriebs-Berater International,<br />
39. Jg. (1993), Heft 5, S. 401-409 [S. 401-403].<br />
170
SITTMANN, J.W., Das Streitbeilegungsverfahren der World Trade Organisation<br />
(WTO), in: Recht der Internationalen Wirtschaft (RIW), Betriebs-<br />
Berater International, 43. Jg. (1997), Heft 9, S. 749-753.<br />
VON BOGDANDY, A., Eine Ordnung für das GATT, in: Recht der Internationalen<br />
Wirtschaft (RIW), Betriebs-Berater International, 37. Jg. (1991),<br />
Heft 1, S. 55-61.<br />
171
6 Internationale Distribution<br />
Die Logistik thematisiert Entscheidungen über Fahrzeuge und Routen zur Bewegung<br />
von Material von einem Sender zu einem Empfänger. Logistische Entscheidungsprobleme<br />
finden wir<br />
• im Beziehungssystem Lieferant-Produzent: Beschaffungsbereich,<br />
• in der produktionsinternen Bewegung und Lagerhaltung der Materialien:<br />
Produktionsbereich,<br />
• bei der Lieferung der Produkte an die Kunden: Distributionsbereich<br />
und<br />
• bei der Entsorgung der Produktionsrückstände: Entsorgungsbereich.<br />
Der Begriff der Absatzkanäle bezieht sich auf die Wahl der Institutionen, die im<br />
Absatzbereich eine Rolle spielen. Zu nennen sind hier der Außendienst des Herstellers,<br />
die Spedition, der Fuhrunternehmer und die Reederei, Handelsvertreter,<br />
Kommissionäre und Handelsunternehmen, aber auch Auktionen, Messen und<br />
Börsen. Unter der internationalen Distribution verstehen wir Logistik- und Absatzkanalentscheidungen,<br />
die zu treffen sind, um ein Produkt vom Hersteller in<br />
einem Land zum Kunden in einem anderen Land zu bringen.<br />
6.1 Internationale Absatzkanäle<br />
Besonders kleine Hersteller ohne eigene internationale Erfahrung wenden sich an<br />
Außenhandelsunternehmen, die den gesamten Export übernehmen (vgl. Abb.<br />
99, S. 173). Häufig spezialisieren sich die Händler auf ausgewählte Länder oder<br />
Produktgruppen. So gibt es internationale Handelsunternehmen für Chemie- und<br />
Stahlerzeugnisse, für Waffen, Früchte und Elektronikgüter. Sie verfügen über<br />
große logistische Kenntnisse und bieten dem Hersteller zusätzliche Beratungen<br />
über Markterschließungsstrategien und Speditionsdienstleistungen an. Außenhandelsunternehmen<br />
findet man meistens in der Nähe von Überseehäfen.<br />
Das Außenhandelsunternehmen kann einen internationalen Produktstandard vorschreiben,<br />
nach dem einzelne Hersteller aus verschiedenen Ländern Mengen pro-<br />
172
duzieren, die dann durch den Händler zusammengefaßt und als ein Produkt<br />
weltweit vermarktet werden.<br />
Indirekter Außenhandel<br />
INLAND GRENZE AUSLAND<br />
Exporteur Außenhandelsunternehmen<br />
<br />
Käufer<br />
Direkter Außenhandel<br />
INLAND GRENZE AUSLAND<br />
Exporteur Niederlassung<br />
mit Reisenden,<br />
Handelsvertreter,<br />
Kommissionäre,<br />
Außenhandelsunternehmen<br />
<br />
Käufer<br />
Exporteur Käufer<br />
Abb. 99: Indirekter und direkter Außenhandel<br />
Durch diese Quantitätsfunktion erhalten auch kleine Hersteller im Weltmarkt<br />
die Möglichkeit des Marktzutritts. Das Außenhandelsunternehmen besitzt eine<br />
Qualitätsfunktion, indem es die Produkte verschiedener Hersteller zu einem<br />
Sortiment unter einer eigenen Marke zusammenstellt. Handelshäuser verfügen<br />
über ein weitverteiltes Netz von Lagern und Verkaufsstellen. Es ist ihnen möglich,<br />
auch einen weitverstreuten Kundenstamm zu pflegen und zu beliefern. Sie<br />
üben damit eine wichtige räumliche Funktion aus (vgl. Abb. 100, S. 174).<br />
Da der Hersteller seinen Umsatz bereits bei der Lieferung der Ware an den inländischen<br />
Händler erzielt, übernimmt dieser die Kapitalbindungsfunktion und<br />
entlastet den Hersteller bei der Liquiditätsbeschaffung. Das Außenhandelsunternehmen<br />
besitzt einen direkteren Marktkontakt zum Endverbraucher, als dies der<br />
Hersteller hat. Deshalb müssen spezifische Marketingfunktionen, z.B. die adaptive<br />
Produktstrategie sowie die Markterschließungs- und Werbemaßnahmen,<br />
173
über den Handel zum Hersteller kommuniziert oder durch den Handel selbst<br />
verwirklicht werden.<br />
Hersteller<br />
Kunden<br />
Händler<br />
Abb. 100: Räumliche Funktion des Handels<br />
Durch die Einschaltung des Handels ergeben sich spezifische Nachteile für den<br />
Hersteller: So geht die Gewinnspanne des Außenhandelsunternehmens zu seinen<br />
Lasten. Außerdem verliert er den direkten Kundenkontakt. Zum Dritten<br />
kann der Hersteller seine eigenen Marktstrategien nicht mehr unmittelbar umsetzen.<br />
Außerdem ist fraglich, ob ein Außenhandelsunternehmen, welches die<br />
Produkte vieler verschiedener Produzenten vertreibt, sich mit dem einzelnen Produkt<br />
und seinen Kunden in dem Maße identifizieren kann wie der Hersteller<br />
selbst. Erzeugnisse, die komplex und beratungsbedürftig sind und deren <strong>Vertrieb</strong><br />
eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Produzenten und den Endnutzern bedürfen,<br />
müssen deshalb direkt abgesetzt werden.<br />
Als Alternative zur Einschaltung eines Außenhandelsunternehmens läßt sich der<br />
Export auch als Konsignationsgeschäft abwickeln (vgl. Abb. 99, S. 173).<br />
Bei dem Konsignator (Kommissionär) handelt es sich um einen Kaufmann, der<br />
• rechtlich selbständig<br />
• in eigenem Namen und<br />
• für Rechnung, d.h. im Auftrag des Herstellers (§§ 383 ff. HGB) arbeitet.<br />
Der Konsignator ist Vertragspartner (Verkäufer) im Ausführungsgeschäft mit<br />
dem Dritten (Kunden). Er tritt den Kaufpreisanspruch an seinen Auftraggeber<br />
174
(Hersteller) ab. Häufig übernimmt der Konsignator das sogenannte Delkredererisiko.<br />
Er treibt dann die säumigen Kaufpreiszahlungen ein und haftet gegenüber<br />
dem Auftraggeber für den Zahlungsausfall. Der Konsignator hat Anspruch auf<br />
Auslagenersatz gegenüber dem Auftraggeber und auf die Zahlung einer Kommission.<br />
Der Konsignator unterhält im Ausland ein Konsignationslager. Der Auftraggeber<br />
stellt unberechnet Waren zur Entnahme ein und besitzt das Eigentum an dem<br />
Lager. Der Konsignator verkauft die Waren aus dem Lager und rechnet periodisch<br />
mit dem Auftraggeber gemäß der tatsächlichen Entnahmen ab.<br />
In der Paxis kommt es zwischen dem Konsignator im Ausland und dem inländischen<br />
Auftraggeber zu einer Reihe von Problemen:<br />
1. Zunächst muß die Kommission eindeutig festgelegt und abgerechnet<br />
werden. Macht sie einen bestimmten Prozentsatz des Verkaufspreises<br />
aus, dann profitiert der Konsignator von hohen Zollsätzen und<br />
Transportkosten. Die Kommission kann auch auf der Basis des Landungspreises<br />
im Zielland („CIF“, vgl. Abb. 110, S. 190) ermittelt<br />
werden. Auf jeden Fall muß für besondere Dienstleistungen und die<br />
Übernahme des Delkredererisikos ein Zuschlag gewährt werden. Zur<br />
Sicherung seiner finanziellen Ansprüche kann der Konsignator nach<br />
deutschem Recht die Ware zurückhalten (gesetzliches Pfandrecht).<br />
Hierfür muß er aber im Besitz der Ware oder der Konnossemente<br />
sein. Für die Tätigkeit des Konsignators gilt das Recht und die Gerichtsbarkeit<br />
des Ortes, an dem dieser tätig ist.<br />
2. Wird Ware aus dem Konsignationslager verkauft und geliefert, die<br />
der Kunde reklamiert und zurücksendet, dann muß geklärt werden,<br />
ob hierfür Kommission zu zahlen ist oder nicht. Wurde die Ware<br />
nämlich schadhaft ins Lager eingestellt, dann trifft den Konsignator<br />
kein Verschulden. Häufig erleidet die Ware aber erst im Lager oder<br />
beim Transport zum Kunden einen Schaden.<br />
175
3. Die Auslagen des Konsignators sind vom Auftraggeber zu prüfen<br />
und zu genehmigen. Auftragsbezogene Kosten sind von auftragsfremden<br />
zu trennen.<br />
4. Bei der Führung des Konsignationslagers treten folgende Probleme<br />
auf:<br />
• Der Lagerbestand ist aktuell nachzuhalten und in seiner Entwicklung<br />
zu prognostizieren. Bei vereinbarter Lieferung und eintretender<br />
Lieferunfähigkeit tritt der Kunde an seinen Vertragspartner,<br />
den Konsignator heran, damit dieser die Kosten für die<br />
Produktionsausfälle erstattet. Der Konsignator wird versuchen,<br />
den Auftraggeber (Hersteller) hiermit zu belasten.<br />
• Die Lagerkosten sind abzurechnen. Für die Prüfung muß der<br />
Eingang und Abgang der Einzellieferungen bekannt gemacht<br />
werden, damit die Nutzung der Lagerfläche ermittelt werden<br />
kann.<br />
• Große Schwierigkeiten in der Abrechnung bereiten die Behandlung<br />
von Garantie- und Kulanzfällen, sowie die Einlagerung<br />
von unverkäuflicher Ware. Der Aufwand zur Klärung solcher<br />
Fälle, die Ermittlung der Schuldfrage, sowie die versicherungsrechtlichen<br />
Aspekte behindern den Konsignator in der Ausführung<br />
seiner eigentlichen Verkaufsaufgabe.<br />
5. Der Konsignator schließt häufig mit mehreren Auftraggebern Kommissionsverträge<br />
ab und identifiziert sich wenig mit dem einzelnen<br />
Produkt. Da seine Einnahmen auf fixen Prozentsätzen beruhen, hat er<br />
an großen und schnellen Umsätzen ein Interesse. Die Markterschließungsaufgaben<br />
kommen hierbei oft zu kurz.<br />
6. Der Hersteller besitzt nur indirekte Marktkenntnisse und kann seine<br />
<strong>Vertrieb</strong>sstrategien kaum realisieren.<br />
Enger an den Hersteller rückt der Handelsvertreter bzw. Auslandsagent heran<br />
(§ 84 HGB), der zwar rechtlich selbständig, aber im Namen und auf Rechnung<br />
des Auftraggebers seine Geschäfte führt (vgl. Abb. 99, S. 173).<br />
Zu seinen Aufgaben gehören die Vermittlung von Geschäften (Vermittlungs-<br />
176
agent), die Tätigung der Abschlüsse für den Auftraggeber (Abschlußagent), das<br />
Rechnungsinkasso oder die Übernahme der Generalvertretung im Ausland.<br />
Außerdem leistet der Handelsvertreter wichtige Marktbearbeitungsfunktionen:<br />
• Kundenbesuche und Werbung,<br />
• Bereitstellung des technischen Kundendienstes,<br />
• Unterhaltung eines Auslieferungslagers und<br />
• Bereitstellung von Marktinformation für den Auftraggeber.<br />
Die Bezahlung des Handelsvertreters bzw. Auslandsagenten erfolgt je nach vereinbarter<br />
Funktionsübernahme. Der Vermittlungs- oder Abschlußagent erhält eine<br />
Provision. Hierbei handelt es sich in der Regel um einen Prozentsatz des<br />
vermittelten oder abgeschlossenen Umsatzes. Für die Übernahme der Inkassoaufgaben,<br />
des Delkredererisikos und der Marktbearbeitungsfunktionen gibt es<br />
Provisionszuschläge.<br />
Da der Handelsvertreter bzw. Auslandsagent im Namen seines Auftraggebers<br />
auftritt, kann dieser viel besser seine <strong>Vertrieb</strong>sstrategien im Markt bekannt machen<br />
als bei Einschaltung eines Außenhandelsunternehmens oder eines Kommissionärs.<br />
Die möglichen Probleme ähneln denen des Kommissionsgeschäftes.<br />
Schließlich kann der Hersteller auch seine eigenen Reisenden für den Verkauf<br />
einsetzen (vgl. Abb. 99, S. 173). Diese sind entweder im Inland angestellt und<br />
bereisen von hier aus die Auslandsmärkte. Oder der Hersteller unterhält ein Netz<br />
von Niederlassungen mit lokal beschäftigten Mitarbeitern. Die Präsentationsmöglichkeiten<br />
der eigenen Firmenpersönlichkeit und die Identifikation der<br />
Verkäufer mit dem Produkt sind beim Einsatz eigener Mitarbeiter sicherlich am<br />
größten. Der Hersteller besitzt einen authentischen Marktkontakt und kann seine<br />
<strong>Vertrieb</strong>sstrategien unmittelbar umsetzen. Die Gehälter der Außendienstmitarbeiter<br />
können umsatzunabhängig gewährt werden, um die Markterschließungsaufgaben<br />
effektiv zu unterstützen. Es bestehen aber auch Nachteile beim Einsatz<br />
eigener Außendienstmitarbeiter:<br />
177
• Die Gehälter der Verkäufer sind weitgehend unabhängig von der<br />
Umsatz- und Deckungsbeitragssituation der Produkte. Dadurch entsteht<br />
eine hohe Fixkostenbelastung.<br />
• Der Hersteller muß sich eigene Kenntnisse über Auslandsmärkte,<br />
internationale Umgangsformen und die Exportabwicklung aneignen.<br />
• Die Auslandsmitarbeiter sind regelmäßig zu schulen.<br />
• Bei der internationalen Strategieentwicklung ist der Hersteller schnell<br />
überfordert.<br />
• Der Hersteller muß Hardware und geeignete Software erwerben, um<br />
die Exportabwicklung leisten zu können.<br />
• Für die tägliche Kommunikation mit den Kunden und dem internationalen<br />
<strong>Vertrieb</strong>snetz muß Personal, Zeit und Kapital bereitstehen.<br />
• Es ist ein umfangreiches System von Auslandslagern zu unterhalten.<br />
Die Wahl der optimalen <strong>Vertrieb</strong>skanäle hängt (1) von der strategischen Bedeutung<br />
des Produktes und seiner Phase im Lebenszyklus, und (2) von den Kosten<br />
ab. Die strategische Bedeutung läßt sich durch Positionierungen in Portfolios<br />
ermitteln. Am Produktportfolio erkennen wir, ob Ressourcen in die Marktstärkung<br />
eines Produktes fließen müssen. Das Länder-Portfolio gestattet eine Differenzierung<br />
dieser Beurteilung nach einzelnen Ländern. Mithilfe des Scoring-<br />
Modells bewerten wir anschließend die unterschiedlichen Handlungsalternativen<br />
auf der Grundlage aller relevanten Determinaten.<br />
Aufgabe: Verkaufsniederlassung oder Händler?<br />
Problem<br />
Die Konzer Moselwerk MWK GmbH mit 134 Beschäftigten stellt ausschließlich<br />
hochwertige programmierbare Steuerteile der neuesten Generation<br />
für Industrieanlagen her. Bisher erfolgte der Absatz in den USA<br />
über zwei deutsche Händler, die auf HiTech-Produkte des Anlagenbaus<br />
spezialisiert sind. Programmierbare Steuerelemente werden von diesen<br />
Auslandshandelsunternehmen nur von MWK bezogen.<br />
178
Die Steuerelemente kosten zwischen $ 17.500 und $ 28.900. Es wurden<br />
2.800 Stück 1998 in USA verkauft, 8% mehr als 1997 und 25% mehr als<br />
1996. Auf dem Markt ist ein amerikanisches Unternehmen mit Produktionsstätten<br />
in Chicago und ein japanisches mit einer Verkaufsniederlassung<br />
in Seattle vertreten.<br />
Die Konzer Geschäftsführung überlegt, eine eigene Verkaufsniederlassung,<br />
die AmRob Inc., in Pittsburg zu gründen. Diese würde als Konsignator<br />
die Steuerteile von der Mutttergesellschaft importieren und mit<br />
amerikanischem Personal verkaufen. Die Verträge mit den deutschen<br />
Händlern würde man dann kündigen.<br />
Erstellen Sie beispielhaft ein Scoring-Modell (Nutzwertanalyse) zur<br />
Lösung des Entscheidungsproblems.<br />
Lösungsweg<br />
Die Nutzwertanalyse wurde im Abschnitt 2.5 ausführlich dargestellt.<br />
Abb. 101 verdeutlicht die Lösungsschritte (vgl. Abb. 32, S. 38).<br />
Lösung<br />
Bewertung der Merkmale der Alternativen<br />
Relevante Merkmale<br />
der Alternativen<br />
relatives<br />
Gewicht<br />
eigene<br />
Niederlassung<br />
Nutzwert<br />
Händler Nutzwert<br />
(beispielhaft) d. Merkmale<br />
Alternative A Alternative B<br />
<strong>Vertrieb</strong>skosten 0,20 1 0,20 3 0,60<br />
Kapitalbindung 0,15 1 0,15 3 0,45<br />
<strong>Vertrieb</strong>skontrolle 0,60 3 1,80 1 0,60<br />
Kulturelle Probleme 0,05 1 0,05 3 0,15<br />
Nutzwert: 2,20 Nutzwert: 1,80<br />
Abb. 101: Ermittlung der ordinalen Rangfolge der Alternativen<br />
Abb. 101, oben, stellt beispielhaft die Ermittlung der Nutzwerte dar.<br />
<strong>Vertrieb</strong>skosten und Kapitalbindung fallen bei dem Einsatz von Händlern<br />
günstiger aus. Auch sind Probleme der kulturellen Abstimmung<br />
179
eim Einsatz der Händler für das Konzer Werk geringer. Die Kontrolle<br />
über den <strong>Vertrieb</strong>sweg und damit auch der Marktkontakt und Möglichkeiten<br />
der Markterschließung sind aber mit einer eigenen Niederlassung<br />
besser zu erreichen. Bei der Rangfolge der Alternativen liegt die Niederlassung<br />
vorn.<br />
C<br />
Produkte, die eine hohe strategische Bedeutung besitzen und sich in der<br />
Wachstumsphase befinden, sollten trotz hoher Kosten über einen eigenen Außendienst<br />
vertrieben werden. Erzeugnisse mit geringer strategischer Bedeutung<br />
oder solche, die sich in der Abschwungsphase bewegen, sollte der industrielle<br />
Hersteller an Handelsvertreter, Kommissionäre oder Außenhandelsunternehmen<br />
abgeben.<br />
6.2 Beispiel eines Exportgeschäftes<br />
Wir stellen nachfolgend einen typischen Fall einer Exportkette vor:<br />
Verkäufer<br />
Internationaler Spediteur<br />
Frachtführer (Ablader)<br />
Reederei<br />
Zollagent<br />
Frachtführer<br />
Abb. 102: Exportkette<br />
Kunde<br />
(1) Verkäufer<br />
Dieser ist noch in Besitz der Ware. Er ist vertraglich mit einer Spedition<br />
verbunden und erteilt ihr den Auftrag zum Abschluß der Fracht- und<br />
Transportversicherungsverträge.<br />
180
(2) Internationaler Spediteur<br />
Er handelt im eigenen Namen und für Rechnung des Auftraggebers (vgl.<br />
§ 407 HGB; vgl. Abb. 64, S. 106). Als Absender der Ware schließt der<br />
Spediteur einen Landfrachtvertrag mit einem Frachtführer (Ablader) ab,<br />
erstellt den Frachtbrief, der die Ware begleitet, vereinbart als Befrachter<br />
über den Schiffsmakler einen Seefrachtvertrag mit einer Reederei<br />
(Verfrachter), beauftragt den Zollagenten im Zielhafen und einen ausländischen<br />
Empfangsspediteur und unterzeichnet Transport- und Speditionsversicherungsverträge.<br />
Die moderne internationale Spedition tritt als Logistikunternehmen in Erscheinung,<br />
welches die Planung, Organisation und Steuerung des Güterverkehrs zwischen<br />
Ländern, die Export/Importabwicklung und bei Selbsteintritt die Transportleistung<br />
übernimmt.<br />
(3) Frachtführer (Ablader)<br />
Dieser liefert die Ware mit dem Frachtbrief zum Hafen ans Schiff, empfängt<br />
die Konnossemente (vgl. Abb. 103, S. 182) und sendet sie an den<br />
ausländischen Kunden.<br />
Bei dem Konnossement handelt es sich um ein Wertpapier. Wir unterscheiden<br />
verschiedene Wertpapierarten:<br />
a) Inhaberpapiere: Das verbriefte Recht kann grundsätzlich von jedem<br />
Inhaber geltend gemacht werden. Die Übertragung erfolgt durch<br />
Weitergabe.<br />
b) Rektapapiere (Namenspapiere): Nur der im Papier namentlich Benannte<br />
ist berechtigt. Die Übertragung erfolgt durch Abtretung.<br />
c) Orderpapiere (Traditionspapier): Nur der im Papier namentlich genannte<br />
oder der durch „Order“ des Genannten Bestimmte ist berechtigt,<br />
die Leistung zu empfangen. Die Order wird durch Indossament<br />
in der Regel auf der Rückseite des Wertpapiers erteilt.<br />
181
Das Konnossement (Bill of Lading) stellt ein solches Orderpapier dar. Es besitzt<br />
eine Reihe von Funktionen, die im Handel sehr wichtig sind (vgl. Abb. 103,<br />
unten). Der Berechtigte kann über die schwimmende Ware verfügen. Hierdurch<br />
eröffnet das Konnossement Finanzierungsmöglichkeiten, die im Seehandel wegen<br />
der langen Transportzeiten eine große Bedeutung haben:<br />
a) Die Weiterveräußerung des Seeguts durch Indossament an Dritte<br />
kann bereits während der Transportzeit erfolgen.<br />
b) Die Bank finanziert den Kaufpreis vor: Der Verkäufer gibt ein<br />
Blankokonnossement an seine Bank und erhält den Kaufpreis vorfinanziert.<br />
Die Bank gibt das Blankoindossament an den Käufer gegen<br />
Bezahlung des Kaufpreises. Der Käufer trägt sich in das Konnossement<br />
ein und holt die Ware am Hafen ab.<br />
• Der Besitz des Konnossementes durch den Berechtigten (ununterbrochene Indossamentenkette)<br />
verbrieft den Herausgabeanspruch des Gutes gegen den<br />
Verfrachter (Traditionspapier). Der Anspruch besteht nicht mehr, wenn das<br />
Gut dem Herausgabepflichtigen abhandengekommen ist (Diebstahl, Beschlagnahme,<br />
Untergang).<br />
• Der Verfrachter darf an keinen anderen als den Berechtigten leisten.<br />
• Das Konnossement stellt eine Quittung für den Empfang der Ware dar.<br />
• Es beinhaltet die Verpflichtung zur Beförderung der Ware.<br />
• Es dient der Liquiditätsbeschaffung.<br />
Abb. 103: Funktionen des Konnossements<br />
(4) Reederei (Verfrachter)<br />
Sie nimmt die Ware an Bord und stellt dem Ablader hierüber Konnossemente<br />
aus. Die Reederei ist nach dem Seerecht eine Vereinigung mehrerer<br />
Personen (Reeder), die Anteile an einem Schiff besitzen und dieses<br />
zur Einkommenserzielung auf gemeinschaftliche Rechnung in der Seefahrt<br />
einsetzen.<br />
Reedereien unterhalten (1) Linienschiffe mit festen Routen, Fahrplänen und Tarifen,<br />
(2) Trampschiffe, die je nach Bedarf auf individuell gewünschten Seewe-<br />
182
gen nach frei vereinbarten Fahrplänen segeln, (3) Tankschiffe für den Transport<br />
von Erdöl und Flüssiggas in der Linien- und Trampschiffahrt und (4) Spezialschiffe<br />
mit besonderen Aufbauten und Einrichtungen für den Transport von<br />
Containern, Kühlware, Lebendtieren, Autos etc. .<br />
(5) Zollagent (Customs Broker)<br />
Er begleitet die Wareneinfuhr im Landungshafen und stellt das Gut der<br />
abholenden Spedition bereit. Außerdem versendet er die Zollrechnung,<br />
entweder an den Verkäufer oder den Kunden je nach Vereinbarung.<br />
Für die Verzollung muß der Ware eine Zollcode-Nummer zugewiesen werden.<br />
Hierzu muß zunächst die Einordnung in das Warenverzeichnis stattfinden. Die<br />
Europäische Union kennt einen 9-stelligen Code:<br />
Stellen 1-4:<br />
Stellen 5-7:<br />
Stellen 8-9:<br />
Zolltarifnummer<br />
Nummer des statistischen Warenverzeichnisses<br />
der EU<br />
Verschlüsselung für besondere Fälle<br />
(z.B. Zollkontingente, Zollaussetzung)<br />
Wird bei einer aktiven Veredelung die Ware in die EU eingeführt, hier veredelt<br />
und wieder ausgeführt, muß kein Einfuhrzoll entrichtet werden.<br />
Bei der passiven Veredelung wird die Ware aus der EU ausgeführt, veredelt und<br />
anschließend wieder eingeführt. Es fällt bei der Einfuhr ein Differenzzoll auf den<br />
im Ausland zugewonnenen Mehrwert an.<br />
Bei der Eigenveredelung transformiert man die importierte Ware im Inland, um<br />
sie anschließend auf eigene (inländische) Rechnung wieder zu exportieren. Anders<br />
verhält es sich bei der Lohnveredelung, bei der Import, Transformation und<br />
Export auf fremde (ausländische) Rechnung erfolgen.<br />
Bei der Zollgutlagerung wird die Ware zollrechtlich noch nicht eingeführt. Es<br />
handelt sich hierbei um eine Zwischenlagerung zwecks späterem Versand oder<br />
183
Weiterverarbeitung mit der Wirkung eines Zollaufschubs. Konsignationslager<br />
unterhält man regelmäßig als Zollgutlager.<br />
(6) Empfangsspediteur<br />
Er zeigt die Konnossemente vor, empfängt die Ware und transportiert<br />
diese zum Käufer oder in ein Lager.<br />
6.3 Auftragsabwicklung und Auftragsmanagement<br />
Unter dem Auftragsmanagement verstehen wir die produkt- und kundenbezogene<br />
Planung, Steuerung und Kontrolle des (Waren-) Auftrageingangs,<br />
-abgangs und -bestandes einer Periode. Der Initiator eines Lieferauftrags kann<br />
ein externer Kunde, eine Produktionsstätte oder ein Lager (interner Kunde) sein.<br />
Aufträge gehen direkt oder über Auslandsniederlassungen per Außendienstmitarbeiter,<br />
Telefon, Fax, e-mail u.ä. beim Versender ein. Fertigungsaufträge richten<br />
sich an die Produktion und werden auf der Grundlage optimaler Losgrößen, Liefertermine<br />
und Bedeutung des Kunden eingeplant. Lageraufträge liefert man unmittelbar<br />
vom Lager aus. Aufträge von Warenempfängern an Warensender zur<br />
Bewegung von Gütern finden wir demnach auf allen Stufen des Materialflusses.<br />
Lieferungen müssen die explizit in einem Vertrag formulierten Anforderungen<br />
erfüllen. Dieses reicht zur Zufriedenstellung des Kunden aber nicht aus. Der<br />
Kunde hat Vorstellungen der Lieferung, die weder verbal noch schriftlich formuliert<br />
sind. Im <strong>Vertrieb</strong>smarketingkonzept müssen auch die impliziten Bestandteile<br />
zum Gegenstand des Auftrags gemacht werden. Die kundenbezogene<br />
logistische Leistung setzt sich nach Abb. 104, Seite 185, aus verschiedenen Positionen<br />
zusammen.<br />
184
nehmens (Wide Area Network) an die anderen zuständigen Unternehmensfunktionen<br />
zur Auftragsbearbeitung und -ausführung weitergeleitet (vgl. Abb. 105, S.<br />
185): Beschaffung, Produktion, Lagerwesen, Disposition, Fakturierung, Buchhaltung,<br />
Informationswesen (z.B. Marketing-Informations-System).<br />
Über Kommunikationsleitungen ist das Zentrum (z.B. die Muttergesellschaft)<br />
mit Außenzentren (Niederlassungen, Lager) und Verkaufsbüros netzförmig<br />
verbunden (vgl. Abb. 106, unten). Ein reibungsloses Auftragsmanagement erfordert<br />
eine effektive und schnelle Kommunikation. Dieses wird durch ein Beispiel<br />
deutlich:<br />
Ein in Bochum ansässiger internationaler Produzent erhält einen terminierten<br />
Teilauftrag im Rahmen eines längerfristigen Abrufauftrags zur<br />
Lieferung einer Produktmenge an einen Kunden in Colorado/USA.<br />
CHICAGO<br />
<br />
<br />
ATLANTA<br />
NEWARK<br />
REGIONAL<br />
ZENTRUM<br />
SEATTLE<br />
<br />
<br />
DENVER<br />
MAILAND<br />
<br />
<br />
REGIONAL<br />
GLOBALES<br />
ZENTRUM<br />
ZENTRUM BOCHUM<br />
<br />
PRAG<br />
REGIONAL<br />
ZENTRUM<br />
<br />
Abb. 106: Kommunikationsströme im sternförmigen globalen Netz<br />
Der Auftrag wird im Verkaufsbüro in Denver in das Bestellsystem des<br />
Produzenten eingegeben, welches in einem sternförmigen interkontinentalen<br />
Netz über die USA-Auslandszentrale in New Jersey mit der<br />
Zentrale in Bochum verbunden ist (vgl. Abb. 106, oben). Hier werden<br />
Ablader und Verfrachter sowie der Landungshafen bestimmt. Der Auf-<br />
186
trag durchläuft in der Zentrale in einem Nahbereichsnetz verschiedene<br />
Abteilungen. Diese Abteilungen sind unternehmensinterne organisatorische<br />
Bausteine in der logistischen Kette. Es gibt Schnittstellen zum<br />
Rechnungswesen für die Buchhaltung, Rechnungsschreibung und<br />
Kommissionierung.<br />
Auftragsbezogene Stammdaten werden in zentralen Datenbanken erfaßt. Sie<br />
stellen dauerhafte Sachverhalte wiederkehrender Aufträge dar: Kundenname,<br />
Kundennummer, Lieferanschrift, Rechnungsanschrift, Artikelname, Artikelnummer.<br />
Die Erfassung und Änderung geschieht in der Regel durch die Zentrale.<br />
Bei der Auftragseingabe erscheinen die Stammdaten zu einer Artikelnummer<br />
oder Kundenummer automatisch auf der Bildschirmoberfläche (Maske). Sie sind<br />
durch einzelgeschäftsorientierte Bewegungsdaten zu ergänzen.<br />
• Validitätsprüfung<br />
z.B. numerisch, alphanumerisch<br />
• Kreuzcheck mit anderen Dateien<br />
z.B. Artikel- und Artikelnummerverzeichnis<br />
• Vollständigkeitsprüfung<br />
Eintrag in alle Felder<br />
• Prüfverfahren der Kunden- und Artikelnummern<br />
z.B. kodierte Endnummern, Quersummen<br />
• Plausibilitätsprüfung<br />
z.B. 7 Gramm Polyethylengranulat in 20 kg Säcken<br />
• Bonitätsprüfung<br />
über Auskunftsdateien<br />
• Verfügbarkeitsprüfung<br />
Lagerbestand und Produktionseinplanung<br />
Abb. 107: Automatische Auftragsprüfung<br />
Bereits bei der Auftragseingabe kommt es zu Fehlern, die nicht immer durch<br />
automatische Prüfroutinen (vgl. Abb. 107, oben) entdeckt werden können. Hier<br />
spielt die Ausbildung und Motivation der Sachbearbeiter eine entscheidende<br />
Rolle im Rahmen der Qualitätssicherung (DIN ISO 9001).<br />
Es kann zu Störungen in der werksinternen Kommunikation kommen, indem<br />
z.B. Aufträge in der Produktionseinplanung verspätet terminiert oder der Lager-<br />
187
estand überbucht werden. Es treten Produktionsfehler auf, indem z.B. das produzierte<br />
Material nicht kundenspezifikationsgerecht gefertigt wurde. Außerdem<br />
bietet der Transport zusätzliche Unwägbarkeiten.<br />
• täglicher Auftragseingang (Produkte, Mengen, Termine, Kunden, Preise)<br />
• täglicher Auftragsabgang (Produkte, Mengen, Termine, Kunden, Preise)<br />
• täglicher Auftragsbestand (Produkte, Mengen, Termine, Kunden, Preise)<br />
Abb. 108: Auftragsverwaltung<br />
Der tägliche Auftragseingang, -abgang und -bestand muß übersichtlich ausgewiesen<br />
und dadurch kontrollierbar sein (vgl. Abb. 108, oben, u. Abb. 109, unten).<br />
Sofortaufträge sind unmittelbar auszuliefern, Terminaufträge hingegen zu einem<br />
fest vereinbarten Termin. Ist eine sofortige Auslieferung nicht möglich oder<br />
verstreicht der vereinbarte Termin wegen Produktionsengpässen oder Versäumnissen<br />
bei der Auftragsbearbeitung, dann werden hieraus rückständige Aufträge.<br />
War die Sofortauslieferung oder der Termin zugesichert, können durch Produktionsausfälle<br />
des Kunden und seiner Abnehmer Schadensersatzforderungen<br />
entstehen, die den Lieferwert um ein Vielfaches übersteigen. Bei Abrufaufträgen<br />
werden Mengen mit noch unbestimmtem Liefertermin geordert. Sie sind innerhalb<br />
einer vereinbarten Periode bereitzustellen und vom Kunden abzurufen.<br />
• Sofortaufträge:<br />
• Terminaufträge:<br />
• Abrufaufträge:<br />
• Rückständige Aufträge:<br />
Abb. 109: Aufträge<br />
sofort lieferbar<br />
Lieferung auf Termin<br />
Periodenaufträge, Teillieferungen auf Abruf<br />
wegen mangelnder Produktverfügbarkeit nicht<br />
ausgeführte Aufträge<br />
Die Planung des Auftragsvolumens orientiert sich an den Erwartungen der Großkunden,<br />
den aus Vergangenheitsdaten ermittelten Bestellrhythmen und den<br />
Prognosen und Zielgrößen des Außendienstes. Zur terminlichen Steuerung<br />
von Auftragseingang, -bearbeitung und -auslieferung bedient sich das Industrieunternehmen<br />
eines technisch-sozialen Kommunikationsnetzes zwischen Kunden,<br />
Fertigungssystem, Exportabteilung, Spedition, Transporteur und Lagersy-<br />
188
stem. Eine Schlüsselrolle für die Verbindung zum externen Kunden besitzt hierbei<br />
der Außendienst.<br />
Abweichende Qualitätsspezifikationen einzelner Kunden erfordern zusätzliche<br />
Qualitätskontrollen und die Kennzeichnung des Materials, sowohl physisch am<br />
Produkt als auch bei der Datenerfassung in der EDV. Die Etikettierung erfolgt<br />
nach den nationalen Vorschriften des Export-, Import- und Transitlandes. Die<br />
Genehmigungspflicht und Verbote von Exporten sind bei der Auftragsannahme<br />
zu beachten. Terminüber- und -unterschreitungen sowie Falschlieferungen führen<br />
zu hohen (vermeidbaren) Kosten. Grundlage der Auftragskontrolle ist die periodische<br />
Auftragsübersicht mit einem Soll-Ist Vergleich von Umsätzen, Absätzen<br />
und Deckungsbeiträgen, die nach Produkten und Kunden sortiert werden, sowie<br />
ein regelmäßiger Qualitätsbericht. Beschwerdelisten, Kunden- und Mitarbeiterbefragungen<br />
und ein Ratingsystem geben Aufschluß über die Qualität des Auftragsmanagements<br />
und können als Basis für strategische Entscheidungen dienen.<br />
Ein modernes Auftragsmanagement ist ohne vernetzte EDV-Systeme und eine<br />
sozial und fachlich kompetente Mitarbeiterführung nicht vorstellbar.<br />
6.4 INCO-Terms und Preiskalkulation<br />
Preisvereinbarungen sind der wichtigste Aspekt des Verkaufsgesprächs, stehen<br />
aber häufig nicht im Vordergrund, da es sich hierbei um einen besonders sensiblen<br />
Aspekt handelt. Preise verschiedener Wettbewerber kann man objektiv und<br />
leicht vergleichen, weshalb der Verkäufer den Blick auf weiche und subjektive<br />
Faktoren, wie Liefertreue und Qualität lenkt. Hier kann er psychologisch agieren<br />
und die Preisvereinbarung kann dann in die subjektive Preis-Nutzen-Relation des<br />
Kunden „eingebettet“ werden.<br />
Gleichwohl stellt der Preis eine zentrale Größe des Geschäftes dar, da hierdurch<br />
der Deckungsbeitrag maßgeblich beeinflußt wird. (Wir stellten in Abschnitt 2.3,<br />
S. 20 ff., die monetären Ziele des <strong>Vertrieb</strong>smanagements heraus.)<br />
189
Klausel Kostenübergang Gefahrenübergang<br />
ETW<br />
ex works<br />
FOR/FOT<br />
free on rail/truck<br />
FCA<br />
free Carrier<br />
FAS<br />
free alongside ship<br />
FOB<br />
free on board<br />
FOB Airport<br />
CFR<br />
cost and freight<br />
CIF<br />
cost, insurance, freight<br />
DAF<br />
delivered at frontier<br />
DES<br />
delivered ex ship<br />
DEQ duty paid/unpaid<br />
delivered ex quay<br />
CPT<br />
freight carriage paid to...<br />
CIP<br />
carriage and insurance<br />
DDU<br />
delivered duty unpaid<br />
DDP<br />
delivered duty paid<br />
Abb. 110: INCO-Terms (Auswahl)<br />
ab<br />
Werk<br />
beladener<br />
Waggon<br />
Abgabe an<br />
1. Frachtführer<br />
Längsseite des Schiffes<br />
im Verschiffungshafen<br />
Reling des Schiffes<br />
Im Verschiffungshafen<br />
Abgabe an<br />
Luftfrachtführer<br />
FOB plus Fracht bis zum<br />
Bestimmungshafen<br />
CFR plus<br />
Versicherung<br />
Grenzübergang<br />
ab Bordwand im<br />
Bestimmungshafen<br />
ab Kai vor/nach Zoll<br />
Bestimmungsort<br />
Bestimmungsort<br />
Fracht und Versicherung<br />
Bestimmungsort<br />
alles außer Zoll<br />
Bestimmungsort<br />
alle Kosten<br />
ab<br />
Werk<br />
beladener<br />
Waggon<br />
Abgabe an<br />
1. Frachtführer<br />
Längsseite des Schiffes<br />
im Verschiffungshafen<br />
Reling des Schiffes<br />
im Verschiffungshafen<br />
Abgabe an<br />
Luftfrachtführer<br />
Reling des Schiffes<br />
im Verschiffungshafen<br />
Reling des Schiffes<br />
im Verschiffungshafen<br />
Grenzübergang<br />
ab Bordwand im<br />
Bestimmungshafen<br />
ab Kai vor/nach Zoll<br />
Abgabe an<br />
1. Frachtführer<br />
Abgabe an<br />
1. Frachtführer<br />
Bestimmungsort<br />
Bestimmungsort<br />
Unternehmen arbeiten im internationalen <strong>Vertrieb</strong> mit Klauseln, die kennzeichnen,<br />
bis zu welcher Stelle der vereinbarte Preis die Transport- und Versicherungskosten<br />
mit einschließt. Außerdem muß eine klare Übereinkunft bestehen,<br />
wann in der gesamten Transportkette die Gefahr der Beschädigung oder des Unterganges<br />
der Ware von dem Lieferanten auf den Kunden übergeht. Ausschreibungen<br />
und Preisvergleiche sind nur dann sinnvoll, wenn man den Kosten- und<br />
190
Gefahrenübergang berücksichtigt. Die Transportkosten können leicht 20% des<br />
Wertes einer Lieferung betragen.<br />
Die in der Praxis verwendeten Klauseln unterscheiden sich von Unternehmen zu<br />
Unternehmen. Insbesondere im internationalen Verkehr kommt es hierdurch zu<br />
erheblichen Mißverständnissen. Die sogenannten INCO-Terms (INternational<br />
COmmercial Terms) stellen den Versuch dar, einheitliche Klauseln international<br />
durchzusetzen, um so Reibungsverluste zu verringern (vgl. Abb. 110, S. 190).<br />
Abb. 111, Seite 192, stellt eine beispielhafte Preiskalkulation auf der<br />
Basis der INCO-Terms dar. Geliefert wird ein Kunststoffgranulat, in<br />
Säcken verpackt und in Containern (20 Tonnen) verstaut, DDP nach San<br />
Francisco. Die amerikanische Niederlassung des deutschen Stammwerkes<br />
erhält einen Einkaufspreis FOB/Rotterdamm. Das Material ist nach<br />
einem gespaltenen Satz zu verzollen: 7% des CIF-Wertes und 2,2 Cent<br />
pro Kilogramm. Die Kommission für die ausländische Tochter beträgt<br />
5% des FOB-Preises. Gebühren fallen für den Hafen, die Zollverwaltung<br />
und den Zollagenten an. Weiterhin sind $ 500 an „terminal handling<br />
charge“ abzuführen. Die Lagerkosten werden pauschal verrechnet.<br />
Wir verwenden die folgenden Abkürzungen:<br />
BL:<br />
kg:<br />
lb:<br />
bill of lading (Konnossement)<br />
Kilogramm<br />
US-Pfund<br />
MT: metrische Tonne<br />
THC: terminal handling charge<br />
X: Mindestverkaufspreis<br />
191
SALES IMPORTED PRODUCTS<br />
PRICING MANUAL<br />
container: 40 ft standard<br />
Product, Packaging: Destination:<br />
Terms:<br />
PE 4007 in 50 kg bags<br />
San Francisco DDP warehouse<br />
FOB north sea port 1298 $/MT<br />
+ ocean freight 100 $/MT<br />
+ insurance 39 $/MT<br />
CIF poe (port of entry) 1437 $/MT<br />
+ commission 65 $/MT<br />
+ duty (1) 7% auf CIF 100 $/MT<br />
(2) 2,2 ct pro kg 22 $/MT<br />
+ fees (habour, customs, 0,19% CIF) 3 $/MT<br />
+ $ 7,5 broker ($ 125 per BL) 7,5 $/MT<br />
+ $ 25 THC ($500 per container) 25 $/MT<br />
DEQ duty paid 1659,5 $/MT<br />
/ 2204.6 0,7527 $/lb<br />
WAREHOUSING STANDARD COSTS<br />
+ freight to closesed warehouse 0,015 $/lb<br />
+ handling in/out 0,015 $/lb<br />
+ storage up to 1 month 0,01 $/lb<br />
DDP warehouse 0,7927<br />
≈ 80<br />
Abb. 111: Mindestpreiskalkulation<br />
$/lb<br />
ct/lb<br />
Die Kommission in Höhe von $ 65/MT stellt für die ausländische Niederlassung<br />
den Deckungsbeitrag eines solchen Auftrages dar. Berechnet<br />
sich die Kommission nicht auf den FOB sondern auf den CIF-Preis, dann<br />
erhöht sie sich auf $ 71,85/MT. Sie kann aber auch auf den Verkaufspreis<br />
X erhoben werden, der sich dann folgendermaßen berechnet (vgl. Abb.<br />
112, S. 193):<br />
0, 7633[$/ lb] + 5% ⋅ X[$/ lb] = X[$/ lb]<br />
0, 7633[$/ lb] = X[$/ lb] ⋅0,<br />
95<br />
X[$ / lb]<br />
=<br />
0, 7633[$/ lb]<br />
095 ,<br />
= 0, 8035[$/ lb] ( Verkaufspreis)<br />
192
CIF poe (port of entry) 1437 $/MT<br />
+ duty (1) 7% auf CIF 100 $/MT<br />
(2) 2,2 ct pro kg 22 $/MT<br />
+ fees (habour, customs, 0,19% cif) 3 $/MT<br />
+ $7,5 broker ($ 125 per BL) 7,5 $/MT<br />
+ $25 THC ($500 per container) 25 $/MT<br />
DEQ duty paid 1594,5 $/MT<br />
/ 2204.6 0,7233 $/lb<br />
WAREHOUSING STANDARD COSTS<br />
+ freight to closesed warehouse 0,015 $/lb<br />
+ handling in/out 0,015 $/lb<br />
+ storage up to 1 month 0,01 $/lb<br />
DDP warehouse ex commission 0,7633 $/lb<br />
+ commission 0,0402 $/lb<br />
DDP warehouse incl. Commission 0,8035<br />
≈ 81<br />
Abb. 112: Kommissionsberechnung<br />
$/lb<br />
ct/lb<br />
Dies ergibt eine Kommission in Höhe von $ 0,0402 pro US-Pfund oder $ 88,62<br />
pro metrischer Tonne (vgl. Abb. 112, oben).<br />
Wir erkennen deutlich, daß nicht nur für die Preisverhandlungen mit den Kunden<br />
sondern auch für eine klare Kommissionsregelung mit der ausländischen Handelsniederlassung<br />
international akzeptierte Klauseln von großer Wichtigkeit sind.<br />
6.5 Die Transportversicherung<br />
Die Versicherung im Allgemeinen ist ein Geschäft zwischen einem Versicherungsnehmer<br />
und einem Versicherungsgeber, bei dem der Versicherungsnehmer<br />
eine feste Gebühr im Tausch gegen das Versprechen des Versicherungsgebers<br />
entrichtet, beim Eintreten eines definierten Schadensereignisses eine Ausgleichszahlung<br />
an den Versicherungsnehmer zu leisten. Durch dieses Geschäft glättet<br />
der risikoscheue Versicherungsnehmer seine Zahlungsreihe und überträgt Risiko<br />
auf den Versicherungsgeber, der dieses wiederum durch die Übernahme vieler<br />
unabhängiger Risiken zu diversifizieren versucht.<br />
193
1. Grundsatz der Vertragsfreiheit (Bedingungen und Prämien)<br />
• Zwei in Handelsgeschäften erfahrene Vertragspartner (HGB).<br />
• Handelsgeschäfte über Grenzen hinweg. Anwendung nationalen Rechts behindert<br />
internationalen Handel.<br />
• Vielfalt verschiedener Risiken erfordert individuelle Vertragsgestaltungen.<br />
• VVG (VersicherungsVertragsGesetz) findet keine Anwendung, lt. Seetransportversicherung.<br />
2. Einschränkung der Freiheit<br />
• Seit 1975 besteht Aufsichtspflicht auch bei Transportversicherungen<br />
(VAG: VersicherungsAufsichtsGesetz).<br />
• Verstoß gegen Gesetz oder gegen die Guten Sitten:<br />
§134 BGB: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot<br />
verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.“<br />
§138 (1) BGB: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist<br />
nichtig.“<br />
Abb. 113: Vertragsfreiheit und Einschränkungen<br />
Die Transportversicherung gehört zum Bereich der Sach- und hierbei zu den<br />
Schadensversicherungen. §1 ADS (Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen)<br />
besagt, daß jedes in Geld schätzbare Interesse, welches jemand daran<br />
hat, daß Schiff oder Ladung „die Gefahren der Seeschiffahrt“ bestehen, versichert<br />
werden kann.<br />
Bei internationalen Transporten gilt für die vereinbarten Bedingungen und Prämien<br />
der Grundsatz der Vertragsfreiheit, da es sich bei dem Versicherer und dem<br />
Versicherten um zwei in Handelsgeschäften erfahrene Vertragspartner handelt,<br />
die versicherten Geschäfte grenzüberschreitend sind und die Vielfalt der unterschiedlichen<br />
Risiken individuelle Vertragsausgestaltungen verlangen (vgl. Abb.<br />
113, oben).<br />
Man unterscheidet Kasko- (Transportfahrzeug) und Cargoversicherungen (Ladung).<br />
Häufig wird das Risiko durch Mit- und Rückversicherungen auf mehrere<br />
Versicherungsgeber verteilt.<br />
194
1. Einteilung nach dem versicherten Interesse<br />
• Kaskoversicherung für das Transportmittel<br />
• Cargoversicherung für die Ladung (Handelsgut, Privatgut: Reisegepäck,<br />
Umzugsgut)<br />
• Sonstiges: für Container, Haverei, Frachten<br />
2. Einteilung nach dem Transportweg<br />
• Seetransportversicherung<br />
• Binnentransportversicherung<br />
− Binnenschiffahrtsversicherung<br />
− Landtransportversicherung<br />
• Lufttransportversicherung<br />
• Versicherung für kombinierte Transporte, z.B. LKW-Schiff-LKW<br />
3. Einteilung nach Dauer der Versicherung<br />
• Reiseversicherung: Für die gesamte Transportzeit<br />
• Zeitversicherung: mit Frist<br />
• Einzel- und laufende Versicherung<br />
Abb. 114: Einteilung der Transportversicherungen<br />
Transportversicherungen können nach dem (1) versicherten Interesse (z.B.<br />
Kasko- und Cargoversicherung), nach dem (2) Transportweg (z.B. See - und<br />
Lufttransportversicherung oder für kombinierte Transporte) und nach der (3)<br />
Dauer der abgeschlossenen Versicherung (Kaskoversicherungen über die gesamte<br />
Dauer einer Reise oder nur über eine definierte Zeit; Cargoversicherungen<br />
nur für einzelne Transporte oder laufend) eingeteilt werden (vgl. Abb. 114, S.<br />
oben).<br />
Die Prämienberechnung der Seekaskoversicherung für hochseetüchtige Schiffe<br />
erfolgt nach Fahrgebiet, Größe und Alter des Schiffes, Bauart, Maschinenanlage,<br />
Ausrüstung, Zustand, Qualifikation der Besatzung, Flagge, Beurteilung des<br />
Reeders durch die Versicherungsgesellschaft und Schadensverlauf in der Vergangenheit<br />
(vgl. Abb. 115, S. 196).<br />
195
1. Seekaskoversicherung<br />
• Für hochseetüchtige Schiffe<br />
• Und bestimmte Reiserouten oder Fahrgebiete<br />
2. Prämienberechnung<br />
• Fahrgebiet<br />
• Größe<br />
• Alter<br />
• Qualifikation der Besatzung<br />
• Flagge<br />
• Beurteilung des Reeders durch die Versicherungsgesellschaft<br />
• Schadensverlauf der Vergangenheit (Deutschland: letzten 3 Jahre)<br />
3. Klassifikation:<br />
• Regelmäßige Überprüfung der Schiffe durch Klassifikationsgesellschaften<br />
in Häfen (in Deutschland durch „Germanischer Lloyd“) und gegenseitige<br />
Anerkennung der Klassifikation:<br />
• Bauart<br />
• Maschinenanlage<br />
• Ausrüstung<br />
• Zustand<br />
Abb. 115: Seekaskoversicherung<br />
Die Klassifikation der Schiffe auf der Basis regelmäßiger Überprüfungen durch<br />
Klassifikationsgesellschaften (z.B. Germanischer Lloyd) ist hierbei ein sehr<br />
wichtiges Kriterium. Die Prämienberechnung bei der Cargoversicherung<br />
richtet sich z.B. nach der Güterart und dem Güterwert, der Seetransportart<br />
(Tramp- oder Linienschiffahrt), dem Transportweg und nach den Umschlagsvorrichtungen<br />
in den anzulaufenden Häfen (vgl. Abb. 116, S. 197).<br />
Eine Besonderheit der Haftungsregeln des Seehandelsrechts (§§ 700 ff. HGB)<br />
stellt die Havarie Gross (große Havarie, urspr. arab. 'awar: Fehler, Schaden) dar.<br />
Hierunter versteht man alle Schäden an Schiff oder Ladung, die der Kapitän oder<br />
sein Vertreter zur Rettung aus einer gemeinsamen Gefahr vorsätzlich herbeiführt.<br />
Hauptfall ist die Leichterung des Schiffes im Sturm durch Überbordwerfen eines<br />
Teils der Ladung (Seewurf). Wird das Schiff und wenigstens ein Teil der Ladung<br />
gerettet, so sind die Kosten der Havarie Gross gemeinschaftlich vom Reeder bis<br />
zum Wert des Schiffes, vom Eigentümer der Ladung bis zum Wert der beförder-<br />
196
ten Güter und vom Verfrachter bis zur Höhe des Beförderungsentgelts zu tragen.<br />
Sie haften nicht persönlich.<br />
Güterart und -menge<br />
Seetransportart<br />
Weg<br />
Umschlagvorrichtungen<br />
Reeder<br />
Verpackung<br />
Abb. 116: Cargoversicherung<br />
• Wert der Ladung, Zerbrechlichkeit<br />
• Trampschiffahrt mit unregelmäßigen Fahrzeiten<br />
und Routen, Linienschiffahrt mit festen Routen<br />
und Termine<br />
• Vereisungen, Stürme, Meeresengen<br />
• Ladesicherheit<br />
• Zuverlässigkeit<br />
• Schutz vor Wetter, Seewasser, Staub, Bewegung.<br />
Mitbestimmend für den Schadensverlauf. Versicherer<br />
haben Schäden, die durch fehlende oder<br />
mangelhafte Verpackung enstehen, nicht zu tragen.<br />
Die Vertragsverhandlung führt der Versicherungsnehmer mit Assekuradeuren.<br />
Diese waren ursprünglich selbständige Privatversicherer. Heute versteht man<br />
hierunter Versicherungsagenten, also rechtlich selbständige Kaufleute, die durch<br />
Agenturverträge an mehrere Versicherungsunternehmen gebunden sind. Sie<br />
schließen auf Provisionsbasis Transportversicherungen ab und zeichnen sich<br />
durch ein spezifisches Expertenwissen und zusätzliche Serviceleistungen (Regulierung<br />
von Schäden) aus.<br />
Makler beraten Kunden bei der Vertragsgestaltung und vermitteln Risiken an<br />
Erst- und Mitversicherer. Sie verhandeln über Prämien und Bedingungen mit Assekuradeuren<br />
und Kunden. Erstversicherer schließen Verträge mit einem Versicherungsnehmer<br />
als Endverbraucher ab. Beteiligen sich mehrere Erstversicherer<br />
parallel zueinander am Risiko des Endverbrauchers, liegt eine Mitversicherung<br />
vor. Hierbei übernehmen mehrere Erstversicherer das Großrisiko in der Weise,<br />
daß jeder Versicherungsgeber eine Quote oder einen festen Betrag der Versicherungssumme<br />
übernimmt und dafür den entsprechenden Anteil an der Prämie erhält.<br />
Die Mitversicherer haften nicht als Gesamtschuldner, sondern nur bis zur<br />
Höhe der von ihnen übernommenen Versicherungssumme. Der Versicherungsnehmer<br />
schließt mit jedem Mitversicherer einen selbständigen Vertrag ab.<br />
197
Um das Risiko weiter zu diversifizieren, können Rückversicherungen<br />
vertraglich vereinbart werden. Das sind Verträge zwischen einem oder mehreren<br />
Erstversicherern und einem Rückversicherungsunternehmen, an das Risiko weiterverkauft<br />
wird. Die Rückversicherung begründet keine Rechtsbeziehung zum<br />
Endverbraucher des Versicherungsschutzes. Sie eignet sich besonders für die<br />
Fälle, in denen der Erstversicherer sehr große Risiken übernimmt und eine Mitversicherung<br />
nicht in Betracht kommt oder ergänzt werden soll.<br />
Lloyd’s of London ist der weltweit größte Transportversicherer. Hierbei handelt<br />
es sich um eine genossenschaftsähnliche Vereinigung von Privatpersonen, die<br />
Versicherungen zeichnen und unbegrenzt mit ihrem Vermögen haften. Es gibt<br />
keine gesamtschuldnerische Haftung.<br />
Das Kaffeehaus des Edward Lloyd entwickelte sich Ende des 17. Jahrhunderts zu<br />
einer Nachrichtenbörse für maritime Neuigkeiten. Im Jahre 1696 wurden hier<br />
die Lloyd’s News und 1734 die Lloyd’s List and Shipping Gazette herausgegeben.<br />
1760 gründete man eine Gesellschaft zur Registrierung und Klassifizierung<br />
von Seeschiffen (Lloyd’s Register of Shipping). Der Lloyd’s Act von 1871 etablierte<br />
die Corporation of Lloyd’s in ihrer heutigen Form. Lloyd’s verfügt über<br />
ca. 26.000 Mitglieder, die sich in ca. 350 Konsortien zusammenschließen. Sogenannte<br />
„underwriting members“ tätigen für die Konsortien die Abschlüsse,<br />
während die „non-underwriting members“ lediglich kapitalmäßig beteiligte<br />
Mitglieder sind. Makler („subscribers“) vermitteln die Versicherungsverträge an<br />
die Konsortien und besitzen eine starke Stellung innerhalb Lloyd’s. Die Konsortien<br />
schließen untereinander häufig Rückversicherungsverträge ab. Beim „Council<br />
of Lloyd’s“ müssen die Mitglieder die „Lloyd’s Deposit“ hinterlegen, die für<br />
den Ausgleich der Schadensforderungen und als Zinsanlage in einem Trustfond<br />
dient. Außerdem prüft das Council die Buchhaltung der Konsortien und vertritt<br />
die gemeinsamen Interessen nach außen. Die Gewinne der Mitglieder stammen<br />
aus den Versicherungsverträgen, besonders aber auch aus den ausgeschütteten<br />
Zinserträgen des Trustfonds. Die Gewinnsituation von Lloyd’s hat sich durch<br />
große Versicherungsfälle (Exxon Valdez Tankerunglück, Hurrikan Hugo Katastrophe),<br />
an denen mehrere Konsortien beteiligt waren, die sich durch Rückversi-<br />
198
cherungen gegenseitig absicherten, erheblich verschlechtert. Die Zukunft von<br />
Lloyd´s of London ist wegen des Wunsches vieler Mitglieder, die Organisation<br />
zu verlassen, ungewiß.<br />
6.6 Internationale Logistik und Containerverkehr<br />
Aus funktionaler Sicht beinhaltet die internationale Logistik die Gesamtheit aller<br />
Tätigkeiten (Funktionen) zur grenzüberschreitenden Bewegung eines Gutes<br />
von einem Sende- bis zu einem Empfangspunkt:<br />
• Tätigkeiten des Transports, der Lagerung, des Umschlags und der<br />
Einfuhr bilden die Kernfunktionen der internationalen Logistik.<br />
• Logistische Zusatzfunktionen bestehen in der Auftragsbearbeitung<br />
(vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.), Kommissionierung, Verpackung, und<br />
Markierung.<br />
• Unterstützende Bedeutung besitzen die logistische Informationsfunktionen<br />
des Sammelns, Aufbereitens, Speicherns und Übertragens<br />
entscheidungsrelevanter Daten in Nahbereichs- (Unternehmen) und<br />
interkontinentalen Fernnetzen (vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.).<br />
Aus institutioneller Sicht gehören zur internationalen Logistik alle in- und ausländischen<br />
technischen und organisatorischen Einrichtungen, die bei der Bewältigung<br />
der grenzüberschreitenden Bewegung eines Gutes von einem Liefer- bis<br />
zu einem Empfangspunkt mitwirken. Hierzu zählen die verschiedenen Transportmittel<br />
(z.B. Flugzeuge), die Verpackungsmittel und Transportbehältnisse<br />
(z.B. Container), die in- und ausländischen Lager und Produktionsstandorte (vgl.<br />
Abschnitt 6.8, S. 211 ff.), die internationalen Speditionen, die nationalen und internationalen<br />
Datenleitungen und -netze, sowie Dokumente wie Frachtbriefe und<br />
Konnossemente.<br />
In der systemtheoretischen Betrachtungsweise steht der Zusammenhang der<br />
internationalen Logistik mit dem wirtschaftlich/technisch/sozialen Gesamtsystem<br />
des Unternehmens im Vordergrund. Unter einem System versteht man eine ge-<br />
199
ordnete Gesamtheit von Elementen, zwischen denen spezifische Beziehungen bestehen<br />
oder hergestellt werden können. Zum internationalen Logistiksystem<br />
zählen:<br />
• Betriebliche Ziel-, Entscheidungs- und Kontrollstrukturen, welche<br />
die Logistiktätigkeiten im Rahmen der Gesamtunternehmensleistung<br />
steuern;<br />
• Mitarbeiter und Technologie, welche die Qualität der Logistikleistungen<br />
und ihre Kosten maßgeblich bestimmen;<br />
• interne und externe Kunden, welche die Logistikleistungen abnehmen<br />
und bewerten, mit ihrem Beschaffungs- und Lieferverhalten;<br />
• Wettbewerber, die das Serviceniveau vorgeben, an dem sich das Unternehmen<br />
orientieren muß;<br />
• vernetzte Logistikinformationssysteme, welche die Input-, Transformations-<br />
und Outputströme erfassen, die Daten entscheidungsorientiert<br />
darstellen, speichern und an die Logistikteilnehmer weiterleiten.<br />
Derartige Informationssysteme besitzen zentrale Bedeutung für die<br />
effiziente Erstellung der Logistikleistungen.<br />
Die internationale Logistik zeichnet sich gegenüber der nationalen durch einen<br />
wesentlich höheren Informations- und Erfahrungsbedarf und eine Zunahme<br />
der verschiedenen Risikoeinflüsse aus. Gründe für diese Komplexität liegen in<br />
• international gestreuten Beschaffungs-, Produktions- und Absatzstandorten<br />
des Unternehmens;<br />
• unterschiedlichen Transporttechnologien und länderspezifischen<br />
Vorschriften der Verpackung und Etikettierung;<br />
• zoll-, ausfuhr und einfuhrrechtlichen Bestimmungen und nichttarifäre<br />
Handelshemmnissen;<br />
• unterschiedlichen Preis- und Wettbewerbsstrukturen;<br />
• Währungs-, Technologie-, Witterungs- und Kriminalitätsrisiken.<br />
Bei der Bewertung der Logistikfunktion unterscheidet man zwischen den Logi-<br />
200
stikkosten einerseits und den kundenbezogenen logistischen Leistungen (vgl.<br />
Abb. 104, S. 185) andererseits.<br />
Die Masse des interkontinentalen Warentransports wird auf dem Seeweg abgewickelt.<br />
Bei Seetransporten kann auf eine Zwischenlagerung in Empfängernähe<br />
nicht verzichtet werden, soll ein Höchstmaß an wirtschaftlicher Transaktionseffizienz<br />
und damit Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />
darf der Sender nicht einseitig die erwarteten Logistikkosten minimieren.<br />
Vielmehr muß er dem Lieferzeitrisiko und der Lieferterminflexibilität besondere<br />
Aufmerksamkeit schenken, da diese Merkmale zu erheblichen ungeplante<br />
Kosten und Erlöseinbußen beim Kunden führen können. Die technischen<br />
Lösungen der Transport- und Kommunikationsprobleme bestimmen maßgeblich<br />
das Lieferzeitrisiko und die Terminflexibilität im Überseehandel.<br />
Trockenfrachtschiffe<br />
Tonnage (1000 BRT)<br />
Tankschiffe<br />
Tonnage (1000 BRT)<br />
1992 1993 1994 1995 1996<br />
723<br />
4558<br />
660<br />
4453<br />
617<br />
4919<br />
81 80 72<br />
352 345 331<br />
570<br />
4894<br />
552<br />
5331<br />
68 62<br />
267 267<br />
Abb. 117: Bestand an Seeschiffen (mit 100 und mehr BRT) unter deutscher Flagge<br />
(Quelle: Fachserie 8, Reihe 5, Stat. Bundesamt, Wiesbaden,<br />
1993 bis 1996)<br />
Die kundenorientierte Überseelogistik stellt hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit<br />
des Informations- und Warenflusses (vgl. Abb. 104, S. 185):<br />
Lieferfähigkeit: Fehler treten bei der Auftragseingabe in das Bestellsystem<br />
auf. Es kommt zu Störungen bei der werksinternen Kommunikation<br />
und Produktion.<br />
201
MAERSK-Transatlantik Linie<br />
Europa-Nordamerika (Westküste)<br />
Schiff Majestic<br />
MAERSK<br />
Madison<br />
MAERSK<br />
Reise Nr. 9205 9205<br />
Le Havre 17.Mai 24.Mai<br />
Antwerpen 18.Mai 25.Mai<br />
Felixstowe 18.Mai 25.Mai<br />
Rotterdam 19.Mai 26.Mai<br />
Hamburg 19.Mai 26.Mai<br />
Bremerhaven 20.Mai 27.Mai<br />
Portland 05.Juni 12.Juni<br />
Seattle 05.Juni 12.Juni<br />
Vancouver 06.Juni 13.Juni<br />
Long Beach 10.Juni 17.Juni<br />
Oakland 11.Juni 18.Juni<br />
Abb. 118: Segelliste (Auszug)<br />
(Quelle: MAERSK Deutschland GmbH (Hrsg),<br />
MAERSK Line Nr. 2, März-April; Hamburg 1992,<br />
S. 17)<br />
Varianz der Lieferzeit: Wird die Ware termingerecht bereitgestellt,<br />
bietet der Überseetransport zusätzliche Unwägbarkeiten. Die in Segellisten<br />
enthaltene erwartete Ankunftszeit (ETA, Estimated Time of Arrival)<br />
variiert bei Fahrten nach New York City um plus/minus einen Tag.<br />
Bei Fahrten in die Karibik treten größere Verzögerungen (z.B. durch<br />
Wirbelstürme) relativ häufig auf. Pufferzeiten von mehreren Tagen tragen<br />
dem Rechnung.<br />
Bestellfrist, Lieferfrist und Lieferterminflexibilität: Die Komplexität<br />
der Disposition des Überseetransports, Engpässe bei der kurzfristigen<br />
Laderaumbeschaffung und lange Transportzeiten erfordern mehrere<br />
Wochen Vorlaufzeiten (vgl. Abb. 118, oben). Ist die Ware einmal auf<br />
See, läßt sich der Liefertermin nicht ändern. Eine unerwartet veränderte<br />
Nachfrage des Empfängers führt daher schnell zu einem inakzeptablen<br />
Lagerbestand im Ausland.<br />
202
Ziel- bzw.<br />
Herkunftsregion<br />
in BRD<br />
Einladung nach<br />
Zielregion<br />
1000 Tonnen*<br />
in BRD<br />
Ausladung von<br />
Herkunftsregion<br />
1000 Tonnen*<br />
1993 1994 1995 1993 1994 1995<br />
Europa 210 249 266 164 190 208<br />
Afrika 37 44 44 37 40 41<br />
USA 158 197 203 178 192 202<br />
Amerika inkl. USA 209 251 257 222 239 255<br />
Asien 218 262 285 244 263 280<br />
Australien 8 7 7 3 1 2<br />
Gesamt inkl. Sonstige 683 813 860 672 734 788<br />
*zu bewältigende Fracht einschl. Umladeverkehr (Gesamtgewichtsdifferenzen<br />
wegen Rundungen der Einzelwerte)<br />
Abb. 119: Internationaler Frachtverkehr von deutschen Flughäfen (1000 Tonnen)<br />
(Quelle: Fachserie 8, Reihe 6, Stat. Bundesamt, Wiesbaden,<br />
1993 bis 1996).<br />
Bei Luftfrachtgeschäften handelt es sich um die gewerbsmäßige Beförderung<br />
von Waren im Luftverkehr. Federal Express, Lufthansa, Air France und Japan<br />
Airlines sind weltweit führend bei den Luftfrachtdiensten nach Frachttonnenkilometern.<br />
Häufig kommen spezielle Container zum Einsatz.<br />
Luftfrachtgeschäfte erlangen in der internationalen Logistik zunehmende Bedeutung,<br />
insbesondere bei Just-in-Time Liefervereinbarungen. Die Abwicklung<br />
der Air Cargo Aufträge erfolgt durch die Luftfahrtgesellschaften als Beförderer.<br />
Der Warenumschlag liegt in der Zuständigkeit der Flughafengesellschaften.<br />
Obwohl die Luftfracht nur einen geringen Anteil am internationalen Transportaufkommen<br />
einnimmt, handelt es sich um einen sehr schnell wachsenden und<br />
rentablen Dienstleistungsmarkt. Luftfracht bietet sich als Alternative an, bei<br />
• kleinen Frachtgewichten und Volumina,<br />
• teuren Waren,<br />
• hohen Anforderungen an eine schnelle und pünktliche Lieferung,<br />
• unzureichender logistischer Infrastruktur im Zielland, und<br />
• logistischen Engpaßsituationen.<br />
203
Der Container ist ein international standardisierter Transportbehälter, mit Stückgut,<br />
Schüttware oder Flüssigkeiten beladbar. Er bietet einen zuverlässigen Transportschutz<br />
(Bewegung, Klima, Seewasser, Staub) und kann mit Inhalt zwischen<br />
verschiedenen Transportmitteln (LKW, Bahn, Seeschiff, Flugzeug) umgeschlagen<br />
werden. Dies erspart ein Umladen der Ware. Dadurch tritt ein erheblicher<br />
Rationalisierungseffekt auf dem Schiff, im Hafen und beim Binnentransport<br />
(Zeit, Personal) bei gleichzeitig verringerter Beschädigungsquote der Waren auf.<br />
Größte Bedeutung besitzen genormte stapelbare Seecontainer mit 40 oder 20<br />
Fuß Länge und 8 Fuß Breite wie Höhe (96 Zoll) aus Stahl oder Aluminium<br />
(ISO 668). Container für Luftfracht besitzen verschiedene Maße.<br />
Seecontainer lassen sich übereinander stapeln und so platzsparend in Schiffen<br />
verstauen, deren moderne Ausführungen über 4000 TEUs (Twenty-Foot-<br />
Equivalent-Unit) aufnehmen können. Containerterminals arbeiten voll computerisiert.<br />
Stellplätze der Container im Terminal und im Schiff, sowie alle Ladeund<br />
Entladevorgänge werden optimiert und EDV-gesteuert. Das Qualifikationsprofil<br />
der Hafenarbeiter hat sich entsprechend geändert. So spielen Kenntnisse<br />
der EDV, des Umgangs mit Gefahrgütern und Ladungssicherungstechnik eine<br />
wichtige Rolle. Damit Container sinnvoll eingesetzt werden können, müssen<br />
nicht nur die Hafenanlagen, sondern auch die Infrastruktur im Landesinneren für<br />
den Weitertransport dafür ausgerichtet sein (Straßen, Kanäle, Binnenhäfen, Umschlagvorrichtungen).<br />
Sackware, Fässer und Kisten lassen sich als Palettenware in einem Standardcontainer<br />
verstauen. Dieser besteht aus einem spritzwasserdichten Stahlkasten mit<br />
zwei Stirnwandtüren für Palettenwaren. Sein zulässiges Gesamtgewicht beträgt<br />
24.000 kg bei 20 Fuß Länge oder 30.480 kg bei 40 Fuß Länge. Für flüssige Waren<br />
eignen sich 20-Fuß Tankcontainer mit einer maximalen Füllmenge von<br />
18.140 Litern (95 %) und einem Gesamtgewicht bis 24.000 kg. Sie besitzen einen<br />
Tank, der in einen Rahmen eingehängt ist und sind ebenfalls stapelbar. Mit<br />
Tankcontainern befördet man z.B. flüssige Chemieprodukte, die gegebenenfalls<br />
in beheiztem Zustand gehalten werden können.<br />
204
Ein Bulkcontainer, mit einer PE-Folie ausgekleidet und durch Dachluken aus<br />
dem Silo beladbar, befördert Schüttgüter (z.B. Kunststoffgranulate). Die Entnahme<br />
erfolgt durch Luken im Heck. Für Früchte und andere verderbliche Güter<br />
eignen sich mit einem eigenen Kühlaggregat ausgestattete Kühlcontainer. Hierdurch<br />
vereinfachen sich die Belade- und Entladevorgänge erheblich.<br />
Jahr 1993<br />
20-Fuß-Äquivalenz-<br />
Einheit<br />
1994<br />
20-Fuß-Äquivalenz-<br />
Einheit<br />
Empfang in BRD 269.589 267.733<br />
Versand aus BRD 352.456 343.403<br />
Abb. 120: Containerverkehr zwischen Deutschland und USA in TEU<br />
(Quelle: Fachserie 8, Reihe 5, Stat. Bundesamt, Wiesbaden,<br />
1993 u. 1994)<br />
SEALAND eröffnete 1966 die erste Containerlinie von New York nach Bremen.<br />
Deutsche Reedereien besitzen die größte Containerflotte der Welt, gefolgt von<br />
japanischen und US-amerikanischen Eignern. In den USA kommen zunehmend<br />
Container mit größeren Maßen in Gebrauch: 48 Fuß Länge und 107 Zoll Höhe,<br />
53 Fuß Länge und 110 Zoll Höhe. Damit verlieren die ISO-Normen an Bedeutung.<br />
Beim kombinierten Verkehr handelt es sich um die verkehrstechnische Bezeichnung<br />
für den Transport von Gütern mit zwei oder mehr Verkehrsträgern ohne<br />
Wechsel des Transportgefäßes. Typisch ist der Transport von Waren in Containern<br />
in einer LKW/Seeschiff/LKW-Kette. Länder, die über keinen ausgebauten<br />
Containerhafen verfügen, können über die Kette LKW/Seeschiff/Frachtflugzeug<br />
erreicht werden. Miami (Florida) beispielsweise ist ein wichtiges Umschlagszentrum<br />
für den kombinierten Straße/See/Luft-Warenverkehr nach Südamerika.<br />
Ein besonderer Aspekt der internationalen Logistik sind Just-In-Time (J.I.T.)<br />
Vereinbarungen zwischen einem Sender und einem Empfänger. Es handelt sich<br />
hierbei um ein Organisationsprinzip, das die Synchronisation von Leistungser-<br />
205
stellung und -verbrauch und minimale Lagerbestände in den Stufen der unternehmensinternen<br />
und -übergreifenden Logistikketten zum Ziel hat. Logistische<br />
J.I.T. Konzeptionen sind in allen Stufen des Materialflusses zu finden. Just-In-<br />
Time Vereinbarungen im Distributionsbereich haben weitreichende technologische<br />
und (kartell)rechtliche Auswirkungen (vgl. Abb. 73, S. 113). Im Grundsatz<br />
handelt es sich um eine enge logistische Zusammenarbeit von Sender und Empfänger<br />
mit dem Ziel der Steigerung der wirtschaftlichen Transaktionseffizienz.<br />
Im Überseehandel gestalten sich J.I.T.-Konzeptionen schwierig (vgl. Abb. 104,<br />
S. 185). Beim Einsatz von Seeschiffen nach Ostasien oder an die Westküste der<br />
USA muß mit mehreren Tagen Lieferzeitvarianz gerechnet werden, weshalb Sicherheitslager<br />
(buffer stock) beim Abnehmer notwendig werden. Auch können<br />
wegen der langen Fahrtdauer auf See die Auslieferungsmengen nicht kurzfristig<br />
gesteigert oder gesenkt werden, was leicht zu enormen Fehlbeständen beim Kunden<br />
führt. Die Versendung der Aufträge per Luftfracht reduziert sowohl die erwartete<br />
Lieferzeit als auch die -varianz, kommt aber nur für relativ teure Waren<br />
in kleinen Mengen in Frage. Für die Verringerung der Lagerbestände im Überseehandel<br />
ist die effiziente Kommunikation und Zusammenarbeit mit einer internationalen<br />
Spedition und ein qualitätsbewußtes Auftragsmanagement entscheidend<br />
(vgl. Abschnitt 6.3, S. 184 ff.).<br />
6.7 Gefahrguttransporte<br />
Der Transport von Gütern erzeugt negative externe Effekte in der Form von<br />
Verletzungen durch Unfälle, Lärm, Luftbelastung und Flächenverbrauch. Insbesondere<br />
bei Gefahrgütern können die Risiken für die Allgemeinheit erheblich<br />
sein. Regeln für Gefahrguttransporte (vgl. Abb. 121, S. 207) finden sich auf nationaler<br />
(BRD), supranationaler (EU) und internationaler Ebene (UNO).<br />
Die folgenden drei Regelungswerke besitzen große Bedeutung für den Transport<br />
von Waren in der Europäischen Union:<br />
206
• Gefahrgutverordnung Straße/Europäisches Abkommen über die<br />
internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit den<br />
Anlagen A und B.<br />
• Gefahrgutverordnung Eisenbahn/Internationales Abkommen über<br />
den Eisenbahnfrachtverkehr, mit der Anlage: Regelung für die Beförderung<br />
gefährlicher Güter mit der Eisenbahn<br />
• Gefahrgutverordnung Binnenschiffahrt/Europäisches Abkommen<br />
über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein.<br />
National (BRD)<br />
• Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (GefGutG)<br />
• Gefahrgutverordnung Straße (GGVS)<br />
• Gefahrgutverordnung Eisenbahn (GGVE)<br />
• Gefahrgutverordnung Binnenschiffahrt (GGVBinSch)<br />
• Gefahrgutverordnung See (GGVSee)<br />
• Gefahrgut-Ausnahmeverordnung (GGAV)<br />
• Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV)<br />
Supranational (Europäische Union)<br />
• Europäisches Abkommen zur Beförderung gefährlicher Güter auf<br />
der Straße (ADR)<br />
• Internationales Abkommen zum Eisenbahnfrachtverkehr, mit der<br />
Anlage: Regelung für die Beförderung gefährlicher Güter mit der<br />
Eisenbahn (RID)<br />
• Europäisches Abkommen zur internationalen Beförderung gefährlicher<br />
Güter auf dem Rhein (ADNR)<br />
International<br />
• Internationaler Code über die Beförderung gefährlicher Güter mit<br />
Seeschiffen (IMDG-Code)<br />
• International-Atomic-Energy (IAEA)-Vorschriften für die sichere<br />
Beförderung radioaktiver Stoffe<br />
• United-Nations (UNO)-Empfehlungen des Expertenausschusses für<br />
Gefahrguttransporte (Orange Book)<br />
• Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter im Luftverkehr<br />
(IATA-DGR)<br />
• Technische Anweisungen der International Civil Aviation Organization<br />
(ICAO-TI)<br />
• Empfehlungen der International Maritime Organization (IMO) für<br />
die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen<br />
Abb. 121: Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen für den Transport von Gefahrgütern<br />
207
Man geht von insgesamt 9 Gefahrgutklassen aus (vgl. Abb. 122, unten).<br />
Klasse<br />
Gefahreigenschaft<br />
1 Explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff<br />
2 Gase<br />
3 Entzündbare flüssige Stoffe<br />
4.1 Entzündbare feste Stoffe<br />
4.2 Selbstentzündliche Stoffe<br />
4.3 Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwikkeln<br />
5.1 Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe<br />
5.2 Organische Peroxide<br />
6.1 Giftige Stoffe<br />
6.2 Ansteckungsgefährliche Stoffe<br />
7 Radioaktive Stoffe<br />
8 Ätzende Stoffe<br />
9 Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände<br />
Abb. 122: Gefahrgutklassen<br />
Das Gefahrgutrecht kennt Sicherheitspflichten für alle Beteiligten der gesamten<br />
Gefahrguttransportkette:<br />
• Auftraggeber des Absenders<br />
• Hersteller<br />
• Verpacker<br />
• Absender<br />
• Beförderer<br />
• Verlader<br />
• Befüller<br />
• Fahrzeugführer<br />
• Halter<br />
• Eigentümer<br />
• unmittelbarer Besitzer<br />
• Empfänger<br />
Häufig werden mehreren Akteuren die selben Pflichten zugewiesen, um die Ausführung<br />
noch sicherer zu gestalten.<br />
Der Absender im Exportgeschäft<br />
• weist den Beförderer auf das gefährliche Gut hin und übergibt ein<br />
Beförderungspapier, in dem das gefährliche Gut mit seiner Gefahrenklasse<br />
bezeichnet ist [§ 9, (1), 1 GGV Straße]. Zusätzliche Regelungen<br />
gelten für radioaktive Stoffe. Das Beförderungspapier muß<br />
208
den inhaltlichen und formalen Anforderungen der Gefahrgutverordnung<br />
Straße genügen.<br />
• Der Absender muß in einer Bescheinigung die Zulassung des<br />
Transportes nach den Vorschriften des Europäisches Übereinkommens<br />
über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße bestätigen.<br />
Bei Sammeltransporten muß er bestätigen, daß die Zusammenpackung<br />
von Gefahrengütern nicht verboten ist.<br />
• Transporte von Gütern der Klassen 1, 5.2 und 7 erfordern behördliche<br />
Genehmigungen, die dem Transport beizufügen sind.<br />
• Der Absender erstellt Unfallmerkblätter und übergibt sie bei der<br />
Auftragserteilung dem Beförderer. Unfallmerkblätter enthalten Anweisungen<br />
für das Verhalten bei Zwischenfällen aller Art.<br />
• Bei kombinierten Transporten muß der Absender auch für die<br />
nachfolgenden Verkehrsmittel Beförderungspapiere dem Transport<br />
beilegen.<br />
An den transportierten Packungseinheiten, Containern und Tanks sind Gefahrzettel<br />
mit warnenden Symbolen anzubringen. Die GGVS definiert hierfür 21 Gefahrzettel.<br />
Außerdem sind orangefarbene Warntafeln mit der sogenannten<br />
Kemmler-Zahl im oberen Feld und der UN-Nummer im unteren Feld zur<br />
Kennzeichnung des Stoffes an Verpackungen, Containern und Tanks deutlich<br />
sichtbar anzubringen (vgl. Abb. 123, unten, u. Abb. 125, S. 210).<br />
Gefahren-Nummer (Kemmler-Zahl) → 23<br />
Abb. 123: Warntafel für Butan<br />
Stoff (UN)-Nummer → 1011<br />
Die Ziffern der Kemmler-Zahl folgen im allgemeinen den neun Gefahrgutklassen.<br />
Zifferkombinationen weisen hierbei auf mehrere Gefahren hin. Beschreibt<br />
die einzelne Ziffer die Gefahr ausreichend, dann wird ihr eine Null angehängt.<br />
Die Verdoppelung einer Ziffer weist auf ein besonders großes Gefahrenpotential<br />
der entsprechenden Gefahrenart hin. Steht den Ziffern der Buchstabe X voran,<br />
dann reagieren diese Stoffe mit Wasser gefährlich. Zum Löschen muß die Feu-<br />
209
erwehr dann Schaum, CO 2 -Schnee, CO 2 -Gas oder Pulver einsetzen. Auf weitere<br />
besondere Zahlenkombination weist die Abbildung 123, Seite 209, hin.<br />
22 Tiefgekühltes Gas<br />
X 333 Selbstentzündliche Flüssigkeit, die mit Wasser gefährlich reagiert<br />
X 423 Entzündbarer fester Stoff, der mit Wasser gefährlich reagiert, wobei<br />
brennbare Gase entweichen<br />
44 Entzündbarer fester Stoff, der sich bei erhöhter Temperatur in geschmolzenem<br />
Zustand befindet<br />
539 Entzündbares organisches Peroxid<br />
Abb. 124: Bedeutung besonderer Ziffernfolgen<br />
Bei der UN-Nummer handelt es sich um eine Stoffkennzeichnung, die von der<br />
UNO dem jeweiligen Gefahrgut zugeteilt wurde. Diese Nummern wurden in das<br />
nationale Recht übernommen.<br />
22 X 333<br />
1951 1102<br />
Argon,<br />
tiefgekühlt,<br />
verflüssigt<br />
Kalium<br />
30 X 423<br />
1223 1428<br />
Kerosin<br />
Natrium<br />
44 539<br />
2304 2116<br />
Schwefel in geschmolzenem<br />
Zustand<br />
Cumolhydroperoxid<br />
Abb. 125: Beispiele von Warntafeln mit Kemmler-Zahl und UN-Nummer<br />
Kennzeichnungsnummern müssen unauslöschbar sein und einen Brand von 15-<br />
minütiger Dauer ohne Beeinträchtigung der Lesbarkeit überstehen. Außerdem<br />
210
ist beim Transport auf der Straße das Fahrzeug vorne und hinten mit achteckigen<br />
orangefarbenen Warntafeln zu versehen.<br />
Mitzuführende Unfallmerkblätter enthalten Hinweise zu Schutzmaßnahmen in<br />
den Sprachen der Transitländer und des Bestimmungslandes. Bei Stückguttransporten<br />
der Bahn werden die Gefahrzettel beidseitig am Waggon angebracht.<br />
Kesselwagen erhalten zusätzlich noch eine Warntafel. Werden verflüssigte Gase<br />
transportiert, dann ist ein gelber Streifen am Kesselwagen anzubringen. Ein Ordner<br />
mit Unfallmerkblättern befindet sich in der Lokomotive. Binnenschiffe<br />
kennzeichnet man beim Transport bestimmter feuergefährlicher oder explosiver<br />
Güter mit blauen Kegeln und Lampen. Seeschiffe müssen tagsüber mit einer rote<br />
Signalflagge und nachts durch ein rotes Rundumlicht vor ihrer Ladung warnen.<br />
Versandstücke versieht man im Seehandel mit dem Gefahrzettel nach dem International-Maritime-Dangerous-Goods-Code.<br />
Im Luftverkehr sind nur die<br />
Versandstücke zu kennzeichnen, nicht jedoch die Flugzeuge selber. Um das Risiko<br />
bei internationalen Gefahrguttransporten gering zu halten, muß auf eine hohe<br />
Qualifikation des Fahr- und Begleitpersonals, geeignete Fahrzeuge und Umschlageinrichtungen<br />
sowie effektive Informationskanäle geachtet werden. Die sichere<br />
Beherrschung von Gefahrguttransporten kann ein bedeutender internationaler<br />
Wettbewerbsvorteil für den Transporteur darstellen.<br />
6.8 Dislozierung von Auslandsstandorten<br />
6.8.1 Direktinvestitionsentscheidung<br />
Die Investitionstätigkeit im Ausland führt von einer bloßen Exportsubstitution<br />
zur Globalisierung der Produktion und des <strong>Vertrieb</strong>es (vgl. Abb. 81, S. 126):<br />
• Um als Exporteur gegen die Produzenten im Auslandsmarkt konkurrieren<br />
zu können, werden <strong>Vertrieb</strong>slager und Verkaufsbüros im<br />
Zielland errichtet. Man beschafft Bürofläche, Parkraum und Hardware<br />
u.a. .<br />
211
• Im nächsten Schritt zieht man auch mit einer Fertigungsstätte nach.<br />
Ein Verwaltungsgebäude entsteht. Man tritt im Auslandsmarkt als<br />
inländischer Produzent auf. Importbeschränkungen verlieren an Bedeutung.<br />
• Man beginnt, von den ausländischen Niederlassungen in angrenzende<br />
Länder zu exportieren und von dort Vorprodukte einzukaufen. Es<br />
bilden sich kontinentale Zentren heraus.<br />
• Die Zentren umgeben sich mit einem Netz von Produktionsstätten,<br />
Verkaufsbüros und <strong>Vertrieb</strong>slager. Sie tauschen Produkte und Vorprodukte<br />
interkontinental aus. Der Zusammenhang zwischen dem<br />
Land des Kunden und dem Land der Produktion löst sich vollständig<br />
auf. Der Kunde ordert in einem Land, erhält sein Produkt aus einem<br />
anderen Land, die Vorprodukte werden global von der eigenen Organisation<br />
erzeugt oder von anderen Unternehmen eingekauft (globales<br />
Unternehmen).<br />
Die einzelnen Investitionsschritte müssen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft<br />
werden. Hierfür eignet sich der Kapitalwert. Er ermittelt die Summe der<br />
(negativen) Anfangsauszahlungen und aller abgezinsten zukünftigen Nettoeinzahlungen,<br />
die ein Investor für die ausländische Anlage über deren Laufzeit erwarten<br />
kann. Unter Anwendung des Kapitalwertkriteriums lassen sich verschiedene<br />
Entscheidungsalternativen miteinander vergleichen.<br />
Mit jeder Auslandsinvestition verbindet sich ein landesspezifisches Risiko (vgl.<br />
Abschnitt 6.8.2, S. 216 ff.), welches zu einer Abwertung des Kapitalwertes führt.<br />
Durch eine kalkulatorische Reduktion der Nettoeinzahlungen, pauschale Abschläge<br />
vom Kapitalwert oder Zuschläge zum Diskontierungszins läßt sich dieses<br />
berücksichtigen.<br />
Die Einzahlungen liegen in der Zukunft und müssen zum erwarteten Wechselkurs<br />
(vgl. Abschnitt 5.2, S. 129 ff.) in die Währung des Investors (inländische<br />
Währung) umgerechnet werden. Hierzu sind die Wechselkursentwicklungen zu<br />
prognostizieren.<br />
212
In der Regel bestimmt man den Kapitalwert mit einem endlichen Zeithorizont,<br />
der beispielsweise bei sechs Jahren liegt. Der Restwert der Investition<br />
am Ende des Zeithorizonts muß als Schlußeinzahlung berücksichtigt<br />
werden. Die Ermittlung des Restwertes kann man unter der Annahme<br />
der Liquidation oder Fortführung der Investition ermitteln.<br />
Abb. 126: Bausteine des Kapitalwerts<br />
Anfangsauszahlung<br />
+<br />
Barwert der Periodendividenden<br />
+<br />
Barwert des Restwertes<br />
+<br />
Barwert der Finanzmittel<br />
+<br />
Barwert der Synergieeffekte<br />
Weitere Ergebniseinflüsse entstehen durch die Fremdkapitalaufnahme mit unterschiedlichen<br />
Finanzierungskosten und durch Synergieeffekte (vgl. Abschnitt<br />
6.8.3, S. 219 ff.) zwischen verschiedenen Investitionen.<br />
Nachfolgend sind die Anfangsauszahlung und der Barwert der Periodendividenden<br />
formelmäßig dargestellt. Hierbei wird zur Wechselkursprognose auf die<br />
Kaufkraftparitätentheorie zurückgegriffen (vgl. Abschnitt 5.2.2, S. 135 ff.).<br />
( )<br />
t t t t t<br />
T p −c ⋅q −F −D<br />
a<br />
K =−r0 ⋅ A+ X⋅( 1−s<br />
) ⋅<br />
⋅r<br />
⋅<br />
t<br />
0<br />
t = 1<br />
( 1+<br />
i)<br />
i<br />
t<br />
( 1+<br />
f )<br />
( 1+<br />
f a<br />
)<br />
t<br />
A : Ausland<br />
A : Anfangsauszahlung<br />
c : direkte Kosten pro Stück<br />
D : Abschreibung<br />
f : Inflationsrate<br />
F : fixe Kosten<br />
i : Inland<br />
K : internationaler Kapitalwert<br />
p : Preis<br />
r : Wechselkurs in Periode Null<br />
t : Periode<br />
T : Zeithorizont<br />
s : Gewinnsteuersatz<br />
X : Länderrisikofaktor, X∈[0,1]<br />
Abb. 127: Internationaler Kapitalwert<br />
213
Es besteht ein erhebliches Prognoseproblem bei der Abschätzung der zukünftigen<br />
Preis-, Mengen und Währungskursentwicklungen. Außerdem ist die Risikomessung<br />
nicht objektivierbar. Weiterhin basiert die Formel des internationalen<br />
Kapitalwertes auf quantitativen Größen. Gerade im Außenhandelsgeschäft spielen<br />
aber qualitative Einflüsse eine große Rolle und müssen in die Entscheidungsfindung<br />
einfließen (Nutzwertanalyse, vgl. Abschnitt 2.5, S. 33 ff.).<br />
Abb. 128, Seite 215, zeigt den Entscheidungsprozeß in einem Unternehmen zur<br />
Planung einer internationalen Strategie für mehrere Regionen und Auslandsstandorte.<br />
Durch die 9. Planungsstufe wird der Vorgang wieder an den Verkauf<br />
zurückgegeben mit der Aufforderung, die Verkaufsziele verstärkt unter finanziellen<br />
Gesichtspunkten zu definieren. Dann werden der Cash Flow und der Kapitalwert<br />
erneut berechnet und der Investitionsplan revidiert. Erst wenn die Investitionsgrenzen,<br />
die man auf der Grundlage der erwarteten Liquidität und des Kapitalwertes<br />
bestimmt, auch eingehalten werden, kann die Strategie verabschiedet<br />
werden.<br />
214
1. Festlegung des Zeithorizonts<br />
• Jahre<br />
2. Schätzung der Nachfrage in jeder Region für das Produkt<br />
• Internationale Institute, Verbände und Organisationen<br />
• Marktpotential und Wettbewerberanalysen<br />
• Befragung des Außendienstes der Niederlassungen<br />
3. Bestimmung der Wettbewerberposition des Unternehmens in jeder relevanten<br />
Region<br />
• Kosten und Verfahren der Wettbewerber analysieren und mit den eigenen<br />
Kosten vergleichen<br />
• Das strategische Wettbewerberverhalten und die Stärke des eigenen Unternehmens<br />
analysieren und prognostizieren<br />
4. Festlegung der Verkaufsziele für jede Region<br />
• Marktanteile planen<br />
• Reaktion des Wettbewerbs und die eigene Reaktion hierauf prognostizieren<br />
5. Bestimmung der regionalen Verteilung der Produktionsstandorte<br />
• Reduktion der Alternativen<br />
− Sunk Cost Risiko<br />
− Verfügbarkeit von ausgebildeten Arbeitskräften<br />
− Größe der lokalen Märkte<br />
− Kosten der lokalen Vorprodukte, Zollsätze, Frachtraten<br />
− Örtliche Vorschriften und Auflagen<br />
• Notwendige Standorte<br />
− Kundenservice<br />
• Investitionsrechnung<br />
− Einbeziehung von internationalen Vorproduktströmen<br />
• Ziel<br />
− Kosten unter gegebenen Absatzzielen minimieren<br />
6. Abschläge für Länderrisiken<br />
• Kapitaltransfer<br />
• Produktionsauflagen<br />
• Arbeitsmarkt<br />
• Politische und volkswirtschaftliche Bedingungen<br />
7. Ermittlung des Cash Flows für jede Periode und den Gegenwartswert<br />
(Kapitalwert) der Strategie<br />
8. Ableitung von Investitionsgrenzen aus dem Cash Flow und dem Gegenwartswert<br />
9. Reduktion des Investitionsplans und Erhöhung der Verkaufsziele<br />
Abb. 128: Heuristischer Prozess zur internationalen Strategie<br />
215
6.8.2 Länderrisiken und Kapitalwert<br />
Durch geschäftliche Auslandsaktivitäten, insbesondere Exporte und Direktinvestitionen,<br />
nimmt man Gewinnmöglichkeiten im Ausland wahr und reagiert auf<br />
den internationalen Wettbewerbsdruck. Das Unternehmen operiert nicht mehr<br />
nur in einem Land, gekennzeichnet durch ein eigenes Rechtssystem, eine Währung,<br />
eine Wirtschaftspolitik und häufig auch eine eigene Sprache, sondern in<br />
vielen Ländern. Unter einem Länderportfolio verstehen wir eine Anzahl von<br />
Ländern, mit denen ein internationales Unternehmen geschäftsmäßig durch Export,<br />
Import, Direktinvestitionen und andere Formen des Auslandsengagements<br />
(vgl. Abb. 81, S. 126) verbunden ist.<br />
Das Länderrisiko kann in die folgenden Merkmale zerlegt werden:<br />
Politisches Risiko<br />
• Keine stabilen Mehrheitsverhältnisse<br />
• Unberechenbarer Regierungskurs<br />
• Unklare Abgrenzung zwischen den politischen Machtinstitutionen<br />
• Politische Aktionen von Bürgern und Militärs<br />
• Undurchsichtige Verstrickung von Politik, Wirtschaft und Militär<br />
Administratives Risiko<br />
• Zuständigkeiten der Verwaltungen unklar<br />
• Erhebliche Zeitvarianzen in der Bearbeitung von Vorgängen<br />
• Entscheidungswillkür<br />
• Bestechliche Verwaltungen und kriminelle Verstrickung<br />
• Diskriminierende Verwaltungspraxis gegenüber Ausländern<br />
Kulturelles Risiko<br />
• Keine Vertrautheit mit Sprache und Sitten<br />
• Kulturelle Intoleranz und Diskriminierungen<br />
• Problematische Wohnsituation für Auslandsdelegierte und deren Familien<br />
• Unbefriedigende Schulsituation<br />
• Kulturelles und touristisches Angebot nicht erwartungsgemäß<br />
216
Rechtssicherheitsrisiko<br />
• Verträge nicht durchsetzbar<br />
• Staat ohne Gewaltmonopol<br />
• Langsam arbeitende und bestechliche Gerichte<br />
• Übermäßig komplizierte Vorschriften und Gesetze, Überregulierung<br />
• Willkürliche und gegen Ausländer diskriminierende Urteile<br />
Makroökonomisches Risiko<br />
• Währungs- und Preisstabilität nicht gegeben<br />
• Hohe Arbeitslosigkeiten<br />
• Geringes Wachstum<br />
• Starke Konjunkturschwankungen<br />
• Hohe Staatsverschuldung<br />
Mikroökonomisches Risiko<br />
• Hoher Wettbewerbsdruck<br />
• Geringe Differenzierungsmöglichkeiten<br />
• Kein inländischer Wachstumsmarkt<br />
• Problematische Beschaffung<br />
• Unbefriedigende Qualität des Personals<br />
• Unzureichende Finanzierungsoptionen<br />
Außenhandelsrisiko<br />
• Qualitätsreduktion wegen Mindestanteil inländischer Komponenten<br />
(local content measures)<br />
• Beschränkung der unternehmerischen Entscheidung wegen Mindestexportanteil<br />
(export-performance)<br />
• Deckung der Importe durch selbsterwirtschaftete Devisen (Devisenbewirtschaftung)<br />
• inländische Reinvestitionspflicht von Gewinnen (Devisenbewirtschaftung)<br />
• Behinderung des Imports von Vorprodukten durch tarifäre und<br />
nichttarifäre Einfuhrbedingungen<br />
• Schleppende und komplizierte Abwicklung der Außenhandelsverwaltung<br />
• Mangelhafte Hafenanlagen und inländische Zubringerwege<br />
• Unzureichende Kommunikationsmöglichkeiten<br />
Die volkswirtschaftlichen Abteilungen von Handelsbanken und großen Industrieunternehmen<br />
sowie unabhängige Institute nehmen eigene Länderrisikoanaly-<br />
217
sen vor. Der Business-Environment-Risk (BERI)-Index wird in vielen Wirtschaftsbereichen<br />
genutzt. Er besteht aus drei Teilindizes:<br />
• Operations Risk Index (Geschäftsklima)<br />
• R-Factor (Rückzahlungsverhalten)<br />
• Political Risk Index (politisches Risiko)<br />
Hinter jedem Teilindex verbergen sich eine Vielzahl von gewichteten Merkmalen,<br />
die von Experten zu bewerten sind (Nutzwertanalyse, Abschnitt 2.5,<br />
insbes. Abb. 30, S. 36). Die Summe aus gewichteten Bewertungen kann bei jedem<br />
Index maximal 100 betragen. Für jedes Land, welches einer Beurteilung<br />
unterzogen wird, nimmt eine Expertenrunde die Skalierungen vor.<br />
Die Länderbewertungen ergänzt man durch Standardempfehlungen für das Auslandsengagement<br />
(Profit Opportunity Recommendation):<br />
Gesamtpunkte<br />
eines Landes<br />
Empfehlung zum Auslandsengagement in diesem<br />
Land<br />
0-120 keine geschäftlichen Transaktionen<br />
120-160 nur Handel<br />
150-180 nur für ertragsunabhängige Zahlungen geeignet<br />
(z.B. Lizenz- und Managementverträge)<br />
180-300 für Direktinvestitionen geeignet<br />
Abb. 129: Risikoindex und Handlungsempfehlungen<br />
Mit der Messung des Länderrisikos verbinden sich Probleme:<br />
• Mehrfacherfassung des Länderrisikos wegen unscharfer Abgrenzung<br />
der Merkmale und Teilrisiken.<br />
• Doppelerfassung des Länderrisikos im Entscheidungsablauf, wenn<br />
in die monetäre Wirtschaftlichkeitsrechnung (Kapitalwert) ein Länderrating<br />
einfließt, da teilweise in den prognostizierten Einzahlungsund<br />
Auszahlungsströmen bereits Merkmale der Länderrisiken erfaßt<br />
sind.<br />
• Vernachlässigung des Diversifikationseffektes bei der Kapitalwertermittlung.<br />
218
Das Auslandsengagement in mehreren Ländern führt zu Diversifikationseffekten<br />
(Länderportfolio). Zunächst wird durch das internationale Unternehmen das politische,<br />
wirtschaftliche und kulturelle Länderrisiko gestreut. Außerdem nimmt<br />
die Anzahl und Größe der bedienten Marktsegmente zu, wodurch Risikominderungseffekte<br />
im Absatz eintreten. Durch die Verteilung der Forschungsaktivitäten<br />
auf mehrere Länder läßt sich das regional vorhandene Wissen besser nutzen.<br />
Bei der horizontalen Diversifikation findet die Ausweitung der internationalen<br />
Aktivitäten auf der gleichen Produktionsstufe statt. Werden hingegen vor- oder<br />
nachgelagerte Produktionsstufen aufgenommen, spricht man von vertikaler Diversifikation.<br />
Durch eine geschickte Zusammenstellung des Länderportfolios kann das kombinierte<br />
Länderrisiko im Auslandsgeschäft eines internationalen Unternehmens<br />
verringert werden. Insofern muß das Länderrisiko in einen diversifizierbaren<br />
und einen nicht-diversifizierbaren Anteil aufgespalten werden. Nur der nichtdiversifizierbare<br />
Anteil (Weltrisiko) ist bewertungsrelevant und darf in die Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />
eingehen.<br />
6.8.3 Synergie und Kapitalwert<br />
Das Wort Synergie stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Mitarbeit“ (synergid)<br />
oder „Zusammenarbeit“ (synergein). Wir verstehen hierunter ein positives<br />
oder negatives ökonomisches Potential, welches bei einer Kombination<br />
unterschiedlicher Aktivitäten und Güter des Unternehmens, manchmal auch unabsichtlich,<br />
abgerufen wird und sich dann ergebnissteigernd oder -senkend auswirkt.<br />
Synergieefekte können in sämtlichen Wertschöpfungsaktivitäten (Beschaffung,<br />
Forschung, Entwicklung, Produktion, Absatz) des Unternehmens auftreten.<br />
Häufig sind sie nur Nebenprodukt einer Entscheidung und nicht das hauptsächliche<br />
Entscheidungsziel. Um die Vollständigkeit der Ergebnisplanung zu gewährleisten,<br />
sollten Synergien aber immer in der Entscheidungsrechnung berücksichtigt<br />
werden.<br />
219
Wir nennen nachfolgend einige Beispiele für Synergien im <strong>Vertrieb</strong>smarketing:<br />
Im Verkauf: Ein neues Produkt wird über bestehende Exportkanäle,<br />
die auch für andere Produkte genutzt werden, abgesetzt.<br />
In der Logistikplanung: Wenn sich zwei Logistikaktivitäten überschneiden,<br />
können Personal und Geräte zwischen den Aktivitäten<br />
ausgetauscht werden. So lassen sich z.B. bei der Disposition<br />
von Transporten nur teilweise ausgelastete Kapazitäten und leere<br />
Rückfahrten durch Verbindung mit anderen Aufträgen<br />
vermeiden (11.5 % der aus Deutschland über See versendeten<br />
und 15,8 % der über See empfangenen Container waren in 1994<br />
leer, vgl. Fachserie 8, Reihe 5, Stat. Bundesamt, Wiesbaden<br />
1994).<br />
Bei Direktinvestitionen: Ein internationales Unternehmen errichtet wegen<br />
der niedrigen Transport- und Lohnkosten (primärer Grund)<br />
einen Produktionsstandort im ausländischen Zielmarkt oder tätigt<br />
dort eine Akquisition. Die Entscheidung vereinfacht außerdem<br />
Just-in-Time Liefervereinbarungen (sekundärer Effekt)<br />
mit den Kunden und führt zur Herausbildung des Images eines<br />
„domestic producers“. Außerdem rückt technisches Personal,<br />
eine Werkstatt oder ein Labor in Kundennähe und ein technischer<br />
Vor-Ort-Service kann kostengünstig eingerichtet werden.<br />
Die Zusammenführung von Kunden und Produktion erbringt<br />
diese positiven Synergieeffekte. Allerdings muß wegen<br />
der Dezentralisierung der Produktion auf einen effizienten<br />
Energie-, Stoff und Abfallverbund mit dem Stammwerk verzichtet<br />
werden (negativer Synergieeffekt).<br />
In der internationalen Strategie: Positive Synergieeffekte lassen sich<br />
durch eine internationale Integration aller Standorte und<br />
Strategien im Gesamtkonzern erzielen. Die Koordination der<br />
Produkt-, Distributions-, Kontrahierungs- und Kommunikationsstrategien<br />
der verschiedenen Standorte entlastet die Konzernressourcen<br />
durch die Verringerung von Mehrfacharbeiten<br />
im Managementbereich und steigert die Zielorientierung des<br />
220
Unternehmens im globalen Wettbewerb. Es treten Lernkurveneffekte<br />
ein. Allerdings können auch negative Synergieeffekte<br />
die Folge sein, wenn dem Management die ausreichende<br />
Kompetenz für die erweiterte Funktion fehlt (mangelnde<br />
persönliche Fähigkeit der Manager, in ausländischen Kulturkreisen<br />
effizient zu kommunizieren, zu führen und zu integrieren).<br />
Bei der Standortwahl: Durch das Zusammenführen von Standorten<br />
können Overheadkosten eingespart, Kapazitäten, Stoff-, Energie-<br />
und Abfallverbundeffekte besser genutzt werden.<br />
Berechnen wir den Kapitalwert einer einzelnen neuen Direktinvestitionsmaßnahme,<br />
dann müssen wir dieses Auslandsengagement in seinem Gesamtzusammenhang<br />
mit anderen Maßnahmen sehen. Positive Synergieefekte sind dem<br />
Kapitalwert der neuen Maßnahme zuzurechnen, negative Effekte müssen abgezogen<br />
werden, um zu einer korrekten Entscheidung zu gelangen.<br />
221
6.9 Aufgaben<br />
1. Aufgabe<br />
Nennen und definieren Sie einen direkten und einen indirekten Exportkanal (Exportweg).<br />
2. Aufgabe<br />
Zwischen dem ausländischen Konsignator und dem inländischen Produzenten,<br />
der seine Waren direkt exportiert, kann es zu einer Anzahl von Problemen in der<br />
Zusammenarbeit kommen.<br />
a) Was sind die Aufgaben des Konsignators im direkten Außenhandelsgeschäft?<br />
b) Nennen und erläutern Sie Probleme in der Zusammenarbeit mit dem Produzenten.<br />
3. Aufgabe<br />
Erläutern Sie die folgenden Begriffe (kurz):<br />
a) Bulk-Container<br />
g) Reeder<br />
b) Inhaberpapiere<br />
h) Lohnveredelung<br />
c) Konnossement<br />
i) Stammdaten<br />
d) Logistik<br />
j) Abrufauftrag<br />
e) Spediteur<br />
k) sternförmiges Kommunikationsnetz<br />
f) Frachtführer<br />
l) TEU<br />
4. Aufgabe<br />
Sind Just-In-Time Lieferungen per Schiff nach Californien möglich? Definieren<br />
und strukturieren Sie. Diskutieren Sie das Problem. Kommen Sie zu einer begründeten<br />
Antwort.<br />
5. Aufgabe<br />
Geben Sie für FOB und CIF den Kosten- und Gefahrenübergang vom inländischen<br />
Verkäufer zum ausländischen Käufer an.<br />
6. Aufgabe<br />
In der USA-Vertretung eines deutschen Unternehmens werden Mindestverkaufspreise<br />
für US-Kunden in Cent pro Pfund kalkuliert. Die Produkte werden<br />
aus Deutschland importiert. Der FOB-Preis Rotterdamm beträgt $ 800/Tonne.<br />
Entwickeln Sie eine systematische und übersichtlich dargestellte Preiskalkulation<br />
beginnend mit FOB Rotterdam. Führen Sie alle Positionen der Kalkulation auf.<br />
222
Daten:<br />
Lieferort: Indian (200 km östlich L.A.)<br />
Preisstellung: delivered duty paid (DDP)<br />
Einheit: cent per US-pound<br />
1 kg = 2,2046 US-Pounds<br />
Menge: 20 Tonnen, full container<br />
Seefracht: $2.400 gesamt<br />
Versicherung:$800 gesamt<br />
Kommission: 5% des Verkaufspreises<br />
Zoll: 3% von CIF<br />
2 cent/US-Pound<br />
Abb. 130: Kalkulationsbeispiel<br />
Terminal Handling<br />
Charge:<br />
Customs Broker:<br />
Hafengebühren<br />
Lager in/out<br />
Lager bis 30 Tage<br />
Nachlauf Port L.A.-<br />
Indian<br />
500 $/Container<br />
125 $ Gebühr/Bill<br />
of Lading<br />
0,19% von CIF<br />
1 cent/US-Pound<br />
2 cent/US-Pound<br />
600 $/Container<br />
7. Aufgabe<br />
Nennen Sie sechs Gefahrenklassen von Gefahrgütern.<br />
8. Aufgabe<br />
Welche Informationen und Warnhinweise müssen an Tankfahrzeugen, die Gefahrenstoffe<br />
transportieren, angebracht sein?<br />
9. Aufgabe<br />
Was versteht man unter der Kemmler-Zahl und der UN-Nummer?<br />
10. Aufgabe<br />
Es sind bis zu 10 Tonnen des Materials XT-Mold in Pulverform, welches in die<br />
Gefahrenklasse 6.1 (giftige Stoffe) eingeordnet ist, regelmäßig alle vier Wochen<br />
per Teminauftrag von Köln nach Piscataway, welches 80 Kilometer südlich von<br />
New York City liegt, zu transportieren. Der industrielle Kunde legt Wert darauf,<br />
daß jede Lieferung frühestens zwei Tage vor dem jeweiligen geplanten Produktionstermin<br />
und spätestens ein Tag nach dem jeweiligen geplanten Produktionstermin<br />
bei ihm eingeht. Die Produktionsmenge des Kunden schwankt, sodaß er<br />
am liebsten immer nur kurzfristig, d.h. zwei Wochen vor Produktionstermin, die<br />
genaue Liefermenge von XT-Mold mitteilt. Über den Kauf-Verkaufspreis ab<br />
Werk hat man sich geeinigt: 3 DM/kg. Die Logistikfrage ist allerdings noch ungeklärt.<br />
Auf eine Zwischenlagerung in Kundenähe will man ganz verzichten. Es bestehen<br />
die direkten Transportalternativen a) Land/Luft/Land und b) Land/See/Land.<br />
Das Problem ist aus der Sicht des Kunden mithilfe der Nutzwertanalyse zu lösen.<br />
Stellen Sie das auf unser Beispiel bezogene, konkrete und realistische Entscheidungsmodell<br />
in Tabellenform auf. Verwenden Sie hierzu tatsächliche Zahlen, so<br />
wie Sie diese für möglich und wahrscheinlich halten. Formulieren Sie das Ergebnis<br />
in einem Satz.<br />
223
11. Aufgabe<br />
Erläutern Sie folgende Begriffe kurz<br />
a) Kaskoversicherung<br />
b) Havarie Gross<br />
c) Assekuradeur<br />
e) Erstversicherer<br />
f) Mitversicherer<br />
g) Rückversicherer<br />
12. Aufgabe<br />
Von welchen Faktoren hängen die Prämienberechnungen der Cargo- und der<br />
Kaskoversicherungen ab?<br />
13. Aufgabe<br />
Es soll eine Auslandsinvestition mit der Kapitalwertmethode aus der Sicht der<br />
inländischen Muttergesellschaft bewertet werden. Über drei Perioden wird der<br />
Kapitalwert detailliert ermittelt. Weitere Perioden werden über den Restwert einbezogen.<br />
Nachfolgend sind einige ökonomische Größen mit ihren Symbolen aufgelistet,<br />
die Sie zur Bewertung möglicherweise brauchen. Sollten Sie weitere Zahlungsvorgänge<br />
und Symbole benötigen, dann definieren Sie diese bitte deutliche. Denken<br />
Sie aber unbedingt erst darüber nach, ob Sie mit den angegebenen Größen<br />
die Bewertung vornehmen können.<br />
Vorgang Periode 0 Periode 1 Periode 2<br />
Anschaffungsauszahlung [GE a ] a 0<br />
Deckungsbeitrag [GE a ] DB 1 DB 2<br />
fixe Kosten inkl. Abschreibungen [GE a ] FK 1 FK 2<br />
Wechselkurs (Inlandswährung zu Auslandswährung<br />
r 0 r 1 r 2<br />
Restwert (im Ausland zu versteuern) [GE a ]<br />
R<br />
Kreditaufnahme [GE a ]<br />
B<br />
Tilgungsbetrag (absolut) [GE a ] T 1 T 2<br />
Diskontierungszins<br />
i ∈[0,1]<br />
relevanter pauschaler Steuersatz im Ausland<br />
sa∈[0,1]<br />
Länderrisikofaktor<br />
X ∈[0,1]<br />
Abb. 131: Beispiel zur Kapitalwertformel<br />
Stellen Sie jetzt mithilfe der definierten Symbole die Kapitalwertformel zur Bewertung<br />
der Auslandsinvestition aus Sicht der Muttergesellschaft in Deutschland<br />
auf.<br />
224
14. Aufgabe<br />
Erläutern Sie, ausgehend von dem Begriff des Kapitalwerts, welche ökonomischen<br />
Größen bei einer Direktinvestition aus der Sicht der Muttergesellschaft<br />
Gegenstand eines Wechselkursrisikos sein können.<br />
15. Aufgabe<br />
a) Welche Merkmale besitzt der BERI-Index und wie wird er ermittelt?<br />
b) Wie können Länderrisiken in der Kapitalwertberechnung berücksichtigt werden?<br />
c) Welche Probleme ergeben sich bei der Verwendung eines Länderrisikofaktors<br />
in Verbindung mit dem Kapitalwert einer Auslandsinvestition?<br />
6.10 Literaturempfehlungen<br />
ARNOLD, U., Logistik, internationale, in: Macharzina, K., Welge, M. [Hrsg.],<br />
Handwörterbuch Export und Internationale Unternehmung, Enzyklopädie<br />
der Betriebswirtschaftslehre, 1989, S. 1340-1356.<br />
BJELICIC, B., Die Zukunft der Luftfracht in der internationalen Zusammenarbeit,<br />
in: Internationales Verkehrswesen, 50. Jg. (1998), Nr. 4, S. 166-<br />
168.<br />
BONART, TH., Just-In-Time nach Übersee?, in: Internationales Verkehrswesen,<br />
46. Jg. (1994), Nr. 3, S. 118-121.<br />
BONART, TH., Fallstudie: Der Kapitalwert einer ausländischen Tochterunternehmung,<br />
in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium WiSt, Nr. 1<br />
(1995), S. 53-56.<br />
GROSSE, W., MÜLLER-LUTZ, H.L., SCHMIDT, R., Versicherungsenzyklopädie,<br />
4. Aufl. 1991, S. 401-408, 410-418, 421-423, 548-555, 597-598,<br />
602-603.<br />
HAPAG-LLOYD AG - CONTAINERSERVICE [Hrsg.], Container Information<br />
1987.<br />
ISERMANN, H., Unternehmensübergreifende Transportketten: Verkehrsintegration<br />
als logistische Aufgabe, in: Internationales Verkehrswesen, Jg. 47<br />
(1995), Nr. 10, S. 602-608.<br />
KELLER, TH., Holdingkonzepte als organisatorische Lösung bei hohem Internationalisierungsgrad,<br />
in: Macharzina, K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch<br />
Internationales Management, 1997, S. 705-729.<br />
KLEINALTENKAMP, M., Gestaltung der Distributionsleistung, in: Kleinaltenkamp,<br />
M., Plinke W. [Hrsg.], Technischer <strong>Vertrieb</strong>, 1995, S. 745-784.<br />
MANDL, B., PINTER, J., Gefahrgut Transport, 2. Aufl. 1997, S. 1-20, 35-36,<br />
110-111, 190-199, 204-209, 269-276.<br />
225
MEFFERT, H., BOLZ, J., Internationales Marketing-Management, 3. Aufl.<br />
1998, S. 66-80, 221-230.<br />
MOECKE, H.J., Grundlagen des internationalen Handelsrechts, in: Macharzina,<br />
K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch Internationales Management, 1997,<br />
S. 371-396 [S. 379-386].<br />
MROTZEK, R., Bewertung direkter Auslandsinvestitionen mit Hilfe betrieblicher<br />
Investitionskalküle, 1989, S. 263-264.<br />
PFOHL, CHR., Logistiksysteme, 5. Aufl. 1996, S. 35-40, 72-84, 141-170, 203-<br />
215, 286-287, 335-341, 346-353, 375-383.<br />
PIEHL, TH., Die Risiken der Gefahrstoffe, in: Internationales Verkehrswesen,<br />
48. Jg. (1996), Nr. 1+2, S. 49-51.<br />
PIONTEK, J., Internationale Logistik, 1994, S. 26-28, 77-102, 114-121, 161-167.<br />
ROPELLA, W., Synergie als strategisches Ziel der Unternehmung, 1989, S. 21,<br />
176-192.<br />
RAUPP, M.G., Managementbezogene und organisatorische Anforderungen der<br />
Exportstrategie, in: Macharzina, K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch<br />
Internationales Management, 1997, S. 351-370.<br />
ROBOCK, ST.H., SIMONDS, K., International Business and Multinational<br />
Enterprises, 4. Aufl. 1989, S. 200.<br />
SACHS, R., KAMPHAUSEN, R.E., Leitfaden Außenwirtschaft, 6. Aufl. 1996,<br />
S. 7-16, 40-53, 69-82.<br />
SCHIEMENZ, B., SCHÖNERT, O., Anforderungen an Informations- und<br />
Kommunikationssysteme im internationalen Unternehmensverbund, in:<br />
Macharzina, K., Oesterle, M.J. [Hrsg.], Handbuch Internationales Management,<br />
1997, S. 921-949.<br />
STEIN, I., Investitionsrechenmethoden bei Auslandsdirektinvestitionen, in:<br />
Schoppe, S.G. [Hrsg.], Kompendium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre,<br />
4. Aufl. 1998, S. 565-628 [S. 565-606].<br />
226
Stichwortverzeichnis<br />
[„A“: Dieser Zusatz kennzeichnet Stichwörter in den Aufgabenteilen!]<br />
Ablader 181<br />
Ablehnungsbereich 75<br />
Abrufauftrag 188<br />
Abrufauftrag, A 222<br />
Absatz, Begriff 13<br />
Absatz, Begriff, A 43<br />
Absatzkanal 172<br />
Optimierungsbeispiel 178<br />
Abschlußagent 177<br />
Abschlußbindung 108, 109<br />
Unwirksamkeit bzw. Verbot 110<br />
Absender 181, 208<br />
Abtretung 181<br />
Abwertung der Währung 144<br />
adaptiver <strong>Vertrieb</strong> 23, 47<br />
Führungsstil 25<br />
adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozeß, A 43<br />
Air Cargo 203<br />
Aktionsmenge 132<br />
aktive Veredelung 183<br />
Aktivierung 80, 82<br />
Akzeptanzgrenzen 103<br />
Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen<br />
153<br />
Anbietermarkt 8, 9<br />
Anbietermarkt, A 12<br />
Angebot und Nachfrage 6<br />
Ungleichgewicht 7<br />
Verhandlung 103<br />
Währungsmarkt 131<br />
Angebotsfunktion 5<br />
Angebotsfunktion, A 12<br />
Angebotsüberhang 8, 130<br />
angewandt-normativer Ansatz 14<br />
anormales Wechselkursverhalten 137<br />
Ansätze der Logistik 199<br />
Antidumpingzoll 163<br />
Assekuradeur 197<br />
Assekuradeur, A 224<br />
asymmetrische Informationsverteilung<br />
88, 100<br />
Auftragseingabe 187<br />
Auftragskontrolle 189<br />
Auftragsmanagement 184<br />
Auftragsverwaltung 188<br />
Aufwertung der Währung 144<br />
Ausfuhrkartelle 114<br />
Ausfuhrsubvention 161<br />
Ausgangsmatrix 57<br />
Auslandsagent 176<br />
Auslandsengagement<br />
Formen 122, 126<br />
Formen, A 168<br />
Kapital- u. Managementexport 168<br />
Risikoarten 134<br />
Auslandsgesellschaft 149<br />
Auslandsproduktion 212<br />
Auslandsstandorte 211<br />
Ausschließlichkeitsbindung 109<br />
Außenbeitrag 144<br />
Außendienst 106<br />
Außendienstmitarbeiter 177<br />
Außenhandel 173<br />
Außenhandel, A 168<br />
Außenhandelsunternehmen 172, 174<br />
Außenwirtschaftsgesetz 153<br />
Außenwirtschaftsverordnung 153<br />
Außenzentrum 186<br />
Backward Bending der<br />
Devisenangebotsfunktion 137<br />
Beispiel 138<br />
Kritik 140<br />
Backward Bending, A 168<br />
Befrachter 181<br />
Behinderungen 107<br />
horizontal, A 120<br />
horizontal, gesetzliche Maßnahmen 119<br />
vertikal 111<br />
beratungsbedürftige Produkte 174<br />
Beratungsverkauf 94<br />
BERI-Index 218<br />
BERI-Index, A 225<br />
Beschaffer 89<br />
Beschränkung des Handels 109<br />
Beschwerdelisten 189<br />
Bestellrhythmen 188<br />
Besuchsbericht 78, 98<br />
Beurteiler 89<br />
Bewegungsdaten 187<br />
Bewertungsmuster von Unternehmen 86<br />
Bewertungsproblem 28<br />
Bill of Lading 182<br />
Bindungen 107<br />
Bindungen, A 120<br />
227
Binomialverteilung 70<br />
Black-Box-Modell 91<br />
Blankoindossament 182<br />
Blankokonnossement 182<br />
Bonitätsprüfung 187<br />
Börse 130<br />
Boykott 111<br />
Bruttosozialprodukt<br />
Definition 8<br />
Wachstumsraten 1951-1989 9<br />
Buffer Stock 206<br />
Bulkcontainer 205<br />
Bulkcontainer, A 222<br />
Business-Environment-Risk-Index 218<br />
Buying Center 90<br />
Buying Center, A 120<br />
Cargoversicherung 194<br />
ceteris-paribus 14<br />
Commodities 2<br />
Commonwealth 155<br />
Consulting 94<br />
Container 204<br />
Containerflotte 205<br />
Convenience Good 3<br />
Customs Broker 183<br />
Daten der Auftragseingabe 187<br />
Dekomposition 19<br />
Delkredererisiko 175<br />
Devisenangebotsfunktion 139<br />
Devisenbilanz 143<br />
Differenzzoll 183<br />
direkter Außenhandel 173<br />
Direktinvestition 220<br />
Direktinvestitionsentscheidung 211<br />
Distribution 172<br />
Dumping 124, 162, 163<br />
Gegenmaßnahmen 163<br />
Dumping, A 169<br />
Dumpingspanne 163<br />
Durchschnittskostendegression 46<br />
Dyade 93<br />
Dyade, A 120<br />
effiziente Produktion 135<br />
EFTA 155<br />
Eigenkapital 28<br />
Eigenveredelung 183<br />
Einfuhrentwicklung von Erdöl 124<br />
Einfuhrkartelle 114<br />
Einkaufsgremium 90<br />
Einkommenseffekt 52<br />
Einkommenseffekt, A 76<br />
Einstellung 84<br />
Einstellung, A 120<br />
Einstellungsänderung 90<br />
Einteilung von Transportversicherungen195<br />
Emotion 80<br />
Empfangsspediteur 184<br />
endogenes Risiko 88<br />
Engpaß 9<br />
Entscheider 89<br />
Entscheidungsprozeß 133<br />
Entscheidungsregel 34, 35, 39<br />
Entwicklungsländer 153, 155<br />
Erdöl als Importgut 124<br />
Erdölkrise-A 168<br />
Erfolgsdeterminanten 45<br />
Ergebnismaximierung 132<br />
Erstversicherer 197<br />
Erstversicherer, A 224<br />
ethnozentrisch 127<br />
Etikettierung 189<br />
EU 155<br />
Europäische Gemeinschaft 153<br />
Europäische Union 183<br />
ex-ante 87<br />
exogenes Risiko 88<br />
Export 122<br />
Ausfuhrstatistik 11<br />
direkt 126<br />
indirekt 126<br />
Exportanreiz 161<br />
Exportdruck 123, 124<br />
Exportgeschäft 180<br />
Exportkanal 220<br />
Exportkanal, A 222<br />
Exportkenntnisse 178<br />
Exportselbstbeschränkung 164<br />
Exportsubstitution 211<br />
Exportsubvention 161<br />
externer Effekt 206<br />
Fertigungsauftrag 184<br />
fester Wechselkurs 168<br />
finanzielles Risiko 88<br />
Firmenpersönlichkeit 177<br />
Fixkostenbelastung 178<br />
Forced-Switching 57<br />
formale Rationalität 14<br />
Formalitäten beim Import 158<br />
Frachtbrief 181<br />
Frachtführer 181<br />
Frachtführer, A 222<br />
Franchising 128<br />
freier Welthandel 152<br />
Freihandel 148<br />
228
Freihandelszonen 153<br />
Fremdwährungskredit 141<br />
Rechenbeispiel 142<br />
Fremdwährungskredit, A 169<br />
Funktionen<br />
der Betriebswirtschaft 13<br />
der Marktbearbeitung 177<br />
des Absatzes 13<br />
des <strong>Vertrieb</strong>es 1, 5, 10<br />
Handel 173<br />
Händler 106<br />
im Kaufentscheidungsprozeß 89<br />
inernationaler <strong>Vertrieb</strong> 122<br />
Innendienst 104<br />
Konnossement 182<br />
Logistik 199<br />
produkt- u. unternehmensbezogen, A 43<br />
produktbezogen 13<br />
unternehmensbezogen 13<br />
Verkäufer 92<br />
Funktionserfüllungsrisiko 88<br />
Garantie- und Kulanzfälle 176<br />
GATT 152<br />
Ausführungs- u. Ausnahmevorschriften<br />
165<br />
Subventionen 161<br />
Wohlfahrtsgewinn 167<br />
GATT und Dumping, A 169<br />
GATT-Grundsätze 154<br />
GATT-Verhandlungsrunden 154<br />
Gebühren beim Import 158<br />
Gedächnis 83<br />
Gefahrenübergang 191<br />
Gefahrenübergang, A 222<br />
Gefahrgutklassen 208<br />
Gefahrgutklassen, A 223<br />
Gefahrguttransporte 206<br />
Gefahrgutverordnung 207<br />
Gefahrzettel 209<br />
Generalvertretung 177<br />
geozentrisch 127<br />
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung<br />
108<br />
gesetzliches Pfandrecht 175<br />
Gewichte, Entscheidungsprozeß 33<br />
Gewichte, Zusammenhang mit<br />
Bewertung 41<br />
Gleichgewicht 130<br />
globales Unternehmen 212<br />
Globalisierung 211<br />
Grundsatz der doppelten Buchführung 144<br />
Güterprinzip 153<br />
Güterstrom 4<br />
Handelsfunktionen 173<br />
Handelsfunktionen, A 120<br />
Handelshemmnis 156<br />
Handelsüberschuß, Einbruch 1980 125<br />
Handelsvertreter 176<br />
Definition 106<br />
vertikale Preisbindung 108<br />
Händler<br />
Definition 106<br />
Funktionen 106<br />
Haushaltstheorie 78<br />
Havarie Gross 196<br />
Havarie Gross, A 224<br />
Hedging 142<br />
Hedging, A 169<br />
Herausgabeanspruch 182<br />
Hochdruckverkauf 94<br />
homo oeconomicus 78<br />
horizontale Diversifikation 219<br />
Hypothesen in der Teststatistik 68<br />
Identifikation 177<br />
Imitator 89<br />
Import 122<br />
Einfuhrstatistik 11<br />
Importnachfragefunktion 139<br />
Importquoten 159<br />
Importsog 122, 123<br />
Importstatistik von Erdöl 124<br />
INCO-Terms 189, 190<br />
indirekter Außenhandel 173<br />
Indossament 181<br />
Indossamentenkette 182<br />
Inflationsraten 135<br />
Informant 89<br />
Inhaberpapier 181<br />
Inhaberpapier, A 222<br />
Inhaltsbindung 108<br />
Ausnahmen vom Verbot 109<br />
Initiator 89<br />
Inländerprinzip 157<br />
inländische Komponenten 159<br />
inländischer Ursprung 158<br />
Innendienstfunktionen 104<br />
Innovator 89<br />
Instabilität von Kartellen 114<br />
interdisziplinärer Ansatz des Marketing 15<br />
International Trade Organisation 153<br />
internationale Distribution 172<br />
internationale Logistik 199<br />
internationale Strategie 220<br />
internationaler Absatzkanal 172<br />
229
internationaler Kapitalwert 213<br />
internationaler Kapitalwert, A 224<br />
internationaler Spediteur 181<br />
internationaler <strong>Vertrieb</strong>, Kernaufgaben 122<br />
International-Maritime-Dangerous-<br />
Goods-Code 211<br />
Investitionsgut 1<br />
Investitionsgut, A 12<br />
Involvement 84<br />
Irrationalitäten 16<br />
ITO 153<br />
Joint Venture 128<br />
Just-In-Time 56, 57, 205, 220<br />
Just-In-Time, A 222, 223<br />
Kapitalbilanz 143<br />
Kapitalbindungsfunktion des Handels 173<br />
Kapitalexport 126<br />
Kapitalwert 212, 216, 219<br />
Kartell 113<br />
Ausnahmen vom Verbot 117<br />
Verhaltensabstimmung 116<br />
Kartellbildung 114<br />
Kartellverbot 115<br />
Kaskoversicherung 194<br />
Kaskoversicherung, A 224<br />
Kauf-Verkaufsgespräch<br />
Kommunikationsprozeß, Beispiel 81<br />
Kompromißzone 103<br />
Kaufentscheidung<br />
institutioneller Ansatz 89<br />
Partialmodell 90<br />
Totalmodell 79<br />
Kaufkraftparitäten 135<br />
Beispiel 136<br />
Kritik 135<br />
und Inflation 137<br />
Kaufkraftparitäten, A 168<br />
Kaufrisiko 2, 88<br />
Kaufverhalten<br />
Adoptionsverhalten 88<br />
Diffusion 88<br />
Risiko 88<br />
Kausalität 28<br />
Kundenverhalten 78<br />
Kemmler-Zahl 209, 210<br />
Kemmler-Zahl, A 223<br />
Klassifikationsgesellschaft 196<br />
Kleinverteiler 109<br />
kognitive Dissonanz 87, 98, 120<br />
Garantieleistung und 87<br />
kognitive Phase 82<br />
kognitiver Prozess 83<br />
kollektives Marktverhalten 113<br />
kombinierter Transport 205, 209<br />
Kommission 175<br />
Kommissionär 174<br />
Definition 106<br />
vertikale Preisbindung 108<br />
Kommissionsberechnung 192, 193<br />
Kommunikation<br />
Beispiel 186<br />
Kommunikationsnetz 185<br />
technisch-sozial 188<br />
Kommunikationsnetz, A 222<br />
Kommunikationspolitik 60<br />
komparative Kosten 146, 160<br />
Beispiel 149<br />
Modell 147<br />
komparative Kosten, A 169<br />
Konkursgefahr 134<br />
Konnossement 175, 181<br />
Funktionen 182<br />
Konnossement, A 222<br />
Konsignationsgeschäft 174<br />
Probleme 175<br />
Konsignationslager 175, 184<br />
Konsignator, A 222<br />
Konsumgut 1<br />
Konsumgut, A 12<br />
kontinentales Zentrum 212<br />
Kontingente 159<br />
Koppelungsverträge 110<br />
Kostenführerschaft 45<br />
kostenlose Mobilität 135<br />
Kostenübergang 191<br />
Kostenübergang, A 222<br />
Kosten-Wirksamkeitsanalyse 33<br />
Beispiel 37<br />
kreativ-intuitive Methodik 33<br />
Kreuzcheck 187<br />
Kreuzpreiselastizität 51<br />
Kritik an der 53<br />
Kreuzpreiselastizität, A 76<br />
kulturelle Identität 127<br />
Kunde<br />
Kontaktaufnahme mit 92<br />
Kundendienst 177<br />
Kundenkontakt, Hersteller vs. Handel 174<br />
Kundenorientierung<br />
Kaufverhalten 61<br />
Kostenführerschaft 45<br />
personaler Faktor 22<br />
Qualitätsführerschaft 45<br />
Shareholder-Value Ansatz 32<br />
230
Zielsystem 31<br />
Kundenpflege 83<br />
Kundenverhalten<br />
S-O-R-Modell 80<br />
S-R-Modell 90, 96<br />
Kundenzufriedenheit 45, 184<br />
als Unternehmensziel 31<br />
lenkt die Gesamtleistung 10<br />
Logistik-Merkmale 201<br />
und adaptiver <strong>Vertrieb</strong> 23<br />
und Anteilswert 32<br />
und Nutzwertanalyse 36<br />
Kurzzeitgedächnis 83<br />
Lagerauftrag 184<br />
Lagerbestand 176<br />
Lagerhaltung 56<br />
Lagerkosten 176<br />
Länderportfolio 178, 216<br />
Länderrisiko 212<br />
BERI-Index 218<br />
in der Kapitalwertformel 213<br />
Merkmale des 216<br />
Probleme 218<br />
Standardempfehlungen 218<br />
Länderrisiko, A 225<br />
Langzeitgedächnis 83<br />
Leistungsbilanz 143<br />
Saldo 125<br />
Lernen 82, 87<br />
Lernkurveneffekt 221<br />
liberale Welthandelsordnung 160<br />
Lieferantenrating 86<br />
Lieferauftrag 184<br />
Linienschiffe 182<br />
Lizenzvergabe 128<br />
Lloyd's Deposit 198<br />
Lloyd's of London 198<br />
Local Area Network 185<br />
Logistik 199<br />
Definition 172<br />
Logistik, A 222<br />
Logistikplanung 220<br />
Logistiksystem 200<br />
Logistikunternehmen 181<br />
logistische Kette 187<br />
logistische Leistung 185<br />
Lohnveredelung 183<br />
Lohnveredelung, A 222<br />
Luftfracht 203<br />
Maastricht-Vertrag 153<br />
Machtverteilung 110<br />
majoritätsbewußte Käufer 89<br />
Managementexport 126<br />
Marketing 14<br />
Aufbauorgnisation in der Praxis 17<br />
Definition 17<br />
Führungssystem 20<br />
Sachleistungsmarketing 21<br />
<strong>Vertrieb</strong>smarketing 21<br />
Marketing, Begriff, A 43<br />
Marketingfunktion des Handels 173<br />
Marketingplanung 16<br />
Marktabgrenzung, A 76<br />
Marktabgrenzung, produktmäßig 55<br />
Marktanteile 58<br />
Marktbearbeitungsfunktion 177<br />
Markterschließungsaufgaben 176<br />
Marktsegmente, Theorie der 61<br />
Marktsegmentierung 55<br />
Marktsegmentierung, A 76<br />
Marktstrategie, Hersteller vs. Handel 174<br />
Martkversagen 113<br />
Maslowsche Motivklassen 81<br />
Maßnahmen, Entscheidungsprozeß 33<br />
Materialfluß 184<br />
Meistbegünstigung 153, 155<br />
Meistbegünstigungsklausel 169<br />
mengenmäßige Beschränkung 153<br />
Mikroökonomie 78<br />
Mitarbeiterführung 189<br />
Mitversicherer 197<br />
Mitversicherer, A 224<br />
Motive 80<br />
Motive, A 120<br />
Multiplikator 89<br />
Nachfragefunktion 5<br />
Nachfragermarkt 9<br />
Nachfrageüberhang 8, 130<br />
Nachkaufphase 83<br />
NAFTA 155<br />
Namenspapier 181<br />
Nettokapitalexport 144<br />
Nettokapitalimport 144<br />
Nichtdiskriminierung 157<br />
nicht-tarifäre Handelshemmnisse 156, 169<br />
Niederlassungen 177<br />
Nominalwert 135<br />
Non-Underwriting Member 198<br />
Normalverteilung 72<br />
Approximation durch die 72<br />
Standardisierung durch die 73<br />
normativer Rahmen 132<br />
Null-Hypothese 57<br />
Nutzenwahrnehmung 54<br />
231
Nutzwert 1, 33<br />
Nutzwertanalyse 178, 218<br />
Beispiel 37<br />
Indifferenzlinien 41<br />
Optimierungsbeispiel 38<br />
Probleme 34, 35<br />
Schritte 36<br />
Nutzwertanalyse, A 43, 223<br />
Öffentlichkeitsarbeit 92<br />
Opportunitätskosten 146<br />
Optimierung 38<br />
Orderpapier 181<br />
ordinale Rangfolge 37<br />
Organisation<br />
funktional 19<br />
Sparten 20<br />
Zentralbereiche 19<br />
Organisation und Synergie, A 43<br />
Paretoeffizienz 103<br />
Partner-Verträge 109<br />
passive Veredelung 183<br />
Personalprinzip 153<br />
Planungsprozeß 16<br />
Plausibilitätsprüfung 187<br />
polyzentrisch 128<br />
Portfolio 28, 178<br />
Präferenzsysteme 155<br />
Prämienberechnung 195, 196<br />
Prämienberechnung, A 224<br />
Preisdifferenzierung 162<br />
Preiselastizität der Nachfrage 138<br />
Preisgefüge 162<br />
Preiskalkulation 189, 192<br />
Preiskalkulation, A 222<br />
Problemerkennungsphase 83<br />
Produkt 1<br />
beratungsbedürftig 174<br />
Commodities 2<br />
Convenience Good 3<br />
Gefahrgut 206<br />
Investitionsgut 1<br />
Konsumgut 1<br />
Lebenszyklus 178<br />
Nutzwert 1<br />
Produkthierarchie 48<br />
Produktionsgut 1<br />
psychologische Merkmale 47<br />
Servicetreue 54<br />
Shopping Good 4<br />
Speciality Good 4<br />
Spezialitäten 2<br />
Substitutionalität 47<br />
Technologietreue 54<br />
Wettbewerb 2<br />
Produktabgrenzung, A 12<br />
Produktabgrenzung, Beispiel 1<br />
Produkthierarchie<br />
Beispiel 49<br />
Konkurrenz 48<br />
Produktionsgut 1<br />
Produktionsgut, A 12<br />
Produktionsmöglichkeitsgerade 147, 150<br />
Produktionsmöglichkeitsraum 27<br />
Produktionsstandorte 129, 211<br />
Produktionssubvention 160<br />
Produktionstheorie 78<br />
Produktivität 26<br />
Produktmanagement 19<br />
Produktpolitik 60<br />
Produktportfolio 178<br />
Prognose 28<br />
Provision 177<br />
Provisionszuschläge 177<br />
Prüfverfahren 187<br />
Pseudo-Partner-Verkauf 94<br />
Qualitätseffekt 52<br />
Qualitätsführerschaft 45<br />
Qualitätsfunktion des Handels 173<br />
Qualitätssicherung 187<br />
Qualitätsspezifikationen 189<br />
Quantitätsfunktion des Handels 173<br />
Quittung 182<br />
Rationalität 16<br />
räumliche Funktion des Handels 173<br />
Realisierungsphase 83<br />
Realwert 135<br />
Rechnungsinkasso 177<br />
Reeder, A 222<br />
Reederei 181, 182<br />
Referenzgruppen 86<br />
Regression 29<br />
Reimporte 162<br />
Reisende 177<br />
Reklamation 175<br />
Rektapapier 181<br />
Reputationsrisiko 88<br />
Resourcenallokation 9<br />
Ressourcenallokation 7<br />
Anbietermärkte 8<br />
Nachfragermärkte 9<br />
Restriktionsmenge 132<br />
Risiko 88<br />
Diversifikation 194<br />
Länderrisiko 216<br />
232
länderspezifisch 212<br />
Logistik 200<br />
Weltrisiko 219<br />
risikoneutral 134, 135<br />
risikoneutral, A 168<br />
Risikopräferenzen 134<br />
Risikoprämie 134<br />
Risikoprämie, A 168<br />
risikoscheu 133, 143<br />
risikoscheu, A 168<br />
Risikosituation 133<br />
rückständige Aufträge 188<br />
Rückversicherer 198<br />
Rückversicherer, A 224<br />
Rückversicherung 198<br />
Sanktionen 114<br />
äußerer/innerer Kartellzwang 115<br />
schätzbare Interesse 194<br />
Schiffe 182<br />
Schiffsmakler 181<br />
Schutzklausel 163<br />
Schwarzmarkt 168<br />
Scoring-Modell 178<br />
SEALAND 205<br />
Seefrachtvertrag 181<br />
Seehandel 182<br />
Seeschiffe 201<br />
Seewurf 196<br />
Segelliste 202<br />
Segmentierung<br />
Kosten 64<br />
Kriterien 67<br />
praktische Anforderungen 65<br />
Verfahrensweise 63<br />
Shareholder-Value Ansatz<br />
Kritik 31<br />
multiples Regressionsmodell 29<br />
Shopping Good 4<br />
Sofortaufträge 188<br />
Speciality Good 4<br />
Spediteur 181<br />
Spediteur, A 222<br />
Spezialisierung 146, 150<br />
Kritik 152<br />
Nachteile 148<br />
Spezialisierung, A 169<br />
Spezialitäten 2<br />
Spezialschiffe 183<br />
S-R- und S-O-R-Modelle, A 120<br />
S-R-Modell 96<br />
stabiles Gleichgewicht, A 168<br />
Stakeholder, Kerngruppe 26<br />
Stammdaten 187<br />
Stammdaten, A 222<br />
Standardcontainer 204<br />
Standort 221<br />
statistische Warenverzeichnis 183<br />
statistisches Unternehmensmodell 29<br />
Stereotypen 84<br />
sternförmiges Netz 186<br />
Steuersignal 30<br />
strategische Geschäftseinheiten 61<br />
strategisches Dreieck 15<br />
Streitschlichtungsmechanismus 167<br />
Subscriber 198<br />
Substitutionalität<br />
Beispiel zur Teststatistik 56<br />
Determinanten 47<br />
Kommunikationspolitik 60<br />
Kreuzpreiselastizität 51<br />
Produktdifferenzierung 55<br />
Produktpolitik 60<br />
Sortimentkannibalismus 55<br />
stochastische Analyse 53<br />
Verringerung der 46<br />
<strong>Vertrieb</strong>sservice 55<br />
Substitutionseffekt 51<br />
Substitutionsraten, A 43<br />
Subventionen 160<br />
Suchkosten 2<br />
Suchphase 83<br />
Synergie 128, 219<br />
Verluste 19<br />
Synergie, A 43<br />
Synergieeffekt 213<br />
Tankcontainer 204<br />
Tankschiffe 183<br />
Tausch 4<br />
Tauschgerade 147<br />
Tauschraten 135<br />
Terminaufträge 188<br />
Territorialprinzip 153<br />
Teststatistik<br />
Beispiel 53<br />
formale Darstellung 68<br />
TEU 204<br />
TEU, A 222<br />
Tochtergesellschaft 126, 129<br />
tradionsbewußte Käufer 89<br />
Traditionspapier 181<br />
Trampschiffe 182<br />
Transaktionseffizienz 201<br />
Transportversicherung 181, 193<br />
TRIPS-Abkommen 166<br />
233
UNCTAD 166<br />
Underwriting Member 198<br />
Unfallmerkblatt 209, 211<br />
Ungleichgewicht 163<br />
UN-Nummer 209, 210, 223<br />
Unsicherheit 53<br />
Unternehmenserfolg 25<br />
Zielsystem 25<br />
Unternehmensindividualität 86<br />
Unternehmensziele, A 43<br />
unverkäufliche Ware 176<br />
unvollkommene Information 53<br />
unvollständige Information 78<br />
Reduzierung der 78<br />
Ursprungsregeln 159<br />
Uruguay-Runde 165<br />
Ergebnisse 166<br />
Validitätsprüfung 187<br />
Verbundstruktur 83, 84<br />
Veredelung 183<br />
Verfrachter 181, 182<br />
Verfügbarkeitsprüfung 187<br />
Verhaltenskoordination 107, 112<br />
Verhandlungsmacht 8, 9<br />
Verkauf 78<br />
Verkäufer 91, 180<br />
erfolgreiche 93<br />
Funktionen 92<br />
Verhaltensnormen 95<br />
Verkaufsbüro 186, 211<br />
Verkaufsgespräch 189<br />
Verkaufsgesprächsführung<br />
Deeskalierungsstrategie 101<br />
persönliche Merkmale und 97<br />
Preise 99<br />
Produktqualität 100<br />
starr und flexibel 96<br />
Stil 94<br />
Taktik 100<br />
Verkaufsgesprächsführung, A 120<br />
Verkaufsniederlassungen 129<br />
Vermittlungsagent 177<br />
versichertes Interesse 195<br />
Versicherung 193<br />
Versicherungsagent 197<br />
Versicherungsmakler 197<br />
Verteilungsfunktion 70<br />
vertikale Diversifikation 219<br />
vertikale Preisbindung 108<br />
vertikale Verhaltenskoordination, A 120<br />
Vertragsfreiheit . 194<br />
<strong>Vertrieb</strong> 20<br />
Absatzkanäle 172<br />
adaptiv 23<br />
als Produkteigenschaft 1<br />
Auftragsmanagement 184<br />
Auslandsstandorte 211<br />
Exportbeispiel 180<br />
Forced-Switching, A 76<br />
Funktionen 5<br />
Gefahrguttransporte 206<br />
Industriegüter 3<br />
internationale Distribution 172<br />
internationale Strategie 214<br />
kombinierter Verkehr 205<br />
Konsumgüter 3, 4<br />
Kundenorientierung u. monetäre<br />
Orientierung 24<br />
Länderrisiko 216<br />
Logistik 199<br />
marktorientiert 10, 22<br />
optimale <strong>Vertrieb</strong>skanäle 178<br />
Preiskalkulation 189<br />
Produkthierarchie, A 76<br />
Segmente 62<br />
Shareholder-Value Ansatz 29<br />
strategische Entscheidungen 135<br />
Substitution 45<br />
Tausch 5<br />
Teil der Gesamtleistung 10<br />
Transportversicherung 193<br />
und Absatz 20<br />
und Marketing 21<br />
und Produktvariation 61<br />
und Sachleistung 10, 54<br />
Unternehmensphilosohie 1<br />
<strong>Vertrieb</strong>sstrategie 176, 177<br />
Zusammenarbeit mit Händlern 105<br />
<strong>Vertrieb</strong>, A 12<br />
<strong>Vertrieb</strong>, Begriff, A 43<br />
<strong>Vertrieb</strong>sbeschränkung 109<br />
<strong>Vertrieb</strong>slager 211<br />
<strong>Vertrieb</strong>smanagement 10<br />
Verwender 89<br />
Verwendungsbeschränkung 110<br />
vollkommene Alternativenstellung 33, 38<br />
vollkommene Konkurrenz 135<br />
Vollständigkeitsprüfung 187<br />
Vorurteile 84<br />
Wahrnehmung 82<br />
Währung<br />
Angebotsüberhang 130<br />
instabiles Gleichgewicht 138<br />
Nachfrageüberhang 131<br />
234
Preiselastizität der Nachfrage 138<br />
Schwarzmarkt 131<br />
Spekulation 135<br />
Währungskurs 125, 129<br />
Währungsmarkt 131<br />
Währungsmarkt, A 168<br />
Währungsrisiko 129, 131<br />
Währungsstabilität 145<br />
Wärmeträgeröl 3<br />
Warntafel 209, 210<br />
Warntafel, A 223<br />
Wechselkosten 2<br />
Wechselkurs 212<br />
Berechnung 136<br />
fest 130<br />
flexibel 130<br />
Wechselkurs und internationaler Handel168<br />
Wechselkursrisiko, A 225<br />
Wechselkursrisiko, Absicherung 140<br />
Wechselmatrix 57<br />
Welthandelsorganisation 166<br />
Werbung 92<br />
Wettbewerb, A 76<br />
Wettbewerbsbeschränkung 107<br />
Wide Area Network 186<br />
WIPO 166<br />
Wirkung-zu-Kosten-Relation 30<br />
Wohlfahrt 113, 148<br />
Wohlfahrtseffekt 160<br />
Wohlfahrtsgewinn 167<br />
World Trade Organisation 166<br />
WTO 155, 166<br />
Zahlungsausfall 175<br />
Zahlungsbilanz 143<br />
Zahlungsbilanzentwicklung 145<br />
Ziele und Mittel 14, 16<br />
Zielerreichungsgrad 34<br />
Zielsystem 31, 32, 132<br />
Jahresabschluß 28<br />
Kundenzufriedenheit 31<br />
qualitative Ziele 33<br />
Shareholder-Value 28<br />
Stakeholder 25<br />
technische Ergiebigkeit 26<br />
Zinsdifferentiale 135<br />
Zollagent 181, 183<br />
zollähnliche Wirkung 158<br />
Zollcode-Nummer 183<br />
Zolleskalation 156<br />
Zollgemeinschaft 155<br />
Zollgutlagerung 183<br />
Zollkontingente 183<br />
Zollkonzessionen 164<br />
Zollpräferenz 159<br />
Zollrechnung 183<br />
Zolltarifnummer 183<br />
Zollunion 155<br />
Zollwert 158<br />
Zollzugeständnisse 155<br />
Z-Variable 59, 73<br />
235
Literatur: Große, W./Müller-Lutz, H.L./Schmidt, R., Versicherungsenzyklopädie,<br />
Bd. 5, 3. Aufl., 1991; Ohlig, J., Handbuch Export-Import-Spedition, 10.<br />
Aufl., 1986; Schoppe, G.S. (Hrsg.), Kompendium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre,<br />
13. Kapitel, München 1991.<br />
Literatur: Pfohl, H.-Chr., Logistiksysteme, 4. Aufl., Berlin u.a. 1990; Striening,<br />
H.-D., Prozeß-Management, Frankfurt u.a. 1988.<br />
Literatur: Aberle, G. (Hrsg), Internationales Verkehrswesen, Organ der Deutschen<br />
Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V., Hamburg (mit zahlreichen<br />
Beiträgen zum Thema); Ende, H., Überseeischer Containerverkehr ab binnenländischen<br />
Ladeorten, in: RKW Handbuch (Loseblattsammlung), Ziffer 4315, Berlin<br />
1981; Hapag-Lloyd AG, Containerservice (Hrsg.), Container Information<br />
1987, Hamburg 1987;<br />
Literatur: Arnold, U., Logistik, internationale, in: Macharzina, K./Welge, M.<br />
(Hrsg.), Handwörterbuch Export und Internationale Unternehmung, Enzyklopädie<br />
der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart 1989; Bonart, Th., Just-In-Time nach<br />
Übersee?, in: Internationales Verkehrswesen, 3 (1994), S. 118-121; Schneider D.,<br />
Distributionspolitik und <strong>Vertrieb</strong>swege bei internationaler Unternehmenstätigkeit,<br />
in: Kumar, B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit,<br />
S. 735-755, München 1992; Ohlig, J., Handwörterbuch Export-Import-Spedition,<br />
10. Aufl., Wiesbaden 1986; Pfohl, H.-Chr., Logistiksysteme,<br />
4. Aufl., Berlin u.a. 1990; RKW-Handbuch Logistik, Bd.1-Bd.3 (Loseblattsammlung),<br />
Berlin 1981; Robock, S.H./Simmonds, K., International Business<br />
and Multinational Enterprises, 4. Aufl., Homewood/IL u.a. 1989.<br />
Literatur: Bonart, Th., Fallstudie: Der Kapitalwert einer ausländischen Tochterunternehmung,<br />
in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium WiSt, 1 (1995), S.<br />
53-56; Mrotzek, R., Bewertung direkter Auslandsinvestitionen mit Hilfe betrieblicher<br />
Investitionskalküle, Wiesbaden 1989; Moeser, G., Internationale Akquisitionen<br />
und Fusionen als strategie des Markteintritts in Auslandsmärkten, in: Kumar,<br />
B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmen-<br />
2
stätigkeit, München 1992, S. 175-196; Schoppe, G.S. (Hrsg.), Kompendium der<br />
Internationalen Betriebswirtschaftslehre, 12. Kapitel, München 1991; Wacker,<br />
W., Steuerpolitik bei internationaler Unternehmenstätigkeit, in: Kumar,<br />
B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit,<br />
München 1992, S. 873-894.<br />
Literatur: Ansoff, H.I., An Analytical approach to Business Policy for Growth<br />
and Expansion, New York u.a. 1965; Bruhn, M., Werbung und Kommunikation<br />
für internationale Märkte, in: Kumar, B.N./Haussmann H. (Hrsg.), Handbuch der<br />
Internationalen Unternehmenstätigkeit, S. 703-734, München 1992; Hirzel Leder<br />
u. Partner (Hrsg.), Synergiemanagement: Komplexität beherrschen - Verbundvorteile<br />
erzielen, Wiebaden 1993; Moeser, G., Internationale Akquisition und<br />
Fusion als Strategie des Markteintritts in Auslandsmärkten, Bruhn, M., Werbung<br />
und Kommunikation für internationale Märkte, in: Kumar, B.N./Haussmann H.<br />
(Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit, S. 549-567, München<br />
1992; Ropella, W., Synergie als strategisches Ziel der Unternehmung, Berlin<br />
u.a. 1989.<br />
Dembeck, H., Gefahren beim Umgang mit Chemikalien, Tabellenbuch für den<br />
Praktiker, 4. Aufl., Stuttgart 1997<br />
Tretzel<br />
Literatur: Franke, H./Gollnick, R., Ökonomische Aspekte der Gestaltung von<br />
Gefahrguttransporten, in: Internationales Verkehrswesen, Jg.45, Nr.12, 1993, S.<br />
713-717; Müller, N., Gefahrgut-Transportlogistik, in: RKW Handbuch (Loseblattsammlung),<br />
Ziffer 1430, Berlin 1981; Müller, N., Gefahrgut-Lagerlogistik,<br />
in: RKW Handbuch (Loseblattsammlung), Ziffer 1435, Berlin 1981; Piehl, Th.,<br />
Die Risiken der Gefahrstoffe, in: Internationales Verkehrswesen, Jg.48, Nr.1+2,<br />
1996, S. 49-51; Ridder, K., Kennzeichnung von Verpackung und Fahrzeugen mit<br />
gefährlichen Gütern, München 1993.<br />
Prof. Dr. Thomas Bonart<br />
3
Zur Steigerung des langfristigen Gewinns können wir den Umsatz bei konstanten<br />
Kosten erhöhen, die Kosten bei konstantem Umsatz verringern, oder beide Größen<br />
simultan optimieren. Der erste Fall betrifft die Verkaufsbereiche, der zweite<br />
die Produktions- und Verwaltungsbereiche und bei der simultanen Optimierung<br />
müssen wir von einer Gesamtplanung ausgehen. In der Praxis durchlaufen Industrieunternehmen<br />
Phasen, in denen mal der erste und dann der zweite Fall dominiert.<br />
Eine simultane Planung und Umsetzung bindet mehrere Unternehmensbereiche<br />
gleichzeitig ein und ist wegen der Komplexität des sozialen Systems eines<br />
Unternehmens teuer und schwer realisierbar.<br />
2.8 Aufgaben zum 2. Kapitel<br />
1. Aufgabe<br />
Erläutern Sie den Begriff: Adaptiver <strong>Vertrieb</strong>sprozess.<br />
2. Aufgabe<br />
Nennen Sie produktbezogene und unternehmensbezogene Funktionen.<br />
3. Aufgabe<br />
Grenzen die die Begriffe <strong>Vertrieb</strong>, Absatz und Marketing voneinander ab.<br />
4. Aufgabe<br />
Was versteht man unter produktions-, kapitalmarkt- und marketingorientierten<br />
Zielen der Unternehmenführung?<br />
5. Aufgabe<br />
Aus welchen Elementen baut sich die Nutzwertanalyse auf?<br />
6. Aufgabe<br />
Warum führt eine Spartenorganisation zu Synergieverlusten?<br />
7. Aufgabe (Anhang)<br />
4
Gewichte können im Sinne von Substitutionsraten interpretiert werden, die zwischen<br />
Teilzielen bestehen. Zeigen Sie diesen Zusammenhang.<br />
5
2.9 Literaturempfehlungen<br />
BAMBERG, G., COENENBERG, A.G., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre,<br />
7. Aufl., München 1992, S. 54 ff.<br />
DRUKARCZYK, J., Finanzierungstheorie, München 1980, S. 260 ff.<br />
KUHN, A., Unternehmensführung, 2. Aufl., München 1990, S. 21-23.<br />
MEYER, J. A., Kreativitätstechniken, in: WiSt - Wirtschaftswissenschaftliches<br />
Studium, 22. Jg. (1993) Nr. 9, S. 94, 446-450.<br />
MÜLLER-HAGEDORN, L., Einführung in das Marketing, Darmstadt 1990, S.<br />
5-11.<br />
NIESCHLAG, R., DICHTL, E., HÖRSCHGEN, H., Marketing, 17. Aufl., Berlin<br />
1994, S. 4-25, 27ff.<br />
SCHNEEWEIß, CHR., Planung, Berlin, Heidelberg, New York 1991, S. 45 ff.,<br />
75f, 132 ff.<br />
SCHWEITZER, M., Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre, in F.X. BEA, E.<br />
DICHTL, M. SCHWEITZER (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,<br />
Bd. 1: Grundfragen, 6. Aufl., Stuttgart, Jena 1992, S. 19, 43-55.<br />
STAEHLE, W. H., Management, 7 .Aufl., München 1994, S. 88 f., 400 ff.<br />
TIETZ, B., Marketing - Zeitschrift für Forschung und Praxis, 15. Jg., Nr. 3<br />
(1993), S. 149-151, 158.<br />
ULRICH, P., FLURI, E., Management, 6. Aufl., Bern, Stuttgart 1992, S. 77 ff. .<br />
6
Quellen:<br />
Borchmann, M., GATT-Auftakt zu einer neuen Welthandelsrunde, Betriebsberater<br />
International, Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1987, Heft 6, S.<br />
444-449.<br />
Hailbronner, K., Bierwagen, R.M. , „Neue“ Formen des Dumping und ihre Regelung<br />
im Außenwirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaften, Betriebsberater<br />
International, Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1988, Heft 9, S.<br />
705-715.<br />
Kramer, S., Die Meistbegünstigung, Betriebsberater International, Recht der Internationalen<br />
Wirtschaft, RIW 1989, Heft 6, S. 473-481.<br />
Bogdandy, A.v., Eine Ordnung für das GATT, Betriebsberater International,<br />
Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1991, Heft 1, S. 55-61.<br />
Scheffler, D., Juristische Aspekte der Subventionsproblematik im GATT, Betriebsberater<br />
International, Recht der Internationalen Wirtschaft, RIW 1993, Heft<br />
5, S. 401-409.<br />
Handbuch für Internationale Zusammenarbeit, Sonderorganisationen, IAEA und<br />
GATT. Verlauf, Bedeutung und Ergebnisse der Uruguay-Runde, III A 80 13,<br />
322. Lieferung, Juli 1994, S. 1-48.<br />
(vgl. Borchmann, 1987, S. 444 f):<br />
(Bogandy, 1991, S. 56):<br />
(vgl. Kramer, 1989, S. 478 f)<br />
(Borchmann, 1987, S. 445)<br />
(vgl. News of the Uruguay Round, Press backgropund briefs, Genf, November<br />
1990, S. 35)<br />
(vgl. Fröhlich, H.P., Das GATT am Scheideweg, 1989, S. 19)<br />
7