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L Ü B E C K I S C H E<br />
B L Ä T T E R<br />
<strong>14</strong>. September 2013 · Heft <strong>14</strong> · 178. Jahrgang · Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit<br />
Willy Brandt – Die ersten 100 Jahre<br />
Ein mutiges Spiel: Michael Wallner wagt einen ganz persönlichen<br />
Blick auf einen großen Mann<br />
Von Karin Lubowski<br />
Eine Kanzlerschaft nach Noten: Mit<br />
„Willy Brandt – Die ersten 100 Jahre“ feiert<br />
das Theater den runden Geburtstag des<br />
in Lübeck geborenen Staatsmannes und<br />
Friedensnobelpreisträgers. Ein schönes<br />
Alle sind auf den ersten Blick erkennbar,<br />
Wehner an Brille und Pfeife, Genscher<br />
am gelben Pullunder, Breschnew<br />
am Persianer-Barett, Günter Grass an<br />
Schnauz und Jackett, Ulbricht am Bart.<br />
Und an der Stimme. Das ist bei Ulbricht<br />
besonders gefährlich, die torkelnden<br />
Obertöne kennt jeder. Dass die aufkommende<br />
Erheiterung im Publikum nicht in<br />
brüllendes Gelächter kippt, ist die Kunst<br />
des Michael Wallner, dem es gelingt, aus<br />
100 Jahren Geschichte beste, nicht allzu<br />
schwere Unterhaltung zu machen.<br />
Und Wallner wirft ein erstaunlich hanseatisches<br />
Licht auf Brandt. Dass der als<br />
Herbert Frahm an der Meierstraße 16 am<br />
18. Dezember von einer ledigen Mutter<br />
geboren und vom Stief-Großvater erzogen<br />
– auch politisch erzogen – wurde, dass der<br />
helle Kopf es aus dem Arbeiterviertel ins<br />
Johanneum schaffte, dass er sich politisch<br />
engagierte und gerade 19-jährig aus der<br />
Stadt vor dem Zugriff der Nazis Richtung<br />
Norwegen floh, wissen wir. Aber wie viel<br />
Lübeck ist haften geblieben? Wallner sieht<br />
da viel: einen Mann, der den Bürgersinn,<br />
der die die Aufforderung „suchet der Stadt<br />
Bestes“, der das „Lübsche“ als Wert verinnerlicht<br />
hat – ein großes Kompliment an<br />
eine Stadt, in der bis 1972 heftig (manche<br />
Andreas Hutzel (Willy), Opernchor<br />
(Foto: Thorsten Wulff)<br />
Geschenk, geschrieben und inszeniert von<br />
Michael Wallner, mit Musik von Willy<br />
Daum. Dass es auch ein würdiges Präsent<br />
bleibt, ist insbesondere Andreas Hutzel in<br />
der Titelrolle zu danken, der mit Körper<br />
und Stimme dem Original staunenswert<br />
nah kommt, ohne auch nur einmal in Versuchung<br />
zu geraten, den Fuß auf die Grenze<br />
zum Klamauk zu setzen.<br />
Inszenierung und Kostüme (Tanja<br />
Liebermann) spielen mit dem Feuer.<br />
Andreas Hutzel (Willy), Julius Robin Weigel (Willys Sohn) „Papa, lass uns angeln gehen“.<br />
„Ja, mein Sohn, ich muss nur noch….“<br />
(Foto: Thorsten Wulff)<br />
Abbildung auf der Titelseite: Der Wasserturm. Er markiert die Grenze des Stadtteils St.-Lorenz-Nord in Richtung Bad Schwartau<br />
(Foto: Manfred Bredehöft)<br />
Lübeckische Blätter 2013/<strong>14</strong> 233