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VerwR BT Bayern Kapitel I: Kommunalrecht 11<br />

Abwandlung<br />

Grds. kein Abschlusszwang im Zivilrecht,<br />

aber keine „Flucht ins Privatrecht“, um<br />

Grundrechte zu umgehen<br />

III. Lösung Hauptfall<br />

Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn<br />

Sie zulässig und begrün<strong>de</strong>t ist.<br />

1. Eröffnung <strong>de</strong>s Verwaltungsrechtsweges<br />

Fraglich ist, ob eine öffentlich-rechtliche<br />

Streitigkeit i.S.d. § 40 I VwGO vorliegt, da<br />

die Gemein<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n einzelnen Benutzern<br />

Mietverträge abschließt. Als streitentschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Norm kommt damit neben<br />

Art. 21 GO auch § 535 BGB in Betracht.<br />

In letztgenanntem Fall wäre nicht <strong>de</strong>r<br />

Verwaltungs-, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Zivilrechtsweg<br />

eröffnet.<br />

Zur Klärung, ob hier eine öffentlichrechtliche<br />

Streitigkeit vorliegt, ist nach <strong>de</strong>r<br />

h.M. auf die „Zwei-Stufen-Theorie“ abzustellen.<br />

Diese wur<strong>de</strong> ursprünglich für <strong>de</strong>n<br />

Bereich <strong>de</strong>r Subventionen entwickelt. Sie<br />

unterschei<strong>de</strong>t zwischen <strong>de</strong>m „Ob“ <strong>de</strong>r Zulassung<br />

und <strong>de</strong>m „Wie“ <strong>de</strong>r Zulassung.<br />

Die Entscheidung i.R.d. ersten Stufe ist<br />

dabei stets öffentlich-rechtlich, bei <strong>de</strong>r<br />

Entscheidung bezüglich <strong>de</strong>r zweiten Stufe<br />

hängt dies vom Einzelfall ab.<br />

Hintergrund dieser Zwei-Stufen-Theorie<br />

ist, dass <strong>de</strong>r im Öffentlichen Recht begrün<strong>de</strong>te<br />

Zulassungsanspruch aus Art. 21<br />

GO nicht dadurch entwertet wer<strong>de</strong>n darf,<br />

dass <strong>de</strong>r Bürger ihn vor <strong>de</strong>n Zivilgerichten<br />

geltend machen muss. Um eine solche<br />

Entwertung wür<strong>de</strong> es sich aber han<strong>de</strong>ln,<br />

wenn <strong>de</strong>r Bürger seinen Zulassungsanspruch<br />

vor <strong>de</strong>n Zivilgerichten erstreiten<br />

müsste, da dort ein Kontrahierungszwang<br />

an<strong>de</strong>rs als im Öffentlichen Recht grundsätzlich<br />

nicht anerkannt ist.<br />

hemmer-Metho<strong>de</strong>: Merken Sie sich diese<br />

Theorie unbedingt und benutzen Sie in<br />

<strong>de</strong>r Klausur auch das Schlagwort „Zwei-<br />

Stufen-Theorie“! Sie zeigen damit, dass<br />

Sie sich in <strong>de</strong>r juristischen Fachsprache<br />

auskennen.<br />

Die Partei begehrt die Zulassung zur<br />

Stadthalle gem. Art. 21 GO, sodass es<br />

sich i.R.d. „Zwei-Stufen-Theorie“ um die<br />

erste Stufe, d.h. das „Ob“ <strong>de</strong>r Zulassung<br />

han<strong>de</strong>lt. Hierbei wäre <strong>de</strong>r Verwaltungsrechtsweg<br />

eröffnet, wenn es sich bei <strong>de</strong>r<br />

Stadthalle um eine öffentliche Einrichtung<br />

gem. Art. 21 GO han<strong>de</strong>lt.<br />

Dies ist dann <strong>de</strong>r Fall, wenn sie im öffentlichen<br />

Interesse unterhalten wird, durch<br />

einen Widmungsakt <strong>de</strong>r allgemeinen Benutzung<br />

durch die Gemein<strong>de</strong>angehörigen<br />

zugänglich gemacht wird und in <strong>de</strong>r Verfügungsgewalt<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> steht.<br />

Die Halle wird zur Durchführung öffentlicher<br />

Veranstaltungen genutzt und dient<br />

somit zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>m Zweck örtlicher Kulturpflege<br />

gem. Art. 83 I BV und Art. 57<br />

GO. Zu<strong>de</strong>m betreibt die Gemein<strong>de</strong> die<br />

Halle selbst. Demnach liegt eine öffentliche<br />

Einrichtung vor, streitentschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Norm ist Art. 21 GO, es han<strong>de</strong>lt sich also<br />

um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.<br />

Nach<strong>de</strong>m auch keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit<br />

vorliegt, ist <strong>de</strong>r Verwaltungsrechtsweg<br />

gem. § 40 VwGO eröffnet.<br />

Exkurs: Die Gemein<strong>de</strong> kann eine öffentliche<br />

Einrichtung auch in privatrechtlicher<br />

Form betreiben, z.B. als GmbH (siehe<br />

Abwandlung). Gera<strong>de</strong> in diesem Fall<br />

müssen Sie beim Verwaltungsrechtsweg<br />

darauf abstellen, ob sich <strong>de</strong>r Kläger gegen<br />

das „Ob“ o<strong>de</strong>r das „Wie“ <strong>de</strong>r Zulassung<br />

wen<strong>de</strong>t (Zwei-Stufen-Theorie). Das<br />

„Ob“ ist stets öffentlich-rechtlich, während<br />

das „Wie“ auch durch einen Mietvertrag<br />

i.S.d. § 535 BGB ausgestaltet wer<strong>de</strong>n<br />

kann.<br />

2. Zulässigkeit<br />

a) Statthafte Klageart<br />

Die Klageart richtet sich nach <strong>de</strong>m Klagebegehren.<br />

Die R möchte vorliegend die<br />

Zulassung zur Stadthalle erreichen. Wie<br />

gezeigt, steht hier das „Ob“ <strong>de</strong>r Zulassung<br />

in Frage.


12<br />

Kapitel I: Kommunalrecht VerwR BT Bayern<br />

Dieser Zulassungsakt ist ein Verwaltungsakt<br />

i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG,<br />

sodass richtige Klageart die Verpflichtungsklage<br />

in Form <strong>de</strong>r Versagungsgegenklage<br />

i.S.d. § 42 I Alt. 2 UF 1 VwGO<br />

ist.<br />

b) Klagebefugnis<br />

Die Klagebefugnis richtet sich nach § 42 II<br />

VwGO. Bei einer Verpflichtungsklage ist<br />

Voraussetzung, dass <strong>de</strong>r Kläger zumin<strong>de</strong>st<br />

möglicherweise einen Anspruch auf<br />

<strong>de</strong>n begehrten Verwaltungsakt hat. Hier<br />

scheint ein solcher Anspruch aus<br />

Art. 21 I, IV GO zumin<strong>de</strong>st möglich, sodass<br />

die Klagebefugnis gegeben ist.<br />

c) Vorverfahren, § 68 II, I S. 2 VwGO<br />

Das Vorverfahren entfällt wegen § 68 I<br />

S. 2 VwGO i.V.m. Art. 15 II AGVwGO.<br />

hemmer-Metho<strong>de</strong>: Das Wi<strong>de</strong>rspruchsverfahren<br />

ist in Bayern weitgehend abgeschafft.<br />

Lesen Sie hierzu unbedingt<br />

Art. 15 AGVwGO.<br />

d) Klagefrist<br />

Von <strong>de</strong>r Einhaltung <strong>de</strong>r Klagefrist gem.<br />

§ 74 II, I VwGO ist vorliegend auszugehen.<br />

e) Beteiligten- und Prozessfähigkeit<br />

Obwohl es sich bei <strong>de</strong>m Ortsverein <strong>de</strong>r<br />

Rechten nicht um eine juristische Person<br />

han<strong>de</strong>lt, ist dieser wegen Art. 21 I, IV GO<br />

gem. § 61 Nr. 2 VwGO parteifähig. Der<br />

Ortsverein ist gem. § 62 III VwGO auch<br />

prozessfähig, soweit er durch seinen Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

vertreten wird.<br />

f) Zuständigkeit <strong>de</strong>s Gerichts<br />

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich<br />

aus § 45 VwGO, die örtliche aus § 52<br />

Nr. 1 VwGO i.V.m. Art. 1 II AGVwGO.<br />

g) Zwischenergebnis<br />

Die Klage ist somit zulässig.<br />

3. Begrün<strong>de</strong>theit<br />

Die Klage ist begrün<strong>de</strong>t, wenn sie sich<br />

gegen <strong>de</strong>n richtigen Beklagten richtet, die<br />

Ablehnung <strong>de</strong>r R rechtswidrig war und die<br />

Sache spruchreif ist.<br />

a) Passivlegitimation, § 78 I Nr. 1<br />

VwGO<br />

Nach<strong>de</strong>m die Gemein<strong>de</strong> die Hallenbenutzung<br />

untersagt, ist diese auch passivlegitimiert.<br />

b) Rechtswidrigkeit <strong>de</strong>r Ablehnung <strong>de</strong>r<br />

R, subjektive Rechtsverletzung und<br />

Spruchreife<br />

Die Ablehnung <strong>de</strong>s Antrags <strong>de</strong>r R wäre<br />

rechtswidrig, R dadurch in ihren Rechten<br />

verletzt und die Sache spruchreif i.S.d.<br />

§ 113 V S. 1 VwGO, wenn R ein Anspruch<br />

auf Zulassung hätte.<br />

aa) Grds. Anspruch <strong>de</strong>r R auf Zulassung<br />

Zunächst müsste R einen Zulassungsanspruch<br />

bezogen auf die Stadthalle haben.<br />

Hierfür kommt Art. 21 I GO in Betracht.<br />

Wie bereits i.R.d. Verwaltungsrechtsweges<br />

gezeigt, ist die Stadthalle eine öffentliche<br />

Einrichtung i.S.d. Art. 21 I GO. Der<br />

Ortsverband zählt als ortsansässige Personenvereinigung<br />

i.S.d. Art. 21 IV GO,<br />

sodass <strong>de</strong>r Zulassungsanspruch nach<br />

Art. 21 I, IV GO grundsätzlich besteht.<br />

Anmerkung: Scheitert ein Anspruch aus<br />

Art. 21 I, IV GO daran, dass die Partei in<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Gemein<strong>de</strong> keinen Ortsverband<br />

hat, ist ergänzend an einen Anspruch<br />

aus § 5 ParteiG zu <strong>de</strong>nken.


VerwR BT Bayern Kapitel I: Kommunalrecht 13<br />

bb) Umfang <strong>de</strong>s Anspruchs<br />

Fraglich ist jedoch, wie weit <strong>de</strong>r Umfang<br />

dieses Anspruchs reicht. Gem. Art. 21 I<br />

GO besteht er nur i.R.d. „allgemeinen<br />

Vorschriften“.<br />

(1) Widmungszweck<br />

Eine rechtliche Beschränkung hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Zulassung ist <strong>de</strong>r Widmungszweck.<br />

Vorliegend wur<strong>de</strong> die Halle jedoch auch<br />

für politische Zwecke gewidmet. Zu<strong>de</strong>m<br />

fan<strong>de</strong>n auch schon Parteiveranstaltungen<br />

dort statt, sodass im Zweifel eine Widmung<br />

durch ständige Zurverfügungstellung<br />

vorliegen wür<strong>de</strong>.<br />

Eine weitere rechtliche Beschränkung ergibt<br />

sich aus Art. 6 f. LStVG. Die Gemein<strong>de</strong><br />

hat als Sicherheitsbehör<strong>de</strong> die Aufgabe,<br />

Gefahren für die öffentliche Sicherheit<br />

und Ordnung abzuwehren. Sollte es absehbar<br />

sein, dass es gera<strong>de</strong> durch die<br />

geplante Hallenbenutzung erst zu solchen<br />

Gefahren kommt, kann die Gemein<strong>de</strong> die<br />

Vergabe <strong>de</strong>r Halle als Gefahrenabwehrmaßnahme<br />

verweigern.<br />

(2) Verfassungswidrigkeit <strong>de</strong>r R<br />

Hier könnten solche Gefahren schon <strong>de</strong>shalb<br />

vorliegen, weil R möglicherweise eine<br />

verfassungswidrige Partei ist.<br />

Hierbei sind jedoch das Parteienprivileg<br />

und das Verwerfungsmonopol zu beachten.<br />

Gem. Art. 21 I, II GG dürfen Parteien<br />

nur vom BVerfG verboten wer<strong>de</strong>n. Solange<br />

dies nicht geschehen ist, verbietet sich<br />

eine Benachteiligung wegen „vermuteter<br />

o<strong>de</strong>r gefühlter Verfassungsfeindlichkeit“.<br />

Die politische Ausrichtung <strong>de</strong>r R kann also<br />

i.R.d. „allgemeinen Vorschriften“ nicht<br />

nachteilig gewertet wer<strong>de</strong>n.<br />

Anmerkung: An diesem Punkt müssen<br />

die Sound-Worte „Verwerfungsmonopol“<br />

und „Parteienprivileg“ kommen. Zeigen<br />

Sie <strong>de</strong>m Korrektor, dass Sie die Fachsprache<br />

beherrschen!<br />

(3) Gefahr für die Halle selbst<br />

Womöglich könnte aber eine Versagung<br />

wegen einer Gefahr für die Halle selbst in<br />

Betracht kommen. Der Gemein<strong>de</strong> kann es<br />

schließlich nicht zugemutet wer<strong>de</strong>n, ihre<br />

Einrichtung einer Gefahr auszusetzen.<br />

Dennoch sind an eine Zulassungsverweigerung<br />

unter <strong>de</strong>m Aspekt von Art. 8 GG<br />

und Art. 21 I GO hohe Anfor<strong>de</strong>rungen zu<br />

stellen.<br />

Während einer an<strong>de</strong>ren Veranstaltung <strong>de</strong>r<br />

R kam es bereits zu größeren Sachschä<strong>de</strong>n.<br />

Hierbei trat auch R als Störer auf<br />

und nicht etwa Gegen<strong>de</strong>monstranten.<br />

Ob es auch bei <strong>de</strong>r geplanten Veranstaltung<br />

zu Ausschreitungen kommen wird,<br />

ist jedoch nicht abzusehen. Eine zwingen<strong>de</strong><br />

Wie<strong>de</strong>rholung scheint nicht gegeben.<br />

In Anbetracht <strong>de</strong>r starken Rechtspositionen<br />

<strong>de</strong>r R aus Art. 8 GG und Art. 21 GO<br />

sowie ihrer Be<strong>de</strong>utung als Partei in Wahlkampfzeiten,<br />

kann auf diese Befürchtung<br />

eine Ablehnung nicht gestützt wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Gemein<strong>de</strong> steht es aber frei, die Halle<br />

unter Auflagen zu überlassen. Dies kann<br />

auch eine Kautionshinterlegung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Nachweis eines funktionieren<strong>de</strong>n Ordnungsdienstes<br />

sein.<br />

hemmer-Metho<strong>de</strong>: Hier können Sie mit<br />

entsprechen<strong>de</strong>r Argumentation auch etwas<br />

an<strong>de</strong>res vertreten. Der Vorteil an <strong>de</strong>r<br />

dargestellten Lösung ist, dass Sie sich<br />

we<strong>de</strong>r für ein Ja o<strong>de</strong>r ein Nein entschei<strong>de</strong>n<br />

müssen, son<strong>de</strong>rn einen Mittelweg<br />

gehen.<br />

Der Anspruch <strong>de</strong>r R auf Zulassung gem.<br />

Art. 21 GO kann vorliegend nicht aufgrund<br />

„allgemeiner Vorschriften“ untersagt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

cc) Kapazitätsgrenze<br />

Der Zulassungsanspruch besteht jedoch<br />

nur i.R.d. vorhan<strong>de</strong>nen Kapazitäten; ein<br />

Anspruch auf Erweiterung <strong>de</strong>r Kapazitäten<br />

steckt in Art. 21 GO gera<strong>de</strong> nicht.


14<br />

Kapitel I: Kommunalrecht VerwR BT Bayern<br />

An <strong>de</strong>m gewünschten Termin ist die Halle<br />

jedoch noch frei, sodass kein Kapazitätsproblem<br />

besteht.<br />

c) Zwischenergebnis<br />

R steht somit ein Anspruch auf Zulassung<br />

zur Halle zu.<br />

4. Ergebnis<br />

R wird mit <strong>de</strong>r zulässigen und begrün<strong>de</strong>ten<br />

Klage Erfolg haben.<br />

VI. Lösung Abwandlung<br />

Ziel <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> ist es, durch Än<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Betriebsform in die Position zu gelangen,<br />

<strong>de</strong>r R nicht die Halle zu überlassen.<br />

Richtig ist, dass <strong>de</strong>m Zivilrecht ein Abschlusszwang<br />

unbekannt ist. Somit könnte<br />

die Gemein<strong>de</strong> grundsätzlich unerwünschten<br />

Mietern <strong>de</strong>n Zutritt zur Halle<br />

verweigern.<br />

hemmer-Metho<strong>de</strong>: Behalten Sie die aktuellen<br />

Entwicklungen im Auge. Während<br />

Grundrechte früher nur mittelbar im Zivilrecht<br />

wirkten, hat das AGG <strong>de</strong>n Gedanken<br />

<strong>de</strong>s Art. 3 I GG jetzt einfachrechtlich<br />

normiert! Insofern könnte die Zugangsverweigerung<br />

doch nicht so einfach erfolgen.<br />

Wür<strong>de</strong> man dieser Argumentation jedoch<br />

folgen, so könnten sich staatliche Einrichtungen<br />

durch eine verhältnismäßig einfache<br />

Organisationsän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Grundrechtsbindung<br />

entziehen. Dieses ist mit<br />

<strong>de</strong>r Garantie <strong>de</strong>s Art. 20 III GG nicht zu<br />

vereinbaren. Der Staat darf sich zur<br />

Grundrechtsumgehung nicht in das Privatrecht<br />

flüchten.<br />

Im Fall <strong>de</strong>r privatrechtlichen Organisation<br />

<strong>de</strong>r Halle greift <strong>de</strong>shalb gera<strong>de</strong> die oben<br />

schon dargestellte Zwei-Stufen-Theorie.<br />

Die Gemein<strong>de</strong>einwohner können ihren<br />

Anspruch auf das „Ob“ <strong>de</strong>r Zulassung<br />

weiter vor <strong>de</strong>n Verwaltungsgerichten geltend<br />

machen.<br />

Sollte die Gemein<strong>de</strong> die Organisationsform<br />

umstellen, könnte R also weiter bei<br />

<strong>de</strong>n Verwaltungsgerichten gegen die Gemein<strong>de</strong><br />

vorgehen. Statthaft wäre dann eine<br />

Leistungsklage gegen die Gemein<strong>de</strong>.<br />

Diese wäre dann auf entsprechen<strong>de</strong> Einflussnahme<br />

gerichtet, die R zuzulassen.<br />

Im Ergebnis wür<strong>de</strong> sich an <strong>de</strong>r rechtlichen<br />

Lage also nichts än<strong>de</strong>rn. Die Gemein<strong>de</strong><br />

wird mit ihrem Vorgehen das gewünschte<br />

Ziel daher nicht erreichen.<br />

IV. Zusammenfassung<br />

• Gem. Art. 21 GO haben alle Gemein<strong>de</strong>angehörigen<br />

das Recht auf Zugang<br />

zu öffentlichen Einrichtungen.<br />

• Dies gilt gem. Art. 21 IV GO auch für<br />

ortsansässige Personenvereinigungen<br />

(z.B. Ortsverbän<strong>de</strong> von Parteien).<br />

• Der Zulassungsanspruch besteht gem.<br />

Art. 21 I GO aber nur in <strong>de</strong>n Grenzen<br />

<strong>de</strong>r allgemeinen Vorschriften.<br />

• Die Gemein<strong>de</strong> kann sich <strong>de</strong>r Grundrechtsbindung<br />

nicht durch Än<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Organisationsform entziehen.<br />

Keine „Flucht ins Privatrecht“.<br />

• Zur Bestimmung <strong>de</strong>s Rechtsweges<br />

dient die Zwei-Stufen-Theorie, welche<br />

nach „Ob“ und „Wie“ <strong>de</strong>r Nutzung differenziert.<br />

• Eine Partei darf nicht wegen ihrer politischen<br />

Richtung diskriminiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit<br />

einer Partei liegt ausschließlich<br />

beim BVerfG („Verbotsmonopol“),<br />

Art. 21 II GG.<br />

Sound: Merken Sie sich unbedingt die<br />

Schlagworte: „Keine Flucht ins Privatrecht“.


VerwR BT Bayern Kapitel I: Kommunalrecht 15<br />

hemmer-Metho<strong>de</strong>: Dies war eine Möglichkeit <strong>de</strong>s klassischen „Stadthallenfalles“, welcher gerne<br />

mit politischen Randgruppierungen gebil<strong>de</strong>t wird. Arbeiten Sie stets sorgfältig heraus, ob<br />

<strong>de</strong>r Anspruch aus Art. 21 GO besteht und inwieweit er durch allgemeine Vorschriften eingeschränkt<br />

wird. Wichtig ist ebenfalls, dass aus Art. 21 GO kein Anspruch auf Kapazitätserweiterung<br />

besteht. Sollte die Halle also durch eine an<strong>de</strong>re Partei besetzt sein, so hat R in diesem<br />

Fall „Pech gehabt“. Der Anspruch geht daher auf die Nutzungsbefugnis i.R.d. vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Kapazitäten. Ausnahmen können sich hier ergeben, wenn eine Partei in Wahlkampfzeiten die<br />

Zulassung begehrt, die Halle aber durch eine unpolitische Veranstaltung blockiert ist. Hier<br />

kann aufgrund <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Parteien unter Umstän<strong>de</strong>n eine Zulassung zu<br />

bejahen sei.<br />

V. Zur Vertiefung<br />

• Hemmer/Wüst, Kommunalrecht, Rn. 130 ff.<br />

• Hemmer/Wüst, Kommunalrecht, Rn. 159 ff.

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