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Perlen des Stillstands. Das Trickfilmstudio ... - DEFA - Stiftung

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spezifischen „Sklavensprache“, die gelegentlich die Grenzen der Schizophrenie erreichte.<br />

Geradezu absurde Konstellationen ergaben sich vorwiegend aus dem Umstand, dass alle<br />

Vorgänge in erster Linie ideologisch determiniert waren. Wirtschaftliche und künstlerische<br />

Aspekte spielten in der kulturpolitischen Diskussion eine untergeordnete Rolle. Es gab<br />

Phasen, in denen Märchen allein unter sozioökonomischen Gesichtspunkten betrachtet<br />

wurden; zu anderer Zeit wurde etwa der „Kasper“ als dekadente Figur geächtet, oder war<br />

„schwarzer Humor“ als subversiv verschrien. Fast durchgängig spielte zudem gerade im<br />

Kinderfilmbereich der pädagogische Aspekt eine übergeordnete Rolle.<br />

So erschreckend diese Konstellation im Rückblick auch erscheint, wäre es verfehlt, alle Filme<br />

<strong>des</strong>wegen pauschal abzuqualifizieren oder als einheitliches Konglomerat zu bewerten. Allein<br />

die kulturpolitischen Brüche führten nicht nur zu Restriktionen, sondern ermöglichten<br />

temporär viele kreative Arbeiten. Während in den ersten Jahren <strong>des</strong> Studios finanzielle<br />

Aspekte anscheinend gar keine Rolle spielten, machten sich die Nöte <strong>des</strong> Systems gegen Ende<br />

durchaus auch im <strong>Trickfilmstudio</strong> bemerkbar. Materielle Zwänge führten zur Aufgabe<br />

ideologischer Dogmen. Wesentlicher aber war zu allen Zeiten die Haltung der Künstler, die<br />

sich nur eingeschränkt in ideologische Schemen zwängen ließen. Animationsfilm wurde in<br />

der offiziellen Diskussion nie im ästhetischen Sinne als bewegte bildkünstlerische Form<br />

betrachtet. Für die Macher stand eine solche Herangehensweise allerdings außer Frage. Es<br />

wurde experimentiert und nach künstlerischen Ausdrucksformen gesucht. Dabei galt es<br />

geschickt zu taktieren, Kompromisse eingehen und ständig abzuwägen, ab welchem Moment<br />

die Selbstaufgabe beginnt. Insbesondere die Dramaturgen <strong>des</strong> Studios übten sich oftmals in<br />

einer heiklen Gratwanderung. Jahresweise wurden thematische Arbeitspläne erstellt, die<br />

größtenteils politischen Intentionen folgten. Auf dieser Grundlage begann dann der Prozess<br />

der Stoffentwicklung. Hier waren die Dramaturgen federführend. Was heute durch diverse<br />

Filmförderer gegenüber den Produktionsfirmen in gewissem Umfang wieder eingefordert<br />

wird, eine fachkompetente Begleitung bei der Entstehung <strong>des</strong> Drehbuches, wurde bei der<br />

<strong>DEFA</strong> als Arbeitsprinzip begriffen. Die Absicht dahinter war sicher auch das Bedürfnis nach<br />

einer ideologischen Kontrollinstanz, doch wichtiger war der, im Gegensatz zum Regisseur<br />

und Autor, unabhängig strukturierende Blick auf den Stoff. Die Dramaturgen suchten in<br />

Dresden eine inhaltliche Brücke zwischen Planauflagen und ästhetischer Umsetzung zu<br />

schlagen.<br />

Konzentration auf die Figur<br />

Die weitgehende materielle Unabhängigkeit der Produktion in Dresden hatte für die<br />

Betroffenen einen außerordentlichen Wert. Die Arbeit an den Filmen stand unter keinem<br />

nennenswerten Zeitdruck. Es blieb Ruhe zum Nachdenken, zum Experimentieren und<br />

Reflektieren über die eigene Arbeit – was direkte Auswirkungen auf die ästhetische Wirkung<br />

der Filme hatte. Wer heute nach „Entschleunigung“ sucht, der kann diese in den<br />

Animationsfilmen aus dem <strong>DEFA</strong>-<strong>Trickfilmstudio</strong> reichlich finden. Der relativ großzügige<br />

Zeitrahmen für die Produktion ließ auch Platz für traditionelle Techniken <strong>des</strong><br />

Animationsfilms, die weder mit modernen Effizienzauffassungen noch mit dem Einsatz von<br />

massenhaftem Hilfspersonal zu vereinbaren sind. So fand der Puppentrickfilm in Dresden<br />

einen zentralen Platz. Diese Tricktechnik regt mit der Konzentration auf die Figur, deren<br />

Gesten, Sprache und Gestaltung die Fantasie der Zuschauer in besonderer Weise an. Günter<br />

Rätz gelang bereits 1958 mit „Teddy Brumm“ nach einem Kinderbuch von Nils Werner und<br />

Heinz Behling eine auch international anerkannte Puppenfilmproduktion. Die Animation<br />

betont ausdrücklich den Spielzeugcharakter der Figur und schafft so einen unmittelbaren<br />

Zugang auch für die jüngsten Zuschauern. Darüber hinaus haben Regisseure wie Johannes<br />

Hempel, Kurt Weiler oder Rolf Hofmann auf dem Gebiet <strong>des</strong> Puppentricksfilms

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