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Wirtschaftsleitfaden - Afghanistan - Perspektiven der ... - GIZ

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Wirtschaft<br />

<strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> - <strong>Afghanistan</strong><br />

- <strong>Perspektiven</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit -


2 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Inhalt<br />

5 Geschichte, Politik, Sicherheit<br />

5 Geschichte<br />

6 Politisches System<br />

7 Sicherheitslage<br />

9 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />

9 Wirtschaftsstruktur und -entwicklung<br />

10 Außenhandel<br />

14 Staatsfinanzen<br />

15 Landwirtschaft<br />

15 Allgemeine Lage und Bedeutung<br />

15 Produktion<br />

16 Außenhandel<br />

18 Geschäftschancen für deutsche Firmen<br />

20 Kontaktadressen<br />

21 Bergbau<br />

21 Allgemeine Lage und Bedeutung<br />

22 Gesetzlicher Rahmen<br />

22 Regelung des Vergabeprozesses<br />

23 Chancen und Herausfor<strong>der</strong>ungen für deutsche Firmen<br />

24 Investitionen und Projekte<br />

26 Kontaktadressen<br />

27 Infrastruktur<br />

27 Transport / Logistik<br />

28 Elektrizität<br />

28 Wasser<br />

29 Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />

29 Bauwirtschaft<br />

30 Chancen für deutsche Unternehmen<br />

31 Branchenstruktur und Geschäftspraxis<br />

31 Kontaktadressen<br />

32 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

32 Einleitung und Hintergrund<br />

32 Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

34 Investitionsrecht<br />

36 Arbeitsrecht / Arbeitnehmerentsendung<br />

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38 Zoll und Einfuhrverfahren<br />

38 Einfuhrabgaben, Zolltarif<br />

39 Warenbegleitpapiere<br />

39 Außertarifliche Zollbefreiungen<br />

40 Beson<strong>der</strong>e Zollverfahren<br />

40 Einfuhrverbote und -beschränkungen<br />

41 Kultureller Hintergrund<br />

41 Werte<br />

42 Verhaltensweisen<br />

44 Risiken im Umgang mit staatlichen Einrichtungen<br />

45 Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />

45 Bedeutung staatlicher Aufträge<br />

45 Umfang <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />

47 Deutsche Firmen und Entwicklungszusammenarbeit<br />

47 Ausschreibungs-Plattformen<br />

48 Umfang und Verwendung deutscher Entwicklungszusammenarbeit<br />

49 Beschaffung von Zivilgütern<br />

50 Kontaktadressen<br />

51 Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />

51 Erfahrungen und Einschätzungen deutscher Firmen<br />

53 Interviews<br />

53 ETC Power<br />

55 Afghanyar Construction Company Limited (ACCL International)<br />

57 Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />

59 Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.<br />

(BGA)<br />

60 Kontaktadressen und Informationsquellen<br />

4 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Geschichte, Politik, Sicherheit<br />

Geschichte, Politik,<br />

Sicherheit<br />

Geschichte<br />

<strong>Afghanistan</strong>, die Brücke zwischen<br />

West- und Südasien, war immer<br />

„Durchgangsland“. Alexan<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Große und viele an<strong>der</strong>e Herrscher<br />

des Iran und Zentralasiens haben<br />

das Land als Stützpunkt und Brücke<br />

für den Vorstoß nach Indien genutzt.<br />

Seit dem 7. Jahrhun<strong>der</strong>t kam es zur<br />

Verbreitung des Islam, <strong>der</strong> die vorherigen<br />

Religionen und Glaubensrichtungen<br />

ablöste.<br />

die Einflussbereiche von Warlords<br />

und Stammesfürsten zerfallen, die<br />

Sicherheit im Sinne von Unternehmen<br />

verkauften und Gewalt zur<br />

Durchsetzung ihrer ökonomischen<br />

Ziele einsetzten.<br />

Turkmenistan<br />

Towraghondi<br />

Herat<br />

Shindand<br />

Usbekistan<br />

Stammesgebiete nach Pakistan<br />

flohen. Im Dezember 2001 wurde<br />

auf <strong>der</strong> Petersberg-Konferenz eine<br />

Übergangsregierung gebildet, <strong>der</strong><br />

Paschtunenführer Hamid Karzai<br />

zum Regierungschef ernannt.<br />

Tadschikistan<br />

Kundus<br />

Kabul<br />

Jalalabad<br />

China<br />

Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts versuchten<br />

die Kolonialmächte Großbritannien<br />

und Russland zunehmend,<br />

<strong>Afghanistan</strong> unter ihre Kontrolle<br />

zu bringen. Der Festlegung<br />

<strong>der</strong> Durand-Linie als Grenzverlauf<br />

zwischen <strong>Afghanistan</strong> und Britisch-<br />

Indien waren zwei blutige Kriege<br />

zwischen England und <strong>Afghanistan</strong><br />

(1839 bis 1842 und 1878 bis 1890)<br />

vorausgegangen. Diese Grenzziehung,<br />

die bis heute gilt, fasste zahlreiche<br />

unterschiedliche Ethnien und<br />

Gesellschaftsstrukturen zusammen.<br />

Der dritte Anglo-Afghanische Krieg<br />

führte 1919 schließlich zur Unabhängigkeit<br />

<strong>Afghanistan</strong>s, das in den<br />

Folgejahren die Beziehungen zur<br />

UdSSR ausbaute.<br />

Seit Mitte <strong>der</strong> 1970er-Jahre herrschte<br />

ein blutiger Bürgerkrieg zwischen<br />

kommunistischen und religiösen<br />

Milizen. Zwischen 1979 und 1989<br />

besetzten sowjetische Truppen das<br />

Land. <strong>Afghanistan</strong> wurde durch den<br />

jahrelangen Krieg weitgehend zerstört<br />

und fragmentiert, gleichzeitig<br />

erstarkten radikale islamische Kräfte.<br />

Der Bürgerkrieg ließ das Land in<br />

Iran<br />

Lashkar<br />

Gah<br />

Kandahar<br />

Zaranj<br />

Im Jahr 1994 übernahmen die Taliban<br />

die Kontrolle über das südliche<br />

Paschtunistan entlang <strong>der</strong> pakistanischen<br />

Grenze. Seit <strong>der</strong> Grenzziehung<br />

im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t bestimmt<br />

die For<strong>der</strong>ung nach einem autonomen<br />

Paschtunenstaat <strong>Afghanistan</strong>s<br />

Innenpolitik und die Beziehungen<br />

zu Pakistan. Die Taliban wollen<br />

bis heute einen Gottesstaat nach<br />

frühislamischem Vorbild errichten.<br />

Ihre strenge Sittenmoral entspricht<br />

in vielen Punkten jedoch mehr dem<br />

Ehrbegriff des paschtunischen<br />

Verhaltenskodex (Paschtunwali)<br />

als dem islamischen Recht. Der 11.<br />

September 2001 verdeutlichte die<br />

Rolle <strong>Afghanistan</strong>s als Rückzugsgebiet<br />

militanter globaler Netzwerke.<br />

Die Operation „Enduring Freedom“<br />

entmachtete die Taliban, die daraufhin<br />

zum Teil in die paschtunischen<br />

Ghazni<br />

Pakistan<br />

Indien<br />

<strong>Afghanistan</strong> setzt sich aus vielen<br />

verschiedenen Ethnien, Sprachen<br />

und Religionen zusammen. Zum<br />

Islam bekennen sich 99% <strong>der</strong><br />

Afghanen, die Mehrheit davon sind<br />

Sunniten; Schiiten sind nach groben<br />

Schätzungen 15 bis 30%. Daneben<br />

gibt es nichtmuslimische Min<strong>der</strong>heiten<br />

in den Städten, vor allem<br />

Hindus und Sikhs. In <strong>Afghanistan</strong><br />

sind über 30 Sprachen im Gebrauch,<br />

die zu unterschiedlichen Sprachfamilien<br />

gehören. Dari und Paschtu<br />

sind die beiden Amtssprachen,<br />

im Norden und Nordwesten sind<br />

außerdem Usbekisch, Turkmenisch<br />

und Tadschikisch verbreitet. Die<br />

unzähligen Ethnien lassen sich oft<br />

schwer voneinan<strong>der</strong> unterscheiden,<br />

zumal auf keine offiziellen<br />

Volkszählungen zurückgegriffen<br />

werden kann. Viel wichtiger als die<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 5


Geschichte, Politik, Sicherheit<br />

ethnische Identität ist den Afghanen<br />

ihre lokale, stammesmäßige und<br />

familiäre Zugehörigkeit.<br />

Die lokalen Machtstrukturen sind<br />

recht facettenreich und umfassen<br />

sowohl Ordnungstrupps auf<br />

Dorf- o<strong>der</strong> Stammesebene als auch<br />

professionelle Milizen und militante<br />

Oppositionsgruppen. In Paktia, im<br />

Südosten des Landes, leben beispielsweise<br />

vornehmlich paschtunische<br />

Stämme. Die Identität mit dem<br />

Stamm sowie die Einhaltung des<br />

Ehren- und Rechtskodex (Paschtunwali)<br />

sind maßgeblich. Entscheidungen<br />

werden im Konsens in<br />

<strong>der</strong> Stammesversammlung (Jirga)<br />

getroffen. Die Stämme verfügen<br />

auch über ihre eigenen Polizeieinheiten,<br />

<strong>der</strong> Einfluss des Staates ist<br />

sehr gering.<br />

Die Situation in Kundus im Nordosten<br />

unterscheidet sich stark davon:<br />

Dort konzentriert sich die Macht<br />

auf die einzelnen Dörfer, bewaffnete<br />

Kommandeure sind durch ihre<br />

ethnische Herkunft mit an<strong>der</strong>en<br />

Kriegsfürsten verbunden. Im südafghanischen<br />

Kandahar wie<strong>der</strong>um<br />

sind die paschtunischen Stämme<br />

in großen Stammesverbänden<br />

organisiert, durch die starke Hierarchisierung<br />

bilden sich einzelne<br />

einflussreiche Machthaber heraus.<br />

Die lokalen Machtstrukturen sind<br />

demnach sehr unterschiedlich und<br />

werden durch ökonomische Faktoren<br />

beeinflusst, beispielsweise dem<br />

Drogenhandel.<br />

Politisches System<br />

Seit <strong>der</strong> Verabschiedung <strong>der</strong> bis<br />

heute gültigen Verfassung im Jahr<br />

2004 ist <strong>Afghanistan</strong> eine Islamische<br />

Republik mit einem präsidialen<br />

Regierungssystem. Die Verfassung<br />

gilt de jure als eine <strong>der</strong> demokratischsten<br />

<strong>der</strong> islamischen Welt und<br />

sieht die Gleichberechtigung <strong>der</strong><br />

Angehörigen aller Religionen und<br />

ethnischen Gruppen sowie <strong>der</strong> Geschlechter<br />

vor. Das Volk wählt den<br />

Präsidenten direkt für eine Dauer<br />

von fünf Jahren. Hamid Karzai ist<br />

seit 2001 Staats- und Regierungsoberhaupt<br />

sowie Oberbefehlshaber<br />

des Militärs. Die Nationalversammlung<br />

stellt die Legislative<br />

dar, die Judikative setzt sich aus<br />

dem Obersten Gerichtshof, dem<br />

Berufungsgericht und kleineren<br />

Fachgerichten zusammen.<br />

In <strong>der</strong> Realität allerdings ist das<br />

Vertrauen <strong>der</strong> Bevölkerung in die<br />

Regierung seit 2004 zunehmend<br />

gesunken, Korruption als Mittel zur<br />

Machtsicherung ist weit verbreitet.<br />

Laut Transparency International<br />

2009 sind <strong>Afghanistan</strong> und Somalia<br />

die korruptesten Län<strong>der</strong> weltweit.<br />

Foto: © <strong>GIZ</strong><br />

6 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Der afghanische Staat geht noch<br />

nicht ausreichend dagegen vor,<br />

Unterschlagungen sind nur selten<br />

nachweisbar. Die Bevölkerung<br />

bezeichnete die Korruption in einer<br />

aktuellen Umfrage noch vor <strong>der</strong><br />

Sicherheitslage und <strong>der</strong> hohen<br />

Arbeitslosigkeit als das größte Problem<br />

des Landes.<br />

Das große Ausmaß an Korruption<br />

wird vor allem <strong>der</strong> internationalen<br />

Hilfe angelastet. Mehr als zwei Drittel<br />

<strong>der</strong> Afghanen sind überzeugt,<br />

dass ein erheblicher Teil <strong>der</strong> Gel<strong>der</strong><br />

die Bevölkerung nie erreicht. Eine<br />

vermeintliche Involvierung <strong>der</strong> afghanischen<br />

Regierung wird weniger<br />

vermutet. Die afghanische Regierung<br />

indes sieht sich immer wie<strong>der</strong><br />

mit Vorwürfen <strong>der</strong> internationalen<br />

Gemeinschaft konfrontiert, die<br />

Bekämpfung <strong>der</strong> Korruption nicht<br />

angemessen voranzutreiben.<br />

Die Provinzgouverneure besitzen<br />

auf lokaler Ebene mehr Einfluss<br />

als die Zentralregierung in Kabul.<br />

Überhaupt gestaltet sich die<br />

Zentralisierung des Landes nach<br />

Jahrzehnten des Krieges schwierig.<br />

Die einzelnen Gouverneure werden<br />

zudem meist nicht nach Qualifikation,<br />

son<strong>der</strong>n nach Klientelinteressen<br />

eingesetzt.<br />

Dem Aufbau staatlicher Strukturen<br />

steht die Bevölkerung eher skeptisch<br />

gegenüber, wie die Bundesregierung<br />

im „Fortschrittsbericht<br />

<strong>Afghanistan</strong> zur Unterrichtung des<br />

Deutschen Bundestages“ vom Dezember<br />

2010 festhält. Verwaltungsund<br />

Justizapparat verfügen über<br />

schlecht ausgebildetes Personal<br />

und mangelnde Infrastruktur. Auch<br />

hier beherrschen Eigeninteressen<br />

die Entscheidungen. Vier Fünftel<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung konsultieren nach<br />

wie vor das informelle, traditionell<br />

geprägte Rechtssystem <strong>der</strong> Stammes-<br />

und Dorfräte (Schuren und<br />

Jirgas), vor allem auf dem Land. Der<br />

duale Charakter <strong>der</strong> Verfassung, <strong>der</strong><br />

Demokratie nur unter Vorbehalt <strong>der</strong><br />

Scharia zulässt, behin<strong>der</strong>t so in vielen<br />

Bereichen immens den Aufbau<br />

von Rechtsstaatlichkeit.<br />

Die Menschenrechte wurden in den<br />

letzten Jahren langsam, aber stetig<br />

besser gewahrt. Beson<strong>der</strong>s Frauen<br />

haben nun besseren Zugang zu Bildung<br />

und Gesundheitswesen sowie<br />

Möglichkeiten zur politischen Partizipation.<br />

Auch die Zivilgesellschaft<br />

wächst, zahlreiche nationale und<br />

internationale Organisationen haben<br />

sich im Land etabliert. Die Medienlandschaft<br />

hat sich in den vergangenen<br />

Jahren ebenso erweitert und<br />

sich pluralistischer ausgestaltet.<br />

Eine kritische Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit gesellschaftlichen und<br />

religiösen Themen bleibt allerdings<br />

weiterhin schwierig. Zivilgesellschaftliche<br />

Akteure, insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Medien, sind auch auf lokaler<br />

Ebene immer wie<strong>der</strong> Versuchen<br />

<strong>der</strong> politischen Einflussnahme<br />

ausgesetzt; ihre Arbeit ist zudem<br />

traditionell-religiösen Dogmen<br />

unterworfen. Seit 2001 wurden zwar<br />

wesentliche staatliche Institutionen<br />

neu geschaffen, die Fortschritte bei<br />

„guter Regierungsführung“ bleiben<br />

nach Auffassung <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

jedoch gering. Hierzu müsse<br />

auf afghanischer Seite ein Bewusstseinswandel<br />

erfolgen.<br />

Im Jahr 2005 fanden die ersten<br />

Parlaments- und Provinzratswahlen<br />

seit über 30 Jahren statt.<br />

Trotz Anschlagsdrohungen lag die<br />

Wahlbeteiligung bei 54%. Bei den<br />

Präsidentschaftswahlen 2009 wurde<br />

Karzai im Amt bestätigt, nachdem<br />

es Berichten zufolge im ersten<br />

Wahlgang Manipulationen gegeben<br />

hatte. Die Parlamentswahlen von<br />

2010 wurden von <strong>der</strong> brisanten<br />

Sicherheitslage überschattet. Im<br />

selben Jahr hat die afghanische<br />

Regierung erste Schritte zu einer<br />

politischen Konfliktlösung mit den<br />

Aufständischen eingeleitet. So<br />

werden Verhandlungen mit Talibanchefs<br />

geführt. Dies soll die Gruppe<br />

entradikalisieren und entmilitarisieren,<br />

damit sie in den politischen<br />

Aussöhnungsprozess eingeglie<strong>der</strong>t<br />

werden kann. Es bleibt allerdings<br />

abzuwarten, ob und inwieweit mit<br />

diesen Versuchen eine nachhaltige<br />

sicherheitspolitische Stabilisierung<br />

erreicht werden kann.<br />

Sicherheitslage<br />

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes<br />

2001 stimmte <strong>der</strong> Sicherheitsrat<br />

<strong>der</strong> UN für die Schaffung einer<br />

International Security Assistance<br />

Force (ISAF). Ziel war, einen<br />

souveränen und stabilen Staat zu<br />

schaffen. Dieses Ziel konnte bisher<br />

allerdings nur ansatzweise umgesetzt<br />

werden. So hat sich seit 2006<br />

die Sicherheitslage in <strong>Afghanistan</strong><br />

deutlich verschlechtert. Als Gründe<br />

gelten ungenügende Kapazitäten<br />

<strong>der</strong> nationalen und internationalen<br />

Sicherheitskräfte und zunehmende<br />

bewaffnete Aufstände im pakistanischen<br />

Grenzgebiet. Die NATO<br />

reagierte auf diese Gewalteskalation<br />

mit einer Aufstockung ihres<br />

Truppenkontingents. Ende Juli 2006<br />

übernahm die NATO-geführte ISAF<br />

im unruhigen Süden das Kommando<br />

von den US-Truppen.<br />

Neben den Aufständischen bedrohen<br />

weitere regierungsfeindliche<br />

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Geschichte, Politik, Sicherheit<br />

Gruppierungen, internationale<br />

Terrornetzwerke, Drogenkriminalität<br />

und ethnische Konflikte die<br />

Sicherheit <strong>der</strong> Bevölkerung und <strong>der</strong><br />

internationalen Truppen. Die regierungsfeindlichen<br />

Kräfte arbeiten<br />

im Norden laut Fortschrittsbericht<br />

meist mit Kriminellen aus dem Drogenmilieu<br />

und lokalen Machthabern<br />

zusammen. Sie wollen die Entwicklung<br />

eines starken und durchsetzungsfähigen<br />

Staates verhin<strong>der</strong>n,<br />

um ihre eigenen Ziele - oftmals mit<br />

Gewalt - durchzusetzen.<br />

Für die Stabilisierung des afghanischen<br />

Staates ist nach Ansicht <strong>der</strong><br />

Beteiligten <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> lokalen<br />

Sicherheitskräfte notwendig. Derzeit<br />

sind etwa 150.000 afghanische<br />

Soldaten und 113.000 Polizeikräfte<br />

aufgestellt. Bis Ende 2011 soll die<br />

Präsenz auf 306.000 Mann ausgebaut<br />

werden. Deutschland beteiligt<br />

sich an <strong>der</strong> Ausbildung afghanischer<br />

Soldaten und bewegt sich<br />

dabei im Spannungsfeld zwischen<br />

afghanischen und internationalen<br />

Vorstellungen. Beim Aufbau des<br />

afghanischen Polizeiwesens wurden<br />

Fortschritte erzielt. Hierzu zählen<br />

eine erhöhte Ausbildungskapazität<br />

sowie eine bessere Ausstattung <strong>der</strong><br />

lokalen Polizei. Bei Ausbildung und<br />

Finanzierung wird <strong>Afghanistan</strong> weiterhin<br />

auf internationale Unterstützung<br />

angewiesen sein. Deutschland<br />

verwendet einen Teil seiner zur<br />

Verfügung gestellten Mittel zur För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Infrastruktur und zum<br />

Ausbau von Trainingszentren.<br />

Heute konzentriert sich das internationale<br />

Kontingent nur noch auf den<br />

Bereich <strong>der</strong> Sicherheit. Die ISAF-<br />

Kräfte waren bis 2003 nur in Kabul<br />

stationiert, bis Ende 2006 wurden<br />

regionale Kommandos geschaffen.<br />

Nachdem 2010 ein Rückgang <strong>der</strong><br />

bewaffneten Aufstände zu verzeichnen<br />

war und die Lage in <strong>der</strong><br />

Hauptstadt Kabul relativ ruhig ist,<br />

sichern die ISAF-Kräfte heute die<br />

Arbeit ziviler Organisation und <strong>der</strong><br />

afghanischen Regierung. Ende 2011<br />

soll die schrittweise Übergabe des<br />

Sicherheitsbereiches an die afghanischen<br />

Sicherheitskräfte erfolgen.<br />

Deutschland hat auch darüber<br />

hinaus seine Unterstützung bei <strong>der</strong><br />

Ausbildung <strong>der</strong> Sicherheitskräfte<br />

zugesagt.<br />

Was die Sicherheitslage betrifft, gibt<br />

es große regionale sowie saisonale<br />

Unterschiede. Die südliche, süd-<br />

westliche und östliche Region des<br />

Landes ist beson<strong>der</strong>s unsicher. Der<br />

Norden, <strong>der</strong> im deutschen Verantwortungsbereich<br />

liegt, gilt dagegen<br />

als relativ stabil. Jedoch hat sich<br />

auch hier die Zahl <strong>der</strong> Anschläge<br />

seit 2006 deutlich erhöht. Die<br />

vermehrten Attentate in Kundus und<br />

Faryab erklären sich unter an<strong>der</strong>em<br />

mit <strong>der</strong> verstärkten Rückführung<br />

paschtunischer Flüchtlinge, die im<br />

Norden eine Min<strong>der</strong>heit bilden, aus<br />

Pakistan.<br />

Wer nach <strong>Afghanistan</strong> reist, sollte<br />

daher zuvor beim Auswärtigen Amt<br />

Erkundigungen über die aktuelle<br />

Lage einholen. Im Moment (Ende<br />

Mai 2011) rät das Amt von Reisen<br />

nach <strong>Afghanistan</strong> ab. „Wer dennoch<br />

reist, muss sich <strong>der</strong> Gefährdung<br />

durch terroristisch o<strong>der</strong> kriminell<br />

motivierte Gewaltakte bewusst<br />

sein“ (www.auswaertiges-amt.de/<br />

DE/Laen<strong>der</strong>informationen/00-SiHi/<br />

<strong>Afghanistan</strong>Sicherheit.html). Für<br />

die Einreise nach <strong>Afghanistan</strong> ist<br />

ein Visum erfor<strong>der</strong>lich, das bei <strong>der</strong><br />

afghanischen Botschaft in Berlin<br />

beantragt werden kann.<br />

Samira Akrach (Nah- und Mittelost-<br />

Verein)<br />

8 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />

Wirtschaftsstruktur<br />

und -entwicklung<br />

<strong>Afghanistan</strong> gehört zu den ärmsten<br />

Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt und belegte beim<br />

Human Development Index von 2009<br />

weltweit den vorletzten Platz. Trotz<br />

erheblicher Fortschritte im wirtschaftlichen<br />

und sozialen Bereich<br />

seit 2001 und hoher ökonomischer<br />

Wachstumsraten bleibt die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft stark von <strong>der</strong><br />

Sicherheitslage abhängig. Stabilste<br />

Regionen sind <strong>der</strong> Norden und <strong>der</strong><br />

Westen des Landes. Dort konnten<br />

sich in den Städten Mazar-e Sharif<br />

und Herat kleine industrielle Zonen<br />

entwickeln.<br />

Vor dem Hintergrund politischer<br />

Unsicherheiten und fehlen<strong>der</strong><br />

Rechtsstaatlichkeit spielen sich<br />

über vier Fünftel <strong>der</strong> Wirtschaft im<br />

informellen Sektor ab. Insofern sind<br />

die offiziellen Zahlen lediglich eine<br />

Annäherung an die Wirklichkeit.<br />

Je nach Quelle differieren einzelne<br />

Daten beträchtlich.<br />

Nach offiziellen Zahlen stieg das<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009<br />

um über 22%. Gründe waren eine<br />

Rekor<strong>der</strong>nte und ein florieren<strong>der</strong><br />

Dienstleistungssektor, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um<br />

von <strong>der</strong> hohen finanziellen Unterstützung<br />

des Auslands gespeist<br />

wird. Für 2010 bis 2012 schätzt<br />

<strong>der</strong> Internationale Währungsfonds<br />

(IWF) das BIP-Wachstum auf immer<br />

noch 7 bis 8% pro Jahr. Der Wert<br />

des Geldes hat laut IWF 2009 sogar<br />

zugenommen, während die - zuvor<br />

Wirtschaftliche Eckdaten<br />

Indikator 2006 2007 2008 2009<br />

BIP-Wachstum (real, %) 8,2 14,2 3,4 22,5<br />

BIP pro Kopf (gerundet, US$) 300 370 440 500<br />

BIP pro Kopf (Kaufkraftparität,<br />

US$) *) 620 708 724 856<br />

BIP (Mrd. US$) 7,7 9,7 12,0 14,2<br />

Entstehung (Anteil in %): *)<br />

.Landwirtschaft 38,8 37,5 31,6 k.A.<br />

.Industrie, Bau 26,6 24,9 26,3 k.A.<br />

.Dienstleistungen 34,5 37,6 42,1 k.A.<br />

Verwendung (Anteil in %) *)<br />

.Privatkonsum 98,4 98,1 97,9 k.A.<br />

.Staatskonsum 9,9 10,6 10,0 k.A.<br />

.Bruttoanlageinvestitionen 32,8 30,6 27,6 k.A.<br />

.Exporte 22,9 17,3 17,2 k.A.<br />

.Importe 64,0 56,6 52,7 k.A.<br />

Bevölkerung (Mio.) 25,4 26,3 27,2 28,2<br />

Exporte (fob, Mrd. US$) 0,42 0,45 0,55 0,40<br />

Importe (cif, Mrd. US$) 2,74 3,02 3,02 3,34<br />

Inflation (%) *) 5,1 13,0 26,8 -12,2<br />

*) Fiskaljahr (21.3. bis 20.3.)<br />

Quellen: Internationaler Währungsfonds (IWF; BIP nach Kaufkraftparität, Inflation); Asian Development<br />

Bank (ADB; BIP-Zusammensetzung, Außenhandel); Economist Intelligence Unit (EIU; übrige Werte)<br />

sehr hohe - Inflation in den beiden<br />

Folgejahren wie<strong>der</strong> knapp zweistellig<br />

ausfallen dürfte.<br />

Im Laufe <strong>der</strong> letzten Jahre haben<br />

sich die Anteile <strong>der</strong> einzelnen Wirtschaftssektoren<br />

am BIP verschoben.<br />

Die Landwirtschaft bildet nach<br />

wie vor die Haupteinnahmequelle<br />

<strong>der</strong> vorwiegend ländlichen Bevölkerung.<br />

Nach Zahlen <strong>der</strong> Asian De-<br />

velopment Bank (ADB) waren dort<br />

2004 noch 70% aller Beschäftigten<br />

tätig, und vier von fünf Afghanen leben<br />

auf dem Land. Allerdings nahm<br />

<strong>der</strong> Anteil des primären Sektors am<br />

BIP laut ADB zwischen 2002 und<br />

2008 von 45 auf 32% ab.<br />

Gleichzeitig stieg <strong>der</strong> Beitrag von<br />

Industrie und Bau von 20 auf 26%.<br />

Die Bauwirtschaft erlebte in den<br />

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Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />

letzten Jahren einen regelrechten<br />

Boom. Sie erbrachte 2008 gut 9%<br />

<strong>der</strong> Wirtschaftsleistung.<br />

Der Anteil <strong>der</strong> Dienstleistungen erhöhte<br />

sich im genannten Zeitraum<br />

von 35 auf 42%. Beson<strong>der</strong>s rasant<br />

entwickelt sich die Telekommunikation.<br />

Mittlerweile gibt es nach Branchenschätzung<br />

17 Mio. Mobilfunk-<br />

Nutzer im Land, nachdem 2002<br />

praktisch noch niemand ein Handy<br />

hatte. Bei <strong>der</strong> Zentralbank sind 14<br />

Geschäftsbanken registriert. Das<br />

größte Kreditinstitut ist die Kabul<br />

Bank, die in jüngerer Zeit wegen<br />

Missmanagements kritisiert worden<br />

ist.<br />

<strong>Afghanistan</strong> ist reich an Ressourcen,<br />

die aber <strong>der</strong>zeit kaum genutzt<br />

werden - es fehlt an Infrastruktur,<br />

Transportmöglichkeiten, verarbeiten<strong>der</strong><br />

Industrie und nicht zuletzt an<br />

Sicherheit. Großes Potenzial besteht<br />

im Bergbau, speziell in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

von Kupfer und Eisen.<br />

Nach Angaben <strong>der</strong> deutschen<br />

Botschaft in Kabul lockt <strong>Afghanistan</strong><br />

immer mehr ausländische<br />

Investoren an, darunter auch eine<br />

Reihe deutscher Unternehmen.<br />

Schwerpunktsektoren ausländischer<br />

Unternehmen sind demnach<br />

Bauwirtschaft, Telekommunikation,<br />

Leichtindustrie, Beratungs- und<br />

Dienstleistungen sowie die Weiterverarbeitung<br />

landwirtschaftlicher<br />

Erzeugnisse.<br />

Wichtigster Faktor <strong>der</strong> afghanischen<br />

Schattenwirtschaft bleibt <strong>der</strong><br />

Drogenhandel, für den <strong>Afghanistan</strong><br />

ein Zentrum ist. Mitte <strong>der</strong> 2000er-<br />

Jahre ist das Land zum weltweit<br />

führenden Drogenproduzenten<br />

avanciert. Derzeit beträgt <strong>der</strong> Anteil<br />

am illegalen Weltmarkt für Opiate<br />

(Opium, Morphin, Heroin) 93%.<br />

Seit kurzem ist <strong>Afghanistan</strong> nach<br />

Angaben <strong>der</strong> Stiftung Wissenschaft<br />

und Politik in Berlin auch wie<strong>der</strong><br />

zum führenden Produzenten von<br />

Cannabis (Haschisch) geworden.<br />

Mohn und Opium werden zumeist in<br />

den Westen geschmuggelt, <strong>der</strong> Drogenkonsum<br />

hat aber auch immense<br />

Probleme für die Bevölkerung<br />

<strong>Afghanistan</strong>s und <strong>der</strong> umliegenden<br />

Staaten geschaffen.<br />

<strong>Afghanistan</strong> bleibt auf finanzielle<br />

Unterstützung vom Ausland angewiesen.<br />

Die Beiträge <strong>der</strong> internationalen<br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

sind zwischen 2001 und 2008<br />

verzehnfacht worden. Innerhalb<br />

<strong>der</strong> EU ist Deutschland inzwischen<br />

führen<strong>der</strong> Geber. Die KfW Entwicklungsbank<br />

und die Deutsche<br />

Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit (<strong>GIZ</strong>) sind in einer<br />

Vielzahl von Programmen aktiv. Die<br />

daran beteiligten ausländischen Firmen<br />

kommen oft aus Deutschland.<br />

Außenhandel<br />

Importe halten manche Wirtschaftsbereiche<br />

<strong>Afghanistan</strong>s buchstäblich<br />

am Leben. Viele <strong>der</strong> eingesetzten<br />

Güter stammen aus dem Ausland,<br />

so muss selbst die Bauwirtschaft<br />

fast allen Zement und den Großteil<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en benötigten Materialien<br />

importieren. Die amtlichen Zahlen<br />

zum Außenhandel spiegeln dies nur<br />

im Ansatz wi<strong>der</strong>. Selbst im Statistischen<br />

Jahrbuch <strong>Afghanistan</strong>s ist<br />

vermerkt, die aufgeführten Zahlen<br />

umfassten keine geschmuggelten,<br />

reexportierten und Duty-Free-Güter.<br />

Offiziell betrugen die Exporte 2008<br />

dem Jahrbuch zufolge gut 0,5 Mrd.<br />

US$ und die Importe 3 Mrd. US$.<br />

Die Economist Intelligence Unit<br />

(EIU) nennt 2,2 Mrd. beziehungsweise<br />

8,8 Mrd. US$, was in etwa<br />

den Daten <strong>der</strong> Zahlungsbilanz<br />

entspricht. Die EIU-Werte hätten<br />

2008 immerhin drei Viertel <strong>der</strong><br />

Wirtschaftsleistung entsprochen,<br />

bei einem Handelsbilanzdefizit von<br />

stolzen 55% des BIP.<br />

Die geringen, offiziell ausgewiesenen<br />

Exporte <strong>Afghanistan</strong>s bestehen<br />

hauptsächlich aus getrocknetem<br />

Obst und an<strong>der</strong>en landwirtschaftlichen<br />

Erzeugnissen. Teppiche als<br />

zweitwichtigste Ausfuhrware gelten<br />

als Industrieprodukt. Bei den Einfuhren<br />

entfällt wertmäßig <strong>der</strong> größte<br />

Einzelposten auf Treibstoffe. Es<br />

folgen Autos und Maschinen, Nahrungsmittel<br />

und Haushaltsartikel.<br />

Das Importwachstum wird sich in<br />

den nächsten beiden Jahren nach<br />

Einschätzung <strong>der</strong> EIU verlangsamen.<br />

Kapitalgüter spielen demnach<br />

eine größere Rolle, hauptsächlich<br />

wegen des Aufbaus <strong>der</strong> Kupfermine<br />

Aynak. Bedarf sollte auch die<br />

Erstellung von Infrastruktur mit<br />

ausländischem Geld schaffen. Der<br />

gesamte Außenhandel dürfte von<br />

größerem Transithandel zwischen<br />

Pakistan und den zentralasiatischen<br />

Republiken profitieren. Rückenwind<br />

erhoffen sich die Verantwortlichen<br />

durch das Afghan-Pakistan Transit<br />

Trade Agreement, das im Oktober<br />

2010 unterzeichnet wurde und den<br />

letzten Informationen zufolge Mitte<br />

2011 in Kraft treten sollte.<br />

10 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Exporte (Mio. US$, fob) *)<br />

550<br />

500<br />

545<br />

n 2008 n 2009<br />

450<br />

400<br />

403<br />

350<br />

300<br />

250<br />

245<br />

200<br />

150<br />

100<br />

181 199<br />

148<br />

50<br />

0<br />

11 29<br />

Insgesamt Getrocknetes Obst Teppiche Heilpflanzen Frisches Obst Felle, Häute<br />

*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />

Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />

41<br />

23 21<br />

6<br />

© Germany Trade & Invest<br />

Importe (Mio. US$, cif) *)<br />

3500<br />

3000<br />

3.337<br />

3.020<br />

n 2008 n 2009<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

546<br />

740<br />

576 688<br />

277 328<br />

0<br />

Insgesamt Öl, Treibstoff Maschinen, Kfz Medikamente, Nahrungsmittel Metalle<br />

Ausrüstungen<br />

Haushaltsartikel<br />

*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />

Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />

594<br />

646<br />

500<br />

587<br />

433<br />

317<br />

© Germany Trade & Invest<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 11


Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />

Hauptabnehmerlän<strong>der</strong> (Mio. US$, fob) *)<br />

550<br />

500<br />

545<br />

n 2008 n 2009<br />

450<br />

400<br />

403<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

264<br />

191<br />

150<br />

136<br />

100<br />

76<br />

50<br />

0<br />

Insgesamt Pakistan Indien Iran Russland USA<br />

*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />

Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />

18<br />

41<br />

37 26<br />

2 17<br />

© Germany Trade & Invest<br />

Hauptlieferlän<strong>der</strong> (Mio. US$, cif) *)<br />

3500<br />

3000<br />

3.337<br />

3.020<br />

n 2008 n 2009<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

876<br />

500<br />

0<br />

501<br />

430 489<br />

360 368 337 308<br />

165 291<br />

200 177 98 198 65 145<br />

65 145<br />

Insgesamt Usbekistan VR China Japan Pakistan Kasachstan Russland Iran Deutschland Indien<br />

*) Fiskaljahr (laut Quelle)<br />

Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-2010<br />

© Germany Trade & Invest<br />

12 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Wichtigste Handelspartner <strong>Afghanistan</strong>s<br />

sind die Nachbarlän<strong>der</strong>.<br />

Bedeutendster Kunde ist Pakistan,<br />

führende Lieferlän<strong>der</strong> waren 2009<br />

Usbekistan und die VR China.<br />

Für Deutschlands Außenhandel hat<br />

<strong>Afghanistan</strong> kaum Bedeutung. Als<br />

Kunde kam das Land am Hindukusch<br />

2010 mit immerhin 269 Mio.<br />

Euro Exportwert auf den 91.<br />

Rang, hinter den Marshallinseln<br />

und vor Island. Unter den Lieferanten<br />

lag <strong>Afghanistan</strong> mit nur 24 Mio.<br />

Euro abgeschlagen auf dem 136.<br />

Platz, eingerahmt von Jordanien<br />

und Nicaragua.<br />

Teppiche die Grenzen. Es ist anzunehmen,<br />

dass deutsche Exporteure<br />

etliche Lieferungen über die VAE<br />

und an<strong>der</strong>e Drittlän<strong>der</strong> abwickeln.<br />

Euler Hermes wies von 2008 bis<br />

2011 zu keinem Zeitpunkt ein<br />

Deckungsvolumen im <strong>Afghanistan</strong>-<br />

Geschäft aus, es hatte also keine<br />

Geschäfte über den Kreditversicherer<br />

gegeben. In den Jahren<br />

davor hatte es ebenfalls nur wenige<br />

Transaktionen geben.<br />

Foto: © ACCI<br />

Deutschland verkauft nach <strong>Afghanistan</strong><br />

im Wesentlichen Fahrzeuge,<br />

Maschinen, Elektrotechnik und<br />

an<strong>der</strong>e Industriewaren. Umgekehrt<br />

passieren mehrheitlich Obst und<br />

Deutsche Importe aus <strong>Afghanistan</strong> (Mio. Euro)<br />

Produkt 2008 2009 2010<br />

Genießbare Früchte und Nüsse 0,89 2,19 13,50<br />

Zusammenstellung verschiedener Waren 0,30 0,17 8,55<br />

Teppiche, Fußbodenbelag aus Spinnstoff 0,70 0,37 0,47<br />

Elektrotechnische Erzeugnisse 0,13 0,76 0,01<br />

Pelzfelle, künstliches Pelzwerk 0,39 0,12 0,18<br />

Waren aus Eisen o<strong>der</strong> Stahl 0,00 0,28 0,27<br />

Maschinen, Apparate, mechanische Geräte 0,04 0,02 0,33<br />

Ölsamen, Heilpflanzen 0,05 0,09 0,22<br />

Ätherische Öle, Riech-, Schönheitsmittel 0,11 0,13 0,00<br />

Insgesamt 2,76 4,24 23,71<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

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Wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />

Deutsche Exporte nach <strong>Afghanistan</strong> (Mio. Euro)<br />

Produkt 2008 2009 2010<br />

Kraftfahrzeuge 87,2 94,1 104,5<br />

Maschinen, Apparate, mechanische Geräte 38,1 30,3 18,2<br />

Elektrotechnische Erzeugnisse 26,3 16,5 24,2<br />

Möbel, Beleuchtungskörper 19,6 10,1 16,5<br />

Zusammenstellung verschiedener Waren 12,0 4,8 28,4<br />

Verschiedene Lebensmittelzubereitungen 12,1 10,3 9,2<br />

Schienenfahrzeuge 13,7 4,4 8,6<br />

Waren aus Eisen/Stahl 12,1 3,9 5,0<br />

Optische, photographische Erzeugnisse 5,8 7,0 5,4<br />

Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten, Essig 4,7 5,3 5,5<br />

Insgesamt 267,5 224,9 269,1<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

Staatsfinanzen<br />

<strong>Afghanistan</strong>s Staat hängt finanziell<br />

am Tropf des Auslands, das<br />

für einen großen Teil des Budgets<br />

aufkommt. Die Staatseinnahmen<br />

aus dem Land selbst erreichten<br />

2009/2010 laut IWF nur gut 10% des<br />

BIP. Dieser Anteil soll im Folgejahr<br />

knapp 11% erreichen, er bleibt damit<br />

im weltweiten Vergleich jedoch<br />

einer <strong>der</strong> niedrigsten.<br />

Im Vergleich zum Beginn des<br />

Wie<strong>der</strong>aufbaus allerdings haben<br />

sich die Staatsfinanzen positiv<br />

entwickelt, zumal die Einnahmen<br />

2002/2003 nur gut 3% des BIP<br />

erreicht hatten. Grund für die deutlichen<br />

Einnahmesteigerungen des<br />

Fiskus in den letzten Jahren waren<br />

ein großes Plus bei den Einkünften<br />

aus Zöllen sowie mehr Zuflüsse aus<br />

<strong>der</strong> Vergabe von Mobilfunklizenzen<br />

und aus Steuern auf Einkommen,<br />

Gewinne und Umsätze. Reformen<br />

des Finanzministeriums mit<br />

Unterstützung <strong>der</strong> internationalen<br />

Gemeinschaft machten es möglich,<br />

die mit dem IWF vereinbarten Zielmarken<br />

sogar zu übertreffen.<br />

Damit konnte <strong>der</strong> afghanische Staat<br />

zuletzt einen größeren Teil <strong>der</strong> laufenden<br />

Kosten durch eigene Einnahmen<br />

decken. Steigende Ausgaben<br />

für die Sicherheit erschweren in<br />

den kommenden Jahren jedoch eine<br />

weitere Zunahme, zumal <strong>Afghanistan</strong><br />

schrittweise einen größeren<br />

Eigenbeitrag zur Finanzierung<br />

seiner Sicherheitskräfte leisten soll.<br />

Entlastet wurde <strong>der</strong> Fiskus durch<br />

verschiedene Schuldenerlasse, die<br />

laut IWF insgesamt 96% <strong>der</strong> 12 Mrd.<br />

US$ Auslandsschulden von 2006<br />

tilgten. Die Bundesregierung hat<br />

sämtliche Altschulden erlassen.<br />

Prüfungen <strong>der</strong> Weltbank aus den<br />

Jahren 2005 und 2008 haben<br />

ergeben, dass sich das Fiskalwesen<br />

verbessert hat. <strong>Afghanistan</strong><br />

wurde deutlich besser bewertet als<br />

vergleichbare Län<strong>der</strong> mit niedrigem<br />

Einkommen. Die Regierung hatte<br />

Verwaltungsvorschriften zu öffentlichen<br />

Ausschreibungen erneuert und<br />

die Finanzämter in den Provinzen<br />

reformiert. Dennoch gibt es weiterhin<br />

Probleme bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />

von Investitionsvorhaben: Im<br />

Haushaltsjahr 2009/10 wurden nur<br />

39% <strong>der</strong> budgetierten Investitionen<br />

umgesetzt, nachdem es zwei Jahre<br />

zuvor immerhin noch 54% waren.<br />

Als Ursachen sind neben unzureichenden<br />

Kenntnissen über die neuen<br />

Ausschreibungsverfahren auch<br />

unrealistische Haushaltsansätze<br />

und Verzögerungen durch Probleme<br />

mit <strong>der</strong> Sicherheit zu nennen.<br />

Samira Akrach (Nah- und Mittelost-<br />

Verein)<br />

14 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Landwirtschaft<br />

Foto: © ACCI<br />

Landwirtschaft<br />

Allgemeine Lage und<br />

Bedeutung<br />

Die Landwirtschaft ist mit Abstand<br />

<strong>der</strong> wichtigste Wirtschaftssektor<br />

<strong>Afghanistan</strong>s. Zusammen mit ihren<br />

Vorstufen und <strong>der</strong> Weiterverarbeitung<br />

sichert sie 85% <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

den Lebensunterhalt. Etwa<br />

46% <strong>der</strong> Landesfläche wird für<br />

Weidewirtschaft genutzt, 39% ist<br />

gebirgig o<strong>der</strong> bewohnt, 3% besteht<br />

aus Wald und nur 12% ist landwirtschaftlich<br />

nutzbar. Davon wie<strong>der</strong>um<br />

wird laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical<br />

Yearbook <strong>der</strong>zeit nur die Hälfte kultiviert.<br />

Hauptsächlich angebaut wird<br />

Getreide (Weizen, Roggen, Reis),<br />

außerdem Hülsenfrüchte, Kartoffeln,<br />

Obst und Nüsse.<br />

Die Landwirtschaft beschränkt sich<br />

wegen Topografie und Klima im Wesentlichen<br />

auf die Gebirgsfußoasen<br />

am Nord-, West- und Südrand des<br />

zentralen Hochlandes, die Beckenlandschaften<br />

<strong>der</strong> Kabul-Region und<br />

die Flusstäler an <strong>der</strong> pakistanischen<br />

Grenze. Von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung<br />

sind bewässerte Flächen.<br />

Trotz massiver Zerstörungen als<br />

Kriegsfolge liefern sie noch immer<br />

85% <strong>der</strong> Ernten. Der Rückgang<br />

<strong>der</strong> Irrigationsfläche um 60% seit<br />

1978 hat <strong>Afghanistan</strong> von einem<br />

Land, das sich nahezu selbst mit<br />

Nahrungsmitteln versorgt, zu einem<br />

größeren Importeur von Getreide,<br />

Obst und Gemüse gemacht.<br />

Seit 2001 hat <strong>der</strong> Agrarsektor<br />

seine Produktion durch den Einsatz<br />

verbesserter Anbaumethoden und<br />

Düngemitteln gesteigert. Die Erträge<br />

sind aber stark abhängig von<br />

den Witterungsbedingungen; so war<br />

2008 ein Dürrejahr. Hinzu kommen<br />

Wassermangel und unzureichende<br />

Transport- und Lagerkapazitäten.<br />

Das afghanische Ministerium für<br />

ländlichen Wie<strong>der</strong>aufbau und<br />

Entwicklung gründete 2003 das<br />

National Solidarity Program, das<br />

von afghanischen und internationalen<br />

Nichtregierungsorganisationen<br />

umgesetzt wird. Dazu hat das Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ) bislang 44 Mio. Euro beigesteuert.<br />

Produktion<br />

Sortenvielfalt und Qualität des<br />

afghanischen Obstes sind berühmt.<br />

Wichtige Anbauregionen sind die<br />

Oase von Herat, die Schomali-<br />

Ebene nördlich von Kabul (Weintrauben),<br />

die Oase von Kandahar<br />

(Granatäpfel) sowie das Panjshir-Tal<br />

(Aprikosen).<br />

Mit über 83% des Getreideverbrauchs<br />

ist Weizen das wichtigste<br />

Grundnahrungsmittel. Er ist zugleich<br />

Hauptanbauprodukt, sowohl<br />

auf bewässertem als auch auf<br />

nicht bewässerten Böden. In den<br />

subtropischen Gebieten des Südens<br />

und Südostens kommen Reis,<br />

Gerste und Hülsenfrüchte hinzu. Im<br />

Zuge <strong>der</strong> beginnenden agrarischen<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

wurden nicht heimische Anbaupflanzen<br />

wie Mais und Kartoffeln<br />

eingeführt, ebenso Baumwolle als<br />

Rohstoffpflanze für die sich entwickelnde<br />

Textilindustrie.<br />

<strong>Afghanistan</strong> gilt weltweit als einer<br />

<strong>der</strong> Hotspots <strong>der</strong> Biodiversität:<br />

In dem Land kommen über 4.000<br />

Pflanzenarten vor. Fast ein Drittel<br />

davon ist endemisch, also ausschließlich<br />

dort heimisch. Kreuz-<br />

kümmel (Cumin) und Süßholz gehören<br />

zu den bekanntesten Wildkräutern<br />

des Landes. Gemüse spielt im<br />

Anbau eine untergeordnete Rolle.<br />

Es wird von Kleinbauern für den Eigengebrauch<br />

und die Vermarktung<br />

auf dem lokalen Basar produziert.<br />

Unter 10% des bewässerten Landes<br />

wird für die Gemüseproduktion<br />

verwendet. Die Boden- und Klimabedingungen<br />

in <strong>der</strong> Region Herat<br />

sind ideal für die Produktion von<br />

Safran. Seit 2004 verdoppelt sich die<br />

Anbaumenge dort jährlich.<br />

Viehzucht wird in <strong>Afghanistan</strong><br />

größtenteils extensiv betrieben. Die<br />

Hauptproduzenten sind paschtunische<br />

Nomaden, die hauptsächlich<br />

Schafe halten und in Wan<strong>der</strong>wirtschaft<br />

zwischen den Sommerweiden<br />

des zentralen Hochlandes und<br />

den wintermilden Steppen des<br />

Südwestens beziehungsweise <strong>der</strong><br />

pakistanischen Indusebene ziehen.<br />

Das ausgedehnte, aber meist karge<br />

Grasland bietet für diese Nutzung<br />

gute Voraussetzungen. Die Zahl <strong>der</strong><br />

Nomaden wird auf 1 Mio. geschätzt,<br />

<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Tierproduktion an <strong>der</strong><br />

gesamten (wertmäßigen) Agrarproduktion<br />

auf etwa 30%. Le<strong>der</strong>verarbeitung<br />

gehört zu den bedeutenden<br />

ländlichen Einkommensquellen.<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 15


Landwirtschaft<br />

Landwirtschaftliche Produktion 2008<br />

Produkt Wert (Mio. US$) *) Produktion (1.000 t)<br />

Weizen 376,0 2.623,0<br />

Kuhmilch 348,3 1.390,8<br />

Rindfleisch 275,0 132,3<br />

Lammfleisch 171,9 86,9<br />

Trauben 162,4 364,4<br />

Gemüse (frisch), sonstiges 112,6 699,9<br />

Reis 82,9 612,0<br />

Ziegenfleisch 63,3 41,6<br />

Schafsmilch 55,0 162,0<br />

Mandeln mit Schale 43,9 42,0<br />

Beeren, an<strong>der</strong>e 39,2 47,0<br />

Kartoffeln 37,7 280,0<br />

Ziegenmilch 34,0 112,8<br />

Sesamsamen 27,7 32,0<br />

Baumwolle 27,5 18,5<br />

Hähnchen 24,2 20,7<br />

Gerste 23,3 333,0<br />

Mais 22,2 280,0<br />

Wassermelonen 20,9 200,0<br />

Wolle, ungewaschen 16,2 12,8<br />

*) Basis: internationale Preise<br />

Quelle: Food and Agriculture Organization (FAO) (http://faostat.fao.org/site/339/default.aspx)<br />

Fast alle Ziegen sind Kaschmir-<br />

Ziegen. Die Qualität <strong>der</strong> Faser ist<br />

hochwertig und liegt dicht hinter <strong>der</strong><br />

aus <strong>der</strong> Mongolei und China. <strong>Afghanistan</strong><br />

ist <strong>der</strong> drittgrößte Produzent<br />

von Kaschmir-Faser. Rin<strong>der</strong>haltung<br />

ist häufig als Nebenerwerb bei Kleinbauern<br />

<strong>der</strong> bewässerten Flussoasen<br />

zu finden. Kleinviehhaltung (Hühner,<br />

Ziegen) ist im ganzen Land bis in<br />

städtische Milieus hinein verbreitet.<br />

Forstwirtschaft gibt es kaum noch.<br />

Die ökologischen und ökonomischen<br />

Konsequenzen (Erosion, Mangel an<br />

Brennmaterial und Bauholz) sind<br />

schwer kalkulierbar und machen<br />

Wie<strong>der</strong>aufforstung zu einem<br />

wichtigen Aspekt. Die bestehenden<br />

Waldgebiete liegen im östlichen<br />

Landesteil, in Höhen ab 2.000 bis<br />

4.000 m. Die Bestände, welche die<br />

Food and Agriculture Organization<br />

<strong>der</strong> Vereinten Nationen (FAO) für<br />

1992 mit 1,9 Mio. ha angegeben hat,<br />

sind durch Raubbau (zur Brennholzgewinnung),<br />

Überweidung und<br />

jahrzehntelangen Kantholzschmug-<br />

gel nach Pakistan stark in Mitleidenschaft<br />

gezogen.<br />

Außenhandel<br />

Der bedrückende Zustand von<br />

<strong>Afghanistan</strong>s Landwirtschaft und<br />

weiterverarbeitenden Branchen<br />

zeigt sich im Außenhandel. Mit dem<br />

Hauptausfuhrprodukt Obst (getrocknet<br />

und frisch) verdiente <strong>Afghanistan</strong><br />

2008 im Ausland gerade einmal 286<br />

Mio. US$, so die nationale Statistik.<br />

Gleichzeitig summierten sich die<br />

Nahrungsmittelimporte auf 500<br />

Mio. US$. Die FAO, die ihren Zahlen<br />

an<strong>der</strong>e Berechnungen zugrunde legt<br />

und den illegalen Handel mit Daten<br />

<strong>der</strong> Partnerlän<strong>der</strong> besser erfasst,<br />

kommt für 2008 gar auf Lebensmittelimporte<br />

von über 1,5 Mrd. US$.<br />

Die Daten zeigen auch, dass die Agrargüter<br />

bisher kaum weiterverarbeitet<br />

werden: Während <strong>Afghanistan</strong><br />

viele Nahrungsmittel importieren<br />

muss, stehen auf <strong>der</strong> Ausfuhrliste<br />

praktisch nur landwirtschaftliche<br />

Roherzeugnisse. Bei Grundnahrungsmitteln<br />

ist <strong>Afghanistan</strong> seit<br />

dem Krieg im Wesentlichen auf<br />

Importe angewiesen. Davor war das<br />

Land in <strong>der</strong> Lage, sich mit allen wesentlichen<br />

Nahrungsmitteln selbst<br />

zu versorgen und in Einzelsegmenten<br />

sogar Weltmarktführer zu sein.<br />

Bis in die 1980er-Jahre hatten<br />

afghanische Trockenfrüchte einen<br />

Weltmarktanteil von nahezu 60%.<br />

Stark war das Land vor allem bei<br />

Rosinen, Aprikosen und Mandeln.<br />

Heute scheitert eine Verwertung für<br />

den Export an <strong>der</strong> unzureichenden<br />

Weiterverarbeitung <strong>der</strong> Früchte, sodass<br />

afghanisches Obst außerhalb<br />

<strong>der</strong> Landesgrenzen relativ selten<br />

angeboten wird.<br />

16 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Der Agrarsektor war schon immer<br />

<strong>der</strong> wichtigste Teil <strong>der</strong> afghanischen<br />

Exportwirtschaft und wird dies<br />

auch auf absehbare Zukunft hin<br />

bleiben. Grund ist <strong>der</strong> Reichtum an<br />

natürlichen Ressourcen, die ideale<br />

Rahmenbedingungen für die Produktionen<br />

von Trockenfrüchten und<br />

Nüssen liefern, sowie die räumliche<br />

Nähe zu stark wachsenden Märkten<br />

(VR China, Indien, Pakistan, Iran), in<br />

denen <strong>Afghanistan</strong> historisch eine<br />

gute Marktposition hat.<br />

Geschäftschancen für<br />

deutsche Firmen<br />

Relativ kurzfristige Geschäftsmöglichkeiten<br />

bieten in <strong>Afghanistan</strong><br />

<strong>der</strong> Einkauf landwirtschaftlicher<br />

Produkte und <strong>der</strong> Handel damit.<br />

Häufig fehlt es dafür an den notwendigen<br />

Strukturen in Produktion und<br />

Infrastruktur. Deshalb ist auch für<br />

Investitionen in Agribusiness und<br />

Weiterverarbeitung viel Platz.<br />

Das Land ist dem Codex Alimentarius<br />

beigetreten, dem internationalen<br />

Hygienestandard <strong>der</strong> FAO. Es hat die<br />

wesentlichen, international gültigen<br />

Hygienevorschriften für Nahrungsmittel<br />

in Kraft gesetzt. Dadurch muss<br />

<strong>der</strong> gesamte Sektor <strong>der</strong> Lebensmittelverarbeitung<br />

inklusive Transport<br />

und Handel grundlegend erneuert<br />

werden. Vorreiter, die in mo<strong>der</strong>ne<br />

Weiterverarbeitungstechnologien<br />

investieren, genießen viele Vorteile.<br />

Dadurch ergeben sich Investitionsund<br />

Absatzmöglichkeiten für deutsche<br />

Unternehmen.<br />

Importe von landwirtschaftlichen Gütern und Nahrungsmitteln 2008<br />

Güter Menge (1.000 t) Wert (Mio. US$) *)<br />

Weizenmehl 865,33 524,62<br />

Weizen 695,63 250,00<br />

Pflanzenöl, ungehärtet 108,29 132,09<br />

Palmöl 102,80 98,00<br />

Tee 35,98 90,20<br />

Zucker, raffiniert 232,46 72,00<br />

Zigaretten 8,06 61,53<br />

Lebensmittel, sonstige 12,00 51,55<br />

Reis 106,89 44,84<br />

Hähnchenfleisch 32,32 35,81<br />

Gebäck 12,42 25,00<br />

Nichtalkoholische Getränke 43,69 21,09<br />

Öl aus Gemüseerzeugnissen 19,52 20,00<br />

Eier in <strong>der</strong> Schale 17,31 18,63<br />

Süßwaren 9,17 17,49<br />

Tabakprodukte, sonstige 1,70 14,19<br />

Sojaöl 10,90 11,00<br />

Rapsöl 6,00 8,00<br />

Hülsenfrüchte 15,55 7,80<br />

Milchpulver 2,22 7,03<br />

*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Importdaten laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-10 ab<br />

Quelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)<br />

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Landwirtschaft<br />

Exporte von landwirtschaftlichen Gütern 2008<br />

Güter Menge (1.000 t ) Wert (Mio. US$)*)<br />

Rosinen 27,13 30,43<br />

Getrocknete Feigen 4,49 28,76<br />

Pistazien 3,26 24,56<br />

Geschälte Mandeln 2,92 14,78<br />

Trockene Aprikosen 3,98 9,67<br />

Baumwolle 8,83 9,50<br />

Trauben 62,95 7,20<br />

Mandeln mit Schale 3,29 6,44<br />

Geschälte Walnüsse 0,76 3,82<br />

Aprikosen 27,30 3,33<br />

Frisches Obst, sonstiges 8,78 3,02<br />

Kartoffeln 17,91 2,56<br />

Sesamsamen 4,00 2,50<br />

Anis, Fenchel und Korian<strong>der</strong> 1,99 1,84<br />

Frisches o<strong>der</strong> getrocknetes Gemüse 3,27 1,76<br />

Äpfel 10,79 1,40<br />

Melonen, sonstige 20,08 1,39<br />

Trockenfrüchte, sonstige 1,14 1,23<br />

Hülsenfrüchte, sonstige 4,02 0,81<br />

Frisches Gemüse, sonstige 6,64 0,58<br />

*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Exportdaten laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical Yearbook 2009-10 ab<br />

Quelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)<br />

18 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Bei <strong>der</strong> Lebensmittelverarbeitung<br />

gibt es viel Bedarf, um Produkte<br />

kühlen, sortieren, trocknen und<br />

verpacken zu können, sie hygienisch<br />

einwandfrei zu machen und<br />

zu graden (mit einem Bildverarbeitungssystem<br />

analysieren). Dies gilt<br />

vor allem für Obst, Fleisch, Milch,<br />

Nüsse und Getreideprodukte für den<br />

nationalen Markt.<br />

Gefragt ist beson<strong>der</strong>s die Verarbeitung<br />

von Milch, um Käse, Butter,<br />

Joghurt, Milchpulver, Eiscreme etc.<br />

herzustellen. Benötigt ist außerdem<br />

technische Unterstützung beim<br />

Sammeln und Transport, bei <strong>der</strong><br />

Aufbewahrung, Pasteurisierung und<br />

<strong>der</strong> Qualitätskontrolle. Die heutigen<br />

Produzenten sind eher kleine Unternehmer,<br />

die nur lokale Märkte<br />

bedienen können. Die Milchproduktion<br />

wächst kräftig, <strong>der</strong> Milchpreis<br />

hat sich in den letzten fünf Jahren<br />

mehr als verdreifacht.<br />

Bei Tomaten existieren technische<br />

Defizite in den Bereichen Sonnentrocknen,<br />

Kühllagerhaltung, Qualitätskontrolle<br />

sowie Hygiene bei <strong>der</strong><br />

Produktion. Gefragt ist die Weiterverarbeitung<br />

zu Ketchup, Saucen,<br />

Saft und Paste. Für die Verarbeitung<br />

von Mandeln, die traditionell im<br />

Land sortiert werden, fehlt mo<strong>der</strong>ne<br />

Technik etwa zum Entfernen <strong>der</strong><br />

Schale. Zudem sind keine Verpackungen<br />

erhältlich. Mandeln<br />

wachsen oft wild in den Bergen <strong>Afghanistan</strong>s<br />

und sind sehr wertvoll;<br />

beson<strong>der</strong>s Mandelöl erzielt einen<br />

hohen Exportpreis.<br />

Oliven in Kanistern und Gläsern<br />

sowie Olivenöl als Lebensmittel wie<br />

auch als Kosmetikprodukt haben<br />

hohes Marktpotenzial in Europa und<br />

China. Der momentane Preis liegt<br />

zwischen 3,30 und 5,90 US$ pro<br />

Kilo. Investoren sind gesucht, um<br />

aus Sonnenblumenkernen Öl, Kosmetika<br />

sowie Biodiesel zu produzieren.<br />

Spezielle Notwendigkeit gibt es<br />

für technische Ausrüstungen zum<br />

Entfernen <strong>der</strong> Schalen sowie zum<br />

Ölpressen, Rösten, Grading und<br />

Verpacken, ebenso bei Marketing,<br />

Transport und Export.<br />

Bei Schnitt- und Topfblumen sowie<br />

Blumenessenzen und Extrakten<br />

werden vielversprechende Investitionen<br />

prognostiziert. Möglichkeiten<br />

für technische Verbesserungen<br />

existieren bei <strong>der</strong> Gewinnung und<br />

Vermarktung von Rosenöl. Ein Kilo<br />

reines Rosenwasser kostet 7.500<br />

US$. Als lohnend sehen Experten<br />

die Kultivierung von Obstbäumen<br />

an. In <strong>der</strong> Forstwirtschaft gelte dies<br />

für Wie<strong>der</strong>aufforstungen und die<br />

Produktion von Brennmaterialien.<br />

Kaschmir, Seide, Karakulfell, Yakund<br />

Schafwolle lassen sich gewinnbringend<br />

spinnen, weben und zu<br />

hochwertigen Textilien in Handarbeit<br />

und Manufaktur weiterverarbeiten.<br />

Technische Unterstützung wird<br />

benötigt beim Züchten, Wollesammeln<br />

und bei <strong>der</strong> Kaschmirverarbeitung,<br />

etwa beim Waschen. Die<br />

heutige Produktion von Kaschmirwolle<br />

ließe sich verdoppeln, da nur<br />

30% <strong>der</strong> Schafe geschoren werden.<br />

Zudem sind Preissteigerungen<br />

möglich.<br />

Für die Verarbeitung von Le<strong>der</strong>,<br />

das vorwiegend von Ziegen und<br />

Schafen stammt, herrscht Bedarf<br />

bei Pflanzengerbung und Weiterverarbeitung<br />

in Manufakturen. Das<br />

Fell des Karakulschafs ist eines <strong>der</strong><br />

hochwertigsten Produkte <strong>Afghanistan</strong>s.<br />

Investitionsbedarf ist nötig<br />

für den Aufbau von Sammelstellen<br />

sowie das Marketing, namentlich<br />

die Vermarktung im Ausland.<br />

Bei Verpackungen ist das Geschäftspotenzial<br />

für die meisten<br />

Produkte riesig. Die Nachfrage nach<br />

landwirtschaftlichen Produkten ist<br />

im Land groß, aber <strong>Afghanistan</strong>s<br />

Verpackungsindustrie liefert bisher<br />

fast nichts, weshalb 20 bis 40% <strong>der</strong><br />

Produktion verschwendet werden.<br />

Geschäftschancen gibt es generell<br />

beim Einkauf und Handel von (Heil-)<br />

Kräutern und Gewürzen (Safran,<br />

Cumin, Süßholz), Blumen, Medizinpflanzen,<br />

Trockenfrüchten sowie<br />

hochwertigen Pflanzenölen aus<br />

Wildsammlung. Beim Export gilt<br />

dies beson<strong>der</strong>s für Destinationen im<br />

arabischen Raum, Zentralasien und<br />

Europa.<br />

Lohnenswert erscheint <strong>der</strong> Handel<br />

mit manchen Bioprodukten. Honig<br />

als Lebensmittel o<strong>der</strong> für Kosmetika<br />

sowie Bienenwachsprodukte sind<br />

im Ausland gefragt. Investitionen<br />

sind gefragt im Filtern und Grading,<br />

in <strong>der</strong> Weiterverarbeitung und bei<br />

Zuchtmethoden. Die Honigproduktion<br />

eröffnet in <strong>Afghanistan</strong><br />

weiblichen Arbeitskräften einen -<br />

üblicherweise schwierigen - Zugang<br />

zum Arbeitsmarkt.<br />

In <strong>der</strong> Landtechnik werden Traktoren<br />

und Pflüge nachgefragt. Profitabel<br />

zu verkaufen sind außerdem<br />

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Landwirtschaft<br />

Anlagen für die Getreidesäuberung<br />

sowie Siebausrüstungen für Mehl.<br />

Eine relativ wichtige Branchenmesse<br />

war in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

die AgFair (www.agfair.af), die<br />

jährlich in Kabul und teilweise auch<br />

in an<strong>der</strong>en Städten stattgefunden<br />

hatte. Allerdings ist nicht bekannt,<br />

ob und wann 2011 und später eine<br />

Veranstaltung geplant ist. International<br />

sind die Nürnberger „BioFach“<br />

und die „Grüne Woche“ in Berlin<br />

von Bedeutung für <strong>Afghanistan</strong>s<br />

Landwirtschaft.<br />

Hermann van Boemmel, Elisaveta<br />

Kostova (Deutsche Gesellschaft für<br />

Internationale Zusammenarbeit)<br />

Kontaktadressen<br />

<strong>Afghanistan</strong> Chamber of Commerce<br />

& Industries<br />

Internet: www.acci.org.af<br />

Landwirtschaftsmesse in <strong>Afghanistan</strong>:<br />

AgFair<br />

Internet: www.agfair.af<br />

Enterprise Development Program<br />

(AREDP)<br />

Internet: www.aredp.org<br />

Export Promotion Agency of<br />

<strong>Afghanistan</strong><br />

Internet: www.epaa.org.af<br />

Ministry of Agriculture, Irrigation<br />

and Livestock<br />

Internet: www.mail.gov.af<br />

Ministry of Rural Rehabilitation<br />

and Development<br />

Internet: www.mrrd.gov.af<br />

Foto: © <strong>GIZ</strong><br />

20 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Bergbau<br />

Bergbau<br />

Allgemeine Lage und<br />

Bedeutung<br />

Der Anteil des Bergbaus an <strong>Afghanistan</strong>s<br />

Bruttoinlandsprodukt<br />

beträgt <strong>der</strong>zeit weniger als 0,3%.<br />

Die Bedeutung des Sektors für die<br />

Versorgung des internationalen<br />

Marktes geht damit aktuell gegen<br />

null. Obwohl das Rohstoffpotenzial<br />

<strong>Afghanistan</strong>s schon früh erkannt<br />

wurde, sind deutliche Bemühungen<br />

zu dessen Nutzung erst seit<br />

<strong>der</strong> Invasion und Stabilisierung des<br />

Landes seit 2001 erkennbar. Bisher<br />

gibt es kaum Großprojekte und auch<br />

nur wenige kleine Vorhaben. Gründe<br />

sind die prekäre Sicherheitslage,<br />

schlechte Infrastruktur, weite Entfernungen<br />

sowie Fachkräftemangel.<br />

Foto: © <strong>GIZ</strong><br />

Mittlerweile prognostizieren Beobachter<br />

jedoch, dass <strong>der</strong> Rohstoffabbau<br />

eine <strong>der</strong> wichtigsten und nachhaltigsten<br />

Einkommensquellen für<br />

die afghanische Wirtschaft werden<br />

kann. Die in <strong>der</strong> Bundesanstalt für<br />

Geowissenschaften und Rohstoffe<br />

(BGR) angesiedelte Deutsche Rohstoffagentur<br />

(DERA) rechnet damit,<br />

dass <strong>Afghanistan</strong>, angesichts <strong>der</strong><br />

langen Vorlaufzeiten in <strong>der</strong> kapitalintensiven<br />

Branche, in fünf bis zehn<br />

Jahren zunehmende Bedeutung als<br />

Rohstoffproduzent erlangen könnte.<br />

Wert und Umfang des Gesamtbestandes<br />

von Mineralien können nur<br />

grob geschätzt werden, da in weiten<br />

Teilen des Landes bislang noch<br />

keine Exploration stattgefunden hat.<br />

Die geologischen Studien zeigen<br />

zwei große Mineraliengürtel. Einer<br />

erstreckt sich vom Nordwesten<br />

zum Nordosten (Badakhshan). Er<br />

beinhaltet Eisen, Kupfer, Gold sowie<br />

Ablagerungen von Zinn und Wolfram.<br />

Der zweite Gürtel reicht von<br />

Kabul nach Kandahar und umfasst<br />

Kupfer, Gold, Chromit, Edelsteine<br />

sowie Molybdän. Die beiden größten<br />

Mineralien-Lagerstätten sind das<br />

Kupfervorkommen Aynak und das<br />

Eisenerzvorkommen Hajigak.<br />

Eine im September 2010 vorgestellte<br />

Analyse <strong>der</strong> BGR bewertete das<br />

Rohstoffpotenzial von asiatischen<br />

Län<strong>der</strong>n (ohne GUS und die Türkei)<br />

für die deutsche Wirtschaft. Sie<br />

ergab, dass <strong>Afghanistan</strong> an siebter<br />

Stelle <strong>der</strong> insgesamt 24 Län<strong>der</strong><br />

liegt, die eine nennenswerte mineralische<br />

Rohstoffproduktion in Asien<br />

aufweisen.<br />

<strong>Afghanistan</strong> könnte zumindest bei<br />

Kupfer und Eisen für die Rohstoffversorgung<br />

Asiens ein wichtiger<br />

Produzent werden. Für die Versorgung<br />

Europas gälte dies beson<strong>der</strong>s<br />

bei Seltenen Erden, Beryll und<br />

Niob, aber auch bei Graphit, Tantal,<br />

Wolfram, Magnesium und Flussspat.<br />

Auch für Baryt könnte sich<br />

<strong>Afghanistan</strong> zu einem wichtigen<br />

Produzentenland entwickeln.<br />

Die DERA weist allerdings darauf<br />

hin, dass High-Tech-Rohstoffe in<br />

<strong>Afghanistan</strong> noch nie speziell exploriert<br />

wurden. Der Explorationsstand<br />

für Seltene Erden etwa sei sehr<br />

niedrig. Der U.S. Geological Survey<br />

(USGS) gehe von (ungesicherten)<br />

Ressourcen von rund 1,4 Mio. t Seltenen<br />

Erden und 3,5 Mio. t Niob aus.<br />

<strong>Afghanistan</strong>s Lithium-Lagerstätten<br />

gehören zu den bedeutendsten <strong>der</strong><br />

Welt, und eine Produktion wäre<br />

langfristig möglicherweise relevant<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 21


Bergbau<br />

für den Weltmarkt. Der Afghan Geological<br />

Survey (AGS) berichtet über<br />

zwölf bekannte Pegmatitfel<strong>der</strong>, die<br />

sich in den Provinzen Laghman,<br />

Nangarhar, Badakhshan und Uruzgan<br />

befinden. Das Land ist auch<br />

reich an Rohmaterialien für die<br />

Zementherstellung. Der anhaltende<br />

Bauboom sorgt für eine ausreichende<br />

Nachfrage.<br />

Die Edelsteinindustrie <strong>Afghanistan</strong>s<br />

war vor 1979 von weltweiter<br />

Bedeutung. Dies gilt beson<strong>der</strong>s für<br />

Lapislazuli, aber auch für Smaragde<br />

und Rubine. Heutzutage werden<br />

laut DERA 95% <strong>der</strong> Edelsteine<br />

aus dem Land geschmuggelt und<br />

gehen, hauptsächlich zur weiteren<br />

Verarbeitung, nach Pakistan. Die<br />

meisten Edelsteine kommen aus<br />

dem Nordosten. Die Skarn-Lazuritlagerstätte<br />

Sary-Sang in <strong>der</strong> Provinz<br />

Badakhshan enthält den Angaben<br />

zufolge noch rund 1.300 t Lapislazuli,<br />

bei einer Jahresproduktion von<br />

<strong>der</strong>zeit 9 t.<br />

Laut Bergbauministerium gibt es in<br />

<strong>Afghanistan</strong> folgende Bodenschätze<br />

von wirtschaftlicher Bedeutung:<br />

Bauxit, Blei, Chrom, Eisen, Erdgas,<br />

Gold, Kalkstein, Kohle, Kobalt,<br />

Kupfer, Lithium, Marmor, Molybdän,<br />

Öl, Phosphat, Seltene Erden, Silber,<br />

Uran, Wismut, Wolfram, Zink und<br />

Zinn.<br />

Gesetzlicher Rahmen<br />

Um ein schnelles und effizientes<br />

Wachstum des Bergbaus zu<br />

ermöglichen, verabschiedete sich<br />

die afghanische Regierung vom<br />

System <strong>der</strong> Staatswirtschaft aus<br />

Zeiten <strong>der</strong> Sowjetherrschaft. Das<br />

Bergbauministerium tritt nunmehr<br />

als Vermittler für Privatinvestitio-<br />

nen und als Regulierungsbehörde<br />

auf. Allerdings ist die Privatisierung<br />

afghanischer Staatsbetriebe, die<br />

bislang große Teile <strong>der</strong> natürlichen<br />

Ressourcen kontrollierten, noch<br />

nicht abgeschlossen.<br />

Im Jahr 2006 verabschiedeten die<br />

Behörden neue Gesetze, um den<br />

Abbau von Rohstoffen formal zu<br />

ordnen. Seither regelt das „Minerals<br />

Law of <strong>Afghanistan</strong>“ die Eigentümerschaft<br />

und Verwaltung aller<br />

Rohstoffe außer Kohlenwasserstoffen<br />

und Wasser, die in separaten<br />

Gesetzten behandelt werden. Die<br />

Regierung im Allgemeinen und das<br />

Ministry of Mining im Beson<strong>der</strong>en<br />

sollen dabei den effizienten Aufbau<br />

<strong>der</strong> Abbauindustrie för<strong>der</strong>n und<br />

verwalten - nicht jedoch selbst als<br />

Betreiber tätig werden. Das Gesetz<br />

bietet Eigentümern von Abbaurechten<br />

Schutz gegen Enteignung. Damit<br />

verpflichtet sich die Regierung, im<br />

gegebenen Fall Kompensationen<br />

entsprechend internationaler Normen<br />

zu zahlen.<br />

Die Enteignungsgarantien sind<br />

allerdings sehr gering und dürften<br />

ausländische Investoren kaum beruhigen.<br />

Beim milliardenschweren<br />

Kupferprojekt Aynak etwa würde<br />

das chinesische Gewinnerkonsortium<br />

nur 16 Mio. US$ Entschädigung<br />

erhalten. Die Höhe <strong>der</strong> Lizenzgebühr<br />

beziffert das Gesetz mit 5%<br />

des Bruttoumsatzes für Mineralien<br />

und 10% für Edelsteine. Eine Revision<br />

des Gesetzes ist noch für 2011<br />

geplant.<br />

Im Februar 2010 wurde <strong>Afghanistan</strong><br />

als Kandidatenland <strong>der</strong> Rohstoff-<br />

Transparenzinitiative EITI (Extractive<br />

Industries Transparency Initiative)<br />

akzeptiert. Gemäß <strong>der</strong> EITI-Standards<br />

verpflichtet sich das Land<br />

damit, alle Zahlungen von Rohstoff<br />

explorierenden und gewinnenden<br />

Unternehmen an den Staat, etwa<br />

Steuern und För<strong>der</strong>abgaben, zu<br />

veröffentlichen.<br />

Regelung des<br />

Vergabeprozesses<br />

Die Entscheidung, ein Gebiet zum<br />

Abbau von Rohstoffen auszuschreiben,<br />

liegt bei <strong>der</strong> Regierung. Soll<br />

eine Abbaulizenz vergeben werden,<br />

ist eine öffentliche Ausschreibung<br />

Pflicht. Einschränkungen zur<br />

Teilnahme am Ausschreibungsverfahren<br />

sind in Artikel 16 des Mineral<br />

Law spezifiziert, <strong>Afghanistan</strong> ist an<br />

diesem Punkt jedoch vergleichsweise<br />

liberal. In je<strong>der</strong> Ausschreibung<br />

kann die Teilnahme am Vergabeverfahren<br />

konkret eingeschränkt<br />

werden, beispielsweise in Bezug auf<br />

die Mindestgröße teilnehmen<strong>der</strong><br />

Unternehmen o<strong>der</strong> die Mindesthöhe<br />

<strong>der</strong> Investition.<br />

Das Auswahlkomitee ist zu Fairness<br />

und Nicht-Diskriminierung<br />

verpflichtet. Es entscheidet laut<br />

Vorgaben auf <strong>der</strong> Grundlage des<br />

größten Nutzens für <strong>Afghanistan</strong><br />

und anhand folgen<strong>der</strong> Kriterien:<br />

n Arbeitsplan und Investition<br />

n technische und finanzielle<br />

Kapazität <strong>der</strong> Bieter<br />

n Erfahrung <strong>der</strong> Bieter<br />

n an<strong>der</strong>e sozio-ökonomische<br />

Vorteile für den Staat, also etwa<br />

Kompensationen für Umsiedlungen,<br />

Anzahl <strong>der</strong> Arbeits- und<br />

Ausbildungsplätze für Afghanen,<br />

Ausbau <strong>der</strong> lokalen Infrastruktur,<br />

Planung zur Umweltverträglichkeit.<br />

Ausschreibungen finden in zwei<br />

Runden statt. Zunächst bittet das<br />

22 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Ministerium um Interessensbekundungen<br />

(Expression of Interest).<br />

Diese umfassen die Basisdaten<br />

des Unternehmens bezüglich <strong>der</strong><br />

finanziellen und technischen Fähigkeiten.<br />

Firmen, die als akzeptable<br />

Bieter ausgewählt werden, zahlen<br />

eine Gebühr, <strong>der</strong>en Höhe sich nach<br />

<strong>der</strong> Ausschreibung bemisst. Sie<br />

erhalten zudem weitergehende<br />

Informationen zum aktuellen Stand<br />

<strong>der</strong> Exploration. Auf dieser Grundlage<br />

erstellen die Bieter ein Angebot,<br />

von denen das Ministerium eines<br />

auswählt. Gelegentlich wird die zur<br />

Ausschreibung stehende Fläche in<br />

Blöcke unterteilt, sodass Firmen auf<br />

die gesamte Fläche o<strong>der</strong> bestimmte<br />

Parzellen bieten können.<br />

Die Ausschreibung von Abbaulizenzen<br />

wird unter an<strong>der</strong>em auf<br />

<strong>der</strong> Website des Ministry of Mines<br />

angekündigt. Hier finden sich auch<br />

weitergehende Informationen zu<br />

je<strong>der</strong> Ausschreibung.<br />

Neben dem Ministry of Mines ist<br />

<strong>der</strong> AGS die wichtigste Behörde für<br />

den Rohstoffabbau. Er erforscht und<br />

kartographiert Rohstoffvorkommen.<br />

Seit 2008 wurden jedoch keine Berichte<br />

mehr veröffentlicht. In seinen<br />

Anfängen wurde <strong>der</strong> AGS durch den<br />

British Geological Survey über das<br />

British Government’s Department<br />

for International Development unterstützt.<br />

Chancen und Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

für deutsche<br />

Firmen<br />

Im Bergbau wurden bisher erst für<br />

einen sehr kleinen Teil <strong>der</strong> Vorkommen<br />

Konzessionen vergeben. Die<br />

Regierung und manche Beobachter<br />

gehen aber davon aus, dass es<br />

in den nächsten Jahren zu einer<br />

Vielzahl von Einzelausschreibungen<br />

kommt. Bei den bereits vergebenen<br />

Konzessionen befindet sich <strong>der</strong><br />

Bau <strong>der</strong> zur För<strong>der</strong>ung benötigten<br />

Infrastruktur noch in den Anfängen,<br />

sofern überhaupt schon investiert<br />

wurde. Die Projekte dürften daher<br />

relativ teuer werden, mit hohen<br />

Ausgaben für Infrastruktur, Abbautechnologie,<br />

Maschinen, Material<br />

und Beratung.<br />

Bis März 2010 erteilten die zuständigen<br />

Behörden insgesamt 106<br />

Abbaukonzessionen. Der größte Teil<br />

davon war für den Abbau von Baumaterialien<br />

(Sand, Schotter etc.) und<br />

Salz. Lediglich acht Konzessionen<br />

beinhalten die Gewinnung international<br />

gehandelter Rohstoffe, nämlich<br />

Kohle, Kupfer und Gold. Die mit <strong>der</strong><br />

Konzession verbundene Investition<br />

wird nicht veröffentlicht, und <strong>der</strong><br />

Lizenznehmer kann mit den zuständigen<br />

Ministerien Vertraulichkeit für<br />

die Dauer <strong>der</strong> Investition vereinbaren<br />

(Artikel 103 des Mineraliengesetzes).<br />

Möglicherweise lässt sich <strong>der</strong> Investitionswert<br />

jedoch von <strong>der</strong> Enteignungsgarantie<br />

ableiten.<br />

Aus dem Ausland zeichnet sich<br />

ein starkes Interesse chinesischer<br />

Staatsfirmen ab. Unter den Bietern<br />

bei bisherigen Konzessionsvergaben<br />

befanden sich auch Unternehmen<br />

aus Australien, Indien, Russland,<br />

den USA, Kanada sowie Zentralasien.<br />

Eine deutsche Firma war auf<br />

den vorliegenden Bieterlisten nicht<br />

vertreten.<br />

Laut DERA werden in letzter Zeit<br />

immer mehr industrielle Bergbauprojekte<br />

von einheimischen<br />

Investoren verwirklicht. Im Fokus<br />

stünden die Zementindustrie und<br />

<strong>der</strong> Goldbergbau. Um ausländische<br />

Investitionen in die Zementindustrie<br />

wirbt die <strong>Afghanistan</strong> Investment<br />

Support Agency (AISA) in ihrem<br />

Bericht „Main Investment Opportunities<br />

in <strong>Afghanistan</strong>“. Die Zementnachfrage<br />

aus dem In- und Ausland,<br />

etwa aus <strong>der</strong> VR China, wird als<br />

sehr hoch eingeschätzt.<br />

Chinesische Firmen können in <strong>Afghanistan</strong><br />

relativ sorglos investieren.<br />

Sie gehören ganz o<strong>der</strong> großteils<br />

dem Staat, <strong>der</strong> langfristig kalkuliert<br />

und die Rohstoffsicherung mit<br />

hoher Priorität versehen hat. Im<br />

Zweifelsfall sind chinesische Staatsfirmen<br />

bereit Risiken einzugehen,<br />

die private Investoren nicht tragen<br />

wollen o<strong>der</strong> können. Westlichen<br />

Zulieferern fällt es üblicherweise<br />

schwer, mit chinesischen Abbaufirmen<br />

ins Geschäft zu kommen.<br />

Deutsche Investoren treffen in <strong>Afghanistan</strong>s<br />

Bergbau auf mindestens<br />

drei Hin<strong>der</strong>nisse. Am wenigsten<br />

Probleme dürfte noch das Mineraliengesetz<br />

mit seiner Vorschrift<br />

bereiten, afghanischen Zulieferern<br />

und Dienstleistern bei gleicher<br />

Eignung den Vorzug zu geben. In<br />

Anbetracht <strong>der</strong> geringen finanziellen<br />

und technischen Kapazitäten<br />

afghanischer Firmen scheint dieser<br />

Punkt beherrschbar.<br />

Wesentlich schwerer wiegt -<br />

zweitens - die weiterhin kritische<br />

Sicherheitslage. Es kann nicht<br />

ausgeschlossen werden, dass weite<br />

Teile des Landes für Auslän<strong>der</strong><br />

unzugänglich bleiben o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong><br />

unzugänglich werden und bereits<br />

erworbene Konzessionen daher<br />

nicht genutzt werden können. Stören<br />

könnten sich westliche Firmen<br />

in <strong>Afghanistan</strong> drittens an den Rohstoffinteressen<br />

asiatischer Staaten,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> VR China.<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 23


Bergbau<br />

Abbaukonzessionen (ohne Baustoffe und Salz, unvollständig) und Enteignungsgarantien<br />

Firma Fläche (qkm) Rohstoff<br />

Enteignungsgarantie<br />

(Mio. US$)<br />

MCC 106,30 Kupfer 16,1<br />

Afghan Investment Company 20,45 Kohle 0,50<br />

Brotheran Mohamand 14,00 Kohle 0,10<br />

Madan Kahran 8,20 Kohle 0,10<br />

Mesaq Sharq 1,92 Kohle 0,10<br />

Aslami 1,90 Kohle 0,10<br />

West Land General Trading 14,00 Gold 0,05<br />

Brotheran Khushak 8,00 Kohle 0,04<br />

Quelle: „List of Mining Contracts“, Ministry of Mines, 7.4.10<br />

Investitionen und<br />

Projekte<br />

Kupfer<br />

Das Aynak-Vorkommen ist womöglich<br />

eine <strong>der</strong> größten noch<br />

nicht erschlossenen Kupferminen<br />

weltweit. Dort befinden sich nach<br />

USGS-Schätzungen von 2009 etwa<br />

490 Mio. t Erz mit einem Gehalt von<br />

durchschnittlich 1,84% und mithin<br />

9 Mio. t Kupfer (Jahresverbrauch<br />

2011 weltweit knapp 20 Mio. t). Das<br />

Vorkommen liegt etwa 30 km östlich<br />

von Kabul und wurde 1974 zum<br />

ersten Mal erforscht.<br />

Nach einer internationalen Ausschreibung<br />

wurde die Lagerstätte<br />

2008 von einem chinesischen Konsortium<br />

erworben. Es besteht aus<br />

dem Staatskonzern China Metallurgical<br />

Group Corporation (MCC, 75%<br />

Anteil) und <strong>der</strong> Jiangxi Copper Co.<br />

Die Konzession zur Ausbeutung<br />

<strong>der</strong> Mine hat eine Laufzeit von 30<br />

Jahren. Das Erz soll in <strong>Afghanistan</strong><br />

selbst weitgehend zu reinem Kupfer<br />

verarbeitet werden. Die Chinesen<br />

planen einen Jahresausstoß von<br />

Mine und Weiterverarbeitung in<br />

Höhe von 220.000 t elektrolytischem<br />

Kupfer, 100.000 t Kupferkonzentrat<br />

und 300.000 t Schwefelsäure pro<br />

Jahr. Für 2012 war <strong>der</strong> Anlauf <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>anlagen und für 2014 die<br />

vollständige Produktion vorgesehen.<br />

Danach steht die Errichtung<br />

<strong>der</strong> Kupferschmelze an. Es wird<br />

erwartet, dass die Mine nach Inbetriebnahme<br />

ein Steuervolumen von<br />

jährlich 400 Mio. US$ generiert.<br />

Das Gewinnerkonsortium versprach<br />

Investitionen von 2,9 Mrd. US$,<br />

wovon die afghanische Regierung<br />

bereits gut 800 Mio. US$ für die<br />

För<strong>der</strong>rechte erhielt. Die Chinesen<br />

planen nach Firmenangaben aber<br />

insgesamt über 4 Mrd. US$ auszugeben,<br />

weil <strong>der</strong> Vertrag außer <strong>der</strong><br />

Kupfergewinnung und -verhüttung<br />

auch Infrastrukturmaßnahmen vorsieht.<br />

Geplant sind Straßen sowie<br />

eine neue Eisenbahnstrecke, die von<br />

Hairatan an <strong>der</strong> Grenze Usbekistans<br />

über Kabul bis nach Torkham an <strong>der</strong><br />

pakistanischen Grenze bei Peshawar<br />

führt. Strom soll ein neues<br />

400-MW-Kohlekraftwerk in <strong>der</strong><br />

Provinz Bamian über eine ebenfalls<br />

zu bauende Hochspannungsleitung<br />

liefern. Die Hälfte <strong>der</strong> Erzeugerkapazität<br />

ist dabei für den Verbrauch<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung vorgesehen. Während<br />

<strong>der</strong> ersten Betriebsjahre bezieht<br />

die Mine ihre Energie laut Plan<br />

aus Dieselgeneratoren. Wohnungen,<br />

Schulen und Kliniken haben die<br />

Investoren ebenfalls versprochen.<br />

Das chinesische Angebot beim<br />

Kupferprojekt Aynak war für die<br />

afghanische Regierung konkurrenzlos<br />

gut, auch wenn sich westliche<br />

Firmen bei <strong>der</strong> Vergabe über eine<br />

angebliche Bevorzugung <strong>der</strong> chinesischen<br />

Konkurrenz beschwerten.<br />

24 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Für die Erstellung <strong>der</strong> zum Abbau<br />

notwendigen Infrastruktur werden<br />

mindestens fünf Jahre veranschlagt.<br />

Gegenwärtig laufen laut MCC Annual<br />

Report 2010 die Vorarbeiten zum<br />

Aufbau des Bergwerks. Die Umweltverträglichkeitsstudie<br />

ist demnach<br />

bei den Behörden eingereicht, aber<br />

noch nicht genehmigt worden.<br />

Eisenerz<br />

Das Eisenerzvorkommen Hajigak<br />

liegt in <strong>der</strong> gebirgigen Provinz<br />

Bamian, etwa 130 km westlich<br />

von Kabul und auf großer Meereshöhe<br />

in schwer zugänglichem<br />

Gebiet. Hajigak gilt als größte<br />

noch nicht entwickelte Lagerstätte<br />

Asiens. Nach Schätzungen aus<br />

<strong>der</strong> Sowjetzeit taxiert <strong>der</strong> USGS<br />

das Vorkommen auf 2,2 Mrd. t mit<br />

einem Eisengehalt von 63 bis 69%.<br />

Mit Nutzung <strong>der</strong> Ressourcen würde<br />

<strong>Afghanistan</strong> zu einem führenden<br />

Eisenerzproduzenten aufsteigen. Allerdings<br />

handelt es sich dabei nicht<br />

um gesicherte Erkenntnisse, da sie<br />

auf Proben aus wenigen Borlöchern<br />

basieren. Sowjetische Studien ergaben,<br />

dass Tagebau möglich ist.<br />

Das Ausschreibungsverfahren läuft.<br />

Einsendeschluss <strong>der</strong> Interessenbekundung<br />

war im Januar 2011, über<br />

die Vorrunde soll Anfang August<br />

2011 entschieden werden. Die<br />

Ausschreibung ist in mindestens<br />

drei Blöcke unterteilt. Teilnehmende<br />

Unternehmen verpflichten sich<br />

zu einer Mindestinvestitionssumme<br />

über zumindest drei Jahre und mit<br />

jährlichen Mindestinvestitionen.<br />

Nach erfolgreicher Exploration vergibt<br />

das Bergbauministerium eine<br />

Abbaulizenz. Die Regierung befürwortet<br />

eine phasenweise, vertikale<br />

Ausweitung <strong>der</strong> Investitionen auf<br />

die Eisen- und Stahlproduktion.<br />

Sie hofft auf Investoren, die finanziell,<br />

technisch und unternehmerisch<br />

den Anfor<strong>der</strong>ungen gewachsen<br />

sind. Unternehmen mit technischer<br />

Kompetenz in Exploration und Entwicklung<br />

können bevorzugt werden.<br />

Von den Investoren wird erwartet,<br />

aktiv an Infrastrukturmaßnahmen<br />

teilzunehmen. Diese umfassen den<br />

Ausbau des Schienenverkehrs und<br />

die Elektrizitätserzeugung auf Basis<br />

von Kohle, Gas o<strong>der</strong> Wasserkraft<br />

durch öffentlich-private Kooperation,<br />

bei denen Explorationsunternehmen<br />

als Schlüsselpartner<br />

gesehen werden.<br />

Berichten zufolge haben mindestens<br />

23 Unternehmen Interesse<br />

bekundet, davon 15 aus Indien, mit<br />

teilweise massiver Unterstützung<br />

<strong>der</strong> indischen Regierung.<br />

Chrom<br />

Ein Explorations- und Abbauvertrag<br />

für die Chromminen bei Gadakhil<br />

wurde am 17.3.11 zwischen dem<br />

Bergbauministerium und <strong>der</strong> afghanischen<br />

Firma Hewad Brothers<br />

unterzeichnet. Die Vertragslaufzeit<br />

beträgt 18 Jahre. Hewad Brothers<br />

hat sich verpflichtet, 30 Mio. US$ zu<br />

investieren und 26% des Werts <strong>der</strong><br />

abgebauten Rohstoffe an die afghanische<br />

Regierung abzuführen.<br />

Der Abbau beginnt nach Abschluss<br />

<strong>der</strong> Exploration, spätestens jedoch<br />

innerhalb von drei Jahren. Die Veredelung<br />

des geför<strong>der</strong>ten Materials<br />

wird zu 60% in <strong>Afghanistan</strong> stattfinden,<br />

die Maschinen dafür importiert<br />

Hewad den Plänen zufolge aus <strong>der</strong><br />

Türkei.<br />

Erdöl, Erdgas<br />

Den Gewinner <strong>der</strong> laufenden Ausschreibung<br />

für das Ölfeld Amu Darya<br />

im Nordosten <strong>Afghanistan</strong>s hofft das<br />

Bergbauministerium Ende Juli 2011<br />

bekanntgeben zu können. Für Exploration<br />

und Produktion hatten sich im<br />

April fünf Unternehmen qualifiziert:<br />

Buccaneer (Australien), CNPC (VR<br />

China), Petroleum Exploration (Pakistan),<br />

Schlumberger (Frankreich)<br />

und Tethys (Vereinigtes Königreich).<br />

Das Ölfeld ist in drei Blöcke unterteilt<br />

und hat geschätzte Ressourcen<br />

von 80 Mio. Barrel. Einer <strong>der</strong> drei<br />

Blöcke (Kashkari) beinhaltet das<br />

Feld „Angot“, auf dem <strong>der</strong>zeit schon<br />

produziert wird, sowie zwei weitere<br />

Fel<strong>der</strong>, bei denen die Vorbereitung<br />

zur För<strong>der</strong>ung schon teilweise<br />

stattgefunden hat. In den an<strong>der</strong>en<br />

beiden Blöcken wurde bislang nicht<br />

produziert. Es ist wahrscheinlich,<br />

dass sich in allen drei Blöcken noch<br />

weitere, bislang unbekannte Ölund<br />

Gasvorkommen befinden. Die<br />

afghanische Regierung hofft nach<br />

Amu Darya auf weitere Ausschreibungen<br />

in <strong>der</strong> Branche.<br />

Wie bei den bisherigen Ausschreibungen<br />

werden die Verträge vorsehen,<br />

dass ein bestimmter Anteil<br />

am Rohstoffwert an die afghanische<br />

Regierung abzuführen ist. Für<br />

bekannte und unbekannte Vorkommen<br />

werden dabei unterschiedliche<br />

Prozentsätze angelegt.<br />

Die AISA sieht daneben Investitionsmöglichkeiten<br />

beim „Turkmenistan-<br />

<strong>Afghanistan</strong>-Pakistan (TAP) Natural<br />

Gas Project“, das von <strong>der</strong> Asian<br />

Development Bank unterstützt wird.<br />

Es handelt sich dabei um eine rund<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 25


Bergbau<br />

1.800 km lange Gas-Pipeline, die<br />

jährlich einmal 33 Mrd. cbm Erdgas<br />

vom südöstlichen Teil Turkmenistans<br />

an die Verbraucher in <strong>Afghanistan</strong><br />

und Pakistan bis hin an die<br />

indische Grenze liefern soll. Nach<br />

<strong>der</strong>zeitigen Planungen würde die<br />

Pipeline 7,6 Mrd. US$ kosten.<br />

<strong>Afghanistan</strong> hat laut DERA nur<br />

geringe Reserven an Erdöl in <strong>der</strong><br />

Größenordnung von 10 Mio. t in<br />

den weitgehend ausgeför<strong>der</strong>ten<br />

Fel<strong>der</strong>n im Norden. Die För<strong>der</strong>ung<br />

ist demnach unbedeutend, sie soll<br />

2008 laut USGS rund 20.000 Barrel<br />

betragen haben. Die Erdgasressourcen<br />

schätzt die DERA auf 500 Mrd.<br />

cbm, die Reserven auf 85 Mrd. cbm,<br />

was halb so viel wie die Deutschlands<br />

sei. Erdöl und -gas werden<br />

hauptsächlich in Nordafghanistan<br />

vermutet.<br />

Gold<br />

Ende 2010 billigte die afghanische<br />

Regierung nach Pressemeldungen<br />

ein millionenschweres Abkommen<br />

zur Ausbeutung von Goldminen im<br />

Norden des Landes. Das Projekt<br />

sei das erste in <strong>Afghanistan</strong>, hinter<br />

dem private westliche Investoren<br />

stünden, die meisten aus den USA<br />

und dem Vereinigten Königreich. Die<br />

etwa zehn Firmen investieren nach<br />

Angaben des Bergbauministeriums<br />

in Kabul schätzungsweise 50 Mio.<br />

US$ in das Projekt, das im Bezirk<br />

Dushi in <strong>der</strong> Provinz Baghlan etwa<br />

130 km nördlich von Kabul liegt.<br />

In <strong>der</strong> benachbarten Provinz Thakar<br />

plant nach Informationen <strong>der</strong> DERA<br />

ein afghanisches Bergbauunternehmen<br />

eine Investition von 40 Mio. US$,<br />

um Seifengold zu gewinnen. Dies ist<br />

laut Presseinformationen <strong>Afghanistan</strong>s<br />

einzige an<strong>der</strong>e Goldmine.<br />

Steffen Arnold, Liane Hryca und Birgit<br />

Seibel (Deutsche Gesellschaft für<br />

Internationale Zusammenarbeit), mit<br />

Zusatz-Informationen <strong>der</strong> Deutschen<br />

Rohstoffagentur<br />

Kontaktadressen<br />

<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />

Agency<br />

Internet: www.aisa.org.af<br />

Ministry of Mines, The Islamic<br />

Republic of <strong>Afghanistan</strong><br />

Veröffentlichung von aktuellen<br />

Ausschreibungen<br />

Internet: www.mom.gov.<br />

af/?page=ten<strong>der</strong>s&lang=en.<br />

Investment Promotion Department<br />

(IPD) of the Afghan Ministry<br />

of Mines (Unterstützung <strong>der</strong><br />

Investoren)<br />

Informationsquellen<br />

<strong>Afghanistan</strong> Economic Update,<br />

The World Bank, Dec. 2010<br />

<strong>Afghanistan</strong> Geological Survey<br />

Internet: www.bgs.ac.<br />

uk/afghanminerals/<br />

Übersicht über die Vorkommen:<br />

Internet: http://minerals.usgs.<br />

gov/minerals/pubs/country/2006/<br />

myb3-2006-af.pdf<br />

Main Investment Opportunities in<br />

<strong>Afghanistan</strong><br />

<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />

Agency<br />

Internet: www.aisa.org.af<br />

Ministry of Mines, The Islamic<br />

Republic of <strong>Afghanistan</strong><br />

Business Plan 2010 - 2015, Synopsis<br />

Bundesanstalt für Geowissenschaften<br />

und Rohstoffe<br />

Deutsche Rohstoffagentur<br />

Internet: www.bgr.bund.de, www.<br />

deutsche-rohstoffagentur.de<br />

26 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Infrastruktur<br />

Infrastruktur<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> Infrastruktur<br />

ist eines <strong>der</strong> wichtigsten Ziele in <strong>der</strong><br />

nationalen Entwicklungsstrategie<br />

<strong>Afghanistan</strong>s. Darunter fallen unter<br />

an<strong>der</strong>em die Kategorien Transport<br />

und Logistik, Energie, Wasser, Bau<br />

sowie Informations- und Kommunikationswesen.<br />

Den Infrastrukturbedarf<br />

des Landes schätzt die Asiatische<br />

Entwicklungsbank (ADB) für<br />

2010 bis 2013 auf etwa 4 Mrd. US$.<br />

Weil <strong>Afghanistan</strong> zum großen Teil<br />

aus Gebirge o<strong>der</strong> Wüste besteht,<br />

stellte unzureichende Infrastruktur<br />

lange Zeit eines <strong>der</strong> größten<br />

Hin<strong>der</strong>nisse für die wirtschaftliche<br />

Entwicklung insbeson<strong>der</strong>e des Hinterlands<br />

dar. Nach dem 2. Weltkrieg<br />

und bis in die 1970er-Jahre wurde<br />

Flugverkehr<br />

Im Land sind 34 Flughäfen in Betrieb,<br />

von denen 19 über asphaltierte<br />

Start- und Landebahnen<br />

verfügen. Internationale Flughäfen<br />

befinden sich in Kabul, Kandahar,<br />

Herat, Mazar-e Sharif und Jalalabad.<br />

Der größte afghanische Flughafen<br />

in Kabul wurde 2008 mit japamit<br />

sowjetischer und US-amerikanischer<br />

Unterstützung ein Straßennetz<br />

aufgebaut, das die wesentlichen<br />

Handels- und Produktionsstätten<br />

des Landes verband und den Zugang<br />

zu den Nachbarlän<strong>der</strong>n sicherstellte.<br />

Während des Bürgerkriegs sind viele<br />

dieser Straßen durch Zerstörung<br />

o<strong>der</strong> Vernachlässigung unbefahrbar<br />

geworden. Seit Beginn des Wie<strong>der</strong>aufbaus<br />

2001 wird landesweit mit<br />

internationaler Hilfe daran gearbeitet,<br />

wesentliche Straßen und weitere<br />

Infrastruktur wie<strong>der</strong>herzustellen und<br />

zum Teil neu zu errichten.<br />

Transport / Logistik<br />

Straßen<br />

<strong>Afghanistan</strong> verfügte 2006 nach CIA-<br />

Angaben über ein Straßennetz von<br />

insgesamt 42.150 km, wovon etwa<br />

12.350 km asphaltiert waren. Das<br />

Fernstraßennetz wird <strong>der</strong>zeit rundum<br />

erneuert, um weite Teile des<br />

Landes wie<strong>der</strong> zugänglich zu machen<br />

und für den Handel zu öffnen.<br />

Das letzte Teilstück einer insgesamt<br />

2.700 km langen Ringstraße, die<br />

die großen Städte Kabul, Kandahar,<br />

Herat und Mazar-e-Sharif verbindet,<br />

wird aktuell im Nordwesten des<br />

Landes fertiggestellt.<br />

Foto: © ACCI<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 27


Infrastruktur<br />

Über die aktuell installierten Kapazitäten<br />

gibt es unterschiedliche Angaben.<br />

Sie sind von rund 430 MW (2001)<br />

auf 1.028 MW (September 2009)<br />

gewachsen, so <strong>der</strong> Fortschrittsnischer<br />

Unterstützung mo<strong>der</strong>nisiert<br />

und erweitert. Gemeinsam mit den<br />

Vereinigten Arabischen Emiraten<br />

und Australien trägt das deutsche<br />

Auswärtige Amt (AA) zum Ausbau<br />

des zweitgrößten zivilen Flughafens<br />

<strong>Afghanistan</strong>s in Mazar-e Sharif bei,<br />

was 49 Mio. Euro kostet. Zudem<br />

entsteht dort das landesweit erste<br />

Cargoterminal an einem Flughafen.<br />

Die staatliche Fluggesellschaft ist<br />

Afghan Ariana Airlines. Darüber hinaus<br />

operieren verschiedene private<br />

Fluggesellschaften, darunter KAM<br />

Air, Pamir Airways und Safi Airways.<br />

Die Europäische Union verhängte<br />

aufgrund von Sicherheitsbedenken<br />

im November 2010 ein Landeverbot<br />

für alle afghanischen Fluglinien.<br />

Schienenverkehr<br />

Von <strong>der</strong> Errichtung eines Schienennetzes<br />

wurde in <strong>Afghanistan</strong> aus<br />

Angst vor Missbrauch und Übernahme<br />

durch feindliche Mächte lange<br />

Zeit abgesehen. Bis vor kurzem gab<br />

es nur eine kurze Breitspurstrecke<br />

vom usbekischen Termez über den<br />

Grenzfluss Amu Darya bis in das auf<br />

afghanischem Territorium liegende,<br />

zwölf Kilometer entfernte Hairatan.<br />

Im Sommer 2010 kündigte die afghanische<br />

Regierung Pläne an, mit<br />

einem Budget von über 6 Mrd. US$<br />

ein Schienennetz von insgesamt<br />

2.000 km aufzubauen. Ein erstes<br />

Teilstück zwischen Hairatan und<br />

Mazar-e Sharif ging Anfang 2010 für<br />

den Güterverkehr zunächst testweise<br />

in Betrieb. Der Bau wurde maßgeblich<br />

von <strong>der</strong> ADB finanziert und<br />

von <strong>der</strong> usbekischen Eisenbahngesellschaft<br />

durchgeführt. Geplant<br />

ist eine Verlängerung zum Bin-<br />

nenhafen Shir Khan Bandar sowie<br />

eine Verbindung zwischen Mazar-e<br />

Sharif und Kabul. Von Kabul aus soll<br />

die Schienenstrecke weiter nach<br />

Herat im Westen führen, wo gerade<br />

eine Verbindung ins Nachbarland<br />

Iran fertiggestellt wird.<br />

Flussschifffahrt<br />

<strong>Afghanistan</strong> hat keine Küste, und<br />

die einzigen Binnenhäfen des Landes<br />

liegen entlang des Amu Darya<br />

im Norden. Der Fluss stellt die<br />

natürliche Grenze zu Turkmenistan,<br />

Usbekistan und Tadschikistan dar.<br />

Die zwei wesentlichen Binnenhäfen<br />

befinden sich in Hairatan an<br />

<strong>der</strong> Grenze zu Usbekistan und in<br />

Shir Khan Bandar an <strong>der</strong> Grenze zu<br />

Tadschikistan.<br />

Elektrizität<br />

Die Energieversorgung wurde durch<br />

den Krieg stark beeinträchtigt. Das<br />

Land muss 61% seines aktuellen<br />

Strombedarfs importieren, etwa<br />

35% werden durch Wasserkraft<br />

gewonnen und etwa 4% durch<br />

Heizkraftwerke. So erhält Kabul seit<br />

Januar 2009 Strom aus Usbekistan,<br />

und im Februar 2010 wurde mit dem<br />

Bau einer 220-kV-Übertragungsleitung<br />

aus Tadschikistan begonnen.<br />

Das Potenzial für Energiegewinnung<br />

aus Wasserkraft, <strong>der</strong> größten<br />

Energieressource des Landes, wird<br />

langfristig auf 25.000 MW geschätzt,<br />

kurzfristig auf 800 MW.<br />

bericht <strong>der</strong> Bundesregierung, <strong>der</strong><br />

den US-Son<strong>der</strong>inspekteur für den<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau in <strong>Afghanistan</strong> als<br />

Quelle nennt. Zugang zum öffentlichen<br />

Stromnetz hätten 2007/08<br />

knapp 78% <strong>der</strong> Stadtbewohner, aber<br />

nur 5,8% <strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung<br />

gehabt. Der nationale Durchschnitt<br />

hätte damit bei 19% gelegen, wobei<br />

Branchenvertreter noch niedrigere<br />

Zahlen nennen. Zugang zur<br />

Stromversorgung überhaupt hatten<br />

laut Fortschrittsbericht 42% <strong>der</strong><br />

Bevölkerung, nachdem es 2005 erst<br />

23% gewesen waren. Über 70%<br />

<strong>der</strong> gesamten Elektrizität ist für<br />

die urbanen Zentren bestimmt. Die<br />

Städte Kabul, Mazar-e Sharif, Herat<br />

und Kandahar haben durch gezielten<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau seit 2001 mittlerweile<br />

eine relativ stabile Stromversorgung.<br />

Das deutsche Unternehmen Voith<br />

Hydro erhielt Ende 2003 den 13 Mio.<br />

Euro teuren Rehabilitierungsauftrag<br />

für zwei Wasserkraftwerke, die es<br />

in den 1950er- und 1960er-Jahren<br />

aufgebaut hatte.<br />

Die afghanische Regierung verfolgt<br />

das Ziel, die Strom- und Wasserversorgung<br />

auf Basis von kommerziellen<br />

Prinzipien lokal zu regeln.<br />

Der Wasserpreis beträgt 5 bis 7 Af<br />

(Afghani; etwa 0,10 Euro; 1 Euro<br />

= 66 Af; Stand Ende Mai 2011) pro<br />

Kubikmeter für diejenigen, die an<br />

die städtische Wasserversorgung<br />

angeschlossen sind, und pauschal<br />

100 Af (1,50 Euro) pro Monat für<br />

Nutzer privater Wasserquellen.<br />

Wasser<br />

Auch die Trinkwasserversorgung<br />

wurde bis 2001 stark vernachlässigt<br />

28 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


und in großen Teilen zerstört. Die<br />

Bundesregierung hält die gesetzlichen<br />

Rahmenbedingungen in ihrem<br />

Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong> für<br />

nicht ausreichend. Auf lokaler, regionaler<br />

und nationaler Ebene gibt es<br />

kaum Betreiberstrukturen und qualifiziertes<br />

Personal mit ausreichen<strong>der</strong><br />

Erfahrung, um die Infrastruktur<br />

instand zu erhalten. Die Bevölkerung<br />

bezieht ihr Trinkwasser deshalb vielfach<br />

über traditionelle Vorrichtungen.<br />

Wasser ist knapp und vielerorts<br />

verschmutzt und übernutzt.<br />

Laut National Risk and Vulnerability<br />

Assessment hatten 2007/08 nur 19%<br />

<strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung sowie<br />

58% <strong>der</strong> Städter Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser (nationaler Durchschnitt:<br />

27%). Aus Deutschland<br />

helfen AA und Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

(BMZ) beim Aufbau <strong>der</strong> Trinkwasserversorgung<br />

in einigen ländlichen<br />

Distrikten sowie in Badakhshan, Herat,<br />

Kabul und Kundus. Die Arbeiten<br />

in Herat und Kundus sind weitgehend<br />

abgeschlossen. Mittlerweile<br />

wurde das Programm auf weitere<br />

Städte im Norden (Faisabad, Imam<br />

Sahib sowie Balkh) ausgeweitet.<br />

Das BMZ för<strong>der</strong>t auch die Stärkung<br />

von Management- und Planungskapazitäten<br />

bei den Betreibern.<br />

Sehr viel problematischer als beim<br />

Trinkwasser ist laut Fortschrittsbericht<br />

die Lage im Bereich <strong>der</strong> Sanitärversorgung:<br />

Nur rund ein Fünftel<br />

<strong>der</strong> städtischen Bevölkerung könne<br />

auf hygienische sanitäre Anlagen<br />

zurückgreifen, während <strong>der</strong> Anteil<br />

in <strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung nur<br />

bei knapp über 1% liege (nationaler<br />

Durchschnitt: 5%).<br />

Informations- und<br />

Kommunikationstechnologie<br />

(IKT)<br />

Seit 2002 ist <strong>der</strong> Kommunikationssektor<br />

in <strong>Afghanistan</strong> rasant<br />

gewachsen, insbeson<strong>der</strong>e im Mobilfunkbereich.<br />

Das Land verfügte<br />

2009 laut <strong>Afghanistan</strong> Statistical<br />

Yearbook nur über rund 140.000<br />

Festnetzanschlüsse, die Zahl <strong>der</strong><br />

Mobilfunkanschlüsse schätzte<br />

Nokia Siemens Networks (NSN) im<br />

November 2010 aber auf 17 Mio.<br />

Dies kommt einer Durchdringung<br />

von 57% gleich. Zudem wird mit<br />

etwa 1 Mio. aktiven Internetnutzern<br />

gerechnet, wobei diese Zahl<br />

aufgrund <strong>der</strong> immer weiteren<br />

Verbreitung von Internetcafés stetig<br />

ansteigt.<br />

Der größte Telekommunikationsanbieter<br />

im Land ist die Firma Roshan<br />

mit 3,8 Mio. aktiven Abonnenten<br />

(Mai 2010). Das private Unternehmen<br />

hat von 2004 bis 2010 mit internationaler<br />

Unterstützung über 445<br />

Mio. US$ in <strong>Afghanistan</strong> investiert<br />

und ist <strong>der</strong> größte Steuerzahler des<br />

Landes. Nach eigenem Bekunden<br />

sollen die nächsten Jahre jeweils<br />

30 Mio. bis 80 Mio. US$ investiert<br />

werden. Als Anbieter mit Schwerpunkt<br />

im ländlichen Bereich wolle<br />

man 20 bis 80 zusätzliche Dörfer<br />

und kleinere Städte versorgen.<br />

Ausrüster NSN unterstützt Roshan<br />

durch Beratung sowie Bereitstellung<br />

von Netzwerkausrüstung und<br />

Wartungsleistungen. Die beiden<br />

Haupteigner von Roshan sind die<br />

Aga Khan Foundation (51%) und<br />

Monaco Telecom (36,75%).<br />

Ein weiterer Mobilfunkanbieter ist<br />

die Afghan Wireless Communications<br />

Company (AWCC). Die Firma<br />

sendet nach Angaben von NSN in<br />

allen Provinzen des Landes und ist<br />

größter privater Investor <strong>Afghanistan</strong>s.<br />

Im November 2010 gab<br />

NSN bekannt, für AWCC dessen<br />

2,5G-Netzwerk auszubauen und zu<br />

mo<strong>der</strong>nisieren sowie Technik zur<br />

Kunden- und Abrechnungsverwaltung<br />

zu liefern. Die Installation <strong>der</strong><br />

Technik in den vielfach ländlichen<br />

Regionen übernimmt <strong>der</strong> Kunde den<br />

Angaben zufolge weitgehend selbst.<br />

Im Jahr 2006 hatte die afghanische<br />

Regierung mit dem chinesischen<br />

Anbieter ZTE ein Abkommen über<br />

64,5 Mio. US$ zur Errichtung eines<br />

landesweiten Glasfasernetzes<br />

unterschrieben. Das Netz soll den<br />

Empfang von Radio und Fernsehen<br />

sowie den Zugang zu Telefonnetz<br />

und Internet erheblich verbessern.<br />

Bauwirtschaft<br />

Die Baubranche stellt einen <strong>der</strong><br />

wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des<br />

Landes dar, zumal <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

für viele Aufträge sorgt.<br />

Die Branche wuchs in jüngster<br />

Vergangenheit jedes Jahr um ein<br />

Zehntel und trug 2008 gut 9% zur<br />

Wirtschaftsleistung bei.<br />

Bauprojekte entstehen vor allem<br />

durch den Aufbau <strong>der</strong> massiven<br />

Militärpräsenz im Land sowie die<br />

großflächigen Wie<strong>der</strong>aufbauprojekte<br />

<strong>der</strong> afghanischen Regierung.<br />

Darüber hinaus gibt es auch private<br />

Investitionen in größere und kleinere<br />

kommerziell orientierte Projekte,<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 29


Infrastruktur<br />

zum Beispiel Einkaufszentren und<br />

Wohnanlagen. Wegen <strong>der</strong> vielfältigen<br />

Bautätigkeit besteht auch eine anhaltend<br />

hohe Nachfrage nach Baumaterialien<br />

aller Art und Maschinen.<br />

So produzierte das Land 2009 nach<br />

Angaben des U.S. Geological Survey<br />

nur 50.000 t Zement, bei einem Bedarf<br />

von geschätzt 2,5 Mio. t pro Jahr.<br />

Chancen für deutsche<br />

Unternehmen<br />

Grundsätzlich birgt <strong>Afghanistan</strong> ein<br />

hohes Potenzial und geostrategische<br />

Vorteile für Investitionen in<br />

die Infrastruktur. Der Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

schafft hohen Bedarf und för<strong>der</strong>t<br />

zugleich die Stabilität im Land. Dies<br />

wie<strong>der</strong>um wird die Nachfrage nach<br />

Handels- und Industriegütern im<br />

Land steigern. Durch verbesserte<br />

Infrastruktur und Sicherheit im<br />

Land wird erwartet, dass <strong>Afghanistan</strong><br />

auch wie<strong>der</strong> vermehrt als<br />

Umschlagplatz für den Handel mit<br />

Gütern aus dem gesamten zentralasiatischen<br />

Raum genutzt wird.<br />

Bei Transport und Logistik erwarten<br />

Beobachter, dass die Nachfrage<br />

nach kommerziellem Personenund<br />

Güterverkehrs weiter ansteigt.<br />

Ein beson<strong>der</strong>er Bedarf im Logistiksektor<br />

besteht in <strong>der</strong> Bereitstellung<br />

von Kühltransporten und Aufbewahrungsanlagen<br />

wie Kühlräumen<br />

und Containern. Etwa 20 bis 40%<br />

<strong>der</strong> geernteten landwirtschaftlichen<br />

Produkte im Land ver<strong>der</strong>ben<br />

aufgrund mangeln<strong>der</strong> Aufbewahrung.<br />

Laut <strong>Afghanistan</strong> Investment<br />

Support Agency (AISA) befinden sich<br />

<strong>der</strong>zeit nur weniger als 50 Kühllaster<br />

im Land. Im Bereich Kühlgeräte<br />

engagiert sich vor Ort die deutsche<br />

Firma Viessmann.<br />

Investitionsmöglichkeiten im Energiesektor<br />

bestehen in <strong>der</strong> Gewinnung<br />

und Verteilung von Elektrizität auf<br />

Basis verschiedener Energieträger,<br />

darunter Wasserkraft, Gas, Kohle,<br />

Solar- und Windenergie, Erdwärme<br />

und Bio-Ethanol. Die Regierung<br />

sucht unter an<strong>der</strong>em private Investoren<br />

für die Rehabilitierung und den<br />

Ausbau verschiedener existieren<strong>der</strong><br />

Wasserkraftwerke und Dämme,<br />

für die zum Teil schon ausführliche<br />

Machbarkeitsstudien durchgeführt<br />

wurden. So soll zum Beispiel das<br />

„Shahtoot Storage Dam“-Projekt für<br />

die Provinz Kabul Wasser für Haushalte<br />

und Landwirtschaft bereitstellen.<br />

Die Kosten für das Vorhaben<br />

schätzt die AISA auf 120 Mio. US$ bei<br />

einem erwarteten Umsatz von etwa 2<br />

Mio. US$ pro Jahr.<br />

Auch für Anlagen <strong>der</strong> Solar- und<br />

Windenergie zeichnet sich eine<br />

stabile Nachfrage ab. So finanzieren<br />

unter an<strong>der</strong>em die Weltbank und die<br />

Asian Development Bank langjährige<br />

Programme, um alternative<br />

Energien zu för<strong>der</strong>n. In dieser Branche<br />

ist das deutsche Unternehmen<br />

ETC Power tätig.<br />

Die Bauwirtschaft profitiert davon,<br />

dass <strong>Afghanistan</strong>s Bevölkerung<br />

schnell wächst, beson<strong>der</strong>s in den<br />

Städten. Damit nimmt <strong>der</strong> Bedarf<br />

an Wohnraum stetig zu. Landesweit<br />

wird die Nachfrage nach zusätzlichem<br />

Wohnraum auf etwa 1,25 Mio.<br />

Wohneinheiten (2010) beziehungsweise<br />

1,5 Mio. (2014) geschätzt.<br />

Ausgewählte Projekte<br />

Projekt Zeitraum Investitionsvolumen Stand<br />

Ring Road - Bau einer Ringstraße<br />

von etwa 2.700 km Länge, die<br />

große Städte verbindet<br />

Eisenbahnstrecke von Hairatan<br />

(Grenze Usbekistan) nach Mazare<br />

Sharif<br />

Kabul New City - Entwicklung<br />

eines neuen Stadtgebiets im<br />

Nordosten Kabuls auf 500 qkm<br />

seit 2002 über 790 Mio. US$ im Bau; Finanzierung für das<br />

letzte Teilstück (340 Mio. US$)<br />

durch ADB zugesagt<br />

2010 bis 2011 170 Mio. US$ Teilstück fertig gestellt; Erweiterungen<br />

geplant (Ausbau<br />

nach Kabul/Herat)<br />

2009 bis 2040 über 6 Mrd. US$ (Gesamtvolumen)<br />

Ausschreibungen für die erste<br />

Phase angelaufen<br />

30 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Hervorzuheben ist das Projekt<br />

Kabul New City (Dehsabz). Die<br />

Regierung verfolgt dabei einen<br />

Privatsektor-Ansatz, um ein neues<br />

Stadtgebiet nordöstlich <strong>der</strong> bestehenden<br />

Stadt Kabul zu entwickeln,<br />

etwa 20 km entfernt vom aktuellen<br />

Zentrum. Die Pläne beziehen sich<br />

auf eine Fläche von gigantisch<br />

anmutenden 500 qkm, die, auf<br />

20.000 Parzellen aufgeteilt, über<br />

einen Zeitraum von zehn Jahren<br />

durch private Investoren entwickelt<br />

werden soll. Pro Baufläche ist ein<br />

Preis von durchschnittlich 30.000<br />

US$ angesetzt.<br />

In <strong>der</strong> IKT-Branche soll die staatliche<br />

Afghan Telecom Corporation,<br />

die das Telefonfestnetz des Landes<br />

zur Verfügung stellt, bald privatisiert<br />

werden. Der Wert des Unternehmens<br />

wird auf etwa 200 Mio.<br />

US$ geschätzt, worunter auch das<br />

geplante Glasfasernetz im Wert von<br />

65 Mio. US$ fällt.<br />

Branchenstruktur und<br />

Geschäftspraxis<br />

Bei <strong>der</strong> Erstellung von Infrastruktur<br />

und für die Bauwirtschaft generell<br />

stellen Projekte im Rahmen <strong>der</strong><br />

internationalen (Militär-) Präsenz<br />

sowie die großen Bauprojekte <strong>der</strong><br />

afghanischen Regierung mit Abstand<br />

die höchsten Investitionen dar. Es<br />

existieren keine öffentlichen Zahlen<br />

über das Gesamtvolumen <strong>der</strong> in diesem<br />

Zusammenhang geschlossenen<br />

Verträge. Aufträge durch das Militär<br />

und die internationale Gebergemeinschaft<br />

wirken sich in beson<strong>der</strong>em<br />

Maße auf Markt und Konkurrenz aus.<br />

Insgesamt hat diese beson<strong>der</strong>e<br />

Auftragslage zu einer Minimierung<br />

<strong>der</strong> Akteure im Bausektor geführt.<br />

Zurückzuführen ist dies beson<strong>der</strong>s<br />

auf Sicherheitsbedenken. Internationale<br />

Auftragsnehmer vergeben<br />

Verträge an eine immer geringere<br />

Zahl von Subunternehmern zu<br />

immer höheren Auftragswerten.<br />

Die Unternehmer, die von diesem<br />

System profitieren, sind entwe<strong>der</strong><br />

afghanische Firmen mit guten Verbindungen<br />

zur Regierung o<strong>der</strong> aber<br />

große internationale Baufirmen<br />

überwiegend aus <strong>der</strong> Türkei, Iran,<br />

Pakistan und <strong>der</strong> VR China.<br />

Dies führt dazu, dass einige wenige<br />

Firmen sich immer besser an die<br />

Situation im Land anpassen und<br />

daher in <strong>der</strong> Lage sind, immer mehr<br />

exklusive Aufträge zu akquirieren.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Konzentration auf nur<br />

wenige Anbieter und <strong>der</strong> hohen Auftragsvolumina<br />

kommt es auch oft zu<br />

undurchsichtigen Vergabeverfahren<br />

im Bausektor.<br />

Darüber hinaus ist zu beobachten,<br />

dass sich die Baubranche zunehmend<br />

„militarisiert“. Vor dem<br />

Hintergrund anhalten<strong>der</strong> Unruhen<br />

in vielen Teilen des Landes lassen<br />

sich viele Aufträge nur unter Einsatz<br />

bewaffneter Sicherheitskräfte<br />

durchführen. Zudem führt <strong>der</strong> Einsatz<br />

von Subunternehmern zum Teil<br />

dazu, dass Baufortschritte nur noch<br />

schwer nachzuverfolgen sind. Dies<br />

wird noch verstärkt durch die unwegsame<br />

Geographie des Landes.<br />

Auch um diesen Schwierigkeiten<br />

in <strong>der</strong> Bauwirtschaft und bei den<br />

Investitionen in die Infrastruktur zu<br />

begegnen, hat die ADB Ende 2010<br />

den <strong>Afghanistan</strong> Infrastructure<br />

Trust Fund aufgelegt. Der Fonds soll<br />

Finanzierungen für Infrastruktur in<br />

<strong>Afghanistan</strong> bereitstellen und Ko-<br />

Finanzierungen durch den Privatsektor<br />

vermitteln, insbeson<strong>der</strong>e in den<br />

Bereichen Straßenbau, Schienennetz,<br />

Flughäfen, Energie und Wasser.<br />

Kontaktadressen<br />

Asian Development Bank<br />

ADB Afghan Infrastructure Trust<br />

Fund<br />

Internet: www.adb.org/<strong>Afghanistan</strong>/projects.asp?<br />

Ansprechpartner:<br />

ADB: Philip Wood; E-Mail:<br />

pwood@adb.org<br />

<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance:<br />

Nasim Ihsan; E-Mail: nasim.<br />

ihsan@asi.org.af<br />

Internet: www.mof.gov.af<br />

Dehsabz City Development Authority<br />

E-Mail: info@dcda.gov.af; Internet:<br />

www.dcda.gov.af<br />

Ministry of Energy and Water<br />

Internet: mew.gov.af<br />

Ministry of Public Works<br />

Internet: www.mopws.gov.af<br />

Öffentliche Ausschreibungen im<br />

Bausektor<br />

Internet: www.cwcten<strong>der</strong>s.com/<br />

construction_ten<strong>der</strong>s_<br />

afghanistan.htm<br />

http://ausschreibungen.dgmarket.<br />

com<br />

Anna Janus (Deutsche Gesellschaft<br />

für Internationale Zusammenarbeit)<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 31


Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

Einleitung und<br />

Hintergrund<br />

Wer sich als ausländischer Investor<br />

in <strong>Afghanistan</strong> nie<strong>der</strong>lassen will,<br />

sollte sich vom Rechtssystem nicht<br />

zu viel versprechen. Er muss sich<br />

innerlich von dem verabschieden,<br />

was er aus Deutschland kennt und<br />

womöglich auch in <strong>Afghanistan</strong><br />

erwartet. Allerdings ist dies nicht<br />

notwendigerweise ein Grund, dem<br />

Land gleich den Rücken zu kehren.<br />

Wie in an<strong>der</strong>en ärmeren Län<strong>der</strong>n<br />

funktioniert hier <strong>der</strong> Verkehr auch<br />

ohne Ampeln - wer Geschäfte<br />

betreibt, muss sich eben an das<br />

Rechtssystem gewöhnen.<br />

Rechtssystem und Gerichtswesen<br />

in <strong>Afghanistan</strong> stecken noch in<br />

den Kin<strong>der</strong>schuhen. Ihr Zustand<br />

ist selbst im Vergleich mit ähnlich<br />

entwickelten Län<strong>der</strong>n sehr schlecht.<br />

Dies folgert eine Studie <strong>der</strong> Millennium<br />

Challenge Corporation (MCC),<br />

einem vom US-amerikanischen<br />

Kongress gegründeten Think Tank,<br />

<strong>der</strong> sich mit Fragen <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />

befasst. Die<br />

Einschätzung <strong>der</strong> MCC dürfte auf<br />

verschiedenen Faktoren beruhen:<br />

Verschiedene Rechtssysteme überlappen<br />

sich, nämlich die islamische<br />

Scharia, das auf Traditionen und<br />

Bräuchen beruhende Stammesrecht<br />

sowie das noch neue und lückenhafte,<br />

auf <strong>der</strong> Verfassung von 2004<br />

beruhende kodifizierte Recht.<br />

Wesentliche Gesetze für wirtschaftliche<br />

Aktivitäten fehlen, vor allem<br />

ein Vertragsrecht und ein Handelsgesetzbuch<br />

(Entwürfe hierzu<br />

existieren bereits).<br />

Es mangelt an juristisch geschulten<br />

Personen, sowohl für Richter- als<br />

auch Anwaltschaft. Es gibt erhebliche<br />

Probleme mit Korruption in<br />

Verwaltung und Gerichtswesen.<br />

Für ausländische Investoren spielt<br />

das afghanische Gerichtswesen daher<br />

eine eher untergeordnete Rolle.<br />

Streitfälle werden in <strong>der</strong> Regel<br />

durch Schieds- o<strong>der</strong> Mediationsverfahren<br />

beigelegt. Diese Formen <strong>der</strong><br />

Streitbeilegung sind im Investitionsgesetz<br />

in Art. 30 ausdrücklich<br />

zugelassen. Dies betrifft sowohl den<br />

Ort <strong>der</strong> Streitbeilegung als auch das<br />

anwendbare Recht.<br />

Erfahrungswerten zufolge lassen<br />

sich afghanische Unternehmen<br />

durchaus auf solche vertragliche<br />

Vereinbarungen ein. Zwar lässt sich<br />

auf diese Weise die Korruption im<br />

Gerichtswesen zumindest teilweise<br />

umgehen, gleichwohl ist mit einem<br />

gewonnenen Schiedsverfahren<br />

<strong>der</strong> Anspruch längst noch nicht<br />

durchgesetzt. Außerdem riskiert<br />

<strong>der</strong> afghanische Geschäftspartner<br />

wohl eher wenig, wenn er sich auf<br />

solch ein Verfahren einlässt, sofern<br />

keine Pfändung von Eigentum des<br />

Geschäftspartners außerhalb von<br />

<strong>Afghanistan</strong> in Betracht kommt. Der<br />

Schwerpunkt muss insoweit ganz<br />

klar in <strong>der</strong> gütlichen Streitbeilegung<br />

gesucht werden.<br />

Im Umgang mit <strong>der</strong> Verwaltung<br />

lässt sich die Korruption wesentlich<br />

schwieriger umgehen. Sie reicht<br />

von <strong>der</strong> direkten Auffor<strong>der</strong>ung zur<br />

Bestechung bis hin zur aktiven<br />

Behin<strong>der</strong>ung von Geschäften, vor<br />

allem dann, wenn die Interessen<br />

lokaler Wirtschaftsbosse betroffen<br />

sind. Im Corruption Perception<br />

Index 2010 von Transparency International<br />

steht <strong>Afghanistan</strong> auf Rang<br />

176 von 178 Län<strong>der</strong>n. Zwar stehen<br />

gemäß den Artikeln 260 bis 267 des<br />

Strafgesetzbuches hohe Strafen auf<br />

Bestechung und Bestechlichkeit,<br />

die Durchsetzung dieser Strafnormen<br />

ist bislang aber vollkommen<br />

ungenügend. Zudem kann sich ein<br />

strafrechtliches Problem auch in<br />

Deutschland ergeben, wie etwa <strong>der</strong><br />

Blick auf das Gesetz zur Bekämpfung<br />

internationaler Bestechung<br />

zeigt. Wer in <strong>Afghanistan</strong> tätig werden<br />

will, braucht daher vor allem<br />

Durchhaltevermögen, Kontakte und<br />

Einfallsreichtum.<br />

Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

Hintergrund<br />

Ursprünglich waren die gesellschaftsrechtlichen<br />

Bestimmungen<br />

im afghanischen Handelsgesetzbuch<br />

von 1955 geregelt. Dieses<br />

Gesetz war aufgrund <strong>der</strong> Verfassung<br />

aus dem Jahr 2004 weiterhin anwendbar,<br />

bedurfte aber insbeson<strong>der</strong>e<br />

im gesellschaftsrechtlichen Bereich<br />

dringend <strong>der</strong> Überarbeitung.<br />

Eine solche Überarbeitung erfolgte<br />

durch US-amerikanische Juristen<br />

nach US-Vorbild und ist seit 2007<br />

aufgrund präsidialen Erlasses auch<br />

anwendbar. Die so entstandenen<br />

neuen Personengesellschafts- und<br />

Kapitalgesellschaftsgesetze dürften<br />

das Handelsgesetzbuch von 1955<br />

in den entsprechenden Bereichen<br />

ersetzt haben, wobei dies aber nicht<br />

ganz klar ist.<br />

Die vorgesehenen Personengesellschaften<br />

sind die Sherkat-Tazamoni,<br />

vergleichbar mit <strong>der</strong> deutschen<br />

GbR, und die Sherkat-Tazamoni-<br />

Mokhtalat, die mit <strong>der</strong> deutschen<br />

Kommanditgesellschaft vergleichbar<br />

ist. Allerdings spielen diese<br />

32 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Gesellschaftsformen für Investoren<br />

kaum eine Rolle.<br />

Wesentlich größere Bedeutung<br />

kommt den Kapitalgesellschaften<br />

und dabei vor allem <strong>der</strong> Sherkate-Mahdud-ul-Massoliat<br />

zu. Dies ist<br />

eine Gesellschaft, in <strong>der</strong> die Haftung<br />

<strong>der</strong> Gesellschafter auf ihre Einlage<br />

beschränkt ist. Sie heißt im Folgenden<br />

„Limited Liability Company“<br />

(LLC) und ist mit <strong>der</strong> deutschen<br />

GmbH vergleichbar. Die meisten<br />

Investoren in <strong>Afghanistan</strong> wählen<br />

diese Gesellschaftsform, die wegen<br />

ihrer herausgehobenen Bedeutung<br />

im Folgenden näher erläutert<br />

wird. Die an<strong>der</strong>e mögliche Kapitalgesellschaft,<br />

im Folgenden als<br />

Corporation bezeichnet, entspricht<br />

im Wesentlichen <strong>der</strong> deutschen<br />

Aktiengesellschaft und wird hier nur<br />

am Rande erwähnt.<br />

Darstellung <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Regelung<br />

Eine LLC muss mindestens zwei<br />

und kann maximal 50 Gesellschafter<br />

haben (Art. 3 des Kapitalgesellschaftsgesetzes).<br />

Diese haften nur<br />

mit ihrer Einlage. Grundlage <strong>der</strong><br />

LLC ist <strong>der</strong> von den Gesellschaftern<br />

unterschriebene und im afghanischen<br />

Handelsregister registrierte<br />

Gesellschaftsvertrag. Nennen muss<br />

dieser Gesellschaftsvertrag insbeson<strong>der</strong>e<br />

den Namen <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />

den Namen und die Anschrift<br />

<strong>der</strong> Gesellschafter, die Anschrift<br />

des Sitzes <strong>der</strong> Gesellschaft, die<br />

Verteilung <strong>der</strong> Gesellschaftsanteile<br />

und - sofern vorhanden - die<br />

angestrebte Dauer <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

(Art. 21). Der Name einer LLC muss<br />

den Zusatz „limited“ o<strong>der</strong> „ltd.“<br />

enthalten (Art. 26). Ein Mindestkapital<br />

ist nicht erfor<strong>der</strong>lich. Rechtlich<br />

existiert die Gesellschaft, sobald<br />

<strong>der</strong> Gesellschaftsvertrag unter-<br />

schrieben und im Handelsregister<br />

eingetragen ist (Art. 22). Werden vor<br />

diesem Zeitpunkt bereits Geschäftstätigkeiten<br />

vorgenommen, so haften<br />

die Gesellschafter dafür grundsätzlich<br />

persönlich. Eine Ausnahme von<br />

diesem Grundsatz besteht nur dann,<br />

wenn dem Geschäftspartner bekannt<br />

war, dass die LLC noch nicht<br />

bestand (Art. 23).<br />

In Bezug auf die Organe einer Kapitalgesellschaft<br />

macht das Gesetz<br />

keinen Unterschied zwischen LLC<br />

und Corporation. Bei beiden Kapitalgesellschaftsformen<br />

ist neben<br />

einem Board of Directors (BoD) und<br />

<strong>der</strong> Gesellschafterversammlung<br />

auch ein Board of Supervisors (BoS)<br />

vorgesehen.<br />

Das BoD entspricht im Wesentlichen<br />

dem Vorstand einer deutschen<br />

Aktiengesellschaft o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Geschäftsführung einer deutschen<br />

GmbH. Es führt die Geschäfte <strong>der</strong><br />

Gesellschaft und kann sie rechtlich<br />

verpflichten. Die gesetzlichen<br />

Bestimmungen bieten insofern mit<br />

Blick auf die deutschen Regelungen<br />

wenig Ungewöhnliches. Die Mitglie<strong>der</strong><br />

müssen mindestens 18 Jahre alt<br />

sein und dürfen nicht ihrer zivilen<br />

Rechte durch ein Gericht enthoben<br />

worden sein. Die Mitglie<strong>der</strong> des BoD<br />

(directors) werden durch die Gesellschafterversammlung<br />

für eine<br />

maximale Amtszeit von drei Jahren<br />

bestimmt. Eine Abberufung ist<br />

ebenfalls durch die Gesellschafterversammlung<br />

möglich. Die directors<br />

haben im Interesse des Unternehmens<br />

und <strong>der</strong> Gesellschafter zu<br />

handeln. Dabei können sie bei <strong>der</strong><br />

Entscheidungsfindung auf Experten<br />

zurückgreifen, sind aber bei <strong>der</strong><br />

Auswahl dieser Experten zu einer<br />

beson<strong>der</strong>en Sorgfalt verpflichtet.<br />

Verletzt ein director seine Pflichten<br />

o<strong>der</strong> schadet er <strong>der</strong> Gesellschaft in<br />

sonstiger Weise vorsätzlich, haftet<br />

er gegenüber <strong>der</strong> Gesellschaft und<br />

den Gesellschaftern persönlich.<br />

Daneben enthält das Gesetz auch<br />

einige Vorschriften zum Thema<br />

Corporate Governance.<br />

Das BoS entspricht in seinen<br />

Funktionen dem von deutschen<br />

Aktiengesellschaften und teilweise<br />

auch GmbHs bekannten Aufsichtsrat.<br />

Es besteht aus mindestens zwei<br />

Mitglie<strong>der</strong>n, die von <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung<br />

für maximal<br />

drei Jahre bestimmt werden. Sie<br />

dürfen we<strong>der</strong> Mitglied des BoD noch<br />

sonst in die Führung <strong>der</strong> Geschäfte<br />

involviert sein, etwa als leitende Angestellte.<br />

Außerdem dürfen sie nicht<br />

mit Mitglie<strong>der</strong>n des BoD verwandt<br />

sein. Die wichtigsten Pflichten<br />

des BoS sind die Überprüfung des<br />

Jahresabschlusses, die Überprüfung<br />

<strong>der</strong> Bücher <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

zumindest alle sechs Monate, die<br />

unangekündigte Kontrolle des Kassenbestands<br />

zumindest einmal im<br />

Quartal und generell die Überwachung<br />

<strong>der</strong> Tätigkeiten des BoD.<br />

Die Gesellschafter können im Rahmen<br />

einer ordentlichen o<strong>der</strong> einer<br />

außerordentlichen Gesellschafterversammlung<br />

zusammentreten.<br />

Die ordentliche Gesellschafterversammlung<br />

soll binnen vier Monaten<br />

nach Ablauf des Veranlagungszeitraums<br />

abgehalten werden. Den<br />

genauen Ort und Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

Versammlung bestimmt das BoD.<br />

Notfalls kann sie auch über Fernkommunikationsmittel<br />

abgehalten<br />

werden. Eine außerordentliche<br />

Gesellschafterversammlung ist<br />

dann abzuhalten, wenn eine zur<br />

Einberufung aufgrund des Gesellschaftsvertrags<br />

befugte Person<br />

dies beantragt o<strong>der</strong> wenn eine<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 33


Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

Min<strong>der</strong>heit, die zumindest 10% <strong>der</strong><br />

Stimmrechte verkörpert, einen<br />

schriftlichen Antrag darauf stellt.<br />

Wertung<br />

Die Reihe „Doing business in …“ <strong>der</strong><br />

Weltbank listet <strong>Afghanistan</strong> in Bezug<br />

auf die Gesellschaftsgründung<br />

für das Jahr 2011auf einem guten<br />

25. Rang (von 183). Demzufolge<br />

kann eine Gesellschaftsgründung<br />

binnen sieben Tagen abgeschlossen<br />

werden. Hilfe bietet dabei vor<br />

allem die <strong>Afghanistan</strong> Investment<br />

Support Agencyv (AISA). Gleichzeitig<br />

allerdings belegt <strong>Afghanistan</strong> nur<br />

Rang 167 in <strong>der</strong> Kategorie „ease<br />

of doing business“. Jedoch sollte<br />

man sich von diesem Wert nicht<br />

übermäßig negativ beeinflussen<br />

lassen. Das Maß an Korruption und<br />

bürokratischen Hin<strong>der</strong>nissen ist<br />

zwar erheblich, aber darauf beruht<br />

die schlechte Platzierung allenfalls<br />

indirekt. Viel wichtiger ist, dass<br />

einige Beurteilungskriterien von<br />

„Doing business in...“ <strong>Afghanistan</strong><br />

deutlich nach unten ziehen, weil Gesetze<br />

fehlen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Transport von<br />

Waren aufgrund <strong>der</strong> Sicherheitslage<br />

sehr teuer ist. Dieser Risiken wird<br />

sich indes je<strong>der</strong> bewusst sein, <strong>der</strong><br />

in <strong>Afghanistan</strong> tätig werden will. So<br />

gibt es in <strong>Afghanistan</strong> kein Insolvenzrecht.<br />

Das monetäre Risiko daraus<br />

mag angesichts hoher Gewinnmargen<br />

als kalkulierbar erscheinen; als<br />

entscheidend gelten die Auswahl<br />

<strong>der</strong> Geschäftspartner und das Vertrauen<br />

in sie.<br />

Investitionsrecht<br />

Darstellung des Gesetzes<br />

Für politische Grundsatzentscheidungen<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>ung<br />

ist die High Commission<br />

on Investment zuständig. Mit <strong>der</strong><br />

praktischen Ausführung <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>ung<br />

ist die afghanische<br />

Investitionsför<strong>der</strong>gesellschaft AISA<br />

betraut.<br />

Investitionen in den folgenden<br />

Bereichen sind gemäß Art. 5 (a)<br />

Investitionsgesetz nicht möglich:<br />

n Nukleartechnologie<br />

n Betrieb von Wettspielen (Kasinos<br />

und Wettbüros)<br />

n Produktion von Betäubungsmitteln<br />

(Drogen und Alkohol).<br />

Investitionen in einigen ausgewählten<br />

Bereichen erfor<strong>der</strong>n zudem gemäß<br />

Art. 5 (c) und (d) Investitionsgesetz<br />

eine Son<strong>der</strong>genehmigung. Dies<br />

kann zusätzliche Zeit und Kosten<br />

benötigen. Betroffen sind:<br />

n Produktion und Verkauf von<br />

Waffen und Sprengstoffen<br />

n Finanzgeschäfte ohne Bankbeteiligungen<br />

n Versicherungen<br />

n Rohstoffe (beson<strong>der</strong>s Bergbau<br />

und Forstwirtschaft)<br />

n Infrastrukturprojekte (beson<strong>der</strong>s<br />

Telekommunikation, Strom- und<br />

Wasserversorgung, Abfallbeseitigung,<br />

Gesundheits- und<br />

Ausbildungseinrichtungen).<br />

Bei Investitionen in den Rohstoffbereich<br />

und Infrastrukturprojekte sind<br />

Son<strong>der</strong>genehmigungen allerdings<br />

nur dann erfor<strong>der</strong>lich, wenn kein<br />

Branchengesetz erlassen wurde.<br />

Bislang existieren ein Telekommunikationsgesetz<br />

(Telecommunication<br />

Law), ein Versicherungsgesetz<br />

(Insurance Law), ein Bergbaugesetz<br />

(Minerals Law) und ein Öl- und Gasgesetz<br />

(Hydrocarbons Law).<br />

Nicht jedes in <strong>Afghanistan</strong> operierende<br />

Unternehmen ist als solches<br />

auch offiziell registriert. Von Ge-<br />

schäftsabschlüssen mit nichtregistrierten<br />

Unternehmen ist generell<br />

eher abzuraten. Registrierungsfähig<br />

ist jedes Unternehmen, das nach<br />

afghanischem Recht o<strong>der</strong> den<br />

Vorschriften eines an<strong>der</strong>en Staates<br />

gegründet wurde und mittels einer<br />

Zweigstelle in <strong>Afghanistan</strong> Geschäfte<br />

durchführen will. Der Registrierungsprozess<br />

sieht in <strong>der</strong> Regel wie<br />

folgt aus:<br />

n Antragstellung bei <strong>der</strong> AISA und<br />

Beantragung einer Steueridentifikationsnummer<br />

n Aufnahme <strong>der</strong> Investition in die<br />

Datenbank <strong>der</strong> AISA<br />

n Überprüfung <strong>der</strong> Vereinbarkeit<br />

des Vorhabens mit afghanischen<br />

Gesetzen<br />

n Eintragung im Handelsregister<br />

(geführt von den Handelsgerichten)<br />

und Veröffentlichung<br />

<strong>der</strong> Geschäftsaufnahme in einer<br />

afghanischen Zeitung.<br />

Die Registrierungslizenz (certificate<br />

of existence) wird sodann nach Zahlung<br />

<strong>der</strong> Gebühr (je nach Größe <strong>der</strong><br />

Investition zwischen 100 und 1.000<br />

US$) ausgestellt.<br />

An registrierten Unternehmen kann<br />

<strong>der</strong> Investor bis zu 100% <strong>der</strong> Gesellschaftsanteile<br />

halten (vgl. Artikel<br />

10 Investitionsgesetz), es gibt also<br />

keine Beschränkung des Kapitalanteils.<br />

Registrierte Unternehmen<br />

müssen die AISA informieren, wenn<br />

sich die Gesellschafterzusammensetzung<br />

o<strong>der</strong> Kapitalstruktur<br />

än<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> eine Kapitalerhöhung<br />

stattfindet.<br />

Das Investitionsgesetz sieht für<br />

registrierte Unternehmen einen<br />

Diskriminierungsschutz vor staatlichem<br />

Handeln und den Zugang<br />

zu afghanischen Banken vor und<br />

34 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


ermöglicht damit das Führen von<br />

Konten. Zudem sichert das Investitionsgesetz<br />

registrierten ausländischen<br />

Unternehmen die Möglichkeit<br />

zu, Grundstücke für einen Zeitraum<br />

von bis zu 50 Jahren zu pachten.<br />

Für die Repatriierung von Gewinnen<br />

gibt es laut Gesetz keine Beschränkungen,<br />

vorausgesetzt, dies kollidiert<br />

nicht mit den Maßnahmen zur<br />

Verhin<strong>der</strong>ung von Geldwäsche und<br />

<strong>der</strong> Finanzierung von Terrorismus.<br />

Das Investitionsgesetz sieht in Art.<br />

25 vor, dass <strong>der</strong> aus dem Verkauf<br />

eines Unternehmens resultierende<br />

Gewinn ebenfalls ohne weitergehende<br />

Restriktionen repatriiert<br />

werden kann.<br />

Im Fall eines übergeordneten<br />

öffentlichen Interesses kann gemäß<br />

Art. 27 Investitionsgesetz eine<br />

Enteignung Privater erfolgen. In<br />

diesem Fall sieht Art. 28 eine angemessene<br />

Entschädigung „in Übereinstimmung<br />

mit internationalem<br />

Recht“ vor. Schutz bietet hier auch<br />

das bilaterale Investitionsschutzabkommen<br />

zwischen <strong>Afghanistan</strong><br />

und Deutschland vom 19/20.4.05 (in<br />

Kraft seit dem 12.10.07).<br />

Das Investitionsgesetz sieht in<br />

Art. 30 ausdrücklich Streitbeilegungsmethoden<br />

vor, die außerhalb<br />

<strong>der</strong> ordentlichen afghanischen<br />

Gerichtsbarkeit stattfinden. Sowohl<br />

ausländisches Recht als auch ein<br />

ausländisches Schiedsgericht kann<br />

gewählt werden. Entsprechende<br />

Regelungen finden sich auch im<br />

Schieds- und Mediationsgesetz<br />

von 2007. <strong>Afghanistan</strong> ist dem New<br />

Yorker Übereinkommen über die<br />

Anerkennung und Vollstreckung<br />

ausländischer Schiedssprüche von<br />

1958 beigetreten. Auch bei einer<br />

Streitigkeit zwischen einem Investor<br />

und dem afghanischen Staat ist es<br />

laut Investitionsgesetz möglich,<br />

ein internationales Schiedsgericht<br />

anzurufen. Als Schiedsgericht<br />

vorgesehen ist das Internationale<br />

Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten<br />

in Washington<br />

(International Center for Settlement<br />

of Investment Disputes, ICSID), ohne<br />

dass dafür eine weitere Zustimmung<br />

des afghanischen Staates<br />

erfor<strong>der</strong>lich wäre. Voraussetzung<br />

ist, dass keine an<strong>der</strong>weitigen Vereinbarungen<br />

geschlossen wurden<br />

und <strong>der</strong> ausländische Anteil des Unternehmens<br />

zumindest 25% beträgt.<br />

Absicherung <strong>der</strong> Investition<br />

Insbeson<strong>der</strong>e für kleine und mittelgroße<br />

Unternehmen besteht die<br />

Möglichkeit, die Investition bei <strong>der</strong><br />

<strong>Afghanistan</strong> Investment Guarantee<br />

Facility (AIGF) zu versichern. Die<br />

AIGF ist an die Multilateral Investment<br />

Guarantee Agency (MIGA) - -<br />

ein Mitglied <strong>der</strong> Weltbankgruppe<br />

- angeschlossen. Sie verfügt zur Absicherung<br />

also über Weltbank-Kapital.<br />

Im Wesentlichen bietet die AIGF<br />

die folgenden Versicherungspolicen<br />

an, die einzeln o<strong>der</strong> in Kombination<br />

vereinbart werden können:<br />

Transferrestriktion: Sichert das Unternehmen<br />

gegen Verluste ab, die<br />

daraus entstehen, dass es Kapital<br />

o<strong>der</strong> Gewinne nicht in ausländische<br />

Währung zum Transfer ins Ausland<br />

wechseln kann. Währungspreisschwankungen<br />

werden allerdings<br />

nicht abgedeckt.<br />

Enteignung: Sichert das Unternehmen<br />

gegen Enteignungen o<strong>der</strong> enteignungsgleiche<br />

Maßnahmen von<br />

staatlicher Seite ab, sofern diese<br />

ohne angemessene Entschädigung<br />

und entgegen <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Regelungen erfolgt.<br />

Krieg und zivile Unruhen: Sichert<br />

das Unternehmen gegen Schäden<br />

durch Kriegshandlungen, Sabotage,<br />

Terrorismus und zivile Unruhen ab.<br />

Vertragsbruch: Sichert das Unternehmen<br />

gegen Vertragsbruch durch<br />

den afghanischen Staat ab, sofern<br />

ein Streitbeilegungsverfahren existiert,<br />

dieses genutzt wurde und <strong>der</strong><br />

Staat <strong>der</strong> aus dem Streitbeilegungsverfahren<br />

resultierende Entscheidung<br />

nicht binnen einer gewissen<br />

Frist nachkommt.<br />

Die Absicherung durch die AIGF erfolgt<br />

in <strong>der</strong> Regel für sieben Jahre.<br />

Abgesichert werden das Investitionsvorhaben<br />

bis zu einer Höhe<br />

von 90% <strong>der</strong> Investitionssumme<br />

sowie die mit <strong>der</strong> Investition direkt<br />

zusammenhängenden Gewinne von<br />

bis zu 450% <strong>der</strong> Investitionssumme.<br />

Der Teil <strong>der</strong> Investition, <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />

AIGF nicht versichert wird, muss in<br />

jedem Fall vom Investor getragen<br />

werden, darf also nicht an<strong>der</strong>weitig<br />

versichert werden.<br />

Wertung<br />

Das Investitionsrecht <strong>Afghanistan</strong>s<br />

wird als eines <strong>der</strong> investorenfreundlichsten<br />

des gesamten Nahen und<br />

Mittleren Ostens beschrieben. Im<br />

Unterschied zu vielen an<strong>der</strong>en<br />

Investitionsgesetzen <strong>der</strong> Region<br />

zeichnet es sich insbeson<strong>der</strong>e<br />

dadurch aus, dass ausländische<br />

und inländische Investoren (fast)<br />

die gleichen Rechte haben. Eine<br />

Schlechterstellung ausländischer<br />

Investoren ergibt sich im Grunde<br />

nur daraus, dass diese kein Grundeigentum<br />

in <strong>Afghanistan</strong> erwerben<br />

können, son<strong>der</strong>n auf langjährige<br />

Pachtverträge beschränkt sind.<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 35


Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

Die afghanische Regierung bemüht<br />

sich sehr um ausländische Investoren.<br />

Um den Sicherheitsbedenken<br />

gerade auch deutscher Investoren<br />

zu begegnen, wurden in <strong>der</strong> Nähe<br />

<strong>der</strong> großen Städte sogenannte<br />

Industriezonen eingerichtet.<br />

Diese bieten neben beson<strong>der</strong>en<br />

Schutzmaßnahmen auch eine gute<br />

Infrastruktur. Zudem bieten sie Sicherheit<br />

in Bezug auf Rechte Dritter<br />

an einem Grundstück. Gelegentlich<br />

streiten sich Investoren mit Dritten,<br />

die Rechte an Grundstücken geltend<br />

machten. Hintergrund ist, dass es<br />

kein einheitliches - dem deutschen<br />

Grundbuch vergleichbares - Register<br />

für Grundstücke und Rechte<br />

an Grundstücken gibt. Außerdem<br />

waren in Kriegswirren Grundstückskonfiszierungen<br />

und die Vernichtung<br />

von Dokumenten üblich.<br />

Gleichwohl müssen sich Investoren<br />

nicht auf diese Industriezonen<br />

beschränken. Viele ausländische<br />

Unternehmen haben ganz normale<br />

Büros in den großen Städten.<br />

Allerdings sollte sich <strong>der</strong> Investor<br />

auf Mietpreise gefasst machen, die<br />

mit denen deutscher Großstädte<br />

vergleichbar sind. In Anbetracht <strong>der</strong><br />

nach wie vor kritischen Sicherheitslage<br />

ist es auch äußerst empfehlenswert,<br />

Sicherheitsvorkehrungen<br />

zu treffen und dafür zusätzliche<br />

Kosten einzuplanen.<br />

Der Zugang zu Krediten ist schwierig.<br />

Dies liegt vor allem daran, dass<br />

Regelungen zum Schutz von Kreditgeber<br />

und Kreditnehmer bisher<br />

allenfalls ansatzweise existieren.<br />

Trotzdem gibt es, gerade in Kabul,<br />

eine Reihe von Banken. Sofern<br />

lediglich Waren nach <strong>Afghanistan</strong><br />

geliefert werden sollen und nicht<br />

beabsichtigt ist, eine dauerhafte<br />

Präsenz vor Ort zu unterhalten, ist,<br />

wie im internationalen Geschäft<br />

Steuerrecht<br />

Zwischen <strong>Afghanistan</strong> und Deutschland<br />

besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen.<br />

Das bedeutet,<br />

dass allenfalls die unilateralen<br />

Maßnahmen zur Vermeidung einer<br />

Doppelbesteuerung anwendbar<br />

sind. In <strong>der</strong> Regel wird in Deutschland<br />

daher auf die in § 34c Abs.1<br />

EStG beschriebene Anrechnungsmethode<br />

zurückzugreifen sein.<br />

Prinzipiell bedeutet dies, dass in Afüblich,<br />

<strong>der</strong> L/C (Letter of Credit;<br />

Akkreditiv) das probate Mittel. Vor<br />

Ort kann sich ein Problem daraus<br />

ergeben, dass <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />

kein Konto bei einer registrierten<br />

Bank unterhält. Nach wie vor gibt es<br />

in <strong>Afghanistan</strong> inoffizielle Finanzierungssysteme<br />

(sog. hawala), von<br />

<strong>der</strong>en Nutzung aber grundsätzlich<br />

abgeraten wird.<br />

Arbeitsrecht / Arbeitnehmerentsendung<br />

Bei einer Arbeitnehmerentsendung<br />

sind vor allem vier Dinge zu berücksichtigen:<br />

n Anpassung des Arbeitsvertrages<br />

n Sozialversicherungsrecht<br />

n Einreisebestimmungen und<br />

Arbeitsvisum<br />

n Steuerrecht.<br />

Üblicherweise wird im Rahmen<br />

einer Entsendung ein sogenannter<br />

Entsendevertrag geschlossen, welcher<br />

individuell und auf den Einzelfall<br />

abgestimmt zu erstellen ist.<br />

Eine Sozialversicherung existiert in<br />

<strong>Afghanistan</strong> <strong>der</strong>zeit nicht. Zu klären<br />

bleibt die Sozialversicherungspflicht<br />

in Deutschland. Ob diese gegeben<br />

ist, hängt ebenfalls vom Einzelfall<br />

ab, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />

Auslandstätigkeit.<br />

In Deutschland sozialversicherungspflichtig<br />

bleiben Arbeitnehmer,<br />

die im Rahmen eines deutschen<br />

Arbeitsvertrags nach <strong>Afghanistan</strong><br />

geschickt werden, wenn die<br />

Entsendung also befristet ist und in<br />

Deutschland eine Weiterbeschäftigung<br />

nach <strong>der</strong> Rückkehr geplant<br />

ist. Beschränkt sich <strong>der</strong> Arbeitsvertrag<br />

hingegen auf die Tätigkeit in<br />

<strong>Afghanistan</strong>, erlischt grundsätzlich<br />

die Versicherungspflicht in Deutschland.<br />

Allerdings hat diese Regel<br />

Ausnahmen. Zudem können sich<br />

Arbeitnehmer, für die in Deutschland<br />

keine Versicherungspflicht gilt,<br />

dort freiwillig versichern.<br />

Die Visumsbeantragung muss vor<br />

<strong>der</strong> Einreise bei <strong>der</strong> afghanischen<br />

Botschaft in Berlin erfolgen, kann<br />

also nicht an <strong>der</strong> Grenze o<strong>der</strong> am<br />

Flughafen vorgenommen werden.<br />

Einzureichen sind neben dem Antrag<br />

zwei Passbil<strong>der</strong>, ein Einzahlungsbeleg<br />

<strong>der</strong> Gebühr (keine Barzahlung<br />

o<strong>der</strong> unerledigte Überweisungsaufträge),<br />

<strong>der</strong> Reisepass samt Kopie<br />

davon, ein Schreiben des Arbeitgebers<br />

und, sofern eine postalische<br />

Zusendung erwünscht ist, ein mit<br />

fünf Euro frankierter Rückumschlag.<br />

Ein Visum kann maximal für drei<br />

Monate erteilt werden. Die Gebühr<br />

beträgt pro Monat 30 Euro. Nur die<br />

einmalige Einreise ist gestattet. Bei<br />

einem längerfristigen Aufenthalt<br />

kann vor Ort in Kabul eine Verlängerung<br />

beantragt werden.<br />

Für Arbeitnehmer interessant ist,<br />

dass <strong>der</strong> Auslandstätigkeitserlass<br />

für sie anwendbar ist. Das bedeutet,<br />

dass sie auf ihr afghanisches Einkommen<br />

nur in <strong>Afghanistan</strong> Steuern<br />

zahlen müssen, selbst wenn sie<br />

ihren Wohnsitz in Deutschland nicht<br />

aufgeben.<br />

36 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


ghanistan gezahlte Steuern bis zur<br />

Höhe des deutschen Steuersatzes<br />

auf die deutsche Steuer angerechnet<br />

werden können, sofern aufgrund<br />

unbeschränkter Steuerpflicht in<br />

Deutschland die jeweiligen Gewinne<br />

auch <strong>der</strong> deutschen Steuerpflicht<br />

unterliegen.<br />

In <strong>Afghanistan</strong> ist 2009 ein neues<br />

Steuergesetz in Kraft getreten und<br />

hat das vorherige von 2005 ersetzt.<br />

Auch wenn in vielen Punkten mit<br />

dem Gesetz von 2005 vergleichbar,<br />

verfügt das neue Gesetz über einige<br />

vorher nicht vorhandene Konzepte.<br />

Es unterscheidet etwa zwischen<br />

Einkommen aus in- und ausländischer<br />

Quelle, zudem än<strong>der</strong>te es die<br />

Steuersätze.<br />

An<strong>der</strong>s als in Deutschland geht <strong>der</strong><br />

Veranlagungszeitraum grundsätzlich<br />

vom 21.3. bis zum 20.3. des<br />

Folgejahres. Wer in <strong>Afghanistan</strong><br />

ansässig ist, unterliegt mit seinem<br />

weltweiten Einkommen <strong>der</strong><br />

afghanischen Steuer (sogenanntes<br />

Welteinkommensprinzip). Ansässig<br />

ist insbeson<strong>der</strong>e, wer seinen<br />

Hauptwohnsitz während des Veranlagungszeitraums<br />

in <strong>Afghanistan</strong><br />

hat o<strong>der</strong> wer sich innerhalb des Veranlagungszeitraums<br />

für mindestens<br />

183 Tage in <strong>Afghanistan</strong> aufhält. Für<br />

Unternehmen sind <strong>der</strong> Zeitpunkt<br />

und Ort <strong>der</strong> Gründung sowie <strong>der</strong> Sitz<br />

<strong>der</strong> Verwaltung maßgeblich.<br />

Der Körperschaftsteuersatz in<br />

<strong>Afghanistan</strong> beträgt 20%. Deutsche<br />

Unternehmen können die von ihren<br />

Zweigstellen in <strong>Afghanistan</strong> bezahlten<br />

Steuern in Deutschland bis zur<br />

Höhe <strong>der</strong> deutschen Körperschaftsteuer<br />

(15%) anrechnen.<br />

Afghanische Kapitalgesellschaften<br />

müssen 20% <strong>der</strong> Zahlungen in Form<br />

von Zinsen, Dividenden, Lizenzgebühren,<br />

Preisen, Lotteriegewinnen,<br />

Bonuszahlungen und Dienstleistungen<br />

einbehalten und innerhalb von<br />

zehn Tagen nach Ablauf des Monats,<br />

in dem <strong>der</strong> Betrag einbehalten<br />

wurde, als Quellensteuer an das<br />

Finanzamt abführen.<br />

Außerdem müssen Unternehmen<br />

o<strong>der</strong> Privatpersonen Quellensteuern<br />

für gewerblich veranlasste Mietzahlungen<br />

einbehalten. Bei einer<br />

Monatsmiete zwischen 10.000 und<br />

100.000 Af (Afghani; etwa 150 bis<br />

1.500 Euro; 1 Euro = 66 Af) sind 10%<br />

zu zahlen, bei über 100.000 Af fallen<br />

15% an.<br />

Wer an staatliche Einrichtungen<br />

liefert o<strong>der</strong> Bauaufträge für sie<br />

ausführt, muss 2% des Werts als<br />

Quellensteuer abführen (bei nicht<br />

registrierten Unternehmen 7%). Die<br />

staatliche Einrichtung behält dann<br />

den anwendbaren Prozentsatz ein.<br />

Die Quellensteuer kann, unabhängig<br />

von <strong>der</strong> Ansässigkeit, nicht auf die<br />

sonstige Steuerlast angerechnet<br />

werden.<br />

Die Lohnsteuer wird wie in Deutschland<br />

vom Arbeitgeber einbehalten.<br />

Sie richtet sich nach <strong>der</strong> Höhe des<br />

jeweils anwendbaren Einkommensteuersatzes,<br />

<strong>der</strong> progressiv<br />

gestaffelt ist.<br />

Einkommensteuer<br />

Einkommen (Af)*) Steuerstz (%)<br />

bis 5.000 0<br />

5.001 - 12.500 2<br />

12.501 - 100.000 10<br />

über 100.000 20<br />

*) w; rund 15 Euro; 1 Euro = 66 Af; Stand Ende<br />

Mai 2011<br />

Für Warenlieferungen und Dienstleistungen<br />

fällt zudem eine Art<br />

Umsatzsteuer an. Diese Business<br />

Receipts Tax beträgt grundsätzlich<br />

2%. Für Hotels und Restaurants<br />

mit einem Quartalseinkommen von<br />

mehr als 750.000 Af, Betreiber von<br />

Veranstaltungshallen und Klubs<br />

beträgt <strong>der</strong> Steuersatz 5%; für<br />

Luxushotels und -restaurants sowie<br />

Telekom- und Luftfahrtdienstleistungen<br />

sind es 10%.<br />

Die Einkünfte von deutschen Arbeitnehmern<br />

in <strong>Afghanistan</strong> können<br />

gemäß dem Auslandstätigkeitserlass<br />

von <strong>der</strong> deutschen Steuer<br />

befreit werden. Die Arbeitnehmer<br />

unterliegen dann nur <strong>der</strong> afghanischen<br />

Steuer.<br />

Voraussetzung für die Anwendbarkeit<br />

des Erlasses ist,<br />

n dass es sich um einen inländischen<br />

(also deutschen)<br />

Arbeitgeber handelt,<br />

n dass kein Doppelbesteuerungsabkommen<br />

besteht,<br />

n dass die Tätigkeit mehr als drei<br />

Monate dauert sowie<br />

n die Art <strong>der</strong> Tätigkeit: Der Arbeitnehmer<br />

muss Wirtschaftsgüter<br />

erstellen o<strong>der</strong> instandsetzen,<br />

Bodenschätze suchen o<strong>der</strong><br />

gewinnen o<strong>der</strong> aber Entwicklungszusammenarbeit<br />

leisten.<br />

Bedeutsam ist dies beson<strong>der</strong>s für die<br />

Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in<br />

Deutschland nicht aufgeben wollen<br />

o<strong>der</strong> können. Der Auslandstätigkeitserlass<br />

gilt für den Arbeitnehmer<br />

auch dann, wenn er für eine<br />

gemeinnützige Organisation handelt,<br />

da nur diese selbst in <strong>der</strong> Regel von<br />

<strong>der</strong> Körperschaftsteuer befreit ist,<br />

nicht aber das Gehalt <strong>der</strong> Angestellten;<br />

Ausnahmen können aufgrund<br />

bilateraler Verträge bestehen.<br />

Niko Sievert (Germany Trade & Invest)<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 37


Zoll und Einfuhrverfahren<br />

Zoll und Einfuhrverfahren<br />

<strong>Afghanistan</strong> ist Mitglied <strong>der</strong> südasiatischen<br />

Gemeinschaft für regionale<br />

Zusammenarbeit (South Asian Association<br />

für Regional Cooperation),<br />

<strong>der</strong> Organisation für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit (Economic<br />

Cooperation Organization) sowie des<br />

zentralasiatischen Verbundes für<br />

regionale Zusammenarbeit (Central<br />

Asian Regional Economic Cooperation).<br />

Darüber hinaus besteht<br />

jeweils bilateral ein Abkommen<br />

über Handel und wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit mit Russland und<br />

<strong>der</strong> Türkei sowie ein Abkommen<br />

über den präferenziellen Marktzugang<br />

für bestimmte Waren mit<br />

Indien. Innerhalb <strong>der</strong> Welthandelsorganisation<br />

(WTO) hält <strong>Afghanistan</strong><br />

einen Beobachterstatus.<br />

Mit Pakistan hat <strong>Afghanistan</strong> im Oktober<br />

2010 ein neues Transitabkommen<br />

(Afghan-Pakistan Transit Trade<br />

Agreement) unterzeichnet. Umgesetzt<br />

werden sollte es nach letzten<br />

Informationen und Verschiebungen<br />

ab Mitte Juni 2011. Das Abkommen<br />

vereinfacht den Transit von Gütern<br />

aus und nach <strong>Afghanistan</strong> über<br />

Pakistan und dessen Hafen Karachi<br />

und lässt mehr Grenzübergänge zu.<br />

Erlaubt ist dann die Nutzung von<br />

zusätzlichen Häfen und Transporteuren,<br />

etwa Betreiber afghanischer<br />

Lkws. Heimische Waren sollen über<br />

Pakistan leichter nach Indien ge-<br />

langen, während <strong>Afghanistan</strong><br />

selbst zum Durchgangsland für den<br />

Güteraustausch zwischen Pakistan<br />

und den zentralasiatischen Staaten<br />

werden soll.<br />

Einfuhrabgaben,<br />

Zolltarif<br />

<strong>Afghanistan</strong>s Zölle sind relativ<br />

niedrig. Die Weltbank gab den<br />

Durchschnittstarif 2009 mit 5,6% an,<br />

was deutlich weniger ist als in den<br />

Nachbarstaten o<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>n mit<br />

vergleichbarem Einkommen. Auf<br />

einen Großteil <strong>der</strong> Waren entfallen<br />

Importzölle von 2,5 bis 5%. Die Zölle<br />

für Industrie- und Landwirtschafts-<br />

Zollsätze laut Zolltarif 2008<br />

HS-Kapitel / HS-Codenummer Warenbezeichnung Einfuhrregelzollsatz (%)<br />

28, 29 Chemische Erzeugnisse 1/5<br />

30 Pharmazeutische Erzeugnisse 2,5<br />

31 Düngemittel 2,5<br />

3304, 3307 Kosmetika 16<br />

4011-4013 Reifen und Schläuche aus Kautschuk 2,5<br />

61-63 Bekleidung 10<br />

72,73 Eisen- und Stahlwaren 2,5/5<br />

82 Werkzeuge und Schneidwaren 5/10<br />

84 Maschinen und Apparate 2,5/5<br />

85 Sonstige elektrotechnische Waren 2,5/5<br />

.8508, 8509 Haushaltsgeräte, Alarmanlagen 5/10<br />

8702, 8704 Busse, Lastkraftwagen 2,5<br />

8703 Personenkraftwagen 16/25<br />

8708 Kraftfahrzeugteile 5<br />

9018-9022 Medizinische Geräte und Instrumente 2,5<br />

Quelle: Customs Tariff, <strong>Afghanistan</strong> Customs Department, www.customs.gov.af<br />

38 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Foto: © Pixel - Fotolia.com<br />

güter sind laut Weltbank weitgehend<br />

identisch, wobei es wichtige<br />

Ausnahmen gibt. Höchsttarif ist 40%<br />

Die Nomenklatur des afghanischen<br />

Einfuhrzolltarifs basiert auf dem<br />

internationalen Harmonisierten<br />

System zur Bezeichnung und Codierung<br />

<strong>der</strong> Waren (HS 2007). Nachfolgend<br />

sind einige Produktbereiche<br />

mit den entsprechenden Zollsätzen<br />

aufgeführt.<br />

Der Einführer in <strong>Afghanistan</strong> muss<br />

eine Geschäftslizenz (Business<br />

Licence) des afghanischen Wirtschaftsministeriums<br />

(Ministry of<br />

Commerce and Industry) besitzen<br />

und bei <strong>der</strong> Handelskammer (<strong>Afghanistan</strong><br />

Chamber of Commerce<br />

and Industry) registriert sein. Bei<br />

<strong>der</strong> Abfertigung von Waren zum<br />

zollrechtlich freien Verkehr („for<br />

free circulation“) entstehen die<br />

Einfuhrabgaben (Zoll und Nebenabgaben)<br />

zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Abgabe<br />

<strong>der</strong> Zollanmeldung.<br />

Bemessungsgrundlage für die<br />

Festsetzung des Zolls ist <strong>der</strong><br />

Zollwert. Das ist grundsätzlich <strong>der</strong><br />

für die Waren gezahlte o<strong>der</strong> zu<br />

zahlende Preis auf <strong>der</strong> Basis CIF <strong>der</strong><br />

internationalen Lieferbedingungen<br />

(Incoterms).<br />

Als Einfuhrnebenabgaben werden<br />

erhoben:<br />

n zusätzliche Einfuhrsteuer (fixed<br />

tax): 2% vom Zollwert zuzüglich<br />

Zollbetrag<br />

n Business Receipt Tax (BRT):<br />

2% vom Zollwert zuzüglich<br />

Zollbetrag<br />

n Abgabe an den Roten Halbmond<br />

(Red Crescent, das „islamische<br />

Rote Kreuz“): 2% vom Zollbetrag.<br />

Exportzölle in Höhe von 2,5% vom<br />

Zollwert werden erhoben für Eisenerze<br />

und ihre Konzentrate einschließlich<br />

Schwefelkiesabbrände<br />

(HS-Codes 2601.11-20).<br />

Warenbegleitpapiere<br />

Für eine ordnungsgemäße Verzollung<br />

in <strong>Afghanistan</strong> sind vom<br />

Exporteur die folgenden Warenbegleitpapiere<br />

zu erstellen:<br />

n Handelsrechnung (Commercial<br />

Invoice): in dreifacher Ausfertigung,<br />

in englischem Wortlaut mit<br />

sämtlichen handelsüblichen Angaben<br />

und Nennung des Ursprungslandes<br />

sowie einer mit<br />

einer Unterschrift versehenen<br />

verbindlichen Erklärung am<br />

Ende <strong>der</strong> Rechnung, dass sämtliche<br />

Angaben korrekt sind. Die<br />

Handelsrechnung ist von <strong>der</strong> zuständigen<br />

Industrie- und Handelskammer<br />

(IHK) zu beglaubigen.<br />

n Ursprungszeugnis (Certificate of<br />

Origin): Das Ursprungszeugnis ist<br />

von <strong>der</strong> IHK zu beglaubigen.<br />

n Frachtpapiere: Konnossement<br />

o<strong>der</strong> Luftfrachtbrief<br />

n Packliste.<br />

Für Lieferungen mit Transport über<br />

Pakistan wird nach Angaben <strong>der</strong> israelischen<br />

Logistik-Firma MultiLog<br />

eine pakistanische Transiterlaubnis<br />

verlangt. Die Anlaufstelle dafür ist<br />

das Central Board of Revenue’s<br />

Customs Division in Islamabad. Auf<br />

dem Konnossement muss demnach<br />

„In Transit to <strong>Afghanistan</strong> via Pakistan“<br />

vermerkt sein.<br />

Außertarifliche<br />

Zollbefreiungen<br />

Das afghanische Zollgesetz sieht<br />

unter an<strong>der</strong>em für folgende Einfuhren<br />

eine Zollbefreiung vor:<br />

n Wareneinfuhren im Rahmen von<br />

mit Krediten finanzierten Staatsprojekten<br />

o<strong>der</strong> Waren für private<br />

ausländische o<strong>der</strong> internationale<br />

Hilfsorganisationen, die in <strong>Afghanistan</strong><br />

registriert sind. Für die<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> Zollbefreiung<br />

ist eine entsprechende<br />

Bewilligung bei <strong>der</strong> Zollverwaltung<br />

zu beantragen.<br />

n Warenmuster und Werbematerialien<br />

n Substanzen zur Verwendung für<br />

die Qualitätskontrolle von pharmazeutischen<br />

Erzeugnissen<br />

n Sendungen mit einem Wert von<br />

1.000 Af (Afghani; rund 15 Euro;<br />

1 Euro = 66 Af; Stand Ende Mai<br />

2011) o<strong>der</strong> weniger<br />

n Postpakete mit einem Wert von<br />

5.000 Af o<strong>der</strong> weniger.<br />

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Zoll und Einfuhrverfahren<br />

Beson<strong>der</strong>e Zollverfahren<br />

Mit Bewilligung <strong>der</strong> Zollverwaltung<br />

können Waren ohne Festsetzung<br />

und Erhebung von Abgaben in private<br />

o<strong>der</strong> öffentliche Zolllager verbracht<br />

werden. Die Höchstlagerfrist<br />

beträgt grundsätzlich zwölf Monate<br />

und kann auf Antrag des Zollanmel<strong>der</strong>s<br />

von <strong>der</strong> Zollverwaltung um<br />

weitere zwölf Monate verlängert<br />

werden. Messewaren und Berufsausrüstungen<br />

können im Verfahren<br />

<strong>der</strong> vorübergehenden Einfuhr unter<br />

Leistung einer Sicherheit abgabenfrei<br />

importiert werden. Die von<br />

<strong>der</strong> Zollverwaltung für diese Waren<br />

festgesetzte Wie<strong>der</strong>ausfuhrfrist ist<br />

einzuhalten.<br />

Für an<strong>der</strong>e Waren <strong>der</strong> vorübergehenden<br />

Einfuhr gilt grundsätzlich<br />

eine teilweise Zollbefreiung. Erhoben<br />

werden dabei pro Monat 3% des<br />

Betrags, <strong>der</strong> bei einer endgültigen<br />

Einfuhr als Zoll anfallen würde. Die<br />

Wie<strong>der</strong>ausfuhrfrist beträgt maximal<br />

zwölf Monate und kann in begründeten<br />

Fällen auf Antrag um weitere<br />

zwölf Monate verlängert werden.<br />

Einfuhrverbote und<br />

-beschränkungen<br />

Ein Einfuhrverbot gilt insbeson<strong>der</strong>e<br />

für Schweinefleisch und Schweinefleischerzeugnisse,<br />

alkoholische<br />

Getränke, Baumwollsamen, Gips,<br />

Salz, Tafelsalz und Ammoniumnitrat.<br />

Für die unten genannten Waren<br />

ist eine Einfuhrgenehmigung <strong>der</strong><br />

zuständigen afghanischen Behörde<br />

erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Bei <strong>der</strong> Einfuhr von Nahrungsmitteln<br />

führen Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums<br />

Qualitätskontrollen<br />

an den Grenzposten durch.<br />

Zwingend erfor<strong>der</strong>lich ist hierfür die<br />

Vorlage eines Gesundheitszeugnisses<br />

(Sanitary Certificate), das von<br />

<strong>der</strong> zuständigen Behörde im Exportland<br />

ausgestellt wurde.<br />

Jürgen Huster (Germany Trade &<br />

Invest)<br />

Waren mit Einfuhrgenehmigung<br />

Warenbezeichnung<br />

Pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische Geräte, Körperpflegemittel<br />

und Kosmetika<br />

Veterinärmedizinische Erzeugnisse und Instrumente<br />

Pestizide und Agrarchemikalien<br />

Samen<br />

Bestimmte Halogen<strong>der</strong>ivate (HS-Codes 2903.41-45)<br />

Druckerzeugnisse und kinematographische Filme<br />

Telekommunikationsausrüstungen<br />

Gepanzerte Fahrzeuge, Waffen, Munition, militärische Ausrüstungen<br />

Betäubungsmittel<br />

Zuständige Genehmigungsbehörde<br />

Ministry of Public Health<br />

Ministry of Agriculture, Irrigation and Livestock<br />

(MAIL), General Directorate of Animal Health<br />

MAIL, Directorate for Plant Quarantine<br />

MAIL, Seeds Agency<br />

National Environmental Protection Agency<br />

Ministry of Information and Culture<br />

Ministry of Communications and Information Technology<br />

Ministry of Interior, Ministry of Defence<br />

Ministry of Counter-Narcotics<br />

Quelle: WTO<br />

40 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Kultureller Hintergrund<br />

Kultureller<br />

Hintergrund<br />

Im Mittelpunkt <strong>der</strong> afghanischen<br />

Kultur steht die Familie. Ihr ist <strong>der</strong><br />

Einzelne verpflichtet. Danach kommen<br />

Tradition und Religion, und erst<br />

dann spielen staatliche Regeln und<br />

Gesetze eine Rolle im Leben <strong>der</strong><br />

Menschen.<br />

Werte<br />

Familie, Gemeinschaft<br />

Zur Familie zählen im engeren<br />

Sinne die Eltern, die Brü<strong>der</strong> mit<br />

Ehefrauen und Kin<strong>der</strong>n sowie die<br />

eigenen Ehefrauen und Kin<strong>der</strong>. Die<br />

meisten Männer haben nur eine<br />

Ehefrau. Sehr häufig wohnen alle<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Familie zusammen.<br />

Entscheidungen trifft <strong>der</strong> Vater,<br />

dann <strong>der</strong> jeweils älteste Bru<strong>der</strong>.<br />

Weil <strong>der</strong> Einzelne hinter die<br />

Gemeinschaft zurücktritt, hat in<br />

<strong>Afghanistan</strong> <strong>der</strong> Eigentumsbegriff<br />

eine an<strong>der</strong>e Bedeutung als in<br />

Deutschland. Das Rasierwasser und<br />

das Shampoo dürfen alle im Haus<br />

benutzen. Im Zweifel gehört auch<br />

das Geld auf dem Konto des Unternehmers<br />

allen. Letztendlich wird<br />

erwartet, dass je<strong>der</strong> zur Gemeinschaft<br />

etwas beiträgt und - ohne<br />

aufzurechnen - etwas erhält.<br />

Ehre, Gastfreundschaft<br />

Eine kulturelle Beson<strong>der</strong>heit ist<br />

die Ehre, die in vielen Fällen keine<br />

rationale Entscheidung zulässt.<br />

Eine bewusste o<strong>der</strong> unbewusste<br />

Verletzung <strong>der</strong> Ehre kann den europäischen<br />

Geschäftspartner in ernste<br />

Gefahr bringen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e in den paschtunischen<br />

Gebieten gebietet es die Tradition,<br />

dass ein Gast gut und reichlich bewirtet<br />

wird und für seine Sicherheit<br />

gesorgt wird. Arme Familien kann<br />

diese Gastfreundschaft in große<br />

Not bringen. Bei reichen Familien<br />

darf <strong>der</strong> deutsche Geschäftspartner<br />

die Gastfreundschaft auch, wenn<br />

er möchte, über Nacht und längere<br />

Zeit genießen. Bei Besuchen <strong>der</strong><br />

afghanischen Geschäftspartner in<br />

Europa werden üppige Einladungen<br />

zum Essen erwartet. Manche<br />

Afghanen essen aber nur Halal,<br />

also Speisen, die nach islamischem<br />

Recht erlaubt o<strong>der</strong> zulässig sind.<br />

Dann sind nur Einladungen in gute<br />

konservative afghanische Restaurants<br />

möglich.<br />

Pünktlichkeit<br />

Von den deutschen Geschäftspartnern<br />

wird Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit<br />

erwartet. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite hat je<strong>der</strong> Verständnis dafür,<br />

Foto: © <strong>GIZ</strong><br />

Die Familie im weiteren Sinne<br />

besteht aus mehreren Tausend<br />

mehrfach verwandtschaftlich verbundenen<br />

Personen. Im Normalfall<br />

wird nur innerhalb dieser Großfamilie<br />

geheiratet. Dieser Familie steht<br />

ein Familienoberhaupt vor, das in<br />

einer offiziellen Zeremonie dazu<br />

nach traditionellen Regeln ernannt<br />

wurde. Entscheidungen werden in<br />

letzter Instanz durch diese Person<br />

getroffen - weltweit. Dies kann<br />

dazu führen, dass von deutschen<br />

o<strong>der</strong> afghanischen Gerichten<br />

getroffene Entscheidungen nicht<br />

umgesetzt werden. Regelmäßig<br />

sitzen Unschuldige in Deutschland,<br />

<strong>Afghanistan</strong> und an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />

klaglos Strafen ab, für Straftaten,<br />

die an<strong>der</strong>e begannen haben, weil<br />

das Familienoberhaupt - nach<br />

Diskussion in <strong>der</strong> Familie - dies so<br />

bestimmt hat.<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 41


Kultureller Hintergrund<br />

dass die Sicherheitslage o<strong>der</strong> auch<br />

persönliche Umstände zu einer<br />

Verspätung nicht nur von Stunden,<br />

son<strong>der</strong>n sogar von Tagen o<strong>der</strong> Wochen<br />

führen können. Eine Erklärung<br />

o<strong>der</strong> gar eine Entschuldigung wie in<br />

Deutschland ist gänzlich unüblich<br />

und wirkt lächerlich.<br />

Verhaltensweisen<br />

Entscheidungen<br />

Entscheidungen werden niemals<br />

erläutert. Eine verbindliche Entscheidung<br />

kann auch durch einen<br />

min<strong>der</strong>jährigen Sohn <strong>der</strong> Familie<br />

o<strong>der</strong> einen Angestellten getroffen<br />

werden, wenn das Familienoberhaupt<br />

ihn für fähig hält. Die Frage<br />

nach dem „Warum“ ist in <strong>Afghanistan</strong><br />

unüblich. Der Europäer, <strong>der</strong> eine<br />

Begründung für eine Entscheidung<br />

erwartet, stößt auf Unverständnis.<br />

Die wahren Beweggründe werden<br />

ihm nicht mitgeteilt werden.<br />

Umgang mit Verträgen<br />

Schriftliche Verträge sind auch bei<br />

großen Geschäften nicht üblich.<br />

Wichtig ist, dass für beide Seiten<br />

das Geschäft gut ist. Entscheidend<br />

ist das gesprochen Wort und nicht<br />

<strong>der</strong> unterschriebene Text. Dabei ist<br />

entscheidend, was <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />

verstanden hat. Um seinen<br />

Gegenüber nicht zu verletzen, wird<br />

<strong>der</strong> Partner es vermeiden, „Nein“ zu<br />

sagen. Alles außer einem ausdrücklichen<br />

„Ja“ bedeutet eine Ablehnung.<br />

Auch ein mit irrationalen<br />

For<strong>der</strong>ungen verknüpftes „Ja“ ist<br />

ein verklausuliertes „Nein“.<br />

Korrektes Sitzen<br />

Die wohlhabenden Unternehmerfamilien<br />

haben ein separates Haus<br />

o<strong>der</strong> zumindest ein separates<br />

Zimmer, in dem Gäste empfangen<br />

werden. Üblicherweise sitzen die<br />

Gäste und <strong>der</strong> Gastgeber auf Kissen<br />

an einer Wand. Eventuell hat <strong>der</strong><br />

Gastgeber für seine europäischen<br />

Gäste Tische und Stühle besorgt.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e konservative Gastgeber<br />

freuen sich über europäische<br />

Gäste, die korrekt auf den Kissen<br />

am Boden sitzen können. Dass die<br />

Räume nicht mit Schuhen betreten<br />

werden dürfen, ist selbstverständlich,<br />

gilt aber nicht unbedingt für<br />

Büros.<br />

Niemals - auch nach vielen Stunden<br />

nicht - dürfen die Fußsohlen in<br />

Richtung einer an<strong>der</strong>en Person<br />

gestreckt werden. Europäer dürfen<br />

aber um eine Decke bitten, mit <strong>der</strong><br />

sie ihre Beine und Füße bedecken<br />

können. Seriös ist, die Füße im<br />

Schnei<strong>der</strong>sitz unter dem eigenen<br />

Körper zu verstecken. Erlaubt ist<br />

aber auch, sich eines <strong>der</strong> Rückenkissen<br />

zu nehmen, um sich darauf<br />

seitlich halb liegend abzustützen.<br />

Körperliches Berühren<br />

Männer können sich gegenseitig<br />

auch in <strong>der</strong> Öffentlichkeit anfassen.<br />

Hand in Hand durch die Stadt zu<br />

gehen ist nicht peinlich. Männer<br />

fassen sich gegenseitig auch an<br />

die Schultern, ja selbst an die<br />

Oberschenkel, ohne dass dies als<br />

Annäherungsversuch interpretiert<br />

wird. Dabei bleiben die Männer aber<br />

bei einem höflichen und förmlichen<br />

„Sie“.<br />

Frauen dürfen durch Männer<br />

niemals berührt o<strong>der</strong> angesprochen<br />

werden. Schon das Anschauen<br />

kann gegen die guten Sitten<br />

verstoßen. Nur wenn eine Frau von<br />

sich aus die Hand entgegenstreckt,<br />

darf diese geschüttelt werden.<br />

Auch dann ist es besser, die Frau<br />

nicht anzuschauen und schon gar<br />

nicht anzusprechen. Es gibt auch<br />

selbstbewusste, gebildete und<br />

durchsetzungsstarke afghanische<br />

Geschäftsfrauen. Für einen europäischen<br />

Geschäftsmann ist es aber<br />

am sichersten, alle afghanischen<br />

Frauen bewusst zu meiden.<br />

Gespräche und Umgang mit Frauen<br />

Auch wenn sich Geschäftspartner<br />

seit vielen Jahren kennen, so<br />

bleiben sie immer förmlich im<br />

Gespräch, um den an<strong>der</strong>en nicht<br />

zu verletzen. Selbst afghanische<br />

Herrenwitze muten Europäern an<br />

wie Kin<strong>der</strong>witze. Afghanen sind<br />

zudem sehr schnell gekränkt. Über<br />

Geschäfte kann erst dann gesprochen<br />

werden, nachdem sich die<br />

Geschäftspartner kennengelernt<br />

haben und sich vertrauen. Umgekehrt<br />

entwickelt sich <strong>der</strong> private<br />

Umgang mit Geschäftspartnern nur<br />

langsam.<br />

Der Gesprächspartner erwartet,<br />

dass sich die Partner zu Beginn<br />

eines Treffens ausgiebig nach dem<br />

Befinden erkundigen. Männer sollten<br />

aber niemals nach dem Befinden <strong>der</strong><br />

Frauen fragen. Grundsätzlich wird<br />

niemals über die Frauen <strong>der</strong> Familien<br />

gesprochen. Sehr selten werden<br />

Frauen vorgestellt. Auch dann darf<br />

<strong>der</strong> Geschäftspartner die Frauen<br />

nicht anschauen. Ein falscher Blick<br />

kann zum Abbruch <strong>der</strong> Geschäftstätigkeiten<br />

führen. Auch nach vielen<br />

Jahren erfolgreicher geschäftlicher<br />

Kontakte dürfen die Geschäftspartner<br />

die Frauen <strong>der</strong> Geschäftsfreunde<br />

nicht kennenlernen. Über die Ehefrauen<br />

und Töchter zu sprechen ist<br />

nicht angebracht.<br />

Bei Einladungen in Privaträume ist<br />

es sicherer, den Gastraum nicht zu<br />

verlassen. Es wäre ein großes Unglück<br />

für die Frauen, aber auch für<br />

42 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


die Geschäfte, wenn <strong>der</strong> männliche<br />

Geschäftspartner eine <strong>der</strong> Frauen<br />

des Hauses zu Gesicht bekäme.<br />

Der europäische Mann lässt sich<br />

zur Toilette begleiten. Dabei darf er<br />

nicht herumschauen. Er kehrt zügig<br />

auf kürzestem Weg in den Gastraum<br />

zurück.<br />

Viele Afghanen sind aber mit<br />

europäischen Sitten mittlerweile<br />

vertraut. Fehler werden zum Teil<br />

hingenommen. Niemals wird <strong>der</strong><br />

Europäer auf Fehler hingewiesen.<br />

Vielmehr ist <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />

plötzlich nicht mehr zu erreichen<br />

und die Ware wird nicht geliefert.<br />

Auch hier wird keine Begründung<br />

gegeben.<br />

Regeln für Frauen<br />

Für europäische Frauen gelten<br />

grundsätzlich an<strong>der</strong>e Regeln. Da<br />

Frauen als nur bedingt geschäftsfähig<br />

gelten, werden ihnen Fehler<br />

im Geschäftsgebaren schneller verziehen.<br />

Selbstverständlich dürfen<br />

Europäerinnen auch bei den Frauen<br />

sitzen. Sie werden von den Frauen<br />

sicherlich während des Gesprächs<br />

auch mal angefasst. Sichere Geschäfte<br />

können Europäerinnen dann<br />

machen, wenn <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />

sie mit zu seinem Vermögen<br />

zählt - wie sein Auto, Haus und<br />

seine Ehefrauen. Im Gegenzug wird<br />

erwartet, dass die Europäerin die<br />

Grundregeln des (afghanischen)<br />

Anstands einhält.<br />

Kopftuch ist nicht Pflicht, aber es<br />

erleichtert die Gespräche sehr. Bei<br />

konservativen Gesprächspartnern<br />

reicht das Kopftuch beziehungsweise<br />

ein zweites Tuch bis über<br />

die Taille. Sonst reicht ein dünnes,<br />

durchscheinendes Tuch, das<br />

aber groß genug ist, um Kopf und<br />

Schulter zu bedecken. Auch müssen<br />

die Arme und Beine bis über die<br />

Knöchel bedeckt sein. Um bei geschäftlichen<br />

Gesprächen respektiert<br />

zu werden, tragen Frauen am<br />

besten einen guten europäischen<br />

Anzug, dessen Jackett den Po<br />

vollständig bedeckt. Die Bluse muss<br />

hoch geschlossen sein. Toleriert<br />

wird etwas freizügigere Kleidung<br />

bei Mitarbeiterinnen von NGOs und<br />

zum Beispiel deutschen staatlichen<br />

Einrichtungen, weil man sich hier<br />

finanzielle Zuwendungen erhofft.<br />

Bei Gesprächen gilt Lachen, selbst<br />

Lächeln, als erotisch. Es verwirrt<br />

den Geschäftspartner. Frauen zeigen<br />

bei ernsten Gesprächen keine<br />

Emotionen. Im Allgemeinen werden<br />

Wünsche, die durch deutsche, aber<br />

auch afghanische Frauen in <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

geäußert werden, durch<br />

die Männer gern erfüllt.<br />

Selbstverständlich wird kein Mann<br />

einer Frau durch Berührung helfen.<br />

Beim Aussteigen aus dem Auto<br />

muss frau alleine zurechtkommen.<br />

Stolpert sie, werden alle Männer zur<br />

Seite springen o<strong>der</strong> sich wegdrehen.<br />

Alkohol darf von Frauen nicht<br />

angerührt werden, das gilt auch<br />

für Bier und Wein. Selbst wenn alle<br />

Männer um sie herum trinken und<br />

ihr Alkohol angeboten wird, wird sie<br />

ihr Gesicht verlieren. Frauen sollten<br />

in <strong>Afghanistan</strong> niemals rauchen.<br />

Geschäftsessen<br />

Eine Einladung zum Essen abzulehnen<br />

ist immer unhöflich. Es wird erwartet,<br />

dass <strong>der</strong> Gast reichlich isst.<br />

Der Gast sollte das Essen mehrfach<br />

dankend ablehnen. Der Gastgeber<br />

wird dies ignorieren und als höfli-<br />

ches Verhalten interpretieren. Er<br />

wird es sich nicht nehmen lassen,<br />

den Teller des Gastes persönlich zu<br />

füllen. Nicht von allem reichlich zu<br />

essen ist unhöflich. Der Teller muss<br />

aber nicht leer gegessen werden.<br />

Wer nichts mehr essen o<strong>der</strong> trinken<br />

möchte, hält die Hände über das<br />

Glas o<strong>der</strong> den Teller und schaut<br />

grimmig. Die Verhaltensweisen<br />

beim Essen sind entscheidend von<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Familie abhängig.<br />

Die Hände werden vor dem Essen<br />

gründlich gewaschen. Eventuell<br />

kommt vor dem Essen einer <strong>der</strong><br />

Jugendlichen des Hauses und<br />

reicht Wasser, Seife und Handtuch.<br />

Üblicherweise wird auf dem<br />

Boden sitzend mit <strong>der</strong> rechten<br />

Hand gegessen. Die linke Hand<br />

wird nur selten wie zum Beispiel<br />

beim Auseinan<strong>der</strong>reißen des Brotes<br />

genutzt. Der Reis wird mit Daumen,<br />

Zeige- und Mittelfinger vom<br />

Rand des Tellers genommen. Der<br />

Daumen schiebt den Reis über die<br />

Finger in den Mund. Gegessen wird<br />

sehr ordentlich und sauber, zumal<br />

manchmal bis zu drei Personen<br />

von einem Teller essen. Je<strong>der</strong> isst<br />

vom Rand zur Mitte hin. Auch <strong>der</strong><br />

Pudding o<strong>der</strong> Milchreis wird so<br />

gegessen. Der Gast darf sich nicht<br />

am Tischdecken o<strong>der</strong> am Abräumen<br />

nach dem Essen beteiligen.<br />

In <strong>Afghanistan</strong> wird viel Alkohol<br />

getrunken, beson<strong>der</strong>s von liberal<br />

eingestellten Personen in leiten<strong>der</strong><br />

Funktion. Alkohol zu trinken ist aber<br />

riskant, weil es viele strikte Gegner<br />

gibt. Im Zweifel kann je<strong>der</strong> Alkohol<br />

ablehnen, sein Ansehen wird damit<br />

steigen. Rauchen - auch Zigaretten -<br />

in Räumen o<strong>der</strong> in Anwesenheit des<br />

Gastgebers ist gesellschaftlich nicht<br />

toleriert. Auch erwachsene Söhne<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 43


Kultureller Hintergrund<br />

Insbeson<strong>der</strong>e außerhalb Kabuls<br />

wird auf Basis <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Tradition entschieden und nicht<br />

nach staatlichen Gesetzen. In ganz<br />

<strong>Afghanistan</strong> aber führen Verhaltensweisen,<br />

die <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

schaden können, zu Gefängnisstrarauchen<br />

nicht vor ihrem Vater. Rauchen<br />

in Anwesenheit von Respektpersonen<br />

ist eine Beleidigung.<br />

In allen großen Städten gibt es<br />

Restaurants, die auch in Hamburg<br />

o<strong>der</strong> München so stehen könnten.<br />

Die Preise sind dort mit denen in<br />

guten Restaurants in Deutschland<br />

vergleichbar. Die Bedienung stammt<br />

oft aus dem Ausland und ist für<br />

afghanische Verhältnisse freizügig<br />

angezogen. An dem einen Nachbartisch<br />

sitzen vielleicht Mitglie<strong>der</strong><br />

des Königshauses, am nächsten<br />

europäisches Sicherheitspersonal<br />

und am dritten Tisch vielleicht Sympathisanten<br />

<strong>der</strong> Taliban. Alkohol<br />

trinken, rauchen, laut sprechen<br />

o<strong>der</strong> lachen ist nicht angebracht.<br />

Auch wenn <strong>der</strong> Geschäftspartner<br />

protestiert - es wird erwartet, dass<br />

bei längeren Besuchen auch <strong>der</strong><br />

Gast Kosten übernimmt. Nur durch<br />

gute Planung kann <strong>der</strong> Europäer<br />

die Rechnung begleichen. Er darf es<br />

nicht zu einer Diskussion kommen<br />

lassen, son<strong>der</strong>n muss die Rechnung<br />

diskret rechtzeitig verlangen. Die<br />

Rechnung wie in Deutschland zu<br />

teilen ist unter keinen Umständen<br />

möglich.<br />

Original afghanische Restaurants<br />

haben häufig einen Frauenraum,<br />

den Männer nur in Begleitung von<br />

Frauen betreten dürfen. Überwiegend<br />

stehen in den Restaurants in<br />

Kabul Tische und Stühle. Außerhalb<br />

Kabuls haben viele Restaurants<br />

nur „Tische“. Auf diesen Tischen<br />

sitzt man im Schnei<strong>der</strong>sitz mit dem<br />

Rücken zum Gang und isst vom<br />

Plastikläufer in <strong>der</strong> Tischmitte.<br />

Kleidungsregeln<br />

Männer und Frauen tragen zu geschäftlichen<br />

Treffen Anzüge, wie sie<br />

auch in Europa üblich sind. Afghanische<br />

Kleidung wird von Europäern<br />

nur in <strong>der</strong> Freizeit getragen. Männer<br />

können sich einen Vollbart wachsen<br />

lassen. In Privaträumen und manchen<br />

Büros wird auf Socken o<strong>der</strong><br />

barfuß gelaufen.<br />

Umgang mit Technik<br />

Fernseher und Handys sind in<br />

<strong>Afghanistan</strong> sehr weit verbreitet.<br />

Handys werden mit Prepaidkarten<br />

betrieben. Festnetzanschlüsse<br />

sind nicht üblich. In Kabul gibt es<br />

mobiles Internet in guter Qualität.<br />

Überall gibt es Internetcafés, die<br />

einen passablen Zugang samt Skype<br />

bieten.<br />

Risiken im Umgang<br />

mit staatlichen<br />

Einrichtungen<br />

Europäische Geschäftsleute sollten<br />

jegliche illegalen For<strong>der</strong>ungen<br />

ablehnen. Für eine Problemlösung<br />

kann man seinen erfahrenen afghanischen<br />

Geschäftspartner um Hilfe<br />

bitten. In <strong>Afghanistan</strong> gibt es keine<br />

Geheimnisse, da sehr viel geredet<br />

wird. Schnell ist im ganzen Land bekannt,<br />

wer bereit ist, Bestechungsgel<strong>der</strong><br />

zu zahlen.<br />

fen. Beispiel: Mitarbeiter sind auf<br />

ihre Gehälter angewiesen, auch<br />

wenn sie keinen schriftlichen Arbeitsvertrag<br />

haben. Die verspätete<br />

Auszahlung von Gehältern bringt<br />

den für die Gehaltszahlung zuständigen<br />

afghanischen Mitarbeiter<br />

sofort ins Gefängnis.<br />

Besser gefeit gegen den etwaigen<br />

Verstoß gegen Gesetze ist, wer mit<br />

afghanischen Behördenmitarbeitern<br />

o<strong>der</strong> Geschäftspartnern vorsichtig<br />

freundlich und nicht ungeduldig<br />

umgeht. Sie helfen dem Auslän<strong>der</strong><br />

dann gerne, nicht unwissentlich ein<br />

Gesetz zu übertreten.<br />

Gerichtliche Entscheidungen<br />

können häufig nicht durchgesetzt<br />

werden. Der bedrängte unterlegene<br />

Gegner vor Gericht wehrt sich<br />

oft mit Waffengewalt. Afghanische<br />

Geschäftsleute sind häufig mit einer<br />

Pistole unter dem Jackett bewaffnet.<br />

Einflussreiche Personen kommen<br />

selbst nach Kapitalverbrechen<br />

manchmal nach nur wenigen Tagen<br />

aus dem Gefängnis frei.<br />

Nicht immer werden Leistungen<br />

an den afghanischen Staat zügig<br />

bezahlt, Schwierigkeiten sind hier<br />

die Regel. Wer hier ohne seriöse,<br />

kompetente und durchsetzungsstarke<br />

afghanische Partner arbeitet,<br />

erhält sein Geld vielleicht nie.<br />

Cornelia H. Lehmann (advisa Unternehmensberatung)<br />

44 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />

Auslandsfinanzierte<br />

Projekte und<br />

Ausschreibungen<br />

Bedeutung staatlicher<br />

Aufträge<br />

Etliche <strong>der</strong> in <strong>Afghanistan</strong> engagierten<br />

deutschen Unternehmen<br />

arbeiten direkt o<strong>der</strong> indirekt im<br />

Bereich des Wie<strong>der</strong>aufbaus. Er<br />

wird finanziert von ausländischen<br />

Organisationen und, zu einem<br />

kleineren, aber zunehmenden Teil,<br />

von <strong>der</strong> afghanischen Regierung.<br />

Dies spiegelt sich in den Schwerpunktsektoren<br />

<strong>der</strong> Firmen wi<strong>der</strong><br />

(Bauwirtschaft, Beratung, Gesundheitssektor,<br />

Handel). Leistungen<br />

werden sowohl bei Vorhaben <strong>der</strong><br />

Entwicklungszusammenarbeit (EZ)<br />

nachgefragt als auch von internationalen<br />

Streitkräften und für den<br />

Aufbau <strong>der</strong> afghanischen Polizei.<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n bedienen.<br />

Viele <strong>der</strong> in <strong>Afghanistan</strong> ansässigen<br />

Firmen sind klein und werden von<br />

Deutsch-Afghanen betrieben.<br />

Umfang <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />

<strong>Afghanistan</strong> war 2009 nach Zahlen<br />

<strong>der</strong> OECD weltweit das größte<br />

Empfängerland für offizielle Entwicklungszusammenarbeit<br />

(Official<br />

Development Assistance, ODA). Die<br />

Netto-Zuflüsse stiegen von 0,4 Mrd.<br />

US$ (2001) kontinuierlich auf 6,1<br />

Mrd. US$ (2009). Die Entwicklungszusammenarbeit<br />

erreichte damit<br />

42% <strong>der</strong> gesamten offiziell erfassten<br />

Wirtschaftsleistung <strong>Afghanistan</strong>s.<br />

Von den Entwicklungsausgaben des<br />

Landes finanzierten internationale<br />

Geber im Haushaltsjahr 2009-2010<br />

fast drei Viertel.<br />

Für 2010, die OECD hat für 2011<br />

noch keine Zahlen veröffentlicht,<br />

summiert das britische Department<br />

for International Development die<br />

ODA-Ausgaben <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Geber auf 5,1 Mrd. US$. Für die USA<br />

alleine, den mit Abstand größten<br />

Geber, bewilligte <strong>der</strong> US-Kongress<br />

für das Finanzjahr 2010 zivile<br />

<strong>Afghanistan</strong>-Hilfen von 4,2 Mrd. US$<br />

und damit die Hälfte mehr als im<br />

Vorjahr.<br />

Das afghanische Finanzministerium<br />

kommt für 2010 auf Gesamt-Zuflüsse<br />

von 10,9 Mrd. US$, was 71%<br />

<strong>der</strong> offiziellen Wirtschaftsleistung<br />

entsprochen hätte. Das Ministerium<br />

wies allerdings für die vergangenen<br />

Jahre (außer für 2009) jeweils einen<br />

etwa doppelt so hohen ODA-Wert<br />

aus wie die OECD. Die afghanische<br />

ODA-Definition umfasst mehr<br />

Die Anzahl westlicher Unternehmen<br />

in <strong>Afghanistan</strong> ist angesichts <strong>der</strong><br />

prekären Sicherheitslage begrenzt.<br />

Manche wun<strong>der</strong>n sich über Grundstückspreise,<br />

die in den Innenstädten<br />

europäisches Niveau erreichen<br />

können. Ohne Kooperationspartner<br />

mit guten <strong>Afghanistan</strong>kenntnissen<br />

ist es sehr schwierig, auf dem Markt<br />

Fuß zu fassen.<br />

Derzeit sind bei <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>agentur<br />

AISA 45 Unternehmen<br />

als „deutsch“ o<strong>der</strong> „deutsch-afghanisch“<br />

registriert. Im Mai 2011<br />

waren laut Homepage des Verbands<br />

Beraten<strong>der</strong> Ingenieure in Berlin<br />

16 Branchenfirmen in <strong>Afghanistan</strong><br />

tätig. Hinzu kommen nach Auskunft<br />

<strong>der</strong> Deutschen Botschaft in Kabul<br />

zahlreiche deutsche Firmen, die<br />

<strong>Afghanistan</strong> aus Pakistan, Indien<br />

Offizielle Entwicklungszusammenarbeit (ODA, Mio. US$)<br />

Empfänger/Geber 2005 2007 2008 2009 2001-2009<br />

Empfänger<br />

.<strong>Afghanistan</strong> 2.818 3.965 4.865 6.070 26.272<br />

.Anteil <strong>Afghanistan</strong>s an<br />

ODA für alle Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

(%) 2,6 3,7 3,8 4,8 k.A.<br />

Irak 22.046 9.185 9.880 2.791 k.A.<br />

Pakistan 1.607 2.244 1.539 2.781 k.A.<br />

Afrika 35.704 39.305 43.926 47.609 k.A.<br />

Geber <strong>Afghanistan</strong>s<br />

.USA 1.318 1.514 2.112 2.987 10.974<br />

.Deutschland 99 217 294 338 1.360<br />

Quellen: OECD, Statistics on Resource Flows to Developing Countries; Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong><br />

zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags, Dezember 2010<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 45


Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />

ausländische Unterstützung für<br />

die Sicherheit. Aber auch manche<br />

Regierungen ausländischer Geber<br />

versuchen nach Meinung von Beobachtern,<br />

einige eher militärbezogene<br />

Ausgaben zivilen Zwecken zuzurechnen,<br />

weil diese <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

im Heimatland besser vermittelbar<br />

seien.<br />

Aus den USA kamen 2001 bis 2009<br />

gut zwei Fünftel <strong>der</strong> gesamten ODA.<br />

Deutschland steuerte in diesem<br />

Zeitraum 5,2% bei und wurde<br />

2010 zum drittgrößten Geber nach<br />

den USA und Japan. Ein aktueller<br />

Bericht des US-Senats („Evaluating<br />

U.S. Foreign Assistance To <strong>Afghanistan</strong>“)<br />

beziffert die zivile US-Hilfe<br />

für <strong>Afghanistan</strong> 2002 bis 2010 auf<br />

18,8 Mrd. US$.<br />

Etwa ein Sechstel <strong>der</strong> ODA für<br />

<strong>Afghanistan</strong> floss in den letzten<br />

Jahren über multilaterale Kanäle.<br />

Wichtige Geber sind die Weltbank,<br />

die Asiatische Entwicklungsbank<br />

(ADB) und verschiedene UN-Organisationen.<br />

Es gibt eine Vielzahl<br />

von Fonds. Der Weltbank-geführte<br />

<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction Trust<br />

Fund (ARTF) sammelte seit seiner<br />

Einrichtung 2002 etwa 3,7 Mrd. US$<br />

ein, wozu Deutschland 203 Mio.<br />

Euro beisteuerte. Das aktive Investitionsportfolio<br />

des ARTF betrug im<br />

Juni 2010 gut 1 Mrd. US$. Deutschland<br />

hatte für 2010 rund 48 Mio.<br />

US$ zugesagt und die Hälfte davon<br />

für nationale Investitionsprogramme<br />

zweckgebunden.<br />

Sektoral flossen von 2002 bis 2008<br />

rund 44% <strong>der</strong> gesamten ODA in<br />

soziale Dienstleistungen und Infrastruktur,<br />

vor allem Gesundheit,<br />

Bildung und Wasserversorgung.<br />

Etwa 21% gingen in den Bereich<br />

Wirtschaftsentwicklung, unter<br />

an<strong>der</strong>em in die Energieversorgung,<br />

den Transport und das Finanzwesen,<br />

17% in die humanitäre Hilfe.<br />

Der Großteil <strong>der</strong> ODA, nämlich 82%<br />

im Zeitraum 2002 bis 2010, umging<br />

laut afghanischem Finanzministerium<br />

den Staatshaushalt. Diese<br />

Mittel wickelten die Geber über ihre<br />

eigenen Organisationen ab. Die Verwendung<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en 18% managte<br />

die Regierung, verwaltet überwiegend<br />

durch Fonds, die von multilateralen<br />

Agenturen geführt sind:<br />

ARTF, Law and Or<strong>der</strong> Trust Fund for<br />

<strong>Afghanistan</strong> und <strong>Afghanistan</strong> Peace<br />

and Reintegration Trust Fund.<br />

Zusätzliche Hilfe leisten Nichtregierungsorganisationen<br />

(NGOs). Deren<br />

finanzieller Beitrag ist allerdings<br />

schwer zu erfassen, und ein Teil<br />

ihrer Mittel stammt aus staatlichen<br />

Fonds, die wie<strong>der</strong>um zur ODA<br />

zählen. Deutschland unterstützte<br />

NGOs laut Bundesministerium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) von 2002<br />

bis 2010 mit 170 Mio. Euro. Das war<br />

knapp ein Zehntel <strong>der</strong> gesamten<br />

<strong>Afghanistan</strong>-Hilfe Deutschlands in<br />

diesem Zeitraum.<br />

Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />

in <strong>Afghanistan</strong> sind ausländische<br />

Finanzmittel, die jenseits <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />

ins Land<br />

fließen, und das in großem Umfang.<br />

Alleine das US-Verteidigungsministerium<br />

hatte im Fiskaljahr 2010 laut<br />

US Congressional Research Service<br />

seinen Vertragspartnern in <strong>Afghanistan</strong><br />

11,8 Mrd. US$ zu zahlen. Dies<br />

war nicht viel weniger als die gesamte<br />

offizielle Wirtschaftsleistung<br />

des Landes 2009 (14,2 Mrd. US$).<br />

Bei diesen US-Vertragspartnern<br />

standen im März 2011 etwa 90.000<br />

Personen in Lohn und Brot, wovon<br />

die Hälfte Afghanen waren. Außer<br />

mit Sicherheitsdiensten befassten<br />

sich die Firmen vor allem mit Bau,<br />

Logistik und Transport sowie Übersetzungen.<br />

Zu nennen ist auch <strong>der</strong> Schuldenerlass<br />

seitens ausländischer Gläubiger.<br />

Das afghanische Finanzministerium<br />

beziffert den Erlass nach<br />

<strong>der</strong> 1996 beschlossenen Heavily<br />

Indebted Poor Countries Debt Initiative<br />

auf 10,5 Mrd. US$.<br />

Viele Beobachter bezweifeln Sinn<br />

und Nachhaltigkeit <strong>der</strong> ausländischen<br />

<strong>Afghanistan</strong>-Hilfe, zumindest<br />

von Teilen davon. Ausdruck findet<br />

dies in dem aktuellen Bericht des<br />

US-Senats. Der massive Zufluss von<br />

US-Mitteln för<strong>der</strong>t demnach Korruption<br />

und schafft kontraproduktive<br />

Anreize. Etliche Hilfsprogramme<br />

würden nach Beendigung <strong>der</strong> ausländischen<br />

Unterstützung wie<strong>der</strong><br />

eingehen, weil sie zu kurzfristig angelegt<br />

o<strong>der</strong> nicht mit den Strukturen<br />

in <strong>Afghanistan</strong> vereinbar seien.<br />

Auch die Geschäfte deutscher<br />

Firmen dürften deutlich schlechter<br />

laufen, sollten Truppen und möglicherweise<br />

Unterstützung aus dem<br />

Ausland ab 2014 o<strong>der</strong> früher tatsächlich<br />

nach und nach abgezogen<br />

werden. Mit dem Austrocknen <strong>der</strong><br />

EZ-Landschaft fiele für etliche deutsche<br />

Unternehmen die Geschäftsgrundlage<br />

weg. Die verbliebenen<br />

Firmen müssten sich auf einen<br />

Einbruch <strong>der</strong> restlichen Wirtschaft<br />

einstellen, wenn die Einschätzung<br />

<strong>der</strong> Weltbank zutrifft: Demnach<br />

basiert praktisch das gesamte<br />

afghanische Bruttoinlandsprodukt<br />

(97%) auf Zahlungen ausländischer<br />

Truppen und Helfer.<br />

46 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Deutsche Firmen und<br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

Die wesentlichen staatlichen<br />

Entwicklungsorganisationen<br />

Deutschlands und damit potenzielle<br />

Partner für deutsche Firmen sind in<br />

<strong>Afghanistan</strong> die KfW Entwicklungsbank<br />

und die Deutsche Gesellschaft<br />

für Internationale Zusammenarbeit<br />

(<strong>GIZ</strong>). Die KfW hilft in Zusammenarbeit<br />

mit Consultants mit günstigen<br />

Krediten und Zuschüssen, die<br />

<strong>GIZ</strong> leistet mit Fachkräften vor Ort<br />

technische Hilfe und Beratung. Die<br />

Mittel dafür stammen hauptsächlich<br />

von <strong>der</strong> Bundesregierung (BMZ und<br />

Auswärtiges Amt, AA), aber auch<br />

von internationalen Gebern. Kunden<br />

deutscher Unternehmen sind in <strong>Afghanistan</strong><br />

auch die Bundeswehr und<br />

das Bundesinnenministerium (BMI),<br />

das für die Hilfe beim Polizeiaufbau<br />

zuständig ist.<br />

Ausländische Firmen bekommen<br />

EZ-Aufträge offensichtlich überproportional<br />

bei Vorhaben, die vom<br />

jeweiligen Heimatland finanziert<br />

werden. „An Projekte <strong>der</strong> Amerikaner<br />

ist für deutsche Unternehmen<br />

schwer heranzukommen“, meint<br />

etwa ein deutscher Beobachter.<br />

Aber auch für den umgekehrten<br />

Fall gibt es Indizien. Dies zeigt eine<br />

Zusammenstellung des BMZ zur<br />

deutsch-afghanischen Entwicklungszusammenarbeit<br />

vom April<br />

2010. Bei 20 laufenden Verträgen<br />

mit internationalen Consultants<br />

entfielen etwa 90% des Vertragswerts<br />

von insgesamt 34 Mio. Euro<br />

auf deutsche Firmen, <strong>der</strong> Rest ganz<br />

überwiegend auf ein Schweizer Unternehmen.<br />

An<strong>der</strong>erseits wird zum<br />

Beispiel ein laufendes KfW-Vorhaben,<br />

das in <strong>der</strong> BMZ-Aufstellung<br />

nicht enthalten ist, von Thales aus<br />

Frankreich umgesetzt, ein weiteres<br />

führt eine türkische Baufirma<br />

durch.<br />

Dabei verweisen KfW und <strong>GIZ</strong> darauf,<br />

die Beschaffung von Gütern und<br />

Dienstleistungen den Regeln gemäß<br />

so auszuschreiben, dass sich auch<br />

ausländische Firmen bewerben<br />

können. Die <strong>GIZ</strong> etwa beschafft nur<br />

Sachgüter in „freihändiger Vergabe<br />

Foto: © <strong>GIZ</strong><br />

mit Wettbewerb“ bis zu einem Wert<br />

von 20.000 Euro. Wird diese Grenze<br />

überschritten, sind verschiedene<br />

Formen <strong>der</strong> Ausschreibung vorgesehen.<br />

Ab einem Wert von 193.000<br />

Euro müssen die Ten<strong>der</strong> für Waren<br />

und Dienstleistungen normalerweise<br />

europaweit ausgeschrieben<br />

werden.<br />

Ein typisches <strong>Afghanistan</strong>-Projekt<br />

<strong>der</strong> KfW etwa in <strong>der</strong> Wasserversorgung<br />

entsteht, nachdem die<br />

grundsätzliche Finanzierung aus<br />

Deutschland für den Bereich<br />

gesichert ist und Experten einen<br />

bestimmten Bedarf festgestellt<br />

haben. Grundlage des Vorhabens<br />

ist dann eine Machbarkeitsstudie.<br />

Übersteigen die Kosten dieser Studie<br />

einen bestimmten Betrag, wird<br />

ihre Erstellung ausgeschrieben,<br />

mit <strong>der</strong> <strong>GIZ</strong> o<strong>der</strong> einem (an<strong>der</strong>en)<br />

Consultant als Gewinner. Die Ausschreibungen<br />

für das Projekt selbst<br />

erfolgen dann auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

<strong>der</strong> Machbarkeitsstudie.<br />

Ausschreibungs-<br />

Plattformen<br />

KfW und <strong>GIZ</strong> veröffentlichen auf<br />

ihren Internetseiten detaillierte Informationen<br />

zu ihrem Vorgehen bei<br />

Beschaffungen und Ausschreibungen<br />

allgemein sowie den Vorhaben<br />

in <strong>Afghanistan</strong>. KfW-Ausschreibungen<br />

werden in den „Nachrichten für<br />

Außenhandel“ (NfA) veröffentlicht.<br />

Das zentrale deutsche Internetportal<br />

für Ten<strong>der</strong> im Ausland betreibt<br />

Germany Trade & Invest (gtai) unter<br />

www.gtai.de. Aufgeführt sind dort<br />

Ausschreibungen von KfW, <strong>GIZ</strong> und<br />

an<strong>der</strong>en Organisationen weltweit.<br />

Weitere Ausschreibungen veröffentlicht<br />

<strong>der</strong> Ten<strong>der</strong>s Electronic Daily<br />

(http://ted.europa.eu), ein Online-<br />

Dienst <strong>der</strong> Europäischen Union.<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 47


Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />

Die gtai veröffentlichte 2010 zu<br />

<strong>Afghanistan</strong> 162 öffentliche Ausschreibungen.<br />

Knapp zwei Fünftel<br />

davon waren von <strong>der</strong> Weltbank<br />

finanziert, und bei über <strong>der</strong> Hälfte<br />

ging es um Beratungsprojekte.<br />

Darüber hinaus publizierte die gtai<br />

2010 zu <strong>Afghanistan</strong> 25 Projekthinweise<br />

<strong>der</strong> KfW und internationaler<br />

Organisationen. Dies sind Vorab-Informationen<br />

über Vorhaben, die erst<br />

später - voraussichtlich - zur<br />

Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu<br />

<strong>Afghanistan</strong> 2010 nach Finanzierung<br />

Finanzierung<br />

Anzahl<br />

Weltbank-Gruppe 63<br />

<strong>GIZ</strong> 22<br />

Asiatische Entwicklungsbank (ADB) 18<br />

United Nations Office for Project Services (UNOPS) 16<br />

KfW 12<br />

EU-Kommission/Europäische Union 11<br />

United Nations Development Programme (UNDP) 9<br />

An<strong>der</strong>e 11<br />

Insgesamt 162<br />

Quelle: Germany Trade & Invest<br />

Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu<br />

<strong>Afghanistan</strong> 2010 nach Branche<br />

Branche<br />

Anzahl<br />

Consulting 88<br />

Wasser/Abwasser 12<br />

Stromerzeugung, -verteilung 11<br />

Fahrzeugbau 8<br />

EDV, Telekommunikation 7<br />

Verkehrsinfrastruktur 7<br />

Bauwirtschaft 6<br />

Maschinen- und Anlagenbau 5<br />

Messtechnik, Feinmechanik 5<br />

An<strong>der</strong>e 13<br />

Insgesamt 162<br />

Ausschreibung gelangen. Auch<br />

bei <strong>der</strong> Mehrzahl dieser Projekt-<br />

Frühinformationen (14) war eine<br />

Finanzierung durch die Weltbank<br />

geplant. Bei sechs Vorhaben ging es<br />

um Landwirtschaft o<strong>der</strong> Viehzucht,<br />

bei fünf um öffentliche Verwaltung<br />

und bei vier um Energiewirtschaft.<br />

In <strong>Afghanistan</strong> informiert <strong>der</strong><br />

<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction & Development<br />

Services über staatliche<br />

Ausschreibungen (www.ards.gov.af).<br />

Die Behörde ist im Wirtschaftsministerium<br />

angesiedelt. Die eigentliche<br />

Auftragsvergabe findet meist in<br />

den Ministerien unter Einbeziehung<br />

des Finanzministers statt.<br />

Umfang und Verwendung<br />

deutscher<br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

Deutschland leistete von 2002 bis<br />

2009 etwa 1,5 Mrd. Euro für die<br />

Entwicklungszusammenarbeit in<br />

<strong>Afghanistan</strong>, mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Tendenz. Im Jahr 2010 waren es<br />

mit 430 Mio. Euro fast doppelt so<br />

viel wie im Vorjahr. Diesen Betrag<br />

will die Bundesregierung bis 2013<br />

jährlich aufbringen. Davon stammen<br />

250 Mio. vom BMZ und 180 Mio. vom<br />

AA.<br />

Schwerpunktmäßig för<strong>der</strong>te das<br />

BMZ von 2002 bis 2010 mit 162 Mio.<br />

Euro die „Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“.<br />

Davon gingen 56 Mio.<br />

Euro in den Bau von Straßen und<br />

Brücken. Für die Trinkwasserversorgung<br />

gab das Ministerium im<br />

gleichen Zeitraum 83 Mio. Euro aus,<br />

für die Energieversorgung 122 Mio.,<br />

für die Grund- und Berufsbildung<br />

100 Mio. Mit einigen Millionen Euro<br />

Quelle: Germany Trade & Invest<br />

48 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


för<strong>der</strong>te das BMZ zudem den (Wie<strong>der</strong>-)<br />

Aufbau wirtschaftspolitischer<br />

Institutionen wie <strong>der</strong> afghanischen<br />

Industrie- und Handelskammer<br />

ACCI, <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>agentur<br />

AISA und <strong>der</strong> Exportför<strong>der</strong>agentur<br />

EPAA. Dies könnte vorteilhaft sein<br />

für deutsche Firmen, die in Kontakt<br />

mit diesen Organisationen treten.<br />

In den nördlichen Provinzen, in<br />

denen die Bundeswehr präsent<br />

ist und Deutschland beson<strong>der</strong>e<br />

Verantwortung für Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

und Entwicklung übernommen<br />

hat, för<strong>der</strong>t die Bundesregierung<br />

Infrastrukturprojekte. Hierzu gibt<br />

es für den Zeitraum 2010 bis 2013<br />

einen regionalen Fonds zur Kapazitätsentwicklung<br />

(voraussichtlich<br />

56 Mio. Euro) und einen regionalen<br />

Infrastrukturfonds (voraussichtlich<br />

81 Mio. Euro). Die Auswahl <strong>der</strong> Projekte<br />

nehmen die Entwicklungsräte<br />

<strong>der</strong> Provinzen vor, so die Bundesregierung<br />

in ihrem Fortschrittsbericht<br />

<strong>Afghanistan</strong> 2010. Begleitet werden<br />

die Projekte von KfW, <strong>GIZ</strong> o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Durchführungsorganisationen.<br />

Einer <strong>der</strong> größten Durchführer<br />

für kleinere Infrastrukturprojekte ist<br />

für die Deutsche Botschaft das Aga<br />

Khan Development Network.<br />

Das AA verwendet einen großen<br />

Teil seiner Mittel für den Aufbau<br />

<strong>der</strong> afghanischen Polizei durch<br />

das BMI. Dazu gehören Ausbildung<br />

und Training sowie <strong>der</strong> Aufbau von<br />

Infrastruktur (Trainingszentren,<br />

Polizeiwachen, Checkpoints) und<br />

Ausstattung. Im Jahr 2011 sollen es<br />

wie im Jahr zuvor 77 Mio. Euro sein.<br />

Die deutschen Gesamtkosten für<br />

diese Polizeihilfe stiegen zwischen<br />

2002 und 2009 deutlich. Sie beliefen<br />

sich in dem Zeitraum auf 161 Mio.<br />

Euro, wie aus einer ausführlichen<br />

Stellungnahme <strong>der</strong> Bundesre-<br />

gierung zum <strong>Afghanistan</strong>-Einsatz<br />

vom September 2010 hervorgeht<br />

(Deutscher Bundestag, Drucksache<br />

17/2878). Mit Beträgen in Milliardenhöhe<br />

jährlich unterstützen die<br />

USA den Aufbau <strong>der</strong> Sicherheitskräfte.<br />

Deutschland gab 2002 bis 2009<br />

beim Polizeiaufbau 45 Mio. Euro für<br />

Baumaßnahmen und knapp 26 Mio.<br />

Euro für Ausstattung aus. Ausrüstungen<br />

wie etwa son<strong>der</strong>geschützte<br />

Fahrzeuge erhält das BMI über<br />

das eigene Beschaffungsamt in<br />

Deutschland, meist über Rahmenverträge.<br />

Für die nächste Zeit sind<br />

laut BMI allerdings keine größeren<br />

Anschaffungen geplant.<br />

Kleine Baumaßnahmen werden<br />

nach Möglichkeit an lokale Firmen<br />

vergeben. Die Errichtung von Trainingszentren,<br />

Dienstgebäuden und<br />

Polizeiwachen erfolgt meist durch<br />

die <strong>GIZ</strong>, <strong>der</strong>en Projektimplementierungseinheit<br />

den Bau wie<strong>der</strong>um<br />

ausschreibt. Die EZ-Organisationen<br />

an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> sind bei diesen<br />

Aufträgen laut BMI bisher nicht in<br />

Konkurrenz zur <strong>GIZ</strong> getreten.<br />

Im Jahr 2010 waren laut Bundesregierung<br />

52 private Militär- und<br />

Sicherheitsdienstleister im afghanischen<br />

Innenministerium registriert.<br />

Die ausländischen Firmen stammten<br />

fast ausschließlich aus den USA<br />

und dem Vereinigten Königreich.<br />

Insgesamt waren bei ihnen 4.000<br />

ausländische Mitarbeiter registriert.<br />

Das AA unterstützt <strong>Afghanistan</strong><br />

außerdem beim Aufbau von Transportinfrastruktur<br />

(Zivilflughafen<br />

Mazar-e Sharif, Luftüberwachungssystem<br />

MLAT, Straßen, Brücken,<br />

Verwaltungsgebäude), beim Bau von<br />

Schulen sowie bei <strong>der</strong> Rehabilitie-<br />

rung von Gesundheitseinrichtungen<br />

(Provinz- und Distriktkrankenhäuser,<br />

Basisgesundheitszentren).<br />

Größere Maßnahmen schreiben <strong>GIZ</strong><br />

und KfW nach den dargestellten Regeln<br />

aus. Hinzu unterstützt das AA<br />

Sekundar- und Hochschulbildung,<br />

kulturellen Wie<strong>der</strong>aufbau, Verwaltungs-<br />

und Justizaufbau und die<br />

Reintegration Aufständischer.<br />

Beschaffung von<br />

Zivilgütern<br />

Die Bundeswehr verzeichnete für<br />

ihren Einsatz in <strong>Afghanistan</strong> in den<br />

letzten Jahren steigende Ausgaben<br />

für „sächliche Verwaltungsaufgaben“.<br />

Im Jahr 2010 waren es 217<br />

Mio. Euro, nachdem es zuvor 107<br />

Mio. (2007), 135 Mio. (2008) und<br />

148 Mio. Euro (2009) waren. Für die<br />

weitere Entwicklung <strong>der</strong> Ausgaben<br />

mag das deutsche Verteidigungsministerium<br />

keine Prognose geben.<br />

Für die Bedarfsdeckung <strong>der</strong> Einsatzkräfte<br />

hat die Einsatzwehrverwaltungsstelle<br />

in Mazar-e Sharif mit<br />

Außenstellen in Kundus, Faizabad<br />

und Termez 2010 über 7.400 Verträge<br />

in <strong>Afghanistan</strong> geschlossen. Der<br />

Auftragswert lag dabei zwischen 5<br />

und 50.000 Euro.<br />

Zu den „sächlichen Verwaltungsaufgaben“<br />

zählt die Bundeswehr<br />

im Wesentlichen Mehrkosten für<br />

Verpflegung, Geschäftsbedarf,<br />

Frachtkosten (Luft-, See- und<br />

Landweg), Kraftstoffe und an<strong>der</strong>e<br />

Betriebsstoffe sowie Kosten für den<br />

Liegenschaftsbetrieb einschließlich<br />

<strong>der</strong> Bauunterhaltung. Beschafft<br />

werden die Güter und Dienstleistungen<br />

soweit wie möglich vor<br />

Ort. „Regelmäßig“ sind dies laut<br />

Verteidigungsministerium Holz,<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 49


Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen<br />

Metall, Baumaterial, Schubkarren,<br />

Schaufeln, Klimageräte, ein Teil des<br />

Büromaterials sowie Mobilfunkkarten.<br />

Viele Güter und Dienstleistungen<br />

bezieht die Truppe allerdings über<br />

ihre zentralen Stellen in Deutschland.<br />

Gründe sind das eingeschränkte<br />

Marktangebot vor Ort<br />

sowie einzuhaltende Qualitätsstandards<br />

und Richtlinien. Dazu gehören<br />

unter an<strong>der</strong>em: Sport- und Spielgeräte,<br />

Bürobedarf, Elektromaterial,<br />

Sanitärmaterial, Material für<br />

Schlosser- und Malerbedarf, Schil<strong>der</strong><br />

aller Art (Hinweis-, Verbotsschil<strong>der</strong><br />

etc.), Schmutzwasserpumpen,<br />

Ersatzteile für Bohrmaschinen<br />

und Ähnliches sowie Haustechnikarbeiten<br />

und Transportdienstleistungen.<br />

In <strong>der</strong> Tendenz beschaffe<br />

man einen immer kleineren Anteil<br />

in <strong>Afghanistan</strong>.<br />

Bei zentralen Beschaffungen erfolgt<br />

die Vergabe in Deutschland durch<br />

die zuständigen Referate des Bundesamtes<br />

für Wehrverwaltung o<strong>der</strong><br />

des Bundesamtes für Wehrtechnik<br />

und Beschaffung. Wenn eine Bekanntmachungspflicht<br />

besteht, werden<br />

die Ausschreibungen auf <strong>der</strong><br />

„EU-Plattform“ (ab 193.000 Euro)<br />

und <strong>der</strong> Internetplattform „bund.de“<br />

veröffentlicht. Manchmal ist die <strong>GIZ</strong><br />

eingebunden und mit <strong>der</strong> Beschaffung<br />

beauftragt. Veröffentlicht wird<br />

dann auch auf www.giz.de. Die <strong>GIZ</strong><br />

erstellt im Auftrag <strong>der</strong> Bundeswehr<br />

Infrastruktur an den Standorten<br />

Kundus und Talokan. Das <strong>der</strong>zeitige<br />

Volumen aller mit <strong>der</strong> <strong>GIZ</strong> geplanten<br />

und laufenden Baumaßnahmen<br />

beträgt laut Verteidigungsministeriums<br />

55 Mio. Euro.<br />

Den Auftrag für die Verpflegung in<br />

<strong>Afghanistan</strong> zum Beispiel hat die<br />

Bundeswehr in Deutschland vergeben.<br />

Interessierte Firmen müssen<br />

dafür nicht per se in <strong>Afghanistan</strong><br />

ansässig sein, Erfahrungen dort<br />

o<strong>der</strong> in vergleichbaren Län<strong>der</strong>n sind<br />

aber von Vorteil. Einen Teil <strong>der</strong> Verpflegung<br />

wie haltbare Essensrationen<br />

steuert die Bundeswehr direkt<br />

aus Deutschland bei. Kommissioniert<br />

werden die Lieferungen von ihrem<br />

Verpflegungsamt in Oldenburg.<br />

Ulrich Binkert (Germany Trade &<br />

Invest)<br />

Kontaktadressen<br />

Ausschreibungsplattformen<br />

<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction &<br />

Development Services (staatliche<br />

Ausschreibungen)<br />

Internet: www.ards.gov.af<br />

Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit<br />

Internet: www.giz.de/de/ausschreibungen.html<br />

Germany Trade & Invest<br />

Internet: www.gtai.de<br />

KfW Entwicklungsbank<br />

Internet: www.kfw-entwicklungsbank.de<br />

Ten<strong>der</strong>s Electronic Daily, Online-<br />

Dienst <strong>der</strong> Europäischen Union<br />

für Ausschreibungen<br />

Internet: http://ted.europa.eu<br />

Weltbank<br />

Internet: www.worldbank.org<br />

Sonstige Informationsquellen<br />

Deutscher Bundestag, Drucksache<br />

17/2878, Antwort <strong>der</strong><br />

Bundesregierung auf eine Große<br />

Anfrage<br />

Internet: http://dipbt.bundestag.de<br />

Development Cooperation Report<br />

2010<br />

<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance<br />

(Daten zu ausländischer Hilfe,<br />

Partnern etc.)<br />

Internet: www.mof.gov.af<br />

Evaluating U.S. Foreign Assistance<br />

To <strong>Afghanistan</strong><br />

Committee on Foreign Relations<br />

U.S. Senate, June 8, 2011<br />

Internet: www.gpoaccess.gov/<br />

congress/index.html<br />

Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong><br />

zur Unterrichtung des Deutschen<br />

Bundestags, Dezember 2010<br />

Internet: www.bundesregierung.de<br />

Verband Beraten<strong>der</strong> Ingenieure<br />

Internet: www.vbi.de<br />

50 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />

Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />

Praxis<br />

Erfahrungen und<br />

Einschätzungen<br />

deutscher Firmen<br />

Seit 2001 haben sich mehr als 90<br />

deutsche Unternehmen in <strong>Afghanistan</strong><br />

nie<strong>der</strong>gelassen. Aktuell gibt<br />

es dort 45 Firmen, die als „deutsch“<br />

o<strong>der</strong> „deutsch-afghanisch“ registriert<br />

sind. Die Mehrheit sieht<br />

sich als Pionierunternehmen, die<br />

ungeachtet schwieriger Rahmenbedingungen<br />

in den wachsenden<br />

Markt investieren. Der Schwerpunkt<br />

liegt in den Sektoren Bau, Energie<br />

und Infrastruktur. Weiterhin bieten<br />

deutsche Unternehmen Produkte<br />

und Dienstleistungen in den Bereichen<br />

Consulting, Medizintechnik<br />

und Telekommunikation an.<br />

Für ausländische Firmen ist <strong>Afghanistan</strong><br />

ein Markt mit Risiken: Die<br />

Sicherheitslage ist instabil. Korruption<br />

ist allgegenwärtig. Qualifizierte<br />

Arbeitskräfte sind schwierig zu<br />

finden. Dennoch überwiegen aus<br />

Sicht <strong>der</strong> befragten Unternehmen<br />

die Vorteile. Das internationale<br />

Engagement ermöglicht <strong>der</strong> afghanischen<br />

Regierung, Infrastrukturprojekte<br />

voranzubringen. In den<br />

Großstädten wächst die Nachfrage<br />

von Unternehmen und Haushalten<br />

nach ausländischem Know-how.<br />

Diese Investitionsanreize werden<br />

von <strong>der</strong> instabilen Sicherheitslage<br />

überdeckt. Ausländische Unternehmen<br />

sind zwar kein vorrangiges<br />

Angriffsziel, dennoch sind Mitarbeiter<br />

vermehrt von Raubüberfällen<br />

und Entführungen betroffen. Um<br />

die Geschäftsaktivitäten vor Risiken<br />

abzusichern, betreiben Unternehmen<br />

eigene Analysen <strong>der</strong> Sicherheitslage.<br />

Unter an<strong>der</strong>em übernehmen<br />

sie in stabilen Regionen direkt<br />

Aufträge, während sie in Konfliktgebieten<br />

auf lokale Subauftragnehmer<br />

zurückgreifen. Diese Vorgehensweise<br />

ist nötig, da materielle Verluste<br />

nicht von Versicherungen und<br />

Garantien abgedeckt werden. In den<br />

Unternehmen überwiegen daher<br />

kurzfristige Planungen.<br />

Das Umfeld bestärkt Firmen, sich<br />

auf Ausschreibungen internationaler<br />

Organisationen und Streitkräfte<br />

zu konzentrieren, die auch Risikozuschläge<br />

enthalten. Diese Option<br />

wird in den nächsten Jahren an<br />

Bedeutung verlieren. Das ausländische<br />

Engagement wird spätestens<br />

ab 2013 merklich zurückgehen.<br />

Ausländische Unternehmen<br />

müssen sich daher umorientieren.<br />

Die Mehrheit plant, entwe<strong>der</strong> die<br />

Geschäftsaktivitäten zu reduzieren<br />

o<strong>der</strong> auf absehbare Zeit das Land zu<br />

verlassen.<br />

Neben Sicherheit ist Korruption<br />

die zweite Hürde für ausländische<br />

Investoren. Unternehmen berichten,<br />

dass Korruption in den Beziehungen<br />

zu staatlichen Stellen allgegenwärtig<br />

ist. Als Negativbeispiele werden<br />

Steuer- und Zollverwaltungen<br />

genannt. Um unter diesen Bedingungen<br />

langfristige Planungen zu<br />

ermöglichen, ist es für Unternehmen<br />

unerlässlich, einen engen<br />

Kontakt zu afghanischen Behörden<br />

zu halten. Die Firmen vertreten die<br />

Position, dass Bestechungen nur<br />

kurzfristig eine Lösung darstellen,<br />

langfristig aber höhere Kosten nach<br />

sich ziehen.<br />

Ein weiterer Kritikpunkt ist überbordende<br />

Bürokratie. So wartet zum<br />

Beispiel ein deutscher Ingenieurconsultant<br />

seit längerem auf einen<br />

guten Teil des Geldes, das ihm die<br />

Stadt Kabul schuldet. Es geht um<br />

Leistungen für eines <strong>der</strong> Projekte,<br />

die international finanziert sind,<br />

<strong>der</strong>en Bezahlung aber die afghanischen<br />

Behörden abwickeln. Nach<br />

dem Einreichen von umfangreichen,<br />

mit Originalbelegen zu versehenden<br />

Rechnungen musste den Firmenangaben<br />

zufolge je<strong>der</strong> Vorgang in <strong>der</strong><br />

Verwaltung unzählige Abteilungen<br />

durchlaufen. Dies benötigte immer<br />

wie<strong>der</strong> aktives Überprüfung und<br />

nachdrückliches Bitten seitens des<br />

Antragstellers. Die Auszahlung<br />

schließlich sollte über das Finanzministerium<br />

erfolgen. Auf dem<br />

Projektkonto, auf das die Weltbank<br />

als Finanzierer den Betrag zweckgebunden<br />

überwiesen hatte, waren<br />

jedoch am Ende einzelne Beträge<br />

nicht mehr auffindbar. Heute beteiligt<br />

sich <strong>der</strong> Consultant in <strong>Afghanistan</strong><br />

nur noch an Projekten, die vom<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit finanziert<br />

und direkt mit den Auftragnehmern<br />

abgerechnet werden.<br />

Unter den afghanischen Behörden<br />

gibt es aber auch positive Entwicklungen:<br />

Die Afghanische Industrieund<br />

Handelskammer (ACCI) organisiert<br />

regelmäßig Kooperations- und<br />

Kontaktbörsen, an denen sowohl<br />

ausländische als auch afghanische<br />

Unternehmen teilnehmen. Die<br />

Investitionsagentur Afghan Investment<br />

Support Agency (AISA) betreut<br />

ausländische Firmen über einen<br />

„One Stop Shop“ bei <strong>der</strong> Unternehmensgründung.<br />

Diese dauert nicht<br />

länger als eine Woche und erfor<strong>der</strong>t<br />

Ausgaben von bis zu 1.000 US$. Der<br />

AISA-Service endet aber weitgehend<br />

mit <strong>der</strong> Firmengründung, eine langfristige<br />

Beratung für Investoren wird<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 51


Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />

landesweit nicht angeboten. Das<br />

genannte deutsche Ingenieurbüro<br />

etwa hat es auch nach längeren Anstrengungen<br />

bisher nicht geschafft,<br />

seine Filiale in <strong>Afghanistan</strong> wie<strong>der</strong><br />

zu schließen.<br />

Nach <strong>der</strong> Unternehmensgründung<br />

stehen ausländische Firmen daher<br />

vor zahlreichen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Eine ist, qualifiziertes Personal zu<br />

finden. <strong>Afghanistan</strong> zeichnet sich<br />

durch einen schwierigen Arbeitsmarkt<br />

aus. Die Löhne sind im Vergleich<br />

zu an<strong>der</strong>en Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

höher. Spezialisten insbeson<strong>der</strong>e<br />

in technischen Berufen sind<br />

kaum vorhanden. Qualifizierte Afghanen<br />

in Deutschland sind schwer<br />

zu einer Arbeit in ihrem Heimatland<br />

zu bewegen, das war zumindest die<br />

Erfahrung <strong>der</strong> befragten deutschen<br />

Ingenieurfirma. Auf den Mangel<br />

an geeignetem Personal reagieren<br />

ausländische Unternehmen, indem<br />

sie zunehmend auf interne Schulungen<br />

setzen. Neben Fachwissen<br />

stehen auch soziale Kompetenzen<br />

im Mittelpunkt. Durch den jahrzehntelangen<br />

Bürgerkrieg sind afghanische<br />

Arbeitnehmer nicht auf die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen mo<strong>der</strong>ner Unternehmen<br />

vorbereitet.<br />

Eine weitere Hürde für den Unternehmensstart<br />

stellt die Einfuhr<br />

von Gütern aus dem Ausland dar.<br />

Als Binnenland ist <strong>Afghanistan</strong><br />

vom Transit durch seine Nachbarlän<strong>der</strong><br />

abhängig. Zahlreiche<br />

Zollstreitigkeiten verlangsamen und<br />

verteuern den Import von Waren.<br />

Der Diebstahl von Containern in pakistanischen<br />

Häfen führt zu hohen<br />

Transportverlusten.<br />

Michael Paulo (CIM-Fachkraft bei <strong>der</strong><br />

Afghanischen Industrie- und Handelskammer)<br />

Foto: © <strong>GIZ</strong><br />

52 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Interviews<br />

Interviews<br />

ETC Power<br />

Vor sechs Jahren gründeten vier<br />

Firmen aus Deutschland und Polen<br />

die ETC Power in <strong>Afghanistan</strong> (www.<br />

etc-power.de). Das Unternehmen<br />

baut Solar- und Windanlagen und<br />

bietet alternative Lösungen für die<br />

Energiegewinnung sowie Aufbereitung<br />

von Warmwasser. Mit mehr als<br />

45 Mitarbeitern ist ETC Power eine<br />

<strong>der</strong> größten afghanischen Firmen<br />

im Bereich <strong>der</strong> erneuerbaren Energien.<br />

Das Unternehmen sorgt für<br />

Strom in Gebäuden und plant die<br />

Straßenbeleuchtung in Großstädten.<br />

Gesellschafter von ETC Power sind<br />

ETC Group (Ahrensburg), Lorentz<br />

(Hamburg), Telzas (Warschau, Polen)<br />

und Setaplast (Lamprecht).<br />

Interview mit Farzad Alawi, Project<br />

Manager<br />

Die Gesellschafter<br />

von<br />

ETC Power haben<br />

mehr als 1<br />

Mio. US$ in die<br />

Gründung des<br />

Unternehmens<br />

investiert.<br />

Welche Anreize<br />

hat <strong>der</strong> afghanische Markt für Ihr<br />

Unternehmen?<br />

Für ein Solarunternehmen ist<br />

<strong>Afghanistan</strong> ein interessanter<br />

Markt. Zehn Jahre nach dem Ende<br />

des Taliban-Regimes sind nur 15%<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung an das Stromnetz<br />

angeschlossen. Die afghanische<br />

Regierung und internationale Geber<br />

setzen daher verstärkt auf Solarund<br />

Windenergie, um ländliche Re-<br />

ETC Power steht vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

im ganzen Land tätig<br />

zu sein. Hierzu gehören friedliche<br />

Regionen wie <strong>der</strong> Westen und <strong>der</strong><br />

Norden <strong>Afghanistan</strong>s. Aber auch in<br />

den Konfliktgebieten Helmand und<br />

Kandahar baut das Unternehmen<br />

Solaranlagen. Gerade in diesen<br />

Provinzen sind Raubüberfälle auf<br />

<strong>der</strong> Tagesordnung. In den vergangionen<br />

mit Elektrizität zu versorgen.<br />

Die Weltbank finanzierte den Bau<br />

von 30.000 Solaranlagen. Weitere<br />

Organisationen wie die Asian Development<br />

Bank und USAID folgten<br />

mit langjährigen Programmen.<br />

Diese stabile Nachfrage war für<br />

die Gesellschafter von ETC Power<br />

ein starker Anreiz, in <strong>Afghanistan</strong><br />

zu investieren. Dabei spielten auch<br />

persönliche Beziehungen zum Land<br />

eine Rolle. Der Präsident von ETC<br />

Power, Alishah Ranjbaryan, sowie<br />

weitere Partner sind in <strong>Afghanistan</strong><br />

geboren und während des Krieges<br />

nach Deutschland emigriert. Das<br />

internationale Engagement nach<br />

2001 bot ihnen die Möglichkeit, als<br />

Unternehmer wie<strong>der</strong> in ihr Heimatland<br />

zurückzukehren.<br />

Wie gestaltete sich die Gründung des<br />

Unternehmens?<br />

In <strong>Afghanistan</strong> ist die Afghan Investment<br />

Support Agency (AISA) <strong>der</strong><br />

Ansprechpartner für ausländische<br />

Investoren. Für die Registrierung<br />

bietet AISA einen „One Stop Shop“<br />

an. Im Fall von ETC Power erhielten<br />

wir die notwendigen Dokumente<br />

innerhalb einer Woche, um das<br />

Gemeinschaftsunternehmen zu<br />

gründen. Die Kosten beliefen sich<br />

auf unter 1.000 US$.<br />

<strong>Afghanistan</strong> gilt als Sinnbild eines<br />

schwachen Staates. Nach dem<br />

internationalen Korruptionsindex von<br />

Transparency International befindet<br />

sich das Land auf dem drittletzten<br />

Platz. Wie sind Ihre Erfahrungen mit<br />

an<strong>der</strong>en staatlichen Stellen?<br />

Die positiven Erfahrungen mit AISA<br />

sind lei<strong>der</strong> eine Ausnahme. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Beziehungen zu den<br />

Finanz- und Zollbehörden gestalten<br />

sich schwierig. In diesen Bereichen<br />

zählen Gesetze wenig. Dies<br />

schafft Möglichkeiten für staatliche<br />

Beamte, verdeckt Bestechungsgel<strong>der</strong><br />

auf Kosten <strong>der</strong> Privatwirtschaft<br />

einzunehmen. In <strong>Afghanistan</strong> ist es<br />

unter an<strong>der</strong>em gebräuchlich, dass<br />

Unternehmen keine Steuerbescheide<br />

erhalten. Dadurch können die<br />

Finanzbehörden je<strong>der</strong>zeit nachträglich<br />

Steuern für die vergangenen<br />

Geschäftsjahre erheben. Unter<br />

diesen Bedingungen ist es unerlässlich,<br />

einen engen Kontakt zu<br />

den verantwortlichen Stellen zu<br />

halten, um eine langfristige Planung<br />

zu ermöglichen. Das Gleiche gilt für<br />

die Einfuhr von Gütern. Offiziell liegt<br />

<strong>der</strong> Einfuhrzoll für Solarpanel bei<br />

17,5%, für Batterien bei bis zu 12%.<br />

Es kommt jedoch vor, dass höhere<br />

Sätze verlangt werden und die Bearbeitung<br />

verlangsamt wird, wenn<br />

keine Zahlung erfolgt. Um diesen<br />

Prozess zu beschleunigen, hat ETC<br />

Power Dienstleister beauftragt,<br />

welche die Gütereinfuhr zu den<br />

bestehenden Zollsätzen sicherstellen.<br />

Unser Unternehmen vertritt die<br />

Position, dass Bestechungen nur<br />

kurzfristig eine Lösung für dieses<br />

Problem darstellen. Langfristig<br />

würden dadurch höhere Kosten<br />

entstehen.<br />

Wie geht das Unternehmen mit dem<br />

Thema Sicherheit um?<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 53


Interviews<br />

genen Jahren gab es drei Vorfälle,<br />

in denen jeweils Solarpanel im Wert<br />

von über 50.000 US$ gestohlen<br />

wurde. Schwerer als <strong>der</strong> materielle<br />

Verlust wiegt jedoch die Gefahr<br />

für unsere Mitarbeiter. Bisher gab<br />

es noch keinen Todesfall, jedoch<br />

mussten wir mehrmals Fahrer und<br />

Techniker gegen Lösegeld freikaufen,<br />

die von den Taliban entführt<br />

wurden. Von <strong>der</strong> Polizei kann man in<br />

solchen Fällen keine Unterstützung<br />

erfahren. Der Kontakt zu lokalen<br />

Mittelsmännern ist entscheidend.<br />

Welche Maßnahmen trifft ETC Power,<br />

um auch in unsicheren Regionen<br />

arbeiten zu können?<br />

Das Sicherheitsrisiko in <strong>Afghanistan</strong><br />

kann von keiner Versicherung<br />

gedeckt werden. ETC Power setzt<br />

daher in gefährlichen Regionen auf<br />

Subauftragnehmer, welche die Lage<br />

vor Ort kennen. Um die Qualitätsstandards<br />

einzuhalten, führen wir<br />

kontinuierlich Fortbildungen in<br />

Kabul durch. Unter diesen Bedingungen<br />

müssen die Projektmanager<br />

nur zwei Mal in die Konfliktregionen<br />

reisen, um Vorhaben zu planen und<br />

abzunehmen.<br />

Was ist für ETC Power die größte<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung in den nächsten<br />

Jahren?<br />

Mehr noch als Korruption und<br />

Unsicherheit setzt dem Unternehmen<br />

die Billigkonkurrenz aus China,<br />

Indien und Malaysia zu. Seit 2005<br />

haben sich Solarfirmen aus diesen<br />

Län<strong>der</strong>n in <strong>Afghanistan</strong> nie<strong>der</strong>gelassen<br />

und drücken die Preise.<br />

Als deutsches Unternehmen setzt<br />

ETC Power auf Qualität. Gegenüber<br />

privaten, staatlichen und internationalen<br />

Kunden müssen wir verstärkt<br />

kommunizieren, dass nachhaltige<br />

Energielösungen einen Preis<br />

haben. Hierfür planen wir auch eine<br />

Zusammenarbeit mit nationalen<br />

Medien.<br />

Das internationale Engagement wird<br />

in den nächsten Jahren in <strong>Afghanistan</strong><br />

reduziert. Welche Auswirkungen wird<br />

dies für ETC Power haben?<br />

ETC Power ist in den vergangenen<br />

Jahren kontinuierlich gewachsen.<br />

Derzeit beträgt <strong>der</strong> jährliche<br />

Umsatz mehr als 2 Mio. US$. In den<br />

nächsten Jahren wird sich das Geschäftsumfeld<br />

für das Unternehmen<br />

verän<strong>der</strong>n. Internationale Geber<br />

werden auch ihre Programme im<br />

Bereich <strong>der</strong> erneuerbaren Energien<br />

zurückfahren. ETC Power muss<br />

daher stärker auf Unternehmen im<br />

Privatsektor zugehen, um Aufträge<br />

zu akquirieren. Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong><br />

dezentralen Stromversorgung von<br />

Wohnungen, Verwaltungen und Gewerben<br />

in <strong>der</strong> Landwirtschaft sehen<br />

wir erhebliche Wachstumschancen.<br />

Foto: © Daniel Schoenen - Fotolia.com<br />

54 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Afghanyar Construction<br />

Company Limited<br />

(ACCL International)<br />

Für ACCL International ist Gewinn<br />

nach eigenem Bekunden nicht das<br />

Maß aller Dinge. Das afghanischamerikanische<br />

Bauunternehmen<br />

will über soziales Engagement einen<br />

Beitrag zum Wie<strong>der</strong>aufbau des<br />

Landes leisten. Das damit geschaffene<br />

Image hilft, um in <strong>Afghanistan</strong><br />

voranzukommen. Seit 2003 hat das<br />

Unternehmen sein Portfolio stetig<br />

erweitert. Neben Dienstleistungen<br />

im Bausektor bietet ACCL International<br />

auch einen Service in den<br />

Bereichen Catering, IT und Energieversorgung<br />

an. Damit kommt<br />

das Unternehmen einer Nachfrage<br />

entgegen: Sowohl internationale<br />

als auch nationale Organisationen<br />

bevorzugen aufgrund <strong>der</strong> instabilen<br />

Sicherheitslage Gebäude, die autark<br />

von ihrer Umgebung sind.<br />

Interview mit Michael J. Scott,<br />

Chief Operating Officer<br />

Derzeit<br />

arbeitet ACCL<br />

International<br />

an acht<br />

Bauaufträgen,<br />

die jeweils ein<br />

Volumen von<br />

über 1 Mio.<br />

US$ haben.<br />

Welche<br />

Formen <strong>der</strong> Akquise nutzen Sie in<br />

<strong>Afghanistan</strong>?<br />

Unser Unternehmen konzentriert<br />

sich auf öffentliche Ausschreibungen<br />

<strong>der</strong> afghanischen Regierung<br />

und internationaler Organisationen.<br />

Dabei spielen die US-amerikanischen<br />

Streitkräfte sowie Durchfüh-<br />

ACCL International macht keine<br />

breitenwirksame Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Dem Unternehmen ist es aber<br />

wichtig, bestimmte Zielgruppen<br />

anzusprechen. Zu ihnen gehören<br />

neben den internationalen Organisationen<br />

auch die afghanische<br />

Regierung samt Ministerien sowie<br />

Provinzverwaltungen. Ein persönlicher<br />

Kontakt zu diesen Akteuren ist<br />

für Unternehmen in Konfliktlän<strong>der</strong>n<br />

überlebenswichtig. ACCL International<br />

sucht insbeson<strong>der</strong>e zu Projektrungsorganisationen<br />

eine beson<strong>der</strong>e<br />

Rolle. In den Ausschreibungen<br />

konkurrieren wir gewöhnlich mit<br />

mehr als zehn Bauunternehmen.<br />

Als eine <strong>der</strong> wenigen kann ACCL<br />

International aber seine Dienstleistungen<br />

im ganzen Land anbieten.<br />

Also auch in unsicheren Regionen<br />

wie Kandahar, Helmand und Nangarhar.<br />

Dies ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.<br />

ACCL International wirbt mit dem Slogan<br />

„Afghans build <strong>Afghanistan</strong>“ und<br />

will einen nachhaltigen Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

unterstützen. Wie passen diese Ziele<br />

mit unternehmerischem Handeln<br />

zusammen?<br />

2003 haben die <strong>der</strong>zeitigen Vorstandsvorsitzenden<br />

Habibullah<br />

Peerzada und Sargon Heinrich ACCL<br />

International gegründet. Sie folgten<br />

einem Aufruf <strong>der</strong> US-Regierung<br />

an amerikanische Unternehmen,<br />

in <strong>Afghanistan</strong> zu investieren. Für<br />

die Führung stand von vornherein<br />

fest, dass Gewinn nicht das oberste<br />

Ziel ist. ACCL International will mit<br />

seiner Geschäftstätigkeit einen<br />

Beitrag für den Wie<strong>der</strong>aufbau des<br />

Landes leisten. Je nach Projektlage<br />

beschäftigt das Unternehmen bis zu<br />

3.000 Mitarbeiter und stellt damit<br />

die Versorgung von bis zu 12.000<br />

Familien sicher. Darunter sind auch<br />

viele ungelernte Arbeitskräfte, die<br />

bei uns eine Ausbildung in technischen<br />

Berufen erhalten. Dies ist ein<br />

gutes Beispiel, wie auch Unternehmen<br />

nachhaltig Entwicklung in<br />

<strong>Afghanistan</strong> för<strong>der</strong>n können. Durch<br />

die Qualifizierungsmaßnahmen sind<br />

die Mitarbeiter im Unternehmen<br />

besser einsetzbar. Gleichzeitig können<br />

sie diese Fähigkeiten auch bei<br />

zukünftigen Arbeitgebern einsetzen.<br />

Welche Erfahrungen hat ACCL International<br />

mit afghanischen Arbeitnehmern?<br />

In unserem Unternehmen sind 80%<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter Afghanen. Die Geschäftsführung<br />

verfolgt die Strategie,<br />

Mitarbeiter langfristig zu binden<br />

und keine Entlassungen vorzunehmen.<br />

Dies gilt auch bei einem Fehlverhalten<br />

von Angestellten. Durch<br />

den jahrzehntelangen Bürgerkrieg<br />

sind afghanische Arbeitnehmer<br />

nicht auf die Anfor<strong>der</strong>ungen in<br />

einem mo<strong>der</strong>nen Bau- und Dienstleistungsunternehmen<br />

vorbereitet.<br />

Gerade bei sozialen Kompetenzen<br />

gibt es Nachholbedarf. Daher<br />

haben wir bei ACCL International<br />

ein Mentorenprogramm eingeführt,<br />

in dem internationale Fachkräfte<br />

ihre afghanischen Kollegen in <strong>der</strong><br />

täglichen Arbeit betreuen.<br />

Das Image als Entwicklungshelfer<br />

nutzt ACCL International auch in <strong>der</strong><br />

Außendarstellung. Die Mehrzahl <strong>der</strong><br />

ausländischen Unternehmen verzichtet<br />

hingegen auf eine Öffentlichkeitsarbeit,<br />

um nicht als Anschlagsziel<br />

wahrgenommen zu werden. Warum<br />

verfolgt ihr Unternehmen diese<br />

Strategie?<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 55


Interviews<br />

beginn den Kontakt zu relevanten<br />

afghanischen Organisationen und<br />

stellt den Mehrwert in Form von<br />

neuen Arbeitsplätzen und Infrastruktur<br />

dar. Mit dieser Strategie<br />

fährt unser Unternehmen sehr gut.<br />

In <strong>Afghanistan</strong> ist unser Unternehmen<br />

anerkannt. Dies schafft nicht<br />

nur die Grundlage für zukünftige<br />

Aufträge, son<strong>der</strong>n gewährleistet<br />

auch die Sicherheit unserer<br />

Mitarbeiter. Seit <strong>der</strong> Firmengründung<br />

haben wir keine Todesopfer<br />

zu beklagen. Dies ist erstaunlich,<br />

da wir auch Risikoprojekte an <strong>der</strong><br />

afghanisch-pakistanischen Grenze<br />

übernehmen.<br />

Welche Sicherheitsrisiken bestehen<br />

dann für Ihr Unternehmen?<br />

Auch wenn wir keine Todesopfer<br />

zu beklagen haben, ist und bleibt<br />

<strong>Afghanistan</strong> ein Konfliktland. Raubüberfälle<br />

gehören landesweit zur<br />

Tagesordnung. Den Verlust decken<br />

keine Versicherungen ab. Zwar gibt<br />

es bei Verträgen mit <strong>der</strong> US-Regierung<br />

Risikozuschläge, jedoch haften<br />

wir mit eigenem Geld für Fehlschläge.<br />

Daher berücksichtigen wir das<br />

Risiko schon bei <strong>der</strong> Projektakquise.<br />

Nur wenn die Rahmenbedingungen<br />

stimmen, können wir erfolgreich<br />

arbeiten und uns für Folgeaufträge<br />

qualifizieren.<br />

ACCL International bietet nicht nur<br />

Dienstleistungen in <strong>Afghanistan</strong> an.<br />

Das Unternehmen vertreibt auch<br />

Baustoffe. Im Sortiment befinden<br />

sich unter an<strong>der</strong>em die Produkte <strong>der</strong><br />

Knauf Gips KG. Welche Absatzchancen<br />

haben Baustoffe aus Deutschland<br />

in <strong>Afghanistan</strong>?<br />

Der Bausektor wächst <strong>der</strong>zeit<br />

jährlich mit einem zweistelligen<br />

Prozentsatz in <strong>Afghanistan</strong>. Vor<br />

allem <strong>der</strong> Wohnungsmarkt boomt.<br />

Von diesen Rahmenbedingungen<br />

profitiert ACCL International<br />

enorm. Im vergangenen Jahr hat<br />

das Unternehmen mehr als 300.000<br />

Quadratmeter Gipswände verkauft.<br />

Damit ist ACCL International <strong>der</strong><br />

bedeutendste Vertriebspartner<br />

<strong>der</strong> Knauf Gips KG. Die Baustoffe<br />

stammen aus Fabriken, die außer in<br />

Deutschland auch in den Nachbarlän<strong>der</strong>n<br />

<strong>Afghanistan</strong>s angesiedelt<br />

sind. Trotz <strong>der</strong> geographischen<br />

Nähe liegen die Kosten für den<br />

Import nach <strong>Afghanistan</strong> um 30%<br />

höher als in an<strong>der</strong>en Märkten. Dies<br />

ist auf den schwierigen Transport<br />

über den Landweg zurückzuführen.<br />

Gleichzeitig erschweren Zollstreitigkeiten<br />

zwischen <strong>Afghanistan</strong> und<br />

seinen Nachbarlän<strong>der</strong>n die Einfuhr.<br />

Es dauert daher nicht Tage, son<strong>der</strong>n<br />

Wochen, um Güter zu importieren.<br />

Foto: © GI Z<br />

56 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />

Seit 1936 ist Siemens mit Unterbrechungen<br />

in <strong>Afghanistan</strong> tätig.<br />

Das Unternehmen gehört zu den<br />

wenigen „Global Player“, die in <strong>Afghanistan</strong><br />

mit einer Nie<strong>der</strong>lassung<br />

vertreten sind. In den Geschäftsbereichen<br />

Energie und Medizintechnik<br />

hat sich das Unternehmen in den<br />

vergangenen neun Jahren Marktanteile<br />

gesichert. Die Kunden von<br />

Siemens <strong>Afghanistan</strong> sind vorrangig<br />

Unternehmen und Haushalte.<br />

Damit unterscheidet sich Siemens<br />

<strong>Afghanistan</strong> von <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong><br />

ausländischen Investoren, die sich<br />

auf Ausschreibungen von internationalen<br />

Entwicklungsorganisationen<br />

und Streitkräften konzentrieren.<br />

Interview mit Raaz Hassan, Präsident<br />

Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />

Siemens gehört zu den bekannten<br />

deutschen Marken in <strong>Afghanistan</strong>.<br />

Was sind die Gründe für die Popularität<br />

Ihres Unternehmens?<br />

Siemens hat eine jahrzehntelange<br />

Tradition in <strong>Afghanistan</strong>. 1928<br />

besuchte König Amanullah Khan<br />

die Siemensstadt in Berlin und<br />

war begeistert von <strong>der</strong> technologischen<br />

Entwicklung in Deutschland.<br />

Aufgrund dieser hochrangigen Kontakte<br />

eröffnete Siemens acht Jahre<br />

später seine Nie<strong>der</strong>lassung in Kabul<br />

und war maßgeblich daran beteiligt,<br />

landesweit die Infrastruktur in den<br />

Bereichen Energie und Telekommunikation<br />

aufzubauen. Mit dem<br />

Einmarsch <strong>der</strong> Sowjetunion stellte<br />

das Unternehmen seine Geschäftsaktivitäten<br />

in <strong>Afghanistan</strong> ein und<br />

kehrte nach über 20 Jahren Unterbrechung<br />

2002 wie<strong>der</strong> zurück. Wie<br />

in <strong>der</strong> Anfangsphase gehört Energieerzeugung<br />

zum Kerngeschäft<br />

von Siemens <strong>Afghanistan</strong>. Weiterhin<br />

ist das Unternehmen Marktführer<br />

im Bereich <strong>der</strong> Medizintechnik.<br />

Welche Marktchancen eröffnen sich<br />

für Unternehmen aus Deutschland in<br />

<strong>Afghanistan</strong>?<br />

<strong>Afghanistan</strong> ist in jeglicher Hinsicht<br />

Neuland für Unternehmen aus<br />

Industriestaaten. Durch die instabile<br />

Sicherheitslage sind Weltmarktunternehmen<br />

kaum vertreten. Die<br />

Anzahl <strong>der</strong> Wettbewerber ist gering.<br />

Dies eröffnet neben den bekannten<br />

Risiken auch Chancen für Markteinsteiger.<br />

Dabei muss beachtet werden,<br />

dass in Industriestaaten gängige<br />

Produkte und Dienstleistungen<br />

neu für afghanische Kunden sind.<br />

Westliche Firmen müssen daher<br />

erst einmal über den Nutzen ihrer<br />

Angebote aufklären. In Verkaufsgesprächen<br />

steht daher Information<br />

an erster Stelle.<br />

Siemens <strong>Afghanistan</strong> ist beson<strong>der</strong>s<br />

im Bereich <strong>der</strong> Energieerzeugung<br />

aktiv. Welche Marktchancen bestehen<br />

in diesem Sektor für deutsche Unternehmen?<br />

In <strong>Afghanistan</strong> werden von den<br />

erfor<strong>der</strong>lichen 5.000 Megawatt nur<br />

600 bereitgestellt. Diese stammen<br />

zu 60% aus Importen. Im Bereich<br />

<strong>der</strong> Energieerzeugung gibt es daher<br />

einen hohen Investitionsbedarf.<br />

Das nationale Energieunternehmen<br />

Da <strong>Afghanistan</strong> Breshna Sherkat<br />

(DABS) ist <strong>der</strong>zeit mit seinen elf<br />

regionalen Ablegern für die Energiegewinnung<br />

und -weiterleitung<br />

zuständig. Der Sektor ist grundsätzlich<br />

offen für private Investitionen,<br />

allerdings zögern Unternehmen mit<br />

dem Markteinstieg, da mangelnde<br />

Regulierung und Korruption als<br />

Hin<strong>der</strong>nisse angesehen werden. Die<br />

afghanische Regierung plant daher<br />

in den nächsten Jahren, über DABS<br />

vier Großprojekte zu realisieren, um<br />

die Lücke zwischen Angebot und<br />

Bedarf zu schließen. Eine beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung kommt dabei dem<br />

Bau von Wasser- und Thermalkraftwerken<br />

zu. Weiterhin soll die Netzinfrastruktur<br />

ausgebaut werden.<br />

Seit 2002 hat sich Siemens <strong>Afghanistan</strong><br />

zum Marktführer im Bereich <strong>der</strong><br />

Medizintechnik entwickelt. Welche<br />

Wachstumschancen bietet <strong>der</strong> Sektor?<br />

In <strong>Afghanistan</strong> wächst die Mittelschicht.<br />

Damit steigt die Nachfrage<br />

nach Dienstleistungen im<br />

Gesundheitswesen rapide. Dies<br />

gilt vor allem für große Städte wie<br />

Kabul, Mazar-e Sharif und Herat.<br />

Aus meiner Sicht gibt es eine hohe<br />

Nachfrage in medizinischen Spezialbereichen<br />

wie <strong>der</strong> Radiologie. Dies<br />

gilt für Produkte wie auch für die<br />

Schulung von Mitarbeitern. Dabei<br />

muss jedoch beachtet werden,<br />

dass afghanische Kliniken ohne die<br />

Unterstützung von Entwicklungsorganisationen<br />

nur geringe finanzielle<br />

Mittel haben. Der schlechte Zugang<br />

zu Krediten erschwert Investitionen<br />

im Gesundheitsbereich enorm.<br />

Siemens sucht daher mit seinen<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 57


Interviews<br />

Kunden gemeinsam Finanzierungsmöglichkeiten.<br />

Siemens hat sich in <strong>Afghanistan</strong><br />

auch einen Namen als Anbieter von<br />

Technologie im Mobilfunk gemacht.<br />

Der Sektor zeigt kontinuierlich<br />

hohe Wachstumsraten. In welchen<br />

Bereichen erwarten Sie zukünftig<br />

Investitionen?<br />

<strong>Afghanistan</strong> gehört zu den am<br />

schnellsten wachsenden Telekommunikationsmärkten<br />

<strong>der</strong> Welt.<br />

Derzeit verfügen vier Anbieter über<br />

Lizenzen, um landesweit Mobilfunkdienste<br />

anbieten zu können.<br />

Diese haben seit 2001 über 1 Mrd.<br />

US$ in den Netzausbau investiert.<br />

Siemens <strong>Afghanistan</strong> war bis 2007<br />

selbst in diesem Sektor aktiv und<br />

lieferte Übertragungstechnik an<br />

Mobilfunkanbieter wie die Afghan<br />

Wireless Communication Company<br />

(AWCC). Mittlerweile haben wir<br />

diese Geschäftsaktivitäten an das<br />

Gemeinschaftsunternehmen Nokia<br />

Siemens Network abgegeben.<br />

Der Sektor steht vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

neue Technologien<br />

zu implementieren. Dies gilt vor<br />

allem für den Festnetzbereich. Die<br />

afghanischen Großstädte benötigen<br />

Glasfaserkabel, um schnelle<br />

Internet- und Datendienste nutzen<br />

zu können. Davon ungeachtet, muss<br />

<strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Netzinfrastruktur<br />

vorangetrieben werden.<br />

Zum Kundenkreis von Siemens<br />

<strong>Afghanistan</strong> gehören vorrangig Unternehmen<br />

und Haushalte. Wie organisieren<br />

Sie die Kundenbetreuung?<br />

Für afghanische Kunden ist <strong>der</strong><br />

persönliche Kontakt entscheidend.<br />

Daher stellen wir eine feste<br />

Kommunikation von <strong>der</strong> Angebotserstellung<br />

bis zur Rechnungslegung<br />

sicher. Für unsere Mitarbeiter ist es<br />

entscheidend, den Erwartungen <strong>der</strong><br />

Kunden zu entsprechen. Dies för<strong>der</strong>t<br />

auch die Zahlungsbereitschaft.<br />

In <strong>Afghanistan</strong> reicht es nicht,<br />

einfach eine Rechnung zu stellen.<br />

Mit diesem Ansatz haben wir nur<br />

geringe Ausfälle zu beklagen.<br />

Die Interviews führte Michael Paulo<br />

(CIM-Fachkraft bei <strong>der</strong> Afghanischen<br />

Industrie- und Handelskammer).<br />

58 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Bundesverband Großhandel,<br />

Außenhandel,<br />

Dienstleistungen e.V.<br />

(BGA)<br />

Interview mit BGA-Präsident Anton<br />

F. Börner<br />

Herr Börner, warum ist das Thema<br />

Ausbildung in <strong>Afghanistan</strong> ein wichtiges<br />

Thema für Sie?<br />

Wenn wir über die Stabilisierung in<br />

<strong>Afghanistan</strong> sprechen, ist die Schaffung<br />

von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

das zentrale Thema.<br />

Wir benötigen über die bereits vorhandenen<br />

Ansätze hinaus dringend<br />

mehr Ausbildungswerkstätten und<br />

Berufsschulen, die das deutsche<br />

Modell <strong>der</strong> dualen Berufsbildung<br />

aufgreifen. Eine ganze Generation<br />

an Handwerkern, Facharbeitern und<br />

Ingenieuren fehlt für den Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

des Landes, da zu Zeiten<br />

des Bürgerkrieges viele Strukturen<br />

zerstört wurden. Aber auch für<br />

ehemalige Kämpfer <strong>der</strong> Mudschahedin<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Taliban ist dies<br />

wichtig: Diese können sich durch<br />

den Erwerb beruflicher Fertigkeiten<br />

wie<strong>der</strong> in die Zivilgesellschaft integrieren.<br />

Damit schaffen wir über die<br />

berufliche Bildung Alternativen zu<br />

Gewalt und Radikalisierung. Über<br />

Ausbildung und Investitionen geben<br />

wir zudem <strong>der</strong> Jugend eine Perspektive<br />

und bringen Menschen in<br />

Lohn und Brot, die dann wie<strong>der</strong>um<br />

ganze Großfamilien mit ihrer Hände<br />

Arbeit versorgen können.<br />

hier zunächst <strong>der</strong> Nachholbedarf<br />

am dringendsten ist. Die Montage,<br />

Wartung und Reparatur von Maschinen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e Textil- und<br />

Landwirtschaftsmaschinen, aber<br />

auch Tätigkeiten in Kfz-Werkstätten,<br />

Bergbau und Lebensmittelverarbeitung<br />

sind sicherlich Ansatzpunkte.<br />

Ich denke auch daran, dass sich<br />

rund um deutsche Pionierunternehmen,<br />

die sich in Industrieparks<br />

ansiedeln, Ausbildungszentren<br />

etablieren, wo gemäß dem Bedarf<br />

<strong>der</strong> Firmen praxisnah ausgebildet<br />

werden kann.<br />

Wer sollte sich engagieren?<br />

Wir reden hier über einen gemeinsamen<br />

Ansatz mit größtmöglicher<br />

Vernetzung aller Beteiligten. Neben<br />

<strong>der</strong> deutschen und <strong>der</strong> afghanischen<br />

Regierung sehe ich insbeson<strong>der</strong>e<br />

bei den nationalen und<br />

internationalen Institutionen <strong>der</strong><br />

Entwicklungszusammenarbeit die<br />

Rolle, Maßnahmen vor Ort zu koordinieren.<br />

Die deutsche Wirtschaft<br />

aus allen Bereichen, Ingenieure,<br />

Handel, Industrie und Handwerk,<br />

kann ihren Teil zur Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Aus- und Weiterbildungssituation<br />

beitragen - insbeson<strong>der</strong>e, wenn<br />

es ganz konkret um die Bereitstellung<br />

von praxisnahen Ausbildungsplätzen<br />

und -konzepten geht.<br />

Wie beurteilen Sie die Sicherheitslage?<br />

Ist diese nicht hin<strong>der</strong>lich für ein<br />

Engagement von Ausbil<strong>der</strong>n, gerade<br />

aus Deutschland?<br />

Nicht im ganzen Land ist die Sicherheitslage<br />

schlecht. Es ist auch nicht<br />

unbedingt notwendig, dass bereits<br />

heute in großem Umfang deutsche<br />

Ausbil<strong>der</strong> vor Ort tätig sind. Solange<br />

die Situation in einigen Landesteilen<br />

angespannt ist, können auch Trainthe-Trainer-Maßnahmen<br />

sinnvoll<br />

sein, bei denen einheimische Ausbil<strong>der</strong><br />

dann die Rolle von Multiplikatoren<br />

übernehmen. Gleichzeitig<br />

kann zum Beispiel über das Internet<br />

eine Verbindung hergestellt und ein<br />

Austausch organisiert werden. Wir<br />

dürfen den Afghanen einfach nicht<br />

das Gefühl geben, dass wir sie allein<br />

lassen.<br />

Welche Berufe sollten im Vor<strong>der</strong>grund<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsmaßnahmen<br />

stehen?<br />

Foto: © <strong>GIZ</strong><br />

Im Vor<strong>der</strong>grund steht natürlich <strong>der</strong><br />

gewerblich-technische Bereich, da<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 59


Kontaktadressen und Informationsquellen<br />

Kontaktadressen und Informationsquellen<br />

Kontaktadressen in <strong>Afghanistan</strong><br />

Botschaft <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland in <strong>Afghanistan</strong><br />

Ansprechpartnerin: Kristin Augsburg<br />

Counsellor - Economy, Development,<br />

Civil-military Cooperation<br />

Tel.: 030/50 00-71 75-115<br />

E-Mail: wi-1@kabu.diplo.de;<br />

Internet: www.kabul.diplo.de<br />

Die Europäisch-Afghanische Handelskammer<br />

war Mitte 2011 in Vorgründungsphase.<br />

<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />

Agency<br />

Internet: www.aisa.org.af<br />

Relativ viele deutsche Firmen in<br />

<strong>Afghanistan</strong> bewegen sich im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ). Daraus ergeben sich normalerweise<br />

Kontakte mit den deutschen<br />

EZ-Durchführungsorganisationen<br />

KfW und <strong>GIZ</strong>, die in <strong>Afghanistan</strong> große<br />

Organisationen unterhalten:<br />

<strong>GIZ</strong> <strong>Afghanistan</strong><br />

Leiter: Andreas Clausing<br />

<strong>GIZ</strong> Office Kabul, ISAF-AFG-Feldpost,<br />

64298 Darmstadt<br />

E-Mail: giz-afghanistan@giz.de<br />

KfW <strong>Afghanistan</strong><br />

Leiter: Gunnar Wälzholz<br />

German House, Charah-e Sadarat<br />

33/2, Kabul<br />

Tel.: 0093 700/27 44 56<br />

E-Mail: kfw.kabul@kfw.de<br />

Die Industrie- und Handelskammer<br />

ACCI ist mit mehr als 7.000 Mitgliedsunternehmen<br />

die Spitzenorganisation<br />

<strong>der</strong> afghanischen Privatwirtschaft. Als<br />

Sprachrohr <strong>der</strong> Unternehmen setzt<br />

sich die Kammer für die Verbesserung<br />

<strong>der</strong> ökonomischen Rahmenbedingungen<br />

in <strong>Afghanistan</strong> ein. Gleichzeitig<br />

unterstützt die ACCI einheimische<br />

Firmen, ihre Struktur zu professionalisieren,<br />

Mitarbeiter auszubilden<br />

und Netzwerke im In- und Ausland zu<br />

entwickeln. Für deutsche Unternehmen<br />

ist die Kammer Anlaufstelle,<br />

um Marktinformationen aus erster<br />

Hand zu erhalten und Kontakte zur<br />

afghanischen Wirtschaft aufzubauen.<br />

Mohammad Qurban Haqjo ist seit<br />

mehreren Jahren Geschäftsführer <strong>der</strong><br />

ACCI und spricht Deutsch.<br />

Afghan Chamber of Commerce<br />

and Industries<br />

Geschäftsführung: Mohammad<br />

Qurban Haqjo<br />

Chman-e-Huzuri, Next to Kabul<br />

Nendari, Kabul<br />

Ansprechpartner in <strong>Afghanistan</strong><br />

bis voraussichtlich Anfang 2013:<br />

Michael Paulo<br />

Tel.: 0093 78/4 26 58 94; Fax.:<br />

0093 77/6 10 01 66<br />

E-Mail: michael.paulo@acci.org.<br />

af; Internet: www.acci.org.af<br />

Geschäftsführung: E-Mail: ceoacci@acci.org.af<br />

Informationsplattform für staatliche<br />

Ausschreibungen:<br />

<strong>Afghanistan</strong> Reconstruction &<br />

Development Services<br />

Internet: www.ards.gov.af<br />

Asian Development Bank<br />

ADB Afghan Infrastructure Trust<br />

Fund<br />

Internet: www.adb.org/<strong>Afghanistan</strong>/projects.asp?<br />

Ansprechpartner:<br />

ADB: Philip Wood; E-Mail:<br />

pwood@adb.org<br />

<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance:<br />

Nasim Ihsan; E-Mail: nasim.<br />

ihsan@asi.org.af<br />

Dehsabz City Development Authority<br />

E-Mail: info@dcda.gov.af; Internet:<br />

www.dcda.gov.af<br />

Enterprise Development Program<br />

(AREDP)<br />

Internet: www.aredp.org<br />

Export Promotion Agency of<br />

<strong>Afghanistan</strong><br />

Internet: www.epaa.org.af<br />

Ministry of Agriculture Irrigation<br />

and Livestock<br />

Internet: www.mail.gov.af<br />

Ministry of Energy and Water<br />

Internet: mew.gov.af<br />

Ministry of Mines<br />

Veröffentlichung von aktuellen<br />

Ausschreibungen:<br />

Internet: www.mom.gov.<br />

af/?page=ten<strong>der</strong>s&lang=en<br />

Investment Promotion Department<br />

(IPD) of the Afghan Ministry<br />

of Mines (Unterstützung <strong>der</strong><br />

Investoren)<br />

Internet: www.mom.gov.<br />

af/?page=Investment-<br />

Promotion&lang=en<br />

Ministry of Public Works<br />

Internet: www.mopws.gov.af/<br />

60 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Ministry of Rural Rehabilitation<br />

and Development<br />

Internet: www.mrrd.gov.af<br />

Öffentliche Ausschreibungen im<br />

Bausektor<br />

Internet: www.cwcten<strong>der</strong>s.com/<br />

construction_ten<strong>der</strong>s_<br />

afghanistan.htm<br />

Internetadressen vieler Organisationen<br />

The <strong>Afghanistan</strong> Directory<br />

Internet: www.theafghanistandirectory.com<br />

Kontaktadressen in Deutschland<br />

Auswärtiges Amt (Reise- und<br />

Sicherheitshinweise)<br />

Tel.: 030/18 17 20 00; Fax:<br />

-18 17 51 10 00<br />

E-Mail: poststelle@auswaertigesamt.de;<br />

Internet: www.auswaertiges-amt.de<br />

advisa Unternehmensberatung<br />

Cornelia H. Lehmann<br />

(Vertreterin <strong>der</strong> Afghan Chamber<br />

of Commerce and Industries in<br />

Deutschland seit 2007)<br />

Rothenhauschaussee 28, 21029<br />

Hamburg-Bergedorf<br />

Tel.: 040/72 97 79 77<br />

E-Mail: advisa@hamburg.de; Internet:<br />

www.advisa-hamburg.de<br />

Botschaft <strong>der</strong> Islamischen Republik<br />

<strong>Afghanistan</strong><br />

Handelsattaché <strong>der</strong> Afghanischen<br />

Botschaft: Diplom-Kaufmann<br />

Ghulam<br />

Taunusstr. 3, 14193 Berlin<br />

Tel.: 030/20 67 35 0; Fax:<br />

-20 67 35 25<br />

E-Mail: handelsattache@yahoo.<br />

com; Internet: www.botschaftafghanistan.de<br />

Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Technologie (BMWi)<br />

Tel. 030/18 615 0; Fax:<br />

-18 615 7010<br />

E-Mail: info@bmwi.bund.de;<br />

Internet: www.bmwi.de<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung<br />

Ansprechpartnerin: Traudel Köhler<br />

Tel.: 030/25 03 28 59<br />

E-Mail: traudel.koehler@bmz.<br />

bund.de; Internet: www.bmz.bund.<br />

de<br />

Bundesverband <strong>der</strong> Deutschen<br />

Industrie e. V. (BDI)<br />

Tel.: 030/20 28 0; Fax:<br />

-20 28 24 50<br />

E-Mail: info@bdi.eu; Internet:<br />

www.bdi.eu<br />

Bundesverband Großhandel, Außenhandel,<br />

Dienstleistungen e.V.<br />

Tel.: 030/59 00 99 50; Fax:<br />

-59 00 99 5 19<br />

E-Mail: info@bga.de; Internet:<br />

www.bga-online.de<br />

Centrum für internationale<br />

Migration und Entwicklung (CIM)<br />

Tel.: 069/71 91 21-0; Fax:<br />

-71 91 21-19<br />

E-Mail: cim@giz.de; Internet: www.<br />

cimonline.de<br />

Commerzbank<br />

Ansprechpartner: Stephan Mondovits<br />

Tel.: 069/136 2 44 24; Fax:<br />

-136 2 28 37<br />

E-Mail: Stephan.Mondovits@<br />

commerzbank.com; Internet: www.<br />

commerzbank.com<br />

Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit<br />

Ansprechpartner: Marcel<br />

Schwickert<br />

Tel.: 06196/79-24 04<br />

E-Mail: marcel.schwickert@giz.de;<br />

Internet: www.giz.de<br />

Deutscher Industrie- und Handelskammertag<br />

e.V (DIHK)<br />

Tel. 030/203 08 – 0; Fax: -203 08-<br />

1000<br />

E-Mail: infocenter@dihk.de;<br />

Internet: www.dihk.de<br />

KfW Bankengruppe<br />

Ansprechpartner: Martin Jenner<br />

Tel.: 069/74 31-82 32<br />

E-Mail: martin.jenner@kfw.de;<br />

Internet: http://kfw.de<br />

Nah- und Mittelostverein e.V.<br />

(NUMOV)<br />

Jägerstraße 63 D, 10117 Berlin<br />

Tel: 030/20 64 10-0; Fax: -10<br />

E-Mail: numov@numov.de;<br />

Internet: www.numov.de<br />

Stiftung Wissenschaft und Politik<br />

Ansprechpartnerin: Citha D.<br />

Maaß<br />

Tel.: 030-88 00 70-0<br />

E-Mail: citha.maass@swp-berlin.<br />

org; Internet: www.swp-berlin.<br />

org.de<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 61


Verband Beraten<strong>der</strong> Ingenieure<br />

(VBI)<br />

Tel.: 030/260 62 0; Fax:<br />

-260 62 100<br />

E-Mail: vbi@vbi.de; Internet:<br />

www.vbi.de<br />

Informationsquellen<br />

<strong>Afghanistan</strong> Economic Update,<br />

The World Bank, Dec. 2010<br />

<strong>Afghanistan</strong> Geological Survey<br />

Internet: www.bgs.ac.uk/<br />

afghanminerals/<br />

Bundesanstalt für Geowissenschaften<br />

und Rohstoffe<br />

Deutsche Rohstoffagentur<br />

Internet: www.bgr.bund.de, www.<br />

deutsche-rohstoffagentur.de<br />

Central Statistics Organization<br />

Internet: http://cso.afghanistan.<br />

af<br />

Deutscher Bundestag, Drucksache<br />

17/2878, Antwort <strong>der</strong><br />

Bundesregierung auf eine Große<br />

Anfrage<br />

Internet: http://dipbt.bundestag.<br />

de<br />

Development Cooperation Report<br />

2010<br />

<strong>Afghanistan</strong> Ministry of Finance<br />

(Daten zu ausländischer Hilfe,<br />

Partnern etc.)<br />

Internet: www.mof.gov.af<br />

Doing Business in <strong>Afghanistan</strong>:<br />

2011 Country Commercial Guide<br />

for U.S. Companies<br />

Internet: http://trade.gov/<br />

static/2011CCG_Afghan.pdf<br />

Evaluating U.S. Foreign Assistance<br />

To <strong>Afghanistan</strong><br />

Committee on Foreign Relations<br />

U.S. Senate, June 8, 2011<br />

Internet: www.gpoaccess.gov/<br />

congress/index.html<br />

Fortschrittsbericht <strong>Afghanistan</strong><br />

zur Unterrichtung des Deutschen<br />

Bundestags, Dezember 2010<br />

Internet: www.bundesregierung.<br />

de<br />

Main Investment Opportunities in<br />

<strong>Afghanistan</strong><br />

<strong>Afghanistan</strong> Investment Support<br />

Agency<br />

Ministry of Mines, The Islamic<br />

Republic of <strong>Afghanistan</strong><br />

Business Plan 2010 - 2015,<br />

Synopsis<br />

62 <strong>Wirtschaftsleitfaden</strong> – <strong>Afghanistan</strong>


Kontakt<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Germany Trade and Invest<br />

Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH<br />

Villemombler Straße 76<br />

53123 Bonn<br />

T. +49(0)228 24993-0<br />

F. +49(0)228 24993-212<br />

E-Mail: info@gtai.de<br />

Internet: www.gtai.de<br />

Autoren: Samira Akrach (Nah- und Mittelost-Verein); Cornelia H. Lehmann (advisa Unternehmensberatung);<br />

Michael Paulo (Centrum für internationale Migration und Entwicklung, CIM); Steffen Arnold, Hermann van<br />

Boemmel, Liane Hryca, Anna Janus, Elisaveta Kostova, Birgit Seibel (Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit); Ulrich Binkert, Jürgen Huster, Niko Sievert (Germany Trade & Invest)<br />

Redaktion:<br />

Ulrich Binkert, Tel. +49(0)228 249 93-267, E-Mail: Ulrich.Binkert@gtai.de<br />

Manfred Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: Manfred.Tilz@gtai.de<br />

Ansprechpartner: Manfred Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: Manfred.Tilz@gtai.de<br />

Redaktionsschluss: 10.06.2011<br />

Bestell-Nr.: 16186<br />

Preis: 30,- Euro<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung.<br />

Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt.<br />

Hauptsitz <strong>der</strong> Gesellschaft:<br />

Friedrichstraße 60, 10117 Berlin<br />

Geschäftsführer:<br />

Dr. Jürgen Friedrich, Michael Pfeiffer<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des Aufsichtsrates:<br />

Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

Registergericht:<br />

Amtsgericht Charlottenburg · Registernummer: HRB 107541 B<br />

Geför<strong>der</strong>t vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung für die neuen Bundeslän<strong>der</strong> aufgrund eines Beschlusses des<br />

Deutschen Bundestages.<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de 63


Über uns<br />

Foto: © karssar - iStockphoto.com<br />

Germany Trade & Invest ist die Gesellschaft zur Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland. Sie unterstützt<br />

deutsche Unternehmen, die ausländische Märkte<br />

erschließen wollen, mit Außenwirtschaftsinformationen.<br />

Germany Trade & Invest wird geför<strong>der</strong>t vom Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung für die neuen Bundeslän<strong>der</strong> aufgrund<br />

eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.<br />

Germany Trade and Invest<br />

Gesellschaft für Außenwirtschaft<br />

und Standortmarketing mbH<br />

www.gtai.de<br />

Villemombler Straße 76<br />

53123 Bonn<br />

T. +49 (0)228 24993-0<br />

F. +49 (0)228 24993-212<br />

info@gtai.de

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