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MATERIALIEN ZUR INHALTSANALYSE VON DEUTSCHEN ...

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<strong>MATERIALIEN</strong> <strong>ZUR</strong> <strong>INHALTSANALYSE</strong><br />

<strong>VON</strong> <strong>DEUTSCHEN</strong> BRIEFEN UBER AUSLANDER<br />

Rainer Guski


ZUSAMMENFASSUNG<br />

Diese Arbeit berichtet über die Methodik und Ergebnisse von zwei<br />

verschiedenen inhaltsanalytischen Vorgehensweisen bei der<br />

sozialpsychologischen Analyse von Briefen, die deutsche Bürger in<br />

den Jahren 1979 und 1980 an die Bundesregierung über Ausländer<br />

(vor allem "Gastarbeiter" und Asylbewerber) geschrieben haben. Die<br />

theoretischen Grundlagen und ausführlichere Ergebnis-Diskussionen<br />

über Teile der hier vorgelegten Ergebnisse werden demnächst in<br />

einer Forschungsmonografie "Deutsche Briefe über Ausländer"<br />

(GUSKI, im Druck) erscheinen.<br />

Ausgehend von einem theoretischen Modell, in dem prosoziales und<br />

antisoziales Verhalten gegenüber Ausländern auf einem gemeinsamen<br />

Verhaltenskontinuum liegen, für das ein gemeinsames Prädiktormodell<br />

formuliert werden kann, wurden insgesamt 411 Briefe gesammelt,<br />

die zwischen Juli 1979 und Juli 1980 an die Bundesregierung<br />

geschrieben wurden und in irgendeiner Form Stellung zu<br />

Ausländern beziehen - teilweise haben diese Briefe einen<br />

"positiven" Charakter (sie fordern z.B. die Bundesregierung auf,<br />

mehr für Ostasien-Flüchtlinge zu tun), teilweise haben sie einen<br />

"negativen" Charakter (sie verlangen die Ausweisung aller<br />

"Gastarbeiter"), teilweise liegen sie in der Mitte zwischen<br />

"Hilfe" und "Ablehnung".<br />

Mit zwei verschiedenen inhaltsanalytischen Methoden wurden 104<br />

dieser Briefe ausgewertet: einerseits durch 4 trainierte menschliche<br />

Urteiler, andererseits durch ein Computer-Programm. Es zeigt<br />

sich, daß das Computer-Programm bei dem anstehenden Problem<br />

menschlichen Urteilern mehrfach überlegen ist: menschliche<br />

Urteiler können verschiedene Dimensionen des Hilfe/Ablehnungs-<br />

Problems nicht auseinanderhalten (z.B. nicht "Negative Kognitionen"<br />

und "Dogmatischer Stil"), außerdem scheinen sie die Briefe<br />

zunächst in "positive" und "negative" zu klassieren und anschließend<br />

die Untersuchungsvariablen zu beurteilen.<br />

Die Ergebnisse der Computer-Contentanalyse legen nahe, daß vor<br />

allem die "Soziale Perspektivenbreite", die "Kognitionen über<br />

Ausländer", der "Dogmatische Stil" und die "Sprachliche Kompetenz"<br />

wichtige Prädiktoren der Hilfe bzw. Ablehnung gegenüber Ausländern<br />

sind. In einer erweiterten Stichprobe zeigte sich zudem, daß die<br />

in den Briefen dokumentierte "Soziale Perspektivenbreite" durch<br />

den Kampf um Arbeitsmarkt-Ressourcen beeinträchtigt wird.


INHALT<br />

1. Einleitung<br />

2. Theoretische Grundlagen 2<br />

3. Durchführung und Ergebnisse der Rating-Studie 4<br />

3.1: Auswahl des Untersuchungsmaterials. 4<br />

3.1.1: Probleme der Grundgesamtheit und der Stichprobe. 4<br />

3.1.2: Beispiele für die ausgewählten Briefe 5<br />

3.1.3: Statistische Daten der ausgewählten Briefe 13<br />

3.1.3.1: Sprachstatistische Analysen 15<br />

3.2: Operationalisierung und Funktion der Untersuchungsvariablen 19<br />

3.2.1: Die vollständige Variablenliste für die Rating-Studie 19<br />

3.2.2: Operationalisierung der Rating-Variablen 27<br />

3.2.3: Anwendung des Kategoriensystems und Beobachter-Übereinstimmungen 46<br />

3.3: Beschreibende Statistik der beurteilten Variablen 47<br />

3.4: Zusammenhangsanalysen zwischen ausgewählten Variablen 51<br />

3.4.1: Zur Frage der Eindimensionalität der Hilfe/Ablehnungs-Ratings 51<br />

3.4.2: Zusammenhänge der Ratings untereinander 54<br />

3.4.3: Kritische Würdigung der Rating-Ergebnisse 55<br />

4: Durchführung und Ergebnisse der Rechner-gestützten Inhaltsanalyse 56<br />

4.1: Das Programm CONTENT4 und andere textanalytische Programme 56<br />

4.1.1: Das Programm CONTENT4 56<br />

4.1.2: Andere textanalytische Programme 58<br />

4.2: Operationalisierung der wichtigsten Modell-Variablen 59<br />

4.2.1: Auswertungsbeispiele 65<br />

4.3: Univariate Statistik der contentanalytischen Variablen 68<br />

4.4: Zusammenhangsanalysen mit contentanalytischen Variablen 72<br />

4.4.1: Zusammenhänge zwischen Rating- und Content-Variablen 72<br />

4.4.2: Zusammenhänge der Content-Variablen untereinander 73<br />

4.4.3: Zusammenhänge zwischen Content- und sprachstatistischen Variablen 74<br />

4.4.4: Ein erstes Modell zur Determination von CHILF 75<br />

4.5: Zusammenhänge mit exogenen makrosozialen Größen 76<br />

4.5.1: Verfügbare makrosoziale Daten 76<br />

4.5.2: Verteilungscharakteristik der makrosozialen Variablen 78<br />

4.5.3: Nichtparametrische Korrelationen mit makrosozialen Größen 80<br />

4.6: Zusammenhangsanalysen in einer erweiterten Stichprobe 81<br />

4.6.1: Das Auswahlverfahren für die erweiterte Stichprobe 81<br />

4.6.2: Häufigkeitsverteilungen in der erweiterten Stichprobe 81<br />

4.6.3: Zusammenhangskoeffizienten in der erweiterten Stichprobe 85<br />

4.6.3.1: Parämetrische Korrelationen 85<br />

4.6.3.2: Zum zeitlich optimalen Zusammenhang zw. Makro- und Person-Variablen 86<br />

4.6.3.3: Die Zuverlässigkeit der Korrelationen 87<br />

4.6.3.4: Zur Linearität der Beziehungen mit CHILF 88<br />

4.6.3.5: Zur relativen Relevanz der<br />

Prädiktorvar. für die beiden Seiten des Hilfe-Ablehnungs-Kontinuums 89<br />

4.6.4: Neue Modelle zur Determination von Hilfe bzw. Ablehnung 92<br />

4.6.4.1: Ein Modell ohne makrosoziale Variable 92<br />

4.6.4.2: Modelle mit makrosozialen Variablen 93<br />

4.6.5: Kausalanalytische Modelle 94<br />

5. Literatur 100


1:EINLEITUNG<br />

Die öffentliche Diskussion über Arbeitslosigkeit, "Gastarbeiter"<br />

und Asylbewerber war ab Mitte 1979 bis Mitte 1980 sehr heftig:<br />

Presse und Fernsehen machten zunächst auf das Elend der Flüchtlinge<br />

- in Ostasien aufmerksam, sie berichteten über deutsche<br />

Hilfeleistungen, dann weiter über die Unterbringung dieser<br />

Menschen als Asylbewerber in deutschen Lagern, über Mißstände beim<br />

Handel mit Ausreisegenehmigungen, dann über "Wirtschaftsasylanten",<br />

"Asylmißbrauch" und von der Unwilligkeit mancher "Gastarbeiter",<br />

sich in deutsche Lebensgewohnheiten zu integrieren.<br />

Hinzu kam die in dieser Zeit rapide steigende Tendenz der<br />

Arbeitslosigkeit, und nicht wenige Menschen stellten einen<br />

Zusammenhang her zwischen der Arbeitslosigkeit und der Aufnahme<br />

von Asylbewerbern und "Gastarbeitern" in Deutschland: sie<br />

motivierten ihre Ablehnung von Ausländern damit, daß die Ausländer<br />

"den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen".<br />

Der Gedanke, daß antisoziales Verhalten einer gesellschaftlichen<br />

Majorität gegenüber Minoritäten eine ökonomische Basis hat, ist<br />

schon in den fünfziger Jahren von SHERIF & SHERIF (1953) geäußert<br />

worden. Dennoch überwog in der nachfolgenden sozialpsychologischen<br />

Forschung die Vorstellung, daß antisoziales Verhalten primär durch<br />

persönlichkeitspsychologische Faktoren zu erklären sei. Solche<br />

Gedanken überwiegen auch in den Forschungen zum prosozialen<br />

Verhalten - hier allerdings ergänzt durch situations- und interaktionsspezifische<br />

Faktoren. Die beiden Forschungszweige zum pround<br />

antisozialen Verhalten verliefen bislang weitgehend unabhängig<br />

voneinander. In diesem Bericht wird jedoch der Standpunkt vertreten,<br />

daß beide Verhaltensweisen als Endpunkte eines gemeinsamen<br />

Kontinuums zu verstehen sind, für die ein gemeinsames Prädiktormodell<br />

formuliert werden kann.<br />

Dieses Prädiktormodell soll angewendet werden auf sog. "nichtreaktive"<br />

Daten, d.h. Daten, die nicht von Forschern für Untersuchungszwecke<br />

provoziert wurden, sondern mehr oder weniger<br />

spontan von Bürgern erzeugt wurden: Briefe, wie sie deutsche<br />

Bürger jährlich zu Tausenden an die Regierung oder andere staatliche<br />

Einrichtungen schicken und die Adressaten zu irgendwelchen<br />

Handlungen auffordern. Solche Briefe sollen mit inhaltsanalytischen<br />

Methoden bearbeitet werden, um Variablen zu erzeugen,<br />

welche eine Prüfung des Prädiktormodells gestatten.<br />

1


2:THEORETISCHE GRUNDLAGEN<br />

Vorbemerkung:<br />

In diesem Text werden die theoretischen Grundlagen nicht<br />

ausgearbeitet, sondern nur gestreift - die Ausarbeitung findet<br />

sich in dem bereits erwähnten umfassenden Forschungsbericht<br />

"Deutsche Briefe über Ausländer" (GUSKI, im Druck).<br />

In dieser Arbeit geht es um prosoziales und antisoziales Verhalten<br />

gegenüber Ausländern, um die Faktoren, die dieses Verhalten beeinflussen,<br />

und um Inhaltsanalysen als Datengewinnungsmittel.<br />

Prosoziales Verhalten wird hier verstanden als ein Verhalten,<br />

welches einer anderen Person oder Gruppe helfen oder nützen soll,<br />

ohne durch externe Umstände belohnt oder gefordert zu werden.<br />

Umgekehrt wird antisoziales Verhalten als ein Verhalten verstanden,<br />

welches einer anderen Person oder Gruppe schaden soll,<br />

ohne daß zwingende Umstände dafür vorliegen. Vorurteile und<br />

Diskriminierungen werden hier als Formen antisozialen Verhaltens<br />

verstanden. Inhaltsanalysen werden hier verstanden als Verfahren,<br />

um replizierbare Schlüsse von Textelementen auf dahinterliegende<br />

Variablen (z.B. Einstellungen des Autors) zu ziehen.<br />

2


unter denen Deutsche und Ausländer leben; es wird angenommen, daß<br />

Deutsche gegenüber Ausländern um so eher prosozial handeln, je<br />

reichhaltiger die eigenen ökonomischen Ressourcen sind (z.B.<br />

Arbeitsplätze, um die sich Deutsche und Ausländer gleichermaßen<br />

bewerben können) - umgekehrt wird angenommen, daß Deutsche um so<br />

eher antisozial gegenüber Ausländern handeln, je knapper die<br />

gemeinsamen ökonomischen Ressourcen sind. (Mit dem Wort "gemeinsam"<br />

soll angedeutet werden, daß nicht alle Deutsche von<br />

Arbeitsplatzverlust gleichermaßen bedroht sind, sondern vorwiegend<br />

jene, um deren Arbeitsplätze sich auch Ausländer bewerben - das<br />

sind vor allem ungelernte Arbeiter).<br />

Als mikrosoziale Determinanten pro- und antisozialen Verhaltens<br />

können vor allem die Sozialisationsbedingungen verstanden werden,<br />

insbesondere die Vorbilder, die Eltern in bezug auf das<br />

Sozialverhalten geben. - Diese Faktoren können jedoch in unserer<br />

Untersuchung nicht erfaßt werden.<br />

Die persönlichkeitsspezifischen Determinanten nehmen in dieser<br />

Arbeit den breitesten Raum ein - in der sozialpsychologischen<br />

Literatur zu vorurteilshaftem Verhalten werden vor allem die<br />

Variablen "Ethnozentrismus" (Hochschätzung der eigenen Kultur),<br />

"Dogmatismus" (starrer, Kritik und Zweifel abwehrender Denkstil),<br />

"Negative Kognitionsinhalte" und "Soziale Schicht" (bzw. geringe<br />

Quantität und Qualität der Ausbildung, wobei makrosoziale und<br />

persönlichkeitsspezifische Faktoren konfundiert sind). Hinsichtlich<br />

des prosozialen Verhaltens interessiert vor allem die<br />

"Soziale Perspektivenbreite" (die Performanz sozialer Kognitionen,<br />

welche eigene und fremde Standpunkte gleichermaßen einbezieht),<br />

die "Kognitive Flexibilität" (etwa das Gegenteil von "Dogmatismus",<br />

teilweise überlappend mit "Ausbildungsqualität").<br />

Situations- und interaktionsspezifische Faktoren können an einmalig<br />

vorliegenden Texten nicht untersucht werden; sie spielen<br />

folglich im empirischen Teil der Arbeit keine Rolle. Hier sei nur<br />

erwähnt, daß solche Faktoren vor allem im Zusammenhang mit prosozialem<br />

Verhalten betont werden, aber auch bei Diskriminierungen<br />

wichtig sind.<br />

3


3:DURCHFÜHRUNG UND ERGEBNISSE<br />

DER RATING-STUDIE.<br />

In diesem Kapitel wird über den Versuch berichtet, pro- bzw.<br />

antisoziales Verhalten sowie einige der im vorigen Kapitel<br />

genannten Moderatorvariablen in Briefen deutscher Bürger an die<br />

Bundesregierung mit Hilfe von (menschlichen) Urteilern zu analysieren.<br />

Dabei wurde eine Grundgesamtheit von 411 Briefen gesammelt,<br />

und 4 Urteiler haben sich nach Literatur- und Briefstudium<br />

sowie ausführlichen Diskussionen auf ein Kategoriensystem mit<br />

insgesamt 48 Variablen geeinigt. Nach Training an Hand von 10<br />

ausgewählten Briefen haben sie das Kategoriensystem auf 104 der<br />

411 Briefe angewandt und für diejenigen Variablen, die genügend<br />

Varianz und gute Beobachter-Übereinstimmungen erzielten, einen<br />

Mittelwert pro Variable und Brief über alle 4 Urteiler bestimmt.<br />

Mit diesen Mittelwerten sind dann erste statistische Analysen<br />

durchgeführt worden.<br />

3.1: AUSWAHL DES UNTERSUCHUNGSMATERIALS.<br />

3.1.1: Probleme der Grundgesamtheit und der Stichprobe.<br />

Der Autor der vorliegenden Arbeit hat sich seit Anfang 1979<br />

bemüht, Briefe deutscher Bürger mit Stellungnahmen zum Ausländer-<br />

Problem zu sammeln. Solche Briefe gehen bei aktuellen Problemen<br />

(z.B. dem Versuch der Einstellung eines türkischen Polizisten in<br />

Berlin oder bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen<br />

ausländischen Gruppen in Deutschland) vielfach an die<br />

Zeitungsredaktionen; z.T. haben diese Redaktionen ihre Leser auch<br />

aufgefordert, ihre Meinung zu äußern, und außerdem gehen bei der<br />

Bundesregierung beinahe täglich Briefe von Bürgern ein, die durch<br />

Anregungen von Fernsehsendungen Fragen und Wünsche an die Regierung<br />

herantragen. Die Meinungen, die dabei geäußert werden, können<br />

zwar kein repräsentatives Abbild der Meinungsverteilung über die<br />

gesamte Bundesrepublik darstellen, wie es etwa eine bevölkerungsrepräsentative<br />

Umfrage könnte, jedoch kann man vermuten, daß man<br />

hier einigermaßen unverzerrte Meinungen von Bürgern erfährt, die<br />

besonders betroffen sind und für die das Ausländerproblem wichtig<br />

ist. Im Gegensatz zu einer Meinungsäußerung bei einer Befragung<br />

fordert das Briefeschreiben aktives Engagement; man kann also<br />

vermuten, daß die so erhaltene Meinungsverteilung für die engagierten<br />

Bürger halbwegs repräsentativ ist und einen besseren Bezug<br />

zum Handeln der Bürger hat, als ihn übliche Befragungsstudien<br />

erhalten können. Die erhoffte (jedoch leider nicht kontrollierbare)<br />

Repräsentativität solcher Briefe für die engagierten Bürger<br />

wird allerdings eingeschränkt durch einen Faktor, der als eine<br />

Folge unserer mittelbaren Demokratieform angesehen werden kann:<br />

man muß berücksichtigen, daß nur solche Bürger an Zeitungen oder<br />

an die Regierung schreiben, die sich davon einen gewissen Erfolg<br />

versprechen, und dies sind erfahrungsgemäß nur wenige.<br />

Die Versuche, bei Zeitungsredaktionen alle Leserbriefe zum Thema<br />

"Ausländer" zu bekommen, waren nur teilweise erfolgreich: manche<br />

Leserbriefredaktionen waren nicht bereit, unveröffentlichte Leserbriefe<br />

herauszugeben, andere Redaktionen hatten nicht alle Briefe<br />

aufgehoben; bei manchen (auflagenstarken) Zeitungen gehen fast gar<br />

keine Leserbriefe ein. Alles zusammen bedeutet, daß eine systematische<br />

Stichprobe von Leserbriefen sich doch nur auf die bundesweit<br />

publizierten Briefe hätte stützen können, und hier erschienen<br />

4


mir die Auswahlkriterien der Zeitungen doch zu undurchsichtig.<br />

Um so erfreulicher war es, daß das Innenministerium der Bundesregierung<br />

im Jahre 1980 nach Anfrage bereit war, über Modalitäten<br />

der Auswertung von Bürgerbriefen zu verhandeln, von denen dort<br />

jährlich bis zu 500 Briefen zu Fragen der Ausländer in Deutschland<br />

eingehen. Wegen meines Interesses sowohl an prosozialem als auch<br />

antisozialem Verhalten gegenüber Ausländern wählte ich den zwölfmonatigen<br />

Untersuchungszeitraum von Mitte 1979 bis Mitte 1980 - in<br />

dieser Zeit gingen sowohl Hilfe-Ersuchen für Ausländer (z.B.<br />

Südchina-Flüchtlinge) als auch Proteste gegen die Aufnahme von<br />

Ausländern (z.B. "Scheinasylanten") bei der Bundesregierung ein.<br />

In Absprache mit dem zuständigen Abteilungsleiter des Innenministeriums,<br />

Herrn Dr. Haberland, erhielt ich Kopien von allen,<br />

Briefen und Postkarten, die in diesen 12 Monaten zu Ausländerfragen<br />

bei der Bundesregierung eingegangen waren. In den Kopien<br />

waren die Absender abgedeckt, eingetragen waren jedoch das<br />

Geschlecht (sofern aus dem Vornamen erkennbar) und die Postleitzahl<br />

des Absender-Wohnortes. Auf diese Weise war eine vollständige<br />

Anonymität der Absender gesichert, und den zuständigen Mitarbeitern<br />

möchte ich hier noch einmal meinen Dank für die mühevolle<br />

Arbeit des Abdeckens, Kopierens und Codierens aussprechen.<br />

In der Zeit vom 1.7.1979 bis 30.6.1980 gingen insgesamt 411 Briefe<br />

und Postkarten zu Ausländerfragen ein; diese Anzahl bildet die<br />

Grundgesamtheit, aus der aus Ökonomiegründen eine Stichprobe von<br />

etwa 100 Briefen für die eigentliche Untersuchung gezogen werden<br />

mußte. Das Auswahlprinzip für die Rating- und die (spätere) erste<br />

Computer-Content-Studie bestand darin, jeden vierten Brief in der<br />

Reihenfolge des Datums zu ziehen, wobei allerdings 4 Briefe, die<br />

entweder doppelt vorhanden oder für die Beurteiler nicht entzifferbar<br />

waren, nicht gezogen wurden. Die erste Stichprobe umfaßt<br />

104 Briefe; für eine Zusatzauswertung im Rahmen der Analyse makrosozialer<br />

Bedingungsfaktoren wurden später 12 von diesen 104<br />

Briefen aus den stark besetzten Monaten August 1979 sowie März,<br />

April und Juni 1980 nach einem Zufallsprinzip wieder entfernt und<br />

die übrigen Monate nach einem Zufallsprinzip auf etwa 11 Briefe<br />

pro Monat erhöht (siehe auch Kapitel 4.6).<br />

3.1.2: Beispiele für die ausgewählten Briefe.<br />

Um dem Leser einen Eindruck von der Art der an die Bundesregierung<br />

gerichteten Briefe über Ausländer zu geben, sind in den Abbildungen<br />

3-1 bis 3-10 Abschriften von Briefen wiedergegeben, wobei<br />

diese 10 Briefe jeden zehnten Brief innerhalb der ausgewählten<br />

Stichprobe von 104 Briefen darstellen - es wird somit eine systematische<br />

Stichprobe aus der systematischen Stichprobe der Grundgesamtheit<br />

dargestellt.<br />

5


Herrn<br />

Bundeskanzler Helmut Schmidt<br />

Bundeshaus 13.7.79 (M 43)<br />

5300 Bonn<br />

Betr.: Hilfe für Vietnam-Flüchtlinge.<br />

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,<br />

ich schreibe Ihnen wegen einer Sendung des ZDF vom 11.7.1979, mit<br />

Titel "Kein Land in Sicht". Darin ging es um die Vietnam-Flüchtlinge,<br />

die in einer schrecklichen Lage sind.<br />

In dieser Sendung kam auch ein Mann zu Wort, der die Situation von<br />

etwa 32.000 dieser Flüchtlinge auf einer Insel Indonesiens näher<br />

erläuterte. Er sagte, dass diese Menschen völlig von jeder Versorgung<br />

abgeschnitten sind, und dass wahrscheinlich schon einige Tausend von<br />

ihnen verhungert seien.<br />

Die Organisation, bei der dieser Mann mitarbeitet, ist bereit, ein<br />

Schiff mit dem Nötigsten dorthin zu schicken, aber bisher hat die<br />

indonesische Regierung keine Anlegeerlaubnis gegeben. Nach den Worten<br />

des Sprechers geschah das deshalb, weil die Regierung ein weltweites<br />

Aufsehen auf diese Katastrophe verhindern will.<br />

Ich bitte Sie nun, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass<br />

dieses Schiff die Anlegeerlaubnis bekommt und zu diesem Zweck Druck<br />

auf die indonesische Regierung auszuüben. Dies wäre bestimmt ein<br />

entscheidender Schritt, um den Menschen, die dort jetzt wahrscheinlich<br />

schon verhungern, zu helfen.<br />

Bei der Lage der dortigen Flüchtlinge ist jedes Zögern wirklich<br />

lebensgefährlich! Leider weiss ich weder den Namen der Insel noch<br />

den Namen der Organisation, für die der Sprecher gesprochen hat.<br />

Ich möchte Sie auch bitten, dass die Bundesregierung selbst den<br />

Flüchtlingen hilft und Arznei und Lebensmittel dorthin schickt. Wenn<br />

dies offiziell der indonesischen Regierung angeboten wird, ist diese<br />

auch bestimmt eher bereit, die Anlegeerlaubnis oder ggf. (wenn dort<br />

Flugzeuge oder Hubschrauber landen können) die Landeerlaubnis zu<br />

geben. Auf jeden Fall ist höchste Eile geboten!<br />

Zum Schluss dieses Briefes möchte ich Sie auch um verstärkte Unterstützung<br />

aller Vietnam-Flüchtlinge bitten. Bitte setzen Sie sich<br />

dafür ein, dass mehr Flüchtlinge in die BRD einreisen dürfen, und<br />

helfen Sie dazu bei, dass diejenigen, die noch nicht in Sicherheit<br />

sind, mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden. Um den<br />

widerlichen Menschenhandel der vietnamesischen Regierung zu unterbinden,<br />

sollten alle Staaten, die es als ihre Pflicht ansehen,<br />

solchen Menschen zu helfen, offiziell zusammenarbeiten und Massnahmen<br />

gegen dieses Unrecht ergreifen, damit diese Regierung nicht ungehindert<br />

einen ganzen Bevölkerungsteil systematisch vernichten kann.<br />

Ich weiss, dass es für mich bequem ist, Sie um dies alles zu<br />

bitten, und dass das Problem nicht einfach zu lösen ist, aber ich<br />

hoffe dennoch, dass Sie in Ihrer Funktion wirksame Massnahmen gegen<br />

dieses Unrecht finden.<br />

Ich hoffe auf Ihre Unterstützung:<br />

Hochachtungsvoll:<br />

6


An das Innen-Ministerium<br />

Bonn 30.7.79 (H 46)<br />

Betr. Vietnam-Flüchtlinge.<br />

Sehr geehrter Herr Minister,<br />

Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Im Blick auf die grosse Not der Flüchtlinge aus Vietnam möchte ich<br />

alle Bemühungen der Bundesregierung unterstützen und ermutigen, Hilfe<br />

zu geben und eine noch grössere Zahl von Flüchtlingen bei uns aufzu-<br />

nehmen-<br />

Als Zeichen-meiner Anteilnahme und Mitarbeit könnte ich für kürzere<br />

oder auch längere Zeit 2-3 Zimmer in meinem Haus zur Aufnahme von<br />

Flüchtlingen, Einzelpersonen, keine Familie, Jugendliche, zur Verfügung<br />

stellen. Eine-Zeit lang wäre auch gemeinsamer Haushalt möglich<br />

und also meine alltägliche wirtschaftliche Unterstützung.<br />

Ich bitte um Weiterleitung meines Briefes an die entsprechende Stelle<br />

Mit freundlichen Grüssen<br />

Abb.3-2: Brief Nr. 044.<br />

An den Innenminister der<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

5300 Bonn<br />

19.8.79 (M 56)<br />

Sehr geehrter Herr Innenminister Baum!<br />

Als Steuerzahler - und das nicht zu knapp - und Wähler möchten wir<br />

ein paar Worte zu Ihrem Kommentar im Fernsehen am 7.8. abends sagen:<br />

Sie meinten, diese Gesellschaft sei reif und tolerant genug, grosse<br />

Ausländergruppen zu verkraften. Und dann verwiesen Sie auf die vergangenen<br />

Integrationsleistungen.<br />

Wir finden, dieser Vergleich hinkt sehr, wenn Sie Aussiedler,<br />

Flüchtlinge, Vertriebene usw. gemeint haben sollten. Das sind und<br />

waren Deutsche. Angehörige dieser Nation mit der gleichen Sprache.<br />

Keine Ausländer.<br />

Mag sein, dass es in der Bundesrepublik keine Ausländerfeindlichkeit<br />

gibt. Das ist gut so. Aber es gibt in diesem grossen Volk in<br />

seinem sehr kleinen Land ein breites Unbehagen über die Aussichten<br />

der Minderheitsprobleme, deren Entstehung gerade in vollem Gange ist.<br />

Gerade weil es kein räumliches Ausweichen gibt.<br />

Und es wird schwer sein, zum Beispiel tausenden von Rentnerinnen,<br />

die durch die Versorgungsregelungen mit einer Rente von ca. DM 650,-<br />

durchhalten müssen, zu erklären, wieso die zwei Worte "politisch<br />

verfolgt" für zumindest viele Monate zum gleichen Einkommen führen.<br />

Gehören diese Art Missverhältnisse nicht auch in die öffentliche<br />

Diskussion wie die Forderung nach Integration?<br />

Abb. 3-3: Brief Nr. 085.<br />

7


Persönlich! 18.9.79 (M 40)<br />

Sehr verehrter Herr Minister Baum!<br />

Laut(!) "Rundfunk-Pressemeldungen(!)" waren am vergangenen Samstag<br />

(15-09-1979!) bei der "Wahlkundgebung" der "CDU" (mit Herrn Dr. Franz'<br />

Josef Strauss in "Essen(!)" waren (angeblich!) an den schweren<br />

Unruhen auch Gastarbeiter ("Türken") dabei!<br />

Wir fordern erneut allen(!) "Gastarbeitern" in der Bundesrepublik<br />

Deutschland(!) streng zu "verbieten" sich "aktiv" politisch zu<br />

betätigen.<br />

Alle "Gastarbeiter" also "Ausländer(!)" dürfen unser "Gastrecht(!)"<br />

niemals "missbrauchen!!!"<br />

Die Bundesrepublik Deutschland ist kein "Tummelplatz(!)" für<br />

Ausschreitungen und "Unruhen!!!"<br />

Wachsein ist alles!!!<br />

Mit vorzüglicher Hochachtung, Ihr<br />

Abb.3-4: Brief Nr. 124<br />

Herrn Dietrich Stobbe<br />

Regierender Bürgermeister von Berlin<br />

Rathaus Schöneberg<br />

1000 Berlin 62<br />

9.10.79 (M 10)<br />

Zur freundl. Kenntnisnahme<br />

Herrn Bundesinnenminister Baum mit der Bitte um Unterstützung<br />

Betr.: Aufnahme. von Vietnam-Flüchtlingen.<br />

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister!<br />

Seit Monaten bemühe ich mich ohne Erfolg um die Aufnahme eines<br />

vietnamesischen Flüchtlingskindes, das nach Möglichkeit ein Junge im<br />

Alter von 9 - 10 Jahren sein sollte.<br />

Zuerst wurde mir daraufhin eine Adoption eines Kindes nahegelegt,<br />

die ich jedoch, da ich bereits 4 eigene Kinder habe, nicht anstrebe.<br />

Ich glaube, dass wir mit der Ubernahme einer Pflegschaft bereits<br />

unseren guten Willen in hohem Masse zum Ausdruck gebracht haben.<br />

Da ich jedoch in dieser Angelegenheit nicht vorankomme - vermutlich<br />

infolge der insuffizienten Verwaltungsbürokratie - und nur hinhaltende<br />

Bescheide erhalten habe, bitte ich Sie, sich der Sache anzunehmen,<br />

damit der Amtsschimmel vielleich einmal Galopp einlegt.<br />

Mit freundlichen Grüssen und vorzüglicher Hochachtung<br />

Abb. 3-5: Brief Nr. 164.<br />

8


An den Bundesinnenminister, Herrn Baum, persönlich 3.1.80 (M60)<br />

Kopie: An den Vorsitzenden des Altenhilfswerkes,<br />

an den Vorsitzenden der Aktion Friedlandhilfe<br />

an den Vorsitzenden der Aktion Sorgenkind - üb. ZDF Wiesbanden<br />

Betr.: Zahlenlotto u. Toto<br />

Vorg.: Wie in diesen Tagen aus Presse und Fernsehen wieder zu<br />

ersehen war, waren auch in diesem Jahr wieder rd. 70 Mill.<br />

im Topf der Lotterie-Anstalten übrig geblieben.<br />

0.a. Beitrag setzt sich aus Gewinnen der unteren Klassen<br />

zusammen, die von den Gewinnern nicht abgeholt wurden.<br />

In der Regel werden diese Gelder, zuzüglich der Pfennig-<br />

Restbetr., die im-lfd. Jahr einbehalten wurden, in der ersten<br />

Dezemberwoche verlost. Diese 70 Millionen DM können von keinem<br />

Mitspieler beansprucht werden, denn es handelt sich ja um<br />

bereits ausgespieltes Geld!<br />

Zu o.a. Vorgang nun mein Vorschlag:<br />

In unserer Wohlstandgesellschaft gibt es, wie Sie ja selbst sehr gut<br />

wissen, auch viele hilfsbedürftige Menschen, deren Leid wir zwar<br />

kennen, denen zu helfen wir - auf dem direkten Weg - aber nicht<br />

immer in der Lage sind.<br />

Ich denke hier z.B. an die Aktionsgruppen Sorgenkind, Altenhilfswerk<br />

oder etwa auch an das Flüchtlingsproblem.<br />

Ich glaube es würde unserer Nation gut anstehen, wenn wir alle<br />

zusammen diese unterprevelegierten Gruppen auf diese Weise unterstützen<br />

würden.<br />

Ich stelle mir vor, dass diese Beträge ebenfalls während eines<br />

Jahres angesammelt werden. Im Dezember sollte dann, ein vorher<br />

bestimmtes Gremium, darüber verfügen welche Aktion, wieviel Geld<br />

bekommen sollte.<br />

Wenn ein Mitspieler gegen diese Massnahmen sein sollte, so braucht<br />

er seinen Gewinn nur immer abzuholen oder anzufordern. Alle anderen<br />

Spieler akzeptieren diese neue Regelung.<br />

Ich kann mir sogar vorstellen, dass es auch Leute gibt, die<br />

zugunsten dieser Aktion auf ihre Kleingewinne verzichten würden.<br />

Ich würde mich freuen, Herr Minister, wenn Sie sich in den entspr.<br />

Gremien für diesen Vorschlag einsetzen würden.<br />

Abb. 3-6: Brief Nr. 204


An Herrn Baum<br />

Bundesinnenminister<br />

5300 Bonn 10.3.80 (A)<br />

Betr.: Asylantenzustrom nach der Bundesrepublik<br />

Sehr geehrter Herr Minister Baum!<br />

Nach der Fernsehsendung Report und Berichten in den Tageszeitungen<br />

muss ich als schon immer SPD Wähler sagen, dass Sie als Innenminister<br />

der Bundesrepublik nicht auf dem richtigen Platz sind.<br />

Nach Ihrer Meinung ist es richtig, dass die Bundesrepublik zum<br />

internationalen Tummelplatz Nr.1 in Europa wird, wo jeder von überall<br />

herkommen kann, Geld kassiert und es sich gut gehen lässt.<br />

Denken Sie einmal an die älteren Personen, wieviele mit einer gerirngn<br />

Rente auskommen müssen, jahrzehnte früher hart gearbeitet haben, und<br />

dann kommen Sie und befürworten es soll jeder angebliche Asylant mit<br />

Jubel aufgenommen werden, gibt es nicht schon genug Probleme<br />

vornehmlich durch Türken die einfach nicht zu integrieren sind schon<br />

von der Religion her und die Zahl wächst, es gibt ja schon Gemeinden,<br />

wo laut Standesamtnachrichten bald der Ausländeranteil überhand<br />

nimmt.<br />

Wieso müssen denn Gesetze gemacht werden, doch nur aus der Erkenntnis<br />

heraus, dass der Mensch sich nicht an gewisse Regeln halten<br />

kann, und wenn das Asylrecht missbraucht wird, so muss eben das<br />

Gesetz geändert werden, und wenn Sie dagegen sind so räumen Sie<br />

Ihren Ministersessel bevor sich eine Ausländerfeindlichkeit einstellt<br />

und wir in der Welt eines Tages isoliert da stehen, von der<br />

Demokratie in der Schweiz könnte noch viel gelernt werden, aber die<br />

Nordlichter sind noch weit entfernt davon.<br />

Das wurde von einem Normalbürger geschrieben, viele in der<br />

Bevölkerung denken so, und ich bin als langjäriger SPD Wäler von<br />

Ihnen enttäuscht.<br />

Abb. 3-7: Brief Nr. 244.<br />

10


An den Innenminister<br />

..Herrn Baum<br />

24.3.80 (A)<br />

Sehr geehrter Herr Baum,<br />

Wie wäre es, wenn Asylsuchende im Antrag durch ihr Unterschrift<br />

einige Zugeständnisse an unsere Regierung machen müssten..<br />

1. dass sie von ihrer Regierung politisch verfolgt wurden.<br />

2. Bekommen sie Asylrecht und finanzielle Hilfe, gehen aber nach<br />

einigen Jahren freiwillig nach Hause, obwohl die gleiche Regierung<br />

oder Regierungsform an der Macht ist zurück, soll die Bundesregierung<br />

das Recht haben: erstens die angeblich verfolgende Regierung über<br />

die Rückkehr des angeblich Verfolgten in Kenntnis zu setzen und<br />

zweitens von dem freiwillig zurückgegangenen die volle Höhe der<br />

finanziellen Leistung zurück zu fordern.<br />

Wer nun unterschreibt kann in den meisten Fällen als tatsächlich<br />

Gefährdeter angesehen werden. Die anderen sollten postwendend<br />

zurückgeschickt werden ausserdem sollten alle, die bisher auf unsere<br />

Kosten leben und die Gerichte belagern ebenfalls eine solche Unterschrift<br />

zu leisten haben. Ich bin überzeugt, das dann manches anders<br />

würde.<br />

Wer dann noch dumm genug ist sein gutes Geld sogenannten Schleppern,<br />

seien es die eigenen Landsleute oder nicht, auszugeben, wird, wenn<br />

er keine Chanse hat bei uns aufgenommen zu werden, seine Landsleute<br />

warnen und das Geschäft der Schlepper und Konsorten ist pleite.<br />

Sollten Sie mit meinem Vorschlag nichts anfangen können zerreissen<br />

Sie ihn bitte, dann muss ein anderer Weg gefunden werden oder man<br />

zieht uns aus.<br />

Mit freundlichem Gruss und gutem Erfolg bei der<br />

nächsten Wahl<br />

Abb. 3-8: Brief Nr. 284.


An die Bundesregierung<br />

29.4.80 (A)<br />

Wir bitten dringend um Ausweisung aller Gastarbeiter und Fremdvölker<br />

besonders der Türken (Haschhandel en gros), Jugoslawen und Italiener<br />

(Autodiebe en gros). Wenn diese ausländische Jugend erwachsen sein<br />

wird werden sie sich erheben, unsere Häuser anzünden und auf der<br />

Strasse totschlagen oder uns selbst als Gastarbeiter ins Ausland<br />

schicken!<br />

Raus mit den völlig artfremden Eriträer und Vietnamesch und den<br />

Ostasiaten! Die deutsche Rasse wird völlig unterminiert und in der<br />

Substanz vernichtet! Raus mit den asiatischen Völkerbestandteilen<br />

welche unser Volk unterlaufen und vernichten! Und jetzt noch die<br />

Kubaner! Alles Lumpenpack ohne innere Bindung zu uns. Dass Sie das<br />

nicht einsehen, erfüllt das deutsche Volk mit Entsetzen und Grausen.<br />

Am meisten sind doch die Türken schuld an der Heroinsucht der<br />

deutschen Kinder. Jagt doch die Türken fort! Wir wollen sie nicht!<br />

Man muss eine öffentliche Beratung durchfüren bzw. Befragung des<br />

deutschen Volkes! Führt die alten Scheidungsgesetze wieder ein! Die<br />

jetzigen Gesetze sind ehewidrig. Niemand will mehr heiraten, wenn man<br />

so hereingelegt werden kann. Einer Ehebrecherin sollen die Kinder<br />

entzogen werden und der Mann darf und soll nichts zahlen. Wenn sie<br />

nichts bekommt wird es ihr leichter fallen, treu zu sein. Und der<br />

Mann kann ja auch nicht mehr heiraten, wenn er den Lebensunterhalt an<br />

seine ungetreue Frau zahlen soll und umgekehrt! Der Justizminister<br />

Vogel, ist ein rüder Ehebrecher und hat der Freundin seiner Frau<br />

Zwillinge gemacht und gleichzeitig mit der Schottenhameltochter ein<br />

Verhältnis gehabt! Der kann seine Ehebrüche bezahlen, dieser ehebrecherische<br />

Lump! Es ist nichts gebessert durch die hinrverbrannte<br />

Entscheidung des obersten Gerichtshofes! Pfui Teufel.<br />

Mündigkeit erst ab 21 Jahren und keinen Tag früher. Prügelstrafe<br />

in den Schulen erlauben. Todesstrafe wieder einführen, weil wir diese<br />

Lustmörder nicht lebenslang behalten wollen bis sie aus dem Gefängnis<br />

entflohen sind und neue Lustmorde durchgeführt haben. Was sind das<br />

auch für Gesetze!<br />

Ich kenne eine Menge heiratsfähiger junger Männer, welche alle<br />

nicht heiraten wollen aus Angst vor den idiotischen Ehescheidungsgesetzen!<br />

Sie leben mit geschiedenen älteren Frauen und Kinder sind<br />

unerwünscht! Wie tief ist Deutschland gesunken.<br />

Die meisten Abtreibungen werden nicht aus sozialer Indikation<br />

gemacht sondern aus Gefälligkeit und die Ärzte nehmen eine fürchterliche<br />

Schuld auf sich! Abtreiben gehört wie früher unter Strafe<br />

gestellt! Die ganze Gesetzgebung in Deutschland ist verbrecherisch<br />

und fragwürdig. Oh, führen Sie die alten Zustände wieder ein! Lassen<br />

Sie unsere Kinder nicht unter Heroin sterben. Töten Sie alle Dealer<br />

und Haschverkäufer bevor es zu spät ist! Schaffen Sie alle Fremdarbeiter<br />

aus dem Land besonders die Türken! Und bald, solange noch<br />

deutsche Kinder leben. Schaffen Sie besonders die ausländischen<br />

Kinder aus dem Lande, bevor sie unsere Häuser anzünden und uns totschlagen,<br />

was sicher kommt. Geben Sie ausschliesslich den Deutschen<br />

mehr Kindergeld und nicht den Ausländern, die immer frecher werden.<br />

Der Hass der deutschen Menschen auf die Fremdarbeiter wächst immer<br />

mehr<br />

Abb. 3-9: Auszug aus dem Brief Nr. 324<br />

12


An das<br />

Bundesinnenministerium<br />

5300 Bonn<br />

8.5.80 (M 80)<br />

Betr.: Kuba-Asylanten<br />

Sehr geehrte Herren,<br />

ich habe eine Bekannte, die schon seit längerer Zeit aus Kuba<br />

ausreisen will. Ich habe daher im Zusammenhang mit den derzeitigen<br />

Ereignissen in Kuba einige Fragen, um deren Beantwortung<br />

ich Sie freundlich bitte:<br />

- Wird die BRD Kuba-Asylanten aufnehmen?<br />

- Falls ja: Wann etwa ist mit der Ankunft der Kubaner<br />

in der BRD zu rechnen?<br />

- Befindet sich meine Bekannte unter den Asylanten?<br />

Sie heisst ...<br />

Ich bedanke mich schon im voraus für die Beantwortung meiner<br />

Fragen, soweit diese möglich ist.<br />

Mit freundlichen Grüssen,<br />

Abb. 3-10: Brief Nr. 364.<br />

3.13: Statistische Daten der ausgewählten Briefe.<br />

Einen Eindruck von der Häufigkeitsverteilung der 104 für die erste<br />

Stichprobe ausgewählten Briefe über die 12 Monate des Untersuchungszeitraums<br />

gibt Abb. 3-11; da das Stichprobenprinzip<br />

systematisch zur Auswahl eines jeden vierten Briefes führte, sieht<br />

auch die Häufigkeitsverteilung der Grundgesamtheit entsprechend<br />

Abb.3-11 aus. Interessanterweise wurden die meisten Briefe nicht<br />

in den stillen Wintermonaten geschrieben, sondern im Spätsommer<br />

1979 sowie im Frühjahr 1980. Mögliche Gründe für die erste<br />

Briefwelle könnten die Fernsehberichte über das Flüchtlingsproblem<br />

sein; ein möglicher Grund für die zweite (eher negative) Welle<br />

könnten Fernseh- und Presseberichte über Asylmißbrauch und<br />

verstärkte wirtschaftliche Schwierigkeiten in der Bundesrepublik<br />

sein.<br />

Einen Eindruck von der Häufigkeitsverteilung der 104 ausgewählten<br />

Briefe über die verschiedenen Bundesländer bzw. Arbeitsamtsbezirke<br />

gibt die Abb. 3-12. Sie wurde unter der Hypothese erstellt, daß<br />

die Briefe vor allem aus solchen Regionen der Bundesrepublik<br />

kommen, die in besonderer Weise durch ausländische Arbeiter oder<br />

Asylbewerber betroffen sind - diese Hypothese läßt sich jedoch<br />

nicht aufrecht erhalten, wenn man die unterschiedliche Bevölkerungsdichte<br />

in den verschiedenen Regionen berücksichtigt: dann<br />

sind die Briefe etwa gleich über die Bevölkerung verteilt.<br />

13


Abb.3-11: Häufigkeitsverteilung der ausgewählten 104<br />

Briefe über den Untersuchungszeitraum.<br />

Abb.-3-12: Häufigkeitsverteilung der ausgewählten 104<br />

Briefe über deutsche Bundesländer bzw. Arbeitsamtsbezirke<br />

B = Berlin, SLH = Schleswig-Holstein/Hamburg,<br />

NSB = Niedersachsen/Bremen, NRW = Nordrhein-Westfalen,<br />

RHS = Rheinland-Pfalz/Saarland, HES = Hessen,<br />

BAD = Baden-Württemberg, BAY = Bayern.<br />

14


3.1.3.1: Sprachstatistische Analysen.<br />

Alle 104 Briefe sind in einen Großrechner eingegeben und mit Hilfe<br />

des Rechenprogramms FORMEIG (GUSKI GOUDARZI, 1981) nach ausgewählten<br />

•sprachstatistischen Merkmalen untersucht worden. Hierbei<br />

wird pro Text die Anzahl und der relative Anteil von 2- bis 10-<br />

Buchstaben-Wörtern, die Gesamtzahl der Wörter, Sätze, Absätze, die<br />

Anzahl und Art von wiederholten Wort-Kombinationen, die Zahl der<br />

"Sonderzeichen" (Punkte, Kommata, Doppelpunkte, Semikolons,<br />

Klammern, Fragezeichen, Ausrufzeichen), Anteil der dreißig häufigsten<br />

Wörter der deutschen Sprache (z.B. in, an, der, die, das, um,<br />

zu usw.), Anteil der Abkürzungen, der lateinischen Fremdwörter und<br />

die Type-Token-Ratio (Verhältnis zwischen der Anzahl unterschiedlicher<br />

Wörter zur Gesamtzahl der Wörter eines Textes) berechnet.<br />

Ei -ne Übersicht über ausgewählte univariate sprachstatistische<br />

Kennwerte der 104 Briefe gibt Tabelle 3.1.<br />

Man kann dieser Tabelle entnehmen, daß die Länge der eingesandten<br />

Texte sehr stark schwankt - zwischen fünf Worten auf einer Postkarte<br />

und einem mehrseitigen Opus von 849 Worten; ansonsten<br />

entsprechen die groben sprachstatistischen Merkmale üblichen<br />

nicht-professionellen Texten: die Auftretenshäufigkeit längerer<br />

Wörter nimmt entsprechend der Zipfschen Regel proportional zu<br />

ihrer Länge ab (wenn man einmal Von 2-Buchstaben-Wörtern absieht),<br />

und die 30 häufigsten Wörter der deutschen Sprache nehmen im<br />

Durchschnitt etwa ein Viertel des Textes ein.<br />

Man kann vermuten, daß bestimmte sprachstatistische Variablen<br />

Zusammenhänge mit inhaltlichen Größen haben, so z.B. die Textlänge<br />

(ausgedrückt als Anzahl der Wörter im Text) mit der pro- oder<br />

antisozialen Tendenz des Briefes (wie es die Ergebnisse SCHÖNBACHs<br />

(1979) für Redebeiträge nahelegen), oder die Type-Token-Ratio mit<br />

der intellektuellen Kompetenz des Schreibers (vgl. CHOTLOS 1944),<br />

oder auch der Anteil von Fremdwörtern in einem Text mit der<br />

intellektuellen Kompetenz. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß<br />

viele sprachstatistische Variablen mehr oder weniger direkt von<br />

der Textlänge abhängig sind. Einer der in der psychologischen<br />

Sprachstatistik gern verwendeten Indikatoren für sprachliche<br />

Genauigkeit oder intellektuelle Kompetenz ist die Type-Token-Ratio<br />

(das Verhältnis der unterschiedlichen Wörter zur Gesamtzahl der<br />

Wörter) ist nichtlinear abhängig von der Textlänge, wie schon<br />

CHOTLOS (1944) bemerkt hat. Dieser nichtlineare Zusammenhang gilt<br />

auch für unsere Briefstichprobe (vgl. Abb.3-13).<br />

Relativ kurze Briefe sind durch eine hohe Type-Token-Ratio (TTR)<br />

gekennzeichnet: in kurzen Briefen muß der Gegenstand der Argumentation<br />

erst vorgestellt werden; dies gilt auch für den Anfang<br />

von längeren Briefen; je länger der Brief wird, um so eher greift<br />

man auf bereits verwendete Ausdrücke zurück. Wollte man eine<br />

solche nicht-korrigierte TTR als Indikator für Sprachgenauigkeit<br />

oder intellektuelle Kompetenz verwenden, so würden die Autoren<br />

kurzer Briefe automatisch als besonders sprachgenau oder intellektuell<br />

kompetent gelten!<br />

15


Ähnlich hohe Abhängigkeiten von der Textlänge zeigen auch andere<br />

sprachstatistische Variablen, so z.B. die Häufigkeit von "<br />

Perseverationen" (d.h. Wiederholungen von Wortkombinationen, hier die<br />

Variablen PERSEVER = Anzahl unterschiedlicher Wiederholungen und<br />

MAXPERS = Maximalzahl von identischen Wiederholungen), in geringerem<br />

Maße auch die Anzahl von Sonderzeichen (Klammern, Fragezeichen<br />

und Ausrufzeichen ) und der Anteil, den die dreißig häufigsten<br />

Wörter der deutschen Sprache in einem Text einnehmen. Den<br />

Grad des linearen Zusammenhangs zwischen den hier benutzten<br />

sprachstatistischen Variablen zeigt die Tab. 3.2; hier sind noch<br />

zwei Varianten der Type-Token-Ratio verwendet worden, die ursprünglich<br />

konstruiert waren, um die Abhängigkeit der TTR von der<br />

Textlänge zu verringern: TTRWURZ ist einfach eine Quadratwurzel-<br />

Transformation der TTR - damit wird der nichtlineare Zusammenhang<br />

zwischen TTR und Textlänge linearisiert, die lineare Abhängigkeit<br />

, von der Textlänge steigt jedoch - und TTR45 ist eine Transformation,<br />

bei der zur TTR ein von der Textlänge abhängiger Anteil<br />

addiert wird (TTR45 = SQRT(4.5 * TXTLÄNGE) / 100 - 0.3), jedoch<br />

gelingt eine völlige Unabhängigkeit von der Textlänge so auch<br />

nicht.<br />

Auf Zusammenhänge zwischen sprachstatistischen und inhaltlichen<br />

Variablen geht Kapitel 4 ein.<br />

17


3 . 2 • OPERATIONALISIERUNG UND FUNKTION DER<br />

UNTERSUCHUNGSVARIABLEN.<br />

3.2.1: Die vollständige Variablen-Liste für die Rating-Studie.<br />

Die Urteiler haben sich nach theoriegestützten Diskussionen und<br />

Durchsicht einiger Briefe auf ein Kategoriensystem geeinigt, das<br />

48 Variablen enthält. Unter diesen Variablen befinden sich nicht<br />

nur die im Kapitel 2 besonders herausgestellten Determinanten,<br />

sondern auch Beschreibungsgrößen für die spezifische Form von<br />

Hilfe oder Ablehnung sowie unterschiedliche Varianten der<br />

potentiell determinierenden Persönlichkeitsvariablen. Diese<br />

Variablen wurden zunächst qualitativ definiert, und anschließend<br />

wurde für jede Variable die Art der Quantifizierung bestimmt,<br />

wobei möglichst Intervallskalen-Qualität angestrebt wurde. Wenn<br />

nicht anders erwähnt, wurde eine Rating-Skala verwendet, die nach<br />

den Untersuchungen ROHRMANNs (1978) bei Verwendung der verbalen<br />

Codes "nicht" / "wenig" / "mittelmäßig" / "ziemlich" / "sehr"<br />

annähernd Intervallskalenniveau besitzt und in die Ziffern<br />

1/2/3/4/5 transformiert werden kann. In drei Fällen (Variablen 1,<br />

19 und 43) wurde eine bipolare siebenstufige Skala verwendet, in<br />

acht Fällen (Var. 7, 8, 10, 11, 34, 42, 44 und 47) eine kategoriale<br />

Skala (vgl. Tab. 3.3).<br />

Die erste Variable ist als Gesamteinschätzung der Urteiler über<br />

den Grad der im Brief ausgedrückten pro- oder antisozialen Haltung<br />

des Briefschreibers zu betrachten, die Variablen 2 bis 8 spezifizieren<br />

die Art und den Grad der vorgeschlagenen Hilfe, Variablen 9<br />

bis 11 bezeichnen die Art und den Grad der antisozialen Haltung;<br />

die Variablen 31 bis 42 bezeichnen vermutete<br />

Persönlichkeitsmerkmale, die für die pro- bzw. antisoziale Haltung determinierend<br />

sein können, und die Variablen 43 bis 48 sind weitere vermutete<br />

Moderatorvariablen, die nach dem Urteiler-Training hinzugefügt<br />

wurden und verschiedenen der oben genannten Kategorie-Klassen<br />

zugeordnet werden können. Im Folgenden werden die 48 Variablen<br />

nacheinander erläutert:<br />

19


1) Hilfe/Ablehnung:<br />

Einschätzung des Grades, in dem insgesamt Hilfe für Ausländer oder<br />

Ablehnung von Ausländern ausgedrückt bzw. gefordert wird. Die<br />

Hilfe bzw. Ablehnung kann sich auf "Gastarbeiter", Asylbewerber<br />

oder Flüchtlinge beziehen, sie kann materiell oder immateriell<br />

sein, persönlich oder institutionell, direkt oder indirekt,<br />

vorübergehend oder dauerhaft; wichtig ist vor allem, daß eine prooder<br />

antisoziale Haltung gegenüber Ausländern im Text sichtbar<br />

ist. Die verwendete Rating-Skala hat 7 Stufen (von +3 = stark<br />

prosozial, über 0= weder/noch bis -3 = stark antisozial); der<br />

Urteiler kann jedoch auch eine "9" vergeben, wenn dieser Aspekt<br />

nicht entscheidbar ist (Missing Datum).<br />

2) Private, Hilfe:<br />

Ausmaß der selbst geleisteten oder angekündigten Hilfeleistung<br />

gegenüber Ausländern. Dabei werden die persönlichen Opfer bzw.<br />

Leistungen skaliert: Spenden erhalten z.B. geringere Bewertungen<br />

als der persönliche Einsatz, etwa in Form privater Aufnahme von<br />

Flüchtlingen.<br />

3) Institutionelle Hilfe:<br />

Ausmaß der geforderten Hilfeleistung von staatlichen oder anderen<br />

Organen, vor allem der Bundesregierung, Politiker, des Roten<br />

Kreuzes, der Bundeswehr usw.<br />

4) Anonyme Hilfe:..<br />

Ausmaß einer geforderten Hilfeleistung, ohne daß ein Träger oder<br />

Vollstrecker dieser Leistung genannt wird.<br />

5) Materielle Hilfe:<br />

Ausmaß der geforderten oder geleisteten materiellen Hilfe (z.B.<br />

durch Geld-, Sachmittel- oder Medikamente-Spenden).<br />

6) Immaterielle Hilfe:<br />

Ausmaß der geforderten oder geleisteten immateriellen Hilfe (z.B.<br />

Rettung oder Aufnahme von Flüchtlingen, Verständnis und Förderung<br />

von Ausländern).<br />

7) Direkte/Indirekte Hilfe:<br />

Kategoriale Einschätzung in 3 Stufen:<br />

+ = direkt (d.h. den Menschen soll direkt geholfen werden),<br />

0 = unentschieden bzw. weder/noch,<br />

- indirekt (d.h. den Menschen soll nicht unmittelbar, sondern<br />

z.B. durch Druck auf deren Regierung geholfen werden).<br />

8) Dauer der Hilfe:<br />

Ordinalskala mit 3 Stufen:<br />

1 = punktuell (z.B. einmalige Spende),<br />

2 = kurzfristig (z.B. vorübergehende Aufnahme und Hilfe),<br />

3 = langfristig (z.B. dauerhaft aufnehmen und Hilfe leisten).<br />

(Zusätzlich konnten noch die Codes 0 = nicht entscheidbar, und<br />

9 = kein Hinweis, vergeben werden.<br />

20


9) Zurückweisung:<br />

Ausmaß der geforderten Zurückweisung von Ausländern. Hierbei<br />

werden sowohl die Geschwindigkeit (sofort, langfristig) als auch<br />

die Stärke skaliert, mit der Ausländer abgeschoben, ausgewiesen<br />

oder nicht einmal vorübergehend aufgenommen werden sollen.<br />

10)Vorübergehende Aufnahme:<br />

Alternativvariable, bei der angegeben wird, ob nur kurzfristige<br />

Aufnahme mit anschließender Zurücksendung der Ausländer gefordert<br />

wird oder nicht.<br />

11)Aufnahme mit Abgrenzung:<br />

Alternativvariable, bei der angegeben wird, ob eine bewußte<br />

Abgrenzung trotz Aufnahme der Ausländer vermutet werden kann (z.B.<br />

Aufnahme nur in spezielle Lager, keine Integrationsversuche).<br />

12)Humanitäres Motiv:<br />

Grad des Rekurses auf humanitäre Motive (Menschlichkeit, Menschenpflicht<br />

und Verantwortung) für prosoziales Verhalten gegenüber<br />

Ausländern.<br />

13)Recht auf Hilfe:<br />

Grad des Rekurses auf Menschenrechte, denen zufolge Ausländer<br />

nicht nur Nutznießer freiwilliger Hilfeleistungen sind, sondern<br />

ein Recht auf Hilfe haben.<br />

14) Christliches Motiv:<br />

Ausmaß der Berufung auf Brüderlichkeit, Nächstenliebe und andere<br />

christliche Motive für prosoziales Verhalten gegenüber Ausländern.<br />

15)Polit-Opfer:<br />

Ausmaß der Haltung, daß die Ausländer, vor allem Flüchtlinge,<br />

Opfer der in ihren Heimatländern herrschenden politischen Kräfte<br />

und Ordnungen sind.<br />

16)Wiedergutmachung:<br />

Ausmaß der Hinweise auf frühere deutsche Verbrechen an anderen<br />

Völkern (zur Motivierung heutigen prosozialen Verhaltens).<br />

17) Deutsche Fluchterfahrung:<br />

Ausmaß der Hinweise auf die Erfahrungen, die Deutsche während und<br />

nach dem 2. Weltkrieg bei ihrer Flucht aus dem Osten gemacht haben<br />

- hier verstanden als Ausdruck des Mitgefühls gegenüber Ausländern,<br />

die aus ihrer Heimat fliehen und in fremden Ländern leben<br />

müssen.<br />

18)Armut durch Ausbeutung:<br />

Ausmaß der Hinweise auf die Ausbeutung von industriell weniger<br />

entwickelten Ländern durch die Industrienationen als Begründung<br />

für quasi ausgleichendes prosoziales Verhalten der Industrieländer.<br />

21


19)Westlicher Wohlstand:<br />

Art und Ausmaß der Hinweise auf Wohlstand bzw. Armut in westlichen<br />

Ländern als Motiv für Hilfe oder Ablehnung gegenüber Ausländern.<br />

Hier wird eine 7-Punkte-Skala verwendet, von<br />

+ 3 = wir sind reich, über<br />

0 = weder/noch bis<br />

3 = wir sind zu arm, um anderen Völkern zu helfen.<br />

(9 = kein Hinweis, Missing Datum).<br />

20)Kulturelle Bereicherung:<br />

Ausmaß der Hinweise darauf, daß Ausländer unser Land auch<br />

kulturell bereichern (als Motiv für die Aufnahme von Ausländern).<br />

21) Übervölkerung:<br />

Ausmaß der Hinweise auf Übervölkerung und Platzmangel in der<br />

Bundesrepublik und Westeuropa als Motivation für die Ablehnung von<br />

Ausländern.<br />

22)Soziale Sicherheit gefährdet:<br />

Ausmaß der Hinweise darauf, daß Ausländer Arbeitsplätze und<br />

soziale Leistungen für die Deutschen mindern oder gefährden<br />

können.<br />

23)Kulturseparation:<br />

Ausmaß der Hinweise auf den Gedanken, jedes Volk brauche seine<br />

spezifische Heimat; man würde Ausländern keinen Gefallen durch<br />

Integrationsbemühungen tun.<br />

Überfremdung:<br />

24)<br />

Ausmaß der Hinweise auf die Verunsicherung des Lebensgefühls und<br />

der Normen von Deutschen bei weiterer Zunahme des Ausländeranteils.<br />

25)Negative Kognitionen:<br />

Ausmaß geäußerter Unterstellungen gegenüber Ausländern (z.B. Hinweise<br />

auf deren angebliche kulturelle Unterlegenheit, negativ<br />

bewertete "Volkseigenschaften" usw.). Diese Variable soll nicht<br />

das Ausmaß der Ablehnung von Ausländern reflektieren, sondern das<br />

Ausmaß, in dem negative Denkinhalte über diese vertreten sind.<br />

26)Fehlender Integrationswille:<br />

Grad der im Brief ausgedrückten Unterstellung, die Ausländer<br />

würden sich in Deutschland nicht den hier herrschenden Normen<br />

anpassen und sich nicht integrieren wollen.<br />

27)BRD kein Einwandererland:<br />

Ausmaß der Entschiedenheit, mit der die Position vertreten wird,<br />

die Bundesrepublik Deutschland sei kein Einwandererland und kein<br />

Schmelztiegel für verschiedene Völker.<br />

22


28)Vermeidung sozialer Konflikte:<br />

Grad der im Brief vertretenen Position, Ausländer würden soziale<br />

und kulturelle Konflikte nach Deutschland tragen oder sie dort<br />

auslösen.<br />

29)Ausländer kosten:<br />

Ausmaß der Position, Ausländer würden Deutschland weniger nutzen,<br />

als der Steuerzahler für sie aufbringen muß.<br />

30)Selbst verantwortlich:<br />

Ausmaß der Position, die Ausländer (zumal die Flüchtlinge) seien<br />

selbst schuld an ihrer politischen, wirtschaftlichen und sozialen<br />

Lage, und sie müßten sich folglich aus dieser Lage selbst<br />

befreien.<br />

31) Ethnozentrismus:<br />

Ausmaß, in dem deutsche Werte (Kultur und Normen) betont werden.<br />

Hier wird angenommen, daß das Ausmaß dieser Betonung mit dem Grad<br />

der Hochschätzung deutscher Werte korrespondiert. Diese Variable<br />

soll jedoch nicht gleichzeitig eine Ablehnung anderer Kulturen<br />

reflektieren.<br />

32)Soziozentrismus:<br />

Grad der im Brief reflektierten Verbundenheit mit gesellschaftlichen<br />

Gruppen (z.B. Arbeiter, Beamter, Rentner, Hausfrau).<br />

33)Dogmatismus:<br />

Grad der Entschiedenheit und Rigidität, mit der im Brief jedwede<br />

Position vertreten wird. Diese Variable soll vor allem den Grad<br />

der Geschlossenheit des Denksystems (ROKEACH 1960) reflektieren.<br />

34)Soziale Perspektivenbreite:<br />

In Anlehnung an Elemente des Konzepts vom "moralischen Urteil"<br />

soll die Breite der ausgeübten sozialen Perspektive eingeschätzt<br />

werden. Dabei wird (ähnlich wie beim moralischen Urteil) angenommen,<br />

daß sich die soziale Perspektivenbreite von einer sehr<br />

engen egozentrischen Perspektive zu einer breiteren, verschiedene<br />

Standpunkte gleichzeitig umfassenden Perspektive entwickelt. Die<br />

im Brief überwiegende Perspektive , soll auf einer Rangskala eingeschätzt<br />

werden:<br />

1 = Präkonventionelles Niveau (nur der eigene Standpunkt, bzw. die<br />

eigenen Bedürfnisse werden ausgedrückt),<br />

2 = erstes konventionelles Niveau (die Standpunkte der eigenen<br />

Gruppe überwiegen),<br />

3 = zweites konventionelles Niveau (die Standpunkte der Betroffenen<br />

überwiegen),<br />

4 = postkonventionelles Niveau (verschiedene soziale Perspektiven<br />

werden relativiert).<br />

Es kann eine "9" vergeben werden, wenn kein Anhaltspunkt für die<br />

Breite der sozialen Perspektive gesehen wird. (Die ursprünglich<br />

verfolgte Idee, das "moralische Urteilsniveau" inhaltsanalytisch<br />

zu operationalisieren, mußte aufgegeben werden, weil die Briefschreiber<br />

selten erkennen lassen, an welchen moralischen Prinzipien<br />

sie sich orientieren).<br />

23


35)Soziale Perspektivenübernahme:<br />

Grad der im Brief reflektierten Gefühle und Erfahrungen von Ausländern.<br />

Zunächst wurde zwar versucht, vor allem die "emotionale<br />

Perspektivenübernahme" (Empathie im Sinne einer Einfühlung) zu<br />

operationalisieren, jedoch stellte sich heraus, daß dies in<br />

Briefen schlecht von "kognitiver Perspektivenübernahme" (dem<br />

bloßen Erkennen von Gefühlen) zu trennen ist. Insofern reflektiert<br />

diese Variable eine Mischung aus emotionaler und kognitiver<br />

Perspektivenübernahme.<br />

36)Funktionaler Egozentrismus:<br />

Ausmaß der im Brief geäußerten Befürchtung, durch Ausländer persönlich<br />

bedroht zu sein. (Hinweise auf gemachte oder antizipierte<br />

negative Erfahrungen mit Ausländern). Diese Begriffskonstruktion<br />

stammt ebenso wie die der nächsten Variable aus dem Arbeitskreis<br />

um Janusz REYKOWSKI (Warschau). Uns lagen ins Englische übersetzte<br />

Skalen von PSZCZOLKOWSKA-OSSOWSKA (1981) vor.<br />

37)Struktureller Egozentrismus:<br />

Ausmaß der generellen Position, die Welt sei feindselig, soziale<br />

Beziehungen hätten vor allem materielle Funktion. Diese Variable<br />

soll die Mischung aus einer nahezu dogmatischen Abgrenzung des<br />

Selbst gegenüber anderen Menschen einerseits und einem generell<br />

feindseligen Weltbild andererseits reflektieren.<br />

38)Argumentative Differenziertheit:<br />

Ausmaß, in dem unterschiedliche Aspekte des Ausländerproblems<br />

diskutiert bzw. unterschiedliche Positionen im Brief behandelt<br />

werden.<br />

39)Innere Logik:<br />

Ausmaß der logischen Verbundenheit, mit der Meinungen und Argumente<br />

im Brief dargestellt sind.<br />

40)Sprachliche Differenziertheit:<br />

Grad der Beherrschung von Orthographie und Grammatik sowie Qualität<br />

des Sprachstils (Vermeidung allzu häufiger Wiederholungen und<br />

grober Ausdrücke).<br />

41)Soziales Engagement:<br />

Ausmaß des geäußerten persönlichen Engagements in sozialen Vereinigungen,<br />

die als gemeinnützig angesehen werden können (z.B.<br />

Kirchen, Wohlfahrt etc.).<br />

42)Interne/externe Kontrolliertheit:<br />

Alternativvariable, die den Eindruck reflektiert, der Briefschreiber<br />

halte sich eher für "intern kontrolliert" (d.h. betrachte sein<br />

Schicksal als im wesentlichen von ihm selbst abhängig) oder eher<br />

"extern kontrolliert" (d.h. betrachte sich und die Weltgeschichte<br />

als durch wenige Mächtige gesteuert).<br />

Es können 3 Codes verwendet werden:<br />

1 = intern, E = extern, 9 = nicht entscheidbar.<br />

24


43)Sozialer Situationsvergleich:<br />

Siebenstufige bipolare Variable, die die Richtung und das Ausmaß<br />

der im Brief -erscheinenden Position ausdrückt, den Deutschen gehe<br />

es besser (+) oder schlechter (-) als den Ausländern.<br />

(0 = gleich gut; 9 = nicht entscheidbar).<br />

44)Kontakt mit Ausländern:<br />

Vierstufige Rangvariable, die das Ausmaß des Kontaktes reflektiert,<br />

den ein Briefschreiber mit Ausländern hat bzw. hatte. 0 =<br />

kein Kontakt, 1 = Sichtkontakt (z.B. auf der Straße), 2 = Kontakt<br />

am Arbeitsplatz oder im Wohnumfeld, 3 = persönlicher Kontakt (z.B.<br />

selbst im Ausland gelebt), 9 = nicht entscheidbar.<br />

45)Ironie:<br />

Ausmaß, in dem ein Briefschreiber ironisch argumentiert (z.B.<br />

einen Minister auffordert, seinen Sessel für einen Ausländer freizumachen).<br />

46)Politiker-Beschimpfung:<br />

Ausmaß, in dem die Regierung, Parteien oder einzelne Politiker<br />

(z.B. als unfähig) beschimpft und verhöhnt werden.<br />

47)Parteipräferenz:<br />

Kategorialvariable, die die Verbundenheit des Briefschreibers mit<br />

einer politischen Partei reflektiert.<br />

(0 = CDU, S = SPD, F = FDP, A = andere Partei, 9 = kein Hinweis).<br />

48)Eigennutz:<br />

Grad des im Brief erkennbaren Nutzens, den der Briefschreiber bei<br />

scheinbar prosozialem Verhalten gegenüber Ausländern für sich<br />

selbst erhofft (z.B. Erstattung der Ausbaukosten für ein Haus,<br />

wenn er Ausländer aufnimmt).<br />

Die 48 Variablen des Kategoriensystems der Rating-Studie sind<br />

summarisch noch einmal in Tab. 3.3 (zusammen mit Skalenqualität<br />

und Stufenzahl) dargestellt. In den folgenden Abschnitten werden<br />

Operationalisierungen und erwartete Zusammenhänge zwischen den<br />

Variablen aufgeführt.<br />

25


3.2.2: Operationalisierung der Rating-Variablen.<br />

Die Urteiler haben sich zunächst auf ein qualitativ definiertes<br />

Kategoriensystem geeinigt. Um einen Konsens hinsichtlich der<br />

Quantifizierung zu erreichen, wurden von den Urteilern Textbeispiele<br />

gesammelt und hinsichtlich der Graduierung diskutiert.<br />

Diese Beispiele sollen auch hier wiedergegeben werden, um die<br />

quantitative Operationalisierung nachvollziehbar zu machen:<br />

1) Hilfe/Ablehnung:<br />

Als prosozial wurden alle Textstellen betrachtet, bei denen<br />

erkennbar war, daß Ausländern irgendeine Vergünstigung zugute<br />

kommen sollte, z.B. durch "Aufnahmequoten erhöhen", "diese<br />

Menschen hier integrieren", "halten Hilfsmaßnahmen für geboten",<br />

"für diese Heimatlosen Land . kaufen", "Betreuung einer Familie<br />

übernehmen", "Spendenaktion", "Hilfsaktion" usw., wobei die<br />

Urteiler natürlich darauf achteten, daß der Sinn der Äußerungen<br />

nicht durch vor- oder nachgestellte Verneinungen umgekehrt wurde.<br />

Als antisozial wurden alle Textstellen betrachtet, bei denen.<br />

erkennbar war, daß die Ausländer abgelehnt wurden, oder ihnen<br />

mögliche Vorteile vorenthalten werden sollten. Beispiele:<br />

"Gastarbeiter dürfen sich nicht politisch betätigen", "bald nimmt<br />

der Ausländeranteil überhand", "die sollten postwendend zurückgeschickt<br />

werden", "Raus mit den Italienern!" usw., wiederum unter<br />

Beachtung möglicher Sinn-Umkehrungen durch den Kontext.<br />

Die Graduierung der relativen Hilfe bzw. Ablehnung geschah sowohl<br />

unter Berücksichtigung der Menge entsprechender Ausdrücke als auch<br />

deren Qualität - d.h. ein sehr starker Ausdruck konnte durchaus<br />

gewichtiger sein als mehrere schwache Ausdrücke. Nachfolgend<br />

werden Textstellen genannt, bei denen sich die Urteiler<br />

hinsichtlich der Graduierung ziemlich einig waren: zunächst wird<br />

die Graduierung angegeben (z.B. +2 oder eine andere Zahl); dann<br />

werden - bis zum Schrägstrich ( / ) - solche Textstellen aus<br />

einem Brief zitiert, die zu einem einheitlichen Gesamturteil<br />

führten:<br />

+3 = vermißt haben wir bisher Initiativen zur Aufnahme von Flüchtlingen<br />

in einer Zahl, die wirklich spürbare Hilfe bringen könnte.. /<br />

stärkere Aufnahmebereitschaft zu fordern.. / Anbieten von Arbeitsplätzen..<br />

/ ..Anfangsschwierigkeiten in finanzieller Hinsicht möglichst<br />

gering zu halten / .. wie wichtig menschliche Solidarität im<br />

Weltmaßstab ist..<br />

+2 = warum sich die Bundesregierung eher ablehnend verhält.. / die<br />

Bundeswehr ist bereit zu helfen, sie benötigt nur den Befehl.. /<br />

geben Sie doch diesen Befehl.. / nehmen Sie Flüchtlinge in der BRD<br />

auf.<br />

+1 = ich ertrage es nicht länger, untätig zuzusehen, wie täglich tausende<br />

von Menschen sterben.. •/ um diesen Menschen wenigstens etwas<br />

zu helfen.. / wenn man die Möglichkeit hat, als Jugendlicher in<br />

diesem Fall zu leisten.. -<br />

B = wollen wir kein eigenes Kind haben, sondern ein Mädchen aus Vietnam<br />

adoptieren.. / Terre des Hommes ist zu teuer, aber vielleicht<br />

verhilft uns die Bundesregierung zu unserem Kind.. / wenn wir mit<br />

Hilfe von Terre des Hommes ein Kind adoptieren, kostet es einige<br />

Tausend..<br />

27


-1 = mit jedem Flüchtling bringen Sie uns einen Arbeitslosen.. / als<br />

Betroffener habe ich kein Verständnis für Ihr Handeln..<br />

-2 = soll das alles auf Kosten des deutschen Steuerzahlers geschehen?<br />

Wer für die Aufnahme so vieler Flüchtlinge eintritt, soll auch für<br />

die Kosten aufkommen.. / sofern es sich nicht um politische Flüchtlinge<br />

handelt, müssen diese innerhalb kürzester Frist zurückgeschickt<br />

werden.. / geht nicht an, daß auch solche Asylbewerber, bei<br />

denen die Voraussetzungen zur Aufnahme nicht zutreffen, monatelang<br />

in der BRD auf Kosten des Steuerzahlers verbleiben..<br />

-3 = Asylschweine raus!<br />

2) Private Hilfe:<br />

Für diese Variable wurden solche Textstellen verwendet, in denen<br />

deutlich - wird, daß der Absender persönlich Hilfeleistung für Ausländer<br />

unternommen hat oder unternehmen will, z.B. "meine Frau und<br />

ich bemühen uns sehr, einen Vietnam-Flüchtling aufzunehmen..",<br />

"wir werden uns bemühen, durch eine Spenden-Aktion die Not der<br />

Flüchtlinge zu mildern.." oder "wir erklären uns bereit, die<br />

Betreuung einer Familie zu übernehmen..". Beispiele:<br />

1 = (gar kein Hinweis auf private Hilfeleistung).<br />

2 wir sind keine zuständige Instanz, aber wir wollen diesem Leiden<br />

nicht untätig zusehen.. / wir wünschen mit allen Kräften dabei zu<br />

helfen, aber sicher können Sie mehr bewegen als wir..<br />

3 = wir selbst sind bereit, eine Flüchtlingsfamilie vorübergehend aufzunehmen<br />

und im übrigen eine Patenschaft zu übernehmen..<br />

4 = meine Frau und ich möchten gerne ein Flüchtlingskind aus Vietnam in<br />

Pflege nehmen..<br />

5 = kannte ich für kürzere oder längere Zeit 2 bis 3 Zimmer in meinem<br />

Haus zur Aufnahme von Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Eine Zeit<br />

lang wäre auch ein gemeinsamer Haushalt möglich und also meine<br />

alltägliche wirtschaftliche Unterstützung..<br />

3) Institutionelle Hilfe:<br />

In die Beurteilung dieser Variable gingen all jene Textstellen<br />

ein, die sich mit der Hilfe von Institutionen (vor allem der<br />

Bundesregierung) gegenüber Ausländern positiv beschäftigen, z.B.<br />

"die Bundesregierung ermutigen, Hilfe zu geben..", "wir bitten die<br />

Bundesregierung, schnell und unbürokratisch zu helfen.." oder<br />

"dieser Staat könnte wesentlich mehr für Vietnam-Flüchtlinge tun".<br />

Beispiele:<br />

1 --- (kein Hinweis).<br />

2 = über die Nachricht darüber, daß Ihr Flüchtlingsprogramm vom Kabinett<br />

gebilligt wurde, habe ich mich sehr gefreut..<br />

3 = diesem Verbrechen abzuhelfen, ist auch die Aufgabe des Bundeskanzlers..<br />

/ wir fordern Sie und alle im Bundestag vertretenen Parteien<br />

auf, das Aufnahmekontingent von 10.000 Vietnamesen auf 50.000 zu<br />

erweitern..<br />

4 = An die Bundesregierung.. hiermit appellieren wir dringend, die<br />

Hilfsbereitschaft zur Rettung der Vietnam-Flüchtlinge zu erhöhen..<br />

/ eine Garantie-Erklärung zur Aufnahme in die BRD zu gewähren..<br />

28


5 = fordere Sie auf, gemeinsam mit der Opposition sofort und unbürokratisch<br />

zu helfen.. / Fordern Sie bitte umgehend die westdeutsche<br />

Industrie und Wirtschaft sowie alle Gewerkschaftsverbände auf,<br />

großzügig zu helfen.. / Fordern Sie von den Amerikanern Begleitschutz<br />

für diese Schiffe.. / Nato und Seato müssen den Vietnamesen<br />

mit allen verfügbaren Mitteln behiflich sein..<br />

4) Anonyme Hilfe:<br />

Diese Variable soll das Ausmaß anonym (d.h. ohne Nennung eines<br />

Trägers) geforderter Hilfeleistungen reflektieren. Folglich gingen<br />

hier Textstellen ein, die sich weder auf persönliche noch institutionelle<br />

Hilfeleistungen beziehen. In der Regel konnten die<br />

Urteiler eine "1" vergeben, weil der Hilfeträger genannt wurde,<br />

jedoch gab es (sehr selten) auch Fälle, in denen kein eindeutiger<br />

Träger genannt wurde und Forderungen wie "unterstützt die Asylanten"<br />

erhoben wurden. Der Grad der Anonymität geht jedoch nie über<br />

"2" (wenig) hinaus, da alle Briefe unseres Untersuchungsmaterials<br />

an eine staatliche Organisation gerichtet sind.<br />

5) Materielle Hilfe:<br />

Da diese Variable das Ausmaß der geleisteten oder geforderten<br />

materiellen Hilfe reflektieren soll, gingen in die Urteile<br />

hierüber alle Hinweise auf Geld-, Sach- und andere Spenden ein.<br />

Die Graduierung der Variable reflektiert sowohl den materiellen<br />

Wert dieser Spenden, als auch das Ausmaß, in dem von materieller<br />

Hilfe im Text gesprochen wird. Beispiele für Hinweise auf materielle<br />

Hilfe sind Ausdrücke wie "Medikamente verschicken", "Hilfsschiffe<br />

ausrüsten", "Spendenaktion", "finanzielle Unterstützung"<br />

usw. Beispiele:<br />

1 • --- (kein Hinweis)<br />

2 = Betrifft Unterbringung von Kindern aus Kambodscha.. / Wir denken an<br />

die Aufnahme und Unterbringung von Kindern..<br />

3 = Eine Zeit lang wäre auch ein gemeinsamer Haushalt möglich und also<br />

meine alltägliche wirtschaftliche Unterstützung..<br />

4 . Es werden Notaufnahmen organisiert, Schiffe ausgerüstet, Medikamente<br />

verschickt und manches mehr.. , die Hilfe auf See ist viel zu<br />

schwach, es fehlt an Rettungsschiffen und Luftaufklärung.. / können<br />

nicht Schiffe gechartert werden?<br />

5 = eine einzige Mark pro Kopf der Bevölkerung hätte 60 Millionen<br />

Spende ergeben.. / die Bundesregierung möge einen dringenden Spendenappell<br />

an die Bevölkerung herausgeben.. / es wäre zumutbar, daß<br />

jeder Bundesbürger 5 DM im Monat spendet.. / ich unterstütze<br />

regelmäßig unsere Hilfsorganisationen, habe kürzlich für Kambodscha<br />

und Vietnam 100 DM gespendet und werde in wenigen Tagen weitere 50<br />

DM spenden. Dabei steht unserer Familie nur ein mittleres Einkommen<br />

zur Verfügung.<br />

6) Immaterielle Hilfe:<br />

Für diese Variable wurden alle Textstellen ausgewertet, die Hinweise<br />

auf Hilfe, Unterstützung usw. für Ausländer geben, ohne daß<br />

diese Hilfe auf materielle Aspekte begrenzt ist. Gewiß ist<br />

"materielle" von "immaterieller" Unterstützung nicht in jedem Fall<br />

zu trennen; hier soll jedoch eher das Ausmaß skaliert werden, in<br />

dem materielle (z.B. soziale) Hilfeleistung behandelt wird.<br />

Beispiele für diese Variable sind Ausdrücke wie "Alle Staaten<br />

29


sollten Maßnahmen gegen den Mensche n h a n d e 1 in Vietnam e r g r e 1-<br />

f en..", "..setzen Sie sich dafür ein, daß mehr Flüchtlinge in die<br />

BRD einreisen dürfen" oder ".. es sollte versucht werden, diese<br />

Menschen hier zu integrieren". Beispiele:<br />

1 = --- (kein Hinweis)<br />

2 = Bitte übernehmen Sie die Schirmherrschaft über die vietnamesische<br />

Flüchtlingstragödie..<br />

3 = ich möchte gern der Vietnam-Hilfsstiftung halbtags zur Verfügung<br />

stehen..<br />

4 = eine Gruppe von Frauen betreut Spätaussiedler.. / menschliche<br />

Hilfeleistungen müssen die Hilfe des Staates begleiten.. / Kontakte<br />

zu ganzen Familien, jungen Menschen ohne Anhang, Ferieneinladungen,<br />

Begleitungen bei Behördengängen usw...<br />

5 = viele materielle Hilfsmaßnahmen sind getroffen worden, man vermißt<br />

jedoch Initiativen zur Aufnahme von Flüchtlingen in einer Zahl, die<br />

wirklich spürbare Hilfe bringen könnte.. / bitte schaffen Sie die<br />

nötigen Voraussetzungen für die Aufnahme in den Bundesländern.. /<br />

private Arbeitgeber sollten aufgefordert werden, Arbeitsplätze<br />

anzubieten..<br />

7) Direkte/indirekte Hilfe:<br />

Für diese kategoriale Variable wurden alle Textstellen ausgewertet,<br />

die die Unmittelbarkeit bzw. Direktheit der Hilfe für Ausländer<br />

betreffen: es gibt viele Texte, in denen gefordert wird,<br />

den Menschen unmittelbar zu helfen; andere Texte betonen eine<br />

mittelbare Hilfe durch politische Aktionen auf Regierungs- oder<br />

Verbandsebene. Beispiele:<br />

= die nicht abgeholten Lotteriegewinne an die Flüchtlinge verteilen..<br />

0 = (kein Hinweis bzw. nicht entscheidbar)<br />

Druck auf die indonesische Regierung auszuüben, damit sie eine<br />

Anlegeerlaubnis für die Hilfsschiffe erteilt..<br />

8) Dauer der Hilfe:<br />

Hier werden die Textstellen im Hinblick darauf ausgewertet, ob die<br />

Hilfe langfristig, kurzfristig oder nur punktuell bzw. einmalig<br />

geleistet wird. So können Spendenaktionen in der Regel als einmalig<br />

gelten, eine vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen als<br />

kurzfristig und dauerhafte Aufnahme von Asylsuchenden als langfristig.<br />

Beispiele:<br />

1 schicken Sie eine Hilfsflotte mit Hilfsgütern.. / rufen Sie die<br />

Bevölkerung zu Spenden auf..<br />

2 wir sind bereit, eine Flüchtlingsfamilie vorübergehend aufzunehmen..<br />

3 schaffen Sie die Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufnahme der<br />

Flüchtlinge..<br />

Werden mehrere Rangstufen in einem Text angesprochen, muß der<br />

Urteiler entscheiden, welche Hilfe-Dauer im Text überwiegt; ist<br />

dies nicht entscheidbar, kann er eine "0" vergeben; gibt es gar<br />

keinen Hilfeleistungs-Hinweis, muß er "9" notieren.<br />

30


9) Zurückweisung:<br />

Für diese Variable werden Textstellen ausgewertet, die Hinweise<br />

auf die Ablehnung weiterer Ausländer, bzw. Zurückweisung neuer<br />

oder bereits in Deutschland lebender Ausländer geben. In der<br />

Quantifizierung wird sowohl die Häufigkeit von Zurückweisungsausdrücken<br />

als auch ihre Stärke berücksichtigt. Als<br />

Zurückweisungsindikatoren gelten z.B. "die sollen daheim bleiben und ihr Land<br />

umgraben", "schicken Sie diese Menschen in ihre Heimatländer!"<br />

oder "alles schimpft über die Ausländer, die sollen verschwinden,<br />

wir wollen sie nicht". Beispiele:<br />

1 = --- (kein Hinweis).<br />

2 = die Not der Vietnam-Flüchtlinge ist bedauerlich, aber die deutsche<br />

Armut darf auch nicht vergessen werden.. / ich wünsche, daß die<br />

Flüchtlinge aus Vietnam nicht von diesen Almosen leben müssen..<br />

3 = haben wir nicht genug Ausländer im Land? Alles auf die Kosten vom<br />

Steuerzahler.. / sind Ausländer wichtiger?<br />

4 = lassen Sie sich raten und nehmen nicht die vielen vietnamesischen<br />

Flüchtlinge auf. Die sollen daheim bleiben.. / sollen unsere Leute..<br />

die Faulen erhalten? / Es ist jeder verpflichtet, seinem Land und<br />

seinem Volk zu helfen, ganz gleich, wie die Regierung ist.<br />

5 = wir bitten dringend um Ausweisung aller Gastarbeiter und Fremdvölker..<br />

/ schaffen Sie besonders die ausländischen Kinder aus dem<br />

Lande.. / wir wollen alle diese Leute nicht..<br />

10) Vorübergehende Aufnahme:<br />

Für diese Variable werden besonders diejenigen Textstellen ausgewertet,<br />

in denen die zeitliche Begrenzung der Aufnahme von Ausländern<br />

in Deutschland ausgedrückt wird, beispielsweise durch die<br />

Forderung nach zeitlich befristeten Arbeitsverträgen für Ausländer:<br />

"ein gesundes Verhältnis mit Ausländern gibt es nur bei<br />

Austausch bzw. Arbeit auf Zeit..", "wenn sich die politischen<br />

Verhältnisse im Heimatland des Asylanten geändert haben, sollten<br />

sie wieder zurückgeschickt werden.." oder: "wir erwarten in aller<br />

Kürze ein neues Gesetz, zum Beispiel: Ausländer nach einem Jahr<br />

abschieben". Wenn solche Textstellen angetroffen werden, vergeben<br />

die Urteiler ein "+", wenn nicht, dann ein "-".<br />

11) Aufnahme mit Abgrenzung:<br />

Bei dieser Variable werden Textstellen ausgewertet, in denen trotz<br />

Hilfeleistung für Ausländer eine Abgrenzung ihnen gegenüber erkennbar<br />

ist, z.B.: "wenn man schon solche Ausländer aufnehmen muß,<br />

so sollen die in Lager und nur verpflegt werden, aber kein Geld<br />

bekommen" oder "wenn man diese Menschen in einer Stadt konzentriert,<br />

hätte man sie gut unter Aufsicht". Die Urteiler notieren<br />

ein "+", wenn sie solche abgegrenzte Aufnahme entdecken, ein "-",<br />

wenn nicht.<br />

12) Humanitäres Motiv:<br />

Textstellen, in denen auf "Menschlichkeit", "Menschenpflicht" oder<br />

ähnliches rekurriert wird, um gegenüber Ausländern prosozial zu<br />

handeln, werden für diese Variable herangezogen. Solche Textstellen<br />

sind z.B. "..es ist vor allem aus humanitären Gründen<br />

dringend geboten.." oder "..im Namen der Menschlichkeit bitte ich<br />

Sie..". Beispiele:<br />

31


1 = --- (kein Hinweis)<br />

2 = Sie haben mit der spontanen Hilfe menschlich gehandelt, aber muten<br />

Sie sich bitte nicht zu, das Flüchtlingsproblem des asiatischen<br />

Raumes lösen zu können..<br />

3 = im Namen der Menschlichkeit bitte ich Sie..<br />

4 . alle Staaten, die es als ihre Pflicht ansehen, solchen Menschen zu<br />

helfen..<br />

5 = aus humanitären Gründen.. / es ist doch unmenschlich, hier nicht zu<br />

helfen..<br />

Die Quantifizierung berücksichtigt sowohl die Stärke des in einzelnen<br />

Ausdrücken hervortretenden Motivs als auch die Menge diesbezüglicher<br />

Textstellen.<br />

13)Recht auf Hilfe:<br />

Während Variable 12 die Motive der Helfer für ihr Handeln reflektiert,<br />

zielt Variable 13 auf die Rechte, die die Opfer haben.<br />

Folglich werden hier Textstellen herangezogen, in denen dieses<br />

Recht der Opfer angesprochen wird, so z.B. "die Hilfe muß jetzt<br />

geschehen, darauf haben die Menschen ein Anrecht.." oder "sie<br />

haben doch das Recht auf Leben..". Ursprünglich sollte die Quantifizierung<br />

dieser Variable den Ausprägungsgrad des Rechtsanspruch-<br />

Gedankens in den Texten reflektieren; es stellte sich jedoch<br />

heraus, daß nie mehr als eine "2" (d.h. wenig Hinweise) vergeben<br />

werden konnte.<br />

14) Christliches Motiv:<br />

Für diese Variable werden solche Textstellen herangezogen, in<br />

denen auf christliche Normen und christliche Begriffe als Motiv<br />

für prosoziales Handeln gegenüber Ausländern rekurriert wird, z.B.<br />

"..vielleicht können wir so einen kleinen Teil der Schuld, die wir<br />

uns aufgeladen haben, vor Gott wieder gutmachen.," oder "..es ist<br />

ein Gebot der Nächstenliebe, hier helfend einzugreifen..". Für die<br />

Quantifizierung dieser Variable ergaben sich allerdings ähnliche<br />

Probleme wie bei der vorangegangenen Variable "Recht auf Hilfe":<br />

sie trat so selten auf, daß keine sinnvollen Graduierungen vorgenommen<br />

werden konnten.<br />

15) Polit-Opfer:<br />

Textstellen, in denen die Flüchtlinge, Asylbewerber oder "Gastarbeiter"<br />

als Opfer der politischen Verhältnisse in ihren Heimatländern<br />

dargestellt werden, sind für diese Variable ausgewertet<br />

worden, so z.B. "der widerliche Menschenhandel der vietnamesischen<br />

Regierung", "die indonesische Regierung will Aufsehen auf diese<br />

Katastrophe verhindern" oder "die Verursacher dieses Elends sind<br />

Vietnam und die Sowjetunion". Die Quantifizierung berücksichtigt<br />

vor allem die Anzahl entsprechender Äußerungen im Text. Beispiele:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 . Sie sperren sich dagegen, das Machtregime beim Namen zu nennen..<br />

3 . wir möchten unsere Abscheu vor denen ausdrücken, die dieses Leid<br />

verschuldet haben und diese Verbrechen heute noch weiter betreiben..<br />

4 . Thailand verweigert Asyl und will diese Menschen wieder abschieben..<br />

/ auf Grund der politischen Situation gibt es keine Alternative..<br />

(Eine "5" konnte nicht vergeben werden).<br />

32


16) Wiedergutmachung:<br />

Textstellen, in denen Hinweise auf frühere deutsche Verbrechen<br />

gegeben wurden, dienten für die Beurteilung dieser Variablen, so<br />

z.B. "..die Schuld, die wir uns aufgeladen haben..", "..vielleicht<br />

kann Deutschland den Massenmord in der NS-Zeit vergessen machen.."<br />

oder "..Deutschland muß nach der Tragödie der Hitler-Diktatur<br />

beweisen..". Auch hier wurde bei der Quantifizierung vor allem die<br />

Anzahl der diesbezüglichen Hinweise berücksichtigt. Beispiele:<br />

1 --- (kein Hinweis).<br />

2 = das dritte Reich besteht nicht mehr, und so müssen wir uns endlich<br />

von dem Makel befreien.. / haben denn nur die -Deutschen Greueltaten<br />

verübt?<br />

3 = gerade wir Deutschen dürfen nicht blind gegenüber Flüchtlingselend<br />

sein, da unsere jüngere Geschichte mit einer Politik des Größenwahns<br />

und der Menschenverachtung vielen Menschen ein ähnliches Schichsal<br />

gebracht hat..<br />

4 = die Schuld, die unser Volk durch den Massenmord in der NS-Zeit auf<br />

sich geladen hat.. / gerade deshalb muß die Bundesrepublik beispielhaft<br />

sein..<br />

(Eine "5" konnte hier nicht vergeben werden).<br />

17) Deutsche Fluchterfahrung:<br />

Zur Beurteilung dieser Variable wurden solche Textstellen ausgewertet,<br />

in denen Hinweise auf Leidenserfahrungen gegeben werden,<br />

die Deutsche auf der Flucht während und nach dem 2. Weltkrieg<br />

gemacht haben, z.B. "wir kennen das Leid und die Not der Vertreibung<br />

aus der eigenen Geschichte". Allerdings wird ein solcher<br />

Hinweis in unseren Briefen so selten angetroffen, daß eine<br />

Skalierung über "2" (wenig) hinaus nicht vorgenommen werden<br />

konnte.<br />

18) Armut durch Ausbeutung:<br />

In den für die Urteiler-Schulung ausgewählten 10 Briefen war eine<br />

Textstelle enthalten, in der die moralische Verpflichtung der<br />

industrialisierten Länder angesprochen wurde, den Flüchtlingen aus<br />

weniger industrialisierten Ländern zu helfen, weil wir deren<br />

Reichtum an Rohstoffen ausgebeutet haben, ohne entsprechende<br />

Vergütungen zu leisten. In der Hauptstichprobe dieser Studie ist<br />

ein solcher Hinweis jedoch nicht mehr zu finden.<br />

19) Westlicher Wohlstand:<br />

Für diese Variable werden Textstellen herangezogen, in denen Hilfe<br />

oder Ablehnung gegenüber Ausländern mit einer Einschätzung des<br />

relativen westlichen Wohlstands (+) oder der westlichen Armut (-)<br />

begründet wird, so z.B. durch "..wenn man bedenkt, daß um die<br />

Weihnachtszeit Milliarden für Geschenke ausgegeben oder in die<br />

Luft geballert werden, kann man über diese Herzlosigkeit der<br />

Deutschen nur erschüttert sein..". Eine Graduierung war allerdings<br />

wegen der geringen Auftretenshäufigkeit dieses Aspektes sinnlos.<br />

33


20) Kulturelle Bereicherung:<br />

Bei dieser Variable werden Textstellen-berücksichtigt, die Hinweise<br />

darauf enthalten, daß Ausländer für Deutschland auch eine<br />

kulturelle Ergänzung bzw. Bereicherung darstellen können, so z.B.<br />

"..tut es uns nicht gut, fremde Kulturen in unserer unmittelbaren<br />

Nähe zu erleben?". Allerdings sind solche Hinweise wohl in der<br />

Brief-Auswahl für die Urteiler-Schulung, nicht aber in der Hauptstichprobe<br />

enthalten, deshalb muß hier auf weitere Beispiele verzichtet<br />

werden.<br />

21) Übervölkerung:<br />

Zur Einschätzung des Grades, in dem das "Übervölkerungs-Argument"<br />

für die Begründung einer Ablehnung von Ausländern verwendet wird,<br />

werden Textstellen herangezogen, in denen von "Platzmangel",<br />

"Übervölkerung" oder "unserer kleinen Bundesrepublik" die Rede<br />

ist. Die Quantifizierung berücksichtigt sowohl die Häufigkeit als<br />

auch die Stärke dieser Hinweise in jedem Brief:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 = es gibt in diesem Volk in seinem sehr kleinen Land..<br />

3 unsere kleine übervölkerte Bundesrepublik.. / mit jeder weiteren<br />

Aufnahme von Asiaten nehmen Sie uns wieder mehr Lebensraum..<br />

4 . die Türken verdrängen die Deutschen.. / genauso ist es mit den Vietnamesen;<br />

sie haben eine Vielzahl von Kindern.. / Vietnam wird so<br />

seine Uberbevölkerung Ios, und wir?<br />

(Eine "5" konnte nicht übereinstimmend vergeben werden).<br />

22) Soziale Sicherheit gefährdet:<br />

Textstellen, in denen darauf hingewiesen wird, daß die sozialen<br />

Leistungen und Arbeitsplätze für Deutsche durch Ausländer verringert<br />

oder gar gefährdet werden, wurden für diese Variable<br />

herangezogen, so z.B. "..den Ausländern wird gegeben, uns aber<br />

fehlen Wohnungen und Arbeitsplätze..", "..mit jedem Flüchtling<br />

bringen Sie uns einen Arbeitslosen - wollen Sie die Kosten übernehmen?"<br />

oder ".. den Arbeitslosen wird das Geld gekürzt, und den<br />

Fremden gegeben..". Die Graduierung berücksichtigt wieder sowohl<br />

Häufigkeit als auch Stärke solcher Aussagen. Beispiele:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 = für ein Baby-Jahr ist kein Geld da, aber Ausländern wird gegeben,<br />

was man uns vorenthält..<br />

3 = es gibt nicht einmal genug Ausbildungsplätze für unsere Jugend.. /<br />

wenn Ausländer auch noch ein Wahlrecht erhalten, dann gebt ihnen<br />

doch gleich Ministerposten..<br />

4 wenn der Staat den Partisanen, die ins Land kommen, Unterstützung<br />

zahlt, dann ist natürlich kein Geld mehr da..<br />

(Eine "5" konnte nicht einhellig vergeben werden).<br />

23) Kulturseparation:<br />

Für die Beurteilung dieser Variable wurden solche Textstellen<br />

herangezogen, in denen der Gedanke zum Ausdruck kommt, jedes Volk<br />

brauche seine spezifische Heimat, müsse für sich bleiben, und eine<br />

Integration nütze somit auch nicht den Ausländern. Entsprechende<br />

T extstellen sind z.B. "..soll die Eigenart, die Kultur dieser<br />

M inderheiten vernichtet werden?" oder "..dann werden wir lieber<br />

34


Kommunisten, denn die erhalten die Völker". Die Graduierung<br />

berücksichtigt wieder Anzahl und Stärke entsprechender Äußerungen:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 ich bin für Entwicklungshilfe, und ihr Land sollen sie bearbeiten<br />

und produzieren..<br />

3 was. soll diese Integration? Soll die Eigenart,. dieser Minderheiten<br />

vernichtet werden?<br />

(Die Ratings "4" und "5" konnten in dieser Stichprobe nicht einhellig<br />

vergeben werden).<br />

24) Überfremdung:<br />

Hinweise auf die Verunsicherung der Deutschen hinsichtlich ihrer<br />

Normen und Werte durch Mitglieder anderer Kulturen wurden für<br />

diese Variable verwendet, so z.B. die Stichwörter "überfremdet"<br />

und "überschwemmt" sowie Hinweise auf eine Bedrohung der deutschen<br />

Sitten, z.B. "..wenn ich das deutsche Volk vernichten wollte,<br />

würde ich noch mehr Asylanten hereinlassen..". Für die Graduierung<br />

wurden wieder Menge und Stärke der Hinweise gleichzeitig berücksichtigt:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 die uns überschwemmen..<br />

3 Frankfurter Familien sind aus der Innenstadt in die Vororte gezogen,<br />

weil die Türken sie verdrängten.. / Deutschland ist von Ausländern<br />

überflutet worden..<br />

4 daß wir immer mehr von der Ausländerwelle überflutet werden.. / wenn<br />

dies anhält, sind wir in einigen Jahren eine kleine Minderheit im<br />

eigenen Land.. / denken Sie national und nicht international..<br />

5 wenn diese ausländische Jugend erwachsen sein wird, werden sie sich<br />

erheben, unsere Häuser anzünden und auf der Straße totschlagen.. /<br />

die deutsche Rasse wird völlig unterminiert und in der Substanz<br />

vernichtet..<br />

25) Negative Kognitionen:<br />

Hier wurden Textstellen herangezogen, in denen negativ bewertete<br />

Inhalte über Ausländer zum Ausdruck kommen. Dabei ging es weniger<br />

darum, das Ausmaß der negativen Bewertung zu reflektieren, sondern<br />

eher um die Menge solcher Unterstellungen, wie z.B. "die Ausländer<br />

lügen das Blaue vom Himmel herunter..", "..sie sind Analphabeten<br />

und Kriminelle..". Die Quantifizierung berücksichtigt vor allem<br />

die Anzahl solcher negativer Kognitionen, jedoch ging teilweise<br />

auch der "Schweregrad" der Unterstellung ein - so erscheint die<br />

Unterstellung der Kriminalität schwerwiegender als die<br />

Unterstellung der Faulheit. Beispiele:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 mit jedem Flüchtling bringen Sie einen Arbeitslosen..<br />

3 sogar nur durch Fruchtbarkeit werden Sie reich ../ das Argument, die<br />

Hälfte der Asyler arbeite, ist nicht gerade geistreich bei einer<br />

Million Arbeitslosen..<br />

4 = die Wirtschaftsasylanten sind Gauner.. / in dem Betrieb mit den<br />

vielen Ausländern geht die Leistung zurück.. / wenn der Staat seinen<br />

Gaunern und Partisanen Unterstützung zahlt.. / wenn Gauner und<br />

Partisanen 5 Jahre lang vom Steuerzahler leben können..<br />

5 schwarze Asylschweine..<br />

35


26) Fehlender Anpassungswille:<br />

Textstellen, die aussagen, daß sich Ausländer nicht. anpassen und<br />

integrieren wollen, wurden für die Beurteilung dieser Variable<br />

verwertet., so z.B. "...die schlachten ja Schafe im Hinterhof, genau.<br />

wie in der Türkei.." oder "..deren Loyalität gegenüber Deutschland<br />

ist zumindest fraglich..". Da die Urteile nie einhellig über. eine<br />

"2" (wenig ausgeprägt) hinausgingen, wird hier auf Graduierungsbeispiele<br />

verzichtet.<br />

27) BRD kein Einwandererland:<br />

Für diese Variable wurden Textstellen herangezogen, in denen die<br />

Position vertreten wird, die Bundesrepublik Deutschland sei kein<br />

Schmelztiegel oder Einwandererland für andere Völker, wie z.B. in<br />

"..wir Deutsche haben deutsche Aussiedler genug.." oder "..wir<br />

sind doch kein Sammellager für andere Völker!". Die Graduierung<br />

berücksichtigt Menge und Stärke entsprechender Textstellen:<br />

1 = --- (kein Hinweis)<br />

2 = der Hinweis auf vergangene Integrationsleistungen hinkt, weil die<br />

Ostflüchtlinge Deutsche sind, keine Ausländer.. / so große Ausländergruppen<br />

können wir nicht verkraften..<br />

3 . maßlose Politik der Integration.. / den Deutschen diesseits der Elbe<br />

wird die Enteignung ihrer Heimat zugemutet.. / historisch beispiellose<br />

Politik der inneren Zerrüttung..<br />

4 = Volkstum in höchster Gefahr, in 100 Jahren Zustände und Mischmasch<br />

wie in Latein-Amerika.. / Volkstum ist wichtiger als ein Stück<br />

Papier..<br />

5 warum mißachten Sie das Gesetz "kein Einwandererland"?<br />

28) Vermeidung sozialer Konflikte:<br />

Textstellen, in denen drohende soziale Konflikte als Begründung<br />

für die Ablehnung von Ausländern angesprochen wurden, dienten als<br />

Basis für diese Variable, so z.B. "..Unbehagen über die jetzt<br />

anstehenden Minderheitsprobleme.." oder "..bei den schweren<br />

Unruhen waren auch Türken dabei...". Beispiele:<br />

1 . --- (kein Hinweis)<br />

2 sollen unsere arbeitenden Leute immer mehr ausgemergelt werden, um<br />

die Flüchtlinge zu erhalten?<br />

3 = alle Gastarbeiter dürfen als Ausländer unser Gastrecht niemals<br />

mißbrauchen und sich politisch betätigen.. / die Bundesrepublik ist<br />

kein Tummelplatz für Ausschreitungen..<br />

4 Ausländer müssen sofort abgeschoben werden, wenn sie sich eines Verbrechens<br />

schuldig machen.. / wenn Ausländer schon an der Grenze ein<br />

Merkblatt bekämen mit dem Hinweis, daß sie bei geringstem Anlaß<br />

wieder abgeschoben würden, dann wären nicht so viele Verbrechen an<br />

der Tagesordnung..<br />

5 = am meisten sind doch die Türken an der Heroinsucht der deutschen<br />

Kinder beteiligt.. / all das Gesindel aus dem Reiche hinaus, bevor<br />

sie unsere Häuser anzünden..<br />

29) Ausländer kosten:<br />

Hierfür werden Textstellen herangezogen, in denen davon die Rede<br />

ist, Ausländer würden mehr kosten, als sie Deutschland 'nützten,<br />

36


z.B. "..der deutsche Steuerzahler darf für die vielen Vietnamesenkinder<br />

schuften.." oder "..mit jedem Flüchtling bringen Sie uns<br />

einen Arbeitslosen. Wollen Sie die Kosten übernehmen?"<br />

Graduierungs-beispiele:<br />

1 . --- (kein Hinweis)<br />

2 = die Asylanten sollen- nur verpflegt werden, aber kein Geld bekommen..<br />

3 = wir sind ein hochverschuldetes, armes Volk.. / hören wir doch endlich<br />

auf, uns als reiche Leute aufzuspielen und alle Völker geradezu<br />

einladen, Hilfe von uns zu erwarten.. / vermeiden Sie eine Wiederholung<br />

der Ausbeutung Deutschlands durch Ausländer..<br />

4 = der Staat ist ohnehin schon dermaßen verschuldet, daß wir es uns<br />

nicht leisten können, noch Tausende Asylanten durchzufüttern.. /<br />

denn nur wir müssen die Schulden tragen..<br />

5 = diese Asylantenmethoden nicht auf dem Rücken der Steuerzahler austragen..<br />

/ die Kosten übernehme ich als Steuerzahler.. / dem Steuerzahler<br />

würde noch Geld gespart sein, wenn Sie ihm gleich 2000 DM<br />

monatlich geben.. / Ausländer werden auf unsere Kosten in Hotels<br />

untergebracht..<br />

30) Selbst verantwortlich:<br />

Für die Beurteilung dieser Variable wurden Textstellen benutzt, in<br />

denen auf die Eigenverantwortlichkeit der anderen Völker hingewiesen<br />

wird, wenn es um wirtschaftliche und soziale Not geht, z.B.<br />

"..diese Moslems, die nur gelernt haben, ihr Land auszunutzen,<br />

flüchten nach Europa, um nicht Bäume anpflanzen zu müssen.." oder:<br />

"..warum führen die Asiaten nicht überall die neue Geburtenregelung<br />

Chinas ein, wo man für's zweite Kind bestraft wird?". Da<br />

die Beurteilung selten einhellig war, wird hier auf Graduierungsbeispiele<br />

verzichtet.<br />

31) Ethnozentrismus:<br />

Für diese Variable wurden Textstellen, in denen das "Deutschtum",<br />

d.h. deutsche Normen und Werte, hervorgekehrt wird, besonders<br />

berücksichtigt, nicht jedoch die (häufig damit verbundene)<br />

Abwertung der Werte und Normen anderer Kulturen. Solche Textstellen<br />

sind nach den Ergebnissen der Vorstudie vor allem die<br />

Einzelwörter "deutsch", "national" und Wortkombinationen mit<br />

"unser" (z.B. unser Volk, unser Land usw.). Als ethnozentrisch in<br />

diesem Sinne können z.B. folgende Textpassagen gelten: "..denken<br />

Sie national, Herr Bundeskanzler..", "hat man die Deutschen schon<br />

abgeschrieben?" oder "..nach dem ganzen Umweltschutz scheint jetzt<br />

deutscher Völkerschutz notwendig..". Für die quantitative Beurteilung<br />

dieser Variable werden wieder sowohl Menge als auch<br />

Stärke der entsprechenden Hinweise berücksichtigt:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 was sind wir für ein Land, in dem es für eigene auch nicht erwünschte<br />

deutsche Kinder (siehe § 218) keinen Platz gibt..<br />

3 Ost-Aussiedler sind Deutsche.. / dieses große deutsche Volk..<br />

4 nach den Arbeitsplätzen werden den deutschen Jungen auch noch die<br />

Mädchen genommen.. / Landesverräter, die ihr Land ans Ausland verkauften,<br />

wären früher wegen Hochverrat hingerichtet..<br />

5 = was soll aus Deutschland werden?.. / die SPD gibt diesen Moslems in<br />

Deutschland freiwillig so viele Privilegien.. / im eigenen Vaterland..<br />

/ wir sind auf dem besten Weg, uns selbst zu vernichten..<br />

37


32) Soziozentrismus:<br />

Hierfür wurden solche Textstellen herangezogen, in denen eine<br />

Verbundenheit mit einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe deutlich<br />

ist, so Z.B. "..wir als Rentner..", "..wir Hausfrauen..",<br />

"—wir Arbeitslose.." usw., jedoch nicht "..wir Deutsche" oder<br />

einfach" ..Wir da die Variable 32 nicht Ethnozentrismus reflektieren<br />

sollte, sondern die Verbundenheit mit einer engeren<br />

Gruppe. In die Quantifizierung ging vor allem die Häufigkeit des<br />

Bezugs zu Gruppen ein:<br />

1 (kein Hinweis) -<br />

2 = die Loge "Der Hohe Rat der Menschheit" bittet Sie..<br />

3 = eine Jugendgruppe unserer Pfarrgemeinde.. / Integration. in unseren<br />

Kreis..<br />

4 = als Arbeitsloser und Steuerzahler muß ich.. / den Arbeitslosen wird<br />

gekürzt, den Rentnern wird gekürzt:.<br />

(Eine "5" (sehr ausgeprägt) konnte nicht vergeben werden).<br />

33) Dogmatismus:<br />

Für die Operationalisierung dieser Variable wurden vor allem<br />

solche Ausdrücke verwertet, die sich in den Vorstudien als brauchbar<br />

erwiesen hatten, und diese stimmen großenteils mit den von<br />

ERTEL (1972) vorgeschlagenen Kategorien überein. Es handelt sich<br />

meist um Ausschließlichkeitsbehauptungen, Maximal- und Minimal-<br />

Mengen-Ausdrücke sowie imperative Aussagen; z.B.: "..das kann und<br />

darf doch nicht sein!", "alles", "nichts" usw... Die Graduierung<br />

berücksichtigt sowohl die Richtung als auch die Menge<br />

"dogmatischer" Äußerungen, wobei die "1" (nicht dogmatisch) als<br />

"eher undogmatisch", die "5" als "sehr dogmatisch" verstanden<br />

werden:<br />

1 . eventuell vorhandenes Informationsmaterial schicken.. / bitten Sie<br />

herzlich um Zusendung von..<br />

2 = bei der Lage der Flüchtlinge ist jedes Zögern wirklich<br />

lebensgefährlich.. / auf jeden Fall ist höchste Eile geboten.. /<br />

bitte setzen Sie sich dafür ein.. / ich weiß, daß es für mich bequem<br />

ist, Sie um dieses alles zu bitten..<br />

3 hat den Mut aufgebracht, das Kind beim richtigen Namen zu nennen! /<br />

Verantwortliche, die kaum betroffen sind, setzen sich den<br />

Glorienschein der Humanität auf.. / hat doch schon ein Engländer<br />

folgerichtig erklärt.. / aber auch Toleranz hat ihre Grenzen..<br />

4 . jedes Land hat seine Ausländergesetze.. / das ist reiner<br />

Selbsterhaltungstrieb.. / die Zeitbombe wird explodieren.. / wir<br />

wurden mal wieder ausgetrickst.. / wir fordern den sofortigen Abbau<br />

der Ausländer! / die meisten Deutschen wollen sie nicht! / und das<br />

ist entscheidend.. / wenn Herr Baum (Innenminister) das nicht<br />

einsieht, ist er fehl am Platz!<br />

5 = Raus!<br />

34) Soziale Perspektivenbreite:<br />

Diese Variable wird zwar als (quantitative) Rangskala verstanden,<br />

ihre Operationalisierung muß jedoch versuchen, die qualitativen<br />

Aspekte der einzelnen Stufen zu reflektieren. Für die erste Stufe<br />

sollten solche Textstellen herangezogen werden, die sich auf die<br />

Aus- eigenen Bedürfnisse beziehen; für die zweite Stufe solche


drücke, die die Standpunkte der eigenen (deutschen) Gruppe<br />

reflektieren; für die dritte Stufe solche Stellen, die die Standpunkte<br />

der Ausländer reflektieren, und für die vierte Stufe solche<br />

Textpassagen, in denen die Positionen der Deutschen und der<br />

Ausländer relativiert und gegeneinander abgewogen werden. Diese<br />

verschiedenen Qualitäten sind in zahlreichen Briefen gleichzeitig<br />

vorhanden; das numerische Urteil sollte diejenige Stufe repräsentieren,<br />

die im jeweiligen Text amhäufigsten (stärksten) vertreten<br />

ist. Beispiele:<br />

1 = für uns Totalzerbombte habt Ihr nichts getan.. / wir haben nie was<br />

erhalten, wo wir alles verloren haben, bei 20 Grad minus in<br />

Cannstatt.. / Ihr gabt uns alle nichts.. / auch vom Ausland<br />

erhielten wir nichts.. / wir hier zahlen, und Genseher reist dauerndins<br />

Ausland.. / ..wie ich, hochbegabt..<br />

2 = als Steuerzahler und Wähler möchten wir.. / Aussiedler, Vertrieben,<br />

sind und waren Deutsche.. / in diesem Volk gibt es ein Unbehagen.. /<br />

Tausenden von Rentnerinnen klarzumachen, wieso die zwei Worte<br />

politisch verfolgt' zum gleichen Einkommen führen..<br />

3 das ist gut für die überlebenden Flüchtlinge.. / inzwischen sind<br />

aber noch viele Hundert in Seenot, Haien und Piraten ausgesetzt,<br />

verdursten und ertrinken.. / wir wollen diesem Leiden nicht untätig<br />

zusehen..<br />

4 = auch in unserer Gesellschaft gibt es noch hilfsbedürftige Menschen..<br />

/ deswegen brauchen wir uns vor der Not anderer doch nicht zu<br />

verschließen..<br />

35) Soziale Perspektivenübernahme:<br />

Für die Beurteilung dieser Variable wurden vor allem die Adjektive<br />

herangezogen, die in Verbindung mit den Erfahrungen und den<br />

Gefühlen der Ausländer bzw. Flüchtlinge verwendet werden; zwar ist<br />

aus der bloßen Erwähnung des Leidens nicht ablesbar, ob die Briefschreiber<br />

die soziale Perspektive der Leidenden bloß kognitiv<br />

erkennen oder sie auch emotional einnehmen; da dies aber<br />

prinzipiell inhaltsanalytisch schlecht entscheidbar ist, wurde<br />

kein Versuch gemacht, kognitive und emotionale Perspektivenübernahme<br />

zu trennen. Es wurde angenommen, daß Menschen, die Ausdrücke<br />

gebrauchen wie "..Flüchtlinge in Seenot..", "..völlig von jeder<br />

Versorgung abgeschnitten..", "..Tausende schon verhungert.." etc.<br />

wenigstens zeitweise die soziale Perspektive von Ausländern übernehmen.<br />

Die Graduierung auf der 5-Stufen-Skala berücksichtigte<br />

sowohl die Stärke einzelner Hinweise auf soziale Perspektivenübernahme<br />

als auch deren Menge in Relation zur Länge des Textes.<br />

Beispiele:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 . die Not der Vietnam-Flüchtlinge, so groß diese auch immer sein mag..<br />

/ Not dieser Menschen lindern zu helfen..<br />

3 . Flüchtlingsdrama unvorstellbaren Ausmaßes.. / Tausende ertrunken.. /<br />

Ende der Tragödie ist nicht absehbar.. / damit keine weiteren<br />

Menschen mehr ertrinken..<br />

4 = unvorstellbar große Flüchtlingstragödie.. / Flüchtlingsdrama<br />

besonderer Art.. / befinden sich diese Menschen in großer Not.. /<br />

obgleich diese Menschen um ihr Leben fürchten müssen.. / daß die<br />

Kambodschaner mit Schwierigkeiten bei der Integration zu rechnen<br />

haben.. / gibt keine Alternative, sollen diese Leute nicht getötet<br />

werden..<br />

(Eine "5" konnte nicht einhellig vergeben werden).<br />

39


36) Funktionaler Egozentrismus:<br />

Da diese Variable das Ausmaß bereits erlebter oder befürchteter<br />

persönlicher Bedrohungen durch Ausländer reflektieren soll, wurden<br />

Textstellen mit entsprechenden Hinweisen ausgewertet, so z.B.<br />

"..sie werden uns in Kürze völlig beherrschen..", "..man kann sich<br />

ja schon heute nicht mehr auf die Straße wagen..", "..sie werden<br />

unsere Häuser anzünden.." usw.. Eine Graduierung sollte sowohl die<br />

Stärke dieses Egozentrismus als auch die Menge entsprechender<br />

Ausdrücke reflektieren, jedoch war es wegen des seltenen<br />

Vorkommens solcher Bedrohungs-Äußerungen nicht möglich, einhellig<br />

mehr als eine "2" zu vergeben. Deshalb wird hier auf weitere<br />

Beispiele verzichtet.<br />

37) Struktureller Egozentrismus:<br />

Für die Beurteilung dieser Variable wurden solche Textstellen<br />

herangezogen, in denen die Position vertreten wird, die soziale<br />

Welt sei feindselig, man müsse sich gegen sie zur Wehr setzen, und<br />

Sozialbeziehungen hätten generell materielle Tauschfunktionen.<br />

Textbeispiele: "..es kotzt einen an, man hört nichts anderes als<br />

Asiaten, die davonlaufen, das Blaue vom Himmel lügen und ein<br />

schönes Leben wollen..", "..die FDP ist eine Zwergpartei, hat aber<br />

viele Angeber.." oder "..wir wollen mit Euch und Euren Schulden<br />

nichts zu tun haben..". Die Graduierung berücksichtigt wieder<br />

Menge und Ausprägungsgrad dieses Weltbildes:<br />

1 = --- (kein Hinweis)<br />

2 = weil man dort als illegaler Flüchtling lebt wie die Made im Speck..<br />

3 wenn uns das Grundgesetz verpflichtet, jeden, der zu uns kommt,<br />

aufzunehmen, dann wird es Zeit, das Grundgesetz zu ändern.. / es<br />

sollte niemand mehr an Wahlen teilnehmen, wir werden ausgesaugt.. /<br />

mit unserem Geld studieren und dann auch noch Krach machen.. /<br />

schließlich haben wir an viele Völker Geld und andere Dinge gegeben,<br />

um wieder etwas gut zu machen..<br />

4 = für uns Totalzerbombte habt Ihr Doppel- und Dreifachverdiener nichts<br />

getan.. / der Slum kommt aus dem Ausland.. / in der DDR, Ostblock,<br />

Polen, Berlin sind Russen und Kriminelle, Schulden- und<br />

Kindermacher.. / die FDP ist eine Zwergpartei, hat viele Angeber, zu<br />

viele Minister und Nazis en masse.. / viele Dumme, Faule en masse..<br />

/ auch die SPD hat schwer versagt.. / auch die evang. Kirche gab uns<br />

nichts..<br />

5 = Türken (Haschhandel en gros), Jugoslawen und Italiener (Autodiebe en<br />

gros).. / niemand will mehr heiraten, die Scheidung wird zu teuer..<br />

/ es ist ehewidrig, wenn man so hereingelegt werden kann.. / wir<br />

wollen auch nicht mehr den Loskauf von Ostflüchtlingen, weil wir<br />

doch lauter Kommunisten einhandeln.. / weist sie aus, die verkaufen<br />

uns an die Roten im Osten.. / und die Jugoslawen haben über<br />

einhunderttausend Deutsche bei sogenannten Verhören erschlagen..<br />

38) Argumentative Differenziertheit:<br />

Zur Beurteilung dieser Variable mußten mehrere Textstellen innerhalb<br />

eines Briefes gleichzeitig betrachtet werden; dabei sollte es<br />

sich immer um Textstellen handeln, in denen das Ausländerproblem<br />

aus einer bestimmten Perspektive gesehen wird, z.B. einmal im<br />

Hinblick auf die Arbeitslosenquote, ein anderes Mal im Hinblick<br />

auf die menschlichen Probleme der quasi heimatlosen Flüchtlinge<br />

und "Gastarbeiter", dann wieder in bezug auf die Verunsicherung<br />

40


der Deutschen usw.. Entscheidend für die Quantifizierung ist das<br />

Ausmaß der Unterschiedlichkeit der diskutierten Standpunkte.<br />

Insofern lassen sich keine einzelnen Textelemente, sondern nur<br />

-Kombinationen von Textstellen als Beispiele angeben:<br />

= (nur . ein einziger Standpunkt)<br />

2 unterstützt die Asylanten, laßt sie jedoch außerhalb unseres<br />

Landes.. / sonst ist eines Tages die Bundesrepublik verschwunden..<br />

3 = die Vietnam-Flüchtlinge sind in einer schrecklichen Lage.. / die<br />

indonesische Regierung will weltweites Aufsehen verhindern.. /<br />

Bundesregierung muß Druck ausüben.. / widerlichen Menschenhandel<br />

der Vietnam-Regierung unterbinden..<br />

4 die Politik der Integration betreibt die innere Zerstörung des<br />

deutschen Volkes.. / Millionen von Gastarbeitern aus der Türkei wird<br />

die Möglichkeit des Hierbleibens versprochen, ohne daß die deutsche<br />

Demokratie eine Chance zur Mitsprache erhält.. / Ihr politischer<br />

Auftrag wäre, "Schaden vom deutschen Volk zu nehmen", d.h. die<br />

Weichen zur Rückkehr in die Türkei zu stellen.. / schlimmes Spiel<br />

mit deutschen Lebensinteressen.. / für 1986 lauert das<br />

Assoziierungsabkommen mit der Türkei.. (usw. usw.)<br />

(Eine "5" konnte nicht einhellig vergeben werden).<br />

39) Innere Logik:<br />

Ähnlich wie bei Variable 38 geht es hier nicht um einzelne inhaltliche<br />

Aussagen, sondern es werden verschiedene Aussagen miteinander<br />

verglichen, um den logischen Zusammenhang der vorgebrachten<br />

Argumente untereinander zu beurteilen - nicht die inhaltliche<br />

Gesamtaussage. Deshalb lassen sich auch hier nur aufeinanderfolgende<br />

Textelemente als Beispiele anführen:<br />

1 = für uns Totalzerbombte habt Ihr Parteibonzen, die Kirche, Rates<br />

Kreuz, Gewerkschaften und Parteibonzen und gut verdienende Doppelund<br />

Dreifachverdiener nichts getan.. / vom Ausland erhielten wir<br />

nichts, obwohl alles dort von uns bekannt war (Hilfswerk und<br />

evangelische Kirche).. / DDR'ler erhielten Milliarden und konnten<br />

studieren wie Min. Genscher, 3 Jahre Hospital, wir hier zahlen es ja<br />

und er reist dauernd ins Ausland..<br />

2 = Herr Baum, Sie tun so menschlich, wenn Sie so unmenschlich sind und<br />

noch mehr Vietnam-Flüchtlinge aufnehmen wollen - tatsächlich ist es<br />

Geltungsdrang, oder sorgen Sie für schwere Zeiten vor? / Sie müßten<br />

erst dafür sorgen, daß Tausende in unserem Land eine Bleibe<br />

bekommen. Nehmen Sie sich eine . Vietnam- und Türkenfamilie, die uns<br />

auch überschwemmen, ins Haus.. / Die Vietnamflüchtlinge rücken nur<br />

von der Arbeit aus, der Rauschgift- und Mädchenhandel klappte auch<br />

nicht mehr..<br />

3 = das Schicksal der Flüchtlinge bewegt zahllose Menschen. Die<br />

Verantwortlichen suchen verzweifelt nach Auswegen, auch Sie tun ja<br />

in Ihrem Haus alles derzeit Mögliche. Dennoch bewegt mich die Not<br />

dieser Menschen so sehr, daß ich einen weiteren Vorschlag mache:<br />

könnte man neben den offiziellen Initiativen nicht auch die<br />

Privatinitiative der Bürger anregen?<br />

4 Die Nachricht, daß Ihr Flüchtlingsprogramm vom Kabinett gebilligt<br />

wurde, hat mich sehr gefreut. Da ich Ihre Initiative mit Dankbarkeit<br />

begrüße, möchte ich gern dabei sein und der Stiftung von Anfang an<br />

zur Verfügung stehen..<br />

(Eine "5" konnte nicht einhellig vergeben werden).<br />

41


40) Sprachliche Differenziertheit:<br />

In die Beurteilung dieser Variable ging vor allem die Zahl der<br />

orthografischen und grammatikalischen Fehler (negativ) ein, aber<br />

auch die Klarheit des Ausdrucks, die Treffsicherheit der<br />

Formulierungen und die relative "Eleganz" der Sprache. Die<br />

letztgenannten Faktoren sind sehr schwer in Beurteilungsvor<br />

schriften zu kleiden, aber vielleicht helfen Beispiele beim<br />

Verständnis:<br />

1 = wie in der Zeitung zu lesen ist, kommt unserer Heimat eine ganze<br />

Völkerwanderung entgegen, wo soll denn das noch "hinführen", es sind<br />

schon etliche Millionen von Ausländer.- Diese stellen große<br />

"Ansprüche", sogar für ihre Kinder in der Heimat, so kann es doch<br />

nicht weitergehen, dann schon Flüchtlinge aus dem Osten, wo Deutsche<br />

sind. Westdeutschland ist der Onkel für "alle"!..<br />

2 = das hat weder der Deutsche noch der Gastarbeiter verdient. Wir<br />

wurden mal wieder ausgetrickst. Wir haben Angst und fordern den<br />

sofortigen Abau der Ausländer! Die meisten Deutschen wollen sie<br />

nicht! Und das ist entscheidend. Wenn Herr Baum (Innenminister) das<br />

nicht einsieht..<br />

3 = im Blick auf die große Not der Flüchtlinge aus Vietnam möchte ich<br />

alle Bemühungen der Bundesregierung unterstützen und ermutigen,<br />

Hilfe zu geben und eine noch größere Zahl von Flüchtlingen bei uns<br />

aufzunehmen. Als Zeichen meiner Anteilnahme und Mitarbeit..<br />

4 = hiermit appellieren wir dringend daran, die Hilfsbereitschaft zur<br />

Rettung der Vietnam—Flüchtlinge zu erhöhen und den Flüchtlingen, die<br />

von deutschen Schiffen gerettet werden, eine Garantieerklärung zur<br />

Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren..<br />

(Eine "5" konnte nicht einhellig vergeben werden).<br />

41) Soziales Engagement:<br />

Für die Beurteilung dieser Variable wurden solche Textstellen<br />

herangezogen, in denen zum Ausdruck kommt, daß sich der Briefschreiber<br />

in einer Vereinigung aktiv engagiert oder engagieren<br />

will, die als gemeinnützig angesehen werden kann (z.B. der Gewerkschaft,<br />

Kirche, Hilfskomitees o.ä). Die Graduierung berücksichtigt<br />

vor allem das Ausmaß des persönlichen Engagements:<br />

1 = (kein Hinweis)<br />

2 = sicherlich sind Sie in der Lage, mir eine Kontaktadresse derjenigen<br />

Organisation(en) zu übersenden, die sich für die Vermittlung von<br />

Patenschaften für den oben genannten Personenkreis einsetzen..<br />

3 = da es uns (den Mitgliedern dieser Zeitung) ein Anliegen ist, Schüler<br />

und Schülerinnen über aktuelle Themen objektiv zu informieren..<br />

4 seit drei Jahren betreut eine Gruppe schlesischer Frauen<br />

Spätaussiedler, die erst jetzt ihre Heimat verlassen durften..<br />

(Eine "5" konnte für diese Variable nicht einhellig vergeben werden).<br />

42) Interne/externe Kontrolliertheit:<br />

Hierbei wurden die Texte daraufhin geprüft, ob in ihnen eher die<br />

Position vertreten wird, der Verlauf der Weltgeschichte werde im<br />

wesentlichen durch wenige Mächtige gesteuert und Einzelschicksale<br />

seien von den Mächtigen abhängig (dies entspricht "externer<br />

Kontrolliertheit"), oder eher die Position, daß der Einzelne auf<br />

sein Schicksal doch erheblich Einfluß nehmen könne (intern<br />

42


kontrolliert ist). Die kategorialen Urteile differenzieren nur<br />

zwischen "tendenziell intern" und "tendenziell extern" - falls der<br />

Text nicht genügend Anhaltspunkte für diese Entscheidung bietet,<br />

konnte eine "9" (missing datum) vergeben werden. Beispiele:<br />

= bitte, richten Sie mit Hilfe der Bundeswehr eine Luftbrücke ein!..<br />

Darüberhinaus dürfte weitere Flughilfe nötig . damit die<br />

Hilfsaktion nicht Jahre dauert. Wir haben hier eine Hilfsaktion<br />

gestartet. Wo bleiben die Flüchtlinge?<br />

E er sagte, daß diese Menschen völlig von jeder Versorgung<br />

abgeschnitten sind, und daß wahrscheinlich schon einige Tausend von<br />

ihnen -verhungert- seien.. / aber bisher hat die indonesische<br />

Regierung keine Anlegeerlaubnis gegeben.. / die Regierung will<br />

weltweites Aufsehen verhindern.. / üben Sie Druck auf die<br />

indonesische Regierung aus.. / sollten alle Staaten offiziell<br />

zusammenarbeiten, damit diese Regierung nicht ungehindert einen<br />

ganzen Bevölkerungsteil systematisch vertreiben kann.. / Ich hoffe,<br />

daß Sie in Ihrer Funktion wirksame Maßnahmen gegen dieses Unrecht<br />

finden..<br />

43) Sozialer Situationsvergleich:<br />

Textstellen, in denen ein Vergleich zwischen Deutschen und<br />

Ausländern in wirtschaftlicher Hinsicht angestellt wird, sind zur<br />

Beurteilung dieser Variable herangezogen worden, so z.B. "..wir<br />

haben nie was erhalten, den Ausländern aber wird gegeben.." oder<br />

"..finanziell ist es mir gut möglich, ein Vietnamesenkind bei mir<br />

aufzunehmen..". Die Quantifizierung sollte einerseits die bessere<br />

(+) oder schlechtere (-) Position der Deutschen, andererseits das<br />

Ausmaß des materiellen Abstands ausdrücken; es konnten in der<br />

Praxis jedoch nur die qualitativen. Urteile "besser" oder<br />

"schlechter" einhellig beurteilt werden - deshalb wird hier auf<br />

Graduierungsbeispiele verzichtet.<br />

44) Kontakt mit Ausländern:<br />

Sofern in den Briefen etwas über den Kontakt des Briefschreibers<br />

mit Ausländern berichtet wird, konnten diese Hinweise für die<br />

ordinale Beurteilung des Kontaktes benutzt werden. Dann wählten<br />

die Urteiler zwischen den Stufen 1 (sieht Ausländer auf der<br />

Straße), 2 (hat Kontakt am Arbeitsplatz oder Wohnviertel) oder 3<br />

(hat persönlichen Kontakt, z.B. durch Freundschaft oder Auslandsaufenthalt).<br />

Beispiele:<br />

1 . fahren Sie mal nach Frankfurt.und sehen sich die vielen Gastarbeiter<br />

auf der Straße an.. / immer mehr Ausländer bevölkern das<br />

Straßenbild..<br />

2 als Lehrerin betreue ich schulisch die Vietnamkinder..<br />

3 die Gruppe hat Kontakte zu Ausländerfamilien, begleitet sie auf<br />

Behördengängen, kennt zum Teil deren Sprache..<br />

45) Ironie:<br />

Erkennbar unernst gemeinte Vorschläge wurden zur Beurteilung<br />

dieser Variable herangezogen, so z.B. "strömt herbei ihr Völkerscharen<br />

in Deutschlands goldne Gauen.." oder "..wenn man die<br />

Ostpreußen, die Memelländer, die Pommern und die Schlesier in ihre<br />

Heimat zurückschickte, hätte man Platz für eine Bundesrepublik<br />

Völkerbund..". Die Quantifizierung sollte ursprünglich den Grad<br />

der Ironie in einer 5-Punkte-Skala reflektieren; dieses Vorhaben<br />

43


konnte jedoch wegen ungenügender Häufigkeiten nicht verwirklicht<br />

werden, so reduzierte sich diese Variable auf eine Ja/Nein-Größe.<br />

46) Politiker -Beschimpfung:<br />

Hier wurde der Grad beurteilt, in dem Politiker, die Bundesregierung<br />

oder die politischen Parteien angegriffen und beschimpft<br />

werden. Textstellen, die darauf hinweisen, sind etwa: "..ganz<br />

offenbar hat die CDU den Verstand verloren.." oder "..wie kommt<br />

überhaupt ein Ministerpräsident dazu, Vietnamesen ins Land zu<br />

holen?". Für die Graduierung wurde sowohl das Ausmaß der negativen<br />

Äußerungen als auch deren relative Häufigkeit herangezogen:<br />

1 --- (kein Hinweis)<br />

2 = die Herren Politiker sollten doch die Empfehlungen, sich der<br />

Ausländer anzunehmen, selbst beherzigen.. / die Deutschen müssen<br />

darunter leiden, und das haben uns die Politiker eingebrockt!<br />

3 . Herr Baum, Sie tun so menschlich.. / tatsächlich ist es<br />

Geltungsdrang, oder sorgen Sie für schwere Zeiten vor? / Wären Sie<br />

menschlich, dann müßten Sie erst dafür sorgen, daß Tausende in<br />

unserem Land eine Bleibe bekommen..<br />

4 = das, was die Vorfahren der F.D.P. aufgebaut haben, machen die<br />

Heutigen kaputt.. / wenn unsere Herren von der Regierung in aller<br />

Herren Länder reisen, um dem deutschen Steuerzahler sein Geld zu<br />

verschenken.. / ich habe das Gefühl von den Regierungsbeamten in<br />

Bonn, 4 Jahre an der Regierung und die Rente stimmt mit über 10.000<br />

DM, nach dem die Sintflut, so arbeitet Ihr da oben..<br />

5 = für uns habt Ihr Parteibonzen und Doppel- und Dreifachverdiener<br />

nichts getan.. / Alte und Kranke, da zerfließt Ihr vor Mitleid.. /<br />

die FDP ist eine Zwergpartei, aber zuviele Minister, Angeber und<br />

Nazis.. / Ihr zahlt keinen Pfennig und kassiert en masse.. / Ihr<br />

macht Deutschland kaputt.. / nur dumme, verantwortungslose Leute<br />

können so handeln..<br />

47) Parteipräferenz:<br />

Für die Beurteilung der Verbundenheit mit oder Präferenz für eine<br />

der politischen Parteien wurden solche Textstellen herangezogen,<br />

in denen darauf hingewiesen wird, daß der Schreiber bislang die<br />

Partei X gewählt habe, auf der Wahlveranstaltung der Partei Y<br />

gewesen sei, schon öfter an bestimmte Politiker geschrieben habe<br />

oder ähnliches:<br />

C = ich habe wohl bisher der CDU nahegestanden, aber.. / vom RCDS<br />

erhielt ich einen Bittbrief um finanzielle Unterstützung, da ich<br />

Ihnen früher einmal geschrieben habe..<br />

F als Anhänger der F.D.P. hoffe ich aber.. / Herr Baum, ich war bisher<br />

immer Ihr Anhänger..<br />

S muß ich als schon immer SPD-Wähler sagen.. / Ich bin als<br />

langjähriger SPD-Wähler von Ihnen enttäuscht..<br />

44


48) Eigennutz:<br />

Solche Textstellen, in denen erkennbar ist, daß der Schreiber mit<br />

der Ankündigung einer Hilfeleistung (z.B. eine Familie aufzunehmen)<br />

die Erwartung eines Vorteils (z.B. vom Staat finanzierte<br />

Hausrenovierung, billige Putzhilfe etc.) verknüpft, wurden als<br />

"eigennützig" betrachtet und hinsichtlich ihres Ausmaßes quantifiziert:<br />

1 = --- (kein Hinweis)<br />

2 = hab ich zwar Verständnis für die Flüchtlinge, aber unseren<br />

Arbeitslosen muß auch geholfen werden. Das fordert ein Betroffener..<br />

3 . die Not der Vietnamflüchtlinge ist gewiß bedauerlich, und irgendwie<br />

werden wir alle helfen, aber die Not kennt auch für Deutsche keinen<br />

Aufschub!.. / so möchte ich mich hiermit als 58-jähriger,<br />

schwerbehindert, als arm bezeichnen..<br />

4 wir wollen ein Mädchen aus Vietnam adoptieren, aber Terre des Hommes<br />

ist zu teuer.. / finanziell geht es uns nicht schlecht, aber wir<br />

haben gerade ein Haus gebaut und dafür brauchen wir jeden Tausender.<br />

Wenn Sie uns irgendwie behilflich sein könnten..<br />

(Eine "5" konnte für diese Variable noch weniger einhellig gegeben<br />

werden, als für die vorangehenden Stufen).


3.2.3: Anwendung des Kategoriensystems und Beobachter-<br />

Übereinstimmungen.<br />

Nach gemeinschaftlicher Absprache des Kategoriensystems haben die<br />

Urteiler gemeinsam einen vorläufigen Codierbogen entworfen und das<br />

Kategoriensystem unabhängig voneinander auf die ersten 10 Briefe<br />

der bereits gezogenen Stichprobe von 104 Briefen angewendet. Bei<br />

dieser ersten Anwendung ergaben sich Probleme, die teilweise (wie<br />

erwartet) in sehr niedrigen Beobachter-Übereinstimmungskoeffizienten<br />

reflektiert werden, teilweise (weniger erwartet) in sehr hohen<br />

Koeffizienten: einige Variablen zeigten keine oder nur sehr geringe<br />

Varianz; sie waren (wie z.B. die Variablen 10 (vorübergehende<br />

Aufnahme von Flüchtlingen) oder 11 (Aufnahme mit Abgrenzung))<br />

qualitativ selten feststellbar und quantitativ ohne bemerkenswerte<br />

Variation (was bei manchen Übereinstimmungs-Koeffizienten automatisch<br />

zu hohen Werten führt). In anderen Fällen ergaben sich nach<br />

dem ersten Durchgang so niedrige Übereinstimmungskoeffizienten,<br />

daß an der Eindeutigkeit bzw. Durchführbarkeit der Operationalisierung<br />

erhebliche Zweifel aufkamen, so etwa bei den Variablen 34<br />

(Soziale Perspektivenbreite) und 39 (innere Logik).<br />

Das Kategoriensystem wurde nochmals durchgesprochen, der Codierbogen<br />

revidiert und erneut auf die ersten 10 Briefe angewendet.<br />

Die Tabelle 3.4 gibt 3 verschiedene Übereinstmmungs-Koeffizienten<br />

für 4 Urteiler über jeweils 10 Briefe vor und nach dieser zweiten<br />

Beobachter-Schulung an. Man kann dieser Tabelle entnehmen, daß die<br />

zwischenzeitlichen Diskussionen und Absprachen die Beobachter-<br />

Übereinstimmungen verbessert haben (besonders hinsichtlich Var. 1<br />

(Hilfe/Ablehnung), Var. 14 (Christliches Motiv) und Var. 1.5<br />

(Polit-Opfer); in anderen Fällen sind die Koeffizienten halbwegs<br />

konstant geblieben. Es gibt aber auch Fälle, in denen der zweite<br />

Durchgang schlechtere Ergebnisse brachte als der erste (vgl. z.B.<br />

Var. 13 (Recht auf Hilfe) oder Var. 33 (Dogmatismus)).<br />

Nach Durchsicht der Daten zur zweiten Übereinstimmungs-Analyse<br />

wurde das Kategoriensystem erneut gemeinschaftlich durchgesprochen<br />

und auf die 104 Briefe der Hauptstichprobe angewendet. Die<br />

Übereinstimmungskoeffizienten für 104 Briefe zeigt Tab. 3.5. Nach<br />

dieser Analyse verbleiben 14 Variablen, die Mindestanforderungen<br />

der Beobachter-Übereinstimmung standhalten:<br />

1) Hilfe/Ablehnung<br />

2) Private Hilfe<br />

3) Institutionelle Hilfe<br />

6) Immaterielle Hilfe<br />

7) Direkte/Indirekte Hilfe<br />

9) Ausmaß der Zurückweisung<br />

14) Christliches Motiv<br />

16) Wiedergutmachung<br />

25) Negative Kognition<br />

31) Ethnozentrismus<br />

33) Dogmatismus<br />

35) Empathie<br />

45) Ironie<br />

46) Politiker-Beschimpfung.<br />

Aus inhaltlichen Gründen wurden die Variablen 34 (Soziale<br />

Perspektivenbreite) und 40 (Sprachliche Differenziertheit) trotz<br />

unbefriedigender Übereinstimmungskoeffizienten in weiterführende<br />

Analysen aufgenommen.<br />

46


4 6b


3.3: BESCHREIBENDE STATISTIK DER BEURTEILTEN VARIABLEN<br />

Die Ratings der 4 Urteiler wurden nach Diskussion der Übereinstimmungs-koeffizienten<br />

und der verschiedenen Urteile zu einem<br />

einheitlichen Score pro Variable und Brief zusammengezogen; dabei<br />

überwog die Tendenz bei den Urteilern, jeweils denjenigen Wert als<br />

gemeinsamen Wert der Urteiler zu akzeptieren, der am häufigsten<br />

bei der betreffenden Variable und dem betreffenden Brief gewählt<br />

worden war, d.h. das "gemittelte" Urteil entspricht in der Regel<br />

dem Modalwert der .4 Urteiler. Konnte ein solcher Modalwert nicht<br />

festgestellt werden, weil jeweils 2 Urteiler, aber nicht 3 übereinstimmten,<br />

wurde der zusammenfassende Wert nach Diskussion unter<br />

den 4 Urteilern bestimmt. Die resultierenden 48 Variablen wurden<br />

dann in der Großrechenanlage der Technischen Universität Berlin<br />

zunächst einer deskriptiven univariaten Analyse unterzogen. Die<br />

wichtigsten Daten über die Häufigkeitsverteilungen der zusammengefaßten<br />

Rating-Variablen zeigt die Tabelle 3.6.<br />

Die Abbildungen 3-14 bis 3-19 beschreiben die Häufigkeitsverteilungen<br />

der für spätere Analysen wichtigsten Variablen. Hier<br />

soll nur darauf hingewiesen werden, daß die Rating-Variable<br />

"Hilfe/Ablehnung" zweigipflig ist - was die vergleichbare contentanalytische<br />

Variable CHILF (vgl. Kap. 4) nicht ist. Es ist<br />

möglich, daß eine solche Zweigipfligkeit schon durch die Operationalisierung<br />

dieser Variable und die Nennung von zwei Begriffen<br />

(Hilfe / Ablehnung) konstruktiv angelegt ist; allerdings waren<br />

sich die Urteiler bei der Variablen-Konstruktion und -Diskussion<br />

dieses möglichen Faktors nicht bewußt. Die Häufigkeitsverteilungen<br />

anderer Variablen (z.B. von "Negativen Kognitionen") und hohe<br />

Interkorrelationen zwischen den numerischen Urteilen legen jedoch<br />

den Schluß nahe, daß hier ähnliche Reizklassifikationsprinzipien<br />

wirksam sind wie bei der Vorstudie über "Leserbriefe zum türkischen<br />

Polizisten" (vgl. GUSKI 1985) - bei der später zu beschreibenden<br />

Computer-Content-Analyse treten diese Effekte jedenfalls<br />

nicht auf.<br />

47


3.4: ZUSAMMENHANGSANALYSEN ZWISCHEN AUSGEWÄHLTEN VARIABLEN<br />

die meisten gemittelten Rating-Variablen wegen zu geringer<br />

Varianz, unbefriedigender Beobachter-Übereinstimmung und teilweise<br />

sehr schiefen Häufigkeitsverteilungen nicht für Zusammenhangsanalysen<br />

verwendet werden konnten, mußte eine Auswahl unter ihnen<br />

getroffen werden. Diese Auswahl richtete sich einerseits nach<br />

inhaltlichen Kriterien (vgl. Kapitel 2), andererseits nach statistischen<br />

Merkmalen (vor allem Varianz und Verteilungsform).<br />

Insgesamt wurden 6 Variablen ausgewählt:<br />

1. HILFE Hilfe/Ablehnung gegenüber Ausländern,<br />

2. NEGAKO = Negative Kognitionen über Ausländer,<br />

3. ETHNOZ = Ethnozentrismus,<br />

4. DOGMA Dogmatischer Stil,<br />

5. PERSPB Soziale Perspektivenbreite und<br />

6. SPRACH = Sprachliche Differenziertheit.<br />

4.3.1: Zur Frage der Eindimensionalität der Hilfe/Ablehnungs-<br />

Ratings.<br />

Da im theoretischen Modell (Kap. 2) angenommen wird, daß pro- und<br />

antisoziales Verhalten gegenüber Ausländern auf einer Dimension<br />

liegen, muß die Eindimensionalität der Hilfe/Ablehnungs-Ratings<br />

geprüft werden. Dies geschah durch Kreuztabellen, Korrelationen<br />

und Linearitätstests der Zusammenhänge zwischen den Rating-<br />

Variablen HILFE/ABLEHNUNG einerseits und NEGAKO, ETHNOZ, DOGMA,<br />

PERSPB sowie SPRACH andererseits. Dabei stellte sich heraus, daß<br />

die meisten Zusammenhänge zwischen dem Kriterium und den übrigen<br />

Rating-Variablen monoton linear verlaufen, bis auf die Zusammenhänge<br />

mit NEGAKO und ETHNOZ: hier ist neben einem starken linearen<br />

Trend auch ein nichtlinearer Trend überzufällig groß, wie auch die<br />

Kreuztabellen 3.7 und 3.8 ahnen lassen.<br />

51


3.4.2: Zusammenhänge der Ratings untereinander.<br />

Wie erinnerlich, wurde angenommen, daß die Hilfe gegenüber Ausländern<br />

um so stärker geäußert wird, je geringer negative Kognitionen,<br />

Ethnozentrismus und dogmatischer Stil ausgeprägt sind, je<br />

breiter die soziale Perspektive, und je größer die sprachliche<br />

Differenziertheit ist. Anders ausgedrückt: die Ablehnung von Ausländern<br />

müßte um so größer sein, je stärker negative Kognitionen,<br />

ethnozentrische Argumente und dogmatischer Stil ausgeprägt sind,<br />

und je geringer die soziale Perspektivenbreite sowie die sprachliche<br />

Differenziertheit sind.<br />

Da die fünf potentiellen Prädiktoren der Hilfe/Ablehnungsvariable<br />

so hoch mit HILFE kovariieren, wird die Frage des Zusammenhangs<br />

der Variablen NEGAKO, ETHNOZ, DOGMA, PERSPB und SPRACH untereinander<br />

relevant. Wenn z.B. NEGAKO und ETHNOZ nahe 1.0 miteinander<br />

korrelierten, könnte man auf eine der beiden Variablen verzichten,<br />

da sie wohl dasselbe messen. Hierzu liefert die Tabelle 3.12<br />

aufschlußreiche Daten: die Kovariation zwischen HILFE und NEGAKO<br />

einerseits und HILFE und DOGMA andererseits ist so bemerkenswert<br />

hoch, daß angenommen werden muß, diese Variablen reflektierten im<br />

Grunde dasselbe. Auch die übrigen Korrelationen erscheinen als zu<br />

hoch, um nicht in den Verdacht von Artefakten zu geraten.<br />

54


3.4.3: Kritische Würdigung der Rating -Ergebnisse.<br />

Man kann zwar insgesamt feststellen, daß die Zusammenhänge<br />

zwischen den wichtigsten inhaltsanalytisch mit Hilfe von Ratern<br />

erzeugten Variablen durchweg im Sinne der im Kapitel 2 genannten<br />

Hypothesen ausfallen, jedoch gibt die Datenanalyse auch Anlaß zu<br />

erheblichem Mißtrauen gegenüber der Validität der Variablen<br />

HILFE/ABLEHNUNG, DOGMATISMUS und NEGATIVE KOGNITIONEN: einerseits<br />

ist die Häufigkeitsverteilung der Hilfe/Ablehnungs-Ratings zweigipflig,<br />

so daß zu vermuten ist, die Urteiler hätten die Texte<br />

überwiegend in "gute" und "schlechte" eingeteilt, andererseits<br />

stimmen die absoluten Ratings bei dieser Variable nicht sonderlich<br />

hoch überein, und schließlich korrelieren diese Werte auffällig<br />

hoch mit 2 Variablen, die mit zu den "klassischen" Prädiktoren von<br />

Diskriminierungen zählen: mit "Negativen Kognitionen" und "Dogmatischem<br />

Stil". Es ist wahrscheinlich, daß die Urteiler trotz<br />

Training und Kenntnis von Reizklassifikations- und<br />

Generalisierungseffekten diese Variablen weder trennscharf noch objektiv<br />

behandelt haben.<br />

55


4: DURCHFÜHRUNG UND ERGEBNISSE<br />

DER RECHNER-GESTÜTZTEN <strong>INHALTSANALYSE</strong>.<br />

4.1:. DAS PROGRAMM "CONTENT4" UND ANDERE TEXTANALYTISCHE<br />

PROGRAMME.<br />

4.1.1: Das Programm CONTENT4.<br />

Das Computerprogramm CONTENT4 ist vom Autor des vorliegenden Beitrags<br />

in der Sprache FORTRAN entwickelt worden, um formatfrei auf<br />

Datenträgern (Lochkarten, Magnetbändern, Disketten) gespeicherte<br />

Texte zu lesen, mit einem ebenfalls einzulesenden (d.h. variablen)<br />

Wörterbuch zu vergleichen und auszurechnen, in welchen Anteilen<br />

diejenigen Kategorien im Text vorkommen, die im Wörterbuch repräsentiert<br />

sind. Außerdem leistet es eine Itemanalyse aller einzelnen<br />

Eintragungen im Wörterbuch und kann die Korrelationen der<br />

Kategorie-Anteile mit extern ermittelten Daten bestimmen.<br />

Das Prinzip des Programms entspricht dem 1:1-Matching zwischen<br />

Zeichenketten im Wörterbuch und Zeichenketten im Text, d.h. es<br />

sucht nach Übereinstimmungen zwischen Wörterbuch und Text; eventuell<br />

auftretende Tippfehler oder Itemvarianten werden als Nicht-<br />

Übereinstimmungen behandelt. Je nach Speicherkapazität des<br />

benutzten Rechners (und verfügbarer Rechenzeit) können beliebig<br />

viele Items (bei einer. Länge bis zu 30 Zeichen pro Item) in<br />

beliebig vielen Kategorien mit beliebig langen Texten verglichen<br />

werden; die für die Analyse der Briefe deutscher Bürger über<br />

Ausländer benutzte Version lief auf verschiedenen Control-Data-<br />

Anlagen mit maximal 400 Items, aufgeteilt in maximal 34 Kategorien,<br />

wobei ein Text maximal 9600 Zeichen lang sein durfte. Die<br />

Rechenzeit für 104 Briefe, 351 Items in 5 Kategorien und 7 Zusatzwerte<br />

betrug etwa 32 Sekunden (auf einer CD 175) - wobei die<br />

Rechenzeit stark von der Länge (Anzahl der Zeichen) der einzelnen<br />

Items abhängig ist; bei den hier benutzten Analysen waren die<br />

Items im Durchschnitt etwa 12 Zeichen lang (zwischen 1 und 30<br />

Zeichen).<br />

Das Programm CONTENT4 hat verschiedene Optionen, die sich überwiegend<br />

auf die Kontrollierbarkeit der Contentanalyse durch den<br />

Programmbenutzer auswirken, zum Teil haben sie jedoch auch inhaltliche<br />

Auswirkungen auf die vom Programm erzeugten Daten, so können<br />

z.B. die einzelnen Items mit Gewichtszahlen zwischen -9 und +9<br />

versehen werden; das heißt, daß ein einzelnes Item innerhalb einer<br />

Kategorie positiv oder negativ bis zu neunmal soviel Gewicht haben<br />

kann wie ein anderes. In den hier zu beschreibenden Analysen<br />

wurden jedoch nur Gewichte zwischen -1 und +2 verwendet.<br />

56


Zur Programmsteuerung benötigt das Programm CONTENT4 folgende<br />

Angaben:<br />

- eine Überschrift (zur Identifikation der Analyse),<br />

- Anzahl der Katalogkarten (Items),<br />

- das Speichermedium, auf dem die- Texte stehen,<br />

- ob der jeweils eingelesene Text zur Kontrolle ausgedruckt werden soll,<br />

- ob alle Trennzeichen im Text (Komma, Semikolon, Punkt, Doppelpunkt,<br />

Bindestriche, Fragezeichen, Ausrufzeichen, Klammern) durch Blanks<br />

ersetzt werden sollen,<br />

- ob gefundene Übereinstimmungen zur Kontrolle gedruckt werden sollen,<br />

- ob und ggf. auf welches Speichermedium die contentanalytischen Daten<br />

zur Weiterverarbeitung ausgegeben werden sollen,<br />

- wieviele "'exogene" Größen zusätzlich verarbeitet werden sollen- (z.B.<br />

Daten aus anderen Analysen). Wenn solche Daten vorliegen, wird hinter<br />

jedem Text ein Satz mit Zusatzdaten gelesen und später mit den contentanalytischen<br />

Werten korreliert. •<br />

Vor Einlesen der Texte werden die Katalogkarten gespeichert; darin ist<br />

jeweils die Kategorie-Nummer angegeben, zu der das Item gehört, die<br />

Wertigkeit des Items innerhalb dieser Kategorie, schließlich der Inhalt<br />

des Items im Klartext, abgeschlossen durch ein Semikolon.<br />

Beispiel:<br />

00301DEUTSCH; oder 00101 HILF; oder 001-1NOCH MEHR VIETNAM-; usw.<br />

Ein Item kann auch zwei voneinander getrennte Satzteile enthalten,<br />

z.B. "WIR WOLLEN NICHT ... AUFNEHMEN"; in diesem Fall werden die<br />

zwischen den angegebenen Satzteilen (an der Stelle der Punkte)<br />

stehenden Wörter ignoriert. Das Programm sucht die Wortkombination<br />

jedoch nur innerhalb eines durch Trennzeichen (z.B. Punkte oder<br />

Kommata) begrenzten Bereichs.<br />

Im Anschluß an die Katalogkarten werden die Texte unverschlüsselt<br />

und ungekürzt gelesen. Dabei sind drei Konventionen zu beachten:<br />

1. am Anfang einer Zeile dürfen nicht mehr als 3 Blanks hintereinander<br />

stehen (sonst betrachtet das Programm die Texteingabe<br />

als beendet),<br />

2. der Text darf nicht länger als 9600 Zeichen sein (das entspricht<br />

120 Lochkarten bzw. Records mit 80 Spalten),<br />

3. das Ende eines einzelnen Textes wird durch "1" (Slash) auf<br />

Spalte 80 eines Records markiert.<br />

Das Programm druckt während der Analyse einzelner Texte jeweils<br />

optional den komprimierten (d.h. von überflüssigen Blanks bereinigten)<br />

Text aus, optional auch die gefundenen Übereinstimmungen<br />

zwischen Katalog und Text, in jedem Fall eine Identifikation des<br />

Textes (Text-Nummer und Kopfzeile des Textes), die Anzahl der<br />

Wörter (Länge des Textes), dann für jede Kategorie die Häufigkeit<br />

der gefundenen Übereinstimmungen, den ungewichteten und den<br />

gewichteten Anteil, den die Kategorie an der Textlänge einnimmt,<br />

die Summe der analysierten Anteile und optional die zusätzlich<br />

eingelesenen exogenen Werte des Textes. Auf Wunsch werden all<br />

diese Werte pro Text auf ein Speichermedium des Rechners zur<br />

Weiterverarbeitung ausgegeben.<br />

57


Wenn alle Texte analysiert sind, berechnet das Programm eine<br />

Interkorrelationsmatrix der gewichteten Kategorien-Anteile und der<br />

eventuell eingegebenen exogenen Variablen, schließlich pro Item<br />

Mittelwert, Standardabweichung und Korrelation des Einzelitems mit<br />

dem gewichteten Anteilswert pro Kategorie und mit allen exogenen<br />

Variablen. Auf diese Weise ist eine "Itemanalyse" der statistischen<br />

Rolle jedes Items für sich und im Zusammenhang mit, den<br />

zusammenfassenden Anteilen bzw. den exogenen Größen möglich.<br />

Im Kapitel 4.2 werden Auszüge aus dem Programm-Output abgebildet.<br />

4.1.2: Andere textanalytische Programme.<br />

Zur Unterstützung der Textanalysen wurden noch 3 weitere Programme<br />

herangezogen: FORMEIG, HÄUFIG und WÖRTER. Das FORTRAN-Programm<br />

FORMEIG (GUSKI GOUDARZI 1981) liest Texte formatfrei ein und<br />

berechnet pro Text die Gesamtzahl der Wörter, Sätze und Absätze,<br />

die Häufigkeit von Ein-, Zwei-, Drei- usw. bis Zehn-Buchstaben-<br />

Wörter und deren Anteil in Relation zur Textlänge, die Häufigkeit<br />

der lateinischen Wörter und deren Anteil, die Häufigkeit von<br />

Kombinationen zweier Wörter und deren Anteil, die Anzahl der<br />

Sonderzeichen, den Anteil der 30 häufigsten Wörter der deutschen<br />

Sprache, den Anteil der Abkürzungen und die Type-Token-Ratio<br />

(Verhältnis unterschiedlicher Wörter zur Gesamtzahl der Wörter).<br />

Die FORTRAN-Programme HÄUFIG und WÖRTER stammen vom Autor - sie<br />

bieten lediglich eine tabellarische Darstellung der Häufigkeit<br />

unterschiedlicher Wörter in einem Text (HÄUFIG), einerseits<br />

geordnet nach dem Alphabet, andererseits nach der Häufigkeit. Die<br />

vom Programm HÄUFIG für einzelne Texte analysierten Wörter und<br />

deren Häufigkeiten können auf ein Speichermedium ausgegeben und<br />

vom Programm WÖRTER zu einer gemeinsamen Liste verarbeitet werden<br />

- solche Daten sind einerseits nützlich zur Entdeckung von Tippfehlern<br />

(sehr seltene Wörter!), andererseits zur Gewinnung eines<br />

Überblicks über den Sprachschatz des verwendeten Untersuchungsmaterials,<br />

was zur Erzeugung eines contentanalytischen Kategoriensystems<br />

außerordentlich hilfreich ist.<br />

58


4.2: OPERATIONALISIERUNG DER WICHTIGSTEN MODELL-VARIABLEN.<br />

Um eine Rechner-gestützte Inhaltsanalyse in Analogie zur Rating-<br />

Studie durchführen zu können, wurden die fünf wichtigsten<br />

Variablen der Rating-Studie durch Angabe der die Variablen<br />

indizierenden Wörter bzw. Wortkombinationen operationalisiert.<br />

Ausgewählt wurden die Rating-Variablen HILFE, NEGAKO, ETHNOZ,<br />

DOGMA, PERSP und SPRACH. Die Operationalisierung geschah teilweise<br />

auf Grund der Erkenntnisse aus der Vorstudie zum "türkischen<br />

Polizisten", teilweise einigten sich die 4 Urteiler der Hauptstudie<br />

auf sprachliche Indikatoren der verschiedenen Variablen.<br />

Für die 4 Rating-Variablen HILFE, NEGAKO, ETHNOZ und DOGMA schien<br />

es ohne große Schwierigkeiten möglich, Wörter bzw. Wortkombinationen<br />

als Indikatoren jeweils einer der Zielvariablen zu definieren<br />

- für die beiden anderen Variablen PERSP und SPRACH mußten<br />

kompliziertere Konstruktionen gewählt werden. Die den Rating-<br />

Variablen analogen contentanalytischen Variablen heißen CHILF,<br />

CNEGAK, CETHNO und CDOGMA.<br />

Die contentanalytische "Soziale Perspektivenbreite" wurde operationalisiert<br />

als Differenz zwischen empathischen und ethnozentrischen<br />

Textanteilen: man kann feststellen, daß alle Texte<br />

ethnozentrische Äußerungen enthalten - das ist die "normale"<br />

Perspektive, unter der Probleme mit Ausländern betrachtet werden.<br />

Darüberhinaus reflektieren manche Texte aber auch Standpunkte der<br />

Ausländer. Diese Reflexion läßt sich am leichtesten durch Betrachten<br />

derjenigen Äußerungen messen, in denen von den Schwierigkeiten<br />

der Ausländer (in ihrem Heimatland oder bei uns) die Rede ist.<br />

Wenn der Anteil dieser empathischen Äußerungen im Text größer als<br />

der der ethnozentrischen ist, kann man behaupten, daß der Text<br />

eine. breitere soziale Perspektive enthält als ein Text, der nur<br />

et hnozentrische Äußerungen enthält. Um die contentanalytische<br />

Variable CPERSP (analog zur Rating-Variable PERSPB) zu konstruieren,<br />

wurde eine Hilfsgröße CEMPAT (Empathie) gebildet (von der<br />

dann die CETHNO-Anteile abgezogen wurden).<br />

Auch die Rating-Variable SPRACH (Sprachkompetenz) ließ sich nicht<br />

analog contentanalytisch operationalisieren, weil sich Sprachkompetenz<br />

eher in Stilmerkmalen, im Satzbau, teilweise aber auch<br />

durch den sinnvollen Gebrauch von Fremdwörtern und durch korrekte<br />

Orthografie ausdrückt, weniger durch einzelne Wörter und Wortkombinationen.<br />

Deshalb wurden statt einer komplexen<br />

CSPRACH-Variable hilfsweise zwei C-Variablen konstruiert, von denen angenommen<br />

werden kann, daß sie mit Sprachkompetenz kovariieren:<br />

CFREMD, der Anteil von lateinischen und griechischen Fremdwörtern<br />

am Text (aus dem Programm HÄUFIG), und CORTHO, die Anzahl orthografischer<br />

Fehler.<br />

Die Tabellen 4.1 bis 4.5 geben für die contentanalytischen<br />

Variablen CHILF, CNEGAK, CETHNO, CDOGMA und CEMPAT jeweils die<br />

statistisch wichtigsten Indikatorwörter, deren arithmetischen<br />

Mittelwert und die Korrelation der Häufigkeit des Indikatorwortes<br />

mit der angezielten Rating-Variable einerseits und dem contentanalytischen<br />

Summenscore für diese Variable andererseits an.<br />

(Dabei sind sie nach der Höhe ihrer Korrelation mit dem vergleichbaren<br />

Rating-Urteil geordnet).<br />

59


Die nachfolgende Tabelle 4.6 gibt nur Mittelwerte für das Auftreten<br />

bestimmter Fremdwörter an (Variable CFREMD). Da diese<br />

Variable nicht innerhalb des Programms CONTENT gebildet wurde<br />

(sondern innerhalb des Programms FORMEIG), mußten Korrelationen<br />

mit der Rating-Variable SPRACH extern bestimmt werden - sie waren<br />

durchweg positiv, aber sehr schwach.<br />

4.2.1: Auswertungsbeispiele.<br />

In den folgenden zwei Tabellen ist der vollständige Text jeweils<br />

eines Briefes abgedruckt, ergänzt durch Häufigkeits- und Anteils-<br />

Angaben der benutzten Variablen. Die durch das Rechen-Programm<br />

benutzten Indikatorwörter sind jeweils durch Fettdruck hervorgehoben.<br />

65


Manchem Leser wird auffallen, daß das Auswertungsverfahren in<br />

mancher Hinsicht "konservativ", in anderer Hinsicht dagegen eher<br />

"spitzfindig" ist: als "konservativ" kann gelten, daß z.B. die für<br />

einen menschlichen Urteiler leicht interpretierbaren Ausdrücke der<br />

Hilfe für und der Empathie mit Ausländern, wie etwa "Mit großer<br />

Bestürzung hörte ich..", "die mit .. Booten im Meer treiben",<br />

"Senden Sie Schiffe..", nicht in die Auswertung kommen. Dagegen<br />

mag es als "spitzfindig" erscheinen, daß der Ausdruck "Deutschland"<br />

auch in Verbindung mit "Bundesrepublik" als ethnozentrisch<br />

gewertet wird und das Wort "doch" als Ausdrück dogmatischen Stils.<br />

Zum ersten Punkt sei vermerkt, daß Ausdrücke, die in dem hier<br />

gezeigten Beispiel relativ eindeutig als Hilfe- bzw. Empathie-<br />

Ausdrücke interpretiert werden können, in anderen Kontexten nicht<br />

so eindeutig i nterpretiert werden können, und das Auswertungsverfahren<br />

kann nur begrenzt Kontexte berücksichtigen. Zum zweiten<br />

66


Punkt (und partiell auch zum ersten) sei angemerkt, daß dieses<br />

Auswertungsverfahren nicht absolut (d.h. unabhängig von der Art<br />

der Texte) gebraucht werden kann - analytisch werden nur die bei<br />

konstantem Verfahren auftretenden relativen Unterschiede zwischen •<br />

den Briefen betrachtet und interpretiert: andere Brief-Autoren<br />

benutzen eben den Wortstamm "deutsch" und andere ethnozentrische<br />

Ausdrücke noch häufiger -..andere. Autoren ..benutzen auch dogmatische<br />

Stil-Elemente noch häufiger (vgl. Tab.4.8).<br />

67


4.3: UNIVARIATE STATISTIK DER CONTENTANALYTISCHEN VARIABLEN.<br />

Im Kapitel 3.3 ist von den schiefen und zum Teil zweigipfligen<br />

Häufigkeitsverteilungen der Rating-Variablen berichtet worden, und<br />

die Zweigipfligkeit der Hilfe/Ablehnungs-Ratings war mit ein<br />

Grund, die Er-gebnisse der Rating-Studie anzuzweifeln und zu vermuten,<br />

daß die Urteiler nicht trennscharf Texte beurteilen können.<br />

Schaut man sich nun die contentanalytischen Häufigkeitsverteilungen<br />

an (Abb. 4-1 bis 4-8), so wird deutlich, daß auch diese<br />

teilweise, schief sind, jedoch sind sie keinesfalls mehrgipflig.<br />

Der Unterschied zu den Rating-Verteilungen wird besonders deutlich<br />

in Abb.4-1, in der die contentanalytische Hilfe/Ablehnungsvariable<br />

CHILF sich zwar als exzessiv (d.h. mitten-betont), jedoch<br />

ansonsten gauss-förmig verteilt darstellt; die contentanalytische<br />

Kriteriumsvariable CHILF ist in dieser Stichprobe der Normalverteilung<br />

ähnlicher als die entsprechende Rating-Variable.<br />

68


Für die in den nächsten Abschnitten zu beschreibenden Zusammenhangsanalysen<br />

wurden CNEGAK, CETHNO und CEMPAT transformiert in<br />

zweistufige (CNEGAK) bzw. dreistufige Variablen, um die schiefen<br />

Häufigkeitsverteilungen halbwegs zu beseitigen und parametrische<br />

Analysen interpretierbar zu machen.<br />

71


4.4: ZUSAMMENHANGSANALYSEN MIT CONTENTANALYTISCHEN VARIABLEN.<br />

4.4.1: Zusammenhänge zwischen Rating- und Content - Variablen,<br />

Bei-Betrachtung der Korrelationsmatrix (Tab.4.9) läßt sich<br />

feststellen, daß die contentanalytischen Variablen CHILF, CNEGAK<br />

und CETHNO auf jeden Fall dieselben Inhalte reflektieren, die auch<br />

in den entsprechenden Rating-Variablen dominant sind; etwas<br />

schwächer sind diese Reflexionen im Fall der Variablen CDOGMA,<br />

CPERSP, CFREMD und CORTHO, wobei nur im Fall der beiden letztgenannten<br />

Variablen gesagt werden kann, daß die Rating-Variable<br />

SPRACH vermutlich einen sinnvolleren Inhalt reflektiert als die<br />

beiden contentanalytischen Größen - allerdings ist der genaue<br />

Inhalt der Rating-Variable SPRACH wegen schwacher Beobachter-<br />

Übereinstimmung nicht genau bekannt.<br />

72


4.4.2: Zusammenhänge der Content-Variablen untereinander.<br />

Die contentanalytischen Variablen haben (laut Tab-4.10) zwar etwas<br />

geringere Zusammenhangskoeffizienten untereinander, jedoch entsprechen<br />

sie als Gesamtmuster der in. Tab. 3,12 gezeigten Zusammenhangsstruktur<br />

der Rating-Variablen. Dies ist ein weiterer Hinweis<br />

darauf, daß Ratings und Content-Variablen ähnliche Inhalte reflektieren<br />

- nur haben die contentanalytischen Variablen den Vorteil,<br />

daß sie objektiv und trennscharf sind. Insofern kann man es wagen,<br />

den relativen Beitrag der Variablen CNEGAK, CDOGMA, CPERSP, CFREMD<br />

und CORTHO zur Determination der Variable CHILF zu prüfen. Bevor<br />

dies geschieht, soll jedoch in Abschnitt 4.4.3 geprüft werden, ob<br />

die contentanalytischen Variablen überzufällig hoch mit<br />

sprachstatistischen Größen korrelieren.<br />

73


4.4.3: Zusammenhänge zwischen Content- und sprachstatistischen<br />

Variablen.<br />

Die Tabelle 4.11 enthält fast ausschließlich insignifikante Rangkorrelationen<br />

zwischen contentanalytischen und sprachstatistischen<br />

Variablen - Ausnahmen stellen die Zahl der Fragezeichen (FRAGEZ)<br />

und die Zahl der Ausrufezeichen (AUSRUF) im Text dar: sie korrelieren<br />

überzufällig hoch positiv .mit der Ausprägung des dogmatischen<br />

Stils (CDOGMA). Allerdings ist die zweite Korrelation ein<br />

Artefakt, weil in - die Konstruktion von CDOGMA Ausrufezeichen<br />

eingingen. Bleibt also nur die Verwendung von Fragezeichen als<br />

unabhängiges Kovariat eines dogmatischen Stils, aber diese eine<br />

Korrelation kann auch per Zufall so hoch ausgefallen sein.<br />

Insofern scheint es berechtigt, sprachstatistische Merkmale von<br />

multivariaten Zusammenhangsanalysen auszuschließen.<br />

74


4.4.4: Ein erstes Modell zur Determination von CHILF.<br />

Zur Überprüfung der Frage, inwieweit contentanalytische Variablen,<br />

die als Indikatoren für Einstellungen und andere personenspezifische<br />

Merkmale betrachtet werden können, in der . Lage sind, die<br />

Varianz der contentanalytisch erfaßten Hilfe bzw. Ablehnung gegenüber<br />

Ausländern aufzuklären, wurden die Variablen CNEGAK, CPERSP,<br />

CDOGMA und CFREMD in einer multiplen Regressionsanalyse als<br />

Prädiktoren für CHILF eingesetzt. (CORTHO konnte fortgelassen<br />

werden).<br />

Das Regressionsmodell bestätigt die bisherigen Vermutungen über<br />

die Wirksamkeit der personalen Variablen "Soziale Perspektivenbreite",<br />

"Negative Kognitionen über Ausländer", "Dogmatischer<br />

Stil" und "Sprachkompetenz". Es enttäuscht jedoch hinsichtlich der<br />

Höhe der aufgeklärten Varianz der Hilfe-/Ablehnungsausdrücke. Aus<br />

dieser Situation wurde der Schluß gezogen, daß personale Faktoren<br />

als alleinige Determinanten keine befriedigende Varianzaufklärung<br />

leisten und makrosoziale, mikrosoziale und situationsspezifische<br />

Faktoren fehlen. Da in einer Stichprobe von Briefen, deren Absender<br />

aus triftigen Gründen anonym behandelt werden müssen, weder<br />

mikrosoziale noch situationsspezifische Faktoren nachträglich<br />

erhoben werden können, bleibt nur die Möglichkeit, makrosoziale<br />

Faktoren zur Varianzaufklärung heranzuziehen. Dieser Versuch soll<br />

im nächsten Kapitel 4.5 unternommen werden.<br />

75


4.5: ZUSAMMENHÄNGE MIT EXOGENEN MAKROSOZIALEN GROESSEN.<br />

4.5.1: Verfügbare makrosoziale Daten.<br />

Zu den makrosozialen Variablen, die innerhalb des Untersuchungszeitraums<br />

variieren und aus einer theoretischen Perspektive<br />

interessant erscheinen, gehören vor allem die Arbeitslosenzahlen,<br />

offene Stellen für Nichtfacharbeiter, die Zahl der Asylbewerber,<br />

die Zahl ausländischer Arbeitnehmer und die Zahl der Ausländer<br />

insgesamt. Diese Variablen zeigen während des Untersuchungszeitraums<br />

meist einen ebenso monotonen Trend, wie die Tendenz der bei<br />

der Bundesregierung in dieser Zeit eingegangenen Briefe über Ausländer<br />

(vgl. die Abb. 4-9 und 4-10 mit 4-11 bis 4-14).


4.5.2: Verteilungscharakteristik der makrosozialen Variablen.<br />

Da die makrosozialen Größen OFSTEL, ARBLOS, ASYLBW und AUSLAR von<br />

der Bundesanstalt für Arbeit bzw. dem Bundesminister des Innern<br />

nur als monatliche Gesamtzahlen (und nicht getrennt für jeden Tag)<br />

festgestellt werden, können auch in unseren Analysen nur monatliche<br />

Gesamtzahlen verwendet werden. Das bedeutet, daß alle<br />

Briefe, die im selben Monat unseres Untersuchungszeitraums geschrieben<br />

wurden, identische makrosoziale Werte erhalten.<br />

78


Da in der Stichprobe von 104 Briefen monatlich nicht jeweils<br />

gleich viele Briefe enthalten sind, sondern zwischen 3 und 17 pro<br />

Monat (vgl. Abb.3-11), schwankt die Zahl der Briefe mit jeweils<br />

gleichem Wert für die makrosozialen Variablen ebenfalls zwischen 3<br />

(als Minimum) und einem Wert zwischen 17 und 44 (als Maximum),<br />

folglich schwanken die monatlichen makrosozialen Werte in gleichem<br />

Maße (vgl. Abb.4-15 bis 4-18).


Da keine der Verteilungen als halbwegs gaussförmig ("normal")<br />

gelten kann, was als eine Voraussetzung für die Interpretation der<br />

notwendigen parametrischen Analysen gilt, wurde durch gezielte<br />

Vergrößerung der Stichprobe die Häufigkeitsverteilungen der<br />

makrosozialen Größen so verändert, daß sie etwas gleichförmiger<br />

wurden (vgl. Kap 4.6). Zuvor wurden jedoch nicht-parametrische<br />

Kontrollrechnungen durchgeführt:<br />

4.5.3: Nichtparametrische Korrelationen mit makrosozialen Größen.<br />

Sowohl die Kendall- als auch die Spearman-Koeffizienten werden bei<br />

allen Zusammenhängen zwischen CHILF und den makrosozialen Größen<br />

signifikant, wobei OFSTEL die Varianz der anderen (untereinander<br />

korrelierenden) makrosozialen Variablen am besten zu vertreten<br />

scheint.<br />

80


4.6: ZUSAMMENHANGSANALYSEN IN EINER ERWEITERTEN STICHPROBE.<br />

4.6.1: Das Auswahlverfahren für die erweiterte Stichprobe.<br />

Um die statistischen Voraussetzungen für parametrische Analysen<br />

mit makrosozialen- und contentanalytischen Variablen zu verbessern,<br />

wurde die bisherige Stichprobe von 104 Briefen aufgegeben zugunsten<br />

einer Stichprobe, die 131 Briefe enthält - davon sind etwa<br />

zwei Drittel aus der ursprünglichen Stichprobe. in der Grundgesamtheit<br />

sind pro Monat mindestens 10 Briefe enthalten; strebt man<br />

eine Gleichverteilung der Briefe über die 12 Monate des Untersuchungszeitraums<br />

an, könnte man 120 Briefe auswählen - diese Zahl<br />

erscheint jedoch für multivariate Analysen als etwas zu knapp,<br />

deshalb wurden für 11 Monate je 11 Briefe gezogen, für Dezember<br />

1979 muß es bei 10 Briefen bleiben (vgl. Abb.4-19).<br />

Für 42 Briefe, die nicht in der ersten Stichprobe enthalten sind,<br />

wurden neue Contentanalysen durchgeführt: die Briefe wurden in den<br />

Rechner eingegeben und mit Hilfe des unveränderten Kategoriensystems<br />

analysiert.<br />

4.6.2: Häufigkeitsverteilungen in der erweiterten Stichprobe.<br />

Man kann feststellen, daß sich die Stichprobenerweiterung für die<br />

meisten makrosozialen Variablen "gelohnt" hat: bis auf ASYLBW sind<br />

die Verteilungsformen etwas rechteckiger geworden (vgl. Abb.4-20<br />

bis 4-23. Für die contentanalytischen Variablen ergaben sich<br />

praktisch keine Änderungen (vgl.Abb.4-24 bis 4-28). Wegen der<br />

weiterhin sehr schiefen Verteilungen von CNEGAK und CORTHO wurden<br />

diese Variablen auch für die Analysen in der erweiterten Stichprobe<br />

zu Alternativvariablen mit fast perfekter Rechteckform<br />

transformiert.<br />

81


4.6.3: Zusammenhangskoeffizienten in der erweiterten Stichprobe.<br />

.<br />

Mit den makrosozialen Variablen OFSTEL, ARBLOS, ASYLBW und AUSLAR<br />

einerseits und den contentanalytischen Variablen CHILE, CNEGAK,<br />

CFREMD und CORTHO andererseits wurden in der erweiterten Stichprobe<br />

zunächst Produkt-Moment-Korrelationen gerechnet, um einen<br />

Eindruck vom jeweiligen linearen Zusammenhang zwischen den<br />

Variablen zu erhalten. Anschließend wurde die Stabilität dieser<br />

Korrelationen sowie die Frage des optimalen zeitlichen Zusammenhangs<br />

zwischen Makro- und Content-Variablen geprüft und sichergestellt,<br />

daß die Zusammenhänge tatsächlich linear sind.<br />

4.6.3.1: Parametrische Korrelationen.<br />

Man erkennt an der Tabelle der Produkt-Moment-Korrelationen<br />

(Tab.4.14), daß die Korrelationen der contentanalytischen<br />

Variablen untereinander zum Teil erheblich (nach oben und nach<br />

unten) von den Korrelationskoeffizienten der ersten Stichprobe<br />

abweichen (vgl. auch Tab.4.1O und Tab.4.13) - or allem hat sich<br />

der Stellenwert von CPERSP erhöht; dagegen sind die Korrelationen<br />

zwischen makrosozialen und contentanalytischen Variablen denen der<br />

Rangkorrelationen in der ersten Stichprobe ähnlicher.<br />

85


4.6.3.2: Zum zeitlich optimalen Zusammenhang zwischen Makro- und<br />

Person-Variablen.<br />

Die Frage, ob. die Makro-Variablen auf die Briefschreiber (wie<br />

angenommen) mit einer Zeitverzögerung von einem Monat wirken,<br />

wurde durch einfache time-lag-Korrelationen bearbeitet: dabei<br />

wurden die , Datenreihen der Makro-Variablen um einen Monat gegenüber<br />

der bisherigen Position (X-1) nach vorn (X) und um zwei<br />

Monate nach hinten (X-2, X-3) verschoben. Die Ergebnisse werden in<br />

den folgenden Tabellen 4.15 bis 4.17 hinsichtlich jener Zusammenhänge<br />

gezeigt, bei denen noch am ehesten ein Einfluß der Makroauf<br />

Content-Variablen angenommen werden kann.<br />

86


Sucht man einen gemeinsamen Bezugsmonat für alle 4 makrosozialen<br />

Größen, so erscheint der auch bisher verwendete eine Monat nach<br />

Gültigkeit im Hinblick auf makrosoziale Wirkungen als bester<br />

Kompromiß. In den nachfolgenden Analysen werden also die gleichen<br />

Zeitverhältnisse gelten wie in den vorangegangenen Kapiteln 4.1<br />

bis 4.6.3.1.<br />

4.6.33: Die Zuverlässigkeit der Korrelationen.<br />

Wenn Zusammenhangskoeffizienten inhaltlich interpretiert werden<br />

sollen, so setzt das voraus, daß sie nicht allzusehr von der jetzt<br />

und hier vorliegenden Stichprobe abhängig sind. Die Frage der<br />

Stabilität der Zusammenhangskoeffizienten in unserer nichtrandomisierten<br />

Stichprobe wurde. durch sog. "split half"-Analysen<br />

geprüft: die Gesamtstichprobe wurde nach einem Zufallsprinzip in<br />

zwei unabhängige und gleich große Teile geteilt, Korrelationsanalysen<br />

in beiden Stichproben-Hälften gerechnet und die Ergebnisse<br />

miteinander verglichen.<br />

Die Hauptergebnisse sind in Tab. 4.18 dargestellt; dort zeigt<br />

sich, daß zwar mehrere Korrelationskoeffizienten um bis zu 0.20<br />

zwischen den beiden Teilgruppe verschieden sind, jedoch sind nur<br />

zwei Fälle signifikant voneinander verschieden - in beiden Fällen<br />

ist CORTHO beteiligt - deshalb wird in künftigen Analysen auf<br />

CORTHO nicht allzu viel Gewicht gelegt.<br />

87


Sieht man einmal von CORTHO ab, kann an der Stabilität der Korrelationen<br />

der in der erweiterten Stichprobe beteiligten Variablen<br />

nicht begründet gezweifelt werden. Es erscheint also möglich, mit<br />

diesen Variablen auch multiple Regressionen zu rechnen.<br />

4.6.3.4: Zur Linearität der Beziehungen mit CHILE,<br />

Wenn man auf multiple Regressionen als "letzte" statistische<br />

Analysen zusteuert, muß gesichert sein, daß die Beziehungen<br />

zwischen den beteiligten Variablen überwiegend linear sind, da<br />

Korrelationskoeffizienten nur die linearen Anteile der Varianz<br />

ausdrücken. Die wichtigste Prüfung der Nichtlinearität geschah<br />

varianzanalytisch: die Varianz der Beziehung zwischen den Variablen<br />

wurde in einen linearen und einen nichtlinearen Anteil aufgespalten<br />

und auf Zufallswahrscheinlichkeit geprüft. Die wichtigsten<br />

Ergebnisse zeigt Tab. 4.19: F-Werte für lineare und nichtlineare<br />

Anteile, Indikatoren für deren Zufallswahrscheinlichkeit, eta-<br />

Quadrat (als standardisiertes Globalmaß für den systematischen<br />

Zusammenhang zwischen den beiden Variablen) und r-Quadrat (als<br />

Standardmaß für den linearen Zusammenhang). Es zeigte sich kein<br />

einziger signifikanter nichtlinearer Zusammenhang.<br />

88


4.6.3.5: Zur relativen Relevanz der Prädiktorvariablen für die<br />

beiden Seiten des Hilfe-Ablehnungs-Kontinuums.<br />

Die Frage, ob die Prädiktorvariablen des theoretischen Modells in<br />

beiden Bereichen des Hilfe-/Ablehnungskontinuums wirksam sind,<br />

wurde durch Betrachten von Scattergrammen bearbeitet, wobei auf<br />

der einen Seite die Hilfe-/Ablehnungsvariable CHILF, auf der<br />

anderen Seite jeweils eine (potentielle) Prädiktorvariable stand.<br />

Vier dieser Scattergramme sind in den Abb. 4-29 bis 4-32 (vergröbert)<br />

dargestellt; insgesamt zeigte sich, daß alle potentiellen<br />

Prädiktorvariablen in beiden Bereichen der contentanalytischen<br />

Kriteriumsvariable CHILF variieren - auch die theoretisch eher<br />

"einseitigen" Variablen CNEGAK und CDOGMA.<br />

89


4.6.4: Neue Modelle zur Determination von Hilfe bzw. Ablehnung.<br />

Mit den contentanalytischen Variablen CNEGAK, CPERSP, CDOGMA,<br />

CFREMD und CORTHO als Prädiktoren und der contentanalytischen<br />

Hilf e-/Ablehnungsvariable CHILF als Kriterium, sowie mit einer<br />

oder mehreren von den makrosozialen Variablen OFSTEL, ARBLOS, -<br />

ASYLBW und AUSLAR wurden auf der Basis der Produkt-Moment-Korrelationen<br />

von Tab.4.14 multiple Regressionen gerechnet. Dabei ging es<br />

darum, erstens noch einmal für die erweiterte Stichprobe die<br />

Varianz von CHILF durch contentanalytische (Person-) Variablen<br />

allein aufzuklären, zweitens herauszufinden, wie stark sich der<br />

Gesamtzusammenhang zwischen CHILF und den Prädiktoren ändert, wenn<br />

eine oder mehrere (unabhängige) makrosoziale Variable(n)<br />

hinzugefügt werden, und drittens den relativen unabhängigen<br />

Beitrag der verschiedenen Prädiktoren zur Varianzaufklärung von<br />

CHILF festzustellen.<br />

•<br />

4.6.4.1: Ein Modell ohne makrosoziale Variable.<br />

Die Tab. 4.20 zeigt das Ergebnis einer ungesteuerten multiplen<br />

Regressionsanalyse mit CHILF als Kriterium und CNEGAK, CPERSP,<br />

CDOGMA, CFREMD und CORTHO als Prädiktoren mit den Daten der<br />

erweiterten Stichprobe sowie einer Stabiltätsprüfung:<br />

Das Ergebnis bestätigt einerseits die Bedeutung der beiden contentanalytischen<br />

Variablen CPERSP und CNEGAK, andererseits läßt<br />

die Höhe der multiplen Korrelation ahnen, daß die Hinzunahme einer<br />

.m akrosozialen Variable nicht mehr viel zusätzliche Varianzaufklärung<br />

bringen kann.<br />

92


4.6.4.2: Modelle mit makrosozialen Variablen.<br />

Die Veränderungen, die makrosoziale Variablen als zusätzliche<br />

Prädiktore n an der Gesamthöhe der multiplen Korrelation und der<br />

relative n Beiträge der contentanalytischen Variablen bewirken,<br />

wurden durch gesteuerte multiple Regressionsanalysen geprüft:<br />

hierbei ging jeweils eine (oder zwei) der vier makrosozialen<br />

Variablen als erster Prädiktor in die Analyse ein, dann folgten<br />

die contentanalytischen Variablen. Es zeigt sich, daß die multiple<br />

Korrelation nicht mehr wesentlich steigt, und daß unter den Makro-<br />

Variablen nur OFSTEL ein bemerkenswertes Betagewicht bekommt:<br />

Es ist zwar bemerkenswert, daß diejenige makrosoziale Größe, die<br />

theoretisch am wichtigsten ist (die Ressourcen, um die sich<br />

deutsch e und ausländische Arbeitnehmer gleichermaßen bewerben<br />

können), auch empirisch unter der makrosozialen Variablen den<br />

relativ höchsten Stellenwert hat. Das endgültige Modell mit OFSTEL<br />

als alleinigen makrosozialem Prädiktor ist noch einmal, zusammen<br />

mit einer (erfolgreichen) Stabilitätsprüfung, in Tab. 4.22 dargestellt.<br />

Zu fragen ist allerdings, ob eine einzelne makrosoziale<br />

Größe, die sicher nicht für alle Briefschreiber (z.B. für Rentner)<br />

direkt relevant ist, ausreichen kann, um wichtige Einflüsse auf<br />

die Gesellschaft zu reflektieren. Man kann sich vorstellen, daß<br />

erst die Kombination von "wenig offenen Stellen" und "vielen Ausländern"<br />

eine gesellschaftliche Wirkung auf Vorurteile bzw.<br />

Hilfe/Ablehnungsäußerungen gegenüber Ausländern hat. Dieser Frage<br />

wird in Abschnitt 4.6.5 nachgegangen.<br />

93


Kausalanalytische Modelle.<br />

Die Grundstruktur der hier zunächst angenommenen kausalen Relationen<br />

zwischen den Hauptvariablen unserer Untersuchung ist in der<br />

Abbildung 4-33 dargestellt: es wird angenommen, daß die makrosozialen<br />

Variablen ARBLOS, OFSTEL, ASYLBW und AUSLAR zusammen mit<br />

den Sprachkompetenz-Variablen CFREMD und CORTHO am Anfang einer<br />

kausalen Kette stehen, an deren Ende sich die in den Briefen<br />

geäußerten Hilfe- bzw. Ablehnungsäußerungen gegenüber Ausländern<br />

befinden. Die makrosozialen und die Sprachkompetenz-Variablen<br />

haben zwar einen sehr unterschiedlichen theoretischen Status,<br />

jedoch sind sie in bezug auf die übrigen Variablen der Untersuchung<br />

"exogen", d.h. sie können nicht durch diese verursacht<br />

sein. Da die makrosozialen Größen überzufällig miteinander korrelieren,<br />

muß angenommen werden, daß sie sich zum Teil gegenseitig<br />

determinieren oder durch weitere, hier nicht behandelte exogene<br />

Größen determiniert werden - sie determinieren jedoch nicht die<br />

untereinander abhängigen Sprachkompetenz-Variablen.<br />

In der Mitte zwischen den exogenen Variablen und der Reaktionsvariable<br />

werden endogene moderierende Variablen vermutet: CPERSP,<br />

CNEGAK und CDOGMA sind kausal von makrosozialen und von Sprachkompetenz-Variablen<br />

abhängig (natürlich sind sie realiter auch<br />

noch von anderen makro- und mikrosozialen Variablen abhängig, die<br />

hier jedoch nicht Untersuchungsgegenstand sind). Auch diese drei<br />

M oderatorvariablen beeinflussen sich wechselseitig, und alle drei<br />

Variablen zusammen determinieren das Ausmaß von CHILF.<br />

94


Vor der empirischen. Pfadanalyse muß geprüft werden, ob die Grundannahme<br />

der "Vermittlung" der Hilfe-/Ablehnungs-Ausprägung durch<br />

CPERSP, CNEGAK und CDOGMA gerechtfertigt ist, oder ob doch direkte<br />

Beziehungen zwischen den exogenen Variablen und CHILF bestehen.<br />

Hierzu wurden Partialkorrelationen gerechnet (vgl.Tab.4.23): aus<br />

den Beziehungen zwischen den exogenen Variablen einerseits und<br />

CHILF andererseits wurden die Effekte der angenommenen Moderatoren<br />

CPERSP, CNEGAK und CDOGMA einzeln herauspartialisiert. Dabei<br />

stellte sich folgendes heraus:<br />

1. Partialisiert man CNEGAK aus den Beziehungen zwischen den<br />

exogenen und der Reaktionsvariable heraus, sinken die Zusammenhangskoeffizienten<br />

niemals signifikant. Das bedeutet, daß<br />

CNEGAK überhaupt keinen vermittelnden Einfluß hat und ebensogut<br />

selbst als (unaufgeklärte) exogene Größe betrachtet werden<br />

könnte.<br />

2. Partialisiert man CPERSP aus den Beziehungen zwischen den<br />

exogenen und der Reaktionsvariable heraus, sinken die Determinationskoeffizienten<br />

meist um 3 bis 4 %, ein signifikanter<br />

Abfall der Korrelation ist jedoch nur im Fall von AUSLAR festzustellen,<br />

und ein beinahe - signifikanter im Fall von ASYLBW -<br />

das bedeutet, daß nur im Zusammenhang mit AUSLAR und ASYLBW<br />

als exogenen Größen ein vermittelnder Einfluß von CPERSP anzunehmen<br />

ist. Allerdings ist auch zu bemerken, daß die Partialkorrelationen<br />

nicht gleich Null sind, so daß sowohl direkte,<br />

als auch vermittelnde Einflüsse auf CHILF anzunehmen sind.<br />

95


3. Partialisiert man CDOGMA aus den Beziehungen zwischen den exogenen<br />

und der Reaktionsvariable heraus, so sinken die Beziehungen<br />

zwischen AUSLAR, CFREMD und CORTHO zu CHILF signifikant;<br />

die Beziehungen zwischen den Sprachkompetenz-Variablen und<br />

CHILF werden sehr klein, mit AUSLAR bleibt aber eine signifikant<br />

hohe Beziehung. Das bedeutet, daß CDOGMA teilweise einen<br />

vermittelnden Einfluß hat.


Um bei der empirischen Analyse auf der Seite der exogenen Variablen<br />

möglichst nur nicht-korrelierende Größen zu verwenden, wurden<br />

zwei Variablen-Reduktionen vorgenommen: 1. wurden die beiden<br />

Sprachkompetenz-Variablen CFREMD und CORTHO (nach Wandlung der<br />

Rohwerte in Z-Scores) zusammengefaßt zu einem Summenwert SPRACH:<br />

SRACH = CFREMD minus CORTHO (höhere SPRACH-Werte zeigen also<br />

höhere Sprachkompetenz an), und 2. wurde in den Pfadanalysen immer<br />

nur eine der beiden makrosozialen Variablen OFSTEL und AUSLAR<br />

verwendet. Auf Analysen mit ARBLOS und ASYLBW wird verzichtet,<br />

weil ARBLOS hoch mit OFSTEL korreliert.<br />

Im ersten Pfadmodell werden noch relativ viele direkte kausale<br />

Einflüsse angenommen (vgl. Abb.4-35), und in sukzessiven Analysen<br />

wird versucht, diejenigen Pfade ganz wegzulassen, die relativ<br />

schwach ausgeprägt sind. Der Erfolg dieses Versuchs wird einerseits<br />

am Ausmaß der Varianzaufklärung der endogenen Variablen,<br />

andererseits an der Reproduzierbarkeit der Ausgangs-Korrelationsmatrix<br />

gemessen.<br />

Die Prüfung der nach Abb.4-35 angenommenen Kausalstruktur ergibt<br />

eine relativ hohe Varianzaufklärung der endogenen Variablen - was<br />

nicht verwunderlich ist, da ja auch relativ viele zu diesen Variablen<br />

hinführende Pfade angenommen werden. Die unerklärte Varianz<br />

beträgt für CPERSP 0.90, für CDOGMA 0.80 und für CHILF 0.40. Es<br />

zeigt sich jedoch, daß die Dependenzkoeffizienten zweier Pfade<br />

(AUSLAR --> CHILF und CNEGAK --> CHILF) so schwach sind<br />

(vgl.Abb.4-36), daß es möglich erscheint, sie für ein vereinfachtes<br />

Modell wegzulassen.<br />

97


Zur Steuerung des zweiten Modells werden die Pfade von AUSLAR nach<br />

CHILF und CNEGAK insgesamt weggelassen. Es zeigt sich jedoch, daß<br />

die unerklärte Varianz von CHILF auf 0.50 steigt, die Pfadkoeffizienten<br />

ansonsten stabil bleiben. Dies wird als Hinweis darauf<br />

interpretiert, daß CNEGAK (und ihre Beziehung zu CHILF) nicht<br />

weggelassen werden darf, wohl aber die direkte Beziehung zwischen<br />

AUSLAR und CHILF. Das Resultat dieser (dritten) Analyse zeigt<br />

Abb.4-37.<br />

98


Die Pfadanalysen und die vorausgegangenen Partialkorrelationsanalysen<br />

lassen darauf schließen, daß die Ausprägung der Hilfe<br />

bzw. Ablehnung gegenüber Ausländern (CHILF) von zwei exogenen<br />

Variablen direkt beeinflußt wird: erstens von einer der beiden<br />

Gruppen makrosozialer Variablen, vom Arbeitsmarkt (hier vertreten<br />

durch OFSTEL); zweitens durch die negativen Kognitionen über Ausländer<br />

(CNEGAK - die allerdings selbst erklärungsbedürftig sind).<br />

Sind relativ viele offene Stellen am Arbeitsmarkt und wenig negative<br />

Kognitionen in der briefschreibenden Person vorhanden, so<br />

werden eher Hilfe-Angebote oder -Forderungen für Ausländer sichtbar;<br />

bei wenig offenen Stellen und vielen negativen Kognitionen<br />

wird eher Ablehnung sichtbar. Die negativen Kognitionen sind<br />

jedoch nicht Folge makrosozialer Faktoren.<br />

Dagegen wirken die beiden übrigen exogenen Größen indirekt, vermittelt<br />

über CPERSP und CDOGMA: erstens (und mit dem höchsten<br />

Pfadkoeffizienten einer exogenen Variable) die Zahl ausIändischer<br />

Arbeitnehmer (AUSLAR) und zweitens die personenspezifische Sprachkompetenzvariable<br />

SPRACH. Während AUSLAR sowohl CPERSP als auch<br />

CDOGMA beeinflußt, wirkt sich die Sprachkompetenz nur auf den<br />

dogmatischen Stil aus. Die beiden Moderatoren CPERSP und CDOGMA<br />

vermitteln die Wirkung von AUSLAR und SPRACH auf CHILF: bei hoher<br />

Anzahl ausländischer Arbeitnehmer und geringer Sprachkompetenz<br />

wird eine schmale soziale Perspektive und ein dogmatischer<br />

Schreibstil sichtbar, die sich beide negativ auf das prosoziale<br />

Verhalten gegenüber Ausländern auswirken; bei weniger ausländischen<br />

Arbeitnehmern und höherer Sprachkompetenz wird weniger<br />

Dogmatismus und eine breitere soziale Perspektive sichtbar -<br />

beides fördert das (schriftliche) prosoziale Verhalten gegenüber<br />

Ausländern.<br />

99


5:LITER ATUR<br />

CHOTLOS, J.W.(1944): A statistical and comparative analysis of<br />

individual written language samples.<br />

Psychological Monographs 56, No. 2, 5.75-111.<br />

ERTEL, S.(1972): Erkenntnis und Dogmatismus.<br />

Psychologische Rundschau 13, 241-269.<br />

GUSKI, R.(1985): Leserbriefe zum "türkischen Polizisten". Über<br />

Schwierigkeiten beim Erstellen eines<br />

inhaltsanalytischen Kategoriensystems zum Thema "Vorurteile". Bericht Nr. 35/1985 der Arbeitseinheit<br />

"Kognitions- und Umweltpsychologie" der Ruhr-Univ. Bochum.<br />

GUSKI, R.(im Druck): Deutsche Briefe über Ausländer. Ein sozialpsychologischer<br />

Beitrag zum Verständnis der Hilfe bzw. Ablehnung gegenüber<br />

Ausländern. Bern: Huber.<br />

GUSKI, R. & GOUDARZI, J.(1981): Das Computerprogramm FORMEIG. Ein<br />

Fortran-5-Programm für sprachstatistische Analysen. Unveröffentlichtes<br />

Manuskript. Berlin: Institut für Psychologie der Technischen Univ.<br />

PSZCZDLKOWSKA-OSSOWSKA, T.(1981): Seif concentration, intensity of<br />

different forms of egocentrism and the location of the self-structure<br />

in a cognitive system of the individual. MA-Thesis, University of<br />

Warshaw (in polnischer Sprache).<br />

ROHRMANN, B.(1978): Empirische Studien zur Entwicklung von Antwortskalen<br />

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Zeitschrift für Sozialpsychologie 9, 222-245.<br />

ROKEACH, M.(1960): The open and closed mind. Investigations into the<br />

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New York; Basic Books.<br />

SCHÖNBACH, P.(1979): Sprachstrukturelle Einflüsse auf<br />

Personenbeurteilungen. Zeitschrift für experimentelle und angewandte<br />

Psychologie 26, 621-642.<br />

SHERIF, M. & SHERIF, C.W.(1953): Groups in harmony and tension.<br />

New York: Harper Brothers.<br />

100


BERICHTE AUS DEM PSYCHOLOGISCHEN INSTITUT DER RUHR-UNIVERSITÄT<br />

BOCHUM, ARBEITSEINHEIT KOGNITIONSPSYCHOLOGIE<br />

Neumann, 0., Eine Umkehrung des 'semantischen Gradienten' beim-Benennen von<br />

Stroop-Reizen (1/1977)<br />

Neumann, 0., Steuerung der Informationsselektion durch visuelle und 'semantische'<br />

Reizmerkmale (2/1977)<br />

Neumann, 0., Intramodale und intermodale Interferenz zwischen einer Nachsprech-<br />

(`Shadowing'-) und einer Entdeckungsaufgabe (3/1978)<br />

Scheerer, E., Probleme der Modellierung kognitiver Prozesse: Von der Funktionsanalyse<br />

zur genetischen Analyse (4/1978)<br />

Neumann, 0., Zum Mechanismus der Interferenz beim dichotischen Hören (5/1978)<br />

Neumann, 0., Visuelle Aufmerksamkeit und der Mechanismus des Metakontrasts<br />

(6/1978)<br />

Neumann, 0., Zeitliche und funktionale Asymmetrien beim Stroop-Effekt (7/1979)<br />

Scheerer-Neumann, G., Zur Analyse des Leseprozesses beim Grundschulkind<br />

(8/1979)<br />

Neumann, 0., Ober den Unterschied zwischen Lesen und Benennen (9/1979)<br />

Neumann, 0., Einführung in die Planung und Durchführung einer experimentalpsychologischen<br />

Untersuchung (10/1979)<br />

Stoffer, Th., Aspekte einer generativen Syntax zur Beschreibung musikalischer<br />

Strukturen für eine kognitive Musikpsychologie (11/1979)<br />

Neumann, 0., Bemerkungen zum Leistungsbegriff der Kognitionspsychologie<br />

-(12/1979)<br />

Reinert, G., Visuelles Suchen in Strichzeichnungen unterschiedlicher Organisation<br />

bei Variation der situativen Nähe der Suchobjekte (13/1980)<br />

Reinert, G., Der Einfluß eines situativ fernen Kontextgegenstandes auf die<br />

Suche (14/1980)<br />

Matthäus, W., Planung der Gedächtnistätigkeit bei Doppelaufgaben (15/1981)<br />

Reinert, G., Begrenzung des relevanten Suchfeldes bei der Suche in komplexen<br />

Szenen (16/1981)<br />

Schulz, Th., Das ikonische Gedächtnis - oder: Vom schlecht zugänglichen visuellen<br />

Speicher und dem langandauernden Ikon (Teil I: Visuelle Elementarmerkmale)<br />

(17/1981)<br />

Neumann, 0., Interferenz beim Beachten simultaner sprachlicher Texte: Unspezifische<br />

Kapazitätsbegrenzung oder spezifische Verarbeitungsschwierig- -<br />

keiten ? (18/1981)


Neumann, 0., Über den Zusammenhang zwischen. Enge und Selektivität der<br />

Aufmerksamkeit (19/1981/1983)<br />

Reinert, G., Visuelle Suche in Szenen unterschiedlicher Objekt- und<br />

Merkmalsdichte (20/1981)<br />

Matthäus, W., Psychologische Mechanismen der Tätigkeitsregulation.<br />

Referat über ein Buch von Oleg Alexandrovic Konopkin (21/1981)<br />

Stränger, Schorneck, D. & Droste, I., - Wahrnehmungsstrukturierung<br />

und Erinnerung konkreter Handlungen (22/1981)<br />

Neumann, 0. Kautz, L., Semantische Förderumg und semantische Interferenz<br />

im Benennungsexperiment (23/1982)<br />

Neumann, 0., Experimente zum Fehrer-Raab-Effekt und das 'Wetterwart'--<br />

Modell. der visuellen. Maskierung (24/1982)<br />

Neumann, 0., Sprechplanung als Erklärungskonzept. Überlegungen zum<br />

inneren Sprechen beim Lesen und zum Lee-Effekt. (25/1982)<br />

Kolbert, J., Müsseler, J. & Neumann, 0., Scheinbare Abstandsverkürzung<br />

durch Bewegung: Der 'Tandem'-Effekt (26/1982)<br />

Lison, E., Das ZNS - ein taugliches Instrument zur Erfahrung anderer<br />

Realitäten? Überlegungen zur Interpretation von<br />

"near-death-experiences". (27/1982)<br />

Reinert, G., Augenbewegungen bei geistig behinderten Kindern (28/1983)<br />

Schulz, Th., Ikonisches Gedächtnis (Teil II: Untersucht am Paradigma<br />

der Einzelitemauslese) (29/1983)<br />

Mankwald, B., Lösungsstrategien bei Analogieaufgaben - Kritik an STERNBERGS<br />

und MULHOLLANDs Komponententheorien (30/1983)<br />

Matthäus, W., Metagedächtnis. (31/1984)<br />

Bardin, K.V., Die Entdeckung neuer Klangdimensionen bei der Lautstärkediskrimination<br />

im Schwellenbereich. Übersetzung von vier Arbeiten<br />

zur Psychophysik von Kirill Vasilevic Bardin & Mitarbeitern.<br />

(W. Matthäus, 32/1984)<br />

Schulz, Th., Zum Einfluß der Sprechgeschwindigkeit auf die Sprechstörungen<br />

bei verzögerter Rückmeldung der eigenen Sprechstimme (Lee-Effekt):<br />

Evidenz für eine Reafferenztheorie des Sprechens? (33/1985)<br />

Werner, J. & Strzalka, F.-J:, Perspektivisches Denken und Reflexionen beim<br />

Lösen eines komplexen Problems (34/1985)


KOGNITLONS- UND UMWELTPSYCHOLOGIE<br />

Guski, R., Leserbriefe zum "Türkischen Polizisten". über Schwierigkeiten<br />

beim Erstellen eines inhaltsanalytischen Kategoriensystems zum Thema<br />

"Vorurteile". (35/1985)<br />

Guski, R., Materialien zur Inhaltsanalyse von deutschen Briefen über Ausländer.<br />

(36/1985)

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