1.6.3 Schaltvorgänge an einer Kapazität
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Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
1 Gleichstromkreise<br />
1.1 Kirchhoff’sche Gesetze<br />
Laborunterlagen<br />
Die Berechnung von verzweigten Stromkreisen erfolgt im einfachsten Fall durch Anwendung<br />
der beiden Kirchhoff’schen Gesetze. Für die Erläuterung der beiden Gesetze betrachten wir<br />
folgendes beispielhafte Schaltbild.<br />
U B<br />
U 1<br />
R 1<br />
U 2<br />
Abb. 1.1<br />
I 1<br />
Seite 1.1 (von 22)<br />
(1)<br />
I 2 I 3 I 4<br />
R 2 R 3 R 4<br />
1.1.1 1. Kirchhoff´sches Gesetz (Knotenregel)<br />
∑ I 0<br />
(1.1)<br />
i =<br />
Die Summe aller <strong>an</strong> einem Stromverzweigungspunkt („Knotenpunkt“) zufließenden<br />
und aller wegfließenden Ströme ist gleich Null.<br />
Hierbei werden zur Festlegung <strong>einer</strong> Bezugsrichtung die zufließenden Ströme mit positivem<br />
Vorzeichen („+“), und die wegfließenden Ströme mit negativem Vorzeichen<br />
(“-“) eingesetzt.<br />
Für den in Abb. 1.1 dargestellten Knoten (1) gilt folgende Gleichung:
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
I1 2 3 4<br />
Laborunterlagen<br />
− I − I − I = 0<br />
(1.2)<br />
1.1.2 2. Kirchhoff´sches Gesetz (Maschenregel)<br />
Für dieses Gesetz werden die Maschen eines elektrischen Netzwerkes betrachtet, womit ein<br />
beliebiger, über die Zweige des Netzwerkes geschlossener Weg bezeichnet wird.<br />
∑ U 0<br />
(1.3)<br />
i =<br />
Die Summe aller in <strong>einer</strong> Masche wirkenden Sp<strong>an</strong>nungen ist gleich Null.<br />
Vorgehen bei der Festlegung <strong>einer</strong> Zählpfeilrichtung:<br />
1. Alle Sp<strong>an</strong>nungsquellen der betreffenden Masche erhalten einen vom positiven Anschluss<br />
(+) zum negativen Anschluss (-) weisenden Sp<strong>an</strong>nungszählpfeil.<br />
2. Die Ströme in den einzelnen Zweigen der Masche erhalten willkürlich gewählte Zählpfeile.<br />
3. Alle passiven Verbraucher erhalten Sp<strong>an</strong>nungszählpfeile in der selben Richtung wie der<br />
durch den betreffenden Verbraucher fließende Strom („Verbraucher-Zählpfeilsystem“).<br />
4. Es wird ein beliebiger Umlaufsinn als positive Umlaufrichtung festgelegt.<br />
5. Gemäß obiger Maschenregel wird nun die Summe aller Sp<strong>an</strong>nungen dieser Masche<br />
gebildet, wobei alle Sp<strong>an</strong>nungen in Richtung der gewählten Umlaufrichtung positiv, und<br />
alle entgegengesetzt gerichteten Sp<strong>an</strong>nungen negativ einzusetzen sind.<br />
Für die in Abb. 1.1 strichliert eingezeichnete Masche gilt folgende Gleichung:<br />
− + U + U = 0<br />
(1.4)<br />
UB 2 1<br />
Wenn sich aufgrund der rechnerischen Auswertung der Kirchhoff´schen Gesetze eines<br />
Netzwerkes negative Werte für Ströme oder Sp<strong>an</strong>nungen ergeben, bedeutet dies nicht<br />
zw<strong>an</strong>gsläufig einen Rechenfehler, sondern lediglich, dass die betreffende Zählpfeilrichtung<br />
eben in „falscher“ Richtung <strong>an</strong>genommen wurde, und daher die tatsächliche Richtung<br />
entgegen der <strong>an</strong>genommenen ist.<br />
1.2 Ohm’sches Gesetz<br />
U<br />
I = (1.5)<br />
R<br />
Der durch einen Verbraucherwiderst<strong>an</strong>d R fließende Strom I ist umso größer, je<br />
größer die treibende Sp<strong>an</strong>nung U und je kl<strong>einer</strong> der - den Stromfluss bremsende -<br />
Widerst<strong>an</strong>d R eines Verbrauchers ist.<br />
Seite 1.2 (von 22)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
1.3 Serienschaltung von Widerständen<br />
U B<br />
I<br />
R 1 R 2 R 3<br />
U 1 U 2 U 3<br />
Abb. 1.2<br />
Ausgehend von Gleichung (1.3) folgt als Maschengleichung für Abb.1.2:<br />
− + U + U + U = 0<br />
(1.6)<br />
UB 2 1 3<br />
UB 1<br />
2<br />
3<br />
= ( I ⋅R<br />
) + ( I ⋅R<br />
) + ( I⋅<br />
R )<br />
(1.7)<br />
Mit UB I ⋅R<br />
Ges<br />
= folgt: ⋅ R = ( I ⋅R<br />
) + ( I ⋅R<br />
) + ( I ⋅R<br />
)<br />
I Ges 1<br />
2<br />
3<br />
Die Division durch I liefert den Gesamtwiderst<strong>an</strong>d der Serienschaltung:<br />
R = R + R + R<br />
(1.8)<br />
Ges<br />
1<br />
2<br />
Sp<strong>an</strong>nungsteiler - Regel<br />
3<br />
Es ist offensichtlich, dass bei <strong>einer</strong> Serienschaltung von Elementen durch jedes Element<br />
derselbe Strom I fließt.<br />
I = I = I = I<br />
(1.9)<br />
R1<br />
R2<br />
R3<br />
Daraus folgt unmittelbar die Aufteilung der Gesamtsp<strong>an</strong>nung gemäß folgender<br />
„Sp<strong>an</strong>nungsteiler-Regel“:<br />
Seite 1.3 (von 22)
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U<br />
R<br />
B<br />
ges<br />
U<br />
3<br />
Laborunterlagen<br />
1 2 3<br />
= = =<br />
(1.10)<br />
R<br />
1<br />
U<br />
R<br />
2<br />
U<br />
R<br />
„Gesamtsp<strong>an</strong>nung durch Gesamtwiderst<strong>an</strong>d ist gleich der Teilsp<strong>an</strong>nung durch den<br />
Teilwiderst<strong>an</strong>d“.<br />
Daraus erhält m<strong>an</strong> z.B. für die Teilsp<strong>an</strong>nung U 2 :<br />
R<br />
= U<br />
(1.11)<br />
2<br />
U2 ⋅<br />
RGes<br />
B<br />
• Unbelasteter Sp<strong>an</strong>nungsteiler:<br />
Die Abb. 1.3 zeigt nochmals das Schaltbild eines unbelasteten Sp<strong>an</strong>nungsteilers und die<br />
zugehörige Formel zur Berechnung der Ausg<strong>an</strong>gssp<strong>an</strong>nung U2 des Sp<strong>an</strong>nungsteilers (z.B.<br />
die Teilsp<strong>an</strong>nung am Widerst<strong>an</strong>d R2).<br />
2<br />
2<br />
U2 ⋅UB<br />
= ⋅<br />
Rges<br />
R1<br />
+ R2<br />
B<br />
U 1<br />
R 1<br />
R 2<br />
Abb. 1.3<br />
R<br />
R<br />
= U<br />
(1.12)<br />
• Belasteter Sp<strong>an</strong>nungsteiler:<br />
In Abb. 1.4 ist <strong>an</strong> den Anschlüssen der Ausg<strong>an</strong>gssp<strong>an</strong>nung U2 eine Last (in diesem Beispiel<br />
ein Ohm’scher Widerst<strong>an</strong>d R3) <strong>an</strong>geschlossen. Nun gilt nicht mehr die oben <strong>an</strong>geführte,<br />
einfache Formel des unbelasteten Sp<strong>an</strong>nungsteilers, vielmehr muss auch der<br />
Ausg<strong>an</strong>gsstrom I2 durch den Widerst<strong>an</strong>d R3 berücksichtigt werden.<br />
In dem in Abb. 1.4 gezeigten Beispiel ist folglich für die Teilsp<strong>an</strong>nung U2 der Teilwiderst<strong>an</strong>d<br />
R23 bestehend aus der Parallelschaltung von R2 und R3 zu berücksichtigen, wodurch sich die<br />
Gleichung (1.13) ergibt.<br />
Seite 1.4 (von 22)<br />
U 2
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U 1<br />
R 1<br />
Laborunterlagen<br />
R 2<br />
Abb. 1.4<br />
23<br />
23<br />
2 3<br />
U2 ⋅UB<br />
= ⋅UB<br />
=<br />
⋅<br />
Rges<br />
R<br />
R<br />
23 + R1<br />
2 ⋅R<br />
3<br />
+ R1<br />
R2<br />
+ R3<br />
R<br />
2<br />
⋅R<br />
3<br />
R<br />
R<br />
R + R<br />
= U<br />
(1.13)<br />
B<br />
Seite 1.5 (von 22)<br />
I 2<br />
U 2<br />
1.4 Parallelschaltung von Widerständen<br />
U B<br />
I ges I1 I 2 I 3<br />
U1 U2 U3 R1 R2 R3 U B<br />
R 3<br />
Abb. 1.5 Abb. 1.6<br />
I ges I1 I 2 I 3<br />
U1 U2 U3 R1 R2 R3 Die Schaltung in Abb. 1.6 ist identisch zur Schaltung in Abb. 1.5, lediglich mit <strong>einer</strong><br />
veränderten Zeichnungsweise für die Knoten, um die später <strong>an</strong>geführte Knoten-gleichung<br />
klar zu erkennen.<br />
Ausg<strong>an</strong>gspunkt sind die drei Maschengleichungen:<br />
UB - U1 = 0 � UB = U1 (1.14)<br />
UB - U2 = 0 � UB = U2 (1.15)<br />
UB - U3 = 0 � UB = U3 (1.16)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Mit dem Ohmschen Gesetz folgt:<br />
U = I ⋅R<br />
1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1<br />
U = I ⋅R<br />
U = I ⋅R<br />
3<br />
B<br />
3<br />
Ges<br />
2<br />
3<br />
U = I ⋅R<br />
Ges<br />
Durch Einsetzen in die Knotengleichung<br />
Ges<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Laborunterlagen<br />
U<br />
I = (1.17)<br />
B<br />
1<br />
R1<br />
U<br />
I = (1.18)<br />
B<br />
2<br />
R 2<br />
U<br />
I = (1.19)<br />
B<br />
3<br />
R3<br />
U<br />
I = (1.20)<br />
B<br />
Ges<br />
RGes<br />
I = I + I + I<br />
(1.21)<br />
folgt:<br />
R<br />
U<br />
B<br />
Ges<br />
U<br />
B B B<br />
= + +<br />
(1.22)<br />
R<br />
1<br />
U<br />
R<br />
2<br />
U<br />
R<br />
3<br />
� Gesamtwiderst<strong>an</strong>d der Parallelschaltung:<br />
R<br />
Ges<br />
1<br />
2<br />
3<br />
1<br />
R<br />
Ges<br />
1<br />
=<br />
1 1 1<br />
(1.23)<br />
+ +<br />
R R R<br />
Vereinfachung für zwei parallele Widerstände:<br />
R<br />
R<br />
⋅R<br />
1 2<br />
Ges = (1.24)<br />
R1<br />
+ R 2<br />
Daraus ergibt sich bei Parallelschaltung von Widerständen ein Gesamtwiderst<strong>an</strong>d<br />
RGes, welcher kl<strong>einer</strong> ist als der kleinste der parallel geschaltenen Einzelwiderstände.<br />
Beispiel: Parallelschaltung von zwei gleichen Widerständen (R1 = R2 = R)<br />
R<br />
RGes =<br />
2<br />
=<br />
1<br />
R<br />
Seite 1.6 (von 22)<br />
1<br />
+<br />
1<br />
R<br />
2<br />
+<br />
1<br />
R<br />
3
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Stromteiler - Regel<br />
Laborunterlagen<br />
Aus Abb. 1.5 ist ersichtlich, dass bei <strong>einer</strong> Parallelschaltung von Elementen <strong>an</strong> jedem<br />
Element dieselbe Sp<strong>an</strong>nung U <strong>an</strong>liegt.<br />
U = U = U = U<br />
(1.25)<br />
B<br />
R1<br />
R2<br />
R3<br />
Daraus folgt unmittelbar die Aufteilung des Gesamtstromes gemäß folgender „Stromteiler-<br />
Regel“:<br />
I ⋅ R = I ⋅R<br />
= I ⋅R<br />
= I ⋅R<br />
(1.26)<br />
Ges<br />
Ges<br />
1<br />
1<br />
2<br />
2<br />
3<br />
3<br />
„Gesamtstrom mal Gesamtwiderst<strong>an</strong>d ist gleich dem Teilstrom mal Teilwiderst<strong>an</strong>d“.<br />
Daraus erhält m<strong>an</strong> z.B. für den Teilstrom I2:<br />
R ges<br />
I2 = ⋅Iges<br />
(1.27)<br />
R<br />
2<br />
Rechnung mit Leitwerten<br />
Der Leitwert G eines ohmschen Elements ist der Kehrwert des Widerst<strong>an</strong>des R:<br />
1 I<br />
G =<br />
R U<br />
= ... Einheit: Siemens [S] = [Ω -1 ] (1.28)<br />
Je kl<strong>einer</strong> der Widerst<strong>an</strong>d ist, desto größer ist dessen Leitwert, bzw. Strom-Leitfähigkeit und<br />
der Strom durch diesen Widerst<strong>an</strong>d (bei gegebener Sp<strong>an</strong>nung).<br />
� Gesamtleitwert der Parallelschaltung:<br />
1<br />
GGes<br />
= G1<br />
+ G2<br />
+ G3<br />
=<br />
(1.29)<br />
R<br />
Ges<br />
Bei Parallelschaltung von Widerständen addieren sich die Leitwerte.<br />
Seite 1.7 (von 22)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
1.5 Sp<strong>an</strong>nungsquellen<br />
Laborunterlagen<br />
Eine ideale Sp<strong>an</strong>nungsquelle stellt eine konst<strong>an</strong>te, vom fließenden Laststrom unabhängige<br />
Sp<strong>an</strong>nung Uq zur Verfügung.<br />
U q<br />
R i<br />
U Ri<br />
Abb. 1.8<br />
Jede reale Sp<strong>an</strong>nungsquelle (z.B. Batterie) weist jedoch durch ihren nicht idealen inneren<br />
Aufbau einen Innenwiderst<strong>an</strong>d Ri auf, welcher als Serienwiderst<strong>an</strong>d dargestellt wird (siehe<br />
Abb. 1.8). Die von der Sp<strong>an</strong>nungsquelle <strong>an</strong> ihren Anschlüssen („Klemmen“) dem<br />
Lastwiderst<strong>an</strong>d RL (z.B. Glühbirne) zur Verfügung gestellte „Klemmensp<strong>an</strong>nung“ Ukl ist also<br />
um den Sp<strong>an</strong>nungsabfall URi, welcher durch den Strom I <strong>an</strong> Ri hervorgerufen wird, kl<strong>einer</strong><br />
als die nominelle „Quellensp<strong>an</strong>nung“ Uq der Sp<strong>an</strong>nungsquelle.<br />
U = U − U<br />
(1.30)<br />
kl<br />
q<br />
Ri<br />
Die Größe dieser - die abgegebene Klemmensp<strong>an</strong>nung Ukl vermindernden - Sp<strong>an</strong>nung URi<br />
ist über das ohmsche Gesetz<br />
URi = I⋅<br />
R<br />
(1.31)<br />
i<br />
direkt proportional zum fließenden Laststrom I.<br />
U = U − I ⋅ R<br />
(1.32)<br />
kl<br />
q<br />
i<br />
Je größer der vom Verbraucher RL aufgenommene Strom I ist, desto kl<strong>einer</strong> wird die von der<br />
Sp<strong>an</strong>nungsquelle abgegebene Klemmensp<strong>an</strong>nung Ukl <strong>an</strong> ihren äußeren Klemmen k und l<br />
(„die Sp<strong>an</strong>nung geht bei Belastung in die Knie“).<br />
k<br />
Seite 1.8 (von 22)<br />
l<br />
U kl<br />
I<br />
R L
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1.6 <strong>Schaltvorgänge</strong><br />
1.6.1 Allgemeines<br />
Laborunterlagen<br />
<strong>Schaltvorgänge</strong> sind Einschwingvorgänge beim Ein- oder Ausschalten von Verbrauchern <strong>an</strong><br />
<strong>einer</strong> Gleichsp<strong>an</strong>nungsquelle. Es muss hier mit - zeitabhängigen - Differenzialgleichungen<br />
gerechnet werden, da die komplexe Wechselstromrechnung nur für sinusförmige Vorgänge<br />
<strong>an</strong>gewendet werden k<strong>an</strong>n (siehe Kap. 2.1).<br />
Die Anzahl der unabhängigen Speicherelemente (L, C) in der Schaltung entspricht der<br />
Ordnung der entstehenden Differenzialgleichung - in unseren Fällen h<strong>an</strong>delt es sich um ein<br />
Element (L oder C), so dass sich Differenzialgleichungen 1. Ordnung ergeben.<br />
Regeln für das Aufstellen der Differenzialgleichungen<br />
Bei <strong>Schaltvorgänge</strong>n <strong>an</strong> Induktivitäten wird die Differenzialgleichung für den Strom i(t) durch<br />
die Schaltung aufgestellt, da bei Induktivitäten der Strom i(t) keine Unstetigkeiten aufweist<br />
(siehe Abb. 1.12 zum Umschaltzeitpunkt t1). Dadurch ergeben sich definierte<br />
R<strong>an</strong>dbedingungen (Anf<strong>an</strong>gs- und Endbedingungen) zur Lösung der Differenzialgleichung<br />
(siehe Kap. 1.6.2).<br />
Bei <strong>Schaltvorgänge</strong>n <strong>an</strong> <strong>Kapazität</strong>en wird die Differenzialgleichung für die Sp<strong>an</strong>nung uC(t) <strong>an</strong><br />
der <strong>Kapazität</strong> aufgestellt, da bei <strong>Kapazität</strong>en die Sp<strong>an</strong>nung uC(t) keine Unstetigkeiten<br />
aufweist (siehe Abb. 1.16 zum Umschaltzeitpunkt t1). Dadurch ergeben sich definierte<br />
R<strong>an</strong>dbedingungen (Anf<strong>an</strong>gs- und Endbedingungen) zur Lösung der Differenzialgleichung<br />
(siehe Kap.).<br />
Die nachfolgend beschriebenen <strong>Schaltvorgänge</strong> stellen den allgemeinen Fall von<br />
unterschiedlichen Widerständen (R1, R2) und somit unterschiedlichen Zeitkonst<strong>an</strong>ten (τ1, τ2)<br />
im Lade- und im Entladekreis dar.<br />
Vorbemerkungen:<br />
Der Zählpfeil für i(t) wurde für das Laden (siehe Abb. 1.10, bzw. Abb. 1.14) und für das<br />
Entladen (siehe Abb. 1.11, bzw. Abb. 1.15) jeweils in der selben Richtung durch L, bzw. C<br />
gewählt, so dass ein unmittelbarer Vergleich der Stromrichtung durch L, bzw. C vor und<br />
nach dem Umschalten (Zeitpunkt t1) in der Darstellung des zeitlichen Verlaufs von i(t), bzw.<br />
uC(t) in der Übersicht der Abb. 1.12 und Abb. 1.16 möglich ist.<br />
Der Zählpfeil für uR2(t) im Entladekreis von L, bzw. C (siehe Abb. 1.11 und Abb.1.15) wurde<br />
so gewählt, dass er in die selbe Richtung wie der durch R2 fließende Strom i(t) während des<br />
Entladens zeigt (übliches Zählpfeilsystem für Verbraucher: gleiche Richtung von<br />
Sp<strong>an</strong>nungszählpfeil und Stromzählpfeil).<br />
Seite 1.9 (von 22)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
1.6.2 <strong>Schaltvorgänge</strong> <strong>an</strong> <strong>einer</strong> Induktivität („Spule“)<br />
+<br />
U E<br />
_<br />
R 1<br />
u R1 (t)<br />
+<br />
U E<br />
_<br />
i(t)<br />
u L (t)<br />
R 1 0<br />
1<br />
u R1 (t)<br />
L<br />
S<br />
L<br />
i(t)<br />
Abb. 1.9<br />
2<br />
Seite 1.10 (von 22)<br />
u L (t)<br />
L<br />
i(t)<br />
R 2<br />
u R2 (t)<br />
u L (t)<br />
Abb. 1.10 Abb. 1.11<br />
R 2<br />
u R2 (t)<br />
In Abb. 1.9 ist der komplette Schaltkreis für das Laden und Entladen der Induktivität L<br />
gezeigt.<br />
Der Schalter S wird zu Beginn des Ladens (Zeitpunkt t0) von der Ausg<strong>an</strong>gsposition „0“ in<br />
Position „1“ bewegt, wodurch sich der in Abb. 1.10 dargestellte Schaltkreis ergibt.<br />
Bei Beginn des Entladens (Zeitpunkt t1) wird der Schalter S von Position „1“ unmittelbar in<br />
Position „2“ bewegt, womit sich der Stromkreis gemäß Abb. 1.11 ergibt.<br />
Einschalten <strong>einer</strong> Induktivität (Aufladen)<br />
• Die Maschengleichung lautet:<br />
u<br />
L<br />
( t)<br />
+ u ( t)<br />
= U<br />
(1.33)<br />
R<br />
1<br />
E
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
mit dem Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Strom und Sp<strong>an</strong>nung <strong>an</strong> der Induktivität<br />
uL ( t)<br />
di(<br />
t)<br />
= L ⋅<br />
(1.34)<br />
dt<br />
und am Ohm’schen Widerst<strong>an</strong>d<br />
uR1 1<br />
( t)<br />
= R ⋅i(<br />
t)<br />
(1.35)<br />
• Daraus ergibt sich für i(t) eine inhomogene Differenzialgleichung 1. Ordnung:<br />
di(<br />
t)<br />
L ⋅ + R1<br />
⋅ i(<br />
t)<br />
= UE<br />
(1.36)<br />
dt<br />
mit der R<strong>an</strong>dbedingung:<br />
U∞<br />
UE<br />
i ( t = ∞)<br />
= I∞<br />
= =<br />
(1.37)<br />
R R<br />
1<br />
1<br />
• Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ergibt:<br />
t ⎛ − U ⎞<br />
E ⎜ τ1<br />
i ( t)<br />
= ⋅ 1−<br />
e<br />
⎟<br />
R ⎜ ⎟<br />
(1.38)<br />
1 ⎝ ⎠<br />
wobei die Zeitkonst<strong>an</strong>te mit<br />
L<br />
τ :=<br />
(1.39)<br />
1<br />
R1<br />
errechnet wird.<br />
• Bestimmung der Sp<strong>an</strong>nung uL(t) <strong>an</strong> der Induktivität<br />
u<br />
L<br />
u<br />
( t)<br />
L<br />
( t)<br />
di(<br />
t)<br />
U<br />
= L ⋅ = L ⋅<br />
dt R<br />
U<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
E<br />
1<br />
⎛ ⎛ 1 ⎞⎞<br />
⋅ ⎜−<br />
⎟ ⋅ e<br />
⎜ ⎜<br />
⎜−<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎝ ⎝ τ1<br />
⎠⎠<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
1<br />
U<br />
= L ⋅<br />
R<br />
Seite 1.11 (von 22)<br />
E<br />
1<br />
R1<br />
⋅ ⋅ e<br />
L<br />
1 = ⋅<br />
(1.40)<br />
E<br />
e<br />
• Bestimmung der Sp<strong>an</strong>nung uR1(t) am Widerst<strong>an</strong>d R1:<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
1
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
t ⎛ − ⎞<br />
⎜ τ1<br />
u = ⋅ = ⋅ −<br />
⎟<br />
R ( t)<br />
R<br />
1 1 i(<br />
t)<br />
UE<br />
1 e<br />
⎜ ⎟<br />
(1.41)<br />
⎝ ⎠<br />
u ( t)<br />
+ u ( t)<br />
= U , bzw. ( t)<br />
= U − u ( t)<br />
Probe: L R<br />
E<br />
1<br />
u E L<br />
R 1<br />
... die Summe der Sp<strong>an</strong>nungen uR1(t) und uL(t) ergibt UE (konst<strong>an</strong>t).<br />
Ausschalten <strong>einer</strong> Induktivität (Entladen)<br />
• Die Maschengleichung lautet:<br />
u<br />
L<br />
( t)<br />
u<br />
R<br />
2<br />
( t)<br />
= 0<br />
+ (1.42)<br />
mit Gleichung (1.34) sowie<br />
uR2 2<br />
( t)<br />
= R ⋅ i(<br />
t)<br />
(1.43)<br />
• Daraus ergibt sich für i(t) eine homogene Differenzialgleichung 1. Ordnung:<br />
di(<br />
t)<br />
L ⋅ + R2<br />
⋅i(<br />
t)<br />
= 0<br />
(1.44)<br />
dt<br />
R<strong>an</strong>dbedingung: 1 1<br />
i ( t = t ) = I aktueller Strom durch L beim Beginn des Entladens.<br />
• Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ergibt:<br />
) t ( i<br />
t<br />
1 e<br />
−<br />
τ<br />
2 I = ⋅<br />
(1.45)<br />
wobei die Zeitkonst<strong>an</strong>te<br />
L<br />
τ :=<br />
(1.46)<br />
2<br />
R2<br />
beträgt.<br />
• Bestimmung der Sp<strong>an</strong>nung uL(t) <strong>an</strong> der Induktivität:<br />
u<br />
u<br />
L<br />
L<br />
( t)<br />
( t)<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
di(<br />
t)<br />
⎛ 1 ⎞<br />
= L ⋅ = L ⋅I1<br />
⋅ ⋅ e<br />
dt ⎜<br />
⎜−<br />
⎟<br />
⎝ τ2<br />
⎠<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
2<br />
R2<br />
= −L<br />
⋅I1<br />
⋅ ⋅ e<br />
L<br />
2<br />
2<br />
= − I ⋅R<br />
⋅ e = U ⋅ e<br />
(1.47)<br />
1<br />
2<br />
1,<br />
n<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
Seite 1.12 (von 22)<br />
2
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
(Index: U1,n ... U1 unmittelbar nach dem Umschalten)<br />
Laborunterlagen<br />
• Bestimmung der Sp<strong>an</strong>nung uR2(t) am Widerst<strong>an</strong>d R2:<br />
u<br />
R<br />
2<br />
( t)<br />
Probe:<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
2<br />
= R ⋅i(<br />
t)<br />
= I ⋅R<br />
⋅ e<br />
(1.48)<br />
u<br />
L<br />
2<br />
( t)<br />
1<br />
2<br />
+ u ( t)<br />
= 0 , bzw. ( t)<br />
= −u<br />
( t)<br />
R<br />
2<br />
u L<br />
... die Summe der Sp<strong>an</strong>nungen uR2(t) und uL(t) ergibt Null.<br />
U E<br />
U 1,v<br />
U 1,n =<br />
U E /R 1<br />
I 1<br />
τ 1<br />
R 2<br />
u L (t), u R1 (t), u R2 (t)<br />
Einschalten Ausschalten<br />
= - (I 1 x R 2 )<br />
i(t)<br />
τ 1<br />
u R1 (t) u R2 (t)<br />
t 1<br />
Abb. 1.12<br />
t 1<br />
τ 2<br />
Seite 1.13 (von 22)<br />
τ 2<br />
u L (t)<br />
i(t)<br />
t<br />
t
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
Prinzipiell sei darauf hingewiesen, dass auf Grund unterschiedlicher Widerstände im<br />
Ladekreis (R1) und im Entladekreis (R2) die Lade-Zeitkonst<strong>an</strong>te (τ1) im allgemeinen Fall<br />
ungleich zu jener während des Entladens (τ2) ist.<br />
Verlauf von uL(t):<br />
Bei Induktivitäten zeigt der Verlauf von uL(t) beim Umschalten vom Aufladen zum Entladen<br />
(= Zeitpunkt t1) eine Unstetigkeit. Die Sp<strong>an</strong>nung springt von dem unmittelbar vor dem<br />
Umschalten vorh<strong>an</strong>denen Wert U1,v auf den negativen Wert U1,n unmittelbar nach dem<br />
Umschalten.<br />
Indizes 1,v, bzw. 1,n bedeuten: U1 unmittelbar vor, bzw. nach dem Umschalten.<br />
Die Sp<strong>an</strong>nung uL(t) <strong>an</strong> der Induktivität startet also beim Beginn des Entladens von einem<br />
negativen Startwert U1,n , welcher durch den Wert des zum Umschaltzeitpunkt fließenden<br />
Stromes I1 und durch den im Entladekreis vorliegenden Widerst<strong>an</strong>d R2 bestimmt wird (siehe<br />
Gleichung 1.47).<br />
Vorsicht beim Entladen mit offenem Entladekreis (R2 = ∞):<br />
Das Entladen von Induktivitäten muss über einen Widerst<strong>an</strong>d R2 < ∞ erfolgen, der die<br />
Sp<strong>an</strong>nung uL(t) auf einen tolerierbaren Wert begrenzt. Beim Abschalten eines induktiven<br />
Verbrauchers mit offenen Klemmen ohne parallelem R2 (R2 = ∞) entsteht kurzzeitig eine<br />
unendlich hohe Sp<strong>an</strong>nung <strong>an</strong> der Induktivität ( uL ( t)<br />
= −I<br />
⋅ ∞ nach Gleichung (1.47)), welche<br />
als Überschlag sichtbar sein und zur Beschädigung des Verbrauchers und der Schaltorg<strong>an</strong>e<br />
führen k<strong>an</strong>n.<br />
Erkennbar ist dies z.B. im Haushalt beim Ausschalten induktiver Verbraucher (Heizlüfter, ...)<br />
durch kurzzeitige Funken am Schalter.<br />
Ebenso k<strong>an</strong>n durch Sp<strong>an</strong>nungsmessung <strong>an</strong> induktiven Verbrauchern mit digitalen<br />
Messgeräten beim Ausschalten der induktiven Verbraucher ein Schaden des Messgerätes<br />
oder ein Auslösen der internen Sicherung durch die kurzzeitig hohe Ausschaltsp<strong>an</strong>nung<br />
verursacht werden.<br />
Verlauf von uR1(t), uR2(t):<br />
Die Sp<strong>an</strong>nung uR1(t) ist ja nur während des Ladens vorh<strong>an</strong>den, die Sp<strong>an</strong>nung uR2(t) nur<br />
während des Entladens. Es muss jeweils immer die Bedingung der Maschengleichung erfüllt<br />
sein, dass die Summe aus uL(t) und uR1(t) den konst<strong>an</strong>ten Wert UE, bzw. die Summe aus<br />
uL(t) und uR2(t) den Wert Null ergibt.<br />
Verlauf von i(t):<br />
Der Strom i(t) verläuft während des gesamten Umschaltvorg<strong>an</strong>ges stetig ohne Sprungstelle.<br />
Darin zeigt sich die Begründung für die oben empfohlene Vorg<strong>an</strong>gsweise, bei<br />
<strong>Schaltvorgänge</strong>n <strong>an</strong> Induktivitäten die Differenzialgleichung für i(t) zu lösen.<br />
Seite 1.14 (von 22)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
<strong>1.6.3</strong> <strong>Schaltvorgänge</strong> <strong>an</strong> <strong>einer</strong> <strong>Kapazität</strong> („Kondensator“)<br />
+<br />
U E<br />
_<br />
R 1<br />
u R1 (t)<br />
+<br />
U E<br />
_<br />
R 1 0<br />
1<br />
u R1 (t)<br />
i(t)<br />
u C (t)<br />
C<br />
S<br />
C<br />
i(t)<br />
Abb. 1.13<br />
2<br />
u C (t)<br />
Seite 1.15 (von 22)<br />
C<br />
i(t)<br />
R 2<br />
u R2 (t)<br />
u C (t)<br />
Abb. 1.14 Abb. 1.15<br />
R 2<br />
u R2 (t)<br />
In Abb. 1.13 ist der komplette Schaltkreis für das Laden und Entladen der Induktivität L<br />
gezeigt.<br />
Der Schalter S wird zu Beginn des Ladens (Zeitpunkt t0) von der Ausg<strong>an</strong>gsposition „0“ in<br />
Position „1“ bewegt, wodurch sich der in Abb. 1.14 dargestellte Schaltkreis ergibt.<br />
Bei Beginn des Entladens (Zeitpunkt t1) wird der Schalter S von Position „1“ unmittelbar in<br />
Position „2“ bewegt, womit sich der Stromkreis gemäß Abb. 1.15 ergibt.<br />
Einschalten <strong>einer</strong> <strong>Kapazität</strong> (Aufladen)<br />
• Die Maschengleichung lautet:<br />
u<br />
C<br />
( t)<br />
+ u ( t)<br />
= U<br />
(1.49)<br />
R1<br />
E<br />
mit dem Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Strom und Sp<strong>an</strong>nung <strong>an</strong> der <strong>Kapazität</strong>
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
i(<br />
t)<br />
Laborunterlagen<br />
duC<br />
( t)<br />
= C ⋅<br />
(1.50)<br />
dt<br />
und am Ohm’schen Widerst<strong>an</strong>d<br />
u<br />
R1<br />
( t)<br />
duC<br />
( t)<br />
= R1<br />
⋅ i(<br />
t)<br />
= R1<br />
⋅ C ⋅<br />
(1.51)<br />
dt<br />
• Daraus ergibt sich für uC(t) eine inhomogene Differenzialgleichung 1. Ordnung:<br />
du ( t)<br />
+ UE<br />
(1.52)<br />
dt<br />
C<br />
u C(<br />
t)<br />
R1<br />
⋅ C ⋅ =<br />
mit der R<strong>an</strong>dbedingung: ( t = 0)<br />
= 0<br />
u C<br />
• Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ergibt<br />
t ⎛ − ⎞<br />
⎜ τ1<br />
u = ⋅ −<br />
⎟<br />
C(<br />
t)<br />
UE<br />
1 e<br />
⎜ ⎟<br />
(1.53)<br />
⎝ ⎠<br />
wobei die Zeitkonst<strong>an</strong>te mit<br />
τ = R ⋅ C<br />
(1.54)<br />
1 : 1<br />
• Bestimmung des Stromes i(t):<br />
i(<br />
t)<br />
i(<br />
t)<br />
duC<br />
( t)<br />
= C ⋅ = C ⋅ U<br />
dt<br />
t<br />
−<br />
E τ1<br />
⋅ e<br />
1<br />
E<br />
⎛ ⎛ 1 ⎞⎞<br />
⋅ ⎜ ⎟<br />
⎜<br />
−<br />
⎜<br />
⎜−<br />
⎟<br />
⎟<br />
⋅ e<br />
⎝ ⎝ τ1<br />
⎠⎠<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
Seite 1.16 (von 22)<br />
1<br />
= C ⋅ U<br />
E<br />
⎛ 1 ⎞<br />
⋅<br />
⎜ ⋅ e<br />
R1<br />
C ⎟<br />
⎝ ⋅ ⎠<br />
U<br />
= (1.55)<br />
R<br />
• Bestimmung der Sp<strong>an</strong>nung uR1(t) am Widerst<strong>an</strong>d R1:<br />
u<br />
R<br />
1<br />
( t)<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
1<br />
= R ⋅i(<br />
t)<br />
= U ⋅ e<br />
(1.56)<br />
1<br />
Probe: C R1<br />
E<br />
E<br />
u ( t)<br />
+ u ( t)<br />
= U , bzw. ( t)<br />
= U − u ( t)<br />
uR1 E C<br />
... die Summe der Sp<strong>an</strong>nungen uR1(t) und uC(t) ergibt UE (konst<strong>an</strong>t).<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
1
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
Ausschalten <strong>einer</strong> <strong>Kapazität</strong> (Entladen)<br />
• Die Maschengleichung lautet:<br />
uC R2<br />
( t)<br />
+ u ( t)<br />
= 0<br />
(1.57)<br />
mit Gleichung (1.50) und<br />
u<br />
R 2<br />
( t)<br />
duC<br />
( t)<br />
= R2<br />
⋅ i(<br />
t)<br />
= R 2 ⋅ C ⋅<br />
(1.58)<br />
dt<br />
• Daraus ergibt sich für uC(t) eine homogene Differenzialgleichung 1. Ordnung:<br />
u<br />
C<br />
( t)<br />
duC<br />
( t)<br />
+ R 2 ⋅ C ⋅ = 0<br />
(1.59)<br />
dt<br />
R<strong>an</strong>dbedingung.: C 1 1<br />
u ( t = t ) = U aktuelle Sp<strong>an</strong>nung <strong>an</strong> C bei Beginn des Entladens<br />
• Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ergibt:<br />
u<br />
C<br />
( t)<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
2 = U ⋅ e<br />
(1.60)<br />
1<br />
wobei die Zeitkonst<strong>an</strong>te<br />
τ = C ⋅ R<br />
(1.61)<br />
2<br />
beträgt.<br />
2<br />
• Bestimmung des Stromes i(t):<br />
i(<br />
t)<br />
i(<br />
t)<br />
duC<br />
( t)<br />
⎛ 1 ⎞<br />
= C ⋅ = C ⋅U1<br />
⋅ ⋅ e<br />
dt<br />
⎜<br />
⎜−<br />
⎟<br />
⎝ τ2<br />
⎠<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
2<br />
= C ⋅U<br />
1<br />
⎛ 1 ⎞<br />
⋅<br />
⎜<br />
⎜−<br />
⋅ e<br />
R 2 C ⎟<br />
⎝ × ⎠<br />
t<br />
t<br />
U −<br />
−<br />
1 τ2<br />
τ2<br />
= − ⋅ e = I1,<br />
n ⋅ e<br />
(1.62)<br />
R 2<br />
(Index: I1,n ... I1 unmittelbar nach dem Umschalten)<br />
• Bestimmung der Sp<strong>an</strong>nung uR2(t) am Widerst<strong>an</strong>d R2:<br />
u<br />
R<br />
2<br />
( t)<br />
R<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
2<br />
= ⋅ = − ⋅<br />
(1.63)<br />
2<br />
i(<br />
t)<br />
U<br />
0,<br />
1<br />
Probe: ( t)<br />
+ u ( t)<br />
= 0 ( t)<br />
= −u<br />
( t)<br />
u C<br />
R 2<br />
e<br />
u C<br />
R 2<br />
... die Summe der Sp<strong>an</strong>nungen uR2(t) und uC(t) ergibt Null.<br />
Seite 1.17 (von 22)<br />
t<br />
−<br />
τ<br />
2
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
U E<br />
U 1<br />
U E /R 1 =<br />
I 1,v<br />
I 1,n =<br />
u C (t), u R1 (t), u R2 (t)<br />
i(t)<br />
=I 0<br />
τ 1<br />
Laborunterlagen<br />
Einschalten Ausschalten<br />
τ 1<br />
= - U 1 /R 2<br />
i(t)<br />
u R1 (t)<br />
t 1<br />
Abb. 1.16<br />
τ 2<br />
t 1<br />
τ 2<br />
Seite 1.18 (von 22)<br />
u R2 (t)<br />
u C (t)<br />
Prinzipiell sei darauf hingewiesen, dass aufgrund unterschiedlicher Widerstände im<br />
Ladekreis (R1) und im Entladekreis (R2) die Lade-Zeitkonst<strong>an</strong>te (τ1) im allgemeinen Fall<br />
ungleich zu jener während des Entladens (τ2) ist.<br />
t<br />
t
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Verlauf von i(t):<br />
Laborunterlagen<br />
Bei <strong>Kapazität</strong>en zeigt der Verlauf von i(t) beim Umschalten vom Aufladen zum Entladen (=<br />
Zeitpunkt t1) eine Unstetigkeit. Der Strom springt von dem unmittelbar vor dem Umschalten<br />
vorh<strong>an</strong>denen Wert I1,v auf den negativen Wert I1,n unmittelbar nach dem Umschalten.<br />
Indizes 1,v, bzw. 1,n bedeuten: I1 unmittelbar vor, bzw. nach dem Umschalten.<br />
Der Strom i(t) im Entladekreis startet also beim Beginn des Entladens mit einem negativen<br />
Startwert I1,n , welcher durch den Wert der zum Umschaltzeitpunkt <strong>an</strong> der <strong>Kapazität</strong><br />
<strong>an</strong>liegenden Sp<strong>an</strong>nung U1 und durch den im Entladekreis vorliegenden Widerst<strong>an</strong>d R2<br />
bestimmt wird (siehe Gleichung 1.62).<br />
Vorsicht beim Entladen mit kurzgeschlossenem Entladekreis (R2 = 0):<br />
Das Entladen von <strong>Kapazität</strong>en muss unbedingt über einen Widerst<strong>an</strong>d R2 > 0 erfolgen, der<br />
den Strom i(t) auf einen tolerierbaren Wert begrenzt. Beim Entladen eines Kondensators<br />
über einen Kurzschluss (R2 =0) würde kurzzeitig ein unendlich hoher Strom im Entladekreis<br />
entstehen ( i(t)= -U1/0, siehe Gleichung (1.56)), welcher zu Beschädigungen führen k<strong>an</strong>n.<br />
Vorsicht beim Berühren von kapazitiven Verbrauchern kurz nach dem Abschalten:<br />
Weiters erkennt m<strong>an</strong>, dass das Absinken der Sp<strong>an</strong>nung uC(t) am Kondensator bei <strong>einer</strong><br />
großen Zeitkonst<strong>an</strong>te (abhängig von τ2 = C R2) entsprechend l<strong>an</strong>gsam - der e-Funktion<br />
folgend - abläuft. Es k<strong>an</strong>n also durchaus der Fall sein, dass ein Kondensator, der z.B. auf<br />
eine Sp<strong>an</strong>nung von 230 V aufgeladen wurde, nach Abschalten der Versorgungssp<strong>an</strong>nung<br />
noch für einige Zeit (τ2 - abhängig) eine gefährlich hohe Sp<strong>an</strong>nung aufweist.<br />
Nach Abschalten der Versorgungssp<strong>an</strong>nung ist vor Berühren von Schaltungen, bzw.<br />
Verbrauchern mit kapazitiven Elementen eine entsprechende Entladezeit abzuwarten, bzw.<br />
ist eine Entlade-Einrichtung vorzusehen!<br />
Verlauf von uC(t):<br />
Die Sp<strong>an</strong>nung uC(t) verläuft während des gesamten Umschaltvorg<strong>an</strong>ges stetig ohne<br />
Sprungstellen. Darin zeigt sich die Begründung für die oben empfohlene Vorg<strong>an</strong>gsweise, bei<br />
<strong>Schaltvorgänge</strong>n <strong>an</strong> <strong>Kapazität</strong>en die Differenzialgleichung für uC(t) zu lösen.<br />
Verlauf von uR1(t), uR2(t):<br />
Die Sp<strong>an</strong>nung uR1(t) ist ja nur während des Ladens vorh<strong>an</strong>den, die Sp<strong>an</strong>nung uR2(t) nur<br />
während des Entladens. Es muss jeweils immer die Bedingung der Maschengleichung erfüllt<br />
sein, dass die Summe aus uC(t) und uR1(t) den konst<strong>an</strong>ten Wert UE, bzw. die Summe aus<br />
uC(t) und uR2(t) Null ergibt.<br />
Seite 1.19 (von 22)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
1.6.4 Allgemeine Erklärungen<br />
Das Einschalten, bzw. das Ausschalten <strong>einer</strong> Gleichsp<strong>an</strong>nung entspricht unmittelbar nach<br />
dem Schaltbeginn <strong>einer</strong> sehr steilen, hochfrequenten (da rechteckförmigen)<br />
Sp<strong>an</strong>nungsänderung (f -> ∞). Diese Frequenz- Wirkung ist bei Überlegungen zum<br />
frequenzabhängigen Imped<strong>an</strong>zverhalten von L und C zu berücksichtigen.<br />
Induktivität L<br />
Die Imped<strong>an</strong>z <strong>einer</strong> Induktivität L ist proportional zur Frequenz f,<br />
siehe komplexe Imped<strong>an</strong>z (bei Sinus-Sp<strong>an</strong>nung) = j ⋅ ω ⋅ L = j ⋅ 2π<br />
⋅ f ⋅ L<br />
Dadurch wirkt L für den ersten - hochfrequenten - Schaltaugenblick als unendlich hohe<br />
Imped<strong>an</strong>z, womit kein Strom fließt und die gesamte Sp<strong>an</strong>nung UE <strong>an</strong> L abfällt.<br />
i(t=0) = 0<br />
uL(t=0) = UE<br />
uR(t=0) = 0<br />
Mit zunehmender Zeitdauer verliert der Rechtecksprung immer mehr <strong>an</strong> Frequenz-Wirkung,<br />
d.h. die Imped<strong>an</strong>zwirkung von L wird immer geringer, und für t = ∞ wirkt UE nur noch als<br />
Gleichsp<strong>an</strong>nung (f=0), bei der die Imped<strong>an</strong>z von L gleich Null ist und die gesamte Sp<strong>an</strong>nung<br />
UE <strong>an</strong> R1 abfällt, bzw. der Strom nur durch R1 begrenzt wird.<br />
uL(t=∞) = 0<br />
uR(t=∞) = UE<br />
UE<br />
i ( t = ∞)<br />
=<br />
R<br />
1<br />
Die Zeitverläufe zwischen t=0 und t=∞ folgen <strong>einer</strong> e-Funktion gemäß der Lösung der<br />
Differenzialgleichung.<br />
<strong>Kapazität</strong> C<br />
Die Imped<strong>an</strong>z <strong>einer</strong> <strong>Kapazität</strong> C ist umgekehrt proportional zur Frequenz f .<br />
1 1<br />
siehe komplexe Imped<strong>an</strong>z (bei Sinus-Sp<strong>an</strong>nung) ZC = =<br />
j ⋅ ω ⋅ C j ⋅ 2π<br />
⋅ f ⋅ C<br />
Dadurch wirkt C für den ersten - hochfrequenten - Schaltaugenblick als unendlich kleine<br />
Imped<strong>an</strong>z, d.h. die Sp<strong>an</strong>nung UE fällt zur Gänze <strong>an</strong> R1 ab, bzw. der Strom wird nur noch<br />
durch R1 begrenzt.<br />
uC ( t<br />
( t<br />
=<br />
0)<br />
= 0<br />
u R = 0)<br />
= U<br />
UE<br />
i ( t =<br />
0)<br />
=<br />
R<br />
1<br />
E<br />
Z L<br />
Seite 1.20 (von 22)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
Laborunterlagen<br />
Mit zunehmender Zeitdauer verliert der Rechtecksprung immer mehr <strong>an</strong> Frequenz-Wirkung,<br />
d.h. die Imped<strong>an</strong>zwirkung von C wird immer größer, und für t=∞ wirkt UE nur noch als<br />
Gleichsp<strong>an</strong>nung (f=0), bei der die Imped<strong>an</strong>z von C unendlich hoch ist, wodurch kein Strom<br />
fließt und die gesamte Sp<strong>an</strong>nung UE <strong>an</strong> C abfällt:<br />
u ( t = ∞)<br />
= U<br />
C<br />
uR ( t = ∞)<br />
= 0<br />
i ( t = ∞)<br />
= 0<br />
E<br />
Die Zeitverläufe zwischen t=0 und t=∞ folgen <strong>einer</strong> e-Funktion gemäß der Lösung der<br />
Differenzialgleichung.<br />
Zeitkonst<strong>an</strong>te<br />
Die Zeitkonst<strong>an</strong>te τ stellt eine Verkürzung der mathematischen Schreibweise dar, indem der<br />
Nenner des e-Exponenten mit τ abgekürzt wird. Daraus ergeben sich die verschiedenen<br />
Definitionen für τ bei <strong>Schaltvorgänge</strong> <strong>an</strong> L und <strong>an</strong> C.<br />
Durch diese Definition erkennt m<strong>an</strong>, dass τ die Zeitdauer <strong>an</strong>gibt, nach welcher der<br />
Zeitverlauf auf den e-ten Teil (= 36.8 %) des Startwertes abgesunken ist (bei fallender e-<br />
Funktion), bzw. auf den e-ten Teil (63.2 %) des Endwertes <strong>an</strong>gestiegen ist (bei steigender<br />
e-Funktion).<br />
Bei steigender e-Funktion:<br />
1−<br />
e<br />
t=<br />
τ<br />
−<br />
τ<br />
= 1−<br />
e<br />
−1<br />
=<br />
0.<br />
632<br />
Bei fallender e-Funktion:<br />
e<br />
t=<br />
τ<br />
−<br />
τ<br />
1<br />
= e<br />
−<br />
=<br />
0.<br />
368<br />
=<br />
=<br />
36.<br />
8 %<br />
63.<br />
2 %<br />
Die Zeitkonst<strong>an</strong>te τ k<strong>an</strong>n auf folgende Weise graphisch ermittelt werden:<br />
1. T<strong>an</strong>gente <strong>an</strong> den Zeitverlauf im Startzeitpunkt legen.<br />
2. Den Schnittpunkt der T<strong>an</strong>gente mit dem Endwert bilden.<br />
3. Dieser Schnittpunkt ergibt auf der Zeitachse die Zeitdauer τ.<br />
Seite 1.21 (von 22)<br />
(1.64)<br />
(1.65)
Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.0, 02/2002<br />
1.6.5 Mess - Schaltung<br />
Laborunterlagen<br />
In Abb. 1.17 ist beispielsweise die Mess- Schaltung zur Darstellung des zeitlichen Verlaufs<br />
der Kondensatorsp<strong>an</strong>nung uc(t) auf einem Oszilloskop gezeigt.<br />
Ein Funktionsgenerator erzeugt einen rechteckförmigen Sp<strong>an</strong>nungsverlauf, welcher die<br />
Serienschaltung aus R und C speist. Die Rechteckfl<strong>an</strong>ken entsprechen dabei dem<br />
Einschalten <strong>einer</strong> Gleichsp<strong>an</strong>nung (bei der positiven Fl<strong>an</strong>ke) bzw. dem Ausschalten <strong>einer</strong><br />
Gleichsp<strong>an</strong>nung (bei der negativen Fl<strong>an</strong>ke). Dadurch erspart m<strong>an</strong> sich den Aufw<strong>an</strong>d eines<br />
mech<strong>an</strong>ischen Schalters, welcher in den vor<strong>an</strong>geg<strong>an</strong>genen Abbildungen für das Ein- und<br />
Ausschalten verwendet wurde, und der Verlauf der Ein- und Ausschaltvorgänge k<strong>an</strong>n als<br />
periodisches Signal dargestellt und die Zeitkonst<strong>an</strong>te τ gemessen werden (siehe für die<br />
Messpraxis mit Oszilloskope – Erdungsproblematik Kap. 4.4).<br />
FG<br />
R<br />
C<br />
u C (t)<br />
Seite 1.22 (von 22)<br />
Koaxial-Kabel<br />
FG ... Funktionsgenerator (Rechtecksignal)<br />
Abb. 1.17<br />
Ch1<br />
Oszilloskop