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I. Grundlagen<br />

I. Grundlagen<br />

A. Die Vereinten Nationen und die Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern<br />

Von Anne Stauffer<br />

Die Vereinten Nationen (UN) wurden 1945<br />

von 51 Staaten gegründet. Nach den Erfahrungen<br />

des Zweiten Weltkrieges und der<br />

nationalsozialistischen Vernichtungspolitik<br />

hat die UN die Aufgabe, sich einzusetzen für<br />

Frieden und Sicherheit weltweit, für die Förderung<br />

und den Schutz der Menschenrechte<br />

und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung<br />

der Menschheit. Heute hat die UN 191<br />

Mitgliedsstaaten, unter denen die sogenannten<br />

Entwicklungsländer die Mehrheit bilden.<br />

Das Engagement für die Gleichstellung von<br />

Frauen und Männern ist den Vereinten Nationen<br />

in die Wiege gelegt, denn sie ist in der<br />

Charta festgeschrieben. Jedoch ist es ein weiter<br />

Weg von der Gleichstellung, die auf dem Papier<br />

postuliert wird, bis zu ihrer Verwirklichung in<br />

allen Bereichen. Betrachtet man die sechzigjährige<br />

Geschichte der UN, so wird deutlich, dass<br />

das heute Erreichte dem Engagement vieler<br />

Frauen (und Männer) auf verschiedenen Ebenen<br />

zu verdanken ist. Die UN-Aktivitäten lassen<br />

sich dabei in drei Phasen unterteilen: Eine<br />

Anfangsphase, in der die rechtlichen Grundlagen<br />

zur Gleichstellung zwischen Frauen und<br />

Männern und zum Verbot der Diskriminierung<br />

von Frauen geschaffen wurden (1945-1975),<br />

die Zeit verstärkter internationaler Aufmerksamkeit<br />

für Frauenrechte mit der Dekade der<br />

Frau, den Weltfrauenkonferenzen und der Verabschiedung<br />

von CEDAW (1975-1985) sowie<br />

die 4. Weltfrauenkonferenz und ihr Nachfolgeprozess<br />

(1995-2005).<br />

Die Erklärung der Menschenrechte und<br />

die Menschenrechtspakte (1945-1975)<br />

In der Präambel und der Charta, durch die die<br />

Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurden,<br />

ist die Gleichstellung der Geschlechter<br />

als Bestandteil der Menschenrechte anerkannt.<br />

Die in den Gründungsdokumenten<br />

dargelegten Werte und Prinzipien mussten<br />

jedoch in weiteren Verträgen ausdefiniert<br />

und erläutert werden. In bezug auf Frauenrechte<br />

und Maßnahmen gegen Diskriminierung<br />

geschah dies in den Menschenrechtsverträgen.<br />

In der 1948 verabschiedeten Allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte sind<br />

diejenigen Rechte festgelegt, auf die alle<br />

Menschen Anspruch haben, und zwar unabhängig<br />

von „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Herkunft<br />

und eben auch Geschlecht. Das heißt,<br />

alle Frauen und Männer haben ein Recht auf<br />

Leben, Freiheit, das Recht, frei ihre Meinung<br />

zu äußern, ihre Religion auszuüben, ein Recht<br />

auf Arbeit, Bildung oder auch das Recht, an<br />

der Regierung teilzunehmen. Die jeweiligen<br />

Staaten haben diese Rechte zu fördern und zu<br />

schützen.<br />

Die Idee, dass jeder Mensch bestimmte<br />

Rechte besitzt, war dabei keine neue Idee des<br />

20. Jahrhunderts. Sie entstammt liberalem<br />

Gedankengut und hat sich seit den großen<br />

bürgerlichen Revolutionen im 18. Jahrhundert<br />

herausgebildet. Die Menschenrechte<br />

beschreiben das Verhältnis zwischen dem<br />

Staat und seinen Bürgerinnen und Bürgern.<br />

Jeder hat Anspruch auf die in dieser Erklärung<br />

verkündeten Rechte und Freiheiten ohne<br />

irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe,<br />

Geschlecht, Sprache, Religion, politischer<br />

oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder<br />

sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem<br />

Stand (Art. 2)<br />

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und<br />

haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen<br />

Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch<br />

auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung,<br />

die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen<br />

jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung<br />

(Art. 7)<br />

Über diese Rechte darf sich der Staat nicht<br />

hinwegsetzen – er muss sie im Gegenteil achten,<br />

fördern und schützen.<br />

Die in der Erklärung festgehaltenen Rechte<br />

wurden dann wiederum in zwei Internationalen<br />

Pakten konkretisiert. Staaten, die diese<br />

Pakte unterzeichnet haben, verpflichten sich,<br />

die darin gemachten Vorgaben zu erfüllen.<br />

Der Internationale Pakt über bürgerliche<br />

und politische Rechte von 1966 umfasst die<br />

Rechte zum Schutz der Individualsphäre mit<br />

dem Recht auf Leben, auf Freiheit von Sklaverei<br />

und Knechtschaft, auf Schutz der Familie und<br />

der Kinder. Auch wird festgehalten, dass jede<br />

und jeder ein Recht auf persönliche Freiheit<br />

und Sicherheit hat sowie das Recht, eine Religion<br />

frei auszuüben und die persönliche Meinung<br />

frei zu äußern. Das Recht auf Teilhabe an<br />

der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten,<br />

das Wahlrecht und der gleichberechtigte<br />

Zugang zu politischen Ämtern gehören ebenso<br />

dazu. Mit dem Pakt zu wirtschaftlichen, sozialen<br />

und kulturellen Rechten, ebenfalls von<br />

1966, werden jene Rechte geschützt, unter<br />

anderem das Recht auf Arbeit, Bildung von<br />

Gewerkschaften, Schutz der Familie und der<br />

Anspruch auf Bildung sowie das Recht zur Teilnahme<br />

am kulturellen Leben.<br />

Mit der Erklärung der Menschenrechte<br />

und den beiden Pakten war der Grundstein<br />

gelegt für die Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern. Aber diese rechtlichen Verankerungen<br />

an sich können nicht garantieren, dass<br />

die tagtäglichen Diskriminierungen gegen<br />

Frauen tatsächlich ein Ende haben. In der<br />

Arbeit der UN stand das Thema Gleichstellung<br />

nicht oben auf der Tagesordnung. Viele<br />

Staaten waren der Ansicht, dass die bestehenden<br />

Menschenrechtspakte ausreichten,<br />

um Frauen-Diskriminierung abzuschaffen<br />

und unternahmen keine weiteren Anstrengungen,<br />

um die Situation zu verbessern.<br />

Das Menschenrechtsverständnis aus<br />

Frauen-Perspektive<br />

Auch wenn es das zentrale Prinzip der Menschenrechte<br />

ist, dass sie für alle Menschen gelten sollen,<br />

gibt es einen Widerspruch zwischen diesem<br />

Anspruch und ihrer Auslegung im Alltag. Das Verhältnis<br />

zwischen Individuum und Staat, welches in<br />

den Menschenrechten zum Tragen kommt, ist auch<br />

ein geschlechtsspezifisches. Sowohl im liberalen<br />

Denken als auch im Aufbau der Gesellschaften in<br />

den meisten Ländern gibt es eine geschlechtsspezifische<br />

Trennung in öffentliche und private Sphäre.<br />

Der öffentliche Bereich wird dabei als ein vornehmlich<br />

männlicher gesehen, während sich Frauen in<br />

der Privatsphäre um den Haushalt und die Familie<br />

kümmern sollen. Die Familie ist etwas geschütztes,<br />

was dem Zugriff durch den Staat entzogen sein<br />

soll. Aus einer solchen Perspektive wird beispielsweise<br />

Gewalt gegen Frauen, wie sie in der Familie<br />

passiert, zunächst nicht als ein Bereich gesehen, in<br />

dem der Staat aktiv werden muss. Auch wenn diese<br />

Denkweisen in den fünfziger und sechziger<br />

Jahren vielleicht präsenter waren als heute, spielen<br />

sie leider zu oft noch eine Rolle.<br />

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