Ausgabe 10a | 2013 (PDF 6.5 MB) - LCH
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BILDUNG SCHWEIZ 10 a I <strong>2013</strong> .................................................<br />
GESUNDHEIT<br />
15<br />
Bewegung und Ergonomie verbessern Lernklima<br />
Kleinigkeiten wie das Schräg- oder Hochstellen des Pultes haben einen grossen Einfluss auf die Leistungsund<br />
Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Noch haben aber Bewegungskultur und Ergonomie<br />
in der Schule gegenüber andern Themen eine eher geringe Bedeutung.<br />
Leonie hat nach der Schule häufig Kopfweh,<br />
obwohl sie eine durchschnittliche<br />
Schülerin ist und nicht unter Stress leidet.<br />
Auffällig ist aber, dass sie sich beim<br />
Lesen sehr tief über das Blatt beugt.<br />
Eigentlich sind ihre Augen gut, doch das<br />
Zusammenspiel der beiden Augen ist oft<br />
nicht optimal. Dies ist der Befund der<br />
Funktional-Optometristin Jeannette<br />
Bloch am Sehzentrum Zürich. Ihre Erkenntnis:<br />
«Ein Augentest ergibt als Ergebnis<br />
meistens eine normale Sehkraft.<br />
Er berücksichtigt aber in der Regel das<br />
Zusammenspiel und die visuelle Verarbeitung<br />
der beiden Augen nicht. Oft<br />
übernimmt ein Auge die Hauptarbeit,<br />
während das andere Auge immer mehr<br />
nachlässt, wenn man die Sehsituation<br />
überfordert.» Deshalb trainierte sie in<br />
zahlreichen Sitzungen die Augen von<br />
Leonie, aber auch ihrer kleinen Schwester<br />
Olivia. Beide trainieren zusätzlich<br />
ihre Augen zu Hause.<br />
Martin Arnold<br />
Jeannette Bloch sagt aus Erfahrung: «Jedes<br />
einzelne Auge ist in seiner Leistungsfähigkeit<br />
individuell und die Augen<br />
zweier Kinder sind ebenso verschieden<br />
wie ihre körperliche Entwicklung.<br />
Trotzdem sind in den meisten Klassen<br />
der Schweiz die Pulte auf die gleiche<br />
Höhe gestellt, obwohl nicht selten ein<br />
hochgewachsener Schüler neben einem<br />
kleinen Nachbarn sitzt.» Die einen sitzen<br />
deshalb mit gekrümmtem Rücken, die<br />
andern schauen in einem viel zu flachen<br />
Winkel auf ihr Blatt. Die Schrägstellung<br />
des Pultes könnte Abhilfe schaffen.<br />
Jeannette Bloch: «Wenn das Auge in<br />
einem rechten Winkel auf das Blatt fällt<br />
– und das ist bei einer Schrägstellung<br />
der Fall –, ermüdet das Auge wesentlich<br />
langsamer. Die Kinder können sich länger<br />
auf ein Thema konzentrieren und<br />
bleiben dabei ruhig.»<br />
Starkes Kopfdrehen verschiebt Sehachse<br />
Zudem fällt Jeannette Bloch immer wieder<br />
auf, dass Pulte so zusammengestellt<br />
Foto: zVg.<br />
Schräglage hilft: Wenn das Auge im rechten Winkel auf das Blatt fällt, ermüdet es<br />
weniger rasch.<br />
werden, dass die Schüler nur mit einer<br />
Kopfdrehung um 90 Grad auf die Tafel<br />
blicken können – und dies oft stundenlang.<br />
«Das kann in nur wenigen Monaten<br />
zu einer Verschiebung der Sehachse<br />
führen.» Und noch etwas bemängelt die<br />
Fachfrau: «Der ständige Wechsel von<br />
der weit entfernten Tafel oder dem Hellraumprojektor<br />
zurück auf das Blatt lässt<br />
die Konzentration ebenfalls schnell<br />
schwinden und Unruhe aufkommen.<br />
Besser wäre es, eine Kopie des Geschriebenen<br />
auf einem Blatt Papier abzugeben.<br />
Die Sitzhaltung und die gleichzeitige<br />
Naheinstellung der Augen verlangen<br />
vom Kind Höchstleistung.»<br />
Die Erfahrung, dass mit sehr einfachen<br />
Massnahmen die Atmosphäre im Klassenzimmer<br />
beruhigt werden kann,<br />
macht auch Marie-Louise Hallmark. Die<br />
Ergonomin beklagt, dass Haltungsfragen<br />
in der Schule gegenüber Modethemen<br />
wie Ernährung und Bewegung eine<br />
geringe Bedeutung haben. Doch<br />
schlecht eingestellte Stühle und Pulte<br />
seien ein bekannter Risikofaktor für gesundheitliche<br />
Beschwerden, betont sie:<br />
«In der Wirtschaft werden ergonomische