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Zwei Sterne für Cutter

Buch © Andrea Rongen Autorenseite: http://andrearongen.wix.com/andrea-rongen

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<strong>Zwei</strong> <strong>Sterne</strong> <strong>für</strong> <strong>Cutter</strong><br />

>Späte Rache<<br />

Kapitel 1<br />

Tawsen, so hieß die kleine Stadt im Nordwesten Amerikas. Es war ein ruhiges Städtchen, mit einer<br />

Kirche einem Generalstore, sogar eine Schule gab es dort. Das Schulhaus stand etwa eine Meile<br />

westlich außerhalb Tawsen. Damit blieb der Lärm der Kinder aus der Stadt und die Farmerjungen<br />

und Mädchen konnten sie gut erreichen. Auf einer kleinen Farm lebte die Familie Ryder. Mrs.<br />

Ryder war eine gute und fleißige junge Frau. Sie arbeitete hart um das bisschen Ernte des kleinen<br />

Feldes zu verarbeiten. Mr. Ryder kannte man eigentlich nur betrunken. Die meiste Zeit verbrachte<br />

er im Saloon und gab das hart verdiente Geld seiner Frau aus.<br />

Als die Beiden vor einem Jahre heirateten, war Paul Nikolas Ryder ein Mann mit großen Träumen.<br />

Zusammen mit seiner Frau Jodie kaufte er die kleine Farm auf und brachte das fast abbruchreife<br />

Häuschen wieder in Ordnung. Mit Fleiß und Schweiß reparierte er die Zäune.<br />

Schon nach kurzer Zeit kam ihre Tochter Kimberley zur Welt. Ein hübsches Mädchen mit lockigem<br />

schwarzem Haar. Alle in der Stadt kannten sie wenn sie mit ihrer Mutter zum Einkaufen kam, und<br />

jeder mochte das freundliche Kind. Fünf Jahre später bekam Jodie nach zwei Fehlgeburten einen<br />

Jungen. Der kleine Nick hatte wie seine Schwester blauschwarzes Haar und dunkelbraune<br />

leuchtende Augen. Die Familie hätte ein glückliches Leben haben können wenn nicht drei Jahre<br />

hintereinander Stürme, Dürre und Wassernot die Ernten vernichteten. Die vier Rinder die der<br />

Anfang einer großen Herde werden sollten, gingen ein. Nicht einmal der Hund den Nick so liebte<br />

überlebte die Trockenheit. Die Hitze war gnadenlos. Tag <strong>für</strong> Tag brannte die Sonne und nicht eine<br />

Wolke zog am Himmel. Die Winter hingegen brachten eisige Kälte und ließen die Felder bis weit in<br />

den Frühling unpflügbar.<br />

Die Schulden der Ryders stiegen. Die Bank wollte ihr Geld. Paul kam mit diesem Druck nicht klar.<br />

Für Ihn gab es nur noch einen Ausweg; der Whiskey.<br />

*<br />

Die nächsten Nachbarn der Ryders war die Familie Armstrong. Lilly und Ronald Armstrong. Sie<br />

hatten keinerlei Geldsorgen, denn Ronald war Bankier. Ihm gehörte die Bank in Tawsen. Ihr<br />

einziger Sohn Jett war schon mit vier Jahren Nick´s bester Freund, was Ronald ganz und gar nicht<br />

gefiel. Jett war ein Jahr jünger als Nick und auch einen halben Kopf kleiner. Sein Haar war<br />

dunkelblond, seine Augen strahlten ein helles Blau. Nick und Jett wurden unzertrennliche Freunde.<br />

Auch wenn der junge Jett immer ärger mit seinem Vater bekam, traf er sich mit Nick in einer<br />

Felsenhöhle. Ihr Geheimtreff wie sie es nannten lag fast in der Mitte der beiden Farmen mitten im<br />

Wald.<br />

Zusammen spielten sie oft bis zur Dämmerung. Am liebsten klauten sie Äpfel vom alten Wikox.<br />

Man musste bei ihm immer auf der Hut sein, denn er konnte <strong>für</strong> sein Alter noch sehr schnell laufen.<br />

Außerdem besaß er ein altes Sharpsgewehr, mit dem er sich auch nicht scheute auf Kinder zu<br />

schießen.<br />

So kam es das der neunjährige Nick einmal hoch im Baum saß und Ihn kommen sah. Er konnte Jett<br />

noch warnen, kam aber selbst nicht schnell genug vom Baum runter. Der Alte Wilkox schoss. Die<br />

Kugel zischte an Nicks Hals vorbei und hinterließ eine sengende breite Wunde. Nick fiel vom<br />

Baum, blieb <strong>für</strong> Sekunden benommen liegen. Doch bevor der Alte bei Ihm war griff Jett ihn am<br />

Arm und zog ihn mit sich unter den Zaun durch und zur Höhle. Jett Armstrong verband die blutende<br />

Wunde mit seinem Halstuch. „ Nein Jett. Du bekommst doch ärger wenn du ohne das Tuch nach<br />

Hause kommst!“<br />

1


Sagte Nick und wollte den Knoten schon lösen, als Jett ihm die Hand reichte und lächelte.“ Ach na<br />

und. Mir wird schon was einfallen. Als ich das Loch ins Tuch gerissen hatte, hat Mutter auch<br />

geschimpft und ich musste <strong>für</strong> zwei Tage in mein Zimmer.“ Jett sah seinen Freund nun grinsend an<br />

und bemerkte, “ außerdem liegt mein Fenster genau über dem Scheunendach. Mutter fällt es gar<br />

nicht auf wenn ich <strong>für</strong> ein paar Stunden durchs Fenster verschwinde. Wenn die Wunde nicht mehr<br />

blutet gibst du es mir wieder.“ Sie umarmten sich und Nick flüsterte in sein Ohr.“ Du bekommst es<br />

gleich Morgen wieder zurück. Danke. „<br />

Aber Nick konnte es ihm nicht wieder geben. Als er an diesem Abend nach Hause kam hörte er von<br />

weitem schon seine Mutter schreien. Er rannte auf das Haus zu und riss die Tür auf.<br />

“Ma, was ist los? “ Voller entsetzen starrte er auf den Boden, auf dem seine Mutter lag. Ein<br />

fremder Mann saß auf ihr. Sein schmutziges kragenloses Hemd hing aufgeknöpft über der<br />

geöffneten Hose. Er drehte sich kurz um und sah dem Jungen ins Gesicht. Nick erschrak vor dieser<br />

verzerrten Grimmasse. Whiskey tropfte den Fremden aus seinem unrasierten drei- tage- Bart. Er<br />

lachte laut auf, wobei die gelben schief stehenden Zähne zum Vorschein kamen. Mrs. Ryders Kleid<br />

war zerrissen, ihr Haar war durcheinander. Mit aller Gewalt versuchte sie sich zu befreien, aber<br />

gegen die starken Hände des Mannes hatte sie keine Chance. Er drückte ihre Arme auf dem Boden<br />

mit nur einer Hand. In der anderen hielt er eine Whiskeyflasche die er hin und her schwenkte. Nick<br />

stand in der Tür. Er war nicht in der Lage sich zu bewegen. Wie erstarrt stand er da. Er wollte los<br />

schreien, aber es kam kein Ton aus seiner Kehle. Mr. Ryder saß am Küchentisch, rücklings auf dem<br />

Stuhl. Er war so betrunken das er nicht mal seinen Sohn bemerkte. Aus glasigen Augen stierte er<br />

auf die Szene die sich vor ihm abspielte. Mit schwankendem Kopf blickte er zur Tür und lallte.“<br />

Nick! Junge. Ich habe deiner Mutter einen richtigen Mann gebracht. Siehst du? Ich war ihr nicht<br />

mehr gut genug.<br />

Nein ! Einen Säufer nannte sie mich. Ich solle gehen. Hörst du? Rausschmeißen will deine Mutter<br />

mich aus meinem eigenen Haus. Wenn ich nicht mehr gut genug <strong>für</strong> sie bin dann soll sie sich mit<br />

einem anderen vergnügen. Ich habe ihr einen mitgebracht. Sieh nur. Es gefällt ihr.“<br />

Nick wusste nicht was er tun sollte. „ Ich muss ihr helfen!“ hämmerte es in seinem Kopf, aber seine<br />

Beine wollten dem Befehl nicht gehorchen. Erst als seine Mutter rief, “ lauf weg Nick. Lauf!“ kam<br />

wieder Leben in ihm. Nick wollte gerade auf dem Fremden zu rennen als die Whiskeyflasche vor<br />

seinen Füßen zerschellte. Der scharfe Geruch von Alkohol stieg ihm in die Nase. Dann sah er das<br />

Messer in der Hand des widerlichen Mannes. Und jetzt schrie seine Mutter. In ihrer Stimme hörte er<br />

die panische Angst. „ Lauf doch Nick!“ Der Junge riss am Ärmel seines Vaters.“ Pa ! hilf ihr<br />

doch.“ Aber als Paul Ryder seinen Sohn ansah, sah Nick seine kalten ausdruckslosen Augen. Dann<br />

kippte er völlig betrunken vom Stuhl und blieb reglos am Boden liegen. Nick drehte sich um, er<br />

wollte seiner Mutter helfen aber was er dann sah ließ ihn rückwärts zur Tür stolpern.<br />

Blut bedeckte die blanken Dielen und färbte sie rot. Jodie Ryder lag reglos da. Aus einer<br />

Schnittwunde am Hals Quoll Blut, das sich über ihre Schultern verteilte und auf dem Boden<br />

tropfte. Nick stand wieder im Türrahmen. Der Mann drehte den Kopf zu ihm hin, sein Blick wurde<br />

plötzlich starrend. Er sah dem Jungen in die Augen und Nick wurde klar: Er war Zeuge eines<br />

kaltblütigen Mordes. Nur <strong>für</strong> Sekunden schaute er auf seinen bewusstlosen Vater, dann rannte Nick<br />

davon. Er rannte so schnell er konnte. Völlig außer Atem erreichte er die Höhle, kroch bis ans<br />

hintere Ende und hockte sich an die Wand. Jetzt erst überkam ihm ein Weinkrampf. Die Bilder der<br />

letzten zehn Minuten schwirrten durch seinen Kopf, ließen ihn nicht los. Immer wieder sah er das<br />

Blut vor seinen Augen. Er hörte die Stimme seiner Mutter. Das Lachen des Mörders.<br />

Plötzlich war ein Geräusch am Eingang zu hören. Nick hielt den Atem an. Schweißperlen rannen<br />

die Stirn herunter. Dann hörte er eine bekannte Stimme. „ Nick, bist du hier?“<br />

Es war Jett der mit einem Windlicht den vorderen Teil der Höhle erhellte. Nick wischte sich die<br />

Tränen aus den Augen und ging auf seinen Freund zu. „ Jett.“ Mehr konnte er nicht sagen, denn<br />

schon wieder schüttelte ihn ein Weinkrampf und er konnte die Tränen nicht zurück halten. Jett<br />

nahm seinen Freund in den Arm. Er drückte ihn fest an sich und fragte. „ Was ist passiert? Man<br />

sucht dich überall. Deine Mutter ist….“ Weiter kam er nicht. Er wusste nicht wie er es Nick sagen<br />

sollte.<br />

2


Paul Ryder und der Fremde saßen in der Stadt im Jail. Sie ritten nach dieser Tat nach Tawsen. Es<br />

war beiden nicht bewusst was sich auf Ryders Farm abgespielt hatte. Völlig betrunken prahlten sie<br />

damit wie viel Spaß sie hatten. Der Mörder hatte sogar noch das blutverschmierte Messer im<br />

Hosenbund stecken.<br />

Der Sheriff und sein Deputy suchten die beiden Kinder Kim und Nick. Aber von Beiden fand man<br />

keine Spur.<br />

Nick riss sich von Jett los. Der Schock saß so tief das er nur stammeln konnte.“ Er hat sie<br />

umgebracht…... tot. Ich wollte….dann das Blut.“ Jett versuchte ihn zu beruhigen. Aber Nick hörte<br />

nicht was er sprach. Er stieß ihn beiseite und rannte aus der Höhle. Ihm nachzulaufen hätte wenig<br />

Sinn gemacht, denn Nick war immer schon viel schneller als Jett. So wartete Jett auf ihn. Er sah auf<br />

das Schulbuch das in der Ecke lag. Seit Nick vor einem Jahr von der Schule verwiesen wurde weil<br />

er<br />

eine Schlägerei hatte, brachte Jett ihm jeden Tag alles bei was er im Unterricht gelernt hatte. Tränen<br />

rannen seinen Wangen runter.“ Dabei hatte Nick mich doch nur verteidigt gegen den großen<br />

Angeber Jack.“ Dachte er. In Erinnerungen versunken schlief Jett weit nach Mitternacht ein. Aber<br />

auch am Morgen war Nick nicht wiedergekommen.<br />

Ein Suchtrupp wurde losgeschickt. Doch man fand weder das Mädchen noch Nick.<br />

Kapitel 2<br />

Zwanzig Jahre später….<br />

<strong>Cutter</strong>, eine Stadt weit im Süden Amerikas. Nur ein paar Meilen von der Mexikanischen Grenze<br />

entfernt.<br />

Vor einiger Zeit noch kamen viele Outlaws und schießwütige Cowboys nach <strong>Cutter</strong>. Hier weit im<br />

Süden und so nah an der Grenze konnte man sich auslassen.<br />

Immer mehr Bürger verließen die Stadt aus Angst. Der Sheriff hatte längst seine Koffer gepackt und<br />

den nächsten Zug genommen nachdem man ihm zweimal das Office abbrannte und ihn mit einer<br />

Kugel fast Töteten. Das wilde Treiben ging so weiter bis eines Tages ein Mann nach <strong>Cutter</strong> kam der<br />

den Stern annahm.<br />

Seit dieser Zeit herrschte wieder ruhe in der Stadt. Und er wurde zum Marshall vereidigt.<br />

Es war ein Heißer Sommertag. Die Sonne brannte vom Himmel, der Staub wirbelte mit jedem<br />

Hufschlag seines Pferdes auf. „ Endlich „ dachte Jett, „ da ist <strong>Cutter</strong>. Meine Kehle ist schon ganz<br />

trocken.“ Er fasste sich mit einer Hand an den Hals und räusperte. In seiner Wasserflasche war kein<br />

tropfen mehr und auch sein Pferd setzte müde einen Schritt vor dem anderen.<br />

Einige Minuten später ritt er durch die Mainstreet. Auf beiden Seiten reihten sich Häuser<br />

aneinander. Links gingen noch einige Straßen rein, während auf der rechten Seite ein schmaler<br />

Flusslauf hinter den Häusern verlief. Es war eine Menge los auf der Straße. Wagen wurden<br />

beladen. Frauen mit Körben kamen aus dem Generalstore, blieben auf dem Stepwalk stehen und<br />

unterhielten sich. Das gleichmäßige Hämmern aus der Schmiede war zu hören. Jett sah sich<br />

verwundert um. „Machen die hier denn keine Siesta bei der Bruthitze?“ murmelte er. Vor Murphys<br />

Mietstall stieg Jett Armstrong aus dem Sattel. Das große Tor stand offen. Jett nahm sein Pferd am<br />

Zügel. Während er hineinging rief er, “ Hallo! Ist hier jemand?“ Einen Augenblick lang tat sich gar<br />

nichts, doch dann kam ein älterer Mann links aus einer Tür. „ Natürlich ist hier jemand. Ich bin<br />

immer da.“ Der Mietstallbesitzer Murphy lachte. „ Was kann ich denn <strong>für</strong> sie tun Mister?“ fragte er<br />

schließlich. Jett sah sich um. Es war ein sehr sauberer und gepflegter Stall. Mit vielen Boxen. Er<br />

deutete mit dem Daumen hinter sich und sagte, “ Ich würde gern mein Pferd hier unterstellen. Es<br />

3


aucht ein schattiges Plätzchen, Wasser und guten Hafer.“ Murphy sah sich das Tier genau an. Er<br />

strich über die Mähne und meinte, “ Ja, das es einiges hinter sich hat ist nicht zu übersehen. Wie<br />

lange sind sie schon unterwegs bei dieser Hitze?“ Jett seufzte und überlegte kurz bevor er<br />

antwortete.“ Na ja. Es sind schon fast acht Jahre die ich so durch die Lande ziehe.“ Noch einmal<br />

musterte Murphy das Pferd. Er tastete die Beine ab. Von unten her bemerkte er. „ Das ist aber ein<br />

edles Tier. Hat schöne kräftige Muskeln. Und ist gut gebaut.“ Stolz sagte Jett, „ da haben sie recht.<br />

Sie verstehen wohl einiges von Pferden?“ Der Alte lachte.“ Natürlich, das gehört ja auch zu<br />

meinem Job.“ „ Und was verlangen sie <strong>für</strong> sagen wir mal…voraussichtlich zwei Tage?“ Murphy<br />

kratzt seine grauen Bartstoppeln. „ Mit Abreiben, striegeln und Futter pro Tag einen halben Dollar.“<br />

„ Geht klar. Das ist ein fairer Preis.“ Jett kramte in seiner Hosentasche und holte einen Dollar<br />

hervor. Noch ehe er den Stall verließ rief ihm der Alte nach.“ Ich mache ihm noch ein paar<br />

Umschläge. Das wird dem Tier gut tun nach so einem Ritt. Mister----„ „ Armstrong ist mein Name.<br />

Jett Armstrong. Mein Pferd heißt Tänzer. Weil er immer rumtänzelt und selten ruhig dasteht. Also<br />

passen sie beim Striegeln auf das er ihnen nicht auf den Fuß tritt.“ „ Keine Sorge Mister Armstrong.<br />

Er wäre ein guter Hengst <strong>für</strong> Lady.“ Jett drehte sich noch mal um und fragte „ Wer ist Lady?“<br />

Grinsend antwortete Murphy „ das ist die Stute von unserm Marshall. Ein Prachtstück. Genau so<br />

Temperamentvoll.“<br />

Jett ging den Square entlang bis runter zum Saloon. Er ging gleich auf die Theke zu.<br />

„ Was trinken Sie?“ fragte der Barkeeper. Sein dicker Bauch füllte fast den ganzen schmalen Gang<br />

hinter der Theke aus. Sein Hemd war leicht verschwitzt, ansonsten aber sauber. Die schmalen<br />

Augen<br />

mit den buschigen Brauen schauten den Fremden aufmerksam an. Jett legte die Hände aufs Blech<br />

und sagte.“ Ich nehme ein kühlen Bier.“ Der Dicke Keeper nahm ein Glas vom Regal und füllte es<br />

mit Bier. Der Schaum lief ein wenig über den Rand hinaus und tropfte an den dicken Fingern des<br />

Barmanns herunter, die das Glas umfassten. Er stellte es vor Jett ab, trocknete seine Hände an der<br />

Schürze ab und brummte.“ Macht einen viertel Dollar.“ Jett legte dem Wirt einen halben Dollar auf<br />

das Thekenblech und prostete ihm zu.“ Ich nehme gleich danach noch eins. Hab einen riesen Durst.<br />

Eigentlich könnte ich gleich das ganze Fass leeren.“ Der Keeper lachte wobei die runden<br />

Gesichtsbacken noch dicker wirkten.“ Das sagen sie alle. Doch nach dem vierten Glas kippen sie<br />

aus den Stiefeln. Die verdammte Hitze.“<br />

Plötzlich rief eine feine Frauenstimme von der Tür her. „ Hallo George, hast du schon was von<br />

unserem Marshall gehört?“ Jett blickte zu ihr hin. Eine junge Frau mit langem schwarzem Haar trat<br />

an die Theke. Ihr blaues Kleid mit Spitzen abgesetzt, legte sich um ihre schlanke Taille. „ Keine<br />

Sorge, Mrs. Jones. Er ist spätestens bis Morgen wieder hier.“ Antwortete ihr George der Keeper. Er<br />

sah ihre Hände. Nervös spielte sie mit dem Schleifenband an ihrem Kleid. „ Ja. Sie haben bestimmt<br />

Recht. Aber ich habe seit Tagen nichts mehr von ihm gehört. Kein Telegram, kein Brief.“ Seufzend<br />

verließ sie den Saloon. Jett schaute ihr nach. Völlig in Gedanken versunken haftete sein Blick auf<br />

ihren anmutigen Gang. Bis Ihn die Stimme des Keepers aus seiner starre weckte. „ Das würde ich<br />

nicht tun.“ Sagte er. Erschrocken blickte Jett auf.“ Was würden sie nicht tun?“ Mit dem Kopf wies<br />

George zum Ausgang während seine Hände ein Glas abtrockneten.“ Mich in sie verlieben...“ Jett<br />

lächelte, “ Sie ist hübsch.“ „ Ja verdammt das ist sie. Aber sie liebt nun mal den Marshall. Und ihm<br />

ist das sogar sehr recht.“ Mit einem Augenzwinkern machte er seinem, im Moment einzigem,<br />

Kunden klar, dass er bei ihr keine Chance haben würde. „ Ihr Marshall kann sich wirklich glücklich<br />

schätzen. Eine prachtvolle Stute, eine hübsche Braut, was will man mehr.“<br />

Mit einem Taschentuch wischte George sich den Schweiß von der Stirn. Dann sagte er.“ Er hat es<br />

verdient. Sie wissen ja nicht was er schon alles durchgemacht hat. “Fragend schaute Jett ihn an.<br />

Dann erklärte der Keeper mit kurzen Worten.“ Vor vier Jahren brachte man seine Frau und seinen<br />

einjährigen Sohn um. – er musste alles mit ansehen – und konnte nicht helfen weil er schwer<br />

verwundet war. Das hatte ihn sehr mitgenommen. Die Mistkerle laufen immer noch frei herum.“<br />

„ Und Heute?“<br />

4


„ Na ja, die Zeit heilt alle Wunden. Als Marshall hat er genug Arbeit die ihn ablenkt von der<br />

Trauer.“<br />

Schweigend standen die beiden Männer im Saloon, als die Schwingarme am Eingang aufgedrückt<br />

wurden. Ein Mann, ganz in schwarz gekleidet kam auf die Theke zu. Der Hut war tief ins Gesicht<br />

gezogen. Mund und Nase waren mit einem roten Halstuch bedeckt. Staub bedeckte seine schwarze<br />

Kleidung. Der Revolver hing lässig und locker an der rechten Hüftseite. Die Metallnieten um seinen<br />

Hut waren matt von Staub und Schmutz. George rief ihm sofort zu.“ Schön sie wieder zusehen<br />

Marshall. Ein Bier ? „ Der Marshall sagte mit fester Bestimmtheit, “ Ja danke. Ich bin froh wieder<br />

in der Stadt zu sein. Der Staub da draußen und die heiße Sonne machen einen völlig fertig, und<br />

müde bin ich auch.“ Er schaute sich im Saloon um.“ Nicht viel los hier!“ stellte er fest. Außer Jett<br />

und dem Keeper war ja sonst niemand anwesend. George seufzte resignierend.“ Tja, bei der<br />

Gluthitze bleibt das nicht aus Warte bis heute Abend, wenn es sich abgekühlt hat.“ Jett beobachtete<br />

den Marshall. Irgendetwas an ihm ließ Jett keine Ruhe.“ Verdammt „ dachte er. „ woher kenne ich<br />

ihn?“<br />

Der Marshall nahm seinen Hut ab und klopfte den Staub am Hosenbein aus. Da erst bemerkte er,<br />

dass der Gast an der Theke ihn intensiv beobachtete. George stellte das Bierglas hin und der<br />

Marshall prostete dem Fremden damit zu.“ Stimmt irgendetwas an mir nicht Mister?“ fragte er Jett.<br />

„ Nein, nein alles in Ordnung.“<br />

„ Na dann.“ Er band sein Halstuch ab und schüttelte auch hier den feinen Sand heraus. Dann legte<br />

er das Tuch auf die Theke. Jett nahm gerade einen schluck aus seinem Glas und hätte sich fast<br />

verschluckt als er die Narbe am Hals des Marshalls sah. Sie war sehr klein und kaum auffallend,<br />

aber Jett hatte sie dennoch wieder erkannt. Er starrte auf das Tuch das an einer Ecke geflickt war.<br />

Jett setzte das Glas auf die Theke. „ Ist ihnen nicht gut?“ fragte der Marshall. Jetts Augen leuchteten<br />

und er konnte es kaum aussprechen. Wirre Gedanken gingen ihn durch den Kopf.“ Was ist wenn<br />

ich mich irre. Ich dachte er wäre Tot. Nein er muss es sein.“ Dann gab er sich endlich einen Ruck.<br />

Er ging einen Schritt auf den Marshall zu, blickte ihm in die Augen und sagte, “ Nick? --- Nick<br />

Ryder aus Tawsen?“ Zögernd und voller Hoffnung wartete er nun auf die Reaktion des Marshalls.<br />

Aber es kam erst mal keine. Mit fragendem Blick schaute er den Fremden an. Dann lächelte Jett.<br />

Denn er war sich nun ganz sicher. “ Du hast mein Tuch immer noch.“ Der Mann vor ihm konnte<br />

niemand anderes sein als sein bester Freund aus Kindeszeit Nick Ryder. Sein Herz pochte nun wie<br />

wild.<br />

„ Jett Armstrong! Du bist es. Mensch ist das zu glauben?“ Die Freunde reichten sich erst die Hand<br />

und fielen sich dann in die Arme. George der hinter seiner Theke die Szene beobachtete, wurde von<br />

der Freude der beiden Männer angesteckt und lachte laut drauf los bis er dann bemerkte, “ Das gibt<br />

es doch nicht. Da treffen sich zwei alte Freunde am Ende der Welt und auch noch in meinem<br />

Saloon. Wann habt ihr euch denn das letzte Mal gesehen?“ „ Warte mal überlegen… „ sagte Nick.<br />

Nach kurzer Rechnerei blickte er auf, “ Zwanzig Jahre.“ Kam es fast gleichzeitig von Jett und Nick.<br />

„ Was treibt dich hier hin. So weit runter in den Süden.“<br />

Jett zog die Schultern hoch und ließ sie langsam wieder sinken.“ Ach ich bin auf der Suche.“ Sagte<br />

er.<br />

Erstaunt blickte Nick ihm in die Augen. „ Auf der Suche nach was?“<br />

„ Das weiß ich selber nicht. Ich Ziehe nun schon so lange durch die Gegend. Ich wollte nur weg von<br />

zu Haus. Ein Ziel habe ich nie gehabt. Mal hier mal da, und wo es mir gefiel blieb ich etwas länger,<br />

aber nie <strong>für</strong> immer. Aber was ist mit dir? Was hast du die letzten zwanzig Jahre so gemacht?“<br />

Aus den Augenwinkeln bemerkte Nick das George aufmerksam zu hörte. Er klopfte seinem Freund<br />

auf die Schulter. „ Komm` lass uns rüber gehen in mein Office. Dann erzähl ich dir alles.“<br />

Jett konnte nicht warten. Noch auf dem Weg zum Office fragte er, “ Wie kamst du auf die Idee<br />

Marshall zu werden?“<br />

Ohne sich nach Jett umzudrehen sagte Nick Ryder im weitergehen, “ Tja, das hat sich so ergeben,<br />

und es ist ein abwechslungsreicher Job.“<br />

5


„ Was ich hier so alles von dir gehört habe...“<br />

Jetzt blieb Ryder stehen. Er zog die Augenbrauen hoch und unterbrach den Satz.“ Ich hoffe nur<br />

gutes!“<br />

Jett lächelte und wie früher schon zeigten sich beim lachen zwei Grüpchen auf seinen Wangen.<br />

„ Sicher. Die Leute hier halten etwas auf dich.“<br />

„ Mit wem hast du denn gesprochen?“<br />

„ Hm. Der Alte Mann vom Mietstall. Er wollte sogar deine Stute vom meinem Hengst decken<br />

lassen. Und eine wunderhübsche junge Dame konnte deine Ankunft kaum erwarten. Dann noch der<br />

Keeper, er hat...“<br />

„ Carol hat nach mir gefragt?“ Unterbrach Nick noch einmal seinen Freund.<br />

„ Der Keeper hat mich gleich schon vorgewarnt sie gar nicht zu scharf anzusehen:“<br />

„ Ach George. Der hat gar keine Ahnung. In seinen Augen ist jeder schon verheirate der ein<br />

Mädchen nur mal ansieht. Und der alte Murphy erzählt so wie so viel zu viel. Er macht das nicht<br />

mit Absicht, aber ein Geheimnis ist bei ihm nie gut aufgehoben.“ Mit diesen Worten öffnete Nick<br />

die Tür zu seinem Marshalloffice. „ So da währen wir. Mein Reich.“ Jett trat ein und schaute sich<br />

im Raum um. Vor der Gegenüberliegenden Wand stand ein Schreibtisch, auf dem sich ein Berg von<br />

Papieren stapelte. Stifte und Steckbriefe lagen unordentlich in der offen stehenden Schublade.<br />

Hinter dem Schreibtisch war ein großer bequemer Stuhl. <strong>Zwei</strong> einfache Stühle standen davor.<br />

Rechts war ein Aktenschrank und links ein einfaches sauber bezogenes Bett, so wie ein<br />

Gewehrständer und ein Holzofen. Der Raum besaß weitere zwei Türen. Von denen die linke zu den<br />

Zellen führte und die Rechte in eine kleine Kammer mit noch einem Bett darin.<br />

Nick ging zum Ofen, nahm Tassen vom Regal und goss Kaffee ein. Er hielt Jett eine hin. “Einen<br />

Kaffee?“ „ Ja, den könnte ich jetzt brauchen.“ Antwortete Jett Armstrong. Er blickte eine Zeit lang<br />

in seine Tasse, bis er endlich fragte.“ Was ist damals passiert? In der Stadt hielt man dich <strong>für</strong> Tot.<br />

Du bist weggelaufen und niemand hat dich mehr gesehen. Man erzählte sich das ein neunjähriger<br />

Junge keine Chance hat alleine im Wald. Zu viele hungrige Wölfe und Bären treiben sich da rum.<br />

Auch von deiner Schwester Kim hat man nichts mehr gehört.“<br />

„ Ich weiß. Ich habe selbst nach ihr gesucht. Ich habe keine Ahnung wo sie ist. Aber mit den<br />

Wölfen hast du Recht. Sie waren wirklich sehr hungrig. Ein Indianeragent half mir und nahm mich<br />

mit. Die Indianer pflegten mich gesund und ich blieb ein paar Jahre bei ihnen. Dann zog es mich<br />

weiter. Am Ende landete ich hier in <strong>Cutter</strong>. Heiratete und nahm den Job als Sheriff an. Das war’s.“<br />

Jett seufzte. Er sah runter auf seine Stiefel als er sagte, “ Ich habe von dem Unglück mit deiner<br />

Familie schon gehört. Du hattest einen Sohn?“<br />

„ Ja. Sein Name war Jetty. Jett Ryder.“<br />

Erstaunt sah Armstrong auf. Er musste lachen als er sagte.“ Du hast ihn nach mir benannt?“<br />

Jett war freudig überrascht.<br />

„ Ja. Ich habe oft noch an unsere gemeinsame Zeit gedacht. An die Höhle und an den alten Geizhals<br />

mit seinen Apfelbäumen. Als dann mein Sohn zur Welt kam, war <strong>für</strong> mich klar, er soll Jett heißen.<br />

Aber was ist mit dir? Was hast du die ganzen Jahre so gemacht?“<br />

„ Tja, wie gesagt ich reise durch die Staaten.“<br />

„ Willst du dein ganzes Leben lang auf der Reise sein?“<br />

„ Nein natürlich nicht. Ich habe nur noch nicht das Richtige gefunden.“<br />

„ Was ist denn das Richtige?“<br />

„ Gute Frage. Eine Frau, eine Familie, vielleicht auch eine kleine Farm.“<br />

„ Du auf einer Farm! Das kann ich mir nicht vorstellen.“<br />

“ Vielleicht hast du Recht. Aber ein Bankdirektor wie mein Vater, oder ein Schreibtischhocker, das<br />

ist nichts <strong>für</strong> mich. Mit Sechzehn bin ich von zu Hause fort. Die Arbeit als Bankier hat mir keinen<br />

Spaß gemacht.“<br />

„Marshall!“<br />

rief eine aufgeregte Stimme von draußen und die Tür zum Office wurde aufgestoßen. Ein junger<br />

Mann, von siebzehn Jahren, stand aufgeregt im Türrahmen. In der Hand hielt er ein Gewehr. Sein<br />

Hut sah aus als hätte er ihn gerade gekauft, steif und sauber. Sein Gesicht war noch glatt wie eine<br />

6


Mädchenwange. Nick erhob sich von seinem Stuhl. Stellte die Kaffeetasse ab und fragte.“ Was ist<br />

denn los, Cooper?“ Völlig außer Atem stotterte Lex Cooper sein Deputy. „ Bei Peggy-Sue. —Ein<br />

Betrunkener Gast. —Er lässt sie nicht mehr aus dem Zimmer.“<br />

Ryder nahm seinen Hut vom Hacken, drehte sich um und sagte, mit einem Lächeln, „ bin gleich<br />

wieder da.“ Jett sprang vom Stuhl. „ Warte, ich komme mit. Wer ist eigentlich diese Peggy- Sue?“<br />

Sie gingen mit zügigem Schritten die Mainstreet entlang, bis Nick auf ein großes rot gestrichenes<br />

Haus zeigte. „ Da vorne. Das ist Peggy- Sue`s Hotel und Restaurant. Sie kocht ausgezeichnet. Da<br />

solltest du auch mal essen.“<br />

Nick und sein Deputy gingen voran in den Hausflur. Rechts war eine Theke auf der ein dickes<br />

Gästebuch lag. An der Wand dahinter hingen viele Schlüssel an einem Board. Die grüne Tapete<br />

machte den Raum angenehm und wohnlich obwohl es ja nur ein Flur war. Nick ging die ersten<br />

Treppenstufen hoch. Er hörte Peggy`s Stimme, und die eines Mannes.<br />

Cooper blieb unten stehen. Er rief dem Marshall leise zu, “ Zimmer vier. Aber sei vorsichtig Nick.<br />

Der Kerl hat zwei Revolver!“ Nick sah sich um. Er schob seinen Hut in den Nacken und bemerkte.“<br />

Ich bin doch immer vorsichtig.“<br />

Vor dem Zimmer mit der Nummer vier blieb er stehen. Er hörte Peggy schimpfen.“ Du versoffener<br />

Kerl, nimm die Finger von mir.“ „ Halt die Klappe Süße und lass dich küssen.!“ Schallte eine<br />

betrunkene Männerstimme. Vorsichtig drehte Nick den Türknopf, aber die Tür war verschlossen.<br />

Nick stellte sich rechts an die Wand. Mit dem Lauf seines Revolvers klopfte er an die Tür. „ Hey.<br />

Hier der Marshall. Kommst du freiwillig raus, oder muss ich dich holen.“<br />

Einen Augenblick war es still. Dann brüllte der Mann, “ Verschwinde, ich hab eine Waffe. Wenn du<br />

nicht abhaust ballere ich die Süße hier ab.“<br />

Nick blieb lässig neben der Tür stehen. Er musste den Fremden in ein Gespräch verwickeln.<br />

Vielleicht wird er so wütend das er die Tür aufreißt um den Marshall abzuknallen. „ Ich glaub nicht<br />

dass du eine Frau erschießt. Du bist doch ein Mann. Also komm raus und stell auch einem Mann.<br />

„ Ist der Irre?“ lallte der Fremde. Er sah Peggy nun mit verdrehten Augen an. Sie war mit einem<br />

Strick an den Handgelenken am Bettgitter gefesselt. Der „Gast“ der eben noch versuchte sie<br />

auszuziehen stand nun in langer Unterhose, mit dem Revolver in der Hand neben der Tür an die<br />

Wand gepresst. „ Hier Marshall. Haben sie eine Kostprobe. Er spannte den Hahn und ballerte durch<br />

das Türblatt. Nick wartete ab. Sofort als die Schüsse aufhörten trat er die Tür ein. Mit einem<br />

kräftigen Tritt riss die Tür aus den Angeln. Nick warf sich in das Zimmer. Schnell hatte er erkannt<br />

wo der Mann stand und schoss. Seine Kugel riss dem Betrunkenen den Revolver aus der Hand.<br />

Wütend hielt der Betrunkene sein blutendes Handgelenk fest. Ryder sah ihn mit ernsten Augen an.<br />

„ Du bleibst da hocken und rührst dich nicht. Verstanden!“ Dann holte er ein Messer aus seinem<br />

Stiefelschaft um Peggy- Sue die Fesseln zu lösen. „ Alles in Ordnung?“ fragte er. Peggy massierte<br />

ihre Handgelenke. „ Ja Danke Marshall!“ erwiderte sie, dann begann sie ihr zerzaustes Haar zu<br />

flechten.<br />

„ Cooper!“ rief Marshall Nick Ryder die Treppe hinunter. Lex Cooper kam die Stufen rauf. Er sah<br />

seinen Boss im Flur stehen, den Betrunkenen am Kragen packend.“ Hier, bring ihn ins Jail. Er soll<br />

erst mal seinen Rausch ausschlafen.“ Während Lex sich den Schwankenden packte und ihn aus dem<br />

Hotel führte sah Jett erstaunt seinen Freund an.“ Nicht schlecht. Das ging ja schnell und<br />

reibungslos.“<br />

„ Tja. Das ist immer dasselbe mit den Kerlen. Erst besaufen sie sich, und dann brauchen sie eine<br />

Frau. Welche ist dann egal.“ In dem Moment kam Peggy die Treppe runter. Nick sah zu ihr rauf<br />

und wies mit der Hand auf jett.<br />

„ Peggy, das ist Jett Armstrong. Ein alter Freund von mir.“<br />

Während sie ihr Kleid zu recht zupfte, ging sie auf Jett zu und reichte ihm die Hand.“ Es Freut mich<br />

sehr sie kennen zu lernen.“ Verlegen nahm Jett seinen Hut ab und erwiderte ihren Gruß.<br />

Als die beiden Freunde das Hotel verließen, blieb Armstrong einen Moment auf dem Square stehen.<br />

Aus dem Krämerladen gegenüber kam eine hübsche junge Dame und ging auf die Straße zu. Sie<br />

hielt eine Papiertüte in den Armen. Hinter ihr auf dem Stepwalk stand der Verkäufer und winkte ihr<br />

nach. Sie lächelte ihm zu. Ohne zu Achten ging sie weiter auf die Straßenmitte zu. Die junge Frau<br />

7


emerkte gar nicht die herannahende Kutsche. Im vollen Galopp kam das Gefährt die Straße<br />

entlang. Kurz entschlossen rannte Jett auf die Dame zu, die bereits mitten auf der „ Fahrbahn“<br />

stand. Mit dem ganzen Schwung den Jett hatte packte er die Frau und riss sie mit sich zu Boden.<br />

Die Tüte flog im hohen Bogen durch die Luft. Zucker, Salz, Äpfel und Tomaten verteilten sich auf<br />

der Straße. Nur knapp raste die Kutsche an den Beiden am Boden liegenden vorbei. Nick rannte<br />

sofort zu seinem Freund und der hübschen Lady. Jett rappelte sich auf und half der Dame beim<br />

Aufstehen. „ Sind sie verletzt?“ Erschrocken sah sie sich um.“ Ich--- ich bin in Ordnung. Stotterte<br />

sie. Ihr Blick ging über die Straße auf der ihr Einkauf im Staub verteilt lag. Dann reichte sie Jett die<br />

Hand und sagte lächelnd, “ es ist mir nichts passiert. Danke Sir, ich war wohl in Gedanken. Habe<br />

Mister Thomson noch zu gewunken. Die Kutsche habe ich nicht kommen sehen.“ Mit immer noch<br />

weichen Knien sammelte sie nun ihre Ware auf. Jett bückte sich um ihr zu helfen. Als beide die<br />

Tomaten und Äpfel in die Tüte stecken wollten fingen sie an zu lachen. Alles was sie oben<br />

hineinsteckten, fiel unten wieder raus.“ Die Tüte war wohl mal ganz“ lächelte Armstrong und sah in<br />

ihre wunderschönen blauen Augen. Das Braune Haar fiel der Dame bis auf die Schultern. Sie hatte<br />

eine fröhliche Ausstrahlung. Ihr lächeln war sanft.“ Übrigens ich heiße Armstrong, Jett. Er reichte<br />

ihr die Hand und spürte die weiche Haut und ihre zarten Finger.“ Mary Smith“ sagte sie und ihre<br />

Augen schienen dabei zu leuchten. Jett nahm seinen Hut und legte die Tomaten dort hinein. Nick<br />

beobachtete die Szene. Jetzt ging er auf die Beiden zu und legte noch einen gefundenen Apfel in<br />

Jett`s Hut.<br />

Mary schüttelte sich den Staub aus ihrem hellgrünen Kleid. Dann sagte sie.“ Es ist nichts passiert<br />

Marshall. Dank diesem netten Mister Armstrong.“ Nick bemerkte das Jett seinen Blick nicht von ihr<br />

ließ. Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen als er Jett bei Seite zog und ihn fragte.“ Sie ist<br />

hübsch, nicht wahr?“ Armstrong sah zu ihr hin. Sein Gesicht wurde leicht rot als er sagte, “ Ja.<br />

Sehr!“ Dann wandte er sich an Mary. „ Ich trage ihnen gerne die Ware nach Hause. Wenn sie<br />

gestatten.“<br />

„ Danke. Das wäre wirklich nett von ihnen. Ich wohne gleich dort drüben!“ Sie wies auf ein Haus<br />

am Ende der Straße. Nicht weit von Nick`s Haus entfernt auf der rechten Seite. Ein kleines<br />

Blumenbeet zierte den Vorgarten. Mary Smith kümmerte sich allein um den Haushalt, seit ihr Vater<br />

vor zwei Jahren starb. Ihre Mutter hatte sie nie gekannt, da sie bei ihrer Geburt starb. Sie holte einen<br />

Korb aus der Küche in dem Jett seinen Hut leeren konnte. „ Einen schönen Tag noch!“ sagte er.<br />

Nick machte um Mitternacht noch einen Rundgang durch <strong>Cutter</strong>. Nach einem aufregenden Tag<br />

folgte eine ruhige Nacht.<br />

Kapitel 3<br />

Gewehre <strong>für</strong> die Armee<br />

Als pünktlich um zehn nach acht der Zug aus Nolan-City in <strong>Cutter</strong> eintraf, saß Marshall Ryder<br />

schon seit zwei Stunden am Schreibtisch, und versuchte das Papierchaos zu ordnen. Einige Blätter<br />

wanderten von links nach rechts und wieder zurück auf der Tischplatte.“ So ein Mist.“ Fluchte er<br />

und wühlte weiter auf seinem Schreibtisch<br />

Nach einem großen Schluck aus der Kaffeetasse murmelte Nick;“ Wo ist der verdammte Brief<br />

hingekommen? Er muss doch hier irgendwo unter dem Papierberg liegen.“<br />

Er zog die obere Schublade. Beim durchsuchen der völlig überfüllten Lade wurde plötzlich die Tür<br />

zum Office geöffnet. Jett Armstrong kam fröhlich lächelnd ins Büro. Er schob einen Stapel Briefe<br />

beiseite und stützte beide Hände auf die Schreibtischkante. Leicht beugte er sich nach vorn über.<br />

Dann sah er Nick, der auf dem Boden kniete und die unterste Lade durchsuchte. „ Einen<br />

wunderschönen guten Morgen!“ Jett war gut gelaunt. Er beobachtete seinen Freund bei dessen „<br />

Arbeit“. Mürrisch gab Nick zur Antwort.“ Was ist an diesem Morgen so wunderschön? Ich versinke<br />

hier in Schreibarbeit und jedes Mal wenn ich glaube den Durchblick zu haben, kommt ein neuer<br />

Einsatz.“<br />

„ was ist los? Hast du schlecht geschlafen? Draußen scheint die Sonne!“<br />

8


„ Draußen vielleicht. Aber hier drinnen sieht es nach Gewitter aus.“ Brummte Nick und wies auf<br />

seinen Schreibtisch hin.<br />

„Was suchst du denn? Du bringst ja alles durcheinander.“ Jett sah sich das Chaos Kopfschüttelnd<br />

an.<br />

„ Schlimmer kann es jetzt wohl kaum noch werden. Ich suche einen Brief von einem Mister Benton.<br />

Cooper sagte mir, dass er den Brief gestern Abend hier auf den Tisch gelegt hätte. Ich bin noch<br />

nicht dazu gekommen ihn zu lesen.“ Ryder ging hinüber zum Ofen. Beim Auffüllen seiner<br />

Kaffeetasse fragte er Jett.“ Magst du auch einen Kaffee?“ Jett Armstrong winkte ohne aufzuschauen<br />

mit der Hand ab. Er war dabei die Briefe zu sortieren. Schon nach kurzer Zeit hielt er einen<br />

Umschlag hoch. „ Suchst du vielleicht diesen hier?“<br />

Der Marshall war freudig überrascht. „ Wie hast du ihn so schnell gefunden? ich suche schon die<br />

halbe Nacht nach ihm. Übrigens, hast du schon gefrühstückt?“<br />

„ Ja, und es war köstlich.“<br />

„ Ich weiß. Bei Peggy-Sue kann man gut essen.“<br />

„ Ich war nicht im Restaurant.“<br />

Erstaunt sah Nick seinen Freund an. Eine tiefe Gedankenfalte zog auf seine Stirn. Jett nahm auf<br />

dem Stuhl hinterm Schreibtisch platz. Während er weiter in den Briefen wühlte sagte er.“ Ich habe<br />

bei Miss Smith gegessen. Sie wollte sich mit dieser Einladung nochmals bei mir bedanken.“<br />

Zu gerne hätte Nick noch mehr über das Frühstück der Beiden gehört, aber er wollte nicht<br />

nachfragen. Er öffnete den Umschlag und begann den Brief zu lesen. Kopfschüttelnd steckte er ihn<br />

in seine Westentasche.<br />

„ Stimmt was nicht?“ besorgt sah Armstrong in das Gesicht seines Freundes.<br />

„ Dieser Mister Benton arbeitet im Auftrag des Militärs. Heute kommen drei Kisten Gewehre mit<br />

dem Zug hier an. Er bittet mich sie auf zu bewahren bis er sie holen kommt.“ Seufzend sprach Nick<br />

halblaut.“ Als hätte ich sonst nichts zu tun.“<br />

Jett überlegte kurz, dann meinte er.“ Wieso der Aufwand. Gewehre hier hin zu schicken und sie<br />

dann wieder hier abzuholen?“<br />

„ Die Militär Einheit <strong>für</strong> die die Gewehre bestimmt sind, lagern etwa vierzehn Meilen von hier.<br />

<strong>Cutter</strong> hat einen Bahnhof. Muss ich noch mehr dazu sagen?“<br />

Sie hörten Beide das Pfeifen der Lokomotive die gerade in <strong>Cutter</strong> einfuhr. „ Da kommt gerade der<br />

Zug.“ Mit diesen Worten verließ Nick das Office. Jett folgte ihm.<br />

Kurz vor dem General Store kam ihnen Deputy Lex Cooper entgegen.<br />

„ Nick warte mal.“ Marshall Ryder blieb nicht stehen. Lex ging neben ihm her und sagte.<br />

„ Müller Atkins hat dich gesucht.“<br />

„ Und was wollte der alte Betrüger?“<br />

„ Ihm wurden drei Mehlsäcke geklaut.“<br />

„ Kümmere du dich um diese Angelegenheit. Aber berichte mir später darüber.“<br />

„ Geht in Ordnung Marshall.“<br />

Lex überquerte die Straße um auf der anderen Seite sein Pferd zu holen. Er schwang sich in den<br />

Sattel, nahm die Zügel in die Hand und ritt Richtung Westen aus der Stadt.<br />

Atkins Mühle stand etwa fünf Meilen Westlich von <strong>Cutter</strong>.<br />

Vor dem Generalstore stand ein Wagen. Er gehörte Rancher Coleman. Nach einem kurzen<br />

Gespräch mit Thomson, dem Inhaber des Stores stieg Nick auf den Kutschbock.<br />

„ Komm schon Jett. Mister Thomson sagte mir das Rancher Coleman zum Frühstücken ist. Das<br />

wird eine Weile dauern. Bis dahin haben wir die Kisten vom Bahnhof abgeholt.“<br />

Zögernd blieb Jett auf dem Stepwalk stehen. „ Du kannst doch nicht einfach den Wagen nehmen!“<br />

„ Wieso nicht. Er braucht ihn im Moment ja nicht. Und mir kommt es sehr gelegen. Oder möchtest<br />

du die drei Kisten auf deinem Buckel ins Office schleppen?“<br />

„ Nicht unbedingt.“ Er schwang sich auf die Ladefläche des Wagens, und schon rollte das Gefährt<br />

Richtung Bahnhof los.<br />

9


Am Bahnsteig kontrollierte Schaffner Dan Otis gerade die angekommene Ware.<br />

Marshall Ryder stoppte den Wagen neben ihm. Unruhig schnaubte das Pferd und schabte mit seiner<br />

Vorderhufe im Sand. Der Lärm der Lokomotive machte es nervös.<br />

Dan Walter der Schaffner kontrollierte gerade das Frachtgut, als Nick auf ihn zukam. „ Guten<br />

Morgen Dan. Sind drei Kisten <strong>für</strong> einen Mister Benton dabei?“<br />

„ Guten Morgen Marshall. Mal sehen.“ Der kleine dürre Schaffner zwirbelte seinen silbergrauen<br />

gekräuselten Schnauzbart. Auf der dicken Nase, die viel zu groß <strong>für</strong> dieses kleine Gesicht erschien,<br />

saß eine goldgeränderte Brille. Sah man ihn von vorne, sollte man meinen er wäre ein Glatzkopf.<br />

Aber am Hinterkopf hing ein Zopf. Er war geflochten und ging bis in den Nacken.<br />

Die kleinen Augen Dan Walters huschten über ein Blatt Papier. Dann sah er auf, wies mit dem<br />

krummen Zeigefinger auf drei längliche Kisten. „ Jawohl. Das müssen sie sein!“ Mit Jett<br />

zusammen packte Nick sich die erste Kiste. Die Beiden stellten den Holzkasten auf die Ladefläche<br />

des Wagens, als Dan mit seinen kurzen krummen Beinen angewackelt kam. „ Marshall. So geht das<br />

aber nicht. Die Kisten sind nicht <strong>für</strong> sie bestimmt. Sie können doch nicht einfach…..“<br />

„doch ich kann. Mister Walter. Hier lesen sie.“ Nachdem Marshall Ryder dem Schaffner das Wort<br />

nahm, reichte er ihm den Brief. In der Zeit die Walter brauchte um das Schreiben zu lesen luden die<br />

beiden Freunde die restlichen zwei Kisten auf. Nick saß schon wieder auf dem Kutschbock, als der<br />

Schaffner ihm den Brief reichte und sagte.“ Aber Marshall. Sie müssen mir das hier noch<br />

Quittieren. Ich bin ein ordnungsliebender Mensch. Alles muss seine Richtigkeit haben.“<br />

„ Ja schon gut. Geben sie mir das Blatt!“ Mit steilen Buchstaben unterschrieb Nick die<br />

Lieferbestätigung.“<br />

Am Office angekommen schleppten Nick und Jett die Kisten rein. Sie stellten sie in der ersten Zelle<br />

im Jail ab. Danach brachte Ryder den Wagen wieder zurück zum Generalstore.<br />

Gegenüber dem Marshall Büro standen drei Männer auf dem Stepwalk vor dem Saloon.<br />

Der größte der Dreien kaute auf einem Strohhalm herum. Er war sehr groß und schlank. Sein breites<br />

Kinn und die große Nase passten nicht zusammen. Die Augen waren zu weit auseinander, so dass<br />

das ganze Gesicht unsymmetrisch wirkte. Sein Hemd war Kragenlos, durchlöchert und dreckig.<br />

Rechts und links trug er jeweils einen schweren Colt mit Elfenbeingriffen.<br />

Die beiden anderen Kerle sahen einander gleich aus. Die Zwillinge hatten rotes Haar. Rötliche<br />

Bartstoppeln und grün schimmernde Augen zeugten von Schottischer Herkunft. Auch sie waren<br />

Beide dreckig und zerlumpt. Man konnte sie nur an der Narbe unterscheiden, die einer der Beiden<br />

an der rechten Wange hatte. Eine Tiefe rote Furche ging vom Auge runter bis zum Mundwinkel.<br />

Ihre Revolver steckten im Hosenbund. Brady der Große wischte sich mit dem Handrücken die<br />

triefende Nase. „ Na, hab ich es euch nicht gesagt. Da sind die Gewehre.“ Seine Augen funkelten<br />

wie bei einem Kind vor einem Weihnachtsbaum. Die Zwillinge Barko und Ted grinsten. Ted<br />

spuckte in den Sand und sagte.“ Ich hasse Sternträger. Ihr besorgt euch die Gewehre, und ich<br />

erledige dieses Marshallschwein.“<br />

Er wollte schon auf die Straße gehen, doch Brady hielt ihn am Arm fest.“ Warte. Da kommt er doch<br />

gerade. Warum sollten wir hier einen Aufstand machen und den Sternschlepper erschießen. Der<br />

Boss sagte, dass wir die Gewehre so unauffällig wie möglich aus der Stadt bringen sollen. Du<br />

kannst dich später immer noch an dem Marshall auslassen. Barko, du führst die Gäule hinter das<br />

Büro, und kommst dann durch die Hintertür rein. Bring aber die Säcke <strong>für</strong> die Gewehre mit. Da, er<br />

fährt mit dem Wagen weg. Das ist unsere Chance.“<br />

„ Aber der Andere, der sitzt noch im Office.“<br />

„ Mit dem werden wir schon fertig. Los kommt“ Die zwei Banditen überquerten die Straße. Sie<br />

drehten sich noch einmal vor der Bürotür um. Niemand war zu sehen. Die paar Menschen in der<br />

Straße standen oben beim Store und zwei Frauen unterhielten sich vor der Bank. Niemand sah die<br />

zwei Männer ins Office gehen. Auch Nick nicht. Denn er war im Laden von Mister Thomson um<br />

etwas Kaffeepulver zu kaufen.<br />

Jett saß hinterm Schreibtisch. Er sortierte gerade die Briefe und Blätter als die Tür aufsprang.<br />

10


Die zwei Banditen kamen mit gezogenen Revolvern auf ihm zu. Beide trugen ihre Halstücher vor<br />

Mund und Nase. Langsam hob Jett den Kopf und Blickte in die Mündung eines Revolvers.<br />

„ los. Aufstehen.“ Befahl eine tiefe Männerstimme. „ Wo sind sie?“ Barko schaute sich im Office<br />

um.<br />

Jett Armstrong stand auf. Er stützte die Hände auf den Tisch. Fragend beobachtete er die beiden<br />

Eindringlinge ganz genau.“ Was sucht ihr denn?“ Sein Herz pochte und Schweißperlen bildeten<br />

sich auf seiner Stirn. Aber er blieb nach außen hin ruhig.<br />

Brady wurde wütend. Er hatte noch nie geduld gehabt. Mit einem Satz war er um den Schreibtisch<br />

herum und packte Jett am Kragen. Dies geschah so schnell das Jett gar nicht mehr reagieren konnte.<br />

Brady stieß Armstrong mit einem Ruck zur Wand. Er krallte seine Finger so feste in den Kragen,<br />

das Jett spürte wie sich die Fingernägel in die Haut am Hals bohrten. Ted blieb neben dem Fenster<br />

stehen. Immer wieder schaute er hinaus ob niemand sich dem Office näherte. Sein Zwillingsbruder<br />

Barko kam in diesem Moment durch die hintere Tür rein. „ Verdammt was macht ihr so lange hier?<br />

Der Marshall kann jeden Moment zurückkommen.“ „Ich weiß:“ Schrie Brady ihn an. „ Aber der<br />

Kerl sagt uns nicht wo die Gewehre sind.“ Barko ging zur Holztüre die zu den Zellen führte und trat<br />

sie auf. Mit einem lauten Knall flog diese gegen die Gitterstäbe der ersten Zelle. „Da habt ihr sie,<br />

ihr Idioten. Drei so riesige Kisten kann man doch nicht so einfach verstecken.“ Jetzt sprang Ted<br />

nach vorne und riss seinem Bruder die Säcke aus der Hand. „ Gib schon her. Beeilen wir uns.“<br />

Jett konnte nichts dagegen tun. Brady hielt ihm den Revolver an die Schläfe. Fieberhaft überlegte<br />

Armstrong wie er gegen die Drei vorzugehen plante. Aber noch bevor er seine Gedanken beenden<br />

konnte spürte er einen dumpfen Schlag im Nacken. Brady schlug ihn mit dem Revolvergriff nieder.<br />

Wie eine fadenlose Marionette sank Jett zu Boden. Erst verschleierte sich sein Blick, dann umgab<br />

ihn tiefe Dunkelheit. Die drei Banditen hebelten die Kisten nach einander auf. In Windeseile<br />

wurden die Gewehre in die Säcke gesteckt. Beim verlassen des Büros schaute Ted noch einmal zum<br />

Fenster raus. „ Alles still da draußen. Lasst uns abhauen!“ Sie verschwanden durch die Hintertür.<br />

Niemand hatte etwas gehört oder gesehen.<br />

Etwa zehn Minuten später verabschiedete sich Marshall Ryder von Mister Thomson. Er verließ den<br />

Store und ging zurück zum Office. Als Nick die Tür zu seinem Büro öffnete sah er Jett am Boden<br />

liegen. Für einen Moment blieb er wie angewurzelt stehen, dann kniete er sich langsam neben<br />

seinen Freund. Er drehte ihn auf den Rücken und legte eine Hand auf Jetts Bauch. Nick atmete<br />

erleichtert auf als er spürte das Jett noch Atmete. „ Jett! Hey Junge. Komm zu dir.“ Marshall Ryder<br />

hob den schweren Oberkörper seines Freundes an und brachte ihn in sitzende Stellung. Da schlug<br />

Jett die Augen auf. Er erkannte sofort die Konturen des Marshalls. Als Jett sich erheben wollte<br />

zuckte ein stechender Schmerz durch seinen Nacken. Er rieb sich mit der rechten Hand die<br />

schmerzende Stelle und Fragte.“ Was ist passiert?“ Nick half ihm beim Aufstehen. Mit seinem Fuß<br />

zog er den Stuhl heran um Armstrong darauf zu setzen. „ Das wollte ich dich gerade fragen.“<br />

„ Die Gewehre“, sagte Jett und rieb sich mit beiden Händen durchs Gesicht. „ Sie haben die<br />

Gewehre geklaut und mich niedergeschlagen.“<br />

„ Wer?“<br />

„ Ich kannte sie nicht. Es waren drei Männer. Sie hatten zwar ihre Tücher vorm Gesicht, aber<br />

trotzdem konnte ich erkennen, dass zwei von ihnen sich sehr ähnlich waren. Bestimmt waren sie<br />

Brüder.“<br />

Nick sah sich im Jail um. Tatsächlich waren alle drei Kisten aufgebrochen und die Gewehre<br />

entwendet worden.<br />

Schwankend ging Armstrong zur Zellentür. Gebannt schaute er auf die leeren Kisten. Sein Kopf<br />

schmerzte <strong>für</strong>chterlich. Er ließ sich matt auf eine der Pritschen sinken. „ So ein Mist. Ich hätte sie<br />

aufhalten sollen.“ Seufzte er.<br />

Nick blieb bei der Zellentür stehen. Er lehnte sich gegen die Gitterstäbe. Besorgt sah er seinen<br />

Freund an.“ Dich trifft keine Schuld. Die waren zu dritt. Ich bin froh das dir nichts weiter passiert<br />

11


ist. Komm, wir trinken erst mal einen Kaffee, und danach nimmst du einen guten schluck Whiskey<br />

und legst dich ein paar Stunden aufs Ohr.“<br />

Nach dem Kaffee und dem versprochenem Whiskey ging es Jett schon bedeutend besser. Er<br />

erzählte in aller Genauigkeit wie sich der Überfall abspielte. Nick saß auf der Schreibtischkante. Er<br />

rieb sich gedankenvoll das Kinn.<br />

„ Na gut Jett. Ich werde mich mal weiter umhören. Bis gleich.“ Er stand auf und wollte gerade zur<br />

Tür hinaus als er mit Miss Smith zusammen stieß.<br />

Erschrocken blickte die junge Dame den Marshall an, der sich in höflicher Form entschuldigte und<br />

ihr den Vortritt ließ.<br />

„ Guten Tag Marshall. Ist Mister Armstrong bei ihnen im Office?“<br />

Nick nahm seinen Hut vom Kopf. Er sah sie lächelnd an und antwortete.<br />

„ Ja. Er ist da.“ Dabei fiel sein Blick auf den Korb den Miss Smith in ihrer Armbeuge trug. Er war<br />

mit einem rot-weißem Tuch abgedeckt, und es roch nach gebratenem Huhn.<br />

Mary Smith bedankte sich und schob sich an dem Marshall vorbei ins Office.<br />

„ Ein gebratenes Hühnchen von Mary Smith. Das wird Jett wieder auf die Beine bringen.“ Dachte<br />

Nick.<br />

Nach endlosen Stunden erfolgloser Fragerei, ob jemand etwas gesehen habe, ging Ryder zum<br />

Grundbuchbüro von Mister Forrest. Hier arbeitete Carol-Ann. Die erste Frau, die Nick nach Jahren<br />

der Ermordung seiner Familie, wieder Zuneigung schenkte. Durch ihren sanften Scharm und dem<br />

unbeschwerten Lächeln half sie Nick, das die Wunden der grausamen Erinnerung langsam heilten.<br />

Als Ryder eintrat stand Mary vor dem Aktenschrank und sortierte Blätter ein. Freudig überrascht<br />

strahlte sie ihn an.<br />

„ Hallo Nick. Du siehst abgespannt aus. Gab es viel zu tun?“<br />

Ryder setzte sich wortlos auf eine kleine Bank am Fenster dann erst antwortete er.<br />

„ Nein es gab nicht viel zu tun, es wird noch viel zu tun geben.“<br />

„ Probleme?“<br />

„ Ja. Drei Männer haben heute Vormittag eine Lieferung Gewehre aus meinem Office gestohlen. Es<br />

waren drei Kisten mit jeweils sechs Winchester Gewehre. Wenn die in falsche Hände gelangen ist<br />

der Teufel los.“<br />

Mary sah besorgt zu ihm rüber.<br />

„ Aber drei Kisten sind doch sehr schwer. Irgendjemand muss doch einen Wagen gesehen haben der<br />

beladen wurde. Es war doch am helllichten Tag.“<br />

„ Jett sagte mir das sie die Gewehre in Säcken verteilten. Einen Sack kann man locker mit einem<br />

Pferd transportieren.“ Plötzlich sprang Nick von der Bank. Er gab Mary einen schnellen Kuss auf<br />

die Wange und Riss die Tür auf. Noch im hinausstürmen rief er.<br />

„ Mary du bist ein Goldstück. Wie konnte ich das nur vergessen?“<br />

Fragend sah sie ihm nach, bekam aber keine Antwort mehr. Nick war schon aus ihrem Blickwinkel<br />

verschwunden.<br />

Er rannte zurück ins Office. Niemand war da. Nur der Geruch vom gebratenen Huhn lag noch in der<br />

Luft. Durch diesen Duft fing sein Magen an zu knurren. Nick sah auf die Wanduhr. Schon vierzehn<br />

Uhr. Wie so oft hatte er auch diesmal keine Zeit gefunden sein Mittagessen zu sich zu nehmen.<br />

Er hielt die Hand auf seinen Bauch und murmelte.<br />

„ Jetzt nicht. Hör auf zu knurren du musst noch was warten. Erst muss ich Lex finden.“<br />

Die Sonne strahlte erbarmungslos heiß vom Himmel. Im Saloon war zu dieser frühen<br />

Nachmittagsstunde wie immer wenig los. Nick öffnete die Flügel der Schwingarmtür. Mit einem<br />

Blick hatte er gesehen dass sein Deputy sich nicht im Saloon befindet. Er wollte sich gerade<br />

umdrehen als George der Keeper ihm zurief.<br />

„ Guten Tag Marshall. Suchen sie jemanden?“<br />

„ Ja. Haben sie Deputy Cooper gesehen?“ George wischte über das Thekenblech. Ohne auf zu<br />

schauen sagte er.<br />

„ Ja. Er hat sie auch schon hier gesucht. Habe aber keine Ahnung wo er jetzt steckt.“<br />

12


Dankend tippte Nick an seinem Hutrand. Beim hinausgehen sah er Lex Cooper gerade im Office<br />

verschwinden. Schnell rannte Ryder über die breite Mainstreet bis zum Büro. Die Tür stand offen<br />

und Lex saß schon hinterm Schreibtisch um seinen Bericht zu verfassen. Als sich ein Schatten über<br />

seinem Blatt Papier legte, schaute er auf und sah Nick in der Tür stehen.<br />

„ Marshall! Ich hab dich gesucht. Also ich war bei der Mühle. Es wurden drei Säcke voll Mehl<br />

entwendet. Das Beste kommt jetzt: Das Mehl wurde nicht weit von der Mühle entfernt einfach<br />

ausgeschüttet. Verstehst du das? Da klaut jemand gutes Mehl um es dann wegzuschütten.“<br />

„ Sonst hast du keinerlei Spuren entdeckt?“<br />

„ Nein. Aber du weißt ja das ich kein guter Fährtensucher bin.“<br />

„ Ja. Danke Lex. Schreibe dein Bericht fertig dann kannst du dir <strong>für</strong> den Rest des Tages<br />

Freinehmen. Ich werde erst mal was essen gehen in Sue`s Restaurant.“ Freudestrahlend machte<br />

sich Cooper an die Arbeit.<br />

Auf dem Weg zum verspäteten Mittagessen hörte Nick hinter sich die Postkutsche anrumpeln. Vier<br />

verschwitzte Pferde stemmten ihre Hufe in den Staub um die Kutsche zum stehen zu bringen. Der<br />

Kutscher hielt die Zügel fest in den Händen bis das Gefährt still stand. Er zog die Bremse an, stieg<br />

vom Bock herunter und öffnete die Tür des Wagens. Laut rief er, „ <strong>Cutter</strong>. Meine Damen und<br />

Herren. Eine Stunde Aufenthalt.!“ Eine ältere Dame in einem hoch geknöpften schwarzen Kleid<br />

und zwei Männer stiegen aus. Einer der Männer war Mister Benton. Er schlug sich den Staub aus<br />

seiner grauen Hose und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine dunkelblonden Locken<br />

waren unter seinem Hut platt gedrückt. Nick ging auf ihm zu. Er reichte dem Reisenden die Hand,<br />

und sagte.<br />

„ Ich hoffe sie hatten eine angenehme Fahrt.“<br />

„ Was soll an einer Kutschfahrt durch die Hitze der Prärie angenehm sein! Ich kann die Menschen<br />

einfach nicht verstehen die freiwillig hier in dieser Gegend leben.“ Erst jetzt löste er den<br />

Händedruck. Sofort holte Benton ein Taschentuch hervor und säuberte damit seine Hand.<br />

Nick sah ihm tief in die Augen. Dieser Mann war ihm schon unsympathisch. Er hatte tiefe Falten im<br />

Gesicht und sah aus als wäre er weit über sechzig Jahre. Doch die straffere Haut seiner Hände<br />

deutete auf einen jüngeren Mann hin.<br />

Benton hielt eine Aktentasche unter dem linken Arm geklemmt. Er schaute sich nach allen<br />

Richtungen um und sagte schließlich.<br />

„ Kommen wir gleich zur Sache. Ich möchte die drei Kisten sehen.“<br />

Erstaunt fragte Nick.<br />

„ Möchten sie sich nicht erst einmal frisch machen? Wir haben ein gutes Hotel hier in <strong>Cutter</strong>. Sie<br />

können sich dort waschen und vielleicht auch erst mal was essen.“<br />

„ Nein, nein. Wo sind die Gewehre?“ Ryder kam das alles etwas merkwürdig vor. Erst spielt er hier<br />

den feinen Saubermann, wischt sogar seine Hand ab nach dem Gruß und jetzt will er sich nicht<br />

einmal waschen gehen. Seufzend meinte Nick.<br />

„ Ok. gehen wir in mein Office. Es gibt dort noch einiges zu klären.“<br />

Zusammen betraten sie das Bureau. Nick führte seinen Gast zu den Zellen, mit einer Handgeste<br />

wies er auf die aufgebrochenen Kisten hin. Er beobachtete dabei genau die Reaktion des Mannes<br />

der wie gebannt in die Leere starrte.<br />

Benton deutete mit dem Zeigefinger auf die Holzkisten. Stotternd fragte er.<br />

„ Was ist das? Das soll wohl ein Scherz sein. Wo sind die Gewehre?“<br />

Nick zog die Schultern hoch und ließ sie langsam wieder sinken.<br />

„ Tut mir leid Mister Benton, aber man ist heute Mittag in mein Office eingebrochen. Ich werde<br />

mich selbstverständlich um alles kümmern.“<br />

Benton zog die Augenbrauen zusammen. Eine tiefe Falte bildete sich auf seiner Stirn. Er hielt die<br />

Luft an bis sich sein Gesicht von rasa in rot verfärbte. Dann platzte er heraus.<br />

„ Marshall Ryder. Ich habe die Gewähre nach <strong>Cutter</strong> gesendet weil man mir gesagt hatte, dass hier<br />

der beste Sternträger des weiten Westens wäre. Man hat sie mir Empfohlen. Was soll ich denn nun<br />

dem General erklären wo seine Gewehre sind? Sie haben noch Zeit bis Heute Abend acht Uhr,<br />

13


wenn bis dahin die Wertvolle Fracht nicht wieder hier ist, mache ich sie fertig. Sie können ihren<br />

Stern ablegen. Sie werden nie wieder einen Job finden. Haben sie das verstanden?“<br />

Nick stand ruhig und gelassen an der Zellenwand gelehnt. Sein Gesicht war nun wie aus Stein<br />

gehauen als er langsam auf Benton zuging. Er sah ihm direkt in die Augen und beobachtete jeden<br />

Gesichtszug an dem Mann. Ihm entging nicht das nervöse zucken im Kiefermuskel.<br />

Benton konnte diesem Blick nicht standhalten. Er senkte den Kopf und sah auf seine, von Staub<br />

bedeckte Stiefelspitzen.<br />

Jetzt erst redete Nick in einem tiefen ernsten Tonfall.<br />

„ Hören sie Mister. Ich lass mich nicht gerne bedrohen. Wenn sie hier den großen Mann spielen<br />

wollen, dann steigen sie lieber gleich wieder in die Overland Kutsche und verschwinden aus der<br />

Stadt. Ich sagte ihnen schon dass ich mich darum kümmere.<br />

Und jetzt sollten sie besser mein Office verlassen. Wenn es etwas Neues gibt lasse ich es sie wissen.<br />

Guten Tag!“ Ryder ging zum Schreibtisch um sich dort auf seinen Stuhl zu setzen und den Bericht<br />

über den Diebstahl zu verfassen.<br />

Wütend kam Mister Benton auf den Marshall zu. Als er ihn ansah, traute er sich aber nicht noch<br />

etwas zu sagen. Er starrte nur auf den in schwarz gekleideten Mann, der ihn sehr selbstbewusst in<br />

die Augen sah. Ohne ein Wort verließ Benton das Büro. Er schlug die Tür aber so heftig zu, dass<br />

die Fensterscheibe vibrierte.<br />

An diesem Tag waren noch einige Fälle zu klären. Eine eingeworfene Fensterscheibe bei John<br />

Hiller, geklaute Äpfel aus dem Generalstore, betrunkene Randalierer im Saloon und eine gestohlene<br />

Brieftasche eines Hotelgastes. Es war zwei Uhr Morgens.<br />

Nick war über seine Berichte eingeschlafen, als er aufschreckte und seinen Revolver blitzschnell in<br />

der Hand hielt. Die Officetür flog auf und eine junge Frau von etwa dreiundzwanzig Jahren kam<br />

Schluchzend und völlig aufgelöst auf ihm zu. Nick sprang vom Stuhl, er schaffte es gerade noch<br />

rechtzeitig um den Tisch herum um sie Aufzufangen. Eine leichte Ohnmacht überfiel die Junge<br />

Frau. Sie sank in Ryders Arme. Nick legte sie auf das Bett unterm Fenster. Er nahm das Handtuch<br />

vom Hacken, machte eine Ecke davon in der Wasserschüssel nass und betupfte damit die Stirn der<br />

Ohnmächtigen. Sofort schlug sie ihre Augen auf. Als sie den Marshall erkannte wollte sie etwas<br />

sagen, aber ein neuer Weinkrampf schüttelte ihren zarten Körper. Nick bemerkte ihr zerrissenes<br />

Kleid. Die Hände waren voll Schmutz, wie auch die Knie.<br />

„ Misses Lessing. Beruhigen sie sich erst mal, und dann sagen sie mir in aller ruhe was passiert<br />

ist.“<br />

Tröstend hielt er ihre Hand.<br />

„ Oh Marshall! Wir wurden überfallen. Es waren drei Männer. Gordon…..Sie haben meinen Mann<br />

umgebracht----- Erschossen. Marshall---- Sie haben----.“ Wieder brach sie in Tränen aus. Misses<br />

Lessing vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Tränen tropften durch die Finger hindurch und<br />

bildeten kleine Wasserkreise auf dem Holzboden. Nick kniete vor ihr. Er nahm die junge Frau in<br />

den Arm und drückte sie fest an sich. Es dauerte fast fünf Minuten die sie brauchte um wieder zu<br />

sich zu kommen.<br />

Dann erzählte sie alles was sie noch wusste.<br />

„ Es waren drei Männer. Sie versuchten ein Pferd zu stehlen. Gordon ging hinaus. Er wollte<br />

nachsehen was da draußen <strong>für</strong> ein Lärm war. Er erwischte sie im Corral, wie sie gerade eines der<br />

Pferde einfingen. Dann fiel ein Schuss. Ich rannte zum Fenster und sah wie Gordon-----. Während<br />

Misses Lessing von den schrecklichen Ereignissen am Abend erzählte, kochte Nick einen Kaffee.<br />

Er reichte Ihr eine Tasse heiß dampfenden wohlriechenden Kaffee und fragte.<br />

„ Wie sind sie bis hier her gekommen? Haben die Männer sie nicht gesehen?“<br />

Die Frau nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. Nick sah sie lächelnd an.“ Ich habe mir<br />

erlaubt einen kleinen schluck Whiskey dazu zu mischen. Er wird ihnen gut tun.“<br />

„ Danke Marshall. Ich bin bis hier gelaufen. Die ganze Nacht durch. Als ich am Fenster stand, sah<br />

ich wie die drei auf unser Haus zu kamen, da bin ich durch die Hintertür raus und einfach<br />

losgerannt.“<br />

„ Sie sind den ganzen weiten Weg bis hier her gelaufen?“<br />

14


„ Ja. Ich hatte so furchtbare Angst. Was soll ich jetzt tun? Und Gordon—oh nein. Marshall helfen<br />

sie mir!“ flehend, voller Hoffnung sahen ihre vertränten Augen den Marshall an.<br />

„ Kommen sie. Ich bringe sie erst mal zu Peggy-Sue. Dort sind sie gut aufgehoben. Ich reite hinaus<br />

zur Ranch und sehe mich da mal um.“<br />

„ Aber ich kann mir kein Hotelzimmer leisten.“<br />

„ Das geht schon in Ordnung. Machen sie sich darum keine Sorgen.“<br />

Nick brachte Misses Lessing zu Peggy-Sue in ihr Hotel. Peggy war sofort bereit sich um die<br />

Hilfsbedürftige Frau zu kümmern. Er selber ging dann rüber in Murphys Mietstall, sattelte sein<br />

Pferd und machte sich auf dem Weg zur Lessing-Ranch.<br />

Fünf Meilen Östlich von <strong>Cutter</strong> war die Pferdezucht von Mister und Misses Lessing. Dort bekam<br />

man die besten Pferde weit und breit. Gordon war stolz auf seine Zucht und stets bemüht Stall und<br />

Wiese in einwandfreiem Zustand zu halten. Die Koppel war mit einem Zaun umgeben und in zwei<br />

gleich große Wiesen aufgeteilt, so dass die Pferde stets frisches Gras hatten. Der Stall war so groß<br />

das er sogar das Wohnhaus überragte. Als Nick sich der Farm näherte sah er schon von weitem den<br />

durchbrochenen Zaun und die fehlenden Pferde, die sonst zu dutzenden auf der Weide grasten.<br />

Es war eine klare Mondnacht. In so milden Nächten brachte der Rancher die Tiere nicht bei<br />

Dunkelheit in den Stall. Nick stieg vom Pferd ab. Er streichelte sanft den Hals des Tieres und<br />

flüsterte ihm ins Ohr.<br />

„ Du bleibst hier Lady bis ich dich rufe.“<br />

Er schlich sich am Zaun vorbei bis zum Brunnen, der auf dem Platz zwischen Wohnhaus und<br />

Scheune stand. Dort lag Gordon Lessing. Mit dem Gesicht im Sand, Arme und Beine von sich<br />

gestreckt. Ryder kniete sich neben ihm. So wie er es immer bei Doktor Braun gesehen hatte, fühlte<br />

er mit zwei Fingern am Hals den Puls. Er war sehr schwach zu spüren, aber Mister Lessing lebte<br />

noch.<br />

Vorsichtig drehte er den Verletzten auf den Rücken. Blut durchtränkte das Hemd und hinterließ<br />

einen großen roten Fleck auf der rechten Brustseite.<br />

„ Halt durch Gordon. Ich bringe dich zum Doc. Aber erst mal muss ich dich verbinden damit du<br />

nicht noch mehr Blut verlierst.“ Ryder rannte ins Haus. Irgendwo hier mussten doch frische Tücher<br />

oder Laken sein aus denen man Binden schneiden kann. Nick durchsuchte die Küche. In einer Ecke<br />

stand ein Nähkästchen und daneben lagen Stoffreste. Er griff sich ein weißes Stück Stoff. Gerade<br />

als er das Haus verlassen wollte hörte er im Nebenzimmer ein Geräusch. Mit dem Revolver in der<br />

Hand öffnete der Marshall die Schlafzimmertür. Er war noch nicht ganz im Zimmer, da sah er im<br />

letzten Moment einen Schatten am Fenster. Der Schuss durch die Glasscheibe und der Hechtsprung<br />

von Nick kamen fast gleichzeitig. Nick lag neben dem Bett auf dem Boden. Ein Ärmel seines<br />

Hemdes war aufgerissen.<br />

„ Verdammt!“ fluchte Ryder. Er sah sich die Wunde am Oberarm an. Es war nur eine Schramme.<br />

Das Holz war gesplittert und hatte seinen Ärmel aufgerissen. Am Rahmen der Schlafzimmertür<br />

hing ein Stück Stoff seines Hemdes.<br />

Trotz der großen Ungewissheit, wo sich der Schütze im Moment aufhielt, blieb dem Marshall keine<br />

Wahl. Irgendwie musste er da raus. Nick robbte über dem Boden bis zum Fenster. Er riskierte nur<br />

keinen Blick hinaus. Nur den Hut hob er in Sichthöhe. Schon fiel ein zweiter Schuss. Die Kugel<br />

bohrte sich in die Kommode an der gegenüberliegenden Wand. Holzsplitter flogen davon. Nun<br />

zierte ein hässliches Loch das schöne alte Möbelstück. Dann erklangen Pferdehufe. Nick sprang<br />

hoch, warf sich aus dem Fenster um gleich danach hinter einen Stapel Holz zu Springen. Der<br />

Fremde mit dem Colt war auf seinem Pferd geflüchtet. Zum verfolgen blieb keine Zeit, da der<br />

Verletzte so schnell wie möglich in die Stadt zum Arzt musste. Im Stall fand er den kleinen Wagen<br />

der Lessings. Nachdem er Gordon verbunden und Lady vor den Wagen angespannt hatte, legte er<br />

den verwundeten vorsichtig unter die Plane. Er wollte gerade aufsteigen als er aus dem<br />

Augenwinkel das Gewehr am Brunnen sah. Marshall Ryder nahm das Winchester Gewehr in die<br />

Hand. Erstaunt untersuchte er die Waffe.<br />

15


„ Das ist doch ein nagelneues Gewehr aus einer der Kisten!“ dachte Nick. Mit schnellem Schritt lief<br />

er zum Wagen, schwang sich auf den Kutschbock und ließ Lady los galoppieren.<br />

Das die Lessing Ranch überfallen wurde sprach sich trotz der frühen Morgenstunde in Windeseile<br />

in <strong>Cutter</strong> herum. Misses Lessing saß bei Peggy-Sue in der Küche. Ihre Hände zitterten, aber der<br />

heiße Kaffee tat ihr gut. Auch Carol-Ann war anwesend. Sie lächelte freundlich und beruhigte die<br />

junge Frau.<br />

„ Machen sie sich keine Sorgen. Nick wird die Banditen schon fassen.“<br />

Jett Armstrong und Mary Smith standen im Flur. Durch die offen stehende Küchentür konnten sie<br />

alles mit ansehen. Unbewusst griff Mary nach Jett`s Hand.<br />

„ Sie sagte, dass es drei Männer waren. Marshall Ryder ist ganz allein da draußen. Hoffentlich<br />

passiert ihm nichts!“ sagte Mary und drückte die Hand fester zu.<br />

Plötzlich wurde die Flurtür aufgerissen. Ein kleiner verschmutzter Junge rief in den Gang.<br />

„ Er ist da. Der Marshall ist wieder da!“<br />

Sofort rannten alle auf die Straße. Der Wagen mit der eingespannten Stute des Marshalls stand vor<br />

Doktor Browns Haus. Misses Lessing rannte auf Nick zu, der gerade aus dem Haus kam.<br />

Ryder blieb vor ihr stehen. In seinen Mundwinkeln sah sie ein kleines Lächeln. Ihr Herz fing an zu<br />

rasen und ihre Lippen zitterten. Nur ein Wort kam aus ihrer Kehle.“ Gordon!“<br />

Nick schaute in ihre Augen.<br />

„ Gehen sie zu ihm. Doktor Brown wird gleich die Kugel ziehen. Er ist sich sicher das Gordon<br />

durch kommt.“ Sie wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Tränen der Freude rollten die Wangen<br />

runter. Dann lief sie ins Haus des Doktors.<br />

Carol-Ann sah den aufgerissenen Ärmel. Nick spürte ihren Blick und noch bevor sie etwas sagen<br />

konnte sprach er.<br />

„ Es ist nur ein Kratzer. Ich muss sofort wieder los, solange die Spur noch frisch ist.“<br />

Während er Lady von dem Wagen befreite und seinen Sattel befestigte kam Jett auf ihm zu.<br />

„ Was <strong>für</strong> eine Spur? Hast du was entdecken können?“<br />

„ Ja. Es waren die gleichen Banditen die dich überfallen haben. Sie haben ein Gewehr dort liegen<br />

gelassen. Ich nehme an das einer von ihnen deshalb noch mal da war. Ich muss ihn wohl gestört<br />

haben als er das Gewehr holen wollte.“<br />

Er zog sich in den Sattel und zwinkerte Carol-Ann zu.<br />

„ Keine Sorge Carol. Wenn ich zurück bin machen wir ein Picknick. Aber gebratene Hühnchen<br />

müssen dabei sein!“ Er sah zu Jett und kniff ein Auge ein, dann zog Nick die Zügel rum und<br />

galoppierte Richtung Westen davon.<br />

Eine ganze menge Menschen hatte sich auf der Straße versammelt und alles mit angehört. Sie<br />

sprachen alle durcheinander, dabei wurden sie immer lauter. Ein großer dicklicher Mann schob sich<br />

durch die Masse. Sein Bauch wackelte dabei hin und her. Es war Bürgermeister Finch. Mit dem<br />

aufgerauchtem Stummel einer Zigarre im Mund platzierte er sich auf dem Gehweg. Er hob beide<br />

Hände in Luft. Seine raue Stimme war aber laut genug um die Aufmerksamkeit der Leute auf sich<br />

zu lenken.<br />

„ Bürger von <strong>Cutter</strong>! Nur keine Panik. Ich habe alles unter Kontrolle.“<br />

Mitten in den Bergen weit außerhalb der Stadt lagerten sie. Banditen, Mörder und Outlaws in einem<br />

„ Kessel“ umgeben von hohen Felsen. Nur ein schmaler Weg führte zu ihnen. Eine Schlucht in der<br />

keine zwei Pferde nebeneinander Platz hatten. Der Anführer, einer Bande von fast zwanzig Mann,<br />

kam aus einem Höhleneingang heraus. Der helle Sonnenschein blendete seine Augen, so dass er<br />

diese mit seiner Hand abschirmen musste um etwas zu sehen. Ein Mann auf einem Pferd kam auf<br />

ihm zu geritten. Kurz vor dem Anführer sprang er aus dem Sattel. Ein ernster Blick traf den Reiter<br />

so dass er zusammenzuckte. Der Boss war ein kräftiger Mann. Seine behaarten Fäuste stemmte er<br />

nun in die Hüfte. Die wenigen Haare waren nach hinten gekämmt. Er zog die buschigen<br />

*<br />

16


Augenbrauen so sehr zusammen, dass eine tiefe Stirnfalte entstand. Als er nun anfing zu reden,<br />

konnte man seine gelben schief stehenden Zähne sehen.<br />

„ Was ist los. Wo bist du gewesen Ted?“ Nervös scharrte Ted mit dem Fuß im Dreck. Er wagte es<br />

nicht seinem Boss in die Augen zu schauen.<br />

„ Ich---ich musste noch mal zurück zur Ranch.“<br />

„ Den Überfall auf die Ranch haben mir schon Barko und Brady erzählt. Davon war nie die Rede,<br />

aber das klären wir später noch. Warum bist du nicht mit den anderen beiden mitgekommen?“<br />

Ted lief ein Schauer über dem Rücken. Er wusste genau was der Boss damit meinte wenn er etwas<br />

später klären will. Er atmete tief ein. Jetzt musste er ihm die Wahrheit sagen, denn eine Lüge würde<br />

der Anführer rausbekommen, dann ging es ihm erst richtig dreckig.<br />

„ Ich habe eins der neuen Gewehre getestet. Ich wollte es mir nur mal ansehen, da kam der Rancher<br />

plötzlich auf uns zu. Ich habe sofort geschossen. Als wir uns dann am Brunnen abkühlten, habe ich<br />

die Büchse dort abgestellt und sie vergessen.“<br />

Mit einer Schnelligkeit die man dem kräftigen Mann nicht zugetraut hätte, schnellte seine Faust<br />

nach vorne und traf Ted genau auf die Nasenspitze. Der schlaksige Junge torkelte nach hinten und<br />

fiel auf sein Gesäß. Blut lief aus seiner Nase. Er hielt die Hände vor dem Mund und hatte auf<br />

einmal einen Zahn in der Hand. Einer seiner vorderen Schneidezähne war abgebrochen.<br />

Der Boss ging auf ihm zu, packte ihn am Kragen und riss ihn hoch auf die Beine. Ted stand, aber<br />

die Knie waren Butterweich. Der Anführer spuckte vor Ted in den Sand und knurrte.<br />

„ Jetzt kann man dich wenigstens von deinem Zwilling unterscheiden. Also, wo ist das Gewehr?<br />

Her damit!“<br />

Ted wackelte ein paar Schritte rückwärts.<br />

„ Da ist noch etwas.“<br />

„ Was denn noch? Los spuck es schon aus sonst schlag ich dir den Rest deiner Zähne auch noch<br />

raus.“<br />

„ Als ich zurück zur Ranch war kam ein Reiter. Ich konnte mich im Schlafzimmer verstecken, aber<br />

er fand mich dort. Ich bin durch das Fenster abgehauen. Das Gewehr konnte ich nicht mehr holen.“<br />

„ Bist du verrückt? Erst überfallt ihr ohne meine Erlaubnis eine Ranch, dann vergisst du Trottel<br />

auch noch das Diebesgut. Hast du den Fremden wenigstens erledigt?“<br />

„ Nein. Ich glaube nicht. Es ging alles sehr schnell. Außerdem war es kein Fremder. Ich hab sein<br />

Pferd erkannt. Es war der Marshall aus <strong>Cutter</strong>. Weiß der Teufel woher der so schnell von der<br />

Schießerei erfahren hat.“<br />

Jetzt musste sich auch der Boss hinsetzten. Er ließ sich auf einem der großen Felsblöcke nieder.<br />

Minuten der Stille verrannen. Wie aus Stein gehauen saß er da und blickte vor sich hin. Dann<br />

sprang er auf. In seiner Rechten hielt er den 45ziger Revolver und noch bevor Ted reagieren konnte<br />

fiel der Schuss. Mitten ins Herz des gerade einmal zweiundzwanzig jährigen Junge Burschen. Er<br />

war schon Tot als sein Körper vorn über kippte und auf dem sandigen Boden reglos liegen blieb.<br />

Barko hörte den Schuss und kam sofort angerannt. Er warf sich auf den Boden neben seinen Bruder<br />

und schrie.<br />

„ Steh auf Ted, bitte. Sieh mich an!“ Er rüttelte seine Schultern. Schließlich nahm er ihn in den Arm<br />

und drückte ihn fest an sich.<br />

Dem Boss interessierte das alles nicht. Er rief ein paar Männer zu sich, die auch sofort kamen.<br />

„ Hört zu. Ted dieser Idiot hat den Marshall auf unsere Spur gesetzt. Seht zu das ihr ihn abfangt.“<br />

„ Sollen wir ihn abknallen Boss?“ fragte einer der Banditen.<br />

„ Nein. Ich will dass ihr ihn zu mir bringt. Lebend. Habt ihr das verstanden?“<br />

„ Sie wollen den Wolf direkt in unser Versteck holen?“<br />

„ Das ist meine Sache. Bringt ihn mir her. Oder habt ihr etwa schiss vor ihm. Er trägt nur einen<br />

Blechstern, na und?“<br />

17


Die Männer trotteten davon. Sie kannten ihren Boss genau und wussten dass man sich nicht mit ihm<br />

auf eine Diskussion einlassen sollte.<br />

Bill Clain, der Anführer der Bande drehte sich um. Hinter ihm stand ein Mann mit blonden Locken.<br />

Es war Mister Benton. Er sah Clain ernst an und sagte in einem scharfen Ton.<br />

„ Wenn hier irgendetwas schief läuft, fährst du mit in die Hölle. Du hast dein Wort gegeben das du<br />

die besten Männer hast. Ich will diesen Marshall und ich will ganz <strong>Cutter</strong> den Erdboden gleich<br />

machen. Marshall Nick Ryder ist schuld am Tot meines Bruders. Durch seine Aussage hat man ihn<br />

gehängt. Und die ganze Stadt hat zugesehen. Alle Geschworenen waren gegen ihn. <strong>Cutter</strong> muss<br />

vernichtet werden. Ich habe dir die Gewehre besorgt, du erledigst den Rest mit deinen Leuten, da<strong>für</strong><br />

behältst du achtzehn neue Winchester. Wenn alles erledigt ist, werdet ihr mich nie mehr wieder<br />

sehen. Ich muss von hier verschwinden bevor die Armee auf meine Spur kommt.“<br />

„ Keine Sorgen Benton. Es wird nichts schief gehen. Mit dem Marshall werde ich schon fertig. Ich<br />

habe ihn schon einmal schwer getroffen.“ In seinen Augen blitzte es als er sagte.“ Wenn er wüsste<br />

was ich noch <strong>für</strong> Ass im Ärmel habe.“<br />

Danach ging er über den Platz bis zu den Pferden. <strong>Zwei</strong> Kinder standen bei einem Rotfuchs und<br />

Striegelten ihn. Der fünf jährige Junge kämmte gerade die Mähne des Pferdes. Er hatte schwarzes<br />

Haar das in der Sonne bläulich schimmerte.<br />

Er war nun schon vier Jahre bei der Clain-Bande. Seine Eltern waren bei einem Indianerüberfall<br />

getötet worden. So erzählte es jedenfalls Bill Clain immer. Die siebenjährige Hanna war Bill`s<br />

Tochter. Aber glücklich konnte er darüber nicht sein. Sein größter Wunsch war immer ein Sohn<br />

gewesen. Hanna hasste ihren Vater. Er war schuld am Tot ihrer Mutter. Wie eine Sklavin hatte er<br />

sie behandelt. Mit seiner eigenen Tochter ging er genau so grob um.<br />

„ Hanna komm her!“ Erschrocken ließ das Mädchen die Bürste fallen und rannte sofort zum Vater.<br />

„ Ja Pa.?“<br />

„ Ich habe Hunger. Geh und brate mir den Hasen den ich gestern geschossen habe.“<br />

„ Aber ich wollte doch…“ Klatsch. Seine große kantige Hand traf Hanna auf die linke Wange.<br />

„ Halts Maul und tu was ich dir sage.“<br />

Hanna stand da und hielt die Hände auf die schmerzende Stelle im Gesicht. Mit aller Kraft wehrte<br />

sie sich gegen die Tränen, konnte es aber nicht verhindern dass doch ein paar die Wange<br />

runterkullerten.<br />

Damit Bill es nicht sah schlug sie den Staub aus ihrem Kleid und ging zur Feuerstelle.<br />

18


Wütend und schluchzend murmelte sie.<br />

„ Warte nur. Ich werde nicht ewig hier bleiben. Irgendwann laufe ich weg. Egal wohin.“<br />

*<br />

Die ganze Stadt <strong>Cutter</strong> war in Aufregung. Alles versammelte sich um den Bürgermeister, der vorm<br />

Marshall Office stand und sich wichtig tat.<br />

Jett lehnte an der Wand neben der Officetür, hatte die Arme vor sich verschränkt und hörte sich das<br />

ganze Gerede an. Carol-Ann und Mary standen neben Jett, der immer wieder zu Mary<br />

rüberblinzelte.<br />

Verlegen lächelte sie immer zurück.<br />

Die dicken Wangen des Majors schienen Kugelrund als er lauthals verkündete.<br />

“ Die Gerechtigkeit wird siegen. Da<strong>für</strong> haben wir einen guten Marshall. Vergesst nicht, ich habe ihn<br />

euch vorgeschlagen. Marshall Ryder ist der beste Gesetzeshüter den man haben kann.“<br />

„ Ist hier demnächst Bürgermeisterwahl?“ fragte Jett und sah dabei fragend zu Mary und Carol<br />

rüber.<br />

„ Karl Flint redet immer so. Er sagt stets das was die Leute hören wollen. Ob er davon immer selbst<br />

überzeugt ist bezweifle ich allerdings.“<br />

„ Aber.“ Fuhr Major Flint fort. “ Unsere Stadt braucht auch einen Sheriff. Der Marshall kann nicht<br />

alles allein erledigen. Wer meldet sich freiwillig <strong>für</strong> dieses ehrenvolle Amt.“ Ein Raunen ging durch<br />

die Menschenmenge, bis der Bürgermeister wieder das Wort übernahm.<br />

„ Liebe Mitbürger. Ich habe schon alles geregelt. Wer hier als Sheriff arbeitet erhält einen guten<br />

Lohn. Verpflegung und Arztkosten werden von der Stadtkasse übernommen.“<br />

„ Und wer kümmert sich um unsere Familien, wenn wir bei diesem gefährlichen Job draufgehen? „<br />

rief eine tiefe Männerstimme aus der Menge, und erhielt sofort zustimmende rufe.<br />

„ Seit Marshall Ryder hier <strong>für</strong> Recht und Ordnung sorgt, ist es doch schon viel ruhiger geworden.“<br />

Flint stand stolz und kerzengerade da. Er wusste genau wie man mit den Leuten reden musste um<br />

sie von etwas zu überzeugen. Dieser Redegabe hatte er es zu verdanken, dass man ihm zum Major<br />

der Stadt <strong>Cutter</strong> wählte. Die Menschen auf der Straße wurden zunehmend lauter. Vereinzelnd<br />

konnte man einen Mann aus dem durcheinander verstehen.<br />

„ <strong>Cutter</strong> ist eine große Stadt mit viel Durchgangsverkehr. Täglich kommen und gehen Fremde mit<br />

Kutsche und Bahn. Wie können sie da von einer ruhigen Stadt reden?“<br />

Flint ließ sich nicht aus der Fassung bringen.<br />

„ Genau deshalb brauchen wir noch einen Sheriff hier. Wenn Marshall Ryder außerhalb der Stadt<br />

was zu erledigen hat, wie jetzt, dann haben wir hier nur noch Deputy Cooper. Er ist ein guter Junge,<br />

aber er ist noch sehr jung und dieser Aufgabe allein nicht gewachsen. Also----sehe ich einen<br />

Freiwilligen?“<br />

Langsam löste sich die Menschentraube auf. Dann trat Mary Smith neben Mr. Flint und ergriff das<br />

Wort.<br />

„ Da sich niemand Freiwillig meldet, möchte ich jemanden vorschlagen.“ Sie drehte sich um und<br />

wies mit dem Finger auf Jett Armstrong.<br />

„ Ich schlage Mister Jett Armstrong vor!“<br />

Jett schluckte. Damit hätte er nie gerechnet. Er drückte sich von der Wand ab, während er sich<br />

verlegen durch sein Haar strich. Den Hut in der Hand beobachtete er die Reaktionen der Männer.<br />

Laut rufend stimmten alle dem Vorschlag zu. Mary lächelte Jett zu.<br />

„ Sheriff von <strong>Cutter</strong>.“ Dachte Armstrong. „ Damit wäre meine Reise hier zu Ende. Und Mary ist<br />

wirklich hübsch. Nick braucht Hilfe. Ganz besonders im Office bei dem Papier Chaos auf dem<br />

Schreibtisch.“ Die laute Stimme Flints holte Jett aus seinen Gedanken.<br />

„ Mister Armstrong. Nehmen sie unser Angebot an?“<br />

19


Entschlossen ging er auf den Bürgermeister zu und reichte ihm die Hand mit den Worten.<br />

„ Nick und ich waren die besten Freunde. Wir haben immer zusammen gehalten. Ich werde ihn<br />

auch jetzt nicht im Stich lassen. Major, ich nehme den Stern.“ Überglücklich fiel Mary ihm um den<br />

Hals.<br />

Als die Leute anfingen laut zu applaudieren, wurde sie rot im Gesicht. Erst jetzt bemerkte Mary was<br />

sie getan hatte. Jett sah ihre Röte. Er nahm sie in den Arm und flüsterte in ihr Ohr.<br />

„ Sollen es nur alle sehen. Ich liebe dich.<br />

Mich wirst du nun nicht mehr los. Mit dem Stern werde ich wohl <strong>für</strong> immer in <strong>Cutter</strong> bleiben<br />

müssen. Mit dir an meiner Seite fällt mir das auch gar nicht schwer.“<br />

Jett Armstrong wurde ganz offiziell vom Major und dem anwesenden Stadtrat zum Sheriff von<br />

<strong>Cutter</strong> vereidigt.<br />

*<br />

Es war fast Mittag, als Nick neben seiner Stute kniete um die entdeckte Spur näher zu betrachten.<br />

„ Hier sind sie lang geritten. Ihre Abdrücke sind deutlich zu erkennen.“ Dachte Nick.<br />

Er wollte gerade aufsitzen als von rechts ein Schuss fiel.<br />

Die Kugel streifte seine Stirn. Ryder zog noch im herumwerfen den Colt und feuerte in die<br />

Richtung aus der der Schuss kam. Leicht benommen blieb er am Boden liegen. Schwarze Schleier<br />

wehten vor seinen Augen und wollten ihm die Besinnung rauben. Mit aller Anstrengung kämpfte<br />

Nick gegen eine anspringende Ohnmacht an. Doch bevor er sich wieder so weit erholt hatte, hörte<br />

er gleich über sich eine Männerstimme.<br />

„ Los steh auf, du Hund. Du hast mir in den Arm geschossen, da<strong>für</strong> wirst du bezahlen.“<br />

<strong>Zwei</strong> Männer packten ihn am Kragen und zogen ihn hoch. Mit einer Blitzreaktion traf Ryders Faust<br />

den einen unters Kinn. Er torkelte zurück, fing sich aber an seinem Pferd. Im wilden Zorn kam er<br />

nun auf den Marshall zu und wollte ihm seinen Kopf in den Magen rammen, aber Nick machte eine<br />

halbe Drehung und ließ seinen Gegner ins leere laufen. Zu spät drehte er sich um. In diesem<br />

Moment schlug von hinten der zweite Bandit zu. Er traf mit seinem Gewehrkolben Nick am<br />

Hinterkopf.<br />

Marshall Ryder sank in die Knie. Tiefe Dunkelheit überkam ihm. Der Tritt den ihm der Mann noch<br />

versetzte spürte er schon gar nicht mehr. Sie nahmen ihm die Waffen ab, legten ihn auf sein Pferd<br />

und banden Arme und Beine unter dem Pferdeleib zusammen.<br />

Der Bandenboss Bill Clain lief nervös auf und ab. Viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf.<br />

Zehn Jahre hatte er gesessen wegen einem Mord an einem Richter. Der damals noch sehr junge<br />

Nick Ryder war Zeuge der Tat. Er zeigte ihn beim Sheriff an und daraufhin wurde Bill zu zehn<br />

Jahre Straflager verurteilt. Das hatte er ihm nie verziehen. Als Ryder später Sheriff von <strong>Cutter</strong> war,<br />

überfiel Clain mit seiner Bande die Stadt. Er zündete Häuser an. Seine Leute vergriffen sich an den<br />

Frauen, es war grausam. Er persönlich war es der Nick schwer verletzte und vor seinen Augen seine<br />

Frau Lea umbrachte. Mann konnte damals den Sheriff aus seinem brennenden Haus retten, aber<br />

den einjährigen Sohn Jetti fand man nicht. Man ging davon aus, dass der Kleine im Haus<br />

verbrannte.<br />

Vier Jahre später kam Bill Clain noch einmal in die Nähe <strong>Cutter</strong>s. Er ließ sich in den Bergen nieder<br />

und erfuhr dort dass Ryder den Überfall damals überlebte. Jetzt mit der Hilfe eines Mister Benton<br />

der ihm achtzehn gute und neue Gewehre beschaffte, wollte Bill endlich mit Marshall Nick Ryder<br />

und der Stadt <strong>Cutter</strong> abrechnen. Ein schriller Pfiff kam von einem der Wachposten. Bill schaute zu<br />

ihm auf. Mit der winkenden Hand gab dieser ein Zeichen dass Clains Männer zurückkamen.<br />

Die beiden Banditen ritten mit ihrem Gefangenen auf Bill zu.<br />

Der Rothaarige McRieden hielt seinen verletzten Arm fest. Er rutschte ohne aus dem Sattel und<br />

spuckte in den Sand.<br />

„ Da ist er. Dieses Schwein hat mir den Arm zerschossen. Ich wollte ihn schon umbringen, aber ich<br />

weiß ja wie viel es ihnen bedeutet ihn lebend zu haben.“<br />

20


Bill stieß ihn grob beiseite. „ Selber Schuld. Ich habe nicht gesagt ihr sollt euch anschießen lassen.“<br />

Er packte Nick an den Haaren und zog seinen Kopf hoch.<br />

„ Es ist schön dich wieder zu sehen!“ sagte er in einem ironischen Ton. Langsam kam wieder Leben<br />

in Ryders Körper. Er kniff ein paar Mal die Augen zu um wieder klar sehen zu können.<br />

Der Kopf dröhnte noch wie in einer Kesselschmiede. Sie schnitten seine Fessel mit einem<br />

Bowiemesser durch. Dabei verletzten sie Ryders Handgelenk, so das Blut auf das Sattelleder<br />

tropfte. Mit einem Ruck zogen zwei Männer ihn vom Pferd. Als Nick nun Bill Clain<br />

gegenüberstand und sein dreckiges Lachen hörte, kamen ihm sofort die Erinnerungen zurück. Er<br />

sah wie Bill das Messer an Leas Kehle hielt. Er hörte wieder die angsterfüllte Stimme seiner Frau.<br />

Er roch das Feuer das um ihn herum fackelte. Wut stieg in ihm hoch. Er ballte die Fäuste und seine<br />

Zähne knirschten, so fest biss er sie aufeinander.<br />

Dann kam Bill einen Schritt auf Nick zu.<br />

„ Hätte nicht gedacht das du noch lebst.“ Jetzt konnte sich Ryder nicht mehr halten. Noch bevor die<br />

umstehenden Banditen eingreifen konnten, schlug Nick seinem Gegenüber mit der Faust genau auf<br />

die Nase. Clains Kopf flog zur Seite. Der Schlag war so heftig das Bill in den Staub stürzte.<br />

Blut lief aus seiner Nase. <strong>Zwei</strong> der Männer packten Nick und umklammerten ihn, während ein<br />

Dritter ihm einen Gewehrkolben in den Magen stieß. Er holte zum zweiten Schlag aus, wurde aber<br />

zurück gerissen. Bill Clain stand hinter ihm. Die linke Hand an der Nase, die blutverschmierte<br />

Rechte packte den Arm des Schlägers.<br />

„ Hör auf!“ schrie Bill. „ Er gehört mir. Sperrt ihn erst mal weg.“<br />

Sie brachten Ryder in einen Höhleneingang. Mit vier Männern wurde ein riesiger Felsblock vor<br />

dem Eingang geschoben. Ein Loch das gerade groß genug <strong>für</strong> eine Hand war, ließ ein paar<br />

Sonnenstrahlen ins Innere. Nick tastete die Wände ab, es war ein massiver Fels. Keine Lücke oder<br />

Spalten konnte er finden.<br />

Draußen an einem gespannten Seil standen die Pferde in Reihe angebunden. Die beiden Kinder<br />

Hanna und der Junge standen bei Lady, der Stute des Marshalls, und bewunderten dieses schöne<br />

Tier. Hanna löste das Halfter vom Seil und wollte sich in den Sattel schwingen. Der erste Fuß<br />

steckte schon im Steigbügel, da hielt ihr Freund sie am Bein fest.<br />

„ Bist du verrückt geworden, was soll denn das?“<br />

„ Lass mich los. Ich möchte doch nur mal ein paar runden auf ihm reiten. Ich habe noch nie ein so<br />

schönes Pferd gesehen.“<br />

„ Aber wir werden Ärger bekommen.“ Hanna, zog ihren Fuß aus dem Bügel. Sie schaute sich nach<br />

allen Seiten um und sagte.<br />

„ Du wirst mich doch nicht verpetzen, oder? Es ist ja niemand hier der das sieht. Die sind alle beim<br />

Vater in der Baracke.“<br />

Gerade wollte Hanna wieder aufsteigen als ein Schuss krachte. Die Stute schlug erschrocken mit<br />

ihren Vorderhufen hoch.<br />

„ Wer da? Stehen bleiben und die Pfoten hoch!“ Laut hallte die Stimme von den Felsen wieder.<br />

Steif standen die beiden Kinder da. Der junge konnte vor schreck kein Wort sagen. Hanna flüsterte<br />

ihm zu. „ Sag nicht das ich reiten wollte. Wir sind nur hier um die Pferde zu versorgen. Als der<br />

Mann keine Antwort auf seine frage erhielt, gab er noch einen Warnschuss ab. Lady wieherte auf,<br />

riss sich los und galoppierte davon.<br />

„ nicht schießen, wir sind es nur!“ rief Hanna dem herankommenden Wachmann zu.<br />

Mit einem Grashalm im Mundwinkel und dem Gewehr in der Armbeuge kam ein großer schlanker<br />

Mann auf die Beiden zu.<br />

„Was macht ihr hier?“ seine Frage war ernst und drohend. Der Junge antwortete stotternd.<br />

„ Wir, wir wollten die Pferde versorgen.“<br />

„ Macht dass ihr zurück ins Lager kommt. Hanna, dein Vater will das du die Wäsche wäschst.“<br />

„ Na komm. Ich helfe dir Hanna.“ Die Beiden packten sich an die Hände, und liefen am Wachmann<br />

vorbei zum Lager.<br />

Der Wachmann wollte sich gerade abwenden und auf seinen Posten gehen, als er die Lücke<br />

zwischen der Pferdereihe sah. „ Mist verdammter. Das Vieh ist abgehauen. Wenn der Boss dass<br />

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erfährt knallt er mich ab.“ Fluchend ging er ein stück den Fels entlang bis er die beiden anderen<br />

Posten sah. Er pfiff sie ran und sofort kamen Beide angerannt.<br />

„ Das Pferd von dem Marshall ist abgehauen. Nehmt euch eure Gäule und holt es zurück.“<br />

„ Aber Bart. Wir sollen doch hier Wache schieben.“ Zeterte der eine.<br />

Bart spuckte in den Sand. „ Das übernehme ich so lange. Los beeilt euch, sonst holt ihr das Tier nie<br />

mehr ein. Ihr wisst ja was passiert wenn der Boss davon Wind bekommt. Ihr seid mit dran schuld.<br />

Ihr habt hier Wache zu schieben. Es hätte euch auffallen müssen wenn ein Pferd sich vom Acker<br />

macht...“<br />

Ganz bewusst redete Bart den beiden Männern Schuldgefühle ein. Die Angst vor einer Bestrafung<br />

ließ sie ohne weitere Widerworte zu ihren Pferden laufen.<br />

„ Und macht schnell. Bevor noch einer was merkt.“ Rief Bart noch hinter ihnen her.<br />

Dann preschten die beiden Banditen los.<br />

*<br />

Jett war gerade dabei die restlichen Briefe auf dem Schreibtisch zu ordnen, als Carol-Ann herein<br />

kam.<br />

Langsam kam sie auf Jett zu. Ihr Gesicht war blass, und ihre Hände zitterten leicht als sie ein<br />

Taschentuch hervorholte um sich damit die Stirn ab zu tupfen. Jett kam um den Tisch herum. Er<br />

nahm einen Stuhl und forderte Sie auf sich doch zu setzen.<br />

„ Um Himmels willen. Was ist geschehen? Setzten sie sich bitte.“<br />

Schluchzend sah Carol-Ann nun in die klaren blauen Augen des Sheriffs.<br />

„ Ich mache mir Sorgen um Nick. Es ist schon bald Abend und er ist immer noch nicht zurück.“<br />

„ Nun ja. Er verfolgt eine Spur. Das kann sicher auch mal länger dauern.“ Jett versuchte die<br />

verzweifelte Frau zu trösten.<br />

„ Nein Sheriff. Sie verstehen das nicht. Wenn Nick <strong>für</strong> längere Zeit weg musste, dann gab er<br />

Deputy Cooper Anweisungen. Er würde auch Proviant mitnehmen.“<br />

„ Sie haben Recht Carol-Ann. Ich werde sehen was ich tun kann.“ Er nahm seinen Hut vom Haken,<br />

zog den Revolvergurt ein Loch enger und verließ das Office. Mit schnellem Schritt ging er zu<br />

Murphys Mietstall. In der hinteren Box stand sein Pferd. Jett nahm den Sattel. Mit gekonntem<br />

Schwung warf er ihn auf den Rücken des Pferdes.<br />

„ Guten Abend Sheriff. Haben sie so spät noch etwas vor?“ Erschrocken drehte Jett sich um. Hinter<br />

ihm stand der alte Murphy. Er hielt eine Stalllaterne in der Hand. Das schwach flackernde Licht<br />

warf unheimlich Schatten der beiden Personen an die Holzwand. Erleichtert atmete Armstrong auf.<br />

„ Ach Sie sind es. Sie verstehen es wirklich gut sich von hinten anzuschleichen und Leute zu<br />

erschrecken.“<br />

„ Endschuldigen sie Sheriff. Das war nicht meine Absicht.“<br />

„ Schon gut. Ich muss zur Lessing Ranch reiten. Nick ist heute Mittag dort hin geritten, und immer<br />

noch nicht zurück.“<br />

„ Wissen sie eigentlich wie sie da hinkommen?“ fragte Murphy und zog die Augenbrauen hoch.<br />

„ Nein. Aber sie werden es mir bestimmt gleich sagen.“ Jett hielt in seiner Arbeit inne. Fragend sah<br />

er in das Gesicht des Alten. Etwas lustiges, freundliches war darin zu lesen.<br />

„ Nein. Das ist schwer zu erklären an jemanden der sich hier gar nicht auskennt. Aber nehmen sie<br />

doch Cooper mit. Er kennt die Gegend hier sehr genau. Außerdem hat Lex Cooper viel von Nick<br />

gelernt, was Spurensuche anbelangt. Der Junge ist wirklich gut darin geworden.“<br />

Murphy hatte seinen Satz gerade beendet, als Cooper im Tor erschien.<br />

„ Ich bin dabei.“ Sagte er nur. Er kam auf Jett zu und reichte ihm die Hand.<br />

„ Auf gute Zusammenarbeit Sheriff. Ich komme gerade vom Office. Carol-Ann hat mir alles<br />

erzählt. Murphy, wo ist mein Sattel?“ Lex war ein hoch gewachsener schlanker Bursche und gerade<br />

vor einer Woche neunzehn geworden. Als seine Eltern an Typhus starben, war er gerade vierzehn<br />

Jahre. Der Stadtrat beschloss damals den kleinen Lex Cooper in ein Kinderheim nach San Franzisko<br />

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zu schicken. Nick aber war dagegen. Er wusste ja wie es ist, wenn man als Kind plötzlich allein<br />

dasteht. Er nahm sich dem Jungen an. Lex durfte im Office helfen. Er hielt alles sauber und half<br />

Nick bei kleineren Aufgaben. Gewehre Ölen, Essen <strong>für</strong> Gefangene holen oder mal einen Kaffee<br />

kochen.<br />

Als er seinen siebzehnten Geburtstag feierte, machte Ryder ihn zum Hilfssheriff. Lex war mächtig<br />

stolz auf diesen Stern. Für ihn war Nick wie ein Vater, und er würde alles <strong>für</strong> ihn tun.<br />

„ O.k. reiten wir.“ Sagte Jett und zog sich in den Sattel. Noch bevor er aus dem Tor ritt drehte er<br />

sich zu Lex um. Mit einem lächeln sagte er.<br />

„ Lassen wir die Förmlichkeiten weg. Ich bin Jett.“ Dann winkte er Murphy zu. „ Das gilt auch <strong>für</strong><br />

dich.“ Murphy grinste. „ Ich halte in der Zeit wo ihr weg seid die Stellung im Office. Junior.“<br />

Noch einmal drehte Jett sich um und rief.<br />

“Ach und der Schreibtisch hat jetzt eine gewisse Ordnung. Es sollte auch so bleiben. Senior!“<br />

Sie erreichten gerade den Stadtrand, als ein reiterloses Pferd auf sie zutrabte. Lex sprang sofort aus<br />

dem Sattel und ging dem Tier entgegen. Er nahm die am Boden schleifenden Zügel und tätschelte<br />

ihren Hals. Dann sah er auf und sagte.<br />

„ Das ist Lady. Sie ist völlig verschwitzt. Muss wohl bis hier hin galoppiert sein. Ganz ruhig Lady.“<br />

Sanft strich er ihr über die Nüstern. Jett war ebenfalls abgestiegen. Er kam auf Lex zu und<br />

untersuchte das Pferd. Plötzlich schaute er wie gebannt auf den Sattel. Er rieb mit dem Finger über<br />

das Leder und meinte dann.<br />

„ Das ist Blut hier am Leder.“ Lex schluckte. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.<br />

„ Dann muss ihm was passiert sein! Wir sollten so schnell wie möglich zur Lessing Ranch reiten.<br />

Dort wollte Nick auch hin. Da muss doch eine Spur zu finden sein.“<br />

Er gab Lady einen Klapps auf die Hinterhand und die Stute trabte weiter genau auf Murphys Stall<br />

zu. Hinter der letzten Biegung des Weges standen zwei Reiter. Sie beobachteten wie Jett und Lex<br />

die Stute untersuchten. Einer der Beiden wischte sich die Nase mit seinem Handrücken. Dann<br />

fluchte er.<br />

„ So ein Mist. Was machen wir jetzt? Der Gaul hat es bis zur Stadt geschafft.“<br />

„ Wir können aber nicht ohne das Tier zurück reiten.“<br />

„ Und was schlägst du nun vor?“<br />

„ Ich weiß nicht. Ich muss erst noch überlegen.“<br />

„ Verdammt würdest du mal etwas schneller denken?“<br />

„ Wie soll ich denn, wenn du ständig nur dumm rum Quatschst.“<br />

„ Wenn unser Boss davon was erfährt, wird er uns die Schuld geben das das Tier abgehauen ist.<br />

Dann geht es uns aber dreckig.“<br />

Während die Beiden sich stritten, entdeckte Jett sie. Erstaunt beobachtete er die Szene. Ihre<br />

Diskussion wurde schließlich so laut, dass Jett fast jedes Wort verstand.<br />

Er winkte Lex zu sich heran, und ohne weg zuschauen fragte er erstaunt.<br />

„ Sag mal. Sehe ich da richtig oder stehen da vorne zwei Idioten.“<br />

Dann sprangen beide fast gleichzeitig auf ihre Pferde und gaben ihnen die Sporen. Sie waren schon<br />

fast bei der Wegbiegung, als die zwei streitenden Männer sie bemerkten.<br />

„ Nichts wie weg hier!“ schrie der eine, zog die Zügel herum und galoppierte davon. Sein Partner<br />

folgte ihm.<br />

Armstrong und Cooper kamen immer dichter an die Beiden heran. Da drehte sich der eine plötzlich<br />

um und schoss ziellos nach hinten. Jett durfte nun nicht mehr in gerader Linie reiten, sonst kam er<br />

in Gefahr doch noch eine der Kugeln abzubekommen. Nach sechs Schüssen war der Revolver leer<br />

geschossen. Cooper schaffte es den Schützen einzuholen, warf sich aus dem Sattel, direkt in die<br />

Arme des Gegners. Beide stürzten zu Boden. Durch den Schwung rollten sie noch ein ganzes Stück<br />

bis ein Felsblock sie bremste. Noch leicht benommen packte Lex den Fremden am verschmierten<br />

Hemdkragen und hielt ihm seinen Revolver an die Stirn.<br />

Jett der den zweiten Flüchtigen verfolgte, merkte, dass dieser ein verdammt gutes Pferd ritt. Er<br />

schaffte es nicht den Abstand zu verringern. Sein Pferd Tänzer hatte schon Schaum vorm Mund und<br />

23


das Fell war weiß von Schweiß. Er hielt an, zog sein Wincherstergewehr aus dem Sattelhalter und<br />

setzte an. Er musste jetzt genau zielen. Es gab nur einen Versuch. Tief zog er die Luft ein. Hielt den<br />

Atem an, richtete Kimme und Korn aufs Ziel und drückte ab. Wie von einem Keulenschlag<br />

getroffen<br />

Fiel der Fremde vorn über vom Pferd. Das Tier lief noch weiter, bis es bemerkte, dass kein Reiter es<br />

mehr vorwärts trieb. Dann blieb es stehen schnaubte und schüttelte sich. Jett packte sich den<br />

Verletzten. Er war an der Schulter getroffen. Es war keine lebensbedrohliche Wunde, aber doch<br />

sehr schmerzhaft. In dem Moment kam Cooper mit seinem gefesselten Gefangenen um die Ecke.<br />

Armstrong fragte.“ Alles klar bei dir?“<br />

„ Mein Hemd ist dabei drauf gegangen, sonst ist alles in Ordnung.“ Er schaute an seinem<br />

zerrissenen Hemdsärmel runter und grummelte.<br />

„ Na toll! Das war mein liebstes Stück.“<br />

Wütend packte er den Gefesselten am Arm und riss ihn vom Pferd. Weil seine Hände auf dem<br />

Rücken gebunden waren, konnte er sich nicht abstützen, und fiel mit dem Gesicht in den Dreck.<br />

Cooper und Armstrong stießen beide Gefangenen gegen eine Felswand.<br />

„ Also, dann fangt mal an zu singen!“ Quetschte Jett wütend durch seine Zähne. In seiner Stimme<br />

klang ein gefährlich drohender Unterton mit.<br />

„ Ich frage nur einmal. Wo ist Marshall Ryder?“<br />

Der größeren der Beiden spuckte genau vor Armstrongs Stiefel.<br />

„ Du kannst mich mal.“ Sagte er. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen.<br />

„ So—ich kann dich mal!“ Jett griff den Verletzten an der Schulter, so dass dieser vor Schmerzen in<br />

die Knie sank. „ Arghh--- hör auf! Der Boss bringt mich um wenn ich was sage.“<br />

„ Und was glaubst du was ich mit dir mache wenn du nicht bald dein Maul aufmachst.“ Lex sah ihn<br />

mit bitter ernster Mine in die Augen.<br />

„ Ihr--- Aua--- ihr seid Gesetzeshüter. Ihr dürft mich nicht umlegen!“<br />

Jett sah Lex an, und meinte während er ein Auge dabei zukniff.<br />

„ Hast du das gesehen? Er zog plötzlich einen kleinen Colt aus seinem Ärmel. Ich musste ihn in<br />

Notwehr erschießen.“ Lex verstand sofort und spielte das Theater mit.<br />

„ Ja. Das ging alles so schnell. Es war Notwehr.“ Beiden wich die Farbe aus den Gesichtern. Sie<br />

starrten Jett und Lex an bis einer schließlich stammelte.<br />

„ Das könnt ihr doch nicht machen! Damit kommt ihr nicht durch.“<br />

Jett fuchtelte absichtlich mit seiner Waffe, als ob er es gar nicht erwarten könne endlich die Beiden<br />

zu erschießen.<br />

„ Wer sollte uns daran hindern, euch hier und jetzt abzuknallen.“<br />

„ Schon gut. Nur nicht nervös werden. Verdammt.“<br />

Die Banditen standen alle um ein Feuer herum. Langsam drehte ein hagerer glatzköpfiger und<br />

unrasierter Mann drei Hasen an einem Ast über den Flammen. Dabei säuberte er seine Zähne mit<br />

einem kleinen Stöckchen. Bill Clain der Anführer stand in seiner Baracke. Er wusch sich die noch<br />

immer schmerzende Nase. Das Wasser in der Schüssel färbte sich hellrot.<br />

Er schob die Decke, die das Fensterloch abhing, beiseite und beobachtete seine Leute.<br />

Außer seiner Baracke gab es noch zwei weitere primitiv gebaute Holzhäuser. Hier hatten vor Jahren<br />

einige Pelztierjäger gehaust. Im geschützten Kessel umringt von Felsen, bauten drei Trapper sich<br />

hier ihre Quartiere. Die Trapper gab es längst nicht mehr, aber ihre Hütten standen immer noch da.<br />

Bill betrachtete nun wieder sein Gesicht in einer Spiegelscherbe. Wut stieg in ihm hoch als er seine<br />

rot-blau gefärbte Nase sah. Er riss den Vorhang am Fenster zur Seite und brüllte hinaus.<br />

*<br />

24


„ Peko. Komm sofort her.“ Es dauerte nicht lange da wurde an die Tür geklopft. Ein großer Kerl trat<br />

ein. Er musste seinen Kopf einziehen um sich nicht am Türrahmen zu stoßen. Als er drinnen stand<br />

knirschte er durch seine Zähne „ Boss hier bin ich!“ Bill stand mit dem Rücken zu ihm. Laut stieß<br />

er die eingeatmete Luft aus und drehte sich dann zu ihm um. Er hielt dem groß gewachsenen Mann<br />

seine Hände hin.<br />

„ Sieh dir das an. Völlig zerschunden. Im Steinbruch. Mein Rücken schmerzt jeden Tag. Dieser<br />

Ryder hat mir die besten Jahre meines Lebens genommen. Hol ihn mir her. Einmal kam er mit<br />

seinem Leben davon. Diesmal wird er sterben. Ich will ihn tot sehen, dass habe ich mir geschworen.<br />

Jeden verdammten Tag in diesem Straflager. Jetzt ist es endlich so weit.“<br />

Nick stand vor dem kleinen Loch in der Wand. Er versuchte mit einem Stein die Öffnung größer zu<br />

klopfen. Aber die felsige Wand war doch sehr Massiv. Nur wenige kleine Stücke brachen mit jedem<br />

Schlag ab. Plötzlich hielt er inne. Ein Schatten huschte außen vorbei. Nick presste sich an die Wand<br />

und sah wie eine Hand durch das Loch kam. Blitzschnell packte er zu, ließ aber sofort wieder los,<br />

als er spürte wie klein und dünn das Handgelenk war. Es dauerte etwa eine Minute, da konnte Nick<br />

ein Jungengesicht erkennen. Der Kleine hatte sich eine Kiste geholt und sie hochkant auf den Boden<br />

gestellt. Jetzt war er groß genug um durch die Luke ins Innere der Höhle zu blicken.<br />

Kleine Sommersprossen schienen auf der Nase zu tanzen, als er lachte. In seiner kleinen Hand hielt<br />

er einen Becher und reichte ihn Nick.<br />

„ Hier sie müssen doch durstig sein!“<br />

Ryder sah ihn dankbar an. Seine Kehle war schon ganz trocken. Mit einem Zug leerte er den Becher<br />

Wasser. Wie gut das tat. Das kühle Nass gab ihm wieder neue Kräfte.<br />

„ Sag mal Junge. Wie heißt du denn?“ wollte Nick vom ihm wissen.<br />

Der kleine senkte den Kopf. Halblaut sagte er. „ Ich habe keinen Namen. Bill nennt mich einfach<br />

nur Boy.“<br />

„ Bill ist nicht dein Vater?“<br />

„ Nein. Meine Eltern kamen bei einem Indianerüberfall ums Leben. So sagte er es mir. Er hat mich<br />

aus unserem brennenden Haus gerettet.“<br />

„ Weißt du denn wer deine Eltern waren?“<br />

„ Nein. Ich war erst ein Jahr alt. Aber Bill hatte das hier in seiner Kiste. Hanna hat es einfach raus<br />

genommen. Sie sagte das es mir gehöre.“<br />

Er reichte eine silberne Taschenuhr durch die Öffnung. Doch bevor Nick sie sich ansehen konnte,<br />

zog Boy die Hand schnell zurück. Eine tiefe Männerstimme klang hinter ihm.<br />

„ Hey Junge. Was machst du da?“<br />

Erschrocken drehte sich das Kind um. Sagte dann aber mit sicheren Worten.<br />

„ Nichts. Ich wollte mir nur mal den Gefangenen ansehen.“ Eilig sprang er von seiner Kiste runter<br />

und rannte fort. Er hörte noch wie der Mann ihm nach rief.“ Mach das du weg kommst. Ich will<br />

dich hier nicht mehr sehen. Rotzlöffel.“<br />

Hinter der Blockhütte wartete Hanna schon ganz gespannt auf ihren Freund. Voller Ungeduld fragte<br />

sie Boy.“ Und wie ist er?“<br />

„ Wie soll er schon sein.“ Boy zuckte mit den Achseln.<br />

„ Er ist doch ein Marshall. Ich habe noch nie einen echten Marshall gesehen.“<br />

„ Er ist ganz nett. Aber geh doch hin und sieh ihn dir selber an.“<br />

Boy wandte sich ab und ging um die Baracke herum. Hanna stand noch da. Sie schloss die Augen<br />

und sagte leise. „ Vielleicht wird er mein Retter sein.“ Der laute Ruf ihres Vaters riss sie aus ihren<br />

Gedanken. Schnell lief sie um die Ecke. Bill stand breitbeinig da. In seinem Gesicht zuckte kein<br />

Muskel. Ernst blickte er das Mädchen an.<br />

„ Wo warst du? Du solltest doch meine Hemden waschen. Bring sofort ein sauberes her.“<br />

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Als Hanna sich umdrehte gab Clain ihr einen Tritt der so heftig war das sie nach vorn stolperte und<br />

hinfiel. Tapfer erhob sie sich. Der Gedanke an den Gefangenen Marshall gab ihr wieder Mut. Sie<br />

hoffte innig auf dessen Hilfe.<br />

Armstrong und Cooper brachten die beiden Gefangenen zurück zur Stadt. Im Office saß Murphy<br />

bei einer Tasse Kaffee. Sichtlich erstaunt stand er auf als er die Beiden mit den Ganoven<br />

reinkommen sah. „ Wen schleppt ihr denn da rann?“<br />

„ Wir wissen wo Nick ist. Die Beiden haben es uns gesagt.“ Jett schubste die Banditen ins Jail. Er<br />

schloss die Gittertüren zu und kam vor ins Office.<br />

„ Wir brauchen Verstärkung. Es ist eine Bande von zwanzig Mann. Sie halten Nick dort gefangen.“<br />

Murphy rieb sein stoppeliges Kinn. Er kräuselte die Stirn als er sagte.“ Das könnt ihr vergessen.<br />

Außer vielleicht Ole der Schmied wird euch wohl niemand beistehen. Der Rest sind alles<br />

erbärmliche Feiglinge. Nick hat schon oft völlig allein auf der Straße gekämpft. Die Bürger sahen<br />

hinter ihren Gardinen zu bis der Spuck vorbei war. Dann kamen sie aus ihren Löchern um den<br />

Marshall zu loben.“<br />

Jett hatte schon den Türgriff in der Hand.<br />

„ Ich gehe trotzdem mal rüber in den Saloon. Wenn ich den Leuten erzähle das die Bande plant,<br />

nicht nur den Marshall, sondern auch ganz <strong>Cutter</strong> zu vernichten, werden sie vielleicht helfen.<br />

Schließlich geht es ihnen ja nun selber an den Kragen. Wir müssen uns beeilen bevor dieser Bill<br />

Clain….“<br />

„ Bill Clain?“ Murphy sprang von der Tischkante runter auf der er saß, als hätte ihn eine Biene<br />

gestochen. „ Spar dir den Weg zum Saloon. Clain hat damals hier wie der Teufel gewütet. Häuser<br />

brannten nieder, Frauen wurden vergewaltigt sogar zwei Kinder kamen bei der Schießerei ums<br />

leben. Nein, hier wist du keine Hilfe finden. Die Leute haben Angst vor Clain und ich kann es ihnen<br />

nicht einmal verdenken. Wenn Nick tatsächlich auf Bill gestoßen ist dann können wir nur noch<br />

hoffen das unser Marshall noch lebt.“<br />

Jett winkte ab. Er ging hinüber in den Saloon. Etwa zehn Männer waren dort gerade mit Pokern und<br />

Whiskey trinken beschäftigt als Armstrong die Bastgeflochtenen Schwingarme aufstieß.<br />

Ein älterer Cowboy sah ihn als erster. Er stand an der Theke und hob sein glas Bier dem Sheriff<br />

entgegen. „ Seht mal Leute wer da rein kommt. Unser neuer Sheriff. Meinen herzlichen<br />

Glückwunsch zum Stern. Kommen sie, ich lade sie zu einem Drink ein.“<br />

Jett ging auf den Cowboy zu, zwang sich zu einem künstlichen Lächeln und sagte.<br />

„ Danke. Einen Whiskey kann ich jetzt gebrauchen.“ George der Keeper stellte das Glas aufs Blech<br />

und goss die goldbraune Flüssigkeit ein.<br />

Mit einem Schluck kippte Jett den Inhalt runter, stellte das Glas wieder ab und lehnte sich mit dem<br />

Rücken gegen die Theke. Laut rief er gegen die Menge an.<br />

„ Hört mal zu Leute. Ich brauche ein paar Männer die mir helfen den Marshall zu retten.“<br />

Einer der Pokerspieler sah auf und fragte. „ Wo ist er denn?“<br />

„ In einem Felskessel der hier Trapperplace genannt wird. Dort sitzt die Bande von Bill Clain. Er<br />

hat vor ganz <strong>Cutter</strong> auszuräuchern. Also wenn euch euere Stadt lieb ist dann helft mir.“<br />

*<br />

Mit dem Namen des Bandenbosses entfachte Jett ein lautes Durcheinander. Die Männer schimpften,<br />

fluchten, aber niemand war bereit sich dem Sheriff anzuschließen. Jett versuchte verzweifelt die<br />

Gefährliche Situation zu erklären in der sich die ganze Bevölkerung <strong>Cutter</strong>s befand, aber er stieß<br />

nur auf Gegner. Mit gesenktem Kopf verließ Jett den Saloon in dem das laute Gerede immer noch<br />

kein Ende fand und ging zurück ins Office.<br />

Murphy stand am Fenster. Er sah wie niedergeschlagen der Sheriff die Straße überquerte. Als er in<br />

der Tür erschien blickte ihn der Alte düster an.<br />

„ Du bist ja schnell wieder hier. Kein Glück gehabt?“<br />

26


Wütend schlug Jett die Tür hinter sich zu, so heftig das einige Blätter vom Schreibtisch hoch<br />

wirbelten und zu Boden segelten. „ Diese Idioten.“<br />

Lex nahm ein Gewehr aus dem Regal. Er packte sich noch zwei Dosen Patronen und steckte sie in<br />

seine Westentasche. „ Ich bin bereit Sheriff. Lass uns los reiten. Nick braucht unsere Hilfe. Ich<br />

hoffe er lebt noch.“<br />

Murphy schaute auf seine Stiefelspitzen. Seufzend sagte er. „ Glaubt mir. Wenn ich jünger wäre…“<br />

Weiter kam er mit seinem Satz nicht. Jett klopfte auf seine Schulter und unterbrach ihn.“ Wir<br />

brauchen dich hier. Wer soll sonst auf die Gefangenen acht geben. Pass auf dich auf. Nicht das noch<br />

jemand versucht die Beiden aus dem Jail zu befreien.“<br />

Lex saß schon im Sattel als Jett raus kam. Er steckte seinen Fuß in den Steigbügel. Gerade saß er im<br />

Sattel als Carol- Ann angerannt kam. „ Sheriff, ist es war. Ist Nick bei der Clain Bande?“<br />

„ Ja. Aber machen sie sich keine Sorgen. Ich hole Nick da raus. Das verspreche ich ihnen.“<br />

Er zog die Zügel rum und verließ zusammen mit Lex die Stadt.<br />

Bürgermeister Flint stand vor dem Saloon. Er schaute den beiden Reitern nach.<br />

Kurz vor dem felsigen Weg der zum Trapperplace führt hielten die Beiden ihre Pferde an. Jett nahm<br />

seine Winchester. Er kontrollierte die Trommel seines Revolvers und füllte seine Taschen mit<br />

Ersatzpatronen. Lex hielt Ausschau. Er war schon den Fels rauf geklettert. Als beide oben waren<br />

gingen sie geduckt den Hang entlang. „ Es ist nicht mehr weit.“ Flüsterte Lex ihm zu. Plötzlich<br />

blieb er stehen. Er hob den Zeigefinger der rechten Hand zum Mund. „ Schsch. Da vorne hält einer<br />

Wache.“ Im weiten Bogen schlich sich Jett um den Wächter herum. Gelangweilt saß der Bandit auf<br />

einem Stein und rauchte. Als Armstrong nahe genug ran war gab er dem Deputy einen Wink. Lex<br />

zerbrach geräuschvoll einen Ast. Das Knacken ließ den Mann aufschrecken. Er sprang hoch, wollte<br />

gerade loslaufen, als Jett ihm von hinten den Gewehrkolben über den Schädel schlug. Sofort sank er<br />

Bewusstlos in die Knie. Nicht einmal einen Warnruf hatte er abgeben können.<br />

Armstrong zog ihm die Stiefel aus. Verwundert sah Cooper ihm dabei zu. „ Was wird denn das?<br />

Willst du etwa seine Stiefel klauen?“<br />

„ Was will ich denn mit diesen abgelaufenen Dingern.“ Er schleuderte die Stiefel den Hang<br />

hinunter. Dann zog er ihm noch die Socken aus. Lex staunte nicht schlecht als er sah wie Jett dem<br />

Banditen mit einer Socke die Hände auf den Rücken band. „ Womit soll ich ihn denn sonst fesseln?<br />

Das Halstuch brauche ich zum Knebeln. Sie ließen den Verpackten liegen und schlichen weiter zum<br />

Rand hinauf.<br />

Von hier oben hatten sie eine perfekte Aussicht auf das Lager der Banditen. „ Der Idiot den wir<br />

gefangen haben hat tatsächlich die Wahrheit gesagt. Es sind mindestens zwanzig Mann die ich da<br />

unten sehe. In diesem Moment wurde gerade Nick zur mittleren Baracke geführt. Drei Männer<br />

hielten ihre Colts auf Ryder gerichtet.<br />

Jett entdeckte ihn mit leuchtenden Augen. Er war froh seinen Freund lebend zu sehen.<br />

„ Da. Das ist Nick. Jetzt wissen wir wenigstens das er noch lebt.“ Lex schaute in die andere<br />

Richtung. Er stieß Armstrong mit dem Ellenbogen an und zeigte nach rechts unten.<br />

„ Sie mal was da vor der Hütte steht. Kennen wir nicht die drei Mehlsäcke? Aus dem offenen Sack<br />

kann man sogar einen Gewehrlauf sehen.“<br />

Nick wurde an den Händen gefesselt in die Baracke gebracht. Auf Anweisung hin wurde die Tür<br />

von außen verschlossen. Bill rieb sich die Hände. Er starrte sein Gegenüber an. Gefährlich blitzte es<br />

in seinen Augen.“ So, jetzt sind wir ganz allein. Nur du und ich. <strong>Zwei</strong> Männer vom gleichen<br />

Schlag.“<br />

Dann schnellte Bill vor. Seine Hände umspannten Ryders Hals. Er presste ihn gegen die Wand. Sein<br />

harter Griff nahm Nick fast die Luft.<br />

*<br />

27


„ Ich mach dich fertig! Langsam – so wie du es mit mir gemacht hast. Und dann werde ich deine<br />

schöne Stadt in Schutt und Asche legen. Danach werden die Leute wohl etwas mehr Respekt vor<br />

mir zeigen. Vor mir, dem großen Bill Clain, der Marshall Ryder umbrachte. Dann löste er seinen<br />

Griff. In der Ecke stand eines der neuen Gewehre. Stolz nahm Bill es in die Hand.<br />

„ Hier, erkennst du das? Mit Achtzehn von diesen wunderbaren Waffen und den Fässern Dynamit<br />

aus Wellington werde ich in <strong>Cutter</strong> einreiten.“<br />

„ Siebzehn. Das eine Gewehr habe ich.“ Nick lehnte immer noch an der Wand. Langsam bekam er<br />

wieder Luft.<br />

„ Du hast damals die gerechte Strafe bekommen. Wenn du noch einmal in <strong>Cutter</strong> auftauchst wirst<br />

du es bereuen. Der Richter war noch viel zu gnädig mit dir.“ Es war ein scharfer drohender Ton den<br />

Marshall Ryder sprach. Bill stand mit dem Rücken zu Nick. Er nahm den Ledergürtel vom Haken<br />

und drehte das eine Ende einmal um seine Hand. Bill drehte sich um und wollte mit dem Riemen<br />

Ryders Gesicht treffen. Aber Nick wirbelte blitzschnell zur Seite. Das Lederende traf nur noch seine<br />

Stirn und zog eine breite Schramme in die Haut. Blut lief übers Auge, die Wange runter.<br />

Bill lachte dreckig. „ Ich habe noch eine Überraschung <strong>für</strong> dich.“ Durch das Fenster rief er einen<br />

seiner Männer zu. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und man schob den Jungen rein. „ Du kannst<br />

wieder verschwinden.“ Gab Clain dem Banditen den Befehl. Dann zog er das Kind am Arm zu sich,<br />

hielt die Hand unter dessen Kinn. „ Sieh her Ryder. Sieh ihn dir genau an. Erkennst du die<br />

Ähnlichkeit?“ Nick sah den Jungen an. Er sah in die dunklen Augen, auf das schwarze Haar. Das<br />

Blut in seinen Adern schien plötzlich wie gefrorenes Eis. Bills Lachen wurde immer lauter.<br />

„ Ich habe den Bengel groß gezogen. Die Brut meines größten Feindes. Was sagst du dazu?“<br />

Wie erstarrt stand Nick da. Konnte es denn wirklich sein?<br />

Oben auf dem Felshang überlegten Jett und Lex Fieberhaft was sie tun sollten. Dann fiel Armstrong<br />

das Fass auf das neben dem Höhleneingang stand. Er kniff die Augen zusammen und die Schrift<br />

darauf wurde deutlicher. „ Dynamit“ sagte er leise. Lex nickte. „ Das könnten wir jetzt gut<br />

gebrauchen. Warum haben wir da nicht dran gedacht?“<br />

„ Warum sollten wir uns mit dem Zeug abschleppen, wenn es da unten rum steht.“<br />

„ Was, Wo?“ Cooper sah wo hin Jett schaute. „ Tatsächlich. Wir sollten uns von zwei Seiten ran<br />

schleichen. Sobald das Dynamit in die Luft geht zünde ich die Sträucher hinter den Baracken an.<br />

Bei der Trockenheit brennt hier bald alles Lichterloh. Wenn wir dann ständig unsere Positionen<br />

wechseln und Feuern, glauben die da unten sie wären Umzingelt.“<br />

„ Guter Plan Lex. Das könnte klappen. Versuch so viele wie möglich zu treffen.“ Sie reichten sich<br />

die Hände.“ Also dann viel Glück.“<br />

Wie geplant schlichen die Beiden an ihre jeweiligen Posten. Jett fand einen hervorragenden Platz.<br />

Die Sicht war frei, und hinter den Sträuchern konnte man ihn nicht sehen. Er war nun auch nah<br />

genug ran um einen sicheren Schuss ab zugeben. Armstrong legte das Gewehr an.<br />

„ Alles hängt nun von dir ab Jett. Ich hol dich hier raus Nick.“ Leise und mit geschlossenen Augen<br />

sprach Jett sich selber Mut zu. Er atmete tief ein, hielt die Luft an und zielte auf das Fass.<br />

Mit einem gewaltigen Knall explodierte das Dynamit. Die Druckwelle riss Steine aus der Felswand<br />

und schleuderte sie durch die Luft. Gleich vier der Banditen wurden schwer getroffen.<br />

Im selben Moment gingen die ersten Büsche in Flammen auf. Das Feuer wanderte wie erwartet<br />

rasendschnell von einem Geäst zum anderen. Jett verließ seinen Standort. Er rannte von Baum zu<br />

Baum und schoss bei jeder Position. Lex machte das gleiche, und sie waren richtig gut. Wild<br />

schreiend rannten die Männer umher. Versuchten das Feuer zu löschen, aber es war sinnlos.<br />

Während sie rechts löschten zündete Lex auf der linken Seite die nächsten Hölzer an.<br />

„ Es hat keinen Sinn. Wir sind umzingelt!“ schrie einer aus der Masse. Er rannte zu den Pferden die<br />

wild an den Zügeln rissen.<br />

Jett rannte hinter einer der Baracken. Durch das Glaslose Fenster sah er auf dem Tisch zwei<br />

Whiskeyflaschen stehen. Er nahm einen brennenden Ast und schleuderte ihn ins Innere. Die<br />

getroffenen Flaschen kippten um, der Alkohol verteilte sich auf der Tischplatte und fing sofort<br />

Feuer. Schnell brannten nun auch die Decken der Boden und vor allem die mit Strohbedeckten<br />

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Schlafpritschen. Grinsend sah Jett zu wie alles in Flammen aufging. Da erhielt er plötzlich einen<br />

heftigen Schlag auf den Kopf.<br />

Nur mit äußerster Mühe konnte er die anspringende Ohnmacht<br />

bezwingen. <strong>Zwei</strong> grobe Gestalten packten ihn unterm Arm und schleppten ihn zur mittleren Hütte,<br />

wo schon weitere Männer standen die Cooper ein Messer am Rücken hielten.<br />

Jett fluchte. „ Haben sie dich auch erwischt?“ Lex nickte mit dem Kopf. Er kniff ein Auge kurz ein<br />

und meinte.“ Ja aber nur dich und mich. Die anderen werden sie nicht so leicht kriegen.“<br />

Da lachte einer auf und kam auf die Beiden zu. Sein Atem stank <strong>für</strong>chterlich als er sehr nah vor<br />

Jetts Gesicht sagte.“ Ihr zwei seid allein. Wir haben alles abgesucht. Außerdem schießt ja auch<br />

niemand mehr seid dem wir euch haben.“ Dann trat er die Tür auf und rief ins Innere.“ Boss, wir<br />

haben sie. Es sind nur zwei Sternschlepper.“<br />

Bill trat vor die Tür. Mit Abscheu musterte er die Gesetzeshüter aus <strong>Cutter</strong>.<br />

„ Knallt sie ab!“ Während Bill seinen Leuten noch Anweisungen gab, kletterten Boy und das<br />

Mädchen Hanna durch das Fenster. Die hintere Wand der Hütte stand schon in Flammen. Nick<br />

suchte noch nach etwas scharfem um seine Fesseln zu zerschneiden, als er die zwei Kinder sah. Boy<br />

hielt ein Messer in der Hand. Schnell hatte er damit den Marshall befreit. Hanna blickte sorgenvoll<br />

durchs Fenster. Sie sah Bill auf die Baracke zustampfen. „ Schnell Marshall. Sie müssen fliehen.<br />

Bill wird sie umbringen!“ Sie zerrte an Ryders Ärmel und wollte ihn zum Fenster ziehen. In dem<br />

Moment fielen draußen Schüsse. Erschrocken blieb Hanna stehen. Sie sah Nick in die Augen, ihre<br />

Stimme bebte.“ Bitte kommen sie mit. Die beiden anderen hat er schon erschießen lassen.“<br />

Nick überlegte wer denn die zwei mit einem Stern wohl waren. Es trägt doch nur Cooper einen, und<br />

er natürlich. Vielleicht kam ja Hilfe aus Wellington. Aber wie konnten sie hier von erfahren haben?<br />

Ganz gleich wer sie waren. Die Beiden waren nun tot und er musste sehen dass er hier Lebend raus<br />

kam.<br />

Als Clain eintrat schnellte Nick ihm entgegen. Er hatte so viel Schwung, dass Beide zu Boden<br />

fielen. Hanna und Boy rannten raus. Das Feuer hatte sich durch den ganzen Raum gefressen. Wände<br />

und Decke brannten lichterloh.<br />

Auf dem Boden kämpften Nick und Bill auf Leben und Tot.<br />

Vorne am Eingang des Trapperplace standen einige der Banditen um Lex und Jett. Sie stritten noch<br />

wer das Vergnügen haben durfte, zwei Sternträger zu erschießen.<br />

Mit gefesselten Händen überlegte Jett Fieberhaft wie er hier wieder raus kommen konnte.<br />

Da fielen Schüsse. Ringsum die Beiden kippten die Männer wie gliederlose Puppen um.<br />

Erstaunt blickten die Beiden um sich. „ Verstehst du das?“ fragte Lex. Da kam hinter einem<br />

Felsvorsprung Ole der Schmied hervor. Erleichtert atmete Jett auf. „ Was machen sie denn hier?“<br />

fragte er, glücklich ihn zu sehen.<br />

„ Die halbe Stadt ist hier. Wir wollen das Banditennest ausräuchern.“<br />

„ Als ich im Saloon um Hilfe bat hat sich niemand freiwillig gemeldet.“<br />

„ Sie können eben nicht so gut reden wie unser Mayor Flint. Er war so froh endlich einen Sheriff in<br />

<strong>Cutter</strong> zu haben. Da kann er sie doch nicht gleich am ersten Arbeitstag wieder verlieren.“<br />

Cooper warf sich auf den Boden und rief „ In Deckung!“ Ole und Jett duckten sich ebenfalls, und<br />

schon flogen die ersten Kugeln über ihre Köpfe hinweg.<br />

In der Baracke ging der Kampf weiter. Nick landete einen harten Uppercut unter Bills Kinn. Clain<br />

stolperte rückwärts über einen am Boden liegenden brennenden Balken. Er stand wieder auf und<br />

trat das heiße Holz Nick entgegen. Ryder konnte ihm gerade noch ausweichen. Da entdeckte Bill<br />

das Messer. Boy hatte es fallen gelassen als Hanna ihn weg zerrte. Er packte sich die Waffe und<br />

stürmte auf seinen Gegner zu. Nick konnte den ersten Schwinger ausweichen, bekam aber den<br />

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zweiten ab. Die scharfe Klinge zerschnitt sein Hemd, und hinterließ eine Schnittwunde auf der<br />

Brust.<br />

Bill holte zum nächsten Schwinger aus. Da aber war Nick schon nach vorne geschnellt. Er blockte<br />

den Arm schlug ihm das Messer aus der Hand und verpasste ihm seinen Ellenbogen ins Gesicht.<br />

Wieder stolperte Bill zurück. Wütend wollte er wieder auf Nick zu rennen, da fiel der zweite Balken<br />

von der Decke. Clain stand genau unter ihm. Nick konnte ihn nicht mehr sehen. Der Rauch wurde<br />

immer dichter. Das Atmen fiel schwer und die Hitze wurde unerträglich. Das Haus brach immer<br />

mehr in sich zusammen. Ryder konnte sich noch zur Tür raus werfen bevor die erste Wand nachgab<br />

und alles wie ein Kartenhaus zusammen brach.<br />

George der Barkeeper kam auf Jett zu gerannt. Sein Bauch schaukelte dabei hin und her. Er hielt<br />

eine Winchester in der einen Hand und einen schweren 45ziger Colt in der anderen.<br />

„ Wo ist der Marshall?“<br />

„ Eine gute Frage. Ich hab ihn auch noch nicht gesehen.“ Sagte Jett, und in diesem Moment flog<br />

sein Hut vom kopf. Sie mussten hinter einem Fels in Deckung springen. Der Schütze stand hinter<br />

einem Pferd und feuerte wie wild in Armstrong und Georges Richtung. „ Den hol ich mir.“<br />

Murmelte der Keeper. Er erhob sich aus seiner Deckung, schoss mit der Winchester unter dem<br />

Pferd durch und traf dessen Fuß. Schreiend fiel der angeschossene zu Boden, und wurde sofort vom<br />

45ziger Colt nieder gestreckt.<br />

Im letzten Augenblick sah Nick das Schmuckstück des Jungen am Boden liegen. Er musste es hier<br />

eben verloren haben. Mit seinem Halstuch griff er nach dem heiß gewordenem Medaillon und<br />

stürmte im Fallwurf nach vorn um nicht von den Flammen gepackt zu werden, die sich immer mehr<br />

ausbreiteten. Jett sah wie Nick in Deckung hechtete.<br />

„ Da ist er!“ Rief er George zu. Geduckt rannte Armstrong zu seinem Freund, der sich hinter einem<br />

mit Säcken beladenem Wagen in Sicherheit brachte.<br />

Erleichtert das Marshall Ryder noch lebt reichte er ihm die Hand.<br />

„ Bist du in Ordnung Nick?“<br />

„ Ja. Jett was machst DU hier? Und was---?“ Er stutzte als er den Sheriffstern an der Weste<br />

Armstrongs sah. „ Was ist das. Hat man dich zum Sheriff gemacht damit du mich hier ganz legal<br />

rausholen kannst?“<br />

„ Ich dachte mir du könntest einen Partner brauchen. Oder sehe ich das falsch? Außerdem kann ich<br />

viel besser mit der Buchführung umgehen.“<br />

„ Das heißt, du willst <strong>für</strong> immer in <strong>Cutter</strong> bleiben?“ Nick`s Augen leuchteten. Hoffnungsvoll blickte<br />

er seinem besten Freund ins Gesicht.<br />

„ Nun ja. Wenn es dir recht ist, mich als deinen Partner zu haben und-----„<br />

Nick sagte gar nichts dazu. Er umarmte ihn einfach. Als sie sich wieder gegenüber standen sagte<br />

Ryder.“ Wenn wir wieder in <strong>Cutter</strong> sind, stoßen wir bei George auf unsere Zusammenarbeit an,<br />

Partner.“<br />

Die Männer aus <strong>Cutter</strong> hatten nun alles im Griff. Die Clain Bande war besiegt.<br />

„ Habt ihr nichts Besseres zu tun? Das Feuer muss gelöscht werden. Die Toten legen wir auf den<br />

Wagen, die verletzten und der Rest kommen auf den anderen Ladewagen.“ George stand mitten auf<br />

dem Platz, seine Hände in die Hüfte gestemmt, und gab Anweisungen.<br />

Erstaunt blickte Nick sich um. „ Hey das ist ja unser Salooner.“ Bemerkte er.<br />

Jett stand hinter ihm.“ Jawohl. Die halbe Stadt ist hier. Nach dem der Bürgermeister auf sie<br />

eingeredet hatte, wurde ihnen wohl doch klar wie gefährlich die Clain Bande war. Wenn die es<br />

geschafft hätten mit dem Dynamit und den Gewehren in <strong>Cutter</strong> einzureiten, wäre alles verloren<br />

gewesen.“<br />

Hanna und der Junge saßen im Höhleneingang.<br />

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Sie hatten alles beobachtet. Boy stand nun auf. Langsam ging er vorwärts. Plötzlich griff seine<br />

Hand in seine Hosentasche. Er durchsuchte auch die andere und sah sich verzweifelnd um.<br />

„ Hanna meine Uhr ist weg. Ich muss sie verloren haben. Hilf mir. Wir müssen sie suchen.“<br />

Bevor er losrennen konnte hielt ihn das Mädchen fest.<br />

„ Wo willst du denn suchen?“<br />

Mit einem kräftigen ruck riss sich Boy von ihrem Griff los. Wo er suchen sollte wusste er auch<br />

noch nicht. Er lief bis zur abgebrannten Baracke. „ Ich muss sie hier verloren haben.“ Sagte er zu<br />

sich. Jett und Cooper halfen mit die Gefangenen zu entwaffnen. Man entschloss sich die Toten hier<br />

zu begraben. Mit Spaten schaufelten sie Gräber aus.<br />

Nick sah den kleinen Jungen, der den Boden absuchend auf allen vieren kroch. Er ging auf ihn zu<br />

und hockte sich vor ihm nieder.<br />

„ Hey. Suchst du das hier?“ Er reichte dem Jungen das Schmuckstück das er im Feuer gefunden<br />

hatte. Mit freudestrahlenden Augen nahm Boy es in die Hand und polierte die silberne Oberfläche<br />

an seinem Hemd. Nick beobachtete ihn dabei genau. Sein Herz schlug ihm fast bis zum Hals. Er<br />

konnte seine Tränen kaum noch zurück halten. Mit gebrochener Stimme sagte er schließlich.<br />

„ Sie bedeutet dir wohl sehr viel?“ „ Ja. Sie gehörte mal meiner Mutter.“ Er öffnete den Deckel und<br />

eine Spieluhr ließ eine Melodie erklingen bei der Nick das Blut in den Adern gefror.<br />

Er schloss die Augen und lauschte der Musik.<br />

Hanna hatte alles mit angehört. Sie wollte gerade aus ihrem Versteck kommen als sie hinter Nick<br />

ihren Vater Bill Clain sah. Leicht gekrümmt stand er da. Sein Gesicht war schwarz gerußt.<br />

Die Kleidung hing nur noch in Fetzen an ihm, und in den Löchern sah man die verbrannte schwarze<br />

Haut. Er hatte keine Haare mehr. Weder auf dem Kopf noch über den Augen. Auch die Behaarung<br />

an den Händen war weg. Mit rot unterlaufenden Augen stand er Nick im Rücken, einen Revolver in<br />

der zitternden Hand.<br />

„ Marshall Nick Ryder. Dreh dich um und sieh mir in die Augen, wenn ich dich abknalle.“<br />

Nick hielt den Atem an. Er hatte keine Waffe im Holster.<br />

Jett und Lex waren bei den Toten, als ein Schuss die Stille durchbrach.<br />

Nick zuckte zusammen. Armstrong warf seinen Spaten weg und rannte zu seinem Freund.<br />

Er riss seinen Colt noch im laufen hoch.<br />

Er sah Nick am Boden knien. Hinter ihm Bill Clain, dem langsam der Revolver aus der Hand glitt.<br />

Fast in Zeitlupe sackte er zusammen. Seine leeren Augen starrten Nick noch einmal an, dann kippte<br />

er vorn über und blieb reglos liegen.<br />

Hanna stand wie gelähmt da. Sie hielt Ryders Remington Colt in der Hand. Aus dem Lauf stiegen<br />

noch kleine Rauchwölkchen auf. Dann ließ sie die Waffe fallen, schlug die Hände vors Gesicht und<br />

weinte. Jett nahm sie in den Arm und tröstete sie.“ Es wird alles wieder gut. Es ist vorbei.“<br />

„ Ich habe meinen Vater getötet.“ Schluchzte Hanna. Jett stellte sich vor ihr, so dass sie den Toten<br />

Bill nicht sehen konnte. „ Komm. Das hier ist kein Ort <strong>für</strong> ein so hübsches junges Mädchen wie du<br />

eins bist.“<br />

Nick wandte sich wieder dem Jungen zu. Er legte seine Hand auf die kleine Schulter. „ Auf der<br />

Rückseite deiner Uhr steht etwas eingraviert. – I Love you -. Sie war mein Hochzeitsgeschenk an<br />

meine Frau,-- deine Mutter--.“<br />

Boy wusste erst nicht was er sagen sollte. Tränen kullerten die Wangen runter als er stotterte.<br />

„ Dann bist du--- ja---- mein Vater!“<br />

„ Ja.“ Nick schluckte mit jedem Wort. „ Du bist mein Sohn und dein Name ist Jett. Wir haben dich<br />

immer Jetty gerufen.“ Er drückte den Jungen fest an sich. Jetzt konnte auch Nick nicht mehr seine<br />

Freudentränen zurück halten. „ Ich dachte immer du wärst damals im Feuer mit umgekommen.“<br />

Jett Armstrong und Lex Cooper standen beide wortlos da. Lex war der erste der etwas sagte.<br />

„ Ich finde, er sieht Nick sogar sehr ähnlich. Ein richtiger Ryder.“<br />

Zusammen gingen sie zu den Pferden, wo Hanna mit gesenktem Kopf auf einem Stein saß.<br />

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Jetty rannte auf sie zu. Er drückte sie an sich und sagte. „ Hanna. Ich habe einen Vater. Einen<br />

richtigen Pa. Ich habe auch einen Namen, Jetty Ryder. Nicht einfach nur Boy.“<br />

Nick lachte.“ Du bist sogar auf diesen Namen getauft, mein Junge.“<br />

George stellte sich auf die Ladefläche des Wagens und rief laut.<br />

„ Lasst uns endlich nach Hause fahren. Ich glaube wir haben was zu feiern.“<br />

Stolz saß Jetty vor Nick im Sattel. Er konnte das alles noch nicht richtig fassen, und seinem Dad<br />

ging es genau so. Nach vier Jahren fand er seinen tot geglaubten Sohn wieder.<br />

Jahre voller Schmerz und Trauer.<br />

Hanna saß vor Jett im Sattel. Sie freute sich über das Glück ihres Freundes, aber sie hatte auch<br />

angst. Angst vor einer ungewissen Zukunft.<br />

Vor der Stadt <strong>Cutter</strong> machte Nick halt. Er ging mit seinem Sohn Hand in Hand auf den Boot Hill<br />

zum Grab von Lea Ryder.<br />

„ Hier liegt deine Mutter begraben. Sie hatte dich über alles geliebt. Ich bin sicher sie sieht uns nun<br />

von oben zu und ist genau so glücklich wie ich.“<br />

Jetty sah nach einer Weile zum Himmel auf.<br />

„ Ja. Das glaube ich auch, Pa.“<br />

Eine halbe Stunde standen sie vor dem Grab. Jeder in seinen Gedanken versunken.<br />

Dann hallte Musik bis zu ihnen.<br />

„ Na komm. Gehen wir nach Hause.“ Er hob Jetty auf sein Pferd und zog sich hinter ihm in den<br />

Sattel. In leichtem Trab ritten sie die Mainstreet entlang.<br />

Alle Leute die sie sahen, tuschelten miteinander oder applaudierten. Sie alle wussten schon über das<br />

Glück des Marshalls bescheid, und hießen den Jungen willkommen.<br />

Im Saloon wurde kräftig gefeiert. Es wurde Bier und Whiskey getrunken. Auf der Straße spielte die<br />

Musik. Banjo, Geige und Mundharmonika sorgten <strong>für</strong> Stimmung. Es wurde gelacht und getanzt<br />

mitten auf der Mainstreet. Peggy-Sue stellte vor ihrem Hotel-Restaurant Tische auf und bewirtete<br />

die hungrigen mit Steaks, Kartoffeln und Bohnen. Einige Frauen brachten Kekse und Kuchen.<br />

Auch Storeinhaber Thompson spendete einen ganzen Korb voll Äpfel und ein großes Glas<br />

Zuckerstangen <strong>für</strong> die Kinder.<br />

Jett lehnte außen am Fenster des Saloons. Er hielt einen Arm um Marys Schultern, und trank ein<br />

Glas Bier. Dann stellte er es leer getrunken ab. Er sah Hanna auf der unteren Stufe einer Treppe<br />

sitzen und sagte zu Mary. „ Die Kleine tut mir leid. Sie ist jetzt völlig allein.“ „ Vielleicht hat sie ja<br />

glück, und jemand adoptiert sie.“ Jett atmete die frische Abendluft tief in seine Lunge. „ Jetzt ist der<br />

richtige Zeitpunkt.“ Dachte er und nahm all seinen Mut zusammen. Er schaute in ihr hübsches<br />

Gesicht, lächelte und sagte.“ Mary. Wir könnten ihr eine Familie geben. Sie würde hier zusammen<br />

mit ihrem Freund Jetty aufwachsen und ----- „ Er schluckte, “ Willst du mich Heiraten?“ sprachlos<br />

sah Mary ihn an. Dann rief sie überglücklich, „ Ja ich will!“ dabei fiel sie ihm in die Arme und<br />

küsste ihn leidenschaftlich.<br />

„ Dann lass es uns gleich Hanna erzählen. Damit es auch <strong>für</strong> sie ein fröhliches Fest wird.“<br />

Nick und Jetty standen im Office als Carol-Ann hereinkam.<br />

„ Oh Nick. Ich bin so froh dass du wieder da bist. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“<br />

„ Mir geht es gut. Darf ich dir meinen Sohn Jetty vorstellen!“<br />

Sie reichte dem Jungen die Hand. „ Ich bin Carol-Ann. Es freut dich zu sehen.“ Dann wendete sie<br />

sich wieder Nick zu. „ Ich finde du brauchst jemanden, der sich um deinen Sohn und dein Haus<br />

kümmert.“<br />

„ Du meinst ich sollte eine Haushälterin einstellen?“ fragte er und grinste dabei. Carol senkte den<br />

Kopf und drehte sich um. Das war nicht die Antwort die sie von ihm erhofft hatte.<br />

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Nick bemerkte, dass sein Scherz nicht ganz passend war. Er ging auf sie zu, umfasste ihre Schulter<br />

und drehte sie zu sich rum. „ Oder ich heirate die schönste Frau von Arizona. Er nahm sie in den<br />

Arm, und küsste ihre roten Lippen. In dem Augenblick wurde die Officetür geöffnet. Jett und Mary<br />

kamen Arm in Arm herein. Alle vier sahen einander an und wie aus einem Munde riefen sie<br />

gleichzeitig.“ Wir werden Heiraten!“ Mayor Flint stand vor der Tür und hörte das. Er rannte sofort<br />

zur Kapelle, unterbrach die Musik und lenkte alle Aufmerksamkeit auf sich.<br />

„ Liebe Bürger von <strong>Cutter</strong>. Ich habe euch eine weitere frohe Botschaft zu überbringen.<br />

Marshall Ryder und Miss Carol-Ann Connor, so wie Sheriff Armstrong und Miss Mary Smith<br />

werden Heiraten.”<br />

Er verließ den Rednerplatz, lief zu den vier Glücklichen rüber und drückte jedem der Reihe nach<br />

die Hand.<br />

Die Kapelle spielte fröhliche Tanzmusik. Die Leute bildeten einen Kreis in deren Mitte Nick und<br />

Carol-Ann, Jett und Mary tanzten.<br />

Als sie die Tanzfläche verließen kam ihnen ein dünner sehr gepflegter Mann entgegen. Er trug<br />

einen schwarzen Anzug aus feinem Stoff. Sein Haar war nach hinten gekämmt. Er reichte ihnen die<br />

Hand und stellte sich vor. „ Ich habe von der bevor stehenden Hochzeit gehört. Wenn sie noch<br />

einen Pastor suchen, ich bin Reverend Brooks. Und ich würde mich sehr freuen sie beide---<br />

endschuldigen sie, sie vier kraft meines Amtes zu vermählen.“<br />

Es wurde die schönste Doppelhochzeit die ganz Arizona bis dahin gesehen hatte.<br />

Jetty und Hanna saßen mit einem Glas Zitronenbrause auf einer kleinen Mauer am Stadtrand. Die<br />

Musik klang leise zu ihnen herüber, und sie konnten die Leute tanzen sehen im Lichtschein vieler<br />

Laternen. „ Sieh mal Hanna.“ Jetty zeigte mit dem Finger in den Nachthimmel.“ Eine<br />

Sternschnuppe. Wir dürfen uns was wünschen.“<br />

Hanna sah zum Himmel wie die Sternschnuppe ihre Bahn flog. Dann schaute sie zu den Laternen.<br />

Eng umschlungen tanzten ihre neuen Eltern Jett und Mary Armstrong.<br />

„ Ich bin wunschlos glücklich!“ Sagte sie.<br />

ENDE<br />

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