Die Woche Hortensien sind ganz besondere Blumen Montag Der Grüne ist doch ein echter Fuchs. Jetzt darf er schon seit Jahren in unserer Firma an meiner Seite arbeiten, ist dabei auch nie auffällig geworden, sondern gilt durchaus als zuverlässige, ehrliche und fast schon spießig-korrekte Kraft. Ihm gebe ich gerne die eine oder andere Aufgabe, denn eigentlich macht er einen guten Job. Natürlich, von Fußball hat der Typ rein gar keine Ahnung. Seine Vorliebe für fehlendes Flair lebt er halt mit seiner Mannschaft aus. Außerdem steht er auf Werder. Einfach nicht mein Ding. Heute allerdings tun sich Abgründe auf. Der hat mich doch glatt hintergangen. Kommt in mein Büro gestieselt, tut scheinheilig und erkundigt sich ganz beiläufig nach der Telefonnummer vom Trainer meiner Tochter. Die Jüngste kickt für den GVO, G-Jugend, erfolgreich. Zuletzt wurde die Eintracht mit 12:1 vermöbelt. Ich war natürlich stolz ohne Ende. Muss jetzt auch nicht mehr so tun, als wäre Frauenfußball nichts für mich. Meine Süße ist schnell – ja, fast schon schneller als ich – tritt wie eine Große gegen die Kugel und hält mit den Jungs in ihrer Truppe gut mit. Ich bin ja auch echt zu naiv. Mein erster Gedanke ist natürlich, dass der Herr Mitarbeiter seinen Filius auch gerne in „meiner“ Mannschaft unterbringen möchte. Läßt der Kerl mich doch auch in dem Glauben, denn kaum hat er die Nummer, schon ist er wieder weg. Die Wahrheit ist aber eine ganz andere. Mache heute früher Schluss. Meine Süße will mit dem Papa Fußball spielen. Klarer Arbeitsauftrag, der umgesetzt wird. Schließlich ist am Freitag das Derby. Wir spielen in Bürgerfelde. Da kann eine Extraeinheit nicht schaden. Die Trainer sind zwar echt klasse, aber ich weiß nicht, ob sie den Ernst eines Derbies erkannt haben. Ich habe natürlich vorgebaut. Ist doch klar, dass ich eine Prämie ankündige. Der späte Nachmittag gerät für mich zur Tortur auf dem Bolzplatz. Vielleicht habe ich doch das eine oder andere Kilo viel zu viel drauf. In der Muckibude habe ich zuletzt nur durch Abwesenheit überzeugt und meine Joggingschuhe bieten unserer Hausspinne Igor eine behagliche Unterkunft. Egal, zum Kicken mit der Achtjährigen wird es noch reichen. Der erste Sprint geht an mich. Na also. Die Plauze ist gar nicht zu dick. Denkste. Zwei Spurts später pumpe ich schon ganz gut und der Kopf wird rot. Zeit, das Training umzustellen. Jetzt ist Zweikampfschulung angesagt. Sekunden später weiß ich, dass es nicht schlau war, mehr Biss zu verlangen. Am Schienbein zeichnet sich schon ein Fleck ab. Wird sicher blau, immerhin. Sie hat ein Einsehen und steckt mich ins Tor. Das ist mein Job, viel Masse für den kleinen Kasten, aber ich lasse den einen oder anderen rein, ist gut fürs Selbstvertrauen. Dienstag Ich mach mir gerade Gedanken über die Aufstellung für das Spiel gegen den <strong>FC</strong> <strong>St</strong>. <strong>Pauli</strong> II, da steckt der Grüne den Kopf durch die Tür. Er habe den Trainer nicht erreicht, ob ich ihm etwas ausrichten könne? Klar, aber ich kann Dir auch sagen, wann Training ist, wenn Dein Kurzer bei uns spielen will. Nein, gibt er schüchtern zu, der wolle nicht mit uns spielen, sondern gegen uns. Wie jetzt? Die Mannschaft seines Sohnes, seine Mannschaft, sei doch unser Gegner am Freitag. Rumms, das hat gesessen. Habe ich das richtig verstanden, Deine Mannschaft? Ja, räumt er ein, er sei der Co- Trainer. Ich fasse es nicht. Wieso erfahre ich das nebenbei? Egal, ein Grund mehr, die Prämie fürs Derby zu erhöhen. Ein Eis in der Waffel, vergesst es, denke ich mir. Sieger essen á la carte. Breit grinsend kündige ich seiner Mannschaft eine Rasur an. Wie gut wir drauf seien, das habe er ja wohl gelesen. Ich verweise auf das 12:1. Er ist beeindruckt, kündigt aber an, dass man locker mitspielen könne. Was zu beweisen wäre. Der Arbeitstag ist natürlich gelaufen. Meine Aufstellung für Mittwoch steht, jetzt hat etwas anderes Priorität. Vielleicht sollte ich Joe anrufen und fragen, ob er nicht mal unsere Truppe trainieren will? Ach, besser ich nehme die ganze Mannschaft mit zum Spiel, dann können sie sich gleich einstimmen. Ein Anruf später und ich habe die Karten in der Tasche. Bin allerdings irritiert, dass unser Trainer mir sagt, er würde dann auch gerne Fußball gucken und sich nicht über eine Derby-Taktik unterhalten wollen. Bin ich so ein typischer Fußball-Vater? Natürlich sei das nicht nötig, erkläre ich ihm, die Taktik könne er schließlich schon lesen, meine E-Mail sollte er doch haben. Abends erzähle ich meinen Mädels davon. <strong>St</strong>att des zu erwartenden Lobes, immerhin zeige ich doch Einsatz, ernte ich mal wieder einen Verbaleinlauf. Die Töchter schauen mich genervt an, und sie ist fast schon sauer. Natürlich folgt gleich eine Ansage. Sollte ich mich weiter in die Belange der Trainer einmischen, würde sie dafür sorgen, dass ich beim GVO nicht mehr auf den Platz darf. Ich gelobe natürlich Besserung. Morgen werde ich allerdings mal mit Joe sprechen, vielleicht hören die Trainer ja auf ihn. Mittwoch Der ganze <strong>St</strong>ress hat sich nicht gelohnt. Der Grüne fängt mich im Flur ab und erklärt mir, sie müssten das Spiel absagen. Wie bitte? Absagen? Heute? Warum? Weil die ganze Mannschaft zu einem Geburtstag eingeladen sei. Ja, nee, ist klar. Zu Deinem? Ich glaube ihm kein Wort. Mir ist sofort klar, dass die Nummer stinkt. Rufe unseren Trainer an und der teilt meine Einschätzung. Er kennt die Wahrheit. Die hätten von unserem 12:1 gelesen und jetzt schlicht und einfach die Hose voll. Das erklärt es doch. Nehme mir vor, den Mitarbeiter in dieser Woche täglich als Feigling zu beschimpfen. Vorher klopfe ich ihm jovial auf die Schultern, lasse ihn wissen, dass er angesichts seiner Angstzustände professionelle Hilfe nicht scheuen sollte und freue mich darüber, dass der <strong>VfB</strong>-Aufkleber auf seinem Sakko perfekt sitzt, den ich ihm nebenbei gegönnt habe. Jetzt kann ich mich noch meinem neuen Hobby widmen, denn an Arbeit ist am Spieltag nicht zu denken. Ich bin viel zu nervös. Zum Glück kann ich darüber mit meiner neuen Blume sprechen. Nicht, dass ich einen grünen Daumen hätte, natürlich nicht. Aber so eine Hortensie ist schon eine ganz besondere Blume. Wenn man sie liebevoll umschmeichelt und vernünftig behandelt, nimmt sie eine blaue Färbung an. Vielleicht sollte ich ihm auch eine ins Büro stellen. 18 DAS BLAUE 30. April 2008 - <strong>VfB</strong> <strong>Oldenburg</strong> : <strong>FC</strong> <strong>St</strong>. <strong>Pauli</strong> II
30. April 2008 - <strong>VfB</strong> <strong>Oldenburg</strong> : <strong>FC</strong> <strong>St</strong>. <strong>Pauli</strong> II DAS BLAUE 19