Wirtschaftsleitfaden - Afghanistan - Perspektiven der ... - GIZ
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Wirtschaft<br />
<strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> - <strong>Afghanistan</strong><br />
- <strong>Perspektiven</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit -
2 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Inhalt<br />
5 Geschichte, Politik, Sicherheit<br />
5 Geschichte<br />
6 Politisches System<br />
7 Sicherheitslage<br />
9 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
9 Wirtschaftsstruktur und -entwicklung<br />
10 Außenhandel<br />
14 Staatsfinanzen<br />
15 Landwirtschaft<br />
15 Allgemeine Lage und Bedeutung<br />
15 Produktion<br />
16 Außenhandel<br />
18 Geschäftschancen für deutsche Firmen<br />
20 Kontaktadressen<br />
21 Bergbau<br />
21 Allgemeine Lage und Bedeutung<br />
22 Gesetzlicher Rahmen<br />
22 Regelung des Vergabeprozesses<br />
23 Chancen und Herausfor<strong>der</strong>ungen für deutsche Firmen<br />
24 Investitionen und Projekte<br />
26 Kontaktadressen<br />
27 Infrastruktur<br />
27 Transport / Logistik<br />
28 Elektrizität<br />
28 Wasser<br />
29 Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />
29 Bauwirtschaft<br />
30 Chancen für deutsche Unternehmen<br />
31 Branchenstruktur und Geschäftspraxis<br />
31 Kontaktadressen<br />
32 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
32 Einleitung und Hintergrund<br />
32 Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
34 Investitionsrecht<br />
36 Arbeitsrecht / Arbeitnehmerentsendung<br />
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38 Zoll und Einfuhrverfahren<br />
38 Einfuhrabgaben, Zolltarif<br />
39 Warenbegleitpapiere<br />
39 Außertarifliche Zollbefreiungen<br />
40 Beson<strong>der</strong>e Zollverfahren<br />
40 Einfuhrverbote und -beschränkungen<br />
41 Kultureller Hintergrund<br />
41 Werte<br />
42 Verhaltensweisen<br />
44 Risiken im Umgang mit staatlichen Einrichtungen<br />
45 Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />
45 Bedeutung staatlicher Aufträge<br />
45 Umfang <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
47 Deutsche Firmen und Entwicklungszusammenarbeit<br />
47 Ausschreibungs-Plattformen<br />
48 Umfang und Verwendung deutscher Entwicklungszusammenarbeit<br />
49 Beschaffung von Zivilgütern<br />
50 Kontaktadressen<br />
51 Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />
51 Erfahrungen und Einschätzungen deutscher Firmen<br />
53 Interviews<br />
53 ETC Power<br />
55 Afghanyar Construction Company Limited (ACCL International)<br />
57 Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />
59 Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.<br />
(BGA)<br />
60 Kontaktadressen und Informationsquellen<br />
4 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Geschichte, Politik, Sicherheit<br />
Geschichte, Politik,<br />
Sicherheit<br />
Geschichte<br />
<strong>Afghanistan</strong>, die Brücke zwischen<br />
West- und Südasien, war immer<br />
„Durchgangsland“. Alexan<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Große und viele an<strong>der</strong>e Herrscher<br />
des Iran und Zentralasiens haben<br />
das Land als Stützpunkt und Brücke<br />
für den Vorstoß nach Indien genutzt.<br />
Seit dem 7. Jahrhun<strong>der</strong>t kam es zur<br />
Verbreitung des Islam, <strong>der</strong> die vorherigen<br />
Religionen und Glaubensrichtungen<br />
ablöste.<br />
die Einflussbereiche von Warlords<br />
und Stammesfürsten zerfallen, die<br />
Sicherheit im Sinne von Unternehmen<br />
verkauften und Gewalt zur<br />
Durchsetzung ihrer ökonomischen<br />
Ziele einsetzten.<br />
Turkmenistan<br />
Towraghondi<br />
Herat<br />
Shindand<br />
Usbekistan<br />
Stammesgebiete nach Pakistan<br />
flohen. Im Dezember 2001 wurde<br />
auf <strong>der</strong> Petersberg-Konferenz eine<br />
Übergangsregierung gebildet, <strong>der</strong><br />
Paschtunenführer Hamid Karzai<br />
zum Regierungschef ernannt.<br />
Tadschikistan<br />
Kundus<br />
Kabul<br />
Jalalabad<br />
China<br />
Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts versuchten<br />
die Kolonialmächte Großbritannien<br />
und Russland zunehmend,<br />
<strong>Afghanistan</strong> unter ihre Kontrolle<br />
zu bringen. Der Festlegung<br />
<strong>der</strong> Durand-Linie als Grenzverlauf<br />
zwischen <strong>Afghanistan</strong> und Britisch-<br />
Indien waren zwei blutige Kriege<br />
zwischen England und <strong>Afghanistan</strong><br />
(1839 bis 1842 und 1878 bis 1890)<br />
vorausgegangen. Diese Grenzziehung,<br />
die bis heute gilt, fasste zahlreiche<br />
unterschiedliche Ethnien und<br />
Gesellschaftsstrukturen zusammen.<br />
Der dritte Anglo-Afghanische Krieg<br />
führte 1919 schließlich zur Unabhängigkeit<br />
<strong>Afghanistan</strong>s, das in den<br />
Folgejahren die Beziehungen zur<br />
UdSSR ausbaute.<br />
Seit Mitte <strong>der</strong> 1970er-Jahre herrschte<br />
ein blutiger Bürgerkrieg zwischen<br />
kommunistischen und religiösen<br />
Milizen. Zwischen 1979 und 1989<br />
besetzten sowjetische Truppen das<br />
Land. <strong>Afghanistan</strong> wurde durch den<br />
jahrelangen Krieg weitgehend zerstört<br />
und fragmentiert, gleichzeitig<br />
erstarkten radikale islamische Kräfte.<br />
Der Bürgerkrieg ließ das Land in<br />
Iran<br />
Lashkar<br />
Gah<br />
Kandahar<br />
Zaranj<br />
Im Jahr 1994 übernahmen die Taliban<br />
die Kontrolle über das südliche<br />
Paschtunistan entlang <strong>der</strong> pakistanischen<br />
Grenze. Seit <strong>der</strong> Grenzziehung<br />
im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t bestimmt<br />
die For<strong>der</strong>ung nach einem autonomen<br />
Paschtunenstaat <strong>Afghanistan</strong>s<br />
Innenpolitik und die Beziehungen<br />
zu Pakistan. Die Taliban wollen<br />
bis heute einen Gottesstaat nach<br />
frühislamischem Vorbild errichten.<br />
Ihre strenge Sittenmoral entspricht<br />
in vielen Punkten jedoch mehr dem<br />
Ehrbegriff des paschtunischen<br />
Verhaltenskodex (Paschtunwali)<br />
als dem islamischen Recht. Der 11.<br />
September 2001 verdeutlichte die<br />
Rolle <strong>Afghanistan</strong>s als Rückzugsgebiet<br />
militanter globaler Netzwerke.<br />
Die Operation „Enduring Freedom“<br />
entmachtete die Taliban, die daraufhin<br />
zum Teil in die paschtunischen<br />
Ghazni<br />
Pakistan<br />
Indien<br />
<strong>Afghanistan</strong> setzt sich aus vielen<br />
verschiedenen Ethnien, Sprachen<br />
und Religionen zusammen. Zum<br />
Islam bekennen sich 99% <strong>der</strong><br />
Afghanen, die Mehrheit davon sind<br />
Sunniten; Schiiten sind nach groben<br />
Schätzungen 15 bis 30%. Daneben<br />
gibt es nichtmuslimische Min<strong>der</strong>heiten<br />
in den Städten, vor allem<br />
Hindus und Sikhs. In <strong>Afghanistan</strong><br />
sind über 30 Sprachen im Gebrauch,<br />
die zu unterschiedlichen Sprachfamilien<br />
gehören. Dari und Paschtu<br />
sind die beiden Amtssprachen,<br />
im Norden und Nordwesten sind<br />
außerdem Usbekisch, Turkmenisch<br />
und Tadschikisch verbreitet. Die<br />
unzähligen Ethnien lassen sich oft<br />
schwer voneinan<strong>der</strong> unterscheiden,<br />
zumal auf keine offiziellen<br />
Volkszählungen zurückgegriffen<br />
werden kann. Viel wichtiger als die<br />
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Geschichte, Politik, Sicherheit<br />
ethnische Identität ist den Afghanen<br />
ihre lokale, stammesmäßige und<br />
familiäre Zugehörigkeit.<br />
Die lokalen Machtstrukturen sind<br />
recht facettenreich und umfassen<br />
sowohl Ordnungstrupps auf<br />
Dorf- o<strong>der</strong> Stammesebene als auch<br />
professionelle Milizen und militante<br />
Oppositionsgruppen. In Paktia, im<br />
Südosten des Landes, leben beispielsweise<br />
vornehmlich paschtunische<br />
Stämme. Die Identität mit dem<br />
Stamm sowie die Einhaltung des<br />
Ehren- und Rechtskodex (Paschtunwali)<br />
sind maßgeblich. Entscheidungen<br />
werden im Konsens in<br />
<strong>der</strong> Stammesversammlung (Jirga)<br />
getroffen. Die Stämme verfügen<br />
auch über ihre eigenen Polizeieinheiten,<br />
<strong>der</strong> Einfluss des Staates ist<br />
sehr gering.<br />
Die Situation in Kundus im Nordosten<br />
unterscheidet sich stark davon:<br />
Dort konzentriert sich die Macht<br />
auf die einzelnen Dörfer, bewaffnete<br />
Kommandeure sind durch ihre<br />
ethnische Herkunft mit an<strong>der</strong>en<br />
Kriegsfürsten verbunden. Im südafghanischen<br />
Kandahar wie<strong>der</strong>um<br />
sind die paschtunischen Stämme<br />
in großen Stammesverbänden<br />
organisiert, durch die starke Hierarchisierung<br />
bilden sich einzelne<br />
einflussreiche Machthaber heraus.<br />
Die lokalen Machtstrukturen sind<br />
demnach sehr unterschiedlich und<br />
werden durch ökonomische Faktoren<br />
beeinflusst, beispielsweise dem<br />
Drogenhandel.<br />
Politisches System<br />
Seit <strong>der</strong> Verabschiedung <strong>der</strong> bis<br />
heute gültigen Verfassung im Jahr<br />
2004 ist <strong>Afghanistan</strong> eine Islamische<br />
Republik mit einem präsidialen<br />
Regierungssystem. Die Verfassung<br />
gilt de jure als eine <strong>der</strong> demokratischsten<br />
<strong>der</strong> islamischen Welt und<br />
sieht die Gleichberechtigung <strong>der</strong><br />
Angehörigen aller Religionen und<br />
ethnischen Gruppen sowie <strong>der</strong> Geschlechter<br />
vor. Das Volk wählt den<br />
Präsidenten direkt für eine Dauer<br />
von fünf Jahren. Hamid Karzai ist<br />
seit 2001 Staats- und Regierungsoberhaupt<br />
sowie Oberbefehlshaber<br />
des Militärs. Die Nationalversammlung<br />
stellt die Legislative<br />
dar, die Judikative setzt sich aus<br />
dem Obersten Gerichtshof, dem<br />
Berufungsgericht und kleineren<br />
Fachgerichten zusammen.<br />
In <strong>der</strong> Realität allerdings ist das<br />
Vertrauen <strong>der</strong> Bevölkerung in die<br />
Regierung seit 2004 zunehmend<br />
gesunken, Korruption als Mittel zur<br />
Machtsicherung ist weit verbreitet.<br />
Laut Transparency International<br />
2009 sind <strong>Afghanistan</strong> und Somalia<br />
die korruptesten Län<strong>der</strong> weltweit.<br />
Foto: © <strong>GIZ</strong><br />
6 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Der afghanische Staat geht noch<br />
nicht ausreichend dagegen vor,<br />
Unterschlagungen sind nur selten<br />
nachweisbar. Die Bevölkerung<br />
bezeichnete die Korruption in einer<br />
aktuellen Umfrage noch vor <strong>der</strong><br />
Sicherheitslage und <strong>der</strong> hohen<br />
Arbeitslosigkeit als das größte Problem<br />
des Landes.<br />
Das große Ausmaß an Korruption<br />
wird vor allem <strong>der</strong> internationalen<br />
Hilfe angelastet. Mehr als zwei Drittel<br />
<strong>der</strong> Afghanen sind überzeugt,<br />
dass ein erheblicher Teil <strong>der</strong> Gel<strong>der</strong><br />
die Bevölkerung nie erreicht. Eine<br />
vermeintliche Involvierung <strong>der</strong> afghanischen<br />
Regierung wird weniger<br />
vermutet. Die afghanische Regierung<br />
indes sieht sich immer wie<strong>der</strong><br />
mit Vorwürfen <strong>der</strong> internationalen<br />
Gemeinschaft konfrontiert, die<br />
Bekämpfung <strong>der</strong> Korruption nicht<br />
angemessen voranzutreiben.<br />
Die Provinzgouverneure besitzen<br />
auf lokaler Ebene mehr Einfluss<br />
als die Zentralregierung in Kabul.<br />
Überhaupt gestaltet sich die<br />
Zentralisierung des Landes nach<br />
Jahrzehnten des Krieges schwierig.<br />
Die einzelnen Gouverneure werden<br />
zudem meist nicht nach Qualifikation,<br />
son<strong>der</strong>n nach Klientelinteressen<br />
eingesetzt.<br />
Dem Aufbau staatlicher Strukturen<br />
steht die Bevölkerung eher skeptisch<br />
gegenüber, wie die Bundesregierung<br />
im „Fortschrittsbericht<br />
<strong>Afghanistan</strong> zur Unterrichtung des<br />
Deutschen Bundestages“ vom Dezember<br />
2010 festhält. Verwaltungsund<br />
Justizapparat verfügen über<br />
schlecht ausgebildetes Personal<br />
und mangelnde Infrastruktur. Auch<br />
hier beherrschen Eigeninteressen<br />
die Entscheidungen. Vier Fünftel<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung konsultieren nach<br />
wie vor das informelle, traditionell<br />
geprägte Rechtssystem <strong>der</strong> Stammes-<br />
und Dorfräte (Schuren und<br />
Jirgas), vor allem auf dem Land. Der<br />
duale Charakter <strong>der</strong> Verfassung, <strong>der</strong><br />
Demokratie nur unter Vorbehalt <strong>der</strong><br />
Scharia zulässt, behin<strong>der</strong>t so in vielen<br />
Bereichen immens den Aufbau<br />
von Rechtsstaatlichkeit.<br />
Die Menschenrechte wurden in den<br />
letzten Jahren langsam, aber stetig<br />
besser gewahrt. Beson<strong>der</strong>s Frauen<br />
haben nun besseren Zugang zu Bildung<br />
und Gesundheitswesen sowie<br />
Möglichkeiten zur politischen Partizipation.<br />
Auch die Zivilgesellschaft<br />
wächst, zahlreiche nationale und<br />
internationale Organisationen haben<br />
sich im Land etabliert. Die Medienlandschaft<br />
hat sich in den vergangenen<br />
Jahren ebenso erweitert und<br />
sich pluralistischer ausgestaltet.<br />
Eine kritische Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit gesellschaftlichen und<br />
religiösen Themen bleibt allerdings<br />
weiterhin schwierig. Zivilgesellschaftliche<br />
Akteure, insbeson<strong>der</strong>e<br />
die Medien, sind auch auf lokaler<br />
Ebene immer wie<strong>der</strong> Versuchen<br />
<strong>der</strong> politischen Einflussnahme<br />
ausgesetzt; ihre Arbeit ist zudem<br />
traditionell-religiösen Dogmen<br />
unterworfen. Seit 2001 wurden zwar<br />
wesentliche staatliche Institutionen<br />
neu geschaffen, die Fortschritte bei<br />
„guter Regierungsführung“ bleiben<br />
nach Auffassung <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
jedoch gering. Hierzu müsse<br />
auf afghanischer Seite ein Bewusstseinswandel<br />
erfolgen.<br />
Im Jahr 2005 fanden die ersten<br />
Parlaments- und Provinzratswahlen<br />
seit über 30 Jahren statt.<br />
Trotz Anschlagsdrohungen lag die<br />
Wahlbeteiligung bei 54%. Bei den<br />
Präsidentschaftswahlen 2009 wurde<br />
Karzai im Amt bestätigt, nachdem<br />
es Berichten zufolge im ersten<br />
Wahlgang Manipulationen gegeben<br />
hatte. Die Parlamentswahlen von<br />
2010 wurden von <strong>der</strong> brisanten<br />
Sicherheitslage überschattet. Im<br />
selben Jahr hat die afghanische<br />
Regierung erste Schritte zu einer<br />
politischen Konfliktlösung mit den<br />
Aufständischen eingeleitet. So<br />
werden Verhandlungen mit Talibanchefs<br />
geführt. Dies soll die Gruppe<br />
entradikalisieren und entmilitarisieren,<br />
damit sie in den politischen<br />
Aussöhnungsprozess eingeglie<strong>der</strong>t<br />
werden kann. Es bleibt allerdings<br />
abzuwarten, ob und inwieweit mit<br />
diesen Versuchen eine nachhaltige<br />
sicherheitspolitische Stabilisierung<br />
erreicht werden kann.<br />
Sicherheitslage<br />
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes<br />
2001 stimmte <strong>der</strong> Sicherheitsrat<br />
<strong>der</strong> UN für die Schaffung einer<br />
International Security Assistance<br />
Force (ISAF). Ziel war, einen<br />
souveränen und stabilen Staat zu<br />
schaffen. Dieses Ziel konnte bisher<br />
allerdings nur ansatzweise umgesetzt<br />
werden. So hat sich seit 2006<br />
die Sicherheitslage in <strong>Afghanistan</strong><br />
deutlich verschlechtert. Als Gründe<br />
gelten ungenügende Kapazitäten<br />
<strong>der</strong> nationalen und internationalen<br />
Sicherheitskräfte und zunehmende<br />
bewaffnete Aufstände im pakistanischen<br />
Grenzgebiet. Die NATO<br />
reagierte auf diese Gewalteskalation<br />
mit einer Aufstockung ihres<br />
Truppenkontingents. Ende Juli 2006<br />
übernahm die NATO-geführte ISAF<br />
im unruhigen Süden das Kommando<br />
von den US-Truppen.<br />
Neben den Aufständischen bedrohen<br />
weitere regierungsfeindliche<br />
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Geschichte, Politik, Sicherheit<br />
Gruppierungen, internationale<br />
Terrornetzwerke, Drogenkriminalität<br />
und ethnische Konflikte die<br />
Sicherheit <strong>der</strong> Bevölkerung und <strong>der</strong><br />
internationalen Truppen. Die regierungsfeindlichen<br />
Kräfte arbeiten<br />
im Norden laut Fortschrittsbericht<br />
meist mit Kriminellen aus dem Drogenmilieu<br />
und lokalen Machthabern<br />
zusammen. Sie wollen die Entwicklung<br />
eines starken und durchsetzungsfähigen<br />
Staates verhin<strong>der</strong>n,<br />
um ihre eigenen Ziele - oftmals mit<br />
Gewalt - durchzusetzen.<br />
Für die Stabilisierung des afghanischen<br />
Staates ist nach Ansicht <strong>der</strong><br />
Beteiligten <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> lokalen<br />
Sicherheitskräfte notwendig. Derzeit<br />
sind etwa 150.000 afghanische<br />
Soldaten und 113.000 Polizeikräfte<br />
aufgestellt. Bis Ende 2011 soll die<br />
Präsenz auf 306.000 Mann ausgebaut<br />
werden. Deutschland beteiligt<br />
sich an <strong>der</strong> Ausbildung afghanischer<br />
Soldaten und bewegt sich<br />
dabei im Spannungsfeld zwischen<br />
afghanischen und internationalen<br />
Vorstellungen. Beim Aufbau des<br />
afghanischen Polizeiwesens wurden<br />
Fortschritte erzielt. Hierzu zählen<br />
eine erhöhte Ausbildungskapazität<br />
sowie eine bessere Ausstattung <strong>der</strong><br />
lokalen Polizei. Bei Ausbildung und<br />
Finanzierung wird <strong>Afghanistan</strong> weiterhin<br />
auf internationale Unterstützung<br />
angewiesen sein. Deutschland<br />
verwendet einen Teil seiner zur<br />
Verfügung gestellten Mittel zur För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Infrastruktur und zum<br />
Ausbau von Trainingszentren.<br />
Heute konzentriert sich das internationale<br />
Kontingent nur noch auf den<br />
Bereich <strong>der</strong> Sicherheit. Die ISAF-<br />
Kräfte waren bis 2003 nur in Kabul<br />
stationiert, bis Ende 2006 wurden<br />
regionale Kommandos geschaffen.<br />
Nachdem 2010 ein Rückgang <strong>der</strong><br />
bewaffneten Aufstände zu verzeichnen<br />
war und die Lage in <strong>der</strong><br />
Hauptstadt Kabul relativ ruhig ist,<br />
sichern die ISAF-Kräfte heute die<br />
Arbeit ziviler Organisation und <strong>der</strong><br />
afghanischen Regierung. Ende 2011<br />
soll die schrittweise Übergabe des<br />
Sicherheitsbereiches an die afghanischen<br />
Sicherheitskräfte erfolgen.<br />
Deutschland hat auch darüber<br />
hinaus seine Unterstützung bei <strong>der</strong><br />
Ausbildung <strong>der</strong> Sicherheitskräfte<br />
zugesagt.<br />
Was die Sicherheitslage betrifft, gibt<br />
es große regionale sowie saisonale<br />
Unterschiede. Die südliche, süd-<br />
westliche und östliche Region des<br />
Landes ist beson<strong>der</strong>s unsicher. Der<br />
Norden, <strong>der</strong> im deutschen Verantwortungsbereich<br />
liegt, gilt dagegen<br />
als relativ stabil. Jedoch hat sich<br />
auch hier die Zahl <strong>der</strong> Anschläge<br />
seit 2006 deutlich erhöht. Die<br />
vermehrten Attentate in Kundus und<br />
Faryab erklären sich unter an<strong>der</strong>em<br />
mit <strong>der</strong> verstärkten Rückführung<br />
paschtunischer Flüchtlinge, die im<br />
Norden eine Min<strong>der</strong>heit bilden, aus<br />
Pakistan.<br />
Wer nach <strong>Afghanistan</strong> reist, sollte<br />
daher zuvor beim Auswärtigen Amt<br />
Erkundigungen über die aktuelle<br />
Lage einholen. Im Moment (Ende<br />
Mai 2011) rät das Amt von Reisen<br />
nach <strong>Afghanistan</strong> ab. „Wer dennoch<br />
reist, muss sich <strong>der</strong> Gefährdung<br />
durch terroristisch o<strong>der</strong> kriminell<br />
motivierte Gewaltakte bewusst<br />
sein“ (www.auswaertiges-amt.de/<br />
DE/Laen<strong>der</strong>informationen/00-SiHi/<br />
<strong>Afghanistan</strong>Sicherheit.html). Für<br />
die Einreise nach <strong>Afghanistan</strong> ist<br />
ein Visum erfor<strong>der</strong>lich, das bei <strong>der</strong><br />
afghanischen Botschaft in Berlin<br />
beantragt werden kann.<br />
Samira Akrach (Nah- und Mittelost-<br />
Verein)<br />
8 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
Wirtschaftsstruktur<br />
und -entwicklung<br />
<strong>Afghanistan</strong> gehört zu den ärmsten<br />
Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt und belegte beim<br />
Human Development Index von 2009<br />
weltweit den vorletzten Platz. Trotz<br />
erheblicher Fortschritte im wirtschaftlichen<br />
und sozialen Bereich<br />
seit 2001 und hoher ökonomischer<br />
Wachstumsraten bleibt die Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft stark von <strong>der</strong><br />
Sicherheitslage abhängig. Stabilste<br />
Regionen sind <strong>der</strong> Norden und <strong>der</strong><br />
Westen des Landes. Dort konnten<br />
sich in den Städten Mazar-e Sharif<br />
und Herat kleine industrielle Zonen<br />
entwickeln.<br />
Vor dem Hintergrund politischer<br />
Unsicherheiten und fehlen<strong>der</strong><br />
Rechtsstaatlichkeit spielen sich<br />
über vier Fünftel <strong>der</strong> Wirtschaft im<br />
informellen Sektor ab. Insofern sind<br />
die offiziellen Zahlen lediglich eine<br />
Annäherung an die Wirklichkeit.<br />
Je nach Quelle differieren einzelne<br />
Daten beträchtlich.<br />
Nach offiziellen Zahlen stieg das<br />
Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009<br />
um über 22%. Gründe waren eine<br />
Rekor<strong>der</strong>nte und ein florieren<strong>der</strong><br />
Dienstleistungssektor, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um<br />
von <strong>der</strong> hohen finanziellen Unterstützung<br />
des Auslands gespeist<br />
wird. Für 2010 bis 2012 schätzt<br />
<strong>der</strong> Internationale Währungsfonds<br />
(IWF) das BIP-Wachstum auf immer<br />
noch 7 bis 8% pro Jahr. Der Wert<br />
des Geldes hat laut IWF 2009 sogar<br />
zugenommen, während die - zuvor<br />
Wirtschaftliche Eckdaten<br />
Indikator 2006 2007 2008 2009<br />
BIP-Wachstum (real, %) 8,2 14,2 3,4 22,5<br />
BIP pro Kopf (gerundet, US$) 300 370 440 500<br />
BIP pro Kopf (Kaufkraftparität,<br />
US$) *) 620 708 724 856<br />
BIP (Mrd. US$) 7,7 9,7 12,0 14,2<br />
Entstehung (Anteil in %): *)<br />
.Landwirtschaft 38,8 37,5 31,6 k.A.<br />
.Industrie, Bau 26,6 24,9 26,3 k.A.<br />
.Dienstleistungen 34,5 37,6 42,1 k.A.<br />
Verwendung (Anteil in %) *)<br />
.Privatkonsum 98,4 98,1 97,9 k.A.<br />
.Staatskonsum 9,9 10,6 10,0 k.A.<br />
.Bruttoanlageinvestitionen 32,8 30,6 27,6 k.A.<br />
.Exporte 22,9 17,3 17,2 k.A.<br />
.Importe 64,0 56,6 52,7 k.A.<br />
Bevölkerung (Mio.) 25,4 26,3 27,2 28,2<br />
Exporte (fob, Mrd. US$) 0,42 0,45 0,55 0,40<br />
Importe (cif, Mrd. US$) 2,74 3,02 3,02 3,34<br />
Inflation (%) *) 5,1 13,0 26,8 -12,2<br />
*) Fiskaljahr (21.3. bis 20.3.)<br />
Quellen: Internationaler Währungsfonds (IWF; BIP nach Kaufkraftparität, Inflation); Asian Development<br />
Bank (ADB; BIP-Zusammensetzung, Außenhandel); Economist Intelligence Unit (EIU; übrige Werte)<br />
sehr hohe - Inflation in den beiden<br />
Folgejahren wie<strong>der</strong> knapp zweistellig<br />
ausfallen dürfte.<br />
Im Laufe <strong>der</strong> letzten Jahre haben<br />
sich die Anteile <strong>der</strong> einzelnen Wirtschaftssektoren<br />
am BIP verschoben.<br />
Die Landwirtschaft bildet nach<br />
wie vor die Haupteinnahmequelle<br />
<strong>der</strong> vorwiegend ländlichen Bevölkerung.<br />
Nach Zahlen <strong>der</strong> Asian De-<br />
velopment Bank (ADB) waren dort<br />
2004 noch 70% aller Beschäftigten<br />
tätig, und vier von fünf Afghanen leben<br />
auf dem Land. Allerdings nahm<br />
<strong>der</strong> Anteil des primären Sektors am<br />
BIP laut ADB zwischen 2002 und<br />
2008 von 45 auf 32% ab.<br />
Gleichzeitig stieg <strong>der</strong> Beitrag von<br />
Industrie und Bau von 20 auf 26%.<br />
Die Bauwirtschaft erlebte in den<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 9
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
letzten Jahren einen regelrechten<br />
Boom. Sie erbrachte 2008 gut 9%<br />
<strong>der</strong> Wirtschaftsleistung.<br />
Der Anteil <strong>der</strong> Dienstleistungen erhöhte<br />
sich im genannten Zeitraum<br />
von 35 auf 42%. Beson<strong>der</strong>s rasant<br />
entwickelt sich die Telekommunikation.<br />
Mittlerweile gibt es nach Branchenschätzung<br />
17 Mio. Mobilfunk-<br />
Nutzer im Land, nachdem 2002<br />
praktisch noch niemand ein Handy<br />
hatte. Bei <strong>der</strong> Zentralbank sind 14<br />
Geschäftsbanken registriert. Das<br />
größte Kreditinstitut ist die Kabul<br />
Bank, die in jüngerer Zeit wegen<br />
Missmanagements kritisiert worden<br />
ist.<br />
<strong>Afghanistan</strong> ist reich an Ressourcen,<br />
die aber <strong>der</strong>zeit kaum genutzt<br />
werden - es fehlt an Infrastruktur,<br />
Transportmöglichkeiten, verarbeiten<strong>der</strong><br />
Industrie und nicht zuletzt an<br />
Sicherheit. Großes Potenzial besteht<br />
im Bergbau, speziell in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />
von Kupfer und Eisen.<br />
Nach Angaben <strong>der</strong> deutschen<br />
Botschaft in Kabul lockt <strong>Afghanistan</strong><br />
immer mehr ausländische<br />
Investoren an, darunter auch eine<br />
Reihe deutscher Unternehmen.<br />
Schwerpunktsektoren ausländischer<br />
Unternehmen sind demnach<br />
Bauwirtschaft, Telekommunikation,<br />
Leichtindustrie, Beratungs- und<br />
Dienstleistungen sowie die Weiterverarbeitung<br />
landwirtschaftlicher<br />
Erzeugnisse.<br />
Wichtigster Faktor <strong>der</strong> afghanischen<br />
Schattenwirtschaft bleibt <strong>der</strong><br />
Drogenhandel, für den <strong>Afghanistan</strong><br />
ein Zentrum ist. Mitte <strong>der</strong> 2000er-<br />
Jahre ist das Land zum weltweit<br />
führenden Drogenproduzenten<br />
avanciert. Derzeit beträgt <strong>der</strong> Anteil<br />
am illegalen Weltmarkt für Opiate<br />
(Opium, Morphin, Heroin) 93%.<br />
Seit kurzem ist <strong>Afghanistan</strong> nach<br />
Angaben <strong>der</strong> Stiftung Wissenschaft<br />
und Politik in Berlin auch wie<strong>der</strong><br />
zum führenden Produzenten von<br />
Cannabis (Haschisch) geworden.<br />
Mohn und Opium werden zumeist in<br />
den Westen geschmuggelt, <strong>der</strong> Drogenkonsum<br />
hat aber auch immense<br />
Probleme für die Bevölkerung<br />
<strong>Afghanistan</strong>s und <strong>der</strong> umliegenden<br />
Staaten geschaffen.<br />
<strong>Afghanistan</strong> bleibt auf finanzielle<br />
Unterstützung vom Ausland angewiesen.<br />
Die Beiträge <strong>der</strong> internationalen<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
sind zwischen 2001 und 2008<br />
verzehnfacht worden. Innerhalb<br />
<strong>der</strong> EU ist Deutschland inzwischen<br />
führen<strong>der</strong> Geber. Die KfW Entwicklungsbank<br />
und die Deutsche<br />
Gesellschaft für Internationale<br />
Zusammenarbeit (<strong>GIZ</strong>) sind in einer<br />
Vielzahl von Programmen aktiv. Die<br />
daran beteiligten ausländischen Firmen<br />
kommen oft aus Deutschland.<br />
Außenhandel<br />
Importe halten manche Wirtschaftsbereiche<br />
<strong>Afghanistan</strong>s buchstäblich<br />
am Leben. Viele <strong>der</strong> eingesetzten<br />
Güter stammen aus dem Ausland,<br />
so muss selbst die Bauwirtschaft<br />
fast allen Zement und den Großteil<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en benötigten Materialien<br />
importieren. Die amtlichen Zahlen<br />
zum Außenhandel spiegeln dies nur<br />
im Ansatz wi<strong>der</strong>. Selbst im Statistischen<br />
Jahrbuch <strong>Afghanistan</strong>s ist<br />
vermerkt, die aufgeführten Zahlen<br />
umfassten keine geschmuggelten,<br />
reexportierten und Duty-Free-Güter.<br />
Offiziell betrugen die Exporte 2008<br />
dem Jahrbuch zufolge gut 0,5 Mrd.<br />
US$ und die Importe 3 Mrd. US$.<br />
Die Economist Intelligence Unit<br />
(EIU) nennt 2,2 Mrd. beziehungsweise<br />
8,8 Mrd. US$, was in etwa<br />
den Daten <strong>der</strong> Zahlungsbilanz<br />
entspricht. Die EIU-Werte hätten<br />
2008 immerhin drei Viertel <strong>der</strong><br />
Wirtschaftsleistung entsprochen,<br />
bei einem Handelsbilanzdefizit von<br />
stolzen 55% des BIP.<br />
Die geringen, offiziell ausgewiesenen<br />
Exporte <strong>Afghanistan</strong>s bestehen<br />
hauptsächlich aus getrocknetem<br />
Obst und an<strong>der</strong>en landwirtschaftlichen<br />
Erzeugnissen. Teppiche als<br />
zweitwichtigste Ausfuhrware gelten<br />
als Industrieprodukt. Bei den Einfuhren<br />
entfällt wertmäßig <strong>der</strong> größte<br />
Einzelposten auf Treibstoffe. Es<br />
folgen Autos und Maschinen, Nahrungsmittel<br />
und Haushaltsartikel.<br />
Das Importwachstum wird sich in<br />
den nächsten beiden Jahren nach<br />
Einschätzung <strong>der</strong> EIU verlangsamen.<br />
Kapitalgüter spielen demnach<br />
eine größere Rolle, hauptsächlich<br />
wegen des Aufbaus <strong>der</strong> Kupfermine<br />
Aynak. Bedarf sollte auch die<br />
Erstellung von Infrastruktur mit<br />
ausländischem Geld schaffen. Der<br />
gesamte Außenhandel dürfte von<br />
größerem Transithandel zwischen<br />
Pakistan und den zentralasiatischen<br />
Republiken profitieren. Rückenwind<br />
erhoffen sich die Verantwortlichen<br />
durch das Afghan-Pakistan Transit<br />
Trade Agreement, das im Oktober<br />
2010 unterzeichnet wurde und den<br />
letzten Informationen zufolge Mitte<br />
2011 in Kraft treten sollte.<br />
10 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Exporte (Mio. US$, fob) *)<br />
550<br />
500<br />
545<br />
n 2008 n 2009<br />
450<br />
400<br />
403<br />
350<br />
300<br />
250<br />
245<br />
200<br />
150<br />
100<br />
181 199<br />
148<br />
50<br />
0<br />
11 29<br />
Insgesamt Getrocknetes Obst Teppiche Heilpflanzen Frisches Obst Felle, Häute<br />
*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />
Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />
41<br />
23 21<br />
6<br />
© Germany Trade & Invest<br />
Importe (Mio. US$, cif) *)<br />
3500<br />
3000<br />
3.337<br />
3.020<br />
n 2008 n 2009<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
546<br />
740<br />
576 688<br />
277 328<br />
0<br />
Insgesamt Öl, Treibstoff Maschinen, Kfz Medikamente, Nahrungsmittel Metalle<br />
Ausrüstungen<br />
Haushaltsartikel<br />
*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />
Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />
594<br />
646<br />
500<br />
587<br />
433<br />
317<br />
© Germany Trade & Invest<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 11
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
Hauptabnehmerlän<strong>der</strong> (Mio. US$, fob) *)<br />
550<br />
500<br />
545<br />
n 2008 n 2009<br />
450<br />
400<br />
403<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
264<br />
191<br />
150<br />
136<br />
100<br />
76<br />
50<br />
0<br />
Insgesamt Pakistan Indien Iran Russland USA<br />
*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />
Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />
18<br />
41<br />
37 26<br />
2 17<br />
© Germany Trade & Invest<br />
Hauptlieferlän<strong>der</strong> (Mio. US$, cif) *)<br />
3500<br />
3000<br />
3.337<br />
3.020<br />
n 2008 n 2009<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
876<br />
500<br />
0<br />
501<br />
430 489<br />
360 368 337 308<br />
165 291<br />
200 177 98 198 65 145<br />
65 145<br />
Insgesamt Usbekistan VR China Japan Pakistan Kasachstan Russland Iran Deutschland Indien<br />
*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />
Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />
© Germany Trade & Invest<br />
12 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Wichtigste Handelspartner <strong>Afghanistan</strong>s<br />
sind die Nachbarlän<strong>der</strong>.<br />
Bedeutendster Kunde ist Pakistan,<br />
führende Lieferlän<strong>der</strong> waren 2009<br />
Usbekistan und die VR China.<br />
Für Deutschlands Außenhandel hat<br />
<strong>Afghanistan</strong> kaum Bedeutung. Als<br />
Kunde kam das Land am Hindukusch<br />
2010 mit immerhin 269 Mio.<br />
Euro Exportwert auf den 91.<br />
Rang, hinter den Marshallinseln<br />
und vor Island. Unter den Lieferanten<br />
lag <strong>Afghanistan</strong> mit nur 24 Mio.<br />
Euro abgeschlagen auf dem 136.<br />
Platz, eingerahmt von Jordanien<br />
und Nicaragua.<br />
Teppiche die Grenzen. Es ist anzunehmen,<br />
dass deutsche Exporteure<br />
etliche Lieferungen über die VAE<br />
und an<strong>der</strong>e Drittlän<strong>der</strong> abwickeln.<br />
Euler Hermes wies von 2008 bis<br />
2011 zu keinem Zeitpunkt ein<br />
Deckungsvolumen im <strong>Afghanistan</strong>-<br />
Geschäft aus, es hatte also keine<br />
Geschäfte über den Kreditversicherer<br />
gegeben. In den Jahren<br />
davor hatte es ebenfalls nur wenige<br />
Transaktionen geben.<br />
Foto: © ACCI<br />
Deutschland verkauft nach <strong>Afghanistan</strong><br />
im Wesentlichen Fahrzeuge,<br />
Maschinen, Elektrotechnik und<br />
an<strong>der</strong>e Industriewaren. Umgekehrt<br />
passieren mehrheitlich Obst und<br />
Deutsche Importe aus <strong>Afghanistan</strong> (Mio. Euro)<br />
Produkt 2008 2009 2010<br />
Genießbare Früchte und Nüsse 0,89 2,19 13,50<br />
Zusammenstellung verschiedener Waren 0,30 0,17 8,55<br />
Teppiche, Fußbodenbelag aus Spinnstoff 0,70 0,37 0,47<br />
Elektrotechnische Erzeugnisse 0,13 0,76 0,01<br />
Pelzfelle, künstliches Pelzwerk 0,39 0,12 0,18<br />
Waren aus Eisen o<strong>der</strong> Stahl 0,00 0,28 0,27<br />
Maschinen, Apparate, mechanische Geräte 0,04 0,02 0,33<br />
Ölsamen, Heilpflanzen 0,05 0,09 0,22<br />
Ätherische Öle, Riech-, Schönheitsmittel 0,11 0,13 0,00<br />
Insgesamt 2,76 4,24 23,71<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 13
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
Deutsche Exporte nach <strong>Afghanistan</strong> (Mio. Euro)<br />
Produkt 2008 2009 2010<br />
Kraftfahrzeuge 87,2 94,1 104,5<br />
Maschinen, Apparate, mechanische Geräte 38,1 30,3 18,2<br />
Elektrotechnische Erzeugnisse 26,3 16,5 24,2<br />
Möbel, Beleuchtungskörper 19,6 10,1 16,5<br />
Zusammenstellung verschiedener Waren 12,0 4,8 28,4<br />
Verschiedene Lebensmittelzubereitungen 12,1 10,3 9,2<br />
Schienenfahrzeuge 13,7 4,4 8,6<br />
Waren aus Eisen/Stahl 12,1 3,9 5,0<br />
Optische, photographische Erzeugnisse 5,8 7,0 5,4<br />
Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten, Essig 4,7 5,3 5,5<br />
Insgesamt 267,5 224,9 269,1<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Staatsfinanzen<br />
<strong>Afghanistan</strong>s Staat hängt finanziell<br />
am Tropf des Auslands, das<br />
für einen großen Teil des Budgets<br />
aufkommt. Die Staatseinnahmen<br />
aus dem Land selbst erreichten<br />
2009/2010 laut IWF nur gut 10% des<br />
BIP. Dieser Anteil soll im Folgejahr<br />
knapp 11% erreichen, er bleibt damit<br />
im weltweiten Vergleich jedoch<br />
einer <strong>der</strong> niedrigsten.<br />
Im Vergleich zum Beginn des<br />
Wie<strong>der</strong>aufbaus allerdings haben<br />
sich die Staatsfinanzen positiv<br />
entwickelt, zumal die Einnahmen<br />
2002/2003 nur gut 3% des BIP<br />
erreicht hatten. Grund für die deutlichen<br />
Einnahmesteigerungen des<br />
Fiskus in den letzten Jahren waren<br />
ein großes Plus bei den Einkünften<br />
aus Zöllen sowie mehr Zuflüsse aus<br />
<strong>der</strong> Vergabe von Mobilfunklizenzen<br />
und aus Steuern auf Einkommen,<br />
Gewinne und Umsätze. Reformen<br />
des Finanzministeriums mit<br />
Unterstützung <strong>der</strong> internationalen<br />
Gemeinschaft machten es möglich,<br />
die mit dem IWF vereinbarten Zielmarken<br />
sogar zu übertreffen.<br />
Damit konnte <strong>der</strong> afghanische Staat<br />
zuletzt einen größeren Teil <strong>der</strong> laufenden<br />
Kosten durch eigene Einnahmen<br />
decken. Steigende Ausgaben<br />
für die Sicherheit erschweren in<br />
den kommenden Jahren jedoch eine<br />
weitere Zunahme, zumal <strong>Afghanistan</strong><br />
schrittweise einen größeren<br />
Eigenbeitrag zur Finanzierung<br />
seiner Sicherheitskräfte leisten soll.<br />
Entlastet wurde <strong>der</strong> Fiskus durch<br />
verschiedene Schuldenerlasse, die<br />
laut IWF insgesamt 96% <strong>der</strong> 12 Mrd.<br />
US$ Auslandsschulden von 2006<br />
tilgten. Die Bundesregierung hat<br />
sämtliche Altschulden erlassen.<br />
Prüfungen <strong>der</strong> Weltbank aus den<br />
Jahren 2005 und 2008 haben<br />
ergeben, dass sich das Fiskalwesen<br />
verbessert hat. <strong>Afghanistan</strong><br />
wurde deutlich besser bewertet als<br />
vergleichbare Län<strong>der</strong> mit niedrigem<br />
Einkommen. Die Regierung hatte<br />
Verwaltungsvorschriften zu öffentlichen<br />
Ausschreibungen erneuert und<br />
die Finanzämter in den Provinzen<br />
reformiert. Dennoch gibt es weiterhin<br />
Probleme bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />
von Investitionsvorhaben: Im<br />
Haushaltsjahr 2009/10 wurden nur<br />
39% <strong>der</strong> budgetierten Investitionen<br />
umgesetzt, nachdem es zwei Jahre<br />
zuvor immerhin noch 54% waren.<br />
Als Ursachen sind neben unzureichenden<br />
Kenntnissen über die neuen<br />
Ausschreibungsverfahren auch<br />
unrealistische Haushaltsansätze<br />
und Verzögerungen durch Probleme<br />
mit <strong>der</strong> Sicherheit zu nennen.<br />
Samira Akrach (Nah- und Mittelost-<br />
Verein)<br />
14 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Landwirtschaft<br />
Foto: © ACCI<br />
Landwirtschaft<br />
Allgemeine Lage und<br />
Bedeutung<br />
Die Landwirtschaft ist mit Abstand<br />
<strong>der</strong> wichtigste Wirtschaftssektor<br />
<strong>Afghanistan</strong>s. Zusammen mit ihren<br />
Vorstufen und <strong>der</strong> Weiterverarbeitung<br />
sichert sie 85% <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
den Lebensunterhalt. Etwa<br />
46% <strong>der</strong> Landesfläche wird für<br />
Weidewirtschaft genutzt, 39% ist<br />
gebirgig o<strong>der</strong> bewohnt, 3% besteht<br />
aus Wald und nur 12% ist landwirtschaftlich<br />
nutzbar. Davon wie<strong>der</strong>um<br />
wird laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical<br />
Yearbook <strong>der</strong>zeit nur die Hälfte kultiviert.<br />
Hauptsächlich angebaut wird<br />
Getreide (Weizen, Roggen, Reis),<br />
außerdem Hülsenfrüchte, Kartoffeln,<br />
Obst und Nüsse.<br />
Die Landwirtschaft beschränkt sich<br />
wegen Topografie und Klima im Wesentlichen<br />
auf die Gebirgsfußoasen<br />
am Nord-, West- und Südrand des<br />
zentralen Hochlandes, die Beckenlandschaften<br />
<strong>der</strong> Kabul-Region und<br />
die Flusstäler an <strong>der</strong> pakistanischen<br />
Grenze. Von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung<br />
sind bewässerte Flächen.<br />
Trotz massiver Zerstörungen als<br />
Kriegsfolge liefern sie noch immer<br />
85% <strong>der</strong> Ernten. Der Rückgang<br />
<strong>der</strong> Irrigationsfläche um 60% seit<br />
1978 hat <strong>Afghanistan</strong> von einem<br />
Land, das sich nahezu selbst mit<br />
Nahrungsmitteln versorgt, zu einem<br />
größeren Importeur von Getreide,<br />
Obst und Gemüse gemacht.<br />
Seit 2001 hat <strong>der</strong> Agrarsektor<br />
seine Produktion durch den Einsatz<br />
verbesserter Anbaumethoden und<br />
Düngemitteln gesteigert. Die Erträge<br />
sind aber stark abhängig von<br />
den Witterungsbedingungen; so war<br />
2008 ein Dürrejahr. Hinzu kommen<br />
Wassermangel und unzureichende<br />
Transport- und Lagerkapazitäten.<br />
Das afghanische Ministerium für<br />
ländlichen Wie<strong>der</strong>aufbau und<br />
Entwicklung gründete 2003 das<br />
National Solidarity Program, das<br />
von afghanischen und internationalen<br />
Nichtregierungsorganisationen<br />
umgesetzt wird. Dazu hat das Bundesministerium<br />
für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(BMZ) bislang 44 Mio. Euro beigesteuert.<br />
Produktion<br />
Sortenvielfalt und Qualität des<br />
afghanischen Obstes sind berühmt.<br />
Wichtige Anbauregionen sind die<br />
Oase von Herat, die Schomali-<br />
Ebene nördlich von Kabul (Weintrauben),<br />
die Oase von Kandahar<br />
(Granatäpfel) sowie das Panjshir-Tal<br />
(Aprikosen).<br />
Mit über 83% des Getreideverbrauchs<br />
ist Weizen das wichtigste<br />
Grundnahrungsmittel. Er ist zugleich<br />
Hauptanbauprodukt, sowohl<br />
auf bewässertem als auch auf<br />
nicht bewässerten Böden. In den<br />
subtropischen Gebieten des Südens<br />
und Südostens kommen Reis,<br />
Gerste und Hülsenfrüchte hinzu. Im<br />
Zuge <strong>der</strong> beginnenden agrarischen<br />
Mo<strong>der</strong>nisierung im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
wurden nicht heimische Anbaupflanzen<br />
wie Mais und Kartoffeln<br />
eingeführt, ebenso Baumwolle als<br />
Rohstoffpflanze für die sich entwickelnde<br />
Textilindustrie.<br />
<strong>Afghanistan</strong> gilt weltweit als einer<br />
<strong>der</strong> Hotspots <strong>der</strong> Biodiversität:<br />
In dem Land kommen über 4.000<br />
Pflanzenarten vor. Fast ein Drittel<br />
davon ist endemisch, also ausschließlich<br />
dort heimisch. Kreuz-<br />
kümmel (Cumin) und Süßholz gehören<br />
zu den bekanntesten Wildkräutern<br />
des Landes. Gemüse spielt im<br />
Anbau eine untergeordnete Rolle.<br />
Es wird von Kleinbauern für den Eigengebrauch<br />
und die Vermarktung<br />
auf dem lokalen Basar produziert.<br />
Unter 10% des bewässerten Landes<br />
wird für die Gemüseproduktion<br />
verwendet. Die Boden- und Klimabedingungen<br />
in <strong>der</strong> Region Herat<br />
sind ideal für die Produktion von<br />
Safran. Seit 2004 verdoppelt sich die<br />
Anbaumenge dort jährlich.<br />
Viehzucht wird in <strong>Afghanistan</strong><br />
größtenteils extensiv betrieben. Die<br />
Hauptproduzenten sind paschtunische<br />
Nomaden, die hauptsächlich<br />
Schafe halten und in Wan<strong>der</strong>wirtschaft<br />
zwischen den Sommerweiden<br />
des zentralen Hochlandes und<br />
den wintermilden Steppen des<br />
Südwestens beziehungsweise <strong>der</strong><br />
pakistanischen Indusebene ziehen.<br />
Das ausgedehnte, aber meist karge<br />
Grasland bietet für diese Nutzung<br />
gute Voraussetzungen. Die Zahl <strong>der</strong><br />
Nomaden wird auf 1 Mio. geschätzt,<br />
<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Tierproduktion an <strong>der</strong><br />
gesamten (wertmäßigen) Agrarproduktion<br />
auf etwa 30%. Le<strong>der</strong>verarbeitung<br />
gehört zu den bedeutenden<br />
ländlichen Einkommensquellen.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 15
Landwirtschaft<br />
Landwirtschaftliche Produktion 2008<br />
Produkt Wert (Mio. US$) *) Produktion (1.000 t)<br />
Weizen 376,0 2.623,0<br />
Kuhmilch 348,3 1.390,8<br />
Rindfleisch 275,0 132,3<br />
Lammfleisch 171,9 86,9<br />
Trauben 162,4 364,4<br />
Gemüse (frisch), sonstiges 112,6 699,9<br />
Reis 82,9 612,0<br />
Ziegenfleisch 63,3 41,6<br />
Schafsmilch 55,0 162,0<br />
Mandeln mit Schale 43,9 42,0<br />
Beeren, an<strong>der</strong>e 39,2 47,0<br />
Kartoffeln 37,7 280,0<br />
Ziegenmilch 34,0 112,8<br />
Sesamsamen 27,7 32,0<br />
Baumwolle 27,5 18,5<br />
Hähnchen 24,2 20,7<br />
Gerste 23,3 333,0<br />
Mais 22,2 280,0<br />
Wassermelonen 20,9 200,0<br />
Wolle, ungewaschen 16,2 12,8<br />
*) Basis: internationale Preise<br />
Quelle: Food and Agriculture Organization (FAO) (http://faostat.fao.org/site/339/default.aspx)<br />
Fast alle Ziegen sind Kaschmir-<br />
Ziegen. Die Qualität <strong>der</strong> Faser ist<br />
hochwertig und liegt dicht hinter <strong>der</strong><br />
aus <strong>der</strong> Mongolei und China. <strong>Afghanistan</strong><br />
ist <strong>der</strong> drittgrößte Produzent<br />
von Kaschmir-Faser. Rin<strong>der</strong>haltung<br />
ist häufig als Nebenerwerb bei Kleinbauern<br />
<strong>der</strong> bewässerten Flussoasen<br />
zu finden. Kleinviehhaltung (Hühner,<br />
Ziegen) ist im ganzen Land bis in<br />
städtische Milieus hinein verbreitet.<br />
Forstwirtschaft gibt es kaum noch.<br />
Die ökologischen und ökonomischen<br />
Konsequenzen (Erosion, Mangel an<br />
Brennmaterial und Bauholz) sind<br />
schwer kalkulierbar und machen<br />
Wie<strong>der</strong>aufforstung zu einem<br />
wichtigen Aspekt. Die bestehenden<br />
Waldgebiete liegen im östlichen<br />
Landesteil, in Höhen ab 2.000 bis<br />
4.000 m. Die Bestände, welche die<br />
Food and Agriculture Organization<br />
<strong>der</strong> Vereinten Nationen (FAO) für<br />
1992 mit 1,9 Mio. ha angegeben hat,<br />
sind durch Raubbau (zur Brennholzgewinnung),<br />
Überweidung und<br />
jahrzehntelangen Kantholzschmug-<br />
gel nach Pakistan stark in Mitleidenschaft<br />
gezogen.<br />
Außenhandel<br />
Der bedrückende Zustand von<br />
<strong>Afghanistan</strong>s Landwirtschaft und<br />
weiterverarbeitenden Branchen<br />
zeigt sich im Außenhandel. Mit dem<br />
Hauptausfuhrprodukt Obst (getrocknet<br />
und frisch) verdiente <strong>Afghanistan</strong><br />
2008 im Ausland gerade einmal 286<br />
Mio. US$, so die nationale Statistik.<br />
Gleichzeitig summierten sich die<br />
Nahrungsmittelimporte auf 500<br />
Mio. US$. Die FAO, die ihren Zahlen<br />
an<strong>der</strong>e Berechnungen zugrunde legt<br />
und den illegalen Handel mit Daten<br />
<strong>der</strong> Partnerlän<strong>der</strong> besser erfasst,<br />
kommt für 2008 gar auf Lebensmittelimporte<br />
von über 1,5 Mrd. US$.<br />
Die Daten zeigen auch, dass die Agrargüter<br />
bisher kaum weiterverarbeitet<br />
werden: Während <strong>Afghanistan</strong><br />
viele Nahrungsmittel importieren<br />
muss, stehen auf <strong>der</strong> Ausfuhrliste<br />
praktisch nur landwirtschaftliche<br />
Roherzeugnisse. Bei Grundnahrungsmitteln<br />
ist <strong>Afghanistan</strong> seit<br />
dem Krieg im Wesentlichen auf<br />
Importe angewiesen. Davor war das<br />
Land in <strong>der</strong> Lage, sich mit allen wesentlichen<br />
Nahrungsmitteln selbst<br />
zu versorgen und in Einzelsegmenten<br />
sogar Weltmarktführer zu sein.<br />
Bis in die 1980er-Jahre hatten<br />
afghanische Trockenfrüchte einen<br />
Weltmarktanteil von nahezu 60%.<br />
Stark war das Land vor allem bei<br />
Rosinen, Aprikosen und Mandeln.<br />
Heute scheitert eine Verwertung für<br />
den Export an <strong>der</strong> unzureichenden<br />
Weiterverarbeitung <strong>der</strong> Früchte, sodass<br />
afghanisches Obst außerhalb<br />
<strong>der</strong> Landesgrenzen relativ selten<br />
angeboten wird.<br />
16 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Der Agrarsektor war schon immer<br />
<strong>der</strong> wichtigste Teil <strong>der</strong> afghanischen<br />
Exportwirtschaft und wird dies<br />
auch auf absehbare Zukunft hin<br />
bleiben. Grund ist <strong>der</strong> Reichtum an<br />
natürlichen Ressourcen, die ideale<br />
Rahmenbedingungen für die Produktionen<br />
von Trockenfrüchten und<br />
Nüssen liefern, sowie die räumliche<br />
Nähe zu stark wachsenden Märkten<br />
(VR China, Indien, Pakistan, Iran), in<br />
denen <strong>Afghanistan</strong> historisch eine<br />
gute Marktposition hat.<br />
Geschäftschancen für<br />
deutsche Firmen<br />
Relativ kurzfristige Geschäftsmöglichkeiten<br />
bieten in <strong>Afghanistan</strong><br />
<strong>der</strong> Einkauf landwirtschaftlicher<br />
Produkte und <strong>der</strong> Handel damit.<br />
Häufig fehlt es dafür an den notwendigen<br />
Strukturen in Produktion und<br />
Infrastruktur. Deshalb ist auch für<br />
Investitionen in Agribusiness und<br />
Weiterverarbeitung viel Platz.<br />
Das Land ist dem Codex Alimentarius<br />
beigetreten, dem internationalen<br />
Hygienestandard <strong>der</strong> FAO. Es hat die<br />
wesentlichen, international gültigen<br />
Hygienevorschriften für Nahrungsmittel<br />
in Kraft gesetzt. Dadurch muss<br />
<strong>der</strong> gesamte Sektor <strong>der</strong> Lebensmittelverarbeitung<br />
inklusive Transport<br />
und Handel grundlegend erneuert<br />
werden. Vorreiter, die in mo<strong>der</strong>ne<br />
Weiterverarbeitungstechnologien<br />
investieren, genießen viele Vorteile.<br />
Dadurch ergeben sich Investitionsund<br />
Absatzmöglichkeiten für deutsche<br />
Unternehmen.<br />
Importe von landwirtschaftlichen Gütern und Nahrungsmitteln 2008<br />
Güter Menge (1.000 t) Wert (Mio. US$) *)<br />
Weizenmehl 865,33 524,62<br />
Weizen 695,63 250,00<br />
Pflanzenöl, ungehärtet 108,29 132,09<br />
Palmöl 102,80 98,00<br />
Tee 35,98 90,20<br />
Zucker, raffiniert 232,46 72,00<br />
Zigaretten 8,06 61,53<br />
Lebensmittel, sonstige 12,00 51,55<br />
Reis 106,89 44,84<br />
Hähnchenfleisch 32,32 35,81<br />
Gebäck 12,42 25,00<br />
Nichtalkoholische Getränke 43,69 21,09<br />
Öl aus Gemüseerzeugnissen 19,52 20,00<br />
Eier in <strong>der</strong> Schale 17,31 18,63<br />
Süßwaren 9,17 17,49<br />
Tabakprodukte, sonstige 1,70 14,19<br />
Sojaöl 10,90 11,00<br />
Rapsöl 6,00 8,00<br />
Hülsenfrüchte 15,55 7,80<br />
Milchpulver 2,22 7,03<br />
*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Importdaten laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-10 ab<br />
Quelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)<br />
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Landwirtschaft<br />
Exporte von landwirtschaftlichen Gütern 2008<br />
Güter Menge (1.000 t ) Wert (Mio. US$)*)<br />
Rosinen 27,13 30,43<br />
Getrocknete Feigen 4,49 28,76<br />
Pistazien 3,26 24,56<br />
Geschälte Mandeln 2,92 14,78<br />
Trockene Aprikosen 3,98 9,67<br />
Baumwolle 8,83 9,50<br />
Trauben 62,95 7,20<br />
Mandeln mit Schale 3,29 6,44<br />
Geschälte Walnüsse 0,76 3,82<br />
Aprikosen 27,30 3,33<br />
Frisches Obst, sonstiges 8,78 3,02<br />
Kartoffeln 17,91 2,56<br />
Sesamsamen 4,00 2,50<br />
Anis, Fenchel und Korian<strong>der</strong> 1,99 1,84<br />
Frisches o<strong>der</strong> getrocknetes Gemüse 3,27 1,76<br />
Äpfel 10,79 1,40<br />
Melonen, sonstige 20,08 1,39<br />
Trockenfrüchte, sonstige 1,14 1,23<br />
Hülsenfrüchte, sonstige 4,02 0,81<br />
Frisches Gemüse, sonstige 6,64 0,58<br />
*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Exportdaten laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-10 ab<br />
Quelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)<br />
18 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Bei <strong>der</strong> Lebensmittelverarbeitung<br />
gibt es viel Bedarf, um Produkte<br />
kühlen, sortieren, trocknen und<br />
verpacken zu können, sie hygienisch<br />
einwandfrei zu machen und<br />
zu graden (mit einem Bildverarbeitungssystem<br />
analysieren). Dies gilt<br />
vor allem für Obst, Fleisch, Milch,<br />
Nüsse und Getreideprodukte für den<br />
nationalen Markt.<br />
Gefragt ist beson<strong>der</strong>s die Verarbeitung<br />
von Milch, um Käse, Butter,<br />
Joghurt, Milchpulver, Eiscreme etc.<br />
herzustellen. Benötigt ist außerdem<br />
technische Unterstützung beim<br />
Sammeln und Transport, bei <strong>der</strong><br />
Aufbewahrung, Pasteurisierung und<br />
<strong>der</strong> Qualitätskontrolle. Die heutigen<br />
Produzenten sind eher kleine Unternehmer,<br />
die nur lokale Märkte<br />
bedienen können. Die Milchproduktion<br />
wächst kräftig, <strong>der</strong> Milchpreis<br />
hat sich in den letzten fünf Jahren<br />
mehr als verdreifacht.<br />
Bei Tomaten existieren technische<br />
Defizite in den Bereichen Sonnentrocknen,<br />
Kühllagerhaltung, Qualitätskontrolle<br />
sowie Hygiene bei <strong>der</strong><br />
Produktion. Gefragt ist die Weiterverarbeitung<br />
zu Ketchup, Saucen,<br />
Saft und Paste. Für die Verarbeitung<br />
von Mandeln, die traditionell im<br />
Land sortiert werden, fehlt mo<strong>der</strong>ne<br />
Technik etwa zum Entfernen <strong>der</strong><br />
Schale. Zudem sind keine Verpackungen<br />
erhältlich. Mandeln<br />
wachsen oft wild in den Bergen <strong>Afghanistan</strong>s<br />
und sind sehr wertvoll;<br />
beson<strong>der</strong>s Mandelöl erzielt einen<br />
hohen Exportpreis.<br />
Oliven in Kanistern und Gläsern<br />
sowie Olivenöl als Lebensmittel wie<br />
auch als Kosmetikprodukt haben<br />
hohes Marktpotenzial in Europa und<br />
China. Der momentane Preis liegt<br />
zwischen 3,30 und 5,90 US$ pro<br />
Kilo. Investoren sind gesucht, um<br />
aus Sonnenblumenkernen Öl, Kosmetika<br />
sowie Biodiesel zu produzieren.<br />
Spezielle Notwendigkeit gibt es<br />
für technische Ausrüstungen zum<br />
Entfernen <strong>der</strong> Schalen sowie zum<br />
Ölpressen, Rösten, Grading und<br />
Verpacken, ebenso bei Marketing,<br />
Transport und Export.<br />
Bei Schnitt- und Topfblumen sowie<br />
Blumenessenzen und Extrakten<br />
werden vielversprechende Investitionen<br />
prognostiziert. Möglichkeiten<br />
für technische Verbesserungen<br />
existieren bei <strong>der</strong> Gewinnung und<br />
Vermarktung von Rosenöl. Ein Kilo<br />
reines Rosenwasser kostet 7.500<br />
US$. Als lohnend sehen Experten<br />
die Kultivierung von Obstbäumen<br />
an. In <strong>der</strong> Forstwirtschaft gelte dies<br />
für Wie<strong>der</strong>aufforstungen und die<br />
Produktion von Brennmaterialien.<br />
Kaschmir, Seide, Karakulfell, Yakund<br />
Schafwolle lassen sich gewinnbringend<br />
spinnen, weben und zu<br />
hochwertigen Textilien in Handarbeit<br />
und Manufaktur weiterverarbeiten.<br />
Technische Unterstützung wird<br />
benötigt beim Züchten, Wollesammeln<br />
und bei <strong>der</strong> Kaschmirverarbeitung,<br />
etwa beim Waschen. Die<br />
heutige Produktion von Kaschmirwolle<br />
ließe sich verdoppeln, da nur<br />
30% <strong>der</strong> Schafe geschoren werden.<br />
Zudem sind Preissteigerungen<br />
möglich.<br />
Für die Verarbeitung von Le<strong>der</strong>,<br />
das vorwiegend von Ziegen und<br />
Schafen stammt, herrscht Bedarf<br />
bei Pflanzengerbung und Weiterverarbeitung<br />
in Manufakturen. Das<br />
Fell des Karakulschafs ist eines <strong>der</strong><br />
hochwertigsten Produkte <strong>Afghanistan</strong>s.<br />
Investitionsbedarf ist nötig<br />
für den Aufbau von Sammelstellen<br />
sowie das Marketing, namentlich<br />
die Vermarktung im Ausland.<br />
Bei Verpackungen ist das Geschäftspotenzial<br />
für die meisten<br />
Produkte riesig. Die Nachfrage nach<br />
landwirtschaftlichen Produkten ist<br />
im Land groß, aber <strong>Afghanistan</strong>s<br />
Verpackungsindustrie liefert bisher<br />
fast nichts, weshalb 20 bis 40% <strong>der</strong><br />
Produktion verschwendet werden.<br />
Geschäftschancen gibt es generell<br />
beim Einkauf und Handel von (Heil-)<br />
Kräutern und Gewürzen (Safran,<br />
Cumin, Süßholz), Blumen, Medizinpflanzen,<br />
Trockenfrüchten sowie<br />
hochwertigen Pflanzenölen aus<br />
Wildsammlung. Beim Export gilt<br />
dies beson<strong>der</strong>s für Destinationen im<br />
arabischen Raum, Zentralasien und<br />
Europa.<br />
Lohnenswert erscheint <strong>der</strong> Handel<br />
mit manchen Bioprodukten. Honig<br />
als Lebensmittel o<strong>der</strong> für Kosmetika<br />
sowie Bienenwachsprodukte sind<br />
im Ausland gefragt. Investitionen<br />
sind gefragt im Filtern und Grading,<br />
in <strong>der</strong> Weiterverarbeitung und bei<br />
Zuchtmethoden. Die Honigproduktion<br />
eröffnet in <strong>Afghanistan</strong><br />
weiblichen Arbeitskräften einen -<br />
üblicherweise schwierigen - Zugang<br />
zum Arbeitsmarkt.<br />
In <strong>der</strong> Landtechnik werden Traktoren<br />
und Pflüge nachgefragt. Profitabel<br />
zu verkaufen sind außerdem<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 19
Landwirtschaft<br />
Anlagen für die Getreidesäuberung<br />
sowie Siebausrüstungen für Mehl.<br />
Eine relativ wichtige Branchenmesse<br />
war in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
die AgFair (www.agfair.af), die<br />
jährlich in Kabul und teilweise auch<br />
in an<strong>der</strong>en Städten stattgefunden<br />
hatte. Allerdings ist nicht bekannt,<br />
ob und wann 2011 und später eine<br />
Veranstaltung geplant ist. International<br />
sind die Nürnberger „BioFach“<br />
und die „Grüne Woche“ in Berlin<br />
von Bedeutung für <strong>Afghanistan</strong>s<br />
Landwirtschaft.<br />
Hermann van Boemmel, Elisaveta<br />
Kostova (Deutsche Gesellschaft für<br />
Internationale Zusammenarbeit)<br />
Kontaktadressen<br />
<strong>Afghanistan</strong> Chamber of Commerce<br />
& Industries<br />
Internet: www.acci.org.af<br />
Landwirtschaftsmesse in <strong>Afghanistan</strong>:<br />
AgFair<br />
Internet: www.agfair.af<br />
Enterprise Development Program<br />
(AREDP)<br />
Internet: www.aredp.org<br />
Export Promotion Agency of<br />
<strong>Afghanistan</strong><br />
Internet: www.epaa.org.af<br />
Ministry of Agriculture, Irrigation<br />
and Livestock<br />
Internet: www.mail.gov.af<br />
Ministry of Rural Rehabilitation<br />
and Development<br />
Internet: www.mrrd.gov.af<br />
Foto: © <strong>GIZ</strong><br />
20 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Bergbau<br />
Bergbau<br />
Allgemeine Lage und<br />
Bedeutung<br />
Der Anteil des Bergbaus an <strong>Afghanistan</strong>s<br />
Bruttoinlandsprodukt<br />
beträgt <strong>der</strong>zeit weniger als 0,3%.<br />
Die Bedeutung des Sektors für die<br />
Versorgung des internationalen<br />
Marktes geht damit aktuell gegen<br />
null. Obwohl das Rohstoffpotenzial<br />
<strong>Afghanistan</strong>s schon früh erkannt<br />
wurde, sind deutliche Bemühungen<br />
zu dessen Nutzung erst seit<br />
<strong>der</strong> Invasion und Stabilisierung des<br />
Landes seit 2001 erkennbar. Bisher<br />
gibt es kaum Großprojekte und auch<br />
nur wenige kleine Vorhaben. Gründe<br />
sind die prekäre Sicherheitslage,<br />
schlechte Infrastruktur, weite Entfernungen<br />
sowie Fachkräftemangel.<br />
Foto: © <strong>GIZ</strong><br />
Mittlerweile prognostizieren Beobachter<br />
jedoch, dass <strong>der</strong> Rohstoffabbau<br />
eine <strong>der</strong> wichtigsten und nachhaltigsten<br />
Einkommensquellen für<br />
die afghanische Wirtschaft werden<br />
kann. Die in <strong>der</strong> Bundesanstalt für<br />
Geowissenschaften und Rohstoffe<br />
(BGR) angesiedelte Deutsche Rohstoffagentur<br />
(DERA) rechnet damit,<br />
dass <strong>Afghanistan</strong>, angesichts <strong>der</strong><br />
langen Vorlaufzeiten in <strong>der</strong> kapitalintensiven<br />
Branche, in fünf bis zehn<br />
Jahren zunehmende Bedeutung als<br />
Rohstoffproduzent erlangen könnte.<br />
Wert und Umfang des Gesamtbestandes<br />
von Mineralien können nur<br />
grob geschätzt werden, da in weiten<br />
Teilen des Landes bislang noch<br />
keine Exploration stattgefunden hat.<br />
Die geologischen Studien zeigen<br />
zwei große Mineraliengürtel. Einer<br />
erstreckt sich vom Nordwesten<br />
zum Nordosten (Badakhshan). Er<br />
beinhaltet Eisen, Kupfer, Gold sowie<br />
Ablagerungen von Zinn und Wolfram.<br />
Der zweite Gürtel reicht von<br />
Kabul nach Kandahar und umfasst<br />
Kupfer, Gold, Chromit, Edelsteine<br />
sowie Molybdän. Die beiden größten<br />
Mineralien-Lagerstätten sind das<br />
Kupfervorkommen Aynak und das<br />
Eisenerzvorkommen Hajigak.<br />
Eine im September 2010 vorgestellte<br />
Analyse <strong>der</strong> BGR bewertete das<br />
Rohstoffpotenzial von asiatischen<br />
Län<strong>der</strong>n (ohne GUS und die Türkei)<br />
für die deutsche Wirtschaft. Sie<br />
ergab, dass <strong>Afghanistan</strong> an siebter<br />
Stelle <strong>der</strong> insgesamt 24 Län<strong>der</strong><br />
liegt, die eine nennenswerte mineralische<br />
Rohstoffproduktion in Asien<br />
aufweisen.<br />
<strong>Afghanistan</strong> könnte zumindest bei<br />
Kupfer und Eisen für die Rohstoffversorgung<br />
Asiens ein wichtiger<br />
Produzent werden. Für die Versorgung<br />
Europas gälte dies beson<strong>der</strong>s<br />
bei Seltenen Erden, Beryll und<br />
Niob, aber auch bei Graphit, Tantal,<br />
Wolfram, Magnesium und Flussspat.<br />
Auch für Baryt könnte sich<br />
<strong>Afghanistan</strong> zu einem wichtigen<br />
Produzentenland entwickeln.<br />
Die DERA weist allerdings darauf<br />
hin, dass High-Tech-Rohstoffe in<br />
<strong>Afghanistan</strong> noch nie speziell exploriert<br />
wurden. Der Explorationsstand<br />
für Seltene Erden etwa sei sehr<br />
niedrig. Der U.S. Geological Survey<br />
(USGS) gehe von (ungesicherten)<br />
Ressourcen von rund 1,4 Mio. t Seltenen<br />
Erden und 3,5 Mio. t Niob aus.<br />
<strong>Afghanistan</strong>s Lithium-Lagerstätten<br />
gehören zu den bedeutendsten <strong>der</strong><br />
Welt, und eine Produktion wäre<br />
langfristig möglicherweise relevant<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 21
Bergbau<br />
für den Weltmarkt. Der Afghan Geological<br />
Survey (AGS) berichtet über<br />
zwölf bekannte Pegmatitfel<strong>der</strong>, die<br />
sich in den Provinzen Laghman,<br />
Nangarhar, Badakhshan und Uruzgan<br />
befinden. Das Land ist auch<br />
reich an Rohmaterialien für die<br />
Zementherstellung. Der anhaltende<br />
Bauboom sorgt für eine ausreichende<br />
Nachfrage.<br />
Die Edelsteinindustrie <strong>Afghanistan</strong>s<br />
war vor 1979 von weltweiter<br />
Bedeutung. Dies gilt beson<strong>der</strong>s für<br />
Lapislazuli, aber auch für Smaragde<br />
und Rubine. Heutzutage werden<br />
laut DERA 95% <strong>der</strong> Edelsteine<br />
aus dem Land geschmuggelt und<br />
gehen, hauptsächlich zur weiteren<br />
Verarbeitung, nach Pakistan. Die<br />
meisten Edelsteine kommen aus<br />
dem Nordosten. Die Skarn-Lazuritlagerstätte<br />
Sary-Sang in <strong>der</strong> Provinz<br />
Badakhshan enthält den Angaben<br />
zufolge noch rund 1.300 t Lapislazuli,<br />
bei einer Jahresproduktion von<br />
<strong>der</strong>zeit 9 t.<br />
Laut Bergbauministerium gibt es in<br />
<strong>Afghanistan</strong> folgende Bodenschätze<br />
von wirtschaftlicher Bedeutung:<br />
Bauxit, Blei, Chrom, Eisen, Erdgas,<br />
Gold, Kalkstein, Kohle, Kobalt,<br />
Kupfer, Lithium, Marmor, Molybdän,<br />
Öl, Phosphat, Seltene Erden, Silber,<br />
Uran, Wismut, Wolfram, Zink und<br />
Zinn.<br />
Gesetzlicher Rahmen<br />
Um ein schnelles und effizientes<br />
Wachstum des Bergbaus zu<br />
ermöglichen, verabschiedete sich<br />
die afghanische Regierung vom<br />
System <strong>der</strong> Staatswirtschaft aus<br />
Zeiten <strong>der</strong> Sowjetherrschaft. Das<br />
Bergbauministerium tritt nunmehr<br />
als Vermittler für Privatinvestitio-<br />
nen und als Regulierungsbehörde<br />
auf. Allerdings ist die Privatisierung<br />
afghanischer Staatsbetriebe, die<br />
bislang große Teile <strong>der</strong> natürlichen<br />
Ressourcen kontrollierten, noch<br />
nicht abgeschlossen.<br />
Im Jahr 2006 verabschiedeten die<br />
Behörden neue Gesetze, um den<br />
Abbau von Rohstoffen formal zu<br />
ordnen. Seither regelt das „Minerals<br />
Law of <strong>Afghanistan</strong>“ die Eigentümerschaft<br />
und Verwaltung aller<br />
Rohstoffe außer Kohlenwasserstoffen<br />
und Wasser, die in separaten<br />
Gesetzten behandelt werden. Die<br />
Regierung im Allgemeinen und das<br />
Ministry of Mining im Beson<strong>der</strong>en<br />
sollen dabei den effizienten Aufbau<br />
<strong>der</strong> Abbauindustrie för<strong>der</strong>n und<br />
verwalten - nicht jedoch selbst als<br />
Betreiber tätig werden. Das Gesetz<br />
bietet Eigentümern von Abbaurechten<br />
Schutz gegen Enteignung. Damit<br />
verpflichtet sich die Regierung, im<br />
gegebenen Fall Kompensationen<br />
entsprechend internationaler Normen<br />
zu zahlen.<br />
Die Enteignungsgarantien sind<br />
allerdings sehr gering und dürften<br />
ausländische Investoren kaum beruhigen.<br />
Beim milliardenschweren<br />
Kupferprojekt Aynak etwa würde<br />
das chinesische Gewinnerkonsortium<br />
nur 16 Mio. US$ Entschädigung<br />
erhalten. Die Höhe <strong>der</strong> Lizenzgebühr<br />
beziffert das Gesetz mit 5%<br />
des Bruttoumsatzes für Mineralien<br />
und 10% für Edelsteine. Eine Revision<br />
des Gesetzes ist noch für 2011<br />
geplant.<br />
Im Februar 2010 wurde <strong>Afghanistan</strong><br />
als Kandidatenland <strong>der</strong> Rohstoff-<br />
Transparenzinitiative EITI (Extractive<br />
Industries Transparency Initiative)<br />
akzeptiert. Gemäß <strong>der</strong> EITI-Standards<br />
verpflichtet sich das Land<br />
damit, alle Zahlungen von Rohstoff<br />
explorierenden und gewinnenden<br />
Unternehmen an den Staat, etwa<br />
Steuern und För<strong>der</strong>abgaben, zu<br />
veröffentlichen.<br />
Regelung des<br />
Vergabeprozesses<br />
Die Entscheidung, ein Gebiet zum<br />
Abbau von Rohstoffen auszuschreiben,<br />
liegt bei <strong>der</strong> Regierung. Soll<br />
eine Abbaulizenz vergeben werden,<br />
ist eine öffentliche Ausschreibung<br />
Pflicht. Einschränkungen zur<br />
Teilnahme am Ausschreibungsverfahren<br />
sind in Artikel 16 des Mineral<br />
Law spezifiziert, <strong>Afghanistan</strong> ist an<br />
diesem Punkt jedoch vergleichsweise<br />
liberal. In je<strong>der</strong> Ausschreibung<br />
kann die Teilnahme am Vergabeverfahren<br />
konkret eingeschränkt<br />
werden, beispielsweise in Bezug auf<br />
die Mindestgröße teilnehmen<strong>der</strong><br />
Unternehmen o<strong>der</strong> die Mindesthöhe<br />
<strong>der</strong> Investition.<br />
Das Auswahlkomitee ist zu Fairness<br />
und Nicht-Diskriminierung<br />
verpflichtet. Es entscheidet laut<br />
Vorgaben auf <strong>der</strong> Grundlage des<br />
größten Nutzens für <strong>Afghanistan</strong><br />
und anhand folgen<strong>der</strong> Kriterien:<br />
n Arbeitsplan und Investition<br />
n technische und finanzielle<br />
Kapazität <strong>der</strong> Bieter<br />
n Erfahrung <strong>der</strong> Bieter<br />
n an<strong>der</strong>e sozio-ökonomische<br />
Vorteile für den Staat, also etwa<br />
Kompensationen für Umsiedlungen,<br />
Anzahl <strong>der</strong> Arbeits- und<br />
Ausbildungsplätze für Afghanen,<br />
Ausbau <strong>der</strong> lokalen Infrastruktur,<br />
Planung zur Umweltverträglichkeit.<br />
Ausschreibungen finden in zwei<br />
Runden statt. Zunächst bittet das<br />
22 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Ministerium um Interessensbekundungen<br />
(Expression of Interest).<br />
Diese umfassen die Basisdaten<br />
des Unternehmens bezüglich <strong>der</strong><br />
finanziellen und technischen Fähigkeiten.<br />
Firmen, die als akzeptable<br />
Bieter ausgewählt werden, zahlen<br />
eine Gebühr, <strong>der</strong>en Höhe sich nach<br />
<strong>der</strong> Ausschreibung bemisst. Sie<br />
erhalten zudem weitergehende<br />
Informationen zum aktuellen Stand<br />
<strong>der</strong> Exploration. Auf dieser Grundlage<br />
erstellen die Bieter ein Angebot,<br />
von denen das Ministerium eines<br />
auswählt. Gelegentlich wird die zur<br />
Ausschreibung stehende Fläche in<br />
Blöcke unterteilt, sodass Firmen auf<br />
die gesamte Fläche o<strong>der</strong> bestimmte<br />
Parzellen bieten können.<br />
Die Ausschreibung von Abbaulizenzen<br />
wird unter an<strong>der</strong>em auf<br />
<strong>der</strong> Website des Ministry of Mines<br />
angekündigt. Hier finden sich auch<br />
weitergehende Informationen zu<br />
je<strong>der</strong> Ausschreibung.<br />
Neben dem Ministry of Mines ist<br />
<strong>der</strong> AGS die wichtigste Behörde für<br />
den Rohstoffabbau. Er erforscht und<br />
kartographiert Rohstoffvorkommen.<br />
Seit 2008 wurden jedoch keine Berichte<br />
mehr veröffentlicht. In seinen<br />
Anfängen wurde <strong>der</strong> AGS durch den<br />
British Geological Survey über das<br />
British Government’s Department<br />
for International Development unterstützt.<br />
Chancen und Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
für deutsche<br />
Firmen<br />
Im Bergbau wurden bisher erst für<br />
einen sehr kleinen Teil <strong>der</strong> Vorkommen<br />
Konzessionen vergeben. Die<br />
Regierung und manche Beobachter<br />
gehen aber davon aus, dass es<br />
in den nächsten Jahren zu einer<br />
Vielzahl von Einzelausschreibungen<br />
kommt. Bei den bereits vergebenen<br />
Konzessionen befindet sich <strong>der</strong><br />
Bau <strong>der</strong> zur För<strong>der</strong>ung benötigten<br />
Infrastruktur noch in den Anfängen,<br />
sofern überhaupt schon investiert<br />
wurde. Die Projekte dürften daher<br />
relativ teuer werden, mit hohen<br />
Ausgaben für Infrastruktur, Abbautechnologie,<br />
Maschinen, Material<br />
und Beratung.<br />
Bis März 2010 erteilten die zuständigen<br />
Behörden insgesamt 106<br />
Abbaukonzessionen. Der größte Teil<br />
davon war für den Abbau von Baumaterialien<br />
(Sand, Schotter etc.) und<br />
Salz. Lediglich acht Konzessionen<br />
beinhalten die Gewinnung international<br />
gehandelter Rohstoffe, nämlich<br />
Kohle, Kupfer und Gold. Die mit <strong>der</strong><br />
Konzession verbundene Investition<br />
wird nicht veröffentlicht, und <strong>der</strong><br />
Lizenznehmer kann mit den zuständigen<br />
Ministerien Vertraulichkeit für<br />
die Dauer <strong>der</strong> Investition vereinbaren<br />
(Artikel 103 des Mineraliengesetzes).<br />
Möglicherweise lässt sich <strong>der</strong> Investitionswert<br />
jedoch von <strong>der</strong> Enteignungsgarantie<br />
ableiten.<br />
Aus dem Ausland zeichnet sich<br />
ein starkes Interesse chinesischer<br />
Staatsfirmen ab. Unter den Bietern<br />
bei bisherigen Konzessionsvergaben<br />
befanden sich auch Unternehmen<br />
aus Australien, Indien, Russland,<br />
den USA, Kanada sowie Zentralasien.<br />
Eine deutsche Firma war auf<br />
den vorliegenden Bieterlisten nicht<br />
vertreten.<br />
Laut DERA werden in letzter Zeit<br />
immer mehr industrielle Bergbauprojekte<br />
von einheimischen<br />
Investoren verwirklicht. Im Fokus<br />
stünden die Zementindustrie und<br />
<strong>der</strong> Goldbergbau. Um ausländische<br />
Investitionen in die Zementindustrie<br />
wirbt die <strong>Afghanistan</strong> Investment<br />
Support Agency (AISA) in ihrem<br />
Bericht „Main Investment Opportunities<br />
in <strong>Afghanistan</strong>“. Die Zementnachfrage<br />
aus dem In- und Ausland,<br />
etwa aus <strong>der</strong> VR China, wird als<br />
sehr hoch eingeschätzt.<br />
Chinesische Firmen können in <strong>Afghanistan</strong><br />
relativ sorglos investieren.<br />
Sie gehören ganz o<strong>der</strong> großteils<br />
dem Staat, <strong>der</strong> langfristig kalkuliert<br />
und die Rohstoffsicherung mit<br />
hoher Priorität versehen hat. Im<br />
Zweifelsfall sind chinesische Staatsfirmen<br />
bereit Risiken einzugehen,<br />
die private Investoren nicht tragen<br />
wollen o<strong>der</strong> können. Westlichen<br />
Zulieferern fällt es üblicherweise<br />
schwer, mit chinesischen Abbaufirmen<br />
ins Geschäft zu kommen.<br />
Deutsche Investoren treffen in <strong>Afghanistan</strong>s<br />
Bergbau auf mindestens<br />
drei Hin<strong>der</strong>nisse. Am wenigsten<br />
Probleme dürfte noch das Mineraliengesetz<br />
mit seiner Vorschrift<br />
bereiten, afghanischen Zulieferern<br />
und Dienstleistern bei gleicher<br />
Eignung den Vorzug zu geben. In<br />
Anbetracht <strong>der</strong> geringen finanziellen<br />
und technischen Kapazitäten<br />
afghanischer Firmen scheint dieser<br />
Punkt beherrschbar.<br />
Wesentlich schwerer wiegt -<br />
zweitens - die weiterhin kritische<br />
Sicherheitslage. Es kann nicht<br />
ausgeschlossen werden, dass weite<br />
Teile des Landes für Auslän<strong>der</strong><br />
unzugänglich bleiben o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong><br />
unzugänglich werden und bereits<br />
erworbene Konzessionen daher<br />
nicht genutzt werden können. Stören<br />
könnten sich westliche Firmen<br />
in <strong>Afghanistan</strong> drittens an den Rohstoffinteressen<br />
asiatischer Staaten,<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> VR China.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 23
Bergbau<br />
Abbaukonzessionen (ohne Baustoffe und Salz, unvollständig) und Enteignungsgarantien<br />
Firma Fläche (qkm) Rohstoff<br />
Enteignungsgarantie<br />
(Mio. US$)<br />
MCC 106,30 Kupfer 16,1<br />
Afghan Investment Company 20,45 Kohle 0,50<br />
Brotheran Mohamand 14,00 Kohle 0,10<br />
Madan Kahran 8,20 Kohle 0,10<br />
Mesaq Sharq 1,92 Kohle 0,10<br />
Aslami 1,90 Kohle 0,10<br />
West Land General Trading 14,00 Gold 0,05<br />
Brotheran Khushak 8,00 Kohle 0,04<br />
Quelle: „List of Mining Contracts“, Ministry of Mines, 7.4.10<br />
Investitionen und<br />
Projekte<br />
Kupfer<br />
Das Aynak-Vorkommen ist womöglich<br />
eine <strong>der</strong> größten noch<br />
nicht erschlossenen Kupferminen<br />
weltweit. Dort befinden sich nach<br />
USGS-Schätzungen von 2009 etwa<br />
490 Mio. t Erz mit einem Gehalt von<br />
durchschnittlich 1,84% und mithin<br />
9 Mio. t Kupfer (Jahresverbrauch<br />
2011 weltweit knapp 20 Mio. t). Das<br />
Vorkommen liegt etwa 30 km östlich<br />
von Kabul und wurde 1974 zum<br />
ersten Mal erforscht.<br />
Nach einer internationalen Ausschreibung<br />
wurde die Lagerstätte<br />
2008 von einem chinesischen Konsortium<br />
erworben. Es besteht aus<br />
dem Staatskonzern China Metallurgical<br />
Group Corporation (MCC, 75%<br />
Anteil) und <strong>der</strong> Jiangxi Copper Co.<br />
Die Konzession zur Ausbeutung<br />
<strong>der</strong> Mine hat eine Laufzeit von 30<br />
Jahren. Das Erz soll in <strong>Afghanistan</strong><br />
selbst weitgehend zu reinem Kupfer<br />
verarbeitet werden. Die Chinesen<br />
planen einen Jahresausstoß von<br />
Mine und Weiterverarbeitung in<br />
Höhe von 220.000 t elektrolytischem<br />
Kupfer, 100.000 t Kupferkonzentrat<br />
und 300.000 t Schwefelsäure pro<br />
Jahr. Für 2012 war <strong>der</strong> Anlauf <strong>der</strong><br />
För<strong>der</strong>anlagen und für 2014 die<br />
vollständige Produktion vorgesehen.<br />
Danach steht die Errichtung<br />
<strong>der</strong> Kupferschmelze an. Es wird<br />
erwartet, dass die Mine nach Inbetriebnahme<br />
ein Steuervolumen von<br />
jährlich 400 Mio. US$ generiert.<br />
Das Gewinnerkonsortium versprach<br />
Investitionen von 2,9 Mrd. US$,<br />
wovon die afghanische Regierung<br />
bereits gut 800 Mio. US$ für die<br />
För<strong>der</strong>rechte erhielt. Die Chinesen<br />
planen nach Firmenangaben aber<br />
insgesamt über 4 Mrd. US$ auszugeben,<br />
weil <strong>der</strong> Vertrag außer <strong>der</strong><br />
Kupfergewinnung und -verhüttung<br />
auch Infrastrukturmaßnahmen vorsieht.<br />
Geplant sind Straßen sowie<br />
eine neue Eisenbahnstrecke, die von<br />
Hairatan an <strong>der</strong> Grenze Usbekistans<br />
über Kabul bis nach Torkham an <strong>der</strong><br />
pakistanischen Grenze bei Peshawar<br />
führt. Strom soll ein neues<br />
400-MW-Kohlekraftwerk in <strong>der</strong><br />
Provinz Bamian über eine ebenfalls<br />
zu bauende Hochspannungsleitung<br />
liefern. Die Hälfte <strong>der</strong> Erzeugerkapazität<br />
ist dabei für den Verbrauch<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung vorgesehen. Während<br />
<strong>der</strong> ersten Betriebsjahre bezieht<br />
die Mine ihre Energie laut Plan<br />
aus Dieselgeneratoren. Wohnungen,<br />
Schulen und Kliniken haben die<br />
Investoren ebenfalls versprochen.<br />
Das chinesische Angebot beim<br />
Kupferprojekt Aynak war für die<br />
afghanische Regierung konkurrenzlos<br />
gut, auch wenn sich westliche<br />
Firmen bei <strong>der</strong> Vergabe über eine<br />
angebliche Bevorzugung <strong>der</strong> chinesischen<br />
Konkurrenz beschwerten.<br />
24 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Für die Erstellung <strong>der</strong> zum Abbau<br />
notwendigen Infrastruktur werden<br />
mindestens fünf Jahre veranschlagt.<br />
Gegenwärtig laufen laut MCC Annual<br />
Report 2010 die Vorarbeiten zum<br />
Aufbau des Bergwerks. Die Umweltverträglichkeitsstudie<br />
ist demnach<br />
bei den Behörden eingereicht, aber<br />
noch nicht genehmigt worden.<br />
Eisenerz<br />
Das Eisenerzvorkommen Hajigak<br />
liegt in <strong>der</strong> gebirgigen Provinz<br />
Bamian, etwa 130 km westlich<br />
von Kabul und auf großer Meereshöhe<br />
in schwer zugänglichem<br />
Gebiet. Hajigak gilt als größte<br />
noch nicht entwickelte Lagerstätte<br />
Asiens. Nach Schätzungen aus<br />
<strong>der</strong> Sowjetzeit taxiert <strong>der</strong> USGS<br />
das Vorkommen auf 2,2 Mrd. t mit<br />
einem Eisengehalt von 63 bis 69%.<br />
Mit Nutzung <strong>der</strong> Ressourcen würde<br />
<strong>Afghanistan</strong> zu einem führenden<br />
Eisenerzproduzenten aufsteigen. Allerdings<br />
handelt es sich dabei nicht<br />
um gesicherte Erkenntnisse, da sie<br />
auf Proben aus wenigen Borlöchern<br />
basieren. Sowjetische Studien ergaben,<br />
dass Tagebau möglich ist.<br />
Das Ausschreibungsverfahren läuft.<br />
Einsendeschluss <strong>der</strong> Interessenbekundung<br />
war im Januar 2011, über<br />
die Vorrunde soll Anfang August<br />
2011 entschieden werden. Die<br />
Ausschreibung ist in mindestens<br />
drei Blöcke unterteilt. Teilnehmende<br />
Unternehmen verpflichten sich<br />
zu einer Mindestinvestitionssumme<br />
über zumindest drei Jahre und mit<br />
jährlichen Mindestinvestitionen.<br />
Nach erfolgreicher Exploration vergibt<br />
das Bergbauministerium eine<br />
Abbaulizenz. Die Regierung befürwortet<br />
eine phasenweise, vertikale<br />
Ausweitung <strong>der</strong> Investitionen auf<br />
die Eisen- und Stahlproduktion.<br />
Sie hofft auf Investoren, die finanziell,<br />
technisch und unternehmerisch<br />
den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen<br />
sind. Unternehmen mit technischer<br />
Kompetenz in Exploration und Entwicklung<br />
können bevorzugt werden.<br />
Von den Investoren wird erwartet,<br />
aktiv an Infrastrukturmaßnahmen<br />
teilzunehmen. Diese umfassen den<br />
Ausbau des Schienenverkehrs und<br />
die Elektrizitätserzeugung auf Basis<br />
von Kohle, Gas o<strong>der</strong> Wasserkraft<br />
durch öffentlich-private Kooperation,<br />
bei denen Explorationsunternehmen<br />
als Schlüsselpartner<br />
gesehen werden.<br />
Berichten zufolge haben mindestens<br />
23 Unternehmen Interesse<br />
bekundet, davon 15 aus Indien, mit<br />
teilweise massiver Unterstützung<br />
<strong>der</strong> indischen Regierung.<br />
Chrom<br />
Ein Explorations- und Abbauvertrag<br />
für die Chromminen bei Gadakhil<br />
wurde am 17.3.11 zwischen dem<br />
Bergbauministerium und <strong>der</strong> afghanischen<br />
Firma Hewad Brothers<br />
unterzeichnet. Die Vertragslaufzeit<br />
beträgt 18 Jahre. Hewad Brothers<br />
hat sich verpflichtet, 30 Mio. US$ zu<br />
investieren und 26% des Werts <strong>der</strong><br />
abgebauten Rohstoffe an die afghanische<br />
Regierung abzuführen.<br />
Der Abbau beginnt nach Abschluss<br />
<strong>der</strong> Exploration, spätestens jedoch<br />
innerhalb von drei Jahren. Die Veredelung<br />
des geför<strong>der</strong>ten Materials<br />
wird zu 60% in <strong>Afghanistan</strong> stattfinden,<br />
die Maschinen dafür importiert<br />
Hewad den Plänen zufolge aus <strong>der</strong><br />
Türkei.<br />
Erdöl, Erdgas<br />
Den Gewinner <strong>der</strong> laufenden Ausschreibung<br />
für das Ölfeld Amu Darya<br />
im Nordosten <strong>Afghanistan</strong>s hofft das<br />
Bergbauministerium Ende Juli 2011<br />
bekanntgeben zu können. Für Exploration<br />
und Produktion hatten sich im<br />
April fünf Unternehmen qualifiziert:<br />
Buccaneer (Australien), CNPC (VR<br />
China), Petroleum Exploration (Pakistan),<br />
Schlumberger (Frankreich)<br />
und Tethys (Vereinigtes Königreich).<br />
Das Ölfeld ist in drei Blöcke unterteilt<br />
und hat geschätzte Ressourcen<br />
von 80 Mio. Barrel. Einer <strong>der</strong> drei<br />
Blöcke (Kashkari) beinhaltet das<br />
Feld „Angot“, auf dem <strong>der</strong>zeit schon<br />
produziert wird, sowie zwei weitere<br />
Fel<strong>der</strong>, bei denen die Vorbereitung<br />
zur För<strong>der</strong>ung schon teilweise<br />
stattgefunden hat. In den an<strong>der</strong>en<br />
beiden Blöcken wurde bislang nicht<br />
produziert. Es ist wahrscheinlich,<br />
dass sich in allen drei Blöcken noch<br />
weitere, bislang unbekannte Ölund<br />
Gasvorkommen befinden. Die<br />
afghanische Regierung hofft nach<br />
Amu Darya auf weitere Ausschreibungen<br />
in <strong>der</strong> Branche.<br />
Wie bei den bisherigen Ausschreibungen<br />
werden die Verträge vorsehen,<br />
dass ein bestimmter Anteil<br />
am Rohstoffwert an die afghanische<br />
Regierung abzuführen ist. Für<br />
bekannte und unbekannte Vorkommen<br />
werden dabei unterschiedliche<br />
Prozentsätze angelegt.<br />
Die AISA sieht daneben Investitionsmöglichkeiten<br />
beim „Turkmenistan-<br />
<strong>Afghanistan</strong>-Pakistan (TAP) Natural<br />
Gas Project“, das von <strong>der</strong> Asian<br />
Development Bank unterstützt wird.<br />
Es handelt sich dabei um eine rund<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 25
Bergbau<br />
1.800 km lange Gas-Pipeline, die<br />
jährlich einmal 33 Mrd. cbm Erdgas<br />
vom südöstlichen Teil Turkmenistans<br />
an die Verbraucher in <strong>Afghanistan</strong><br />
und Pakistan bis hin an die<br />
indische Grenze liefern soll. Nach<br />
<strong>der</strong>zeitigen Planungen würde die<br />
Pipeline 7,6 Mrd. US$ kosten.<br />
<strong>Afghanistan</strong> hat laut DERA nur<br />
geringe Reserven an Erdöl in <strong>der</strong><br />
Größenordnung von 10 Mio. t in<br />
den weitgehend ausgeför<strong>der</strong>ten<br />
Fel<strong>der</strong>n im Norden. Die För<strong>der</strong>ung<br />
ist demnach unbedeutend, sie soll<br />
2008 laut USGS rund 20.000 Barrel<br />
betragen haben. Die Erdgasressourcen<br />
schätzt die DERA auf 500 Mrd.<br />
cbm, die Reserven auf 85 Mrd. cbm,<br />
was halb so viel wie die Deutschlands<br />
sei. Erdöl und -gas werden<br />
hauptsächlich in Nordafghanistan<br />
vermutet.<br />
Gold<br />
Ende 2010 billigte die afghanische<br />
Regierung nach Pressemeldungen<br />
ein millionenschweres Abkommen<br />
zur Ausbeutung von Goldminen im<br />
Norden des Landes. Das Projekt<br />
sei das erste in <strong>Afghanistan</strong>, hinter<br />
dem private westliche Investoren<br />
stünden, die meisten aus den USA<br />
und dem Vereinigten Königreich. Die<br />
etwa zehn Firmen investieren nach<br />
Angaben des Bergbauministeriums<br />
in Kabul schätzungsweise 50 Mio.<br />
US$ in das Projekt, das im Bezirk<br />
Dushi in <strong>der</strong> Provinz Baghlan etwa<br />
130 km nördlich von Kabul liegt.<br />
In <strong>der</strong> benachbarten Provinz Thakar<br />
plant nach Informationen <strong>der</strong> DERA<br />
ein afghanisches Bergbauunternehmen<br />
eine Investition von 40 Mio. US$,<br />
um Seifengold zu gewinnen. Dies ist<br />
laut Presseinformationen <strong>Afghanistan</strong>s<br />
einzige an<strong>der</strong>e Goldmine.<br />
Steffen Arnold, Liane Hryca und Birgit<br />
Seibel (Deutsche Gesellschaft für<br />
Internationale Zusammenarbeit), mit<br />
Zusatz-Informationen <strong>der</strong> Deutschen<br />
Rohstoffagentur<br />
Kontaktadressen<br />
<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />
Agency<br />
Internet: www.aisa.org.af<br />
Ministry of Mines, The Islamic<br />
Republic of <strong>Afghanistan</strong><br />
Veröffentlichung von aktuellen<br />
Ausschreibungen<br />
Internet: www.mom.gov.<br />
af/?page=ten<strong>der</strong>s&lang=en.<br />
Investment Promotion Department<br />
(IPD) of the Afghan Ministry<br />
of Mines (Unterstützung <strong>der</strong><br />
Investoren)<br />
Informationsquellen<br />
<strong>Afghanistan</strong> Economic Update,<br />
The World Bank, Dec. 2010<br />
<strong>Afghanistan</strong> Geological Survey<br />
Internet: www.bgs.ac.<br />
uk/afghanminerals/<br />
Übersicht über die Vorkommen:<br />
Internet: http://minerals.usgs.<br />
gov/minerals/pubs/country/2006/<br />
myb3-2006-af.pdf<br />
Main Investment Opportunities in<br />
<strong>Afghanistan</strong><br />
<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />
Agency<br />
Internet: www.aisa.org.af<br />
Ministry of Mines, The Islamic<br />
Republic of <strong>Afghanistan</strong><br />
Business Plan 2010 - 2015, Synopsis<br />
Bundesanstalt für Geowissenschaften<br />
und Rohstoffe<br />
Deutsche Rohstoffagentur<br />
Internet: www.bgr.bund.de, www.<br />
deutsche-rohstoffagentur.de<br />
26 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Infrastruktur<br />
Infrastruktur<br />
Die Entwicklung <strong>der</strong> Infrastruktur<br />
ist eines <strong>der</strong> wichtigsten Ziele in <strong>der</strong><br />
nationalen Entwicklungsstrategie<br />
<strong>Afghanistan</strong>s. Darunter fallen unter<br />
an<strong>der</strong>em die Kategorien Transport<br />
und Logistik, Energie, Wasser, Bau<br />
sowie Informations- und Kommunikationswesen.<br />
Den Infrastrukturbedarf<br />
des Landes schätzt die Asiatische<br />
Entwicklungsbank (ADB) für<br />
2010 bis 2013 auf etwa 4 Mrd. US$.<br />
Weil <strong>Afghanistan</strong> zum großen Teil<br />
aus Gebirge o<strong>der</strong> Wüste besteht,<br />
stellte unzureichende Infrastruktur<br />
lange Zeit eines <strong>der</strong> größten<br />
Hin<strong>der</strong>nisse für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung insbeson<strong>der</strong>e des Hinterlands<br />
dar. Nach dem 2. Weltkrieg<br />
und bis in die 1970er-Jahre wurde<br />
Flugverkehr<br />
Im Land sind 34 Flughäfen in Betrieb,<br />
von denen 19 über asphaltierte<br />
Start- und Landebahnen<br />
verfügen. Internationale Flughäfen<br />
befinden sich in Kabul, Kandahar,<br />
Herat, Mazar-e Sharif und Jalalabad.<br />
Der größte afghanische Flughafen<br />
in Kabul wurde 2008 mit japamit<br />
sowjetischer und US-amerikanischer<br />
Unterstützung ein Straßennetz<br />
aufgebaut, das die wesentlichen<br />
Handels- und Produktionsstätten<br />
des Landes verband und den Zugang<br />
zu den Nachbarlän<strong>der</strong>n sicherstellte.<br />
Während des Bürgerkriegs sind viele<br />
dieser Straßen durch Zerstörung<br />
o<strong>der</strong> Vernachlässigung unbefahrbar<br />
geworden. Seit Beginn des Wie<strong>der</strong>aufbaus<br />
2001 wird landesweit mit<br />
internationaler Hilfe daran gearbeitet,<br />
wesentliche Straßen und weitere<br />
Infrastruktur wie<strong>der</strong>herzustellen und<br />
zum Teil neu zu errichten.<br />
Transport / Logistik<br />
Straßen<br />
<strong>Afghanistan</strong> verfügte 2006 nach CIA-<br />
Angaben über ein Straßennetz von<br />
insgesamt 42.150 km, wovon etwa<br />
12.350 km asphaltiert waren. Das<br />
Fernstraßennetz wird <strong>der</strong>zeit rundum<br />
erneuert, um weite Teile des<br />
Landes wie<strong>der</strong> zugänglich zu machen<br />
und für den Handel zu öffnen.<br />
Das letzte Teilstück einer insgesamt<br />
2.700 km langen Ringstraße, die<br />
die großen Städte Kabul, Kandahar,<br />
Herat und Mazar-e-Sharif verbindet,<br />
wird aktuell im Nordwesten des<br />
Landes fertiggestellt.<br />
Foto: © ACCI<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 27
Infrastruktur<br />
Über die aktuell installierten Kapazitäten<br />
gibt es unterschiedliche Angaben.<br />
Sie sind von rund 430 MW (2001)<br />
auf 1.028 MW (September 2009)<br />
gewachsen, so <strong>der</strong> Fortschrittsnischer<br />
Unterstützung mo<strong>der</strong>nisiert<br />
und erweitert. Gemeinsam mit den<br />
Vereinigten Arabischen Emiraten<br />
und Australien trägt das deutsche<br />
Auswärtige Amt (AA) zum Ausbau<br />
des zweitgrößten zivilen Flughafens<br />
<strong>Afghanistan</strong>s in Mazar-e Sharif bei,<br />
was 49 Mio. Euro kostet. Zudem<br />
entsteht dort das landesweit erste<br />
Cargoterminal an einem Flughafen.<br />
Die staatliche Fluggesellschaft ist<br />
Afghan Ariana Airlines. Darüber hinaus<br />
operieren verschiedene private<br />
Fluggesellschaften, darunter KAM<br />
Air, Pamir Airways und Safi Airways.<br />
Die Europäische Union verhängte<br />
aufgrund von Sicherheitsbedenken<br />
im November 2010 ein Landeverbot<br />
für alle afghanischen Fluglinien.<br />
Schienenverkehr<br />
Von <strong>der</strong> Errichtung eines Schienennetzes<br />
wurde in <strong>Afghanistan</strong> aus<br />
Angst vor Missbrauch und Übernahme<br />
durch feindliche Mächte lange<br />
Zeit abgesehen. Bis vor kurzem gab<br />
es nur eine kurze Breitspurstrecke<br />
vom usbekischen Termez über den<br />
Grenzfluss Amu Darya bis in das auf<br />
afghanischem Territorium liegende,<br />
zwölf Kilometer entfernte Hairatan.<br />
Im Sommer 2010 kündigte die afghanische<br />
Regierung Pläne an, mit<br />
einem Budget von über 6 Mrd. US$<br />
ein Schienennetz von insgesamt<br />
2.000 km aufzubauen. Ein erstes<br />
Teilstück zwischen Hairatan und<br />
Mazar-e Sharif ging Anfang 2010 für<br />
den Güterverkehr zunächst testweise<br />
in Betrieb. Der Bau wurde maßgeblich<br />
von <strong>der</strong> ADB finanziert und<br />
von <strong>der</strong> usbekischen Eisenbahngesellschaft<br />
durchgeführt. Geplant<br />
ist eine Verlängerung zum Bin-<br />
nenhafen Shir Khan Bandar sowie<br />
eine Verbindung zwischen Mazar-e<br />
Sharif und Kabul. Von Kabul aus soll<br />
die Schienenstrecke weiter nach<br />
Herat im Westen führen, wo gerade<br />
eine Verbindung ins Nachbarland<br />
Iran fertiggestellt wird.<br />
Flussschifffahrt<br />
<strong>Afghanistan</strong> hat keine Küste, und<br />
die einzigen Binnenhäfen des Landes<br />
liegen entlang des Amu Darya<br />
im Norden. Der Fluss stellt die<br />
natürliche Grenze zu Turkmenistan,<br />
Usbekistan und Tadschikistan dar.<br />
Die zwei wesentlichen Binnenhäfen<br />
befinden sich in Hairatan an<br />
<strong>der</strong> Grenze zu Usbekistan und in<br />
Shir Khan Bandar an <strong>der</strong> Grenze zu<br />
Tadschikistan.<br />
Elektrizität<br />
Die Energieversorgung wurde durch<br />
den Krieg stark beeinträchtigt. Das<br />
Land muss 61% seines aktuellen<br />
Strombedarfs importieren, etwa<br />
35% werden durch Wasserkraft<br />
gewonnen und etwa 4% durch<br />
Heizkraftwerke. So erhält Kabul seit<br />
Januar 2009 Strom aus Usbekistan,<br />
und im Februar 2010 wurde mit dem<br />
Bau einer 220-kV-Übertragungsleitung<br />
aus Tadschikistan begonnen.<br />
Das Potenzial für Energiegewinnung<br />
aus Wasserkraft, <strong>der</strong> größten<br />
Energieressource des Landes, wird<br />
langfristig auf 25.000 MW geschätzt,<br />
kurzfristig auf 800 MW.<br />
bericht <strong>der</strong> Bundesregierung, <strong>der</strong><br />
den US-Son<strong>der</strong>inspekteur für den<br />
Wie<strong>der</strong>aufbau in <strong>Afghanistan</strong> als<br />
Quelle nennt. Zugang zum öffentlichen<br />
Stromnetz hätten 2007/08<br />
knapp 78% <strong>der</strong> Stadtbewohner, aber<br />
nur 5,8% <strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung<br />
gehabt. Der nationale Durchschnitt<br />
hätte damit bei 19% gelegen, wobei<br />
Branchenvertreter noch niedrigere<br />
Zahlen nennen. Zugang zur<br />
Stromversorgung überhaupt hatten<br />
laut Fortschrittsbericht 42% <strong>der</strong><br />
Bevölkerung, nachdem es 2005 erst<br />
23% gewesen waren. Über 70%<br />
<strong>der</strong> gesamten Elektrizität ist für<br />
die urbanen Zentren bestimmt. Die<br />
Städte Kabul, Mazar-e Sharif, Herat<br />
und Kandahar haben durch gezielten<br />
Wie<strong>der</strong>aufbau seit 2001 mittlerweile<br />
eine relativ stabile Stromversorgung.<br />
Das deutsche Unternehmen Voith<br />
Hydro erhielt Ende 2003 den 13 Mio.<br />
Euro teuren Rehabilitierungsauftrag<br />
für zwei Wasserkraftwerke, die es<br />
in den 1950er- und 1960er-Jahren<br />
aufgebaut hatte.<br />
Die afghanische Regierung verfolgt<br />
das Ziel, die Strom- und Wasserversorgung<br />
auf Basis von kommerziellen<br />
Prinzipien lokal zu regeln.<br />
Der Wasserpreis beträgt 5 bis 7 Af<br />
(Afghani; etwa 0,10 Euro; 1 Euro<br />
= 66 Af; Stand Ende Mai 2011) pro<br />
Kubikmeter für diejenigen, die an<br />
die städtische Wasserversorgung<br />
angeschlossen sind, und pauschal<br />
100 Af (1,50 Euro) pro Monat für<br />
Nutzer privater Wasserquellen.<br />
Wasser<br />
Auch die Trinkwasserversorgung<br />
wurde bis 2001 stark vernachlässigt<br />
28 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
und in großen Teilen zerstört. Die<br />
Bundesregierung hält die gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen in ihrem<br />
Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong> für<br />
nicht ausreichend. Auf lokaler, regionaler<br />
und nationaler Ebene gibt es<br />
kaum Betreiberstrukturen und qualifiziertes<br />
Personal mit ausreichen<strong>der</strong><br />
Erfahrung, um die Infrastruktur<br />
instand zu erhalten. Die Bevölkerung<br />
bezieht ihr Trinkwasser deshalb vielfach<br />
über traditionelle Vorrichtungen.<br />
Wasser ist knapp und vielerorts<br />
verschmutzt und übernutzt.<br />
Laut National Risk and Vulnerability<br />
Assessment hatten 2007/08 nur 19%<br />
<strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung sowie<br />
58% <strong>der</strong> Städter Zugang zu sauberem<br />
Trinkwasser (nationaler Durchschnitt:<br />
27%). Aus Deutschland<br />
helfen AA und Bundesministerium<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
(BMZ) beim Aufbau <strong>der</strong> Trinkwasserversorgung<br />
in einigen ländlichen<br />
Distrikten sowie in Badakhshan, Herat,<br />
Kabul und Kundus. Die Arbeiten<br />
in Herat und Kundus sind weitgehend<br />
abgeschlossen. Mittlerweile<br />
wurde das Programm auf weitere<br />
Städte im Norden (Faisabad, Imam<br />
Sahib sowie Balkh) ausgeweitet.<br />
Das BMZ för<strong>der</strong>t auch die Stärkung<br />
von Management- und Planungskapazitäten<br />
bei den Betreibern.<br />
Sehr viel problematischer als beim<br />
Trinkwasser ist laut Fortschrittsbericht<br />
die Lage im Bereich <strong>der</strong> Sanitärversorgung:<br />
Nur rund ein Fünftel<br />
<strong>der</strong> städtischen Bevölkerung könne<br />
auf hygienische sanitäre Anlagen<br />
zurückgreifen, während <strong>der</strong> Anteil<br />
in <strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung nur<br />
bei knapp über 1% liege (nationaler<br />
Durchschnitt: 5%).<br />
Informations- und<br />
Kommunikationstechnologie<br />
(IKT)<br />
Seit 2002 ist <strong>der</strong> Kommunikationssektor<br />
in <strong>Afghanistan</strong> rasant<br />
gewachsen, insbeson<strong>der</strong>e im Mobilfunkbereich.<br />
Das Land verfügte<br />
2009 laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical<br />
Yearbook nur über rund 140.000<br />
Festnetzanschlüsse, die Zahl <strong>der</strong><br />
Mobilfunkanschlüsse schätzte<br />
Nokia Siemens Networks (NSN) im<br />
November 2010 aber auf 17 Mio.<br />
Dies kommt einer Durchdringung<br />
von 57% gleich. Zudem wird mit<br />
etwa 1 Mio. aktiven Internetnutzern<br />
gerechnet, wobei diese Zahl<br />
aufgrund <strong>der</strong> immer weiteren<br />
Verbreitung von Internetcafés stetig<br />
ansteigt.<br />
Der größte Telekommunikationsanbieter<br />
im Land ist die Firma Roshan<br />
mit 3,8 Mio. aktiven Abonnenten<br />
(Mai 2010). Das private Unternehmen<br />
hat von 2004 bis 2010 mit internationaler<br />
Unterstützung über 445<br />
Mio. US$ in <strong>Afghanistan</strong> investiert<br />
und ist <strong>der</strong> größte Steuerzahler des<br />
Landes. Nach eigenem Bekunden<br />
sollen die nächsten Jahre jeweils<br />
30 Mio. bis 80 Mio. US$ investiert<br />
werden. Als Anbieter mit Schwerpunkt<br />
im ländlichen Bereich wolle<br />
man 20 bis 80 zusätzliche Dörfer<br />
und kleinere Städte versorgen.<br />
Ausrüster NSN unterstützt Roshan<br />
durch Beratung sowie Bereitstellung<br />
von Netzwerkausrüstung und<br />
Wartungsleistungen. Die beiden<br />
Haupteigner von Roshan sind die<br />
Aga Khan Foundation (51%) und<br />
Monaco Telecom (36,75%).<br />
Ein weiterer Mobilfunkanbieter ist<br />
die Afghan Wireless Communications<br />
Company (AWCC). Die Firma<br />
sendet nach Angaben von NSN in<br />
allen Provinzen des Landes und ist<br />
größter privater Investor <strong>Afghanistan</strong>s.<br />
Im November 2010 gab<br />
NSN bekannt, für AWCC dessen<br />
2,5G-Netzwerk auszubauen und zu<br />
mo<strong>der</strong>nisieren sowie Technik zur<br />
Kunden- und Abrechnungsverwaltung<br />
zu liefern. Die Installation <strong>der</strong><br />
Technik in den vielfach ländlichen<br />
Regionen übernimmt <strong>der</strong> Kunde den<br />
Angaben zufolge weitgehend selbst.<br />
Im Jahr 2006 hatte die afghanische<br />
Regierung mit dem chinesischen<br />
Anbieter ZTE ein Abkommen über<br />
64,5 Mio. US$ zur Errichtung eines<br />
landesweiten Glasfasernetzes<br />
unterschrieben. Das Netz soll den<br />
Empfang von Radio und Fernsehen<br />
sowie den Zugang zu Telefonnetz<br />
und Internet erheblich verbessern.<br />
Bauwirtschaft<br />
Die Baubranche stellt einen <strong>der</strong><br />
wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des<br />
Landes dar, zumal <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufbau<br />
für viele Aufträge sorgt.<br />
Die Branche wuchs in jüngster<br />
Vergangenheit jedes Jahr um ein<br />
Zehntel und trug 2008 gut 9% zur<br />
Wirtschaftsleistung bei.<br />
Bauprojekte entstehen vor allem<br />
durch den Aufbau <strong>der</strong> massiven<br />
Militärpräsenz im Land sowie die<br />
großflächigen Wie<strong>der</strong>aufbauprojekte<br />
<strong>der</strong> afghanischen Regierung.<br />
Darüber hinaus gibt es auch private<br />
Investitionen in größere und kleinere<br />
kommerziell orientierte Projekte,<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 29
Infrastruktur<br />
zum Beispiel Einkaufszentren und<br />
Wohnanlagen. Wegen <strong>der</strong> vielfältigen<br />
Bautätigkeit besteht auch eine anhaltend<br />
hohe Nachfrage nach Baumaterialien<br />
aller Art und Maschinen.<br />
So produzierte das Land 2009 nach<br />
Angaben des U.S. Geological Survey<br />
nur 50.000 t Zement, bei einem Bedarf<br />
von geschätzt 2,5 Mio. t pro Jahr.<br />
Chancen für deutsche<br />
Unternehmen<br />
Grundsätzlich birgt <strong>Afghanistan</strong> ein<br />
hohes Potenzial und geostrategische<br />
Vorteile für Investitionen in<br />
die Infrastruktur. Der Wie<strong>der</strong>aufbau<br />
schafft hohen Bedarf und för<strong>der</strong>t<br />
zugleich die Stabilität im Land. Dies<br />
wie<strong>der</strong>um wird die Nachfrage nach<br />
Handels- und Industriegütern im<br />
Land steigern. Durch verbesserte<br />
Infrastruktur und Sicherheit im<br />
Land wird erwartet, dass <strong>Afghanistan</strong><br />
auch wie<strong>der</strong> vermehrt als<br />
Umschlagplatz für den Handel mit<br />
Gütern aus dem gesamten zentralasiatischen<br />
Raum genutzt wird.<br />
Bei Transport und Logistik erwarten<br />
Beobachter, dass die Nachfrage<br />
nach kommerziellem Personenund<br />
Güterverkehrs weiter ansteigt.<br />
Ein beson<strong>der</strong>er Bedarf im Logistiksektor<br />
besteht in <strong>der</strong> Bereitstellung<br />
von Kühltransporten und Aufbewahrungsanlagen<br />
wie Kühlräumen<br />
und Containern. Etwa 20 bis 40%<br />
<strong>der</strong> geernteten landwirtschaftlichen<br />
Produkte im Land ver<strong>der</strong>ben<br />
aufgrund mangeln<strong>der</strong> Aufbewahrung.<br />
Laut <strong>Afghanistan</strong> Investment<br />
Support Agency (AISA) befinden sich<br />
<strong>der</strong>zeit nur weniger als 50 Kühllaster<br />
im Land. Im Bereich Kühlgeräte<br />
engagiert sich vor Ort die deutsche<br />
Firma Viessmann.<br />
Investitionsmöglichkeiten im Energiesektor<br />
bestehen in <strong>der</strong> Gewinnung<br />
und Verteilung von Elektrizität auf<br />
Basis verschiedener Energieträger,<br />
darunter Wasserkraft, Gas, Kohle,<br />
Solar- und Windenergie, Erdwärme<br />
und Bio-Ethanol. Die Regierung<br />
sucht unter an<strong>der</strong>em private Investoren<br />
für die Rehabilitierung und den<br />
Ausbau verschiedener existieren<strong>der</strong><br />
Wasserkraftwerke und Dämme,<br />
für die zum Teil schon ausführliche<br />
Machbarkeitsstudien durchgeführt<br />
wurden. So soll zum Beispiel das<br />
„Shahtoot Storage Dam“-Projekt für<br />
die Provinz Kabul Wasser für Haushalte<br />
und Landwirtschaft bereitstellen.<br />
Die Kosten für das Vorhaben<br />
schätzt die AISA auf 120 Mio. US$ bei<br />
einem erwarteten Umsatz von etwa 2<br />
Mio. US$ pro Jahr.<br />
Auch für Anlagen <strong>der</strong> Solar- und<br />
Windenergie zeichnet sich eine<br />
stabile Nachfrage ab. So finanzieren<br />
unter an<strong>der</strong>em die Weltbank und die<br />
Asian Development Bank langjährige<br />
Programme, um alternative<br />
Energien zu för<strong>der</strong>n. In dieser Branche<br />
ist das deutsche Unternehmen<br />
ETC Power tätig.<br />
Die Bauwirtschaft profitiert davon,<br />
dass <strong>Afghanistan</strong>s Bevölkerung<br />
schnell wächst, beson<strong>der</strong>s in den<br />
Städten. Damit nimmt <strong>der</strong> Bedarf<br />
an Wohnraum stetig zu. Landesweit<br />
wird die Nachfrage nach zusätzlichem<br />
Wohnraum auf etwa 1,25 Mio.<br />
Wohneinheiten (2010) beziehungsweise<br />
1,5 Mio. (2014) geschätzt.<br />
Ausgewählte Projekte<br />
Projekt Zeitraum Investitionsvolumen Stand<br />
Ring Road - Bau einer Ringstraße<br />
von etwa 2.700 km Länge, die<br />
große Städte verbindet<br />
Eisenbahnstrecke von Hairatan<br />
(Grenze Usbekistan) nach Mazare<br />
Sharif<br />
Kabul New City - Entwicklung<br />
eines neuen Stadtgebiets im<br />
Nordosten Kabuls auf 500 qkm<br />
seit 2002 über 790 Mio. US$ im Bau; Finanzierung für das<br />
letzte Teilstück (340 Mio. US$)<br />
durch ADB zugesagt<br />
2010 bis 2011 170 Mio. US$ Teilstück fertig gestellt; Erweiterungen<br />
geplant (Ausbau<br />
nach Kabul/Herat)<br />
2009 bis 2040 über 6 Mrd. US$ (Gesamtvolumen)<br />
Ausschreibungen für die erste<br />
Phase angelaufen<br />
30 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Hervorzuheben ist das Projekt<br />
Kabul New City (Dehsabz). Die<br />
Regierung verfolgt dabei einen<br />
Privatsektor-Ansatz, um ein neues<br />
Stadtgebiet nordöstlich <strong>der</strong> bestehenden<br />
Stadt Kabul zu entwickeln,<br />
etwa 20 km entfernt vom aktuellen<br />
Zentrum. Die Pläne beziehen sich<br />
auf eine Fläche von gigantisch<br />
anmutenden 500 qkm, die, auf<br />
20.000 Parzellen aufgeteilt, über<br />
einen Zeitraum von zehn Jahren<br />
durch private Investoren entwickelt<br />
werden soll. Pro Baufläche ist ein<br />
Preis von durchschnittlich 30.000<br />
US$ angesetzt.<br />
In <strong>der</strong> IKT-Branche soll die staatliche<br />
Afghan Telecom Corporation,<br />
die das Telefonfestnetz des Landes<br />
zur Verfügung stellt, bald privatisiert<br />
werden. Der Wert des Unternehmens<br />
wird auf etwa 200 Mio.<br />
US$ geschätzt, worunter auch das<br />
geplante Glasfasernetz im Wert von<br />
65 Mio. US$ fällt.<br />
Branchenstruktur und<br />
Geschäftspraxis<br />
Bei <strong>der</strong> Erstellung von Infrastruktur<br />
und für die Bauwirtschaft generell<br />
stellen Projekte im Rahmen <strong>der</strong><br />
internationalen (Militär-) Präsenz<br />
sowie die großen Bauprojekte <strong>der</strong><br />
afghanischen Regierung mit Abstand<br />
die höchsten Investitionen dar. Es<br />
existieren keine öffentlichen Zahlen<br />
über das Gesamtvolumen <strong>der</strong> in diesem<br />
Zusammenhang geschlossenen<br />
Verträge. Aufträge durch das Militär<br />
und die internationale Gebergemeinschaft<br />
wirken sich in beson<strong>der</strong>em<br />
Maße auf Markt und Konkurrenz aus.<br />
Insgesamt hat diese beson<strong>der</strong>e<br />
Auftragslage zu einer Minimierung<br />
<strong>der</strong> Akteure im Bausektor geführt.<br />
Zurückzuführen ist dies beson<strong>der</strong>s<br />
auf Sicherheitsbedenken. Internationale<br />
Auftragsnehmer vergeben<br />
Verträge an eine immer geringere<br />
Zahl von Subunternehmern zu<br />
immer höheren Auftragswerten.<br />
Die Unternehmer, die von diesem<br />
System profitieren, sind entwe<strong>der</strong><br />
afghanische Firmen mit guten Verbindungen<br />
zur Regierung o<strong>der</strong> aber<br />
große internationale Baufirmen<br />
überwiegend aus <strong>der</strong> Türkei, Iran,<br />
Pakistan und <strong>der</strong> VR China.<br />
Dies führt dazu, dass einige wenige<br />
Firmen sich immer besser an die<br />
Situation im Land anpassen und<br />
daher in <strong>der</strong> Lage sind, immer mehr<br />
exklusive Aufträge zu akquirieren.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Konzentration auf nur<br />
wenige Anbieter und <strong>der</strong> hohen Auftragsvolumina<br />
kommt es auch oft zu<br />
undurchsichtigen Vergabeverfahren<br />
im Bausektor.<br />
Darüber hinaus ist zu beobachten,<br />
dass sich die Baubranche zunehmend<br />
„militarisiert“. Vor dem<br />
Hintergrund anhalten<strong>der</strong> Unruhen<br />
in vielen Teilen des Landes lassen<br />
sich viele Aufträge nur unter Einsatz<br />
bewaffneter Sicherheitskräfte<br />
durchführen. Zudem führt <strong>der</strong> Einsatz<br />
von Subunternehmern zum Teil<br />
dazu, dass Baufortschritte nur noch<br />
schwer nachzuverfolgen sind. Dies<br />
wird noch verstärkt durch die unwegsame<br />
Geographie des Landes.<br />
Auch um diesen Schwierigkeiten<br />
in <strong>der</strong> Bauwirtschaft und bei den<br />
Investitionen in die Infrastruktur zu<br />
begegnen, hat die ADB Ende 2010<br />
den <strong>Afghanistan</strong> Infrastructure<br />
Trust Fund aufgelegt. Der Fonds soll<br />
Finanzierungen für Infrastruktur in<br />
<strong>Afghanistan</strong> bereitstellen und Ko-<br />
Finanzierungen durch den Privatsektor<br />
vermitteln, insbeson<strong>der</strong>e in den<br />
Bereichen Straßenbau, Schienennetz,<br />
Flughäfen, Energie und Wasser.<br />
Kontaktadressen<br />
Asian Development Bank<br />
ADB Afghan Infrastructure Trust<br />
Fund<br />
Internet: www.adb.org/<strong>Afghanistan</strong>/projects.asp?<br />
Ansprechpartner:<br />
ADB: Philip Wood; E-Mail:<br />
pwood@adb.org<br />
<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance:<br />
Nasim Ihsan; E-Mail: nasim.<br />
ihsan@asi.org.af<br />
Internet: www.mof.gov.af<br />
Dehsabz City Development Authority<br />
E-Mail: info@dcda.gov.af; Internet:<br />
www.dcda.gov.af<br />
Ministry of Energy and Water<br />
Internet: mew.gov.af<br />
Ministry of Public Works<br />
Internet: www.mopws.gov.af<br />
Öffentliche Ausschreibungen im<br />
Bausektor<br />
Internet: www.cwcten<strong>der</strong>s.com/<br />
construction_ten<strong>der</strong>s_<br />
afghanistan.htm<br />
http://ausschreibungen.dgmarket.<br />
com<br />
Anna Janus (Deutsche Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit)<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 31
Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Einleitung und<br />
Hintergrund<br />
Wer sich als ausländischer Investor<br />
in <strong>Afghanistan</strong> nie<strong>der</strong>lassen will,<br />
sollte sich vom Rechtssystem nicht<br />
zu viel versprechen. Er muss sich<br />
innerlich von dem verabschieden,<br />
was er aus Deutschland kennt und<br />
womöglich auch in <strong>Afghanistan</strong><br />
erwartet. Allerdings ist dies nicht<br />
notwendigerweise ein Grund, dem<br />
Land gleich den Rücken zu kehren.<br />
Wie in an<strong>der</strong>en ärmeren Län<strong>der</strong>n<br />
funktioniert hier <strong>der</strong> Verkehr auch<br />
ohne Ampeln - wer Geschäfte<br />
betreibt, muss sich eben an das<br />
Rechtssystem gewöhnen.<br />
Rechtssystem und Gerichtswesen<br />
in <strong>Afghanistan</strong> stecken noch in<br />
den Kin<strong>der</strong>schuhen. Ihr Zustand<br />
ist selbst im Vergleich mit ähnlich<br />
entwickelten Län<strong>der</strong>n sehr schlecht.<br />
Dies folgert eine Studie <strong>der</strong> Millennium<br />
Challenge Corporation (MCC),<br />
einem vom US-amerikanischen<br />
Kongress gegründeten Think Tank,<br />
<strong>der</strong> sich mit Fragen <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
befasst. Die<br />
Einschätzung <strong>der</strong> MCC dürfte auf<br />
verschiedenen Faktoren beruhen:<br />
Verschiedene Rechtssysteme überlappen<br />
sich, nämlich die islamische<br />
Scharia, das auf Traditionen und<br />
Bräuchen beruhende Stammesrecht<br />
sowie das noch neue und lückenhafte,<br />
auf <strong>der</strong> Verfassung von 2004<br />
beruhende kodifizierte Recht.<br />
Wesentliche Gesetze für wirtschaftliche<br />
Aktivitäten fehlen, vor allem<br />
ein Vertragsrecht und ein Handelsgesetzbuch<br />
(Entwürfe hierzu<br />
existieren bereits).<br />
Es mangelt an juristisch geschulten<br />
Personen, sowohl für Richter- als<br />
auch Anwaltschaft. Es gibt erhebliche<br />
Probleme mit Korruption in<br />
Verwaltung und Gerichtswesen.<br />
Für ausländische Investoren spielt<br />
das afghanische Gerichtswesen daher<br />
eine eher untergeordnete Rolle.<br />
Streitfälle werden in <strong>der</strong> Regel<br />
durch Schieds- o<strong>der</strong> Mediationsverfahren<br />
beigelegt. Diese Formen <strong>der</strong><br />
Streitbeilegung sind im Investitionsgesetz<br />
in Art. 30 ausdrücklich<br />
zugelassen. Dies betrifft sowohl den<br />
Ort <strong>der</strong> Streitbeilegung als auch das<br />
anwendbare Recht.<br />
Erfahrungswerten zufolge lassen<br />
sich afghanische Unternehmen<br />
durchaus auf solche vertragliche<br />
Vereinbarungen ein. Zwar lässt sich<br />
auf diese Weise die Korruption im<br />
Gerichtswesen zumindest teilweise<br />
umgehen, gleichwohl ist mit einem<br />
gewonnenen Schiedsverfahren<br />
<strong>der</strong> Anspruch längst noch nicht<br />
durchgesetzt. Außerdem riskiert<br />
<strong>der</strong> afghanische Geschäftspartner<br />
wohl eher wenig, wenn er sich auf<br />
solch ein Verfahren einlässt, sofern<br />
keine Pfändung von Eigentum des<br />
Geschäftspartners außerhalb von<br />
<strong>Afghanistan</strong> in Betracht kommt. Der<br />
Schwerpunkt muss insoweit ganz<br />
klar in <strong>der</strong> gütlichen Streitbeilegung<br />
gesucht werden.<br />
Im Umgang mit <strong>der</strong> Verwaltung<br />
lässt sich die Korruption wesentlich<br />
schwieriger umgehen. Sie reicht<br />
von <strong>der</strong> direkten Auffor<strong>der</strong>ung zur<br />
Bestechung bis hin zur aktiven<br />
Behin<strong>der</strong>ung von Geschäften, vor<br />
allem dann, wenn die Interessen<br />
lokaler Wirtschaftsbosse betroffen<br />
sind. Im Corruption Perception<br />
Index 2010 von Transparency International<br />
steht <strong>Afghanistan</strong> auf Rang<br />
176 von 178 Län<strong>der</strong>n. Zwar stehen<br />
gemäß den Artikeln 260 bis 267 des<br />
Strafgesetzbuches hohe Strafen auf<br />
Bestechung und Bestechlichkeit,<br />
die Durchsetzung dieser Strafnormen<br />
ist bislang aber vollkommen<br />
ungenügend. Zudem kann sich ein<br />
strafrechtliches Problem auch in<br />
Deutschland ergeben, wie etwa <strong>der</strong><br />
Blick auf das Gesetz zur Bekämpfung<br />
internationaler Bestechung<br />
zeigt. Wer in <strong>Afghanistan</strong> tätig werden<br />
will, braucht daher vor allem<br />
Durchhaltevermögen, Kontakte und<br />
Einfallsreichtum.<br />
Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
Hintergrund<br />
Ursprünglich waren die gesellschaftsrechtlichen<br />
Bestimmungen<br />
im afghanischen Handelsgesetzbuch<br />
von 1955 geregelt. Dieses<br />
Gesetz war aufgrund <strong>der</strong> Verfassung<br />
aus dem Jahr 2004 weiterhin anwendbar,<br />
bedurfte aber insbeson<strong>der</strong>e<br />
im gesellschaftsrechtlichen Bereich<br />
dringend <strong>der</strong> Überarbeitung.<br />
Eine solche Überarbeitung erfolgte<br />
durch US-amerikanische Juristen<br />
nach US-Vorbild und ist seit 2007<br />
aufgrund präsidialen Erlasses auch<br />
anwendbar. Die so entstandenen<br />
neuen Personengesellschafts- und<br />
Kapitalgesellschaftsgesetze dürften<br />
das Handelsgesetzbuch von 1955<br />
in den entsprechenden Bereichen<br />
ersetzt haben, wobei dies aber nicht<br />
ganz klar ist.<br />
Die vorgesehenen Personengesellschaften<br />
sind die Sherkat-Tazamoni,<br />
vergleichbar mit <strong>der</strong> deutschen<br />
GbR, und die Sherkat-Tazamoni-<br />
Mokhtalat, die mit <strong>der</strong> deutschen<br />
Kommanditgesellschaft vergleichbar<br />
ist. Allerdings spielen diese<br />
32 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Gesellschaftsformen für Investoren<br />
kaum eine Rolle.<br />
Wesentlich größere Bedeutung<br />
kommt den Kapitalgesellschaften<br />
und dabei vor allem <strong>der</strong> Sherkate-Mahdud-ul-Massoliat<br />
zu. Dies ist<br />
eine Gesellschaft, in <strong>der</strong> die Haftung<br />
<strong>der</strong> Gesellschafter auf ihre Einlage<br />
beschränkt ist. Sie heißt im Folgenden<br />
„Limited Liability Company“<br />
(LLC) und ist mit <strong>der</strong> deutschen<br />
GmbH vergleichbar. Die meisten<br />
Investoren in <strong>Afghanistan</strong> wählen<br />
diese Gesellschaftsform, die wegen<br />
ihrer herausgehobenen Bedeutung<br />
im Folgenden näher erläutert<br />
wird. Die an<strong>der</strong>e mögliche Kapitalgesellschaft,<br />
im Folgenden als<br />
Corporation bezeichnet, entspricht<br />
im Wesentlichen <strong>der</strong> deutschen<br />
Aktiengesellschaft und wird hier nur<br />
am Rande erwähnt.<br />
Darstellung <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Regelung<br />
Eine LLC muss mindestens zwei<br />
und kann maximal 50 Gesellschafter<br />
haben (Art. 3 des Kapitalgesellschaftsgesetzes).<br />
Diese haften nur<br />
mit ihrer Einlage. Grundlage <strong>der</strong><br />
LLC ist <strong>der</strong> von den Gesellschaftern<br />
unterschriebene und im afghanischen<br />
Handelsregister registrierte<br />
Gesellschaftsvertrag. Nennen muss<br />
dieser Gesellschaftsvertrag insbeson<strong>der</strong>e<br />
den Namen <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />
den Namen und die Anschrift<br />
<strong>der</strong> Gesellschafter, die Anschrift<br />
des Sitzes <strong>der</strong> Gesellschaft, die<br />
Verteilung <strong>der</strong> Gesellschaftsanteile<br />
und - sofern vorhanden - die<br />
angestrebte Dauer <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
(Art. 21). Der Name einer LLC muss<br />
den Zusatz „limited“ o<strong>der</strong> „ltd.“<br />
enthalten (Art. 26). Ein Mindestkapital<br />
ist nicht erfor<strong>der</strong>lich. Rechtlich<br />
existiert die Gesellschaft, sobald<br />
<strong>der</strong> Gesellschaftsvertrag unter-<br />
schrieben und im Handelsregister<br />
eingetragen ist (Art. 22). Werden vor<br />
diesem Zeitpunkt bereits Geschäftstätigkeiten<br />
vorgenommen, so haften<br />
die Gesellschafter dafür grundsätzlich<br />
persönlich. Eine Ausnahme von<br />
diesem Grundsatz besteht nur dann,<br />
wenn dem Geschäftspartner bekannt<br />
war, dass die LLC noch nicht<br />
bestand (Art. 23).<br />
In Bezug auf die Organe einer Kapitalgesellschaft<br />
macht das Gesetz<br />
keinen Unterschied zwischen LLC<br />
und Corporation. Bei beiden Kapitalgesellschaftsformen<br />
ist neben<br />
einem Board of Directors (BoD) und<br />
<strong>der</strong> Gesellschafterversammlung<br />
auch ein Board of Supervisors (BoS)<br />
vorgesehen.<br />
Das BoD entspricht im Wesentlichen<br />
dem Vorstand einer deutschen<br />
Aktiengesellschaft o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Geschäftsführung einer deutschen<br />
GmbH. Es führt die Geschäfte <strong>der</strong><br />
Gesellschaft und kann sie rechtlich<br />
verpflichten. Die gesetzlichen<br />
Bestimmungen bieten insofern mit<br />
Blick auf die deutschen Regelungen<br />
wenig Ungewöhnliches. Die Mitglie<strong>der</strong><br />
müssen mindestens 18 Jahre alt<br />
sein und dürfen nicht ihrer zivilen<br />
Rechte durch ein Gericht enthoben<br />
worden sein. Die Mitglie<strong>der</strong> des BoD<br />
(directors) werden durch die Gesellschafterversammlung<br />
für eine<br />
maximale Amtszeit von drei Jahren<br />
bestimmt. Eine Abberufung ist<br />
ebenfalls durch die Gesellschafterversammlung<br />
möglich. Die directors<br />
haben im Interesse des Unternehmens<br />
und <strong>der</strong> Gesellschafter zu<br />
handeln. Dabei können sie bei <strong>der</strong><br />
Entscheidungsfindung auf Experten<br />
zurückgreifen, sind aber bei <strong>der</strong><br />
Auswahl dieser Experten zu einer<br />
beson<strong>der</strong>en Sorgfalt verpflichtet.<br />
Verletzt ein director seine Pflichten<br />
o<strong>der</strong> schadet er <strong>der</strong> Gesellschaft in<br />
sonstiger Weise vorsätzlich, haftet<br />
er gegenüber <strong>der</strong> Gesellschaft und<br />
den Gesellschaftern persönlich.<br />
Daneben enthält das Gesetz auch<br />
einige Vorschriften zum Thema<br />
Corporate Governance.<br />
Das BoS entspricht in seinen<br />
Funktionen dem von deutschen<br />
Aktiengesellschaften und teilweise<br />
auch GmbHs bekannten Aufsichtsrat.<br />
Es besteht aus mindestens zwei<br />
Mitglie<strong>der</strong>n, die von <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung<br />
für maximal<br />
drei Jahre bestimmt werden. Sie<br />
dürfen we<strong>der</strong> Mitglied des BoD noch<br />
sonst in die Führung <strong>der</strong> Geschäfte<br />
involviert sein, etwa als leitende Angestellte.<br />
Außerdem dürfen sie nicht<br />
mit Mitglie<strong>der</strong>n des BoD verwandt<br />
sein. Die wichtigsten Pflichten<br />
des BoS sind die Überprüfung des<br />
Jahresabschlusses, die Überprüfung<br />
<strong>der</strong> Bücher <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
zumindest alle sechs Monate, die<br />
unangekündigte Kontrolle des Kassenbestands<br />
zumindest einmal im<br />
Quartal und generell die Überwachung<br />
<strong>der</strong> Tätigkeiten des BoD.<br />
Die Gesellschafter können im Rahmen<br />
einer ordentlichen o<strong>der</strong> einer<br />
außerordentlichen Gesellschafterversammlung<br />
zusammentreten.<br />
Die ordentliche Gesellschafterversammlung<br />
soll binnen vier Monaten<br />
nach Ablauf des Veranlagungszeitraums<br />
abgehalten werden. Den<br />
genauen Ort und Zeitpunkt <strong>der</strong><br />
Versammlung bestimmt das BoD.<br />
Notfalls kann sie auch über Fernkommunikationsmittel<br />
abgehalten<br />
werden. Eine außerordentliche<br />
Gesellschafterversammlung ist<br />
dann abzuhalten, wenn eine zur<br />
Einberufung aufgrund des Gesellschaftsvertrags<br />
befugte Person<br />
dies beantragt o<strong>der</strong> wenn eine<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 33
Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Min<strong>der</strong>heit, die zumindest 10% <strong>der</strong><br />
Stimmrechte verkörpert, einen<br />
schriftlichen Antrag darauf stellt.<br />
Wertung<br />
Die Reihe „Doing business in …“ <strong>der</strong><br />
Weltbank listet <strong>Afghanistan</strong> in Bezug<br />
auf die Gesellschaftsgründung<br />
für das Jahr 2011auf einem guten<br />
25. Rang (von 183). Demzufolge<br />
kann eine Gesellschaftsgründung<br />
binnen sieben Tagen abgeschlossen<br />
werden. Hilfe bietet dabei vor<br />
allem die <strong>Afghanistan</strong> Investment<br />
Support Agencyv (AISA). Gleichzeitig<br />
allerdings belegt <strong>Afghanistan</strong> nur<br />
Rang 167 in <strong>der</strong> Kategorie „ease<br />
of doing business“. Jedoch sollte<br />
man sich von diesem Wert nicht<br />
übermäßig negativ beeinflussen<br />
lassen. Das Maß an Korruption und<br />
bürokratischen Hin<strong>der</strong>nissen ist<br />
zwar erheblich, aber darauf beruht<br />
die schlechte Platzierung allenfalls<br />
indirekt. Viel wichtiger ist, dass<br />
einige Beurteilungskriterien von<br />
„Doing business in...“ <strong>Afghanistan</strong><br />
deutlich nach unten ziehen, weil Gesetze<br />
fehlen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Transport von<br />
Waren aufgrund <strong>der</strong> Sicherheitslage<br />
sehr teuer ist. Dieser Risiken wird<br />
sich indes je<strong>der</strong> bewusst sein, <strong>der</strong><br />
in <strong>Afghanistan</strong> tätig werden will. So<br />
gibt es in <strong>Afghanistan</strong> kein Insolvenzrecht.<br />
Das monetäre Risiko daraus<br />
mag angesichts hoher Gewinnmargen<br />
als kalkulierbar erscheinen; als<br />
entscheidend gelten die Auswahl<br />
<strong>der</strong> Geschäftspartner und das Vertrauen<br />
in sie.<br />
Investitionsrecht<br />
Darstellung des Gesetzes<br />
Für politische Grundsatzentscheidungen<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>ung<br />
ist die High Commission<br />
on Investment zuständig. Mit <strong>der</strong><br />
praktischen Ausführung <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>ung<br />
ist die afghanische<br />
Investitionsför<strong>der</strong>gesellschaft AISA<br />
betraut.<br />
Investitionen in den folgenden<br />
Bereichen sind gemäß Art. 5 (a)<br />
Investitionsgesetz nicht möglich:<br />
n Nukleartechnologie<br />
n Betrieb von Wettspielen (Kasinos<br />
und Wettbüros)<br />
n Produktion von Betäubungsmitteln<br />
(Drogen und Alkohol).<br />
Investitionen in einigen ausgewählten<br />
Bereichen erfor<strong>der</strong>n zudem gemäß<br />
Art. 5 (c) und (d) Investitionsgesetz<br />
eine Son<strong>der</strong>genehmigung. Dies<br />
kann zusätzliche Zeit und Kosten<br />
benötigen. Betroffen sind:<br />
n Produktion und Verkauf von<br />
Waffen und Sprengstoffen<br />
n Finanzgeschäfte ohne Bankbeteiligungen<br />
n Versicherungen<br />
n Rohstoffe (beson<strong>der</strong>s Bergbau<br />
und Forstwirtschaft)<br />
n Infrastrukturprojekte (beson<strong>der</strong>s<br />
Telekommunikation, Strom- und<br />
Wasserversorgung, Abfallbeseitigung,<br />
Gesundheits- und<br />
Ausbildungseinrichtungen).<br />
Bei Investitionen in den Rohstoffbereich<br />
und Infrastrukturprojekte sind<br />
Son<strong>der</strong>genehmigungen allerdings<br />
nur dann erfor<strong>der</strong>lich, wenn kein<br />
Branchengesetz erlassen wurde.<br />
Bislang existieren ein Telekommunikationsgesetz<br />
(Telecommunication<br />
Law), ein Versicherungsgesetz<br />
(Insurance Law), ein Bergbaugesetz<br />
(Minerals Law) und ein Öl- und Gasgesetz<br />
(Hydrocarbons Law).<br />
Nicht jedes in <strong>Afghanistan</strong> operierende<br />
Unternehmen ist als solches<br />
auch offiziell registriert. Von Ge-<br />
schäftsabschlüssen mit nichtregistrierten<br />
Unternehmen ist generell<br />
eher abzuraten. Registrierungsfähig<br />
ist jedes Unternehmen, das nach<br />
afghanischem Recht o<strong>der</strong> den<br />
Vorschriften eines an<strong>der</strong>en Staates<br />
gegründet wurde und mittels einer<br />
Zweigstelle in <strong>Afghanistan</strong> Geschäfte<br />
durchführen will. Der Registrierungsprozess<br />
sieht in <strong>der</strong> Regel wie<br />
folgt aus:<br />
n Antragstellung bei <strong>der</strong> AISA und<br />
Beantragung einer Steueridentifikationsnummer<br />
n Aufnahme <strong>der</strong> Investition in die<br />
Datenbank <strong>der</strong> AISA<br />
n Überprüfung <strong>der</strong> Vereinbarkeit<br />
des Vorhabens mit afghanischen<br />
Gesetzen<br />
n Eintragung im Handelsregister<br />
(geführt von den Handelsgerichten)<br />
und Veröffentlichung<br />
<strong>der</strong> Geschäftsaufnahme in einer<br />
afghanischen Zeitung.<br />
Die Registrierungslizenz (certificate<br />
of existence) wird sodann nach Zahlung<br />
<strong>der</strong> Gebühr (je nach Größe <strong>der</strong><br />
Investition zwischen 100 und 1.000<br />
US$) ausgestellt.<br />
An registrierten Unternehmen kann<br />
<strong>der</strong> Investor bis zu 100% <strong>der</strong> Gesellschaftsanteile<br />
halten (vgl. Artikel<br />
10 Investitionsgesetz), es gibt also<br />
keine Beschränkung des Kapitalanteils.<br />
Registrierte Unternehmen<br />
müssen die AISA informieren, wenn<br />
sich die Gesellschafterzusammensetzung<br />
o<strong>der</strong> Kapitalstruktur<br />
än<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> eine Kapitalerhöhung<br />
stattfindet.<br />
Das Investitionsgesetz sieht für<br />
registrierte Unternehmen einen<br />
Diskriminierungsschutz vor staatlichem<br />
Handeln und den Zugang<br />
zu afghanischen Banken vor und<br />
34 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
ermöglicht damit das Führen von<br />
Konten. Zudem sichert das Investitionsgesetz<br />
registrierten ausländischen<br />
Unternehmen die Möglichkeit<br />
zu, Grundstücke für einen Zeitraum<br />
von bis zu 50 Jahren zu pachten.<br />
Für die Repatriierung von Gewinnen<br />
gibt es laut Gesetz keine Beschränkungen,<br />
vorausgesetzt, dies kollidiert<br />
nicht mit den Maßnahmen zur<br />
Verhin<strong>der</strong>ung von Geldwäsche und<br />
<strong>der</strong> Finanzierung von Terrorismus.<br />
Das Investitionsgesetz sieht in Art.<br />
25 vor, dass <strong>der</strong> aus dem Verkauf<br />
eines Unternehmens resultierende<br />
Gewinn ebenfalls ohne weitergehende<br />
Restriktionen repatriiert<br />
werden kann.<br />
Im Fall eines übergeordneten<br />
öffentlichen Interesses kann gemäß<br />
Art. 27 Investitionsgesetz eine<br />
Enteignung Privater erfolgen. In<br />
diesem Fall sieht Art. 28 eine angemessene<br />
Entschädigung „in Übereinstimmung<br />
mit internationalem<br />
Recht“ vor. Schutz bietet hier auch<br />
das bilaterale Investitionsschutzabkommen<br />
zwischen <strong>Afghanistan</strong><br />
und Deutschland vom 19/20.4.05 (in<br />
Kraft seit dem 12.10.07).<br />
Das Investitionsgesetz sieht in<br />
Art. 30 ausdrücklich Streitbeilegungsmethoden<br />
vor, die außerhalb<br />
<strong>der</strong> ordentlichen afghanischen<br />
Gerichtsbarkeit stattfinden. Sowohl<br />
ausländisches Recht als auch ein<br />
ausländisches Schiedsgericht kann<br />
gewählt werden. Entsprechende<br />
Regelungen finden sich auch im<br />
Schieds- und Mediationsgesetz<br />
von 2007. <strong>Afghanistan</strong> ist dem New<br />
Yorker Übereinkommen über die<br />
Anerkennung und Vollstreckung<br />
ausländischer Schiedssprüche von<br />
1958 beigetreten. Auch bei einer<br />
Streitigkeit zwischen einem Investor<br />
und dem afghanischen Staat ist es<br />
laut Investitionsgesetz möglich,<br />
ein internationales Schiedsgericht<br />
anzurufen. Als Schiedsgericht<br />
vorgesehen ist das Internationale<br />
Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten<br />
in Washington<br />
(International Center for Settlement<br />
of Investment Disputes, ICSID), ohne<br />
dass dafür eine weitere Zustimmung<br />
des afghanischen Staates<br />
erfor<strong>der</strong>lich wäre. Voraussetzung<br />
ist, dass keine an<strong>der</strong>weitigen Vereinbarungen<br />
geschlossen wurden<br />
und <strong>der</strong> ausländische Anteil des Unternehmens<br />
zumindest 25% beträgt.<br />
Absicherung <strong>der</strong> Investition<br />
Insbeson<strong>der</strong>e für kleine und mittelgroße<br />
Unternehmen besteht die<br />
Möglichkeit, die Investition bei <strong>der</strong><br />
<strong>Afghanistan</strong> Investment Guarantee<br />
Facility (AIGF) zu versichern. Die<br />
AIGF ist an die Multilateral Investment<br />
Guarantee Agency (MIGA) - -<br />
ein Mitglied <strong>der</strong> Weltbankgruppe<br />
- angeschlossen. Sie verfügt zur Absicherung<br />
also über Weltbank-Kapital.<br />
Im Wesentlichen bietet die AIGF<br />
die folgenden Versicherungspolicen<br />
an, die einzeln o<strong>der</strong> in Kombination<br />
vereinbart werden können:<br />
Transferrestriktion: Sichert das Unternehmen<br />
gegen Verluste ab, die<br />
daraus entstehen, dass es Kapital<br />
o<strong>der</strong> Gewinne nicht in ausländische<br />
Währung zum Transfer ins Ausland<br />
wechseln kann. Währungspreisschwankungen<br />
werden allerdings<br />
nicht abgedeckt.<br />
Enteignung: Sichert das Unternehmen<br />
gegen Enteignungen o<strong>der</strong> enteignungsgleiche<br />
Maßnahmen von<br />
staatlicher Seite ab, sofern diese<br />
ohne angemessene Entschädigung<br />
und entgegen <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Regelungen erfolgt.<br />
Krieg und zivile Unruhen: Sichert<br />
das Unternehmen gegen Schäden<br />
durch Kriegshandlungen, Sabotage,<br />
Terrorismus und zivile Unruhen ab.<br />
Vertragsbruch: Sichert das Unternehmen<br />
gegen Vertragsbruch durch<br />
den afghanischen Staat ab, sofern<br />
ein Streitbeilegungsverfahren existiert,<br />
dieses genutzt wurde und <strong>der</strong><br />
Staat <strong>der</strong> aus dem Streitbeilegungsverfahren<br />
resultierende Entscheidung<br />
nicht binnen einer gewissen<br />
Frist nachkommt.<br />
Die Absicherung durch die AIGF erfolgt<br />
in <strong>der</strong> Regel für sieben Jahre.<br />
Abgesichert werden das Investitionsvorhaben<br />
bis zu einer Höhe<br />
von 90% <strong>der</strong> Investitionssumme<br />
sowie die mit <strong>der</strong> Investition direkt<br />
zusammenhängenden Gewinne von<br />
bis zu 450% <strong>der</strong> Investitionssumme.<br />
Der Teil <strong>der</strong> Investition, <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />
AIGF nicht versichert wird, muss in<br />
jedem Fall vom Investor getragen<br />
werden, darf also nicht an<strong>der</strong>weitig<br />
versichert werden.<br />
Wertung<br />
Das Investitionsrecht <strong>Afghanistan</strong>s<br />
wird als eines <strong>der</strong> investorenfreundlichsten<br />
des gesamten Nahen und<br />
Mittleren Ostens beschrieben. Im<br />
Unterschied zu vielen an<strong>der</strong>en<br />
Investitionsgesetzen <strong>der</strong> Region<br />
zeichnet es sich insbeson<strong>der</strong>e<br />
dadurch aus, dass ausländische<br />
und inländische Investoren (fast)<br />
die gleichen Rechte haben. Eine<br />
Schlechterstellung ausländischer<br />
Investoren ergibt sich im Grunde<br />
nur daraus, dass diese kein Grundeigentum<br />
in <strong>Afghanistan</strong> erwerben<br />
können, son<strong>der</strong>n auf langjährige<br />
Pachtverträge beschränkt sind.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 35
Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Die afghanische Regierung bemüht<br />
sich sehr um ausländische Investoren.<br />
Um den Sicherheitsbedenken<br />
gerade auch deutscher Investoren<br />
zu begegnen, wurden in <strong>der</strong> Nähe<br />
<strong>der</strong> großen Städte sogenannte<br />
Industriezonen eingerichtet.<br />
Diese bieten neben beson<strong>der</strong>en<br />
Schutzmaßnahmen auch eine gute<br />
Infrastruktur. Zudem bieten sie Sicherheit<br />
in Bezug auf Rechte Dritter<br />
an einem Grundstück. Gelegentlich<br />
streiten sich Investoren mit Dritten,<br />
die Rechte an Grundstücken geltend<br />
machten. Hintergrund ist, dass es<br />
kein einheitliches - dem deutschen<br />
Grundbuch vergleichbares - Register<br />
für Grundstücke und Rechte<br />
an Grundstücken gibt. Außerdem<br />
waren in Kriegswirren Grundstückskonfiszierungen<br />
und die Vernichtung<br />
von Dokumenten üblich.<br />
Gleichwohl müssen sich Investoren<br />
nicht auf diese Industriezonen<br />
beschränken. Viele ausländische<br />
Unternehmen haben ganz normale<br />
Büros in den großen Städten.<br />
Allerdings sollte sich <strong>der</strong> Investor<br />
auf Mietpreise gefasst machen, die<br />
mit denen deutscher Großstädte<br />
vergleichbar sind. In Anbetracht <strong>der</strong><br />
nach wie vor kritischen Sicherheitslage<br />
ist es auch äußerst empfehlenswert,<br />
Sicherheitsvorkehrungen<br />
zu treffen und dafür zusätzliche<br />
Kosten einzuplanen.<br />
Der Zugang zu Krediten ist schwierig.<br />
Dies liegt vor allem daran, dass<br />
Regelungen zum Schutz von Kreditgeber<br />
und Kreditnehmer bisher<br />
allenfalls ansatzweise existieren.<br />
Trotzdem gibt es, gerade in Kabul,<br />
eine Reihe von Banken. Sofern<br />
lediglich Waren nach <strong>Afghanistan</strong><br />
geliefert werden sollen und nicht<br />
beabsichtigt ist, eine dauerhafte<br />
Präsenz vor Ort zu unterhalten, ist,<br />
wie im internationalen Geschäft<br />
Steuerrecht<br />
Zwischen <strong>Afghanistan</strong> und Deutschland<br />
besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen.<br />
Das bedeutet,<br />
dass allenfalls die unilateralen<br />
Maßnahmen zur Vermeidung einer<br />
Doppelbesteuerung anwendbar<br />
sind. In <strong>der</strong> Regel wird in Deutschland<br />
daher auf die in § 34c Abs.1<br />
EStG beschriebene Anrechnungsmethode<br />
zurückzugreifen sein.<br />
Prinzipiell bedeutet dies, dass in Afüblich,<br />
<strong>der</strong> L/C (Letter of Credit;<br />
Akkreditiv) das probate Mittel. Vor<br />
Ort kann sich ein Problem daraus<br />
ergeben, dass <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />
kein Konto bei einer registrierten<br />
Bank unterhält. Nach wie vor gibt es<br />
in <strong>Afghanistan</strong> inoffizielle Finanzierungssysteme<br />
(sog. hawala), von<br />
<strong>der</strong>en Nutzung aber grundsätzlich<br />
abgeraten wird.<br />
Arbeitsrecht / Arbeitnehmerentsendung<br />
Bei einer Arbeitnehmerentsendung<br />
sind vor allem vier Dinge zu berücksichtigen:<br />
n Anpassung des Arbeitsvertrages<br />
n Sozialversicherungsrecht<br />
n Einreisebestimmungen und<br />
Arbeitsvisum<br />
n Steuerrecht.<br />
Üblicherweise wird im Rahmen<br />
einer Entsendung ein sogenannter<br />
Entsendevertrag geschlossen, welcher<br />
individuell und auf den Einzelfall<br />
abgestimmt zu erstellen ist.<br />
Eine Sozialversicherung existiert in<br />
<strong>Afghanistan</strong> <strong>der</strong>zeit nicht. Zu klären<br />
bleibt die Sozialversicherungspflicht<br />
in Deutschland. Ob diese gegeben<br />
ist, hängt ebenfalls vom Einzelfall<br />
ab, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />
Auslandstätigkeit.<br />
In Deutschland sozialversicherungspflichtig<br />
bleiben Arbeitnehmer,<br />
die im Rahmen eines deutschen<br />
Arbeitsvertrags nach <strong>Afghanistan</strong><br />
geschickt werden, wenn die<br />
Entsendung also befristet ist und in<br />
Deutschland eine Weiterbeschäftigung<br />
nach <strong>der</strong> Rückkehr geplant<br />
ist. Beschränkt sich <strong>der</strong> Arbeitsvertrag<br />
hingegen auf die Tätigkeit in<br />
<strong>Afghanistan</strong>, erlischt grundsätzlich<br />
die Versicherungspflicht in Deutschland.<br />
Allerdings hat diese Regel<br />
Ausnahmen. Zudem können sich<br />
Arbeitnehmer, für die in Deutschland<br />
keine Versicherungspflicht gilt,<br />
dort freiwillig versichern.<br />
Die Visumsbeantragung muss vor<br />
<strong>der</strong> Einreise bei <strong>der</strong> afghanischen<br />
Botschaft in Berlin erfolgen, kann<br />
also nicht an <strong>der</strong> Grenze o<strong>der</strong> am<br />
Flughafen vorgenommen werden.<br />
Einzureichen sind neben dem Antrag<br />
zwei Passbil<strong>der</strong>, ein Einzahlungsbeleg<br />
<strong>der</strong> Gebühr (keine Barzahlung<br />
o<strong>der</strong> unerledigte Überweisungsaufträge),<br />
<strong>der</strong> Reisepass samt Kopie<br />
davon, ein Schreiben des Arbeitgebers<br />
und, sofern eine postalische<br />
Zusendung erwünscht ist, ein mit<br />
fünf Euro frankierter Rückumschlag.<br />
Ein Visum kann maximal für drei<br />
Monate erteilt werden. Die Gebühr<br />
beträgt pro Monat 30 Euro. Nur die<br />
einmalige Einreise ist gestattet. Bei<br />
einem längerfristigen Aufenthalt<br />
kann vor Ort in Kabul eine Verlängerung<br />
beantragt werden.<br />
Für Arbeitnehmer interessant ist,<br />
dass <strong>der</strong> Auslandstätigkeitserlass<br />
für sie anwendbar ist. Das bedeutet,<br />
dass sie auf ihr afghanisches Einkommen<br />
nur in <strong>Afghanistan</strong> Steuern<br />
zahlen müssen, selbst wenn sie<br />
ihren Wohnsitz in Deutschland nicht<br />
aufgeben.<br />
36 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
ghanistan gezahlte Steuern bis zur<br />
Höhe des deutschen Steuersatzes<br />
auf die deutsche Steuer angerechnet<br />
werden können, sofern aufgrund<br />
unbeschränkter Steuerpflicht in<br />
Deutschland die jeweiligen Gewinne<br />
auch <strong>der</strong> deutschen Steuerpflicht<br />
unterliegen.<br />
In <strong>Afghanistan</strong> ist 2009 ein neues<br />
Steuergesetz in Kraft getreten und<br />
hat das vorherige von 2005 ersetzt.<br />
Auch wenn in vielen Punkten mit<br />
dem Gesetz von 2005 vergleichbar,<br />
verfügt das neue Gesetz über einige<br />
vorher nicht vorhandene Konzepte.<br />
Es unterscheidet etwa zwischen<br />
Einkommen aus in- und ausländischer<br />
Quelle, zudem än<strong>der</strong>te es die<br />
Steuersätze.<br />
An<strong>der</strong>s als in Deutschland geht <strong>der</strong><br />
Veranlagungszeitraum grundsätzlich<br />
vom 21.3. bis zum 20.3. des<br />
Folgejahres. Wer in <strong>Afghanistan</strong><br />
ansässig ist, unterliegt mit seinem<br />
weltweiten Einkommen <strong>der</strong><br />
afghanischen Steuer (sogenanntes<br />
Welteinkommensprinzip). Ansässig<br />
ist insbeson<strong>der</strong>e, wer seinen<br />
Hauptwohnsitz während des Veranlagungszeitraums<br />
in <strong>Afghanistan</strong><br />
hat o<strong>der</strong> wer sich innerhalb des Veranlagungszeitraums<br />
für mindestens<br />
183 Tage in <strong>Afghanistan</strong> aufhält. Für<br />
Unternehmen sind <strong>der</strong> Zeitpunkt<br />
und Ort <strong>der</strong> Gründung sowie <strong>der</strong> Sitz<br />
<strong>der</strong> Verwaltung maßgeblich.<br />
Der Körperschaftsteuersatz in<br />
<strong>Afghanistan</strong> beträgt 20%. Deutsche<br />
Unternehmen können die von ihren<br />
Zweigstellen in <strong>Afghanistan</strong> bezahlten<br />
Steuern in Deutschland bis zur<br />
Höhe <strong>der</strong> deutschen Körperschaftsteuer<br />
(15%) anrechnen.<br />
Afghanische Kapitalgesellschaften<br />
müssen 20% <strong>der</strong> Zahlungen in Form<br />
von Zinsen, Dividenden, Lizenzgebühren,<br />
Preisen, Lotteriegewinnen,<br />
Bonuszahlungen und Dienstleistungen<br />
einbehalten und innerhalb von<br />
zehn Tagen nach Ablauf des Monats,<br />
in dem <strong>der</strong> Betrag einbehalten<br />
wurde, als Quellensteuer an das<br />
Finanzamt abführen.<br />
Außerdem müssen Unternehmen<br />
o<strong>der</strong> Privatpersonen Quellensteuern<br />
für gewerblich veranlasste Mietzahlungen<br />
einbehalten. Bei einer<br />
Monatsmiete zwischen 10.000 und<br />
100.000 Af (Afghani; etwa 150 bis<br />
1.500 Euro; 1 Euro = 66 Af) sind 10%<br />
zu zahlen, bei über 100.000 Af fallen<br />
15% an.<br />
Wer an staatliche Einrichtungen<br />
liefert o<strong>der</strong> Bauaufträge für sie<br />
ausführt, muss 2% des Werts als<br />
Quellensteuer abführen (bei nicht<br />
registrierten Unternehmen 7%). Die<br />
staatliche Einrichtung behält dann<br />
den anwendbaren Prozentsatz ein.<br />
Die Quellensteuer kann, unabhängig<br />
von <strong>der</strong> Ansässigkeit, nicht auf die<br />
sonstige Steuerlast angerechnet<br />
werden.<br />
Die Lohnsteuer wird wie in Deutschland<br />
vom Arbeitgeber einbehalten.<br />
Sie richtet sich nach <strong>der</strong> Höhe des<br />
jeweils anwendbaren Einkommensteuersatzes,<br />
<strong>der</strong> progressiv<br />
gestaffelt ist.<br />
Einkommensteuer<br />
Einkommen (Af)*) Steuerstz (%)<br />
bis 5.000 0<br />
5.001 - 12.500 2<br />
12.501 - 100.000 10<br />
über 100.000 20<br />
*) w; rund 15 Euro; 1 Euro = 66 Af; Stand Ende<br />
Mai 2011<br />
Für Warenlieferungen und Dienstleistungen<br />
fällt zudem eine Art<br />
Umsatzsteuer an. Diese Business<br />
Receipts Tax beträgt grundsätzlich<br />
2%. Für Hotels und Restaurants<br />
mit einem Quartalseinkommen von<br />
mehr als 750.000 Af, Betreiber von<br />
Veranstaltungshallen und Klubs<br />
beträgt <strong>der</strong> Steuersatz 5%; für<br />
Luxushotels und -restaurants sowie<br />
Telekom- und Luftfahrtdienstleistungen<br />
sind es 10%.<br />
Die Einkünfte von deutschen Arbeitnehmern<br />
in <strong>Afghanistan</strong> können<br />
gemäß dem Auslandstätigkeitserlass<br />
von <strong>der</strong> deutschen Steuer<br />
befreit werden. Die Arbeitnehmer<br />
unterliegen dann nur <strong>der</strong> afghanischen<br />
Steuer.<br />
Voraussetzung für die Anwendbarkeit<br />
des Erlasses ist,<br />
n dass es sich um einen inländischen<br />
(also deutschen)<br />
Arbeitgeber handelt,<br />
n dass kein Doppelbesteuerungsabkommen<br />
besteht,<br />
n dass die Tätigkeit mehr als drei<br />
Monate dauert sowie<br />
n die Art <strong>der</strong> Tätigkeit: Der Arbeitnehmer<br />
muss Wirtschaftsgüter<br />
erstellen o<strong>der</strong> instandsetzen,<br />
Bodenschätze suchen o<strong>der</strong><br />
gewinnen o<strong>der</strong> aber Entwicklungszusammenarbeit<br />
leisten.<br />
Bedeutsam ist dies beson<strong>der</strong>s für die<br />
Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in<br />
Deutschland nicht aufgeben wollen<br />
o<strong>der</strong> können. Der Auslandstätigkeitserlass<br />
gilt für den Arbeitnehmer<br />
auch dann, wenn er für eine<br />
gemeinnützige Organisation handelt,<br />
da nur diese selbst in <strong>der</strong> Regel von<br />
<strong>der</strong> Körperschaftsteuer befreit ist,<br />
nicht aber das Gehalt <strong>der</strong> Angestellten;<br />
Ausnahmen können aufgrund<br />
bilateraler Verträge bestehen.<br />
Niko Sievert (Germany Trade & Invest)<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 37
Zoll und Einfuhrverfahren<br />
Zoll und Einfuhrverfahren<br />
<strong>Afghanistan</strong> ist Mitglied <strong>der</strong> südasiatischen<br />
Gemeinschaft für regionale<br />
Zusammenarbeit (South Asian Association<br />
für Regional Cooperation),<br />
<strong>der</strong> Organisation für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit (Economic<br />
Cooperation Organization) sowie des<br />
zentralasiatischen Verbundes für<br />
regionale Zusammenarbeit (Central<br />
Asian Regional Economic Cooperation).<br />
Darüber hinaus besteht<br />
jeweils bilateral ein Abkommen<br />
über Handel und wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit mit Russland und<br />
<strong>der</strong> Türkei sowie ein Abkommen<br />
über den präferenziellen Marktzugang<br />
für bestimmte Waren mit<br />
Indien. Innerhalb <strong>der</strong> Welthandelsorganisation<br />
(WTO) hält <strong>Afghanistan</strong><br />
einen Beobachterstatus.<br />
Mit Pakistan hat <strong>Afghanistan</strong> im Oktober<br />
2010 ein neues Transitabkommen<br />
(Afghan-Pakistan Transit Trade<br />
Agreement) unterzeichnet. Umgesetzt<br />
werden sollte es nach letzten<br />
Informationen und Verschiebungen<br />
ab Mitte Juni 2011. Das Abkommen<br />
vereinfacht den Transit von Gütern<br />
aus und nach <strong>Afghanistan</strong> über<br />
Pakistan und dessen Hafen Karachi<br />
und lässt mehr Grenzübergänge zu.<br />
Erlaubt ist dann die Nutzung von<br />
zusätzlichen Häfen und Transporteuren,<br />
etwa Betreiber afghanischer<br />
Lkws. Heimische Waren sollen über<br />
Pakistan leichter nach Indien ge-<br />
langen, während <strong>Afghanistan</strong><br />
selbst zum Durchgangsland für den<br />
Güteraustausch zwischen Pakistan<br />
und den zentralasiatischen Staaten<br />
werden soll.<br />
Einfuhrabgaben,<br />
Zolltarif<br />
<strong>Afghanistan</strong>s Zölle sind relativ<br />
niedrig. Die Weltbank gab den<br />
Durchschnittstarif 2009 mit 5,6% an,<br />
was deutlich weniger ist als in den<br />
Nachbarstaten o<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>n mit<br />
vergleichbarem Einkommen. Auf<br />
einen Großteil <strong>der</strong> Waren entfallen<br />
Importzölle von 2,5 bis 5%. Die Zölle<br />
für Industrie- und Landwirtschafts-<br />
Zollsätze laut Zolltarif 2008<br />
HS-Kapitel / HS-Codenummer Warenbezeichnung Einfuhrregelzollsatz (%)<br />
28, 29 Chemische Erzeugnisse 1/5<br />
30 Pharmazeutische Erzeugnisse 2,5<br />
31 Düngemittel 2,5<br />
3304, 3307 Kosmetika 16<br />
4011-4013 Reifen und Schläuche aus Kautschuk 2,5<br />
61-63 Bekleidung 10<br />
72,73 Eisen- und Stahlwaren 2,5/5<br />
82 Werkzeuge und Schneidwaren 5/10<br />
84 Maschinen und Apparate 2,5/5<br />
85 Sonstige elektrotechnische Waren 2,5/5<br />
.8508, 8509 Haushaltsgeräte, Alarmanlagen 5/10<br />
8702, 8704 Busse, Lastkraftwagen 2,5<br />
8703 Personenkraftwagen 16/25<br />
8708 Kraftfahrzeugteile 5<br />
9018-9022 Medizinische Geräte und Instrumente 2,5<br />
Quelle: Customs Tariff, <strong>Afghanistan</strong> Customs Department, www.customs.gov.af<br />
38 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Foto: © Pixel - Fotolia.com<br />
güter sind laut Weltbank weitgehend<br />
identisch, wobei es wichtige<br />
Ausnahmen gibt. Höchsttarif ist 40%<br />
Die Nomenklatur des afghanischen<br />
Einfuhrzolltarifs basiert auf dem<br />
internationalen Harmonisierten<br />
System zur Bezeichnung und Codierung<br />
<strong>der</strong> Waren (HS 2007). Nachfolgend<br />
sind einige Produktbereiche<br />
mit den entsprechenden Zollsätzen<br />
aufgeführt.<br />
Der Einführer in <strong>Afghanistan</strong> muss<br />
eine Geschäftslizenz (Business<br />
Licence) des afghanischen Wirtschaftsministeriums<br />
(Ministry of<br />
Commerce and Industry) besitzen<br />
und bei <strong>der</strong> Handelskammer (<strong>Afghanistan</strong><br />
Chamber of Commerce<br />
and Industry) registriert sein. Bei<br />
<strong>der</strong> Abfertigung von Waren zum<br />
zollrechtlich freien Verkehr („for<br />
free circulation“) entstehen die<br />
Einfuhrabgaben (Zoll und Nebenabgaben)<br />
zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Abgabe<br />
<strong>der</strong> Zollanmeldung.<br />
Bemessungsgrundlage für die<br />
Festsetzung des Zolls ist <strong>der</strong><br />
Zollwert. Das ist grundsätzlich <strong>der</strong><br />
für die Waren gezahlte o<strong>der</strong> zu<br />
zahlende Preis auf <strong>der</strong> Basis CIF <strong>der</strong><br />
internationalen Lieferbedingungen<br />
(Incoterms).<br />
Als Einfuhrnebenabgaben werden<br />
erhoben:<br />
n zusätzliche Einfuhrsteuer (fixed<br />
tax): 2% vom Zollwert zuzüglich<br />
Zollbetrag<br />
n Business Receipt Tax (BRT):<br />
2% vom Zollwert zuzüglich<br />
Zollbetrag<br />
n Abgabe an den Roten Halbmond<br />
(Red Crescent, das „islamische<br />
Rote Kreuz“): 2% vom Zollbetrag.<br />
Exportzölle in Höhe von 2,5% vom<br />
Zollwert werden erhoben für Eisenerze<br />
und ihre Konzentrate einschließlich<br />
Schwefelkiesabbrände<br />
(HS-Codes 2601.11-20).<br />
Warenbegleitpapiere<br />
Für eine ordnungsgemäße Verzollung<br />
in <strong>Afghanistan</strong> sind vom<br />
Exporteur die folgenden Warenbegleitpapiere<br />
zu erstellen:<br />
n Handelsrechnung (Commercial<br />
Invoice): in dreifacher Ausfertigung,<br />
in englischem Wortlaut mit<br />
sämtlichen handelsüblichen Angaben<br />
und Nennung des Ursprungslandes<br />
sowie einer mit<br />
einer Unterschrift versehenen<br />
verbindlichen Erklärung am<br />
Ende <strong>der</strong> Rechnung, dass sämtliche<br />
Angaben korrekt sind. Die<br />
Handelsrechnung ist von <strong>der</strong> zuständigen<br />
Industrie- und Handelskammer<br />
(IHK) zu beglaubigen.<br />
n Ursprungszeugnis (Certificate of<br />
Origin): Das Ursprungszeugnis ist<br />
von <strong>der</strong> IHK zu beglaubigen.<br />
n Frachtpapiere: Konnossement<br />
o<strong>der</strong> Luftfrachtbrief<br />
n Packliste.<br />
Für Lieferungen mit Transport über<br />
Pakistan wird nach Angaben <strong>der</strong> israelischen<br />
Logistik-Firma MultiLog<br />
eine pakistanische Transiterlaubnis<br />
verlangt. Die Anlaufstelle dafür ist<br />
das Central Board of Revenue’s<br />
Customs Division in Islamabad. Auf<br />
dem Konnossement muss demnach<br />
„In Transit to <strong>Afghanistan</strong> via Pakistan“<br />
vermerkt sein.<br />
Außertarifliche<br />
Zollbefreiungen<br />
Das afghanische Zollgesetz sieht<br />
unter an<strong>der</strong>em für folgende Einfuhren<br />
eine Zollbefreiung vor:<br />
n Wareneinfuhren im Rahmen von<br />
mit Krediten finanzierten Staatsprojekten<br />
o<strong>der</strong> Waren für private<br />
ausländische o<strong>der</strong> internationale<br />
Hilfsorganisationen, die in <strong>Afghanistan</strong><br />
registriert sind. Für die<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> Zollbefreiung<br />
ist eine entsprechende<br />
Bewilligung bei <strong>der</strong> Zollverwaltung<br />
zu beantragen.<br />
n Warenmuster und Werbematerialien<br />
n Substanzen zur Verwendung für<br />
die Qualitätskontrolle von pharmazeutischen<br />
Erzeugnissen<br />
n Sendungen mit einem Wert von<br />
1.000 Af (Afghani; rund 15 Euro;<br />
1 Euro = 66 Af; Stand Ende Mai<br />
2011) o<strong>der</strong> weniger<br />
n Postpakete mit einem Wert von<br />
5.000 Af o<strong>der</strong> weniger.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 39
Zoll und Einfuhrverfahren<br />
Beson<strong>der</strong>e Zollverfahren<br />
Mit Bewilligung <strong>der</strong> Zollverwaltung<br />
können Waren ohne Festsetzung<br />
und Erhebung von Abgaben in private<br />
o<strong>der</strong> öffentliche Zolllager verbracht<br />
werden. Die Höchstlagerfrist<br />
beträgt grundsätzlich zwölf Monate<br />
und kann auf Antrag des Zollanmel<strong>der</strong>s<br />
von <strong>der</strong> Zollverwaltung um<br />
weitere zwölf Monate verlängert<br />
werden. Messewaren und Berufsausrüstungen<br />
können im Verfahren<br />
<strong>der</strong> vorübergehenden Einfuhr unter<br />
Leistung einer Sicherheit abgabenfrei<br />
importiert werden. Die von<br />
<strong>der</strong> Zollverwaltung für diese Waren<br />
festgesetzte Wie<strong>der</strong>ausfuhrfrist ist<br />
einzuhalten.<br />
Für an<strong>der</strong>e Waren <strong>der</strong> vorübergehenden<br />
Einfuhr gilt grundsätzlich<br />
eine teilweise Zollbefreiung. Erhoben<br />
werden dabei pro Monat 3% des<br />
Betrags, <strong>der</strong> bei einer endgültigen<br />
Einfuhr als Zoll anfallen würde. Die<br />
Wie<strong>der</strong>ausfuhrfrist beträgt maximal<br />
zwölf Monate und kann in begründeten<br />
Fällen auf Antrag um weitere<br />
zwölf Monate verlängert werden.<br />
Einfuhrverbote und<br />
-beschränkungen<br />
Ein Einfuhrverbot gilt insbeson<strong>der</strong>e<br />
für Schweinefleisch und Schweinefleischerzeugnisse,<br />
alkoholische<br />
Getränke, Baumwollsamen, Gips,<br />
Salz, Tafelsalz und Ammoniumnitrat.<br />
Für die unten genannten Waren<br />
ist eine Einfuhrgenehmigung <strong>der</strong><br />
zuständigen afghanischen Behörde<br />
erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Bei <strong>der</strong> Einfuhr von Nahrungsmitteln<br />
führen Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums<br />
Qualitätskontrollen<br />
an den Grenzposten durch.<br />
Zwingend erfor<strong>der</strong>lich ist hierfür die<br />
Vorlage eines Gesundheitszeugnisses<br />
(Sanitary Certificate), das von<br />
<strong>der</strong> zuständigen Behörde im Exportland<br />
ausgestellt wurde.<br />
Jürgen Huster (Germany Trade &<br />
Invest)<br />
Waren mit Einfuhrgenehmigung<br />
Warenbezeichnung<br />
Pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische Geräte, Körperpflegemittel<br />
und Kosmetika<br />
Veterinärmedizinische Erzeugnisse und Instrumente<br />
Pestizide und Agrarchemikalien<br />
Samen<br />
Bestimmte Halogen<strong>der</strong>ivate (HS-Codes 2903.41-45)<br />
Druckerzeugnisse und kinematographische Filme<br />
Telekommunikationsausrüstungen<br />
Gepanzerte Fahrzeuge, Waffen, Munition, militärische Ausrüstungen<br />
Betäubungsmittel<br />
Zuständige Genehmigungsbehörde<br />
Ministry of Public Health<br />
Ministry of Agriculture, Irrigation and Livestock<br />
(MAIL), General Directorate of Animal Health<br />
MAIL, Directorate for Plant Quarantine<br />
MAIL, Seeds Agency<br />
National Environmental Protection Agency<br />
Ministry of Information and Culture<br />
Ministry of Communications and Information Technology<br />
Ministry of Interior, Ministry of Defence<br />
Ministry of Counter-Narcotics<br />
Quelle: WTO<br />
40 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Kultureller Hintergrund<br />
Kultureller<br />
Hintergrund<br />
Im Mittelpunkt <strong>der</strong> afghanischen<br />
Kultur steht die Familie. Ihr ist <strong>der</strong><br />
Einzelne verpflichtet. Danach kommen<br />
Tradition und Religion, und erst<br />
dann spielen staatliche Regeln und<br />
Gesetze eine Rolle im Leben <strong>der</strong><br />
Menschen.<br />
Werte<br />
Familie, Gemeinschaft<br />
Zur Familie zählen im engeren<br />
Sinne die Eltern, die Brü<strong>der</strong> mit<br />
Ehefrauen und Kin<strong>der</strong>n sowie die<br />
eigenen Ehefrauen und Kin<strong>der</strong>. Die<br />
meisten Männer haben nur eine<br />
Ehefrau. Sehr häufig wohnen alle<br />
Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Familie zusammen.<br />
Entscheidungen trifft <strong>der</strong> Vater,<br />
dann <strong>der</strong> jeweils älteste Bru<strong>der</strong>.<br />
Weil <strong>der</strong> Einzelne hinter die<br />
Gemeinschaft zurücktritt, hat in<br />
<strong>Afghanistan</strong> <strong>der</strong> Eigentumsbegriff<br />
eine an<strong>der</strong>e Bedeutung als in<br />
Deutschland. Das Rasierwasser und<br />
das Shampoo dürfen alle im Haus<br />
benutzen. Im Zweifel gehört auch<br />
das Geld auf dem Konto des Unternehmers<br />
allen. Letztendlich wird<br />
erwartet, dass je<strong>der</strong> zur Gemeinschaft<br />
etwas beiträgt und - ohne<br />
aufzurechnen - etwas erhält.<br />
Ehre, Gastfreundschaft<br />
Eine kulturelle Beson<strong>der</strong>heit ist<br />
die Ehre, die in vielen Fällen keine<br />
rationale Entscheidung zulässt.<br />
Eine bewusste o<strong>der</strong> unbewusste<br />
Verletzung <strong>der</strong> Ehre kann den europäischen<br />
Geschäftspartner in ernste<br />
Gefahr bringen.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e in den paschtunischen<br />
Gebieten gebietet es die Tradition,<br />
dass ein Gast gut und reichlich bewirtet<br />
wird und für seine Sicherheit<br />
gesorgt wird. Arme Familien kann<br />
diese Gastfreundschaft in große<br />
Not bringen. Bei reichen Familien<br />
darf <strong>der</strong> deutsche Geschäftspartner<br />
die Gastfreundschaft auch, wenn<br />
er möchte, über Nacht und längere<br />
Zeit genießen. Bei Besuchen <strong>der</strong><br />
afghanischen Geschäftspartner in<br />
Europa werden üppige Einladungen<br />
zum Essen erwartet. Manche<br />
Afghanen essen aber nur Halal,<br />
also Speisen, die nach islamischem<br />
Recht erlaubt o<strong>der</strong> zulässig sind.<br />
Dann sind nur Einladungen in gute<br />
konservative afghanische Restaurants<br />
möglich.<br />
Pünktlichkeit<br />
Von den deutschen Geschäftspartnern<br />
wird Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit<br />
erwartet. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite hat je<strong>der</strong> Verständnis dafür,<br />
Foto: © <strong>GIZ</strong><br />
Die Familie im weiteren Sinne<br />
besteht aus mehreren Tausend<br />
mehrfach verwandtschaftlich verbundenen<br />
Personen. Im Normalfall<br />
wird nur innerhalb dieser Großfamilie<br />
geheiratet. Dieser Familie steht<br />
ein Familienoberhaupt vor, das in<br />
einer offiziellen Zeremonie dazu<br />
nach traditionellen Regeln ernannt<br />
wurde. Entscheidungen werden in<br />
letzter Instanz durch diese Person<br />
getroffen - weltweit. Dies kann<br />
dazu führen, dass von deutschen<br />
o<strong>der</strong> afghanischen Gerichten<br />
getroffene Entscheidungen nicht<br />
umgesetzt werden. Regelmäßig<br />
sitzen Unschuldige in Deutschland,<br />
<strong>Afghanistan</strong> und an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />
klaglos Strafen ab, für Straftaten,<br />
die an<strong>der</strong>e begannen haben, weil<br />
das Familienoberhaupt - nach<br />
Diskussion in <strong>der</strong> Familie - dies so<br />
bestimmt hat.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 41
Kultureller Hintergrund<br />
dass die Sicherheitslage o<strong>der</strong> auch<br />
persönliche Umstände zu einer<br />
Verspätung nicht nur von Stunden,<br />
son<strong>der</strong>n sogar von Tagen o<strong>der</strong> Wochen<br />
führen können. Eine Erklärung<br />
o<strong>der</strong> gar eine Entschuldigung wie in<br />
Deutschland ist gänzlich unüblich<br />
und wirkt lächerlich.<br />
Verhaltensweisen<br />
Entscheidungen<br />
Entscheidungen werden niemals<br />
erläutert. Eine verbindliche Entscheidung<br />
kann auch durch einen<br />
min<strong>der</strong>jährigen Sohn <strong>der</strong> Familie<br />
o<strong>der</strong> einen Angestellten getroffen<br />
werden, wenn das Familienoberhaupt<br />
ihn für fähig hält. Die Frage<br />
nach dem „Warum“ ist in <strong>Afghanistan</strong><br />
unüblich. Der Europäer, <strong>der</strong> eine<br />
Begründung für eine Entscheidung<br />
erwartet, stößt auf Unverständnis.<br />
Die wahren Beweggründe werden<br />
ihm nicht mitgeteilt werden.<br />
Umgang mit Verträgen<br />
Schriftliche Verträge sind auch bei<br />
großen Geschäften nicht üblich.<br />
Wichtig ist, dass für beide Seiten<br />
das Geschäft gut ist. Entscheidend<br />
ist das gesprochen Wort und nicht<br />
<strong>der</strong> unterschriebene Text. Dabei ist<br />
entscheidend, was <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />
verstanden hat. Um seinen<br />
Gegenüber nicht zu verletzen, wird<br />
<strong>der</strong> Partner es vermeiden, „Nein“ zu<br />
sagen. Alles außer einem ausdrücklichen<br />
„Ja“ bedeutet eine Ablehnung.<br />
Auch ein mit irrationalen<br />
For<strong>der</strong>ungen verknüpftes „Ja“ ist<br />
ein verklausuliertes „Nein“.<br />
Korrektes Sitzen<br />
Die wohlhabenden Unternehmerfamilien<br />
haben ein separates Haus<br />
o<strong>der</strong> zumindest ein separates<br />
Zimmer, in dem Gäste empfangen<br />
werden. Üblicherweise sitzen die<br />
Gäste und <strong>der</strong> Gastgeber auf Kissen<br />
an einer Wand. Eventuell hat <strong>der</strong><br />
Gastgeber für seine europäischen<br />
Gäste Tische und Stühle besorgt.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e konservative Gastgeber<br />
freuen sich über europäische<br />
Gäste, die korrekt auf den Kissen<br />
am Boden sitzen können. Dass die<br />
Räume nicht mit Schuhen betreten<br />
werden dürfen, ist selbstverständlich,<br />
gilt aber nicht unbedingt für<br />
Büros.<br />
Niemals - auch nach vielen Stunden<br />
nicht - dürfen die Fußsohlen in<br />
Richtung einer an<strong>der</strong>en Person<br />
gestreckt werden. Europäer dürfen<br />
aber um eine Decke bitten, mit <strong>der</strong><br />
sie ihre Beine und Füße bedecken<br />
können. Seriös ist, die Füße im<br />
Schnei<strong>der</strong>sitz unter dem eigenen<br />
Körper zu verstecken. Erlaubt ist<br />
aber auch, sich eines <strong>der</strong> Rückenkissen<br />
zu nehmen, um sich darauf<br />
seitlich halb liegend abzustützen.<br />
Körperliches Berühren<br />
Männer können sich gegenseitig<br />
auch in <strong>der</strong> Öffentlichkeit anfassen.<br />
Hand in Hand durch die Stadt zu<br />
gehen ist nicht peinlich. Männer<br />
fassen sich gegenseitig auch an<br />
die Schultern, ja selbst an die<br />
Oberschenkel, ohne dass dies als<br />
Annäherungsversuch interpretiert<br />
wird. Dabei bleiben die Männer aber<br />
bei einem höflichen und förmlichen<br />
„Sie“.<br />
Frauen dürfen durch Männer<br />
niemals berührt o<strong>der</strong> angesprochen<br />
werden. Schon das Anschauen<br />
kann gegen die guten Sitten<br />
verstoßen. Nur wenn eine Frau von<br />
sich aus die Hand entgegenstreckt,<br />
darf diese geschüttelt werden.<br />
Auch dann ist es besser, die Frau<br />
nicht anzuschauen und schon gar<br />
nicht anzusprechen. Es gibt auch<br />
selbstbewusste, gebildete und<br />
durchsetzungsstarke afghanische<br />
Geschäftsfrauen. Für einen europäischen<br />
Geschäftsmann ist es aber<br />
am sichersten, alle afghanischen<br />
Frauen bewusst zu meiden.<br />
Gespräche und Umgang mit Frauen<br />
Auch wenn sich Geschäftspartner<br />
seit vielen Jahren kennen, so<br />
bleiben sie immer förmlich im<br />
Gespräch, um den an<strong>der</strong>en nicht<br />
zu verletzen. Selbst afghanische<br />
Herrenwitze muten Europäern an<br />
wie Kin<strong>der</strong>witze. Afghanen sind<br />
zudem sehr schnell gekränkt. Über<br />
Geschäfte kann erst dann gesprochen<br />
werden, nachdem sich die<br />
Geschäftspartner kennengelernt<br />
haben und sich vertrauen. Umgekehrt<br />
entwickelt sich <strong>der</strong> private<br />
Umgang mit Geschäftspartnern nur<br />
langsam.<br />
Der Gesprächspartner erwartet,<br />
dass sich die Partner zu Beginn<br />
eines Treffens ausgiebig nach dem<br />
Befinden erkundigen. Männer sollten<br />
aber niemals nach dem Befinden <strong>der</strong><br />
Frauen fragen. Grundsätzlich wird<br />
niemals über die Frauen <strong>der</strong> Familien<br />
gesprochen. Sehr selten werden<br />
Frauen vorgestellt. Auch dann darf<br />
<strong>der</strong> Geschäftspartner die Frauen<br />
nicht anschauen. Ein falscher Blick<br />
kann zum Abbruch <strong>der</strong> Geschäftstätigkeiten<br />
führen. Auch nach vielen<br />
Jahren erfolgreicher geschäftlicher<br />
Kontakte dürfen die Geschäftspartner<br />
die Frauen <strong>der</strong> Geschäftsfreunde<br />
nicht kennenlernen. Über die Ehefrauen<br />
und Töchter zu sprechen ist<br />
nicht angebracht.<br />
Bei Einladungen in Privaträume ist<br />
es sicherer, den Gastraum nicht zu<br />
verlassen. Es wäre ein großes Unglück<br />
für die Frauen, aber auch für<br />
42 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
die Geschäfte, wenn <strong>der</strong> männliche<br />
Geschäftspartner eine <strong>der</strong> Frauen<br />
des Hauses zu Gesicht bekäme.<br />
Der europäische Mann lässt sich<br />
zur Toilette begleiten. Dabei darf er<br />
nicht herumschauen. Er kehrt zügig<br />
auf kürzestem Weg in den Gastraum<br />
zurück.<br />
Viele Afghanen sind aber mit<br />
europäischen Sitten mittlerweile<br />
vertraut. Fehler werden zum Teil<br />
hingenommen. Niemals wird <strong>der</strong><br />
Europäer auf Fehler hingewiesen.<br />
Vielmehr ist <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />
plötzlich nicht mehr zu erreichen<br />
und die Ware wird nicht geliefert.<br />
Auch hier wird keine Begründung<br />
gegeben.<br />
Regeln für Frauen<br />
Für europäische Frauen gelten<br />
grundsätzlich an<strong>der</strong>e Regeln. Da<br />
Frauen als nur bedingt geschäftsfähig<br />
gelten, werden ihnen Fehler<br />
im Geschäftsgebaren schneller verziehen.<br />
Selbstverständlich dürfen<br />
Europäerinnen auch bei den Frauen<br />
sitzen. Sie werden von den Frauen<br />
sicherlich während des Gesprächs<br />
auch mal angefasst. Sichere Geschäfte<br />
können Europäerinnen dann<br />
machen, wenn <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />
sie mit zu seinem Vermögen<br />
zählt - wie sein Auto, Haus und<br />
seine Ehefrauen. Im Gegenzug wird<br />
erwartet, dass die Europäerin die<br />
Grundregeln des (afghanischen)<br />
Anstands einhält.<br />
Kopftuch ist nicht Pflicht, aber es<br />
erleichtert die Gespräche sehr. Bei<br />
konservativen Gesprächspartnern<br />
reicht das Kopftuch beziehungsweise<br />
ein zweites Tuch bis über<br />
die Taille. Sonst reicht ein dünnes,<br />
durchscheinendes Tuch, das<br />
aber groß genug ist, um Kopf und<br />
Schulter zu bedecken. Auch müssen<br />
die Arme und Beine bis über die<br />
Knöchel bedeckt sein. Um bei geschäftlichen<br />
Gesprächen respektiert<br />
zu werden, tragen Frauen am<br />
besten einen guten europäischen<br />
Anzug, dessen Jackett den Po<br />
vollständig bedeckt. Die Bluse muss<br />
hoch geschlossen sein. Toleriert<br />
wird etwas freizügigere Kleidung<br />
bei Mitarbeiterinnen von NGOs und<br />
zum Beispiel deutschen staatlichen<br />
Einrichtungen, weil man sich hier<br />
finanzielle Zuwendungen erhofft.<br />
Bei Gesprächen gilt Lachen, selbst<br />
Lächeln, als erotisch. Es verwirrt<br />
den Geschäftspartner. Frauen zeigen<br />
bei ernsten Gesprächen keine<br />
Emotionen. Im Allgemeinen werden<br />
Wünsche, die durch deutsche, aber<br />
auch afghanische Frauen in <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
geäußert werden, durch<br />
die Männer gern erfüllt.<br />
Selbstverständlich wird kein Mann<br />
einer Frau durch Berührung helfen.<br />
Beim Aussteigen aus dem Auto<br />
muss frau alleine zurechtkommen.<br />
Stolpert sie, werden alle Männer zur<br />
Seite springen o<strong>der</strong> sich wegdrehen.<br />
Alkohol darf von Frauen nicht<br />
angerührt werden, das gilt auch<br />
für Bier und Wein. Selbst wenn alle<br />
Männer um sie herum trinken und<br />
ihr Alkohol angeboten wird, wird sie<br />
ihr Gesicht verlieren. Frauen sollten<br />
in <strong>Afghanistan</strong> niemals rauchen.<br />
Geschäftsessen<br />
Eine Einladung zum Essen abzulehnen<br />
ist immer unhöflich. Es wird erwartet,<br />
dass <strong>der</strong> Gast reichlich isst.<br />
Der Gast sollte das Essen mehrfach<br />
dankend ablehnen. Der Gastgeber<br />
wird dies ignorieren und als höfli-<br />
ches Verhalten interpretieren. Er<br />
wird es sich nicht nehmen lassen,<br />
den Teller des Gastes persönlich zu<br />
füllen. Nicht von allem reichlich zu<br />
essen ist unhöflich. Der Teller muss<br />
aber nicht leer gegessen werden.<br />
Wer nichts mehr essen o<strong>der</strong> trinken<br />
möchte, hält die Hände über das<br />
Glas o<strong>der</strong> den Teller und schaut<br />
grimmig. Die Verhaltensweisen<br />
beim Essen sind entscheidend von<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Familie abhängig.<br />
Die Hände werden vor dem Essen<br />
gründlich gewaschen. Eventuell<br />
kommt vor dem Essen einer <strong>der</strong><br />
Jugendlichen des Hauses und<br />
reicht Wasser, Seife und Handtuch.<br />
Üblicherweise wird auf dem<br />
Boden sitzend mit <strong>der</strong> rechten<br />
Hand gegessen. Die linke Hand<br />
wird nur selten wie zum Beispiel<br />
beim Auseinan<strong>der</strong>reißen des Brotes<br />
genutzt. Der Reis wird mit Daumen,<br />
Zeige- und Mittelfinger vom<br />
Rand des Tellers genommen. Der<br />
Daumen schiebt den Reis über die<br />
Finger in den Mund. Gegessen wird<br />
sehr ordentlich und sauber, zumal<br />
manchmal bis zu drei Personen<br />
von einem Teller essen. Je<strong>der</strong> isst<br />
vom Rand zur Mitte hin. Auch <strong>der</strong><br />
Pudding o<strong>der</strong> Milchreis wird so<br />
gegessen. Der Gast darf sich nicht<br />
am Tischdecken o<strong>der</strong> am Abräumen<br />
nach dem Essen beteiligen.<br />
In <strong>Afghanistan</strong> wird viel Alkohol<br />
getrunken, beson<strong>der</strong>s von liberal<br />
eingestellten Personen in leiten<strong>der</strong><br />
Funktion. Alkohol zu trinken ist aber<br />
riskant, weil es viele strikte Gegner<br />
gibt. Im Zweifel kann je<strong>der</strong> Alkohol<br />
ablehnen, sein Ansehen wird damit<br />
steigen. Rauchen - auch Zigaretten -<br />
in Räumen o<strong>der</strong> in Anwesenheit des<br />
Gastgebers ist gesellschaftlich nicht<br />
toleriert. Auch erwachsene Söhne<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 43
Kultureller Hintergrund<br />
Insbeson<strong>der</strong>e außerhalb Kabuls<br />
wird auf Basis <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Tradition entschieden und nicht<br />
nach staatlichen Gesetzen. In ganz<br />
<strong>Afghanistan</strong> aber führen Verhaltensweisen,<br />
die <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
schaden können, zu Gefängnisstrarauchen<br />
nicht vor ihrem Vater. Rauchen<br />
in Anwesenheit von Respektpersonen<br />
ist eine Beleidigung.<br />
In allen großen Städten gibt es<br />
Restaurants, die auch in Hamburg<br />
o<strong>der</strong> München so stehen könnten.<br />
Die Preise sind dort mit denen in<br />
guten Restaurants in Deutschland<br />
vergleichbar. Die Bedienung stammt<br />
oft aus dem Ausland und ist für<br />
afghanische Verhältnisse freizügig<br />
angezogen. An dem einen Nachbartisch<br />
sitzen vielleicht Mitglie<strong>der</strong><br />
des Königshauses, am nächsten<br />
europäisches Sicherheitspersonal<br />
und am dritten Tisch vielleicht Sympathisanten<br />
<strong>der</strong> Taliban. Alkohol<br />
trinken, rauchen, laut sprechen<br />
o<strong>der</strong> lachen ist nicht angebracht.<br />
Auch wenn <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />
protestiert - es wird erwartet, dass<br />
bei längeren Besuchen auch <strong>der</strong><br />
Gast Kosten übernimmt. Nur durch<br />
gute Planung kann <strong>der</strong> Europäer<br />
die Rechnung begleichen. Er darf es<br />
nicht zu einer Diskussion kommen<br />
lassen, son<strong>der</strong>n muss die Rechnung<br />
diskret rechtzeitig verlangen. Die<br />
Rechnung wie in Deutschland zu<br />
teilen ist unter keinen Umständen<br />
möglich.<br />
Original afghanische Restaurants<br />
haben häufig einen Frauenraum,<br />
den Männer nur in Begleitung von<br />
Frauen betreten dürfen. Überwiegend<br />
stehen in den Restaurants in<br />
Kabul Tische und Stühle. Außerhalb<br />
Kabuls haben viele Restaurants<br />
nur „Tische“. Auf diesen Tischen<br />
sitzt man im Schnei<strong>der</strong>sitz mit dem<br />
Rücken zum Gang und isst vom<br />
Plastikläufer in <strong>der</strong> Tischmitte.<br />
Kleidungsregeln<br />
Männer und Frauen tragen zu geschäftlichen<br />
Treffen Anzüge, wie sie<br />
auch in Europa üblich sind. Afghanische<br />
Kleidung wird von Europäern<br />
nur in <strong>der</strong> Freizeit getragen. Männer<br />
können sich einen Vollbart wachsen<br />
lassen. In Privaträumen und manchen<br />
Büros wird auf Socken o<strong>der</strong><br />
barfuß gelaufen.<br />
Umgang mit Technik<br />
Fernseher und Handys sind in<br />
<strong>Afghanistan</strong> sehr weit verbreitet.<br />
Handys werden mit Prepaidkarten<br />
betrieben. Festnetzanschlüsse<br />
sind nicht üblich. In Kabul gibt es<br />
mobiles Internet in guter Qualität.<br />
Überall gibt es Internetcafés, die<br />
einen passablen Zugang samt Skype<br />
bieten.<br />
Risiken im Umgang<br />
mit staatlichen<br />
Einrichtungen<br />
Europäische Geschäftsleute sollten<br />
jegliche illegalen For<strong>der</strong>ungen<br />
ablehnen. Für eine Problemlösung<br />
kann man seinen erfahrenen afghanischen<br />
Geschäftspartner um Hilfe<br />
bitten. In <strong>Afghanistan</strong> gibt es keine<br />
Geheimnisse, da sehr viel geredet<br />
wird. Schnell ist im ganzen Land bekannt,<br />
wer bereit ist, Bestechungsgel<strong>der</strong><br />
zu zahlen.<br />
fen. Beispiel: Mitarbeiter sind auf<br />
ihre Gehälter angewiesen, auch<br />
wenn sie keinen schriftlichen Arbeitsvertrag<br />
haben. Die verspätete<br />
Auszahlung von Gehältern bringt<br />
den für die Gehaltszahlung zuständigen<br />
afghanischen Mitarbeiter<br />
sofort ins Gefängnis.<br />
Besser gefeit gegen den etwaigen<br />
Verstoß gegen Gesetze ist, wer mit<br />
afghanischen Behördenmitarbeitern<br />
o<strong>der</strong> Geschäftspartnern vorsichtig<br />
freundlich und nicht ungeduldig<br />
umgeht. Sie helfen dem Auslän<strong>der</strong><br />
dann gerne, nicht unwissentlich ein<br />
Gesetz zu übertreten.<br />
Gerichtliche Entscheidungen<br />
können häufig nicht durchgesetzt<br />
werden. Der bedrängte unterlegene<br />
Gegner vor Gericht wehrt sich<br />
oft mit Waffengewalt. Afghanische<br />
Geschäftsleute sind häufig mit einer<br />
Pistole unter dem Jackett bewaffnet.<br />
Einflussreiche Personen kommen<br />
selbst nach Kapitalverbrechen<br />
manchmal nach nur wenigen Tagen<br />
aus dem Gefängnis frei.<br />
Nicht immer werden Leistungen<br />
an den afghanischen Staat zügig<br />
bezahlt, Schwierigkeiten sind hier<br />
die Regel. Wer hier ohne seriöse,<br />
kompetente und durchsetzungsstarke<br />
afghanische Partner arbeitet,<br />
erhält sein Geld vielleicht nie.<br />
Cornelia H. Lehmann (advisa Unternehmensberatung)<br />
44 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />
Auslandsfinanzierte<br />
Projekte und<br />
Ausschreibungen<br />
Bedeutung staatlicher<br />
Aufträge<br />
Etliche <strong>der</strong> in <strong>Afghanistan</strong> engagierten<br />
deutschen Unternehmen<br />
arbeiten direkt o<strong>der</strong> indirekt im<br />
Bereich des Wie<strong>der</strong>aufbaus. Er<br />
wird finanziert von ausländischen<br />
Organisationen und, zu einem<br />
kleineren, aber zunehmenden Teil,<br />
von <strong>der</strong> afghanischen Regierung.<br />
Dies spiegelt sich in den Schwerpunktsektoren<br />
<strong>der</strong> Firmen wi<strong>der</strong><br />
(Bauwirtschaft, Beratung, Gesundheitssektor,<br />
Handel). Leistungen<br />
werden sowohl bei Vorhaben <strong>der</strong><br />
Entwicklungszusammenarbeit (EZ)<br />
nachgefragt als auch von internationalen<br />
Streitkräften und für den<br />
Aufbau <strong>der</strong> afghanischen Polizei.<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n bedienen.<br />
Viele <strong>der</strong> in <strong>Afghanistan</strong> ansässigen<br />
Firmen sind klein und werden von<br />
Deutsch-Afghanen betrieben.<br />
Umfang <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
<strong>Afghanistan</strong> war 2009 nach Zahlen<br />
<strong>der</strong> OECD weltweit das größte<br />
Empfängerland für offizielle Entwicklungszusammenarbeit<br />
(Official<br />
Development Assistance, ODA). Die<br />
Netto-Zuflüsse stiegen von 0,4 Mrd.<br />
US$ (2001) kontinuierlich auf 6,1<br />
Mrd. US$ (2009). Die Entwicklungszusammenarbeit<br />
erreichte damit<br />
42% <strong>der</strong> gesamten offiziell erfassten<br />
Wirtschaftsleistung <strong>Afghanistan</strong>s.<br />
Von den Entwicklungsausgaben des<br />
Landes finanzierten internationale<br />
Geber im Haushaltsjahr 2009-2010<br />
fast drei Viertel.<br />
Für 2010, die OECD hat für 2011<br />
noch keine Zahlen veröffentlicht,<br />
summiert das britische Department<br />
for International Development die<br />
ODA-Ausgaben <strong>der</strong> wichtigsten<br />
Geber auf 5,1 Mrd. US$. Für die USA<br />
alleine, den mit Abstand größten<br />
Geber, bewilligte <strong>der</strong> US-Kongress<br />
für das Finanzjahr 2010 zivile<br />
<strong>Afghanistan</strong>-Hilfen von 4,2 Mrd. US$<br />
und damit die Hälfte mehr als im<br />
Vorjahr.<br />
Das afghanische Finanzministerium<br />
kommt für 2010 auf Gesamt-Zuflüsse<br />
von 10,9 Mrd. US$, was 71%<br />
<strong>der</strong> offiziellen Wirtschaftsleistung<br />
entsprochen hätte. Das Ministerium<br />
wies allerdings für die vergangenen<br />
Jahre (außer für 2009) jeweils einen<br />
etwa doppelt so hohen ODA-Wert<br />
aus wie die OECD. Die afghanische<br />
ODA-Definition umfasst mehr<br />
Die Anzahl westlicher Unternehmen<br />
in <strong>Afghanistan</strong> ist angesichts <strong>der</strong><br />
prekären Sicherheitslage begrenzt.<br />
Manche wun<strong>der</strong>n sich über Grundstückspreise,<br />
die in den Innenstädten<br />
europäisches Niveau erreichen<br />
können. Ohne Kooperationspartner<br />
mit guten <strong>Afghanistan</strong>kenntnissen<br />
ist es sehr schwierig, auf dem Markt<br />
Fuß zu fassen.<br />
Derzeit sind bei <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>agentur<br />
AISA 45 Unternehmen<br />
als „deutsch“ o<strong>der</strong> „deutsch-afghanisch“<br />
registriert. Im Mai 2011<br />
waren laut Homepage des Verbands<br />
Beraten<strong>der</strong> Ingenieure in Berlin<br />
16 Branchenfirmen in <strong>Afghanistan</strong><br />
tätig. Hinzu kommen nach Auskunft<br />
<strong>der</strong> Deutschen Botschaft in Kabul<br />
zahlreiche deutsche Firmen, die<br />
<strong>Afghanistan</strong> aus Pakistan, Indien<br />
Offizielle Entwicklungszusammenarbeit (ODA, Mio. US$)<br />
Empfänger/Geber 2005 2007 2008 2009 2001-2009<br />
Empfänger<br />
.<strong>Afghanistan</strong> 2.818 3.965 4.865 6.070 26.272<br />
.Anteil <strong>Afghanistan</strong>s an<br />
ODA für alle Entwicklungslän<strong>der</strong><br />
(%) 2,6 3,7 3,8 4,8 k.A.<br />
Irak 22.046 9.185 9.880 2.791 k.A.<br />
Pakistan 1.607 2.244 1.539 2.781 k.A.<br />
Afrika 35.704 39.305 43.926 47.609 k.A.<br />
Geber <strong>Afghanistan</strong>s<br />
.USA 1.318 1.514 2.112 2.987 10.974<br />
.Deutschland 99 217 294 338 1.360<br />
Quellen: OECD, Statistics on Resource Flows to Developing Countries; Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong><br />
zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags, Dezember 2010<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 45
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />
ausländische Unterstützung für<br />
die Sicherheit. Aber auch manche<br />
Regierungen ausländischer Geber<br />
versuchen nach Meinung von Beobachtern,<br />
einige eher militärbezogene<br />
Ausgaben zivilen Zwecken zuzurechnen,<br />
weil diese <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
im Heimatland besser vermittelbar<br />
seien.<br />
Aus den USA kamen 2001 bis 2009<br />
gut zwei Fünftel <strong>der</strong> gesamten ODA.<br />
Deutschland steuerte in diesem<br />
Zeitraum 5,2% bei und wurde<br />
2010 zum drittgrößten Geber nach<br />
den USA und Japan. Ein aktueller<br />
Bericht des US-Senats („Evaluating<br />
U.S. Foreign Assistance To <strong>Afghanistan</strong>“)<br />
beziffert die zivile US-Hilfe<br />
für <strong>Afghanistan</strong> 2002 bis 2010 auf<br />
18,8 Mrd. US$.<br />
Etwa ein Sechstel <strong>der</strong> ODA für<br />
<strong>Afghanistan</strong> floss in den letzten<br />
Jahren über multilaterale Kanäle.<br />
Wichtige Geber sind die Weltbank,<br />
die Asiatische Entwicklungsbank<br />
(ADB) und verschiedene UN-Organisationen.<br />
Es gibt eine Vielzahl<br />
von Fonds. Der Weltbank-geführte<br />
<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction Trust<br />
Fund (ARTF) sammelte seit seiner<br />
Einrichtung 2002 etwa 3,7 Mrd. US$<br />
ein, wozu Deutschland 203 Mio.<br />
Euro beisteuerte. Das aktive Investitionsportfolio<br />
des ARTF betrug im<br />
Juni 2010 gut 1 Mrd. US$. Deutschland<br />
hatte für 2010 rund 48 Mio.<br />
US$ zugesagt und die Hälfte davon<br />
für nationale Investitionsprogramme<br />
zweckgebunden.<br />
Sektoral flossen von 2002 bis 2008<br />
rund 44% <strong>der</strong> gesamten ODA in<br />
soziale Dienstleistungen und Infrastruktur,<br />
vor allem Gesundheit,<br />
Bildung und Wasserversorgung.<br />
Etwa 21% gingen in den Bereich<br />
Wirtschaftsentwicklung, unter<br />
an<strong>der</strong>em in die Energieversorgung,<br />
den Transport und das Finanzwesen,<br />
17% in die humanitäre Hilfe.<br />
Der Großteil <strong>der</strong> ODA, nämlich 82%<br />
im Zeitraum 2002 bis 2010, umging<br />
laut afghanischem Finanzministerium<br />
den Staatshaushalt. Diese<br />
Mittel wickelten die Geber über ihre<br />
eigenen Organisationen ab. Die Verwendung<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en 18% managte<br />
die Regierung, verwaltet überwiegend<br />
durch Fonds, die von multilateralen<br />
Agenturen geführt sind:<br />
ARTF, Law and Or<strong>der</strong> Trust Fund for<br />
<strong>Afghanistan</strong> und <strong>Afghanistan</strong> Peace<br />
and Reintegration Trust Fund.<br />
Zusätzliche Hilfe leisten Nichtregierungsorganisationen<br />
(NGOs). Deren<br />
finanzieller Beitrag ist allerdings<br />
schwer zu erfassen, und ein Teil<br />
ihrer Mittel stammt aus staatlichen<br />
Fonds, die wie<strong>der</strong>um zur ODA<br />
zählen. Deutschland unterstützte<br />
NGOs laut Bundesministerium für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (BMZ) von 2002<br />
bis 2010 mit 170 Mio. Euro. Das war<br />
knapp ein Zehntel <strong>der</strong> gesamten<br />
<strong>Afghanistan</strong>-Hilfe Deutschlands in<br />
diesem Zeitraum.<br />
Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />
in <strong>Afghanistan</strong> sind ausländische<br />
Finanzmittel, die jenseits <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
ins Land<br />
fließen, und das in großem Umfang.<br />
Alleine das US-Verteidigungsministerium<br />
hatte im Fiskaljahr 2010 laut<br />
US Congressional Research Service<br />
seinen Vertragspartnern in <strong>Afghanistan</strong><br />
11,8 Mrd. US$ zu zahlen. Dies<br />
war nicht viel weniger als die gesamte<br />
offizielle Wirtschaftsleistung<br />
des Landes 2009 (14,2 Mrd. US$).<br />
Bei diesen US-Vertragspartnern<br />
standen im März 2011 etwa 90.000<br />
Personen in Lohn und Brot, wovon<br />
die Hälfte Afghanen waren. Außer<br />
mit Sicherheitsdiensten befassten<br />
sich die Firmen vor allem mit Bau,<br />
Logistik und Transport sowie Übersetzungen.<br />
Zu nennen ist auch <strong>der</strong> Schuldenerlass<br />
seitens ausländischer Gläubiger.<br />
Das afghanische Finanzministerium<br />
beziffert den Erlass nach<br />
<strong>der</strong> 1996 beschlossenen Heavily<br />
Indebted Poor Countries Debt Initiative<br />
auf 10,5 Mrd. US$.<br />
Viele Beobachter bezweifeln Sinn<br />
und Nachhaltigkeit <strong>der</strong> ausländischen<br />
<strong>Afghanistan</strong>-Hilfe, zumindest<br />
von Teilen davon. Ausdruck findet<br />
dies in dem aktuellen Bericht des<br />
US-Senats. Der massive Zufluss von<br />
US-Mitteln för<strong>der</strong>t demnach Korruption<br />
und schafft kontraproduktive<br />
Anreize. Etliche Hilfsprogramme<br />
würden nach Beendigung <strong>der</strong> ausländischen<br />
Unterstützung wie<strong>der</strong><br />
eingehen, weil sie zu kurzfristig angelegt<br />
o<strong>der</strong> nicht mit den Strukturen<br />
in <strong>Afghanistan</strong> vereinbar seien.<br />
Auch die Geschäfte deutscher<br />
Firmen dürften deutlich schlechter<br />
laufen, sollten Truppen und möglicherweise<br />
Unterstützung aus dem<br />
Ausland ab 2014 o<strong>der</strong> früher tatsächlich<br />
nach und nach abgezogen<br />
werden. Mit dem Austrocknen <strong>der</strong><br />
EZ-Landschaft fiele für etliche deutsche<br />
Unternehmen die Geschäftsgrundlage<br />
weg. Die verbliebenen<br />
Firmen müssten sich auf einen<br />
Einbruch <strong>der</strong> restlichen Wirtschaft<br />
einstellen, wenn die Einschätzung<br />
<strong>der</strong> Weltbank zutrifft: Demnach<br />
basiert praktisch das gesamte<br />
afghanische Bruttoinlandsprodukt<br />
(97%) auf Zahlungen ausländischer<br />
Truppen und Helfer.<br />
46 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Deutsche Firmen und<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
Die wesentlichen staatlichen<br />
Entwicklungsorganisationen<br />
Deutschlands und damit potenzielle<br />
Partner für deutsche Firmen sind in<br />
<strong>Afghanistan</strong> die KfW Entwicklungsbank<br />
und die Deutsche Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit<br />
(<strong>GIZ</strong>). Die KfW hilft in Zusammenarbeit<br />
mit Consultants mit günstigen<br />
Krediten und Zuschüssen, die<br />
<strong>GIZ</strong> leistet mit Fachkräften vor Ort<br />
technische Hilfe und Beratung. Die<br />
Mittel dafür stammen hauptsächlich<br />
von <strong>der</strong> Bundesregierung (BMZ und<br />
Auswärtiges Amt, AA), aber auch<br />
von internationalen Gebern. Kunden<br />
deutscher Unternehmen sind in <strong>Afghanistan</strong><br />
auch die Bundeswehr und<br />
das Bundesinnenministerium (BMI),<br />
das für die Hilfe beim Polizeiaufbau<br />
zuständig ist.<br />
Ausländische Firmen bekommen<br />
EZ-Aufträge offensichtlich überproportional<br />
bei Vorhaben, die vom<br />
jeweiligen Heimatland finanziert<br />
werden. „An Projekte <strong>der</strong> Amerikaner<br />
ist für deutsche Unternehmen<br />
schwer heranzukommen“, meint<br />
etwa ein deutscher Beobachter.<br />
Aber auch für den umgekehrten<br />
Fall gibt es Indizien. Dies zeigt eine<br />
Zusammenstellung des BMZ zur<br />
deutsch-afghanischen Entwicklungszusammenarbeit<br />
vom April<br />
2010. Bei 20 laufenden Verträgen<br />
mit internationalen Consultants<br />
entfielen etwa 90% des Vertragswerts<br />
von insgesamt 34 Mio. Euro<br />
auf deutsche Firmen, <strong>der</strong> Rest ganz<br />
überwiegend auf ein Schweizer Unternehmen.<br />
An<strong>der</strong>erseits wird zum<br />
Beispiel ein laufendes KfW-Vorhaben,<br />
das in <strong>der</strong> BMZ-Aufstellung<br />
nicht enthalten ist, von Thales aus<br />
Frankreich umgesetzt, ein weiteres<br />
führt eine türkische Baufirma<br />
durch.<br />
Dabei verweisen KfW und <strong>GIZ</strong> darauf,<br />
die Beschaffung von Gütern und<br />
Dienstleistungen den Regeln gemäß<br />
so auszuschreiben, dass sich auch<br />
ausländische Firmen bewerben<br />
können. Die <strong>GIZ</strong> etwa beschafft nur<br />
Sachgüter in „freihändiger Vergabe<br />
Foto: © <strong>GIZ</strong><br />
mit Wettbewerb“ bis zu einem Wert<br />
von 20.000 Euro. Wird diese Grenze<br />
überschritten, sind verschiedene<br />
Formen <strong>der</strong> Ausschreibung vorgesehen.<br />
Ab einem Wert von 193.000<br />
Euro müssen die Ten<strong>der</strong> für Waren<br />
und Dienstleistungen normalerweise<br />
europaweit ausgeschrieben<br />
werden.<br />
Ein typisches <strong>Afghanistan</strong>-Projekt<br />
<strong>der</strong> KfW etwa in <strong>der</strong> Wasserversorgung<br />
entsteht, nachdem die<br />
grundsätzliche Finanzierung aus<br />
Deutschland für den Bereich<br />
gesichert ist und Experten einen<br />
bestimmten Bedarf festgestellt<br />
haben. Grundlage des Vorhabens<br />
ist dann eine Machbarkeitsstudie.<br />
Übersteigen die Kosten dieser Studie<br />
einen bestimmten Betrag, wird<br />
ihre Erstellung ausgeschrieben,<br />
mit <strong>der</strong> <strong>GIZ</strong> o<strong>der</strong> einem (an<strong>der</strong>en)<br />
Consultant als Gewinner. Die Ausschreibungen<br />
für das Projekt selbst<br />
erfolgen dann auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
<strong>der</strong> Machbarkeitsstudie.<br />
Ausschreibungs-<br />
Plattformen<br />
KfW und <strong>GIZ</strong> veröffentlichen auf<br />
ihren Internetseiten detaillierte Informationen<br />
zu ihrem Vorgehen bei<br />
Beschaffungen und Ausschreibungen<br />
allgemein sowie den Vorhaben<br />
in <strong>Afghanistan</strong>. KfW-Ausschreibungen<br />
werden in den „Nachrichten für<br />
Außenhandel“ (NfA) veröffentlicht.<br />
Das zentrale deutsche Internetportal<br />
für Ten<strong>der</strong> im Ausland betreibt<br />
Germany Trade & Invest (gtai) unter<br />
www.gtai.de. Aufgeführt sind dort<br />
Ausschreibungen von KfW, <strong>GIZ</strong> und<br />
an<strong>der</strong>en Organisationen weltweit.<br />
Weitere Ausschreibungen veröffentlicht<br />
<strong>der</strong> Ten<strong>der</strong>s Electronic Daily<br />
(http://ted.europa.eu), ein Online-<br />
Dienst <strong>der</strong> Europäischen Union.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 47
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />
Die gtai veröffentlichte 2010 zu<br />
<strong>Afghanistan</strong> 162 öffentliche Ausschreibungen.<br />
Knapp zwei Fünftel<br />
davon waren von <strong>der</strong> Weltbank<br />
finanziert, und bei über <strong>der</strong> Hälfte<br />
ging es um Beratungsprojekte.<br />
Darüber hinaus publizierte die gtai<br />
2010 zu <strong>Afghanistan</strong> 25 Projekthinweise<br />
<strong>der</strong> KfW und internationaler<br />
Organisationen. Dies sind Vorab-Informationen<br />
über Vorhaben, die erst<br />
später - voraussichtlich - zur<br />
Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu<br />
<strong>Afghanistan</strong> 2010 nach Finanzierung<br />
Finanzierung<br />
Anzahl<br />
Weltbank-Gruppe 63<br />
<strong>GIZ</strong> 22<br />
Asiatische Entwicklungsbank (ADB) 18<br />
United Nations Office for Project Services (UNOPS) 16<br />
KfW 12<br />
EU-Kommission/Europäische Union 11<br />
United Nations Development Programme (UNDP) 9<br />
An<strong>der</strong>e 11<br />
Insgesamt 162<br />
Quelle: Germany Trade & Invest<br />
Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu<br />
<strong>Afghanistan</strong> 2010 nach Branche<br />
Branche<br />
Anzahl<br />
Consulting 88<br />
Wasser/Abwasser 12<br />
Stromerzeugung, -verteilung 11<br />
Fahrzeugbau 8<br />
EDV, Telekommunikation 7<br />
Verkehrsinfrastruktur 7<br />
Bauwirtschaft 6<br />
Maschinen- und Anlagenbau 5<br />
Messtechnik, Feinmechanik 5<br />
An<strong>der</strong>e 13<br />
Insgesamt 162<br />
Ausschreibung gelangen. Auch<br />
bei <strong>der</strong> Mehrzahl dieser Projekt-<br />
Frühinformationen (14) war eine<br />
Finanzierung durch die Weltbank<br />
geplant. Bei sechs Vorhaben ging es<br />
um Landwirtschaft o<strong>der</strong> Viehzucht,<br />
bei fünf um öffentliche Verwaltung<br />
und bei vier um Energiewirtschaft.<br />
In <strong>Afghanistan</strong> informiert <strong>der</strong><br />
<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction & Development<br />
Services über staatliche<br />
Ausschreibungen (www.ards.gov.af).<br />
Die Behörde ist im Wirtschaftsministerium<br />
angesiedelt. Die eigentliche<br />
Auftragsvergabe findet meist in<br />
den Ministerien unter Einbeziehung<br />
des Finanzministers statt.<br />
Umfang und Verwendung<br />
deutscher<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
Deutschland leistete von 2002 bis<br />
2009 etwa 1,5 Mrd. Euro für die<br />
Entwicklungszusammenarbeit in<br />
<strong>Afghanistan</strong>, mit zunehmen<strong>der</strong><br />
Tendenz. Im Jahr 2010 waren es<br />
mit 430 Mio. Euro fast doppelt so<br />
viel wie im Vorjahr. Diesen Betrag<br />
will die Bundesregierung bis 2013<br />
jährlich aufbringen. Davon stammen<br />
250 Mio. vom BMZ und 180 Mio. vom<br />
AA.<br />
Schwerpunktmäßig för<strong>der</strong>te das<br />
BMZ von 2002 bis 2010 mit 162 Mio.<br />
Euro die „Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“.<br />
Davon gingen 56 Mio.<br />
Euro in den Bau von Straßen und<br />
Brücken. Für die Trinkwasserversorgung<br />
gab das Ministerium im<br />
gleichen Zeitraum 83 Mio. Euro aus,<br />
für die Energieversorgung 122 Mio.,<br />
für die Grund- und Berufsbildung<br />
100 Mio. Mit einigen Millionen Euro<br />
Quelle: Germany Trade & Invest<br />
48 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
för<strong>der</strong>te das BMZ zudem den (Wie<strong>der</strong>-)<br />
Aufbau wirtschaftspolitischer<br />
Institutionen wie <strong>der</strong> afghanischen<br />
Industrie- und Handelskammer<br />
ACCI, <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>agentur<br />
AISA und <strong>der</strong> Exportför<strong>der</strong>agentur<br />
EPAA. Dies könnte vorteilhaft sein<br />
für deutsche Firmen, die in Kontakt<br />
mit diesen Organisationen treten.<br />
In den nördlichen Provinzen, in<br />
denen die Bundeswehr präsent<br />
ist und Deutschland beson<strong>der</strong>e<br />
Verantwortung für Wie<strong>der</strong>aufbau<br />
und Entwicklung übernommen<br />
hat, för<strong>der</strong>t die Bundesregierung<br />
Infrastrukturprojekte. Hierzu gibt<br />
es für den Zeitraum 2010 bis 2013<br />
einen regionalen Fonds zur Kapazitätsentwicklung<br />
(voraussichtlich<br />
56 Mio. Euro) und einen regionalen<br />
Infrastrukturfonds (voraussichtlich<br />
81 Mio. Euro). Die Auswahl <strong>der</strong> Projekte<br />
nehmen die Entwicklungsräte<br />
<strong>der</strong> Provinzen vor, so die Bundesregierung<br />
in ihrem Fortschrittsbericht<br />
<strong>Afghanistan</strong> 2010. Begleitet werden<br />
die Projekte von KfW, <strong>GIZ</strong> o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Durchführungsorganisationen.<br />
Einer <strong>der</strong> größten Durchführer<br />
für kleinere Infrastrukturprojekte ist<br />
für die Deutsche Botschaft das Aga<br />
Khan Development Network.<br />
Das AA verwendet einen großen<br />
Teil seiner Mittel für den Aufbau<br />
<strong>der</strong> afghanischen Polizei durch<br />
das BMI. Dazu gehören Ausbildung<br />
und Training sowie <strong>der</strong> Aufbau von<br />
Infrastruktur (Trainingszentren,<br />
Polizeiwachen, Checkpoints) und<br />
Ausstattung. Im Jahr 2011 sollen es<br />
wie im Jahr zuvor 77 Mio. Euro sein.<br />
Die deutschen Gesamtkosten für<br />
diese Polizeihilfe stiegen zwischen<br />
2002 und 2009 deutlich. Sie beliefen<br />
sich in dem Zeitraum auf 161 Mio.<br />
Euro, wie aus einer ausführlichen<br />
Stellungnahme <strong>der</strong> Bundesre-<br />
gierung zum <strong>Afghanistan</strong>-Einsatz<br />
vom September 2010 hervorgeht<br />
(Deutscher Bundestag, Drucksache<br />
17/2878). Mit Beträgen in Milliardenhöhe<br />
jährlich unterstützen die<br />
USA den Aufbau <strong>der</strong> Sicherheitskräfte.<br />
Deutschland gab 2002 bis 2009<br />
beim Polizeiaufbau 45 Mio. Euro für<br />
Baumaßnahmen und knapp 26 Mio.<br />
Euro für Ausstattung aus. Ausrüstungen<br />
wie etwa son<strong>der</strong>geschützte<br />
Fahrzeuge erhält das BMI über<br />
das eigene Beschaffungsamt in<br />
Deutschland, meist über Rahmenverträge.<br />
Für die nächste Zeit sind<br />
laut BMI allerdings keine größeren<br />
Anschaffungen geplant.<br />
Kleine Baumaßnahmen werden<br />
nach Möglichkeit an lokale Firmen<br />
vergeben. Die Errichtung von Trainingszentren,<br />
Dienstgebäuden und<br />
Polizeiwachen erfolgt meist durch<br />
die <strong>GIZ</strong>, <strong>der</strong>en Projektimplementierungseinheit<br />
den Bau wie<strong>der</strong>um<br />
ausschreibt. Die EZ-Organisationen<br />
an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> sind bei diesen<br />
Aufträgen laut BMI bisher nicht in<br />
Konkurrenz zur <strong>GIZ</strong> getreten.<br />
Im Jahr 2010 waren laut Bundesregierung<br />
52 private Militär- und<br />
Sicherheitsdienstleister im afghanischen<br />
Innenministerium registriert.<br />
Die ausländischen Firmen stammten<br />
fast ausschließlich aus den USA<br />
und dem Vereinigten Königreich.<br />
Insgesamt waren bei ihnen 4.000<br />
ausländische Mitarbeiter registriert.<br />
Das AA unterstützt <strong>Afghanistan</strong><br />
außerdem beim Aufbau von Transportinfrastruktur<br />
(Zivilflughafen<br />
Mazar-e Sharif, Luftüberwachungssystem<br />
MLAT, Straßen, Brücken,<br />
Verwaltungsgebäude), beim Bau von<br />
Schulen sowie bei <strong>der</strong> Rehabilitie-<br />
rung von Gesundheitseinrichtungen<br />
(Provinz- und Distriktkrankenhäuser,<br />
Basisgesundheitszentren).<br />
Größere Maßnahmen schreiben <strong>GIZ</strong><br />
und KfW nach den dargestellten Regeln<br />
aus. Hinzu unterstützt das AA<br />
Sekundar- und Hochschulbildung,<br />
kulturellen Wie<strong>der</strong>aufbau, Verwaltungs-<br />
und Justizaufbau und die<br />
Reintegration Aufständischer.<br />
Beschaffung von<br />
Zivilgütern<br />
Die Bundeswehr verzeichnete für<br />
ihren Einsatz in <strong>Afghanistan</strong> in den<br />
letzten Jahren steigende Ausgaben<br />
für „sächliche Verwaltungsaufgaben“.<br />
Im Jahr 2010 waren es 217<br />
Mio. Euro, nachdem es zuvor 107<br />
Mio. (2007), 135 Mio. (2008) und<br />
148 Mio. Euro (2009) waren. Für die<br />
weitere Entwicklung <strong>der</strong> Ausgaben<br />
mag das deutsche Verteidigungsministerium<br />
keine Prognose geben.<br />
Für die Bedarfsdeckung <strong>der</strong> Einsatzkräfte<br />
hat die Einsatzwehrverwaltungsstelle<br />
in Mazar-e Sharif mit<br />
Außenstellen in Kundus, Faizabad<br />
und Termez 2010 über 7.400 Verträge<br />
in <strong>Afghanistan</strong> geschlossen. Der<br />
Auftragswert lag dabei zwischen 5<br />
und 50.000 Euro.<br />
Zu den „sächlichen Verwaltungsaufgaben“<br />
zählt die Bundeswehr<br />
im Wesentlichen Mehrkosten für<br />
Verpflegung, Geschäftsbedarf,<br />
Frachtkosten (Luft-, See- und<br />
Landweg), Kraftstoffe und an<strong>der</strong>e<br />
Betriebsstoffe sowie Kosten für den<br />
Liegenschaftsbetrieb einschließlich<br />
<strong>der</strong> Bauunterhaltung. Beschafft<br />
werden die Güter und Dienstleistungen<br />
soweit wie möglich vor<br />
Ort. „Regelmäßig“ sind dies laut<br />
Verteidigungsministerium Holz,<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 49
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />
Metall, Baumaterial, Schubkarren,<br />
Schaufeln, Klimageräte, ein Teil des<br />
Büromaterials sowie Mobilfunkkarten.<br />
Viele Güter und Dienstleistungen<br />
bezieht die Truppe allerdings über<br />
ihre zentralen Stellen in Deutschland.<br />
Gründe sind das eingeschränkte<br />
Marktangebot vor Ort<br />
sowie einzuhaltende Qualitätsstandards<br />
und Richtlinien. Dazu gehören<br />
unter an<strong>der</strong>em: Sport- und Spielgeräte,<br />
Bürobedarf, Elektromaterial,<br />
Sanitärmaterial, Material für<br />
Schlosser- und Malerbedarf, Schil<strong>der</strong><br />
aller Art (Hinweis-, Verbotsschil<strong>der</strong><br />
etc.), Schmutzwasserpumpen,<br />
Ersatzteile für Bohrmaschinen<br />
und Ähnliches sowie Haustechnikarbeiten<br />
und Transportdienstleistungen.<br />
In <strong>der</strong> Tendenz beschaffe<br />
man einen immer kleineren Anteil<br />
in <strong>Afghanistan</strong>.<br />
Bei zentralen Beschaffungen erfolgt<br />
die Vergabe in Deutschland durch<br />
die zuständigen Referate des Bundesamtes<br />
für Wehrverwaltung o<strong>der</strong><br />
des Bundesamtes für Wehrtechnik<br />
und Beschaffung. Wenn eine Bekanntmachungspflicht<br />
besteht, werden<br />
die Ausschreibungen auf <strong>der</strong><br />
„EU-Plattform“ (ab 193.000 Euro)<br />
und <strong>der</strong> Internetplattform „bund.de“<br />
veröffentlicht. Manchmal ist die <strong>GIZ</strong><br />
eingebunden und mit <strong>der</strong> Beschaffung<br />
beauftragt. Veröffentlicht wird<br />
dann auch auf www.giz.de. Die <strong>GIZ</strong><br />
erstellt im Auftrag <strong>der</strong> Bundeswehr<br />
Infrastruktur an den Standorten<br />
Kundus und Talokan. Das <strong>der</strong>zeitige<br />
Volumen aller mit <strong>der</strong> <strong>GIZ</strong> geplanten<br />
und laufenden Baumaßnahmen<br />
beträgt laut Verteidigungsministeriums<br />
55 Mio. Euro.<br />
Den Auftrag für die Verpflegung in<br />
<strong>Afghanistan</strong> zum Beispiel hat die<br />
Bundeswehr in Deutschland vergeben.<br />
Interessierte Firmen müssen<br />
dafür nicht per se in <strong>Afghanistan</strong><br />
ansässig sein, Erfahrungen dort<br />
o<strong>der</strong> in vergleichbaren Län<strong>der</strong>n sind<br />
aber von Vorteil. Einen Teil <strong>der</strong> Verpflegung<br />
wie haltbare Essensrationen<br />
steuert die Bundeswehr direkt<br />
aus Deutschland bei. Kommissioniert<br />
werden die Lieferungen von ihrem<br />
Verpflegungsamt in Oldenburg.<br />
Ulrich Binkert (Germany Trade &<br />
Invest)<br />
Kontaktadressen<br />
Ausschreibungsplattformen<br />
<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction &<br />
Development Services (staatliche<br />
Ausschreibungen)<br />
Internet: www.ards.gov.af<br />
Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />
Zusammenarbeit<br />
Internet: www.giz.de/de/ausschreibungen.html<br />
Germany Trade & Invest<br />
Internet: www.gtai.de<br />
KfW Entwicklungsbank<br />
Internet: www.kfw-entwicklungsbank.de<br />
Ten<strong>der</strong>s Electronic Daily, Online-<br />
Dienst <strong>der</strong> Europäischen Union<br />
für Ausschreibungen<br />
Internet: http://ted.europa.eu<br />
Weltbank<br />
Internet: www.worldbank.org<br />
Sonstige Informationsquellen<br />
Deutscher Bundestag, Drucksache<br />
17/2878, Antwort <strong>der</strong><br />
Bundesregierung auf eine Große<br />
Anfrage<br />
Internet: http://dipbt.bundestag.de<br />
Development Cooperation Report<br />
2010<br />
<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance<br />
(Daten zu ausländischer Hilfe,<br />
Partnern etc.)<br />
Internet: www.mof.gov.af<br />
Evaluating U.S. Foreign Assistance<br />
To <strong>Afghanistan</strong><br />
Committee on Foreign Relations<br />
U.S. Senate, June 8, 2011<br />
Internet: www.gpoaccess.gov/<br />
congress/index.html<br />
Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong><br />
zur Unterrichtung des Deutschen<br />
Bundestags, Dezember 2010<br />
Internet: www.bundesregierung.de<br />
Verband Beraten<strong>der</strong> Ingenieure<br />
Internet: www.vbi.de<br />
50 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />
Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />
Praxis<br />
Erfahrungen und<br />
Einschätzungen<br />
deutscher Firmen<br />
Seit 2001 haben sich mehr als 90<br />
deutsche Unternehmen in <strong>Afghanistan</strong><br />
nie<strong>der</strong>gelassen. Aktuell gibt<br />
es dort 45 Firmen, die als „deutsch“<br />
o<strong>der</strong> „deutsch-afghanisch“ registriert<br />
sind. Die Mehrheit sieht<br />
sich als Pionierunternehmen, die<br />
ungeachtet schwieriger Rahmenbedingungen<br />
in den wachsenden<br />
Markt investieren. Der Schwerpunkt<br />
liegt in den Sektoren Bau, Energie<br />
und Infrastruktur. Weiterhin bieten<br />
deutsche Unternehmen Produkte<br />
und Dienstleistungen in den Bereichen<br />
Consulting, Medizintechnik<br />
und Telekommunikation an.<br />
Für ausländische Firmen ist <strong>Afghanistan</strong><br />
ein Markt mit Risiken: Die<br />
Sicherheitslage ist instabil. Korruption<br />
ist allgegenwärtig. Qualifizierte<br />
Arbeitskräfte sind schwierig zu<br />
finden. Dennoch überwiegen aus<br />
Sicht <strong>der</strong> befragten Unternehmen<br />
die Vorteile. Das internationale<br />
Engagement ermöglicht <strong>der</strong> afghanischen<br />
Regierung, Infrastrukturprojekte<br />
voranzubringen. In den<br />
Großstädten wächst die Nachfrage<br />
von Unternehmen und Haushalten<br />
nach ausländischem Know-how.<br />
Diese Investitionsanreize werden<br />
von <strong>der</strong> instabilen Sicherheitslage<br />
überdeckt. Ausländische Unternehmen<br />
sind zwar kein vorrangiges<br />
Angriffsziel, dennoch sind Mitarbeiter<br />
vermehrt von Raubüberfällen<br />
und Entführungen betroffen. Um<br />
die Geschäftsaktivitäten vor Risiken<br />
abzusichern, betreiben Unternehmen<br />
eigene Analysen <strong>der</strong> Sicherheitslage.<br />
Unter an<strong>der</strong>em übernehmen<br />
sie in stabilen Regionen direkt<br />
Aufträge, während sie in Konfliktgebieten<br />
auf lokale Subauftragnehmer<br />
zurückgreifen. Diese Vorgehensweise<br />
ist nötig, da materielle Verluste<br />
nicht von Versicherungen und<br />
Garantien abgedeckt werden. In den<br />
Unternehmen überwiegen daher<br />
kurzfristige Planungen.<br />
Das Umfeld bestärkt Firmen, sich<br />
auf Ausschreibungen internationaler<br />
Organisationen und Streitkräfte<br />
zu konzentrieren, die auch Risikozuschläge<br />
enthalten. Diese Option<br />
wird in den nächsten Jahren an<br />
Bedeutung verlieren. Das ausländische<br />
Engagement wird spätestens<br />
ab 2013 merklich zurückgehen.<br />
Ausländische Unternehmen<br />
müssen sich daher umorientieren.<br />
Die Mehrheit plant, entwe<strong>der</strong> die<br />
Geschäftsaktivitäten zu reduzieren<br />
o<strong>der</strong> auf absehbare Zeit das Land zu<br />
verlassen.<br />
Neben Sicherheit ist Korruption<br />
die zweite Hürde für ausländische<br />
Investoren. Unternehmen berichten,<br />
dass Korruption in den Beziehungen<br />
zu staatlichen Stellen allgegenwärtig<br />
ist. Als Negativbeispiele werden<br />
Steuer- und Zollverwaltungen<br />
genannt. Um unter diesen Bedingungen<br />
langfristige Planungen zu<br />
ermöglichen, ist es für Unternehmen<br />
unerlässlich, einen engen<br />
Kontakt zu afghanischen Behörden<br />
zu halten. Die Firmen vertreten die<br />
Position, dass Bestechungen nur<br />
kurzfristig eine Lösung darstellen,<br />
langfristig aber höhere Kosten nach<br />
sich ziehen.<br />
Ein weiterer Kritikpunkt ist überbordende<br />
Bürokratie. So wartet zum<br />
Beispiel ein deutscher Ingenieurconsultant<br />
seit längerem auf einen<br />
guten Teil des Geldes, das ihm die<br />
Stadt Kabul schuldet. Es geht um<br />
Leistungen für eines <strong>der</strong> Projekte,<br />
die international finanziert sind,<br />
<strong>der</strong>en Bezahlung aber die afghanischen<br />
Behörden abwickeln. Nach<br />
dem Einreichen von umfangreichen,<br />
mit Originalbelegen zu versehenden<br />
Rechnungen musste den Firmenangaben<br />
zufolge je<strong>der</strong> Vorgang in <strong>der</strong><br />
Verwaltung unzählige Abteilungen<br />
durchlaufen. Dies benötigte immer<br />
wie<strong>der</strong> aktives Überprüfung und<br />
nachdrückliches Bitten seitens des<br />
Antragstellers. Die Auszahlung<br />
schließlich sollte über das Finanzministerium<br />
erfolgen. Auf dem<br />
Projektkonto, auf das die Weltbank<br />
als Finanzierer den Betrag zweckgebunden<br />
überwiesen hatte, waren<br />
jedoch am Ende einzelne Beträge<br />
nicht mehr auffindbar. Heute beteiligt<br />
sich <strong>der</strong> Consultant in <strong>Afghanistan</strong><br />
nur noch an Projekten, die vom<br />
Bundesministerium für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit finanziert<br />
und direkt mit den Auftragnehmern<br />
abgerechnet werden.<br />
Unter den afghanischen Behörden<br />
gibt es aber auch positive Entwicklungen:<br />
Die Afghanische Industrieund<br />
Handelskammer (ACCI) organisiert<br />
regelmäßig Kooperations- und<br />
Kontaktbörsen, an denen sowohl<br />
ausländische als auch afghanische<br />
Unternehmen teilnehmen. Die<br />
Investitionsagentur Afghan Investment<br />
Support Agency (AISA) betreut<br />
ausländische Firmen über einen<br />
„One Stop Shop“ bei <strong>der</strong> Unternehmensgründung.<br />
Diese dauert nicht<br />
länger als eine Woche und erfor<strong>der</strong>t<br />
Ausgaben von bis zu 1.000 US$. Der<br />
AISA-Service endet aber weitgehend<br />
mit <strong>der</strong> Firmengründung, eine langfristige<br />
Beratung für Investoren wird<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 51
Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />
landesweit nicht angeboten. Das<br />
genannte deutsche Ingenieurbüro<br />
etwa hat es auch nach längeren Anstrengungen<br />
bisher nicht geschafft,<br />
seine Filiale in <strong>Afghanistan</strong> wie<strong>der</strong><br />
zu schließen.<br />
Nach <strong>der</strong> Unternehmensgründung<br />
stehen ausländische Firmen daher<br />
vor zahlreichen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Eine ist, qualifiziertes Personal zu<br />
finden. <strong>Afghanistan</strong> zeichnet sich<br />
durch einen schwierigen Arbeitsmarkt<br />
aus. Die Löhne sind im Vergleich<br />
zu an<strong>der</strong>en Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
höher. Spezialisten insbeson<strong>der</strong>e<br />
in technischen Berufen sind<br />
kaum vorhanden. Qualifizierte Afghanen<br />
in Deutschland sind schwer<br />
zu einer Arbeit in ihrem Heimatland<br />
zu bewegen, das war zumindest die<br />
Erfahrung <strong>der</strong> befragten deutschen<br />
Ingenieurfirma. Auf den Mangel<br />
an geeignetem Personal reagieren<br />
ausländische Unternehmen, indem<br />
sie zunehmend auf interne Schulungen<br />
setzen. Neben Fachwissen<br />
stehen auch soziale Kompetenzen<br />
im Mittelpunkt. Durch den jahrzehntelangen<br />
Bürgerkrieg sind afghanische<br />
Arbeitnehmer nicht auf die<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen mo<strong>der</strong>ner Unternehmen<br />
vorbereitet.<br />
Eine weitere Hürde für den Unternehmensstart<br />
stellt die Einfuhr<br />
von Gütern aus dem Ausland dar.<br />
Als Binnenland ist <strong>Afghanistan</strong><br />
vom Transit durch seine Nachbarlän<strong>der</strong><br />
abhängig. Zahlreiche<br />
Zollstreitigkeiten verlangsamen und<br />
verteuern den Import von Waren.<br />
Der Diebstahl von Containern in pakistanischen<br />
Häfen führt zu hohen<br />
Transportverlusten.<br />
Michael Paulo (CIM-Fachkraft bei <strong>der</strong><br />
Afghanischen Industrie- und Handelskammer)<br />
Foto: © <strong>GIZ</strong><br />
52 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Interviews<br />
Interviews<br />
ETC Power<br />
Vor sechs Jahren gründeten vier<br />
Firmen aus Deutschland und Polen<br />
die ETC Power in <strong>Afghanistan</strong> (www.<br />
etc-power.de). Das Unternehmen<br />
baut Solar- und Windanlagen und<br />
bietet alternative Lösungen für die<br />
Energiegewinnung sowie Aufbereitung<br />
von Warmwasser. Mit mehr als<br />
45 Mitarbeitern ist ETC Power eine<br />
<strong>der</strong> größten afghanischen Firmen<br />
im Bereich <strong>der</strong> erneuerbaren Energien.<br />
Das Unternehmen sorgt für<br />
Strom in Gebäuden und plant die<br />
Straßenbeleuchtung in Großstädten.<br />
Gesellschafter von ETC Power sind<br />
ETC Group (Ahrensburg), Lorentz<br />
(Hamburg), Telzas (Warschau, Polen)<br />
und Setaplast (Lamprecht).<br />
Interview mit Farzad Alawi, Project<br />
Manager<br />
Die Gesellschafter<br />
von<br />
ETC Power haben<br />
mehr als 1<br />
Mio. US$ in die<br />
Gründung des<br />
Unternehmens<br />
investiert.<br />
Welche Anreize<br />
hat <strong>der</strong> afghanische Markt für Ihr<br />
Unternehmen?<br />
Für ein Solarunternehmen ist<br />
<strong>Afghanistan</strong> ein interessanter<br />
Markt. Zehn Jahre nach dem Ende<br />
des Taliban-Regimes sind nur 15%<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung an das Stromnetz<br />
angeschlossen. Die afghanische<br />
Regierung und internationale Geber<br />
setzen daher verstärkt auf Solarund<br />
Windenergie, um ländliche Re-<br />
ETC Power steht vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />
im ganzen Land tätig<br />
zu sein. Hierzu gehören friedliche<br />
Regionen wie <strong>der</strong> Westen und <strong>der</strong><br />
Norden <strong>Afghanistan</strong>s. Aber auch in<br />
den Konfliktgebieten Helmand und<br />
Kandahar baut das Unternehmen<br />
Solaranlagen. Gerade in diesen<br />
Provinzen sind Raubüberfälle auf<br />
<strong>der</strong> Tagesordnung. In den vergangionen<br />
mit Elektrizität zu versorgen.<br />
Die Weltbank finanzierte den Bau<br />
von 30.000 Solaranlagen. Weitere<br />
Organisationen wie die Asian Development<br />
Bank und USAID folgten<br />
mit langjährigen Programmen.<br />
Diese stabile Nachfrage war für<br />
die Gesellschafter von ETC Power<br />
ein starker Anreiz, in <strong>Afghanistan</strong><br />
zu investieren. Dabei spielten auch<br />
persönliche Beziehungen zum Land<br />
eine Rolle. Der Präsident von ETC<br />
Power, Alishah Ranjbaryan, sowie<br />
weitere Partner sind in <strong>Afghanistan</strong><br />
geboren und während des Krieges<br />
nach Deutschland emigriert. Das<br />
internationale Engagement nach<br />
2001 bot ihnen die Möglichkeit, als<br />
Unternehmer wie<strong>der</strong> in ihr Heimatland<br />
zurückzukehren.<br />
Wie gestaltete sich die Gründung des<br />
Unternehmens?<br />
In <strong>Afghanistan</strong> ist die Afghan Investment<br />
Support Agency (AISA) <strong>der</strong><br />
Ansprechpartner für ausländische<br />
Investoren. Für die Registrierung<br />
bietet AISA einen „One Stop Shop“<br />
an. Im Fall von ETC Power erhielten<br />
wir die notwendigen Dokumente<br />
innerhalb einer Woche, um das<br />
Gemeinschaftsunternehmen zu<br />
gründen. Die Kosten beliefen sich<br />
auf unter 1.000 US$.<br />
<strong>Afghanistan</strong> gilt als Sinnbild eines<br />
schwachen Staates. Nach dem<br />
internationalen Korruptionsindex von<br />
Transparency International befindet<br />
sich das Land auf dem drittletzten<br />
Platz. Wie sind Ihre Erfahrungen mit<br />
an<strong>der</strong>en staatlichen Stellen?<br />
Die positiven Erfahrungen mit AISA<br />
sind lei<strong>der</strong> eine Ausnahme. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
die Beziehungen zu den<br />
Finanz- und Zollbehörden gestalten<br />
sich schwierig. In diesen Bereichen<br />
zählen Gesetze wenig. Dies<br />
schafft Möglichkeiten für staatliche<br />
Beamte, verdeckt Bestechungsgel<strong>der</strong><br />
auf Kosten <strong>der</strong> Privatwirtschaft<br />
einzunehmen. In <strong>Afghanistan</strong> ist es<br />
unter an<strong>der</strong>em gebräuchlich, dass<br />
Unternehmen keine Steuerbescheide<br />
erhalten. Dadurch können die<br />
Finanzbehörden je<strong>der</strong>zeit nachträglich<br />
Steuern für die vergangenen<br />
Geschäftsjahre erheben. Unter<br />
diesen Bedingungen ist es unerlässlich,<br />
einen engen Kontakt zu<br />
den verantwortlichen Stellen zu<br />
halten, um eine langfristige Planung<br />
zu ermöglichen. Das Gleiche gilt für<br />
die Einfuhr von Gütern. Offiziell liegt<br />
<strong>der</strong> Einfuhrzoll für Solarpanel bei<br />
17,5%, für Batterien bei bis zu 12%.<br />
Es kommt jedoch vor, dass höhere<br />
Sätze verlangt werden und die Bearbeitung<br />
verlangsamt wird, wenn<br />
keine Zahlung erfolgt. Um diesen<br />
Prozess zu beschleunigen, hat ETC<br />
Power Dienstleister beauftragt,<br />
welche die Gütereinfuhr zu den<br />
bestehenden Zollsätzen sicherstellen.<br />
Unser Unternehmen vertritt die<br />
Position, dass Bestechungen nur<br />
kurzfristig eine Lösung für dieses<br />
Problem darstellen. Langfristig<br />
würden dadurch höhere Kosten<br />
entstehen.<br />
Wie geht das Unternehmen mit dem<br />
Thema Sicherheit um?<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 53
Interviews<br />
genen Jahren gab es drei Vorfälle,<br />
in denen jeweils Solarpanel im Wert<br />
von über 50.000 US$ gestohlen<br />
wurde. Schwerer als <strong>der</strong> materielle<br />
Verlust wiegt jedoch die Gefahr<br />
für unsere Mitarbeiter. Bisher gab<br />
es noch keinen Todesfall, jedoch<br />
mussten wir mehrmals Fahrer und<br />
Techniker gegen Lösegeld freikaufen,<br />
die von den Taliban entführt<br />
wurden. Von <strong>der</strong> Polizei kann man in<br />
solchen Fällen keine Unterstützung<br />
erfahren. Der Kontakt zu lokalen<br />
Mittelsmännern ist entscheidend.<br />
Welche Maßnahmen trifft ETC Power,<br />
um auch in unsicheren Regionen<br />
arbeiten zu können?<br />
Das Sicherheitsrisiko in <strong>Afghanistan</strong><br />
kann von keiner Versicherung<br />
gedeckt werden. ETC Power setzt<br />
daher in gefährlichen Regionen auf<br />
Subauftragnehmer, welche die Lage<br />
vor Ort kennen. Um die Qualitätsstandards<br />
einzuhalten, führen wir<br />
kontinuierlich Fortbildungen in<br />
Kabul durch. Unter diesen Bedingungen<br />
müssen die Projektmanager<br />
nur zwei Mal in die Konfliktregionen<br />
reisen, um Vorhaben zu planen und<br />
abzunehmen.<br />
Was ist für ETC Power die größte<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung in den nächsten<br />
Jahren?<br />
Mehr noch als Korruption und<br />
Unsicherheit setzt dem Unternehmen<br />
die Billigkonkurrenz aus China,<br />
Indien und Malaysia zu. Seit 2005<br />
haben sich Solarfirmen aus diesen<br />
Län<strong>der</strong>n in <strong>Afghanistan</strong> nie<strong>der</strong>gelassen<br />
und drücken die Preise.<br />
Als deutsches Unternehmen setzt<br />
ETC Power auf Qualität. Gegenüber<br />
privaten, staatlichen und internationalen<br />
Kunden müssen wir verstärkt<br />
kommunizieren, dass nachhaltige<br />
Energielösungen einen Preis<br />
haben. Hierfür planen wir auch eine<br />
Zusammenarbeit mit nationalen<br />
Medien.<br />
Das internationale Engagement wird<br />
in den nächsten Jahren in <strong>Afghanistan</strong><br />
reduziert. Welche Auswirkungen wird<br />
dies für ETC Power haben?<br />
ETC Power ist in den vergangenen<br />
Jahren kontinuierlich gewachsen.<br />
Derzeit beträgt <strong>der</strong> jährliche<br />
Umsatz mehr als 2 Mio. US$. In den<br />
nächsten Jahren wird sich das Geschäftsumfeld<br />
für das Unternehmen<br />
verän<strong>der</strong>n. Internationale Geber<br />
werden auch ihre Programme im<br />
Bereich <strong>der</strong> erneuerbaren Energien<br />
zurückfahren. ETC Power muss<br />
daher stärker auf Unternehmen im<br />
Privatsektor zugehen, um Aufträge<br />
zu akquirieren. Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong><br />
dezentralen Stromversorgung von<br />
Wohnungen, Verwaltungen und Gewerben<br />
in <strong>der</strong> Landwirtschaft sehen<br />
wir erhebliche Wachstumschancen.<br />
Foto: © Daniel Schoenen - Fotolia.com<br />
54 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Afghanyar Construction<br />
Company Limited<br />
(ACCL International)<br />
Für ACCL International ist Gewinn<br />
nach eigenem Bekunden nicht das<br />
Maß aller Dinge. Das afghanischamerikanische<br />
Bauunternehmen<br />
will über soziales Engagement einen<br />
Beitrag zum Wie<strong>der</strong>aufbau des<br />
Landes leisten. Das damit geschaffene<br />
Image hilft, um in <strong>Afghanistan</strong><br />
voranzukommen. Seit 2003 hat das<br />
Unternehmen sein Portfolio stetig<br />
erweitert. Neben Dienstleistungen<br />
im Bausektor bietet ACCL International<br />
auch einen Service in den<br />
Bereichen Catering, IT und Energieversorgung<br />
an. Damit kommt<br />
das Unternehmen einer Nachfrage<br />
entgegen: Sowohl internationale<br />
als auch nationale Organisationen<br />
bevorzugen aufgrund <strong>der</strong> instabilen<br />
Sicherheitslage Gebäude, die autark<br />
von ihrer Umgebung sind.<br />
Interview mit Michael J. Scott,<br />
Chief Operating Officer<br />
Derzeit<br />
arbeitet ACCL<br />
International<br />
an acht<br />
Bauaufträgen,<br />
die jeweils ein<br />
Volumen von<br />
über 1 Mio.<br />
US$ haben.<br />
Welche<br />
Formen <strong>der</strong> Akquise nutzen Sie in<br />
<strong>Afghanistan</strong>?<br />
Unser Unternehmen konzentriert<br />
sich auf öffentliche Ausschreibungen<br />
<strong>der</strong> afghanischen Regierung<br />
und internationaler Organisationen.<br />
Dabei spielen die US-amerikanischen<br />
Streitkräfte sowie Durchfüh-<br />
ACCL International macht keine<br />
breitenwirksame Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Dem Unternehmen ist es aber<br />
wichtig, bestimmte Zielgruppen<br />
anzusprechen. Zu ihnen gehören<br />
neben den internationalen Organisationen<br />
auch die afghanische<br />
Regierung samt Ministerien sowie<br />
Provinzverwaltungen. Ein persönlicher<br />
Kontakt zu diesen Akteuren ist<br />
für Unternehmen in Konfliktlän<strong>der</strong>n<br />
überlebenswichtig. ACCL International<br />
sucht insbeson<strong>der</strong>e zu Projektrungsorganisationen<br />
eine beson<strong>der</strong>e<br />
Rolle. In den Ausschreibungen<br />
konkurrieren wir gewöhnlich mit<br />
mehr als zehn Bauunternehmen.<br />
Als eine <strong>der</strong> wenigen kann ACCL<br />
International aber seine Dienstleistungen<br />
im ganzen Land anbieten.<br />
Also auch in unsicheren Regionen<br />
wie Kandahar, Helmand und Nangarhar.<br />
Dies ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.<br />
ACCL International wirbt mit dem Slogan<br />
„Afghans build <strong>Afghanistan</strong>“ und<br />
will einen nachhaltigen Wie<strong>der</strong>aufbau<br />
unterstützen. Wie passen diese Ziele<br />
mit unternehmerischem Handeln<br />
zusammen?<br />
2003 haben die <strong>der</strong>zeitigen Vorstandsvorsitzenden<br />
Habibullah<br />
Peerzada und Sargon Heinrich ACCL<br />
International gegründet. Sie folgten<br />
einem Aufruf <strong>der</strong> US-Regierung<br />
an amerikanische Unternehmen,<br />
in <strong>Afghanistan</strong> zu investieren. Für<br />
die Führung stand von vornherein<br />
fest, dass Gewinn nicht das oberste<br />
Ziel ist. ACCL International will mit<br />
seiner Geschäftstätigkeit einen<br />
Beitrag für den Wie<strong>der</strong>aufbau des<br />
Landes leisten. Je nach Projektlage<br />
beschäftigt das Unternehmen bis zu<br />
3.000 Mitarbeiter und stellt damit<br />
die Versorgung von bis zu 12.000<br />
Familien sicher. Darunter sind auch<br />
viele ungelernte Arbeitskräfte, die<br />
bei uns eine Ausbildung in technischen<br />
Berufen erhalten. Dies ist ein<br />
gutes Beispiel, wie auch Unternehmen<br />
nachhaltig Entwicklung in<br />
<strong>Afghanistan</strong> för<strong>der</strong>n können. Durch<br />
die Qualifizierungsmaßnahmen sind<br />
die Mitarbeiter im Unternehmen<br />
besser einsetzbar. Gleichzeitig können<br />
sie diese Fähigkeiten auch bei<br />
zukünftigen Arbeitgebern einsetzen.<br />
Welche Erfahrungen hat ACCL International<br />
mit afghanischen Arbeitnehmern?<br />
In unserem Unternehmen sind 80%<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter Afghanen. Die Geschäftsführung<br />
verfolgt die Strategie,<br />
Mitarbeiter langfristig zu binden<br />
und keine Entlassungen vorzunehmen.<br />
Dies gilt auch bei einem Fehlverhalten<br />
von Angestellten. Durch<br />
den jahrzehntelangen Bürgerkrieg<br />
sind afghanische Arbeitnehmer<br />
nicht auf die Anfor<strong>der</strong>ungen in<br />
einem mo<strong>der</strong>nen Bau- und Dienstleistungsunternehmen<br />
vorbereitet.<br />
Gerade bei sozialen Kompetenzen<br />
gibt es Nachholbedarf. Daher<br />
haben wir bei ACCL International<br />
ein Mentorenprogramm eingeführt,<br />
in dem internationale Fachkräfte<br />
ihre afghanischen Kollegen in <strong>der</strong><br />
täglichen Arbeit betreuen.<br />
Das Image als Entwicklungshelfer<br />
nutzt ACCL International auch in <strong>der</strong><br />
Außendarstellung. Die Mehrzahl <strong>der</strong><br />
ausländischen Unternehmen verzichtet<br />
hingegen auf eine Öffentlichkeitsarbeit,<br />
um nicht als Anschlagsziel<br />
wahrgenommen zu werden. Warum<br />
verfolgt ihr Unternehmen diese<br />
Strategie?<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 55
Interviews<br />
beginn den Kontakt zu relevanten<br />
afghanischen Organisationen und<br />
stellt den Mehrwert in Form von<br />
neuen Arbeitsplätzen und Infrastruktur<br />
dar. Mit dieser Strategie<br />
fährt unser Unternehmen sehr gut.<br />
In <strong>Afghanistan</strong> ist unser Unternehmen<br />
anerkannt. Dies schafft nicht<br />
nur die Grundlage für zukünftige<br />
Aufträge, son<strong>der</strong>n gewährleistet<br />
auch die Sicherheit unserer<br />
Mitarbeiter. Seit <strong>der</strong> Firmengründung<br />
haben wir keine Todesopfer<br />
zu beklagen. Dies ist erstaunlich,<br />
da wir auch Risikoprojekte an <strong>der</strong><br />
afghanisch-pakistanischen Grenze<br />
übernehmen.<br />
Welche Sicherheitsrisiken bestehen<br />
dann für Ihr Unternehmen?<br />
Auch wenn wir keine Todesopfer<br />
zu beklagen haben, ist und bleibt<br />
<strong>Afghanistan</strong> ein Konfliktland. Raubüberfälle<br />
gehören landesweit zur<br />
Tagesordnung. Den Verlust decken<br />
keine Versicherungen ab. Zwar gibt<br />
es bei Verträgen mit <strong>der</strong> US-Regierung<br />
Risikozuschläge, jedoch haften<br />
wir mit eigenem Geld für Fehlschläge.<br />
Daher berücksichtigen wir das<br />
Risiko schon bei <strong>der</strong> Projektakquise.<br />
Nur wenn die Rahmenbedingungen<br />
stimmen, können wir erfolgreich<br />
arbeiten und uns für Folgeaufträge<br />
qualifizieren.<br />
ACCL International bietet nicht nur<br />
Dienstleistungen in <strong>Afghanistan</strong> an.<br />
Das Unternehmen vertreibt auch<br />
Baustoffe. Im Sortiment befinden<br />
sich unter an<strong>der</strong>em die Produkte <strong>der</strong><br />
Knauf Gips KG. Welche Absatzchancen<br />
haben Baustoffe aus Deutschland<br />
in <strong>Afghanistan</strong>?<br />
Der Bausektor wächst <strong>der</strong>zeit<br />
jährlich mit einem zweistelligen<br />
Prozentsatz in <strong>Afghanistan</strong>. Vor<br />
allem <strong>der</strong> Wohnungsmarkt boomt.<br />
Von diesen Rahmenbedingungen<br />
profitiert ACCL International<br />
enorm. Im vergangenen Jahr hat<br />
das Unternehmen mehr als 300.000<br />
Quadratmeter Gipswände verkauft.<br />
Damit ist ACCL International <strong>der</strong><br />
bedeutendste Vertriebspartner<br />
<strong>der</strong> Knauf Gips KG. Die Baustoffe<br />
stammen aus Fabriken, die außer in<br />
Deutschland auch in den Nachbarlän<strong>der</strong>n<br />
<strong>Afghanistan</strong>s angesiedelt<br />
sind. Trotz <strong>der</strong> geographischen<br />
Nähe liegen die Kosten für den<br />
Import nach <strong>Afghanistan</strong> um 30%<br />
höher als in an<strong>der</strong>en Märkten. Dies<br />
ist auf den schwierigen Transport<br />
über den Landweg zurückzuführen.<br />
Gleichzeitig erschweren Zollstreitigkeiten<br />
zwischen <strong>Afghanistan</strong> und<br />
seinen Nachbarlän<strong>der</strong>n die Einfuhr.<br />
Es dauert daher nicht Tage, son<strong>der</strong>n<br />
Wochen, um Güter zu importieren.<br />
Foto: © GI Z<br />
56 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />
Seit 1936 ist Siemens mit Unterbrechungen<br />
in <strong>Afghanistan</strong> tätig.<br />
Das Unternehmen gehört zu den<br />
wenigen „Global Player“, die in <strong>Afghanistan</strong><br />
mit einer Nie<strong>der</strong>lassung<br />
vertreten sind. In den Geschäftsbereichen<br />
Energie und Medizintechnik<br />
hat sich das Unternehmen in den<br />
vergangenen neun Jahren Marktanteile<br />
gesichert. Die Kunden von<br />
Siemens <strong>Afghanistan</strong> sind vorrangig<br />
Unternehmen und Haushalte.<br />
Damit unterscheidet sich Siemens<br />
<strong>Afghanistan</strong> von <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong><br />
ausländischen Investoren, die sich<br />
auf Ausschreibungen von internationalen<br />
Entwicklungsorganisationen<br />
und Streitkräften konzentrieren.<br />
Interview mit Raaz Hassan, Präsident<br />
Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />
Siemens gehört zu den bekannten<br />
deutschen Marken in <strong>Afghanistan</strong>.<br />
Was sind die Gründe für die Popularität<br />
Ihres Unternehmens?<br />
Siemens hat eine jahrzehntelange<br />
Tradition in <strong>Afghanistan</strong>. 1928<br />
besuchte König Amanullah Khan<br />
die Siemensstadt in Berlin und<br />
war begeistert von <strong>der</strong> technologischen<br />
Entwicklung in Deutschland.<br />
Aufgrund dieser hochrangigen Kontakte<br />
eröffnete Siemens acht Jahre<br />
später seine Nie<strong>der</strong>lassung in Kabul<br />
und war maßgeblich daran beteiligt,<br />
landesweit die Infrastruktur in den<br />
Bereichen Energie und Telekommunikation<br />
aufzubauen. Mit dem<br />
Einmarsch <strong>der</strong> Sowjetunion stellte<br />
das Unternehmen seine Geschäftsaktivitäten<br />
in <strong>Afghanistan</strong> ein und<br />
kehrte nach über 20 Jahren Unterbrechung<br />
2002 wie<strong>der</strong> zurück. Wie<br />
in <strong>der</strong> Anfangsphase gehört Energieerzeugung<br />
zum Kerngeschäft<br />
von Siemens <strong>Afghanistan</strong>. Weiterhin<br />
ist das Unternehmen Marktführer<br />
im Bereich <strong>der</strong> Medizintechnik.<br />
Welche Marktchancen eröffnen sich<br />
für Unternehmen aus Deutschland in<br />
<strong>Afghanistan</strong>?<br />
<strong>Afghanistan</strong> ist in jeglicher Hinsicht<br />
Neuland für Unternehmen aus<br />
Industriestaaten. Durch die instabile<br />
Sicherheitslage sind Weltmarktunternehmen<br />
kaum vertreten. Die<br />
Anzahl <strong>der</strong> Wettbewerber ist gering.<br />
Dies eröffnet neben den bekannten<br />
Risiken auch Chancen für Markteinsteiger.<br />
Dabei muss beachtet werden,<br />
dass in Industriestaaten gängige<br />
Produkte und Dienstleistungen<br />
neu für afghanische Kunden sind.<br />
Westliche Firmen müssen daher<br />
erst einmal über den Nutzen ihrer<br />
Angebote aufklären. In Verkaufsgesprächen<br />
steht daher Information<br />
an erster Stelle.<br />
Siemens <strong>Afghanistan</strong> ist beson<strong>der</strong>s<br />
im Bereich <strong>der</strong> Energieerzeugung<br />
aktiv. Welche Marktchancen bestehen<br />
in diesem Sektor für deutsche Unternehmen?<br />
In <strong>Afghanistan</strong> werden von den<br />
erfor<strong>der</strong>lichen 5.000 Megawatt nur<br />
600 bereitgestellt. Diese stammen<br />
zu 60% aus Importen. Im Bereich<br />
<strong>der</strong> Energieerzeugung gibt es daher<br />
einen hohen Investitionsbedarf.<br />
Das nationale Energieunternehmen<br />
Da <strong>Afghanistan</strong> Breshna Sherkat<br />
(DABS) ist <strong>der</strong>zeit mit seinen elf<br />
regionalen Ablegern für die Energiegewinnung<br />
und -weiterleitung<br />
zuständig. Der Sektor ist grundsätzlich<br />
offen für private Investitionen,<br />
allerdings zögern Unternehmen mit<br />
dem Markteinstieg, da mangelnde<br />
Regulierung und Korruption als<br />
Hin<strong>der</strong>nisse angesehen werden. Die<br />
afghanische Regierung plant daher<br />
in den nächsten Jahren, über DABS<br />
vier Großprojekte zu realisieren, um<br />
die Lücke zwischen Angebot und<br />
Bedarf zu schließen. Eine beson<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung kommt dabei dem<br />
Bau von Wasser- und Thermalkraftwerken<br />
zu. Weiterhin soll die Netzinfrastruktur<br />
ausgebaut werden.<br />
Seit 2002 hat sich Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />
zum Marktführer im Bereich <strong>der</strong><br />
Medizintechnik entwickelt. Welche<br />
Wachstumschancen bietet <strong>der</strong> Sektor?<br />
In <strong>Afghanistan</strong> wächst die Mittelschicht.<br />
Damit steigt die Nachfrage<br />
nach Dienstleistungen im<br />
Gesundheitswesen rapide. Dies<br />
gilt vor allem für große Städte wie<br />
Kabul, Mazar-e Sharif und Herat.<br />
Aus meiner Sicht gibt es eine hohe<br />
Nachfrage in medizinischen Spezialbereichen<br />
wie <strong>der</strong> Radiologie. Dies<br />
gilt für Produkte wie auch für die<br />
Schulung von Mitarbeitern. Dabei<br />
muss jedoch beachtet werden,<br />
dass afghanische Kliniken ohne die<br />
Unterstützung von Entwicklungsorganisationen<br />
nur geringe finanzielle<br />
Mittel haben. Der schlechte Zugang<br />
zu Krediten erschwert Investitionen<br />
im Gesundheitsbereich enorm.<br />
Siemens sucht daher mit seinen<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 57
Interviews<br />
Kunden gemeinsam Finanzierungsmöglichkeiten.<br />
Siemens hat sich in <strong>Afghanistan</strong><br />
auch einen Namen als Anbieter von<br />
Technologie im Mobilfunk gemacht.<br />
Der Sektor zeigt kontinuierlich<br />
hohe Wachstumsraten. In welchen<br />
Bereichen erwarten Sie zukünftig<br />
Investitionen?<br />
<strong>Afghanistan</strong> gehört zu den am<br />
schnellsten wachsenden Telekommunikationsmärkten<br />
<strong>der</strong> Welt.<br />
Derzeit verfügen vier Anbieter über<br />
Lizenzen, um landesweit Mobilfunkdienste<br />
anbieten zu können.<br />
Diese haben seit 2001 über 1 Mrd.<br />
US$ in den Netzausbau investiert.<br />
Siemens <strong>Afghanistan</strong> war bis 2007<br />
selbst in diesem Sektor aktiv und<br />
lieferte Übertragungstechnik an<br />
Mobilfunkanbieter wie die Afghan<br />
Wireless Communication Company<br />
(AWCC). Mittlerweile haben wir<br />
diese Geschäftsaktivitäten an das<br />
Gemeinschaftsunternehmen Nokia<br />
Siemens Network abgegeben.<br />
Der Sektor steht vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />
neue Technologien<br />
zu implementieren. Dies gilt vor<br />
allem für den Festnetzbereich. Die<br />
afghanischen Großstädte benötigen<br />
Glasfaserkabel, um schnelle<br />
Internet- und Datendienste nutzen<br />
zu können. Davon ungeachtet, muss<br />
<strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Netzinfrastruktur<br />
vorangetrieben werden.<br />
Zum Kundenkreis von Siemens<br />
<strong>Afghanistan</strong> gehören vorrangig Unternehmen<br />
und Haushalte. Wie organisieren<br />
Sie die Kundenbetreuung?<br />
Für afghanische Kunden ist <strong>der</strong><br />
persönliche Kontakt entscheidend.<br />
Daher stellen wir eine feste<br />
Kommunikation von <strong>der</strong> Angebotserstellung<br />
bis zur Rechnungslegung<br />
sicher. Für unsere Mitarbeiter ist es<br />
entscheidend, den Erwartungen <strong>der</strong><br />
Kunden zu entsprechen. Dies för<strong>der</strong>t<br />
auch die Zahlungsbereitschaft.<br />
In <strong>Afghanistan</strong> reicht es nicht,<br />
einfach eine Rechnung zu stellen.<br />
Mit diesem Ansatz haben wir nur<br />
geringe Ausfälle zu beklagen.<br />
Die Interviews führte Michael Paulo<br />
(CIM-Fachkraft bei <strong>der</strong> Afghanischen<br />
Industrie- und Handelskammer).<br />
58 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Bundesverband Großhandel,<br />
Außenhandel,<br />
Dienstleistungen e.V.<br />
(BGA)<br />
Interview mit BGA-Präsident Anton<br />
F. Börner<br />
Herr Börner, warum ist das Thema<br />
Ausbildung in <strong>Afghanistan</strong> ein wichtiges<br />
Thema für Sie?<br />
Wenn wir über die Stabilisierung in<br />
<strong>Afghanistan</strong> sprechen, ist die Schaffung<br />
von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
das zentrale Thema.<br />
Wir benötigen über die bereits vorhandenen<br />
Ansätze hinaus dringend<br />
mehr Ausbildungswerkstätten und<br />
Berufsschulen, die das deutsche<br />
Modell <strong>der</strong> dualen Berufsbildung<br />
aufgreifen. Eine ganze Generation<br />
an Handwerkern, Facharbeitern und<br />
Ingenieuren fehlt für den Wie<strong>der</strong>aufbau<br />
des Landes, da zu Zeiten<br />
des Bürgerkrieges viele Strukturen<br />
zerstört wurden. Aber auch für<br />
ehemalige Kämpfer <strong>der</strong> Mudschahedin<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Taliban ist dies<br />
wichtig: Diese können sich durch<br />
den Erwerb beruflicher Fertigkeiten<br />
wie<strong>der</strong> in die Zivilgesellschaft integrieren.<br />
Damit schaffen wir über die<br />
berufliche Bildung Alternativen zu<br />
Gewalt und Radikalisierung. Über<br />
Ausbildung und Investitionen geben<br />
wir zudem <strong>der</strong> Jugend eine Perspektive<br />
und bringen Menschen in<br />
Lohn und Brot, die dann wie<strong>der</strong>um<br />
ganze Großfamilien mit ihrer Hände<br />
Arbeit versorgen können.<br />
hier zunächst <strong>der</strong> Nachholbedarf<br />
am dringendsten ist. Die Montage,<br />
Wartung und Reparatur von Maschinen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e Textil- und<br />
Landwirtschaftsmaschinen, aber<br />
auch Tätigkeiten in Kfz-Werkstätten,<br />
Bergbau und Lebensmittelverarbeitung<br />
sind sicherlich Ansatzpunkte.<br />
Ich denke auch daran, dass sich<br />
rund um deutsche Pionierunternehmen,<br />
die sich in Industrieparks<br />
ansiedeln, Ausbildungszentren<br />
etablieren, wo gemäß dem Bedarf<br />
<strong>der</strong> Firmen praxisnah ausgebildet<br />
werden kann.<br />
Wer sollte sich engagieren?<br />
Wir reden hier über einen gemeinsamen<br />
Ansatz mit größtmöglicher<br />
Vernetzung aller Beteiligten. Neben<br />
<strong>der</strong> deutschen und <strong>der</strong> afghanischen<br />
Regierung sehe ich insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei den nationalen und<br />
internationalen Institutionen <strong>der</strong><br />
Entwicklungszusammenarbeit die<br />
Rolle, Maßnahmen vor Ort zu koordinieren.<br />
Die deutsche Wirtschaft<br />
aus allen Bereichen, Ingenieure,<br />
Handel, Industrie und Handwerk,<br />
kann ihren Teil zur Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Aus- und Weiterbildungssituation<br />
beitragen - insbeson<strong>der</strong>e, wenn<br />
es ganz konkret um die Bereitstellung<br />
von praxisnahen Ausbildungsplätzen<br />
und -konzepten geht.<br />
Wie beurteilen Sie die Sicherheitslage?<br />
Ist diese nicht hin<strong>der</strong>lich für ein<br />
Engagement von Ausbil<strong>der</strong>n, gerade<br />
aus Deutschland?<br />
Nicht im ganzen Land ist die Sicherheitslage<br />
schlecht. Es ist auch nicht<br />
unbedingt notwendig, dass bereits<br />
heute in großem Umfang deutsche<br />
Ausbil<strong>der</strong> vor Ort tätig sind. Solange<br />
die Situation in einigen Landesteilen<br />
angespannt ist, können auch Trainthe-Trainer-Maßnahmen<br />
sinnvoll<br />
sein, bei denen einheimische Ausbil<strong>der</strong><br />
dann die Rolle von Multiplikatoren<br />
übernehmen. Gleichzeitig<br />
kann zum Beispiel über das Internet<br />
eine Verbindung hergestellt und ein<br />
Austausch organisiert werden. Wir<br />
dürfen den Afghanen einfach nicht<br />
das Gefühl geben, dass wir sie allein<br />
lassen.<br />
Welche Berufe sollten im Vor<strong>der</strong>grund<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsmaßnahmen<br />
stehen?<br />
Foto: © <strong>GIZ</strong><br />
Im Vor<strong>der</strong>grund steht natürlich <strong>der</strong><br />
gewerblich-technische Bereich, da<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 59
Kontaktadressen und Informationsquellen<br />
Kontaktadressen und Informationsquellen<br />
Kontaktadressen in <strong>Afghanistan</strong><br />
Botschaft <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland in <strong>Afghanistan</strong><br />
Ansprechpartnerin: Kristin Augsburg<br />
Counsellor - Economy, Development,<br />
Civil-military Cooperation<br />
Tel.: 030/50 00-71 75-115<br />
E-Mail: wi-1@kabu.diplo.de;<br />
Internet: www.kabul.diplo.de<br />
Die Europäisch-Afghanische Handelskammer<br />
war Mitte 2011 in Vorgründungsphase.<br />
<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />
Agency<br />
Internet: www.aisa.org.af<br />
Relativ viele deutsche Firmen in<br />
<strong>Afghanistan</strong> bewegen sich im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
(EZ). Daraus ergeben sich normalerweise<br />
Kontakte mit den deutschen<br />
EZ-Durchführungsorganisationen<br />
KfW und <strong>GIZ</strong>, die in <strong>Afghanistan</strong> große<br />
Organisationen unterhalten:<br />
<strong>GIZ</strong> <strong>Afghanistan</strong><br />
Leiter: Andreas Clausing<br />
<strong>GIZ</strong> Office Kabul, ISAF-AFG-Feldpost,<br />
64298 Darmstadt<br />
E-Mail: giz-afghanistan@giz.de<br />
KfW <strong>Afghanistan</strong><br />
Leiter: Gunnar Wälzholz<br />
German House, Charah-e Sadarat<br />
33/2, Kabul<br />
Tel.: 0093 700/27 44 56<br />
E-Mail: kfw.kabul@kfw.de<br />
Die Industrie- und Handelskammer<br />
ACCI ist mit mehr als 7.000 Mitgliedsunternehmen<br />
die Spitzenorganisation<br />
<strong>der</strong> afghanischen Privatwirtschaft. Als<br />
Sprachrohr <strong>der</strong> Unternehmen setzt<br />
sich die Kammer für die Verbesserung<br />
<strong>der</strong> ökonomischen Rahmenbedingungen<br />
in <strong>Afghanistan</strong> ein. Gleichzeitig<br />
unterstützt die ACCI einheimische<br />
Firmen, ihre Struktur zu professionalisieren,<br />
Mitarbeiter auszubilden<br />
und Netzwerke im In- und Ausland zu<br />
entwickeln. Für deutsche Unternehmen<br />
ist die Kammer Anlaufstelle,<br />
um Marktinformationen aus erster<br />
Hand zu erhalten und Kontakte zur<br />
afghanischen Wirtschaft aufzubauen.<br />
Mohammad Qurban Haqjo ist seit<br />
mehreren Jahren Geschäftsführer <strong>der</strong><br />
ACCI und spricht Deutsch.<br />
Afghan Chamber of Commerce<br />
and Industries<br />
Geschäftsführung: Mohammad<br />
Qurban Haqjo<br />
Chman-e-Huzuri, Next to Kabul<br />
Nendari, Kabul<br />
Ansprechpartner in <strong>Afghanistan</strong><br />
bis voraussichtlich Anfang 2013:<br />
Michael Paulo<br />
Tel.: 0093 78/4 26 58 94; Fax.:<br />
0093 77/6 10 01 66<br />
E-Mail: michael.paulo@acci.org.<br />
af; Internet: www.acci.org.af<br />
Geschäftsführung: E-Mail: ceoacci@acci.org.af<br />
Informationsplattform für staatliche<br />
Ausschreibungen:<br />
<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction &<br />
Development Services<br />
Internet: www.ards.gov.af<br />
Asian Development Bank<br />
ADB Afghan Infrastructure Trust<br />
Fund<br />
Internet: www.adb.org/<strong>Afghanistan</strong>/projects.asp?<br />
Ansprechpartner:<br />
ADB: Philip Wood; E-Mail:<br />
pwood@adb.org<br />
<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance:<br />
Nasim Ihsan; E-Mail: nasim.<br />
ihsan@asi.org.af<br />
Dehsabz City Development Authority<br />
E-Mail: info@dcda.gov.af; Internet:<br />
www.dcda.gov.af<br />
Enterprise Development Program<br />
(AREDP)<br />
Internet: www.aredp.org<br />
Export Promotion Agency of<br />
<strong>Afghanistan</strong><br />
Internet: www.epaa.org.af<br />
Ministry of Agriculture Irrigation<br />
and Livestock<br />
Internet: www.mail.gov.af<br />
Ministry of Energy and Water<br />
Internet: mew.gov.af<br />
Ministry of Mines<br />
Veröffentlichung von aktuellen<br />
Ausschreibungen:<br />
Internet: www.mom.gov.<br />
af/?page=ten<strong>der</strong>s&lang=en<br />
Investment Promotion Department<br />
(IPD) of the Afghan Ministry<br />
of Mines (Unterstützung <strong>der</strong><br />
Investoren)<br />
Internet: www.mom.gov.<br />
af/?page=Investment-<br />
Promotion&lang=en<br />
Ministry of Public Works<br />
Internet: www.mopws.gov.af/<br />
60 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Ministry of Rural Rehabilitation<br />
and Development<br />
Internet: www.mrrd.gov.af<br />
Öffentliche Ausschreibungen im<br />
Bausektor<br />
Internet: www.cwcten<strong>der</strong>s.com/<br />
construction_ten<strong>der</strong>s_<br />
afghanistan.htm<br />
Internetadressen vieler Organisationen<br />
The <strong>Afghanistan</strong> Directory<br />
Internet: www.theafghanistandirectory.com<br />
Kontaktadressen in Deutschland<br />
Auswärtiges Amt (Reise- und<br />
Sicherheitshinweise)<br />
Tel.: 030/18 17 20 00; Fax:<br />
-18 17 51 10 00<br />
E-Mail: poststelle@auswaertigesamt.de;<br />
Internet: www.auswaertiges-amt.de<br />
advisa Unternehmensberatung<br />
Cornelia H. Lehmann<br />
(Vertreterin <strong>der</strong> Afghan Chamber<br />
of Commerce and Industries in<br />
Deutschland seit 2007)<br />
Rothenhauschaussee 28, 21029<br />
Hamburg-Bergedorf<br />
Tel.: 040/72 97 79 77<br />
E-Mail: advisa@hamburg.de; Internet:<br />
www.advisa-hamburg.de<br />
Botschaft <strong>der</strong> Islamischen Republik<br />
<strong>Afghanistan</strong><br />
Handelsattaché <strong>der</strong> Afghanischen<br />
Botschaft: Diplom-Kaufmann<br />
Ghulam<br />
Taunusstr. 3, 14193 Berlin<br />
Tel.: 030/20 67 35 0; Fax:<br />
-20 67 35 25<br />
E-Mail: handelsattache@yahoo.<br />
com; Internet: www.botschaftafghanistan.de<br />
Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Technologie (BMWi)<br />
Tel. 030/18 615 0; Fax:<br />
-18 615 7010<br />
E-Mail: info@bmwi.bund.de;<br />
Internet: www.bmwi.de<br />
Bundesministerium für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung<br />
Ansprechpartnerin: Traudel Köhler<br />
Tel.: 030/25 03 28 59<br />
E-Mail: traudel.koehler@bmz.<br />
bund.de; Internet: www.bmz.bund.<br />
de<br />
Bundesverband <strong>der</strong> Deutschen<br />
Industrie e. V. (BDI)<br />
Tel.: 030/20 28 0; Fax:<br />
-20 28 24 50<br />
E-Mail: info@bdi.eu; Internet:<br />
www.bdi.eu<br />
Bundesverband Großhandel, Außenhandel,<br />
Dienstleistungen e.V.<br />
Tel.: 030/59 00 99 50; Fax:<br />
-59 00 99 5 19<br />
E-Mail: info@bga.de; Internet:<br />
www.bga-online.de<br />
Centrum für internationale<br />
Migration und Entwicklung (CIM)<br />
Tel.: 069/71 91 21-0; Fax:<br />
-71 91 21-19<br />
E-Mail: cim@giz.de; Internet: www.<br />
cimonline.de<br />
Commerzbank<br />
Ansprechpartner: Stephan Mondovits<br />
Tel.: 069/136 2 44 24; Fax:<br />
-136 2 28 37<br />
E-Mail: Stephan.Mondovits@<br />
commerzbank.com; Internet: www.<br />
commerzbank.com<br />
Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />
Zusammenarbeit<br />
Ansprechpartner: Marcel<br />
Schwickert<br />
Tel.: 06196/79-24 04<br />
E-Mail: marcel.schwickert@giz.de;<br />
Internet: www.giz.de<br />
Deutscher Industrie- und Handelskammertag<br />
e.V (DIHK)<br />
Tel. 030/203 08 – 0; Fax: -203 08-<br />
1000<br />
E-Mail: infocenter@dihk.de;<br />
Internet: www.dihk.de<br />
KfW Bankengruppe<br />
Ansprechpartner: Martin Jenner<br />
Tel.: 069/74 31-82 32<br />
E-Mail: martin.jenner@kfw.de;<br />
Internet: http://kfw.de<br />
Nah- und Mittelostverein e.V.<br />
(NUMOV)<br />
Jägerstraße 63 D, 10117 Berlin<br />
Tel: 030/20 64 10-0; Fax: -10<br />
E-Mail: numov@numov.de;<br />
Internet: www.numov.de<br />
Stiftung Wissenschaft und Politik<br />
Ansprechpartnerin: Citha D.<br />
Maaß<br />
Tel.: 030-88 00 70-0<br />
E-Mail: citha.maass@swp-berlin.<br />
org; Internet: www.swp-berlin.<br />
org.de<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 61
Verband Beraten<strong>der</strong> Ingenieure<br />
(VBI)<br />
Tel.: 030/260 62 0; Fax:<br />
-260 62 100<br />
E-Mail: vbi@vbi.de; Internet:<br />
www.vbi.de<br />
Informationsquellen<br />
<strong>Afghanistan</strong> Economic Update,<br />
The World Bank, Dec. 2010<br />
<strong>Afghanistan</strong> Geological Survey<br />
Internet: www.bgs.ac.uk/<br />
afghanminerals/<br />
Bundesanstalt für Geowissenschaften<br />
und Rohstoffe<br />
Deutsche Rohstoffagentur<br />
Internet: www.bgr.bund.de, www.<br />
deutsche-rohstoffagentur.de<br />
Central Statistics Organization<br />
Internet: http://cso.afghanistan.<br />
af<br />
Deutscher Bundestag, Drucksache<br />
17/2878, Antwort <strong>der</strong><br />
Bundesregierung auf eine Große<br />
Anfrage<br />
Internet: http://dipbt.bundestag.<br />
de<br />
Development Cooperation Report<br />
2010<br />
<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance<br />
(Daten zu ausländischer Hilfe,<br />
Partnern etc.)<br />
Internet: www.mof.gov.af<br />
Doing Business in <strong>Afghanistan</strong>:<br />
2011 Country Commercial Guide<br />
for U.S. Companies<br />
Internet: http://trade.gov/<br />
static/2011CCG_Afghan.pdf<br />
Evaluating U.S. Foreign Assistance<br />
To <strong>Afghanistan</strong><br />
Committee on Foreign Relations<br />
U.S. Senate, June 8, 2011<br />
Internet: www.gpoaccess.gov/<br />
congress/index.html<br />
Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong><br />
zur Unterrichtung des Deutschen<br />
Bundestags, Dezember 2010<br />
Internet: www.bundesregierung.<br />
de<br />
Main Investment Opportunities in<br />
<strong>Afghanistan</strong><br />
<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />
Agency<br />
Ministry of Mines, The Islamic<br />
Republic of <strong>Afghanistan</strong><br />
Business Plan 2010 - 2015,<br />
Synopsis<br />
62 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>
Kontakt<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Germany Trade and Invest<br />
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH<br />
Villemombler Straße 76<br />
53123 Bonn<br />
T. +49(0)228 24993-0<br />
F. +49(0)228 24993-212<br />
E-Mail: info@gtai.de<br />
Internet: www.gtai.de<br />
Autoren: Samira Akrach (Nah- und Mittelost-Verein); Cornelia H. Lehmann (advisa Unternehmensberatung);<br />
Michael Paulo (Centrum für internationale Migration und Entwicklung, CIM); Steffen Arnold, Hermann van<br />
Boemmel, Liane Hryca, Anna Janus, Elisaveta Kostova, Birgit Seibel (Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />
Zusammenarbeit); Ulrich Binkert, Jürgen Huster, Niko Sievert (Germany Trade & Invest)<br />
Redaktion:<br />
Ulrich Binkert, Tel. +49(0)228 249 93-267, E-Mail: Ulrich.Binkert@gtai.de<br />
Manfred Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: Manfred.Tilz@gtai.de<br />
Ansprechpartner: Manfred Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: Manfred.Tilz@gtai.de<br />
Redaktionsschluss: 10.06.2011<br />
Bestell-Nr.: 16186<br />
Preis: 30,- Euro<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung.<br />
Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt.<br />
Hauptsitz <strong>der</strong> Gesellschaft:<br />
Friedrichstraße 60, 10117 Berlin<br />
Geschäftsführer:<br />
Dr. Jürgen Friedrich, Michael Pfeiffer<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> des Aufsichtsrates:<br />
Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />
Registergericht:<br />
Amtsgericht Charlottenburg · Registernummer: HRB 107541 B<br />
Geför<strong>der</strong>t vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung für die neuen Bundeslän<strong>der</strong> aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de 63
Über uns<br />
Foto: © karssar - iStockphoto.com<br />
Germany Trade & Invest ist die Gesellschaft zur Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland. Sie unterstützt<br />
deutsche Unternehmen, die ausländische Märkte<br />
erschließen wollen, mit Außenwirtschaftsinformationen.<br />
Germany Trade & Invest wird geför<strong>der</strong>t vom Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung für die neuen Bundeslän<strong>der</strong> aufgrund<br />
eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.<br />
Germany Trade and Invest<br />
Gesellschaft für Außenwirtschaft<br />
und Standortmarketing mbH<br />
www.gtai.de<br />
Villemombler Straße 76<br />
53123 Bonn<br />
T. +49 (0)228 24993-0<br />
F. +49 (0)228 24993-212<br />
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