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MRSA, ESBL, VRE, C. difficile zwischen Hysterie und Verdrängung

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Roesebeckstr. 4-6<br />

30449 Hannover<br />

Fon 0511/4505-0<br />

Fax 0511/4505-140<br />

<strong>MRSA</strong>, <strong>ESBL</strong>, <strong>VRE</strong>,<br />

C. <strong>difficile</strong> <strong>zwischen</strong><br />

<strong>Hysterie</strong> <strong>und</strong> <strong>Verdrängung</strong><br />

Dr. med. Karin Schwegmann<br />

www.nlga.niedersachsen.de


Ursachen für die Entstehung <strong>und</strong><br />

Ausbreitung multiresistenter Erreger (MRE)<br />

Selektionsdruck<br />

im Rahmen unkalkulierter Antibiotika-Therapie<br />

Selektion von MRE<br />

Ärztliches Personal<br />

Übertragung<br />

Aufgr<strong>und</strong> unzureichender Basishygienemaßnahmen<br />

Übertragung von MRE auf andere Patienten/Bewohner<br />

Ärztliches, Pflege- <strong>und</strong> weiteres mit Untersuchung<br />

<strong>und</strong> Behandlung beauftragtes Personal


Einsatz von Antibiotika<br />

Humanmedizin 20 % Krankenhäuser 20 – 50 % sind unsinnig<br />

80 % Praxis<br />

Veterinärmedizin 20 % therapeutisch 40 – 80 % sind unsinnig<br />

80 % prophylaktisch<br />

<strong>und</strong> als Wachstumsförderer<br />

Die unsachgemäße Verwendung von Antibiotika gilt als „Motor“<br />

für das Auftreten multiresistenter Infektionserreger


„Drehscheiben“<br />

Krankenhäuser<br />

Reha-Kliniken<br />

Altenpflegeeinrichtungen<br />

Behinderteneinrichtungen<br />

Arztpraxen<br />

Hohes Alter<br />

Immunschwäche<br />

Stoffwechselerkrg.<br />

wiederholte Antibiose<br />

Invasive Zugänge<br />

Chronische W<strong>und</strong>en<br />

Hauterkrg.<br />

Risiken<br />

MRE<br />

Durchführung invasiver<br />

Maßnahmen<br />

Kontakte zu Personen<br />

mit MRE<br />

Kontakte mit kontaminierten<br />

Materialien<br />

Übertragungen


Multiresistente Erreger (MRE)<br />

MRE- Art<br />

Vorkommen<br />

Methicillin resistenter Staphylococcus<br />

aureus<br />

<strong>MRSA</strong><br />

Erweitertes Spektrum Beta-Lactamase<br />

(<strong>ESBL</strong>) : E. coli. Klebs. pneumonie, u. a.<br />

Vancomycinresistente Enterokokken; <strong>VRE</strong><br />

+++<br />

++<br />

+<br />

Clostridium <strong>difficile</strong><br />

++


Staphylococcus aureus (S. aureus)<br />

MSSA<br />

Methicillin sensibler<br />

S. aureus<br />

<strong>MRSA</strong><br />

Methicillin resistenter<br />

S. aureus<br />

„Nosokomialer“ <strong>MRSA</strong>:<br />

hospital associated <strong>MRSA</strong>, d.h.<br />

im Krankenhaus/medizinischer<br />

Einrichtung erworbener <strong>MRSA</strong><br />

C-<strong>MRSA</strong>/Ca-<strong>MRSA</strong>:<br />

community associated<br />

<strong>MRSA</strong>, d.h. außerhalb des<br />

Krankenhauses, also<br />

ambulant erworben


<strong>MRSA</strong>-<br />

Suchplatte <br />

Mikrobiologische<br />

<strong>MRSA</strong>-Diagnostik<br />

dürfte heute kein<br />

Problem mehr sein.


Epidemiologische Entwicklung von <strong>MRSA</strong><br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Vorhandensein von <strong>MRSA</strong> seit den 60-er Jahren bekannt<br />

sehr hohes Vorkommen in USA <strong>und</strong> Japan<br />

hohes Vorkommen in England, Frankreich, Portugal, Spanien, Italien<br />

sehr niedriges Vorkommen in Holland <strong>und</strong> skand. Ländern<br />

EARSS 2007


Daten NLGA<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007<br />

Oxacillin-Resistenz in %


Methicillin- resistenter Staphylococcus aureus<br />

nicht virulenter als Antibiotika-empfindlicher<br />

Staphylococcus aureus<br />

Kolonisation? oder Infektion? (lokal oder systemisch)<br />

wegen Multiresistenz schwierig zu therapieren<br />

Keine veränderte Desinfektionsmittelempfindlichkeit<br />

Vorherrschen bestimmter Epidemiestämme<br />

(wichtig in Ausbruchsituationen zur Typisierung)


Kolonisation<br />

neue Wirte:<br />

April 2008


Staphylococcus aureus/<strong>MRSA</strong> - Erkrankungen<br />

Lokalisiert:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abszeß<br />

Furunkel/Karbunkel<br />

W<strong>und</strong>infektionen<br />

Pneumonie<br />

Osteomyelitis<br />

Generalisiert:<br />

<br />

<br />

<br />

Sepsis<br />

Endokarditis<br />

Meningitis<br />

durch Enterotoxin<br />

bedingt:<br />

<br />

Enterokolitis


Verbleibende Antibiotika bei <strong>MRSA</strong><br />

Erythromycin<br />

Clindamycin<br />

Penicillin<br />

Oxacillin<br />

Ampicillin<br />

Mezlocillin<br />

Piperacillin<br />

Ciprofloxacin<br />

Olfoxacin<br />

Gentamicin<br />

Co-Trimoxazol<br />

Cefazolin<br />

Cefuroxim<br />

Imipenem<br />

Vancomycin<br />

Linezolid<br />

Daptomycin<br />

Tigecyclin<br />

Oder Kombinationen mit Fosfomycin oder Rifampicin.


Eigenschaften von <strong>MRSA</strong><br />

h-<strong>MRSA</strong> (hospital)<br />

c-<strong>MRSA</strong> (community)<br />

Typischer Hospitalkeim.<br />

Die Wahrscheinlichkeit einer<br />

Kolonisation bzw. Infektion ist<br />

abhängig von der Abwehrlage.<br />

Eine Kolonisation ist wahrscheinlicher<br />

als eine Infektion.<br />

Eine Infektionsgefahr besteht vor<br />

allem bei invasiven Maßnahmen.<br />

Verursacht W<strong>und</strong>- <strong>und</strong> andere<br />

Krankenhausinfektionen.<br />

Verfügt über ein spezielles Gift (PVL).<br />

Tritt unabhängig von stationären<br />

Einrichtungen auf. Infiziert auch junge<br />

bisher ges<strong>und</strong>e Menschen<br />

Infektion wahrscheinlicher als<br />

Kolonisation.<br />

Verursacht Abszesse, Lungenentzündungen<br />

<strong>und</strong> Muskelentzündungen.<br />

Besonders hohe Ansteckungsfähigkeit<br />

mit Tendenz zur Epidemie.


Extended-Spectrum Beta-Lactamases<br />

<strong>ESBL</strong>


<strong>ESBL</strong><br />

Beschreibt eine Resistenz-Eigenschaft von Bakterien<br />

Bakterien, die über diese Eigenschaft verfügen kommen<br />

aus unterschiedlichen Familien (Spezies)<br />

z.B. E. coli, Klebsiella spez., Proteus spez.,<br />

Enterobacter spez. <strong>und</strong> andere<br />

Unabhängig von der Eigenschaft <strong>ESBL</strong> zu bilden handelt<br />

es sich vorwiegend um Enterobakterien, die ihren<br />

normalen Standort im Darm von Mensch oder Tier<br />

haben


<strong>ESBL</strong>- Epidemiologie<br />

1983 zum ersten Mal in Deutschland entdeckt<br />

Zuvor schon in vielen europäischen Ländern , USA,<br />

Australien <strong>und</strong> Japan verbreitet<br />

Resistenzeigenschaft liegt auf Plasmide<br />

<strong>ESBL</strong>-Verbreitung: zunehmend, Ausbrüche beschrieben<br />

Einige Labore können <strong>ESBL</strong> noch immer nicht eindeutig<br />

identifizieren<br />

Folgen für das Ges<strong>und</strong>heitssystem: Patienten mit <strong>ESBL</strong>-<br />

Infektionen haben eine verlängerte Liegezeit <strong>und</strong> eine<br />

erhöhte Sterblichkeit


<strong>ESBL</strong>-bildenden Bakterien können<br />

Infektionen hervorrufen<br />

Harnwegsinfektionen<br />

W<strong>und</strong>infektionen<br />

Pneumonien<br />

Sepsis<br />

Treten als Besiedler auf Kolonisation<br />

Kolonisation häufiger als Infektion<br />

Häufig in Zusammenhang<br />

mit invasiven Maßnahmen


Therapie <strong>und</strong>/oder Elimination von <strong>ESBL</strong><br />

es stehen leider nur noch wenige Antibiotika für die<br />

Therapie zur Verfügung<br />

siehe Ergebnis des Antibiogramms, Carbapeneme <strong>und</strong><br />

Tigecyclin sind in der Regel wirksam<br />

die Gute Nachricht:<br />

Für Hände- <strong>und</strong> Flächendesinfektion sind die üblichen<br />

Desinfektionsmittel weiterhin einsetzbar


Beseitigung der Besiedlung<br />

Infekte lassen sich mit den noch zur Verfügung stehenden<br />

Antibiotika (zumeist) noch erfolgreich behandeln<br />

Problemfeld: Darmbesiedlung<br />

hier gibt keine erfolgversprechenden Dekontaminations-<br />

Maßnahmen<br />

(8 m Länge 400-500 m 2 Oberfläche)<br />

Abwarten <strong>und</strong> möglichst zurückhaltend sein mit der<br />

Gabe von Antibiotika<br />

Kein Aufnahme-Screening wie bei <strong>MRSA</strong>, ggf. bei<br />

bekannten <strong>ESBL</strong>-Trägern


Vancomycin resistente Enterokokken<br />

<strong>VRE</strong>


Enterokokken<br />

normaler Standort: Darm von Mensch <strong>und</strong> Tier<br />

außerhalb des Menschen:<br />

<br />

Staub, Lebensmittel , Wasser, Patientenumfeld<br />

Enterococcus faecalis (~ 90%)<br />

Enterococcus faecium (~ 10%)<br />

sehr anspruchslos<br />

<br />

bzgl. Wachstumsbedingungen<br />

sehr resistent<br />

<br />

<br />

gegenüber Antibiotika<br />

gegenüber der Umgebung (Temp., NaCl)


Erkrankungen durch Enterokokken:<br />

Harnwegsinfektionen<br />

W<strong>und</strong>infektionen<br />

Endokarditiden<br />

Peritonitis<br />

Sepsis<br />

Meningitis (Neugeborene)<br />

Häufig sind die Patienten/Bewohner nur kolonisiert!


Enterokokken-Resistenz<br />

<strong>VRE</strong><br />

Ent. faecalis Ent. faecalis Ent. faecium<br />

Erythromycin S R R<br />

Ampicillin S S R<br />

Mezlocillin S S R<br />

Pip/Tazo S S R<br />

Ciprofloxacin S R R<br />

Ofloxacin S R R<br />

Tetracyclin S R R<br />

Gentamicin R R R<br />

Amikacin R R R<br />

Co-Trimox. S R R<br />

Cefuroxim R R R<br />

Cefazolin R R R<br />

Imipenem S S R<br />

Vancomycin S S R<br />

Keine Probleme bei kultureller Diagnostik <strong>und</strong> Resistenztestung


Quelle der Glykopeptidresistenz<br />

<br />

Nahrungskette<br />

• <strong>VRE</strong> in Schlachttieren in Europa<br />

• Einsatz von Avoparcin<br />

• Avoparcin seit 1997 durch EU-Beschluss verboten<br />

• Rückgang der Kolonisation von Ges<strong>und</strong>en<br />

Für in D<br />

produziertes<br />

Fleisch,<br />

eher<br />

historisch<br />

<br />

Selektionsdruck durch Antibiotika<br />

• Glykopeptide <strong>und</strong> Cephalosporine


Therapie <strong>und</strong>/oder Elimination von <strong>VRE</strong><br />

Es stehen leider nur noch wenige Antibiotika für die<br />

Therapie zur Verfügung<br />

Linezolid, Tigecyclin, Daptomycin sind Therapiealternativen<br />

Die gute Nachricht:<br />

Für Hände- <strong>und</strong> Flächendesinfektion sind die üblichen<br />

Desinfektionsmittel weiterhin einsetzbar


Beseitigung der Besiedlung<br />

Infekte lassen sich mit den noch zur Verfügung<br />

stehenden Antibiotika (zumeist) noch erfolgreich<br />

behandeln<br />

bei Darmbesiedlungen liegen die gleichen<br />

Probleme wie bei <strong>ESBL</strong> vor<br />

Kein Aufnahme-Screening wie bei <strong>MRSA</strong>, ggf.<br />

bei bekannten <strong>VRE</strong>-Trägern


Clostridium <strong>difficile</strong> assozierte Diarrhoe<br />

CDAD


Anzahl Enterokolitis durch Clostridium <strong>difficile</strong><br />

pro 100 000 Entlassungen<br />

Epidemiologisches Bulletin 15/2008


Altersverteilung - Clostridium <strong>difficile</strong> assoziierte Erkrankungen:<br />

Incidence of Clostridium <strong>difficile</strong>–associated disease per 100,000 inpatients upon discharge from hospitals in Germany<br />

Ralf-Peter Vonberg, Frank Schwab,† Petra Gastmeier; EID, Vol. 13, No. 1 • January 2007


Epidemiologie<br />

• 3-7% ges<strong>und</strong>e Träger/Erwachsene<br />

• im Laufe des Krankenhausaufenthaltes<br />

Anstieg auf 16-35%<br />

• Mehrzahl der bei Aufnahme pos. Patienten bleibt<br />

asymptomatisch<br />

• 15-70% der Patienten, die Clostridium <strong>difficile</strong> im<br />

Krankenhaus erwerben entwickeln eine Diarrhoe<br />

• 60% ges<strong>und</strong>e junge Säuglinge


Erreger: Clostridium <strong>difficile</strong><br />

• Grampositives anaerobes Stäbchenbakterium<br />

• Kultivierbar auf speziellen Nährmedien<br />

• Toxinbildner (Toxin A = Enterotxin)<br />

(Toxin B = Zytotoxin)<br />

• Dauerform: Sporenbildner!<br />

Hygienisch problematisch!


Risikopatienten für CDAD<br />

Bekannte Risikofaktoren:<br />

- Antibiotika -Therapie<br />

in den letzten 6 Monaten<br />

- hohes Alter<br />

- Krankenhausaufenthalt (> 3-4d)<br />

- abdominal-chirurgische Eingriffe<br />

- Gastrointestinale Erkrankungen<br />

- Sondenernährung<br />

- Chemotherapie


Klinik:<br />

Beginn 5 – 10 Tage nach Antibiotikatherapie<br />

akute wässrige Diarrhö, selten blutig<br />

Kolitis mit Pseudomembranen<br />

krampfartige Unterbauchschmerzen<br />

ev. erhöhte Temperatur<br />

Leukozytose im Blut <strong>und</strong> Stuhl<br />

Komplikationen:<br />

Dehydratation, Elektrolytentgleisung<br />

Toxisches Megakolon<br />

Darmperforation mit Sepsis


Diagnose/ Nachweis<br />

• Toxinnachweis:<br />

Elisa: Toxin A- <strong>und</strong> B- Nachweis; Dauer: 2-3 St<strong>und</strong>en,<br />

Sensitivität 53%<br />

<strong>und</strong><br />

• kultureller Nachweis: obligat anaerobes Wachstum auf<br />

Selektivnährböden nach 48-72 St<strong>und</strong>en;<br />

Sensitivität 89%<br />

Diagnostik für C. <strong>difficile</strong> bei initial negativem Bef<strong>und</strong><br />

erneute Einsendung von ein oder zwei Stuhlproben


Therapie:<br />

Beendigung der laufenden Antibiotikatherapie,<br />

falls möglich sistieren der Durchfälle<br />

Therapiebedürftige Fälle:<br />

für 10 Tage:<br />

- Metronidazol 500 mg/ 8h, p.o. oder<br />

- Vancomycin 125 mg/ 6h, p.o.<br />

Cave: Kolonisierung von <strong>VRE</strong>!<br />

Therapieschema<br />

im<br />

Deutschen<br />

Ärzteblatt<br />

2007<br />

Erste Zeichen klin. Besserung nach ca. 72 St<strong>und</strong>en


Rezidive:<br />

Rezidivierende Effekte (bis – 30%), unabhängig von<br />

Art <strong>und</strong> Dosis der Therapie<br />

Definition:<br />

erneute Symptome innerhalb von 3 – 21Tagen nach<br />

Beendigung o.g. Antibiotikabehandlung<br />

Rezidive entstehen nicht durch Ausbildung von<br />

Resistenzen, sondern beruhen auf Reinfektion oder<br />

unvollständige Eradikation


Vielen Dank<br />

Roesebeckstr. 4-6<br />

30449 Hannover<br />

Fon 0511/4505-0<br />

Fax 0511/4505-140<br />

für Ihre<br />

Aufmerksamkeit!<br />

Dr. med. Karin Schwegmann<br />

www.nlga.niedersachsen.de

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