03.01.2014 Aufrufe

Goethe interkulturell

Goethe interkulturell

Goethe interkulturell

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Von <strong>Goethe</strong> lernen heißt siegen lernen<br />

Oder: wie <strong>Goethe</strong> und ich doch miteinander<br />

warm geworden sind<br />

„ Na klar!“ – dachte ich mir, als ich das<br />

erste Mal von der Idee zum Namen <strong>Goethe</strong><br />

Schule Harburg hörte. Das ist es, was<br />

sich Lieschen Müller unter einer Kulturschule<br />

vorstellt. Klassischer geht’s nicht,<br />

simpler geht’s nicht und vor allen Dingen<br />

deutscher geht’s nicht.<br />

Wie fast alle Menschen mit Abitur wurde<br />

auch ich in der Schule von meiner<br />

Deutschlehrerin mit <strong>Goethe</strong> gequält. Im<br />

Studium konnte ich „Göte“, wie meine<br />

großartige Literatur-Professorin diesen<br />

Dichter in einer Geste ironischer Distanzierung<br />

nannte, zum Glück vermeiden.<br />

Und nun holt er mich doch ein.<br />

Auch die anfänglichen Rechtfertigungsversuche<br />

den Namen <strong>Goethe</strong> betreffend<br />

konnten mich nicht wirklich überzeugen.<br />

Gut, er hat nicht nur den Faust geschrieben,<br />

sondern auch eine Farbenlehre entwickelt.<br />

Sei’s drum! Mit unseren Schülern,<br />

mit dem Stadtteil Harburg und den<br />

Problemen, vor denen wir heutzutage stehen,<br />

hat er furchtbar wenig zu tun. Um<br />

mich von ihm zu überzeugen, musste ich<br />

ihn gezwungenermaßen selbst noch einmal<br />

lesen.<br />

Und siehe da: Wenn Islam Gott ergeben<br />

heißt / In Islam leben und sterben wir<br />

alle [<strong>Goethe</strong> in Westöstlicher Diwan].<br />

Das überrascht – nicht nur mich, sondern<br />

auch Literaturwissenschaftler, die sich<br />

die Frage stellten: war <strong>Goethe</strong> ein Mohammedaner?<br />

Und die feststellten, dass<br />

er noch in hohem Alter Arabisch lernte<br />

und einigen seiner Gedichte das islamische<br />

Glaubensbekenntnis (Bism’illah)<br />

voranstellte.<br />

Offenbar hat <strong>Goethe</strong> sich, ganz anders<br />

als wir heute, für seine ausländischen<br />

Mitbürger interessiert. Und das, obwohl<br />

er diese in einer Welt ganz ohne Internet,<br />

Skype oder schnelle Flugverbindungen in<br />

seiner Heimat erst mühsam hat suchen<br />

müssen. Wie reich müsste ihm da unsere<br />

multikulturelle Gegenwart vorgekommen<br />

sein? Und was für ein ungehobener<br />

Schatz steckt in ihr?<br />

Sehr schnell sehen wir bei „Schülern mit<br />

Migrationshintergrund“ (wie die fast medizinisch<br />

klingende Diagnose neudeutsch<br />

heißt) die Defizite in der deutschen Sprache.<br />

10 11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!