Herunterladen - Ärztekammer Oberösterreich
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Coverstory<br />
Aktuelles<br />
OÖ Spitalsärzte<br />
Die Arbeitsbedingungen für <strong>Oberösterreich</strong>s<br />
Spitalsärzte verschlechtern sich. Bürokratie,<br />
Zeitdruck und lange Dienstzeiten machen den<br />
Medizinern das Leben schwer – mehr noch als<br />
2010 und als im Österreich-Schnitt. Das zeigt<br />
eine repräsentative IFES-Umfrage, die im Auftrag<br />
der <strong>Ärztekammer</strong> durchgeführt wurde. Besonders<br />
bedenklich: 67 Prozent der Spitalsärzte<br />
halten es für unwahrscheinlich, mit 65 Jahren<br />
ihre Tätigkeit noch ausüben zu können. Unter<br />
den Turnusärzten sind es sogar 80 Prozent.<br />
Spitalsärzte gehen in ihrem Beruf auf,<br />
aber Politik lässt sie im Stich.<br />
„Wir pfeifen in <strong>Oberösterreich</strong> aus dem letzten<br />
Loch“, stellt Dr. Harald Mayer, Obmann der oö.<br />
Spitalsärzte, fest. „Wir haben kaum noch Turnusärzte<br />
und alles, was uns als Verbesserungen verkauft<br />
wird, ist nur Schein. Wir müssen die gleiche<br />
Arbeit in kürzerer Zeit erledigen, das erhöht<br />
den Druck. Der Bürokratieschimmel wiehert hier<br />
lauter als im übrigen Österreich, das erleben wir<br />
täglich mit unseren EDV-Programmen, die unsere<br />
Arbeit mehr behindern als erleichtern.“<br />
„Wir pfeifen in <strong>Oberösterreich</strong> aus dem<br />
letzten Loch. Wir haben kaum noch Turnusärzte<br />
und alles, was uns als Verbesserungen<br />
verkauft wird, ist nur Schein.“<br />
Dr. Harald Mayer,<br />
Obmann angestellte Ärzte OÖ<br />
„Überall dort, wo wir am Patienten arbeiten, wo es<br />
um Zusammenarbeit und Teamwork geht, sind wir<br />
Ärzte zufrieden. Jeder macht seinen Beruf gerne,<br />
an Freude und Engagement mangelt es uns nicht,<br />
das sieht man bei allen Umfragen“, fasst Präsident<br />
Dr. Peter Niedermoser zusammen. „Auch haben<br />
wir in vielen Bereichen bewiesen, dass uns Kosten<br />
und Effizienz nicht egal sind.“ Doch die Politik<br />
verschlechtere die Rahmenbedingungen laufend.<br />
Ihr sei auch vorzuwerfen, dass sie der Bevölkerung<br />
Sand in die Augen streue – sie habe die Patienten<br />
„Kein Wunder, dass ein Arzt ab dem<br />
55. Lebensjahr frustriert ist und die Nase<br />
voll hat."<br />
Dr. Peter Niedermoser,<br />
Präsident <strong>Ärztekammer</strong> für OÖ<br />
leiden unter großem Druck<br />
nicht informiert, dass die Gesundheitsreform längere Wartezeiten bringt<br />
und Patienten früher entlassen werden. „Die Politik macht uns Ärzte zum<br />
Überbringer der bösen Botschaft. Wir sind erste Adresse für den Unmut<br />
der Patienten, können aber überhaupt nichts dafür.“ Kein Wunder, „dass<br />
die Kollegen die Nase voll haben!.“<br />
Konkret fordert die <strong>Ärztekammer</strong> für OÖ:<br />
■ Weniger Bürokratie<br />
■ 25 statt 32 Stunden maximaler Dienstdauer<br />
Beschränkung der maximalen Wochenarbeitszeit<br />
■ Ältere Ärzte verstärkt für Ausbildung einsetzen<br />
■ Ausbildung verbessern<br />
■ Weniger Druck zur Absicherungsmedizin – gesetzliche Bedingungen<br />
ändern und Medizinrecht entkriminalisieren<br />
■ Die bei der Gesundheitsreform angekündigte Stärkung der<br />
Ordinationen und Verlagerung eines Teils der Versorgung von<br />
den Ambulanzen in die Ordinationen<br />
Mehr Zeit für die Patienten.<br />
Verwaltungsaufgaben und Patientendokumentation sind laut Umfrage der<br />
ärgste Stressfaktor für die Mediziner. „Dort, wo wir bereits Stationsassistenten<br />
einsetzen, haben sich diese bestens bewährt. Sie nehmen uns die<br />
Dokumentation ab, sodass wir uns auf die Kernkompetenz konzentrieren<br />
können – die Behandlung von Patienten", betont Dr. Harald Mayer. Diese<br />
Entlastung sei für die gesamte Spitalsärzteschaft dringend erforderlich.<br />
Dienstzeiten reduzieren.<br />
Nach der Bürokratie erleben die Spitalsärzte den Zeitdruck als (sehr) belastend.<br />
Der Anstieg von 37 auf 43 Prozent innerhalb von drei Jahren ist<br />
bedenklich. Durch Überstunden, lange Dienste und Nachtdienste fühlen<br />
sich 40 Prozent der Ärzte stark belastet, das ist gegenüber den 34 Prozent<br />
von 2010 und 29 Prozent 2003 alarmierend. „Dieser Aufwärtstrend muss<br />
unbedingt gestoppt werden“, fordert Dr. Harald Mayer.<br />
Die Forderung nach 25 statt 32 Stunden maximaler Dienstzeit müsse<br />
endlich umgesetzt werden, ebenso die Reduktion der Wochenarbeitszeit.<br />
Besonders betroffen sind die Turnusärzte mit bis zu 70 Wochenstunden.<br />
„Wir trommeln seit Jahren, dass deren Arbeitsumstände extrem belastend<br />
sind und zeigen Alternativen und Lösungen auf. Nur: Es hört uns offenbar<br />
niemand zu.“ »<br />
Ausbildung verbessern.<br />
Für junge Ärzte sollte das Lernen, die Arbeit<br />
an den Patienten unter Aufsicht und Anleitung,<br />
im Vordergrund stehen, unterstreicht<br />
Mayer. „Die Realität sieht oft<br />
anders aus: Routine- und Pflegetätigkeiten<br />
bestimmen den Alltag<br />
der Turnusärzte, für die Ausbildung<br />
bleibt zu wenig Zeit.“ Eine<br />
Top-Ausbildung sei das Gebot<br />
der Stunde – davon profitierten<br />
Kollegen, Spitalsträger und natürlich<br />
die Patienten.<br />
„Wir fordern seit langem, erfahrene<br />
Ärzte aus dem stressigen Nacht- und<br />
Schichtdiensten herauszunehmen<br />
und für die Ausbildung einzusetzen“,<br />
sagt Dr. Peter Niedermoser.<br />
Wertvolles Wissen würde sinnvoll<br />
genutzt. „Dabei muss der Entfall von<br />
Zuschlägen natürlich ausgeglichen<br />
werden.“<br />
Medizinrecht entkriminalisieren.<br />
Patienten werden in Ambulanzen auf<br />
Herz und Nieren untersucht – um ja<br />
nichts zu übersehen und möglichen Beschwerden<br />
und Klagen zu entgehen. Dabei<br />
ist einem Arzt oft nach einer Untersuchung<br />
schon klar, woran der Patient (nicht)<br />
leidet. Selbst wenn ein Fehler passiere, dürfe<br />
das nicht den Verlust der Existenz bedeuten.<br />
„Deshalb fordern wir eine Entkriminalisierung<br />
der Medizin“, sagt Dr. Niedermoser.<br />
Gerade in <strong>Oberösterreich</strong> Ärzte sehr<br />
schnell zu Bauernopfern geworden.<br />
Es gelte, in Österreich ein<br />
System wie in Skandinavien<br />
einzuführen, mit einer ausgeprägten<br />
Fehlerkultur und<br />
Checklisten, und „wo Ärzte<br />
wegen eines Fehlers nicht<br />
als Verbrecher abgestempelt<br />
werden!“<br />
■<br />
Franz Schöffmann »<br />
© Fotolia.de<br />
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OÖ ÄRZTE | September 2013<br />
OÖ ÄRZTE | September 2013 7