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Die Kunst der Architekturfotografie

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Einige <strong>der</strong> großen romantischen Künstler wie <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> William Blake verteufelten das fluchtpunktperspektivische<br />

‚Gekritzel‘, allerdings nicht aus den Gründen, aus denen es die Kirche tat. <strong>Die</strong><br />

aufbegehrenden Romantiker sahen in <strong>der</strong> geometrisch exakten Perspektivkonstruktion die bloße<br />

Beschränkung auf das fürchterlich reale, am allzu Visuellen klebende <strong>Die</strong>sseits. In ihrer typischen<br />

Gegnerschaft zur Aufklärung wandten sie sich wi<strong>der</strong> die komplett durchstrukturierte, in <strong>der</strong> Ratio einer<br />

oberflächlichen Verhaftung ans Äußerliche erstarrte, rein vor<strong>der</strong>gründige Perspektivik. Eine gefährliche<br />

Abkehr von jener spirituellen Suche sei darin sogar zu sehen, die <strong>der</strong> Mensch aber gerade jetzt so<br />

nötig habe.<br />

Beson<strong>der</strong>s Blake wandte sich gegen die ‚Versklavung’ durch die Mathematik des physisch Sehgerechten,<br />

lehnte das linearperspektivische Regelwerk für irgendwelche perspektivisch korrekten Raumillusionen<br />

ab, und zwar mit <strong>der</strong> Verve eines Vollblut-Romantikers. Konstruktion führte für ihn zur Konfusion;<br />

bloß das Angesagte zu tun, das war ihm jenseits jeglichen Genies, und gerade um diesen zu idealisieren,<br />

nutzte er das ungeliebte Teufelswerk. Denn schließlich behauptete er schlicht:<br />

Das Genie beginnt dort, wo die Regeln enden.<br />

(William Blake)<br />

Heute weiß je<strong>der</strong>, dass das Genie als Grenzgänger über geläufige Kriterien hinauswachsen muss,<br />

zwangsläufig also Regeln – nach <strong>der</strong>en Aneignung – zu transzendieren hat, um mit neuen Perspektiven<br />

auch neue Dimensionen finden zu können. <strong>Die</strong> Geschichte <strong>der</strong> Malerei ist voll von Beispielen, die<br />

zeigen: Gesteckte Grenzen als solche zu erkennen, wi<strong>der</strong> alle Stimmen <strong>der</strong> Zeitgenossen zu überwinden<br />

und zu erweitern, das för<strong>der</strong>t Erkenntnis, ebenso für den Einzelnen wie für die große Gruppe.<br />

Auch wenn es hier fast so scheint, als bekämen die plastisch unvollkommenen Perspektiven <strong>der</strong> alten<br />

ägyptischen Bil<strong>der</strong> eine neue Autorität. Passend dazu sagt <strong>der</strong> expressive Maler und Professor Max<br />

Beckmann in seinem Vortrag ‚Über meine Malerei’ im Jahr 1938:<br />

Für mich ist die Metamorphose von Höhe, Breite und Tiefe auf eine zweidimensionale Fläche<br />

ein magisches Erlebnis, das mir eine Ahnung von <strong>der</strong> vierten Dimension vermittelt, nach <strong>der</strong> ich<br />

von ganzem Herzen suche.<br />

(Max Beckmann)<br />

Perspektivische Ungereimtheiten und Dissonanzen haben immer ihren Reiz gehabt, dahinter scheint<br />

man etwas Tieferes vermuten zu dürfen, gerade in <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne, wo man sie bewusst, nicht<br />

etwa aus Unkenntnis, anwendet. Der Expressionismus um Beckmann o<strong>der</strong> Kandinsky gibt dafür zahlreiche<br />

wun<strong>der</strong>bare Beispiele.<br />

70 Mittler zwischen dem Hier und Da

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