09.01.2014 Aufrufe

Prof. Dr. Klaus Schughart - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Prof. Dr. Klaus Schughart - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Prof. Dr. Klaus Schughart - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

EXPERIMENTELLE MAUSGENETIK<br />

„DIE GENETIK IST EINER DER STÄRKSTEN EINFLUSSFAKTOREN<br />

BEI EINER INFEKTION. WIR WISSEN NOCH VIEL ZU WENIG ÜBER<br />

DAS KOMPLEXE WECHSELSPIEL VON GENEN DES WIRTES BEI<br />

EINER INFEKTIONSABWEHR.“<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Klaus</strong> <strong>Schughart</strong>, Bereichsleiter Experimentelle Mausgenetik<br />

KRANK ODER NICHT KRANK – AUCH EINE FRAGE DER GENE<br />

Welche Rolle spielen die Gene bei Infektionskrankheiten? Welche Rolle spielen die Erreger? Lässt sich dieses komplexe<br />

Zusammenspiel aus Genen und Erregern am Computer simulieren? Fragen, die erst aufgekommen sind, weil wir inzwischen<br />

einen recht guten Überblick über Gene in Mensch, Tier und anderen Organismen haben. Antworten darauf sucht<br />

<strong>Klaus</strong> <strong>Schughart</strong>. Von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologischen Leiden oder Allergien wissen Wissenschaftler, dass<br />

sie durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Variationen unterschiedlicher Gene ausgelöst werden.<br />

k Schnupfen<br />

Akute oder chronische<br />

Entzündung der Nasenschleimhaut<br />

im Zusammenhang<br />

mit grippalen<br />

Infekten. Ausgelöst<br />

durch Viren – zusätzlich<br />

auch manchmal<br />

Bakterien. Häufigste<br />

Viren-Gattungen:<br />

Rhino-, Entero-, Corona-,<br />

Mastadeno- und<br />

Paramyxoviren. Nicht<br />

zu verwechseln mit<br />

der echten Grippe,<br />

der Influenza.<br />

Selbst der Schnupfen wird von den Genen gesteuert:<br />

Die Nase läuft, der Kopf brummt, die Beine sind schwer.<br />

Mit jedem Niesen fliegen die Viren an feinen Tröpfchen<br />

durch die Luft und versuchen, in der nächsten Nase zu<br />

landen. Aber weshalb bekommt der Schreibtischnachbar<br />

den Schnupfen nicht, während die Kollegin aus dem<br />

Zimmer nebenan ein paar Tage später ebenfalls Viren<br />

verteilt?<br />

Diese Wechselwirkungen der Gene lassen<br />

sich nicht mehr mit dem Schulbuchwissen<br />

über die Mendel´schen<br />

Vererbungslehren der Erbsen<br />

erklären. Um herauszufinden,<br />

welche Gene<br />

sich untereinander<br />

wie beeinflussen,<br />

untersuchen die<br />

Forscher um <strong>Klaus</strong><br />

<strong>Schughart</strong> Mäuse.<br />

Denn Mäuse sind<br />

ein bisschen wie<br />

Menschen – zumindest<br />

genetisch<br />

betrachtet. Und ihre<br />

Gene sind sehr gut untersucht.<br />

Und es gibt sehr<br />

viele unterschiedliche Zuchtlinien,<br />

die sich genetisch unterscheiden.<br />

„Wir halten verschiedene Mausstämme,<br />

deren Erbinformationen wir genau kennen“, erklärt<br />

<strong>Klaus</strong> <strong>Schughart</strong>. „Innerhalb eines Stammes sind diese<br />

Mäuse so gleich wie eineiige Zwillinge.“<br />

Kreuzen sie verschiedene Stämme miteinander, bekommen<br />

die Wissenschaftler immer neue Mäusefamilien, die<br />

jedes Mal eine ganz eigene genetische Struktur haben.<br />

„So können wir uns ansehen, wie die unterschiedlichen<br />

Mäusefamilien auf Infektionen reagieren,<br />

und welche Genkombination<br />

für eine bestimmte Reaktion<br />

ausschlaggebend<br />

ist.“<br />

Die Krankheit,<br />

bei der <strong>Klaus</strong><br />

<strong>Schughart</strong> die<br />

genetische<br />

Empfänglichkeit<br />

der<br />

Mäuse dafür<br />

untersucht,<br />

ist die echte<br />

Grippe. Die<br />

Wissenschaftler<br />

erzeugen gigantische<br />

Datenmengen, indem<br />

sie einzelne Mäuse der unterschiedlichsten<br />

Familien immer mit<br />

demselben Krankheitserreger infizieren und


familien, Daten und bioinformatischen Analysewerkzeugen<br />

zu. Darüber hinaus untersuchen er und seine<br />

Kollegen an universitären Forschungsinstituten Infektionen<br />

mit Krankenhauskeimen, Tuberkulose, Parasiten<br />

wie Leishmanien bis zum septischen Schock, Diabetes<br />

und Leberfibrose.<br />

Ein immer wiederkehrender<br />

Arbeitsschritt: zentrifugieren.<br />

dann untersuchen, wie die Mäuse auf die Infektion<br />

reagieren. Untersuchungen, die an Tieren durchgeführt<br />

werden müssen, da es sich verbietet, Menschen – oder<br />

sogar ganze Familien – mit solchen Krankheitserregern<br />

zu infizieren. Auf diesem Weg können sie genetische<br />

Strukturen der Tiere mit der Reaktion auf das Virus oder<br />

das Bakterium in Verbindung bringen.<br />

Ein Modell, das Schule machen wird, ist <strong>Klaus</strong> <strong>Schughart</strong><br />

überzeugt: „Solche Netzwerke von Forschern, die dieselben<br />

Mausfamilien studieren und ihre Daten miteinander<br />

verknüpfen, schaffen einen Fokus, mit dem wir das<br />

komplexe Zusammenspiel der Gene bei der Entstehung<br />

von verschiedenen Krankheiten beim Menschen und<br />

sogar deren Wechselwirkungen verstehen werden.“ Denn<br />

die Genetik ist einer der stärksten Einflussfaktoren bei<br />

Infektionskrankheiten – wir wissen jedoch noch kaum<br />

etwas darüber.<br />

k Mendel´sche<br />

Vererbungslehre<br />

Benannt nach Gregor<br />

Mendel. Erfasst die<br />

Vererbung von Merkmalen,<br />

deren Ausprägung<br />

von nur einem<br />

Gen bestimmt wird.<br />

Ein einzelnes Forschungsteam kann eine Herkulesaufgabe<br />

wie die komplexe Analyse solcher genetischen Erbgänge<br />

jedoch nicht allein bewältigen. Die Konsequenz:<br />

<strong>Klaus</strong> <strong>Schughart</strong> hat ein Netzwerk aus zehn Forschungsinstituten<br />

und Universitäten aus Deutschland und den<br />

Niederlanden gegründet. In GeNeSys, der Abkürzung<br />

für „German Network of Systems Genetics“, greifen die<br />

Systemgenetiker auf einen gemeinsamen Pool aus Maus-<br />

Die DNA-Bestandteile werden in<br />

speziellen Kammern auf Gelplatten<br />

aufgetrennt.<br />

KLAUS SCHUGHART<br />

<strong>Klaus</strong> <strong>Schughart</strong> studierte und promovierte in Biologie an der Universität Köln. Im Anschluss, 1987,<br />

ging er für drei Jahre als Post-doc an die Yale University, USA, und arbeitete im Labor von <strong>Prof</strong>.<br />

Frank Ruddle über die embryonale Frühentwicklung von Mäusen. Von 1990 bis 1995 leitete er eine<br />

Nachwuchsforschergruppe am MPI für Immunbiologie in Freiburg. In der Zeit beschäftigte ihn die<br />

Embryonalentwicklung der Maus. Er habilitierte sich 1994 an der Universität Freiburg und ging im<br />

Anschluss nach München, um dort als Projektleiter in der Abteilung für Säugetiergenetik an der<br />

GSF zu arbeiten. 1997 bis 2001 war er Leiter der Abteilung Molekular- und Zellbiologie von Transgen<br />

in Straßburg und forschte im Bereich der Gentherapie. Im Anschluss führte ihn sein Weg nach<br />

Braunschweig: Ab 2002 war er im wissenschaftlichen Direktorium des HZI verantwortlich für das<br />

Forschungs- und Entwicklungsprogramm des <strong>Zentrum</strong>s und leitete die Abteilung Technisch-Wissenschaftliche<br />

Dienste. Seit 2006 leitet er die Abteilung Experimentelle Mausgenetik und ist gleichzeitig<br />

<strong>Prof</strong>essor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.<br />

Stand: April 2009

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!