9 Wundversorgung (S. 101-102)
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9 <strong>Wundversorgung</strong> (S. <strong>101</strong>-<strong>102</strong>)<br />
Zur Versorgung von chronischen Wunden gibt es eine Vielzahl von Verbandsmaterialien. Die Therapie<br />
der chronischen Wunde orientiert sich am Zustand der Wunde, d. h., die Auswahl der verwendeten<br />
Verbandsmaterialien richtet sich nach der jeweiligen Wundheilungsphase (Reinigungs-, Granulations-,<br />
Epithelisierungsphase), in der sich die Wunde befindet. Durch die richtige Auswahl der Wundauflage<br />
wird das Wundmilieu entscheidend beeinflusst. Die Heilung einer chronischen Wunde kann demzufolge<br />
erheblich gefördert werden. In diesem Kapitel werden die Prinzipien der modernen <strong>Wundversorgung</strong><br />
und die verschiedenen Verbandsmaterialien im Überblick vorgestellt.<br />
Welche Anforderungen werden an moderne Wundauflagen gestellt?<br />
• Reinigungsphase In dieser Wundheilungsphase sollen durch die Wundauflage insbesondere<br />
Gewebetrümmer, Bakterien, Blut und Exsudat schnell aufgenommen und gebunden werden. Die<br />
Mazeration von Wundrand und -umgebung soll verhindert werden, dennoch soll die Wunde nicht<br />
austrocknen. Das Wundexsudat enthält auch Antikörper, Interferon und Wachstumsfaktoren. Deren<br />
Kontakt zur Wundoberfläche ist erwünscht und soll erhalten bleiben (vgl. Vasel-Biergans 2003, 1).<br />
• Granulationsphase In dieser Wundheilungsphase steht die Wundruhe im Vordergrund. Die<br />
Wundauflage soll vermeiden, dass die Wunde austrocknet, überschüssiges Sekret soll aufgesaugt<br />
werden, aber die Wundoberfläche soll trotzdem feucht bleiben. Der tägliche Verbandwechsel ist bei<br />
einer sauber granulierenden Wunde nicht notwendig. Je länger die Wundauflage auf der Wunde<br />
verbleiben kann, desto ungestörter kann die Wunde abheilen (vgl. Vasel-Biergans 2003, 1).<br />
• Epithelisierungsphase In dieser Wundheilungsphase steht der Schutz des empfindlichen neu gebildeten<br />
Gewebes vor äußeren Einflüssen im Vordergrund (vgl. Vasel-Biergans 2003, 1).<br />
Anforderungen an eine ideale Wundauflage im Überblick nach T. D. Turner:<br />
• Schutz vor Austrocknung durch Aufrechterhaltung eines feuchten Wundmilieus<br />
• Entfernung von überschüssigem Exsudat und toxischen Bestandteilen (ausreichende Saugkapazität)<br />
• Aufrechterhaltung des Gasaustausches<br />
• Schutz vor Wärmeverlust<br />
• Schutz vor Sekundärinfektionen durch Undurchlässigkeit für Mikroorganismen von außen<br />
• Ermöglichung eines atraumatischen Verbandwechsels<br />
• Keine Abgabe von Fasern oder anderer Fremdstoffe<br />
9.1 Wundspülung<br />
Die Beurteilung der Wunde ist erst dann möglich, wenn die Wunde von Belägen, Zelltrümmern,<br />
Nekrosen, Verbandsmaterial und überschüssigem Sekret befreit ist. Die zur Wundspülung verwendeten<br />
Lösungen sollten dabei physiologisch, steril, nicht resorbierbar, farblos, nicht reizend und nicht Schmerz<br />
erzeugend sein. Geeignet sind unter anderem Ringerlösung, physiologische Kochsalzlösung sowie<br />
wirkstoffhaltige Zubereitungen, beispielsweise Polyhexanid-Lösung, Octenisept®- Lösung, Lavanid®-<br />
Lösung oder Prontosan® W-Spüllösung. Die Verbrauchsfrist nach Anbruch ist hersteller- und<br />
produktabhängig, z. B. sollten angebrochene Ringerlösungen und Kochsalzlösungen wegen der
Verkeimungsgefahr spätestens innerhalb von 24 Stunden entsorgt werden (vgl. Sellmer 2005, 42).<br />
Wichtig für die Praxis<br />
• Das Ausduschen der Wunde mit der Handdusche und Leitungswasser ist wegen der bestehenden<br />
Kontaminationsgefahr nicht zu empfehlen, da Ablagerungen der Leitungsrohre und Keime aus dem<br />
Duschkopf das Wasser und folglich die Wunde kontaminieren können<br />
• Mit Spezialfiltersystemen kann die Kontamination von Leitungswasser vermieden werden. In jedem<br />
Fall wird nach Anwendung von Leitungswasser (z. B. mittels einer Handdusche) zur Sicherheit eine<br />
anschließende Spülung mit einer antiseptischen Lösung empfohlen<br />
• Zu vermeiden ist das sogenannte »Wundbad« (z. B. Fußbad), da Keime oder Eiter und Exsudat nicht<br />
abfließen können, sondern die Wunde im ständigen Kontakt mit ihnen bleibt (Gefahr der<br />
Keimverschleppung).<br />
• Bekanntermaßen findet bei einer Wundtemperatur von unter 28 °C keine Wundheilung statt, da die<br />
Zellaktivität herabgesetzt wird. Deshalb sollten Wundspüllösungen auf Körpertemperatur angewärmt<br />
werden (vgl. Protz 2006, 10 f., Sellmer 2005, 42).