Neurowissenschaften - Hertie Stiftung

„Wenn ich Glück habe,
darf ich mich noch lange
mit der Erforschung von
HSP beschäftigen.“
Es scheinen gerade diese Herausforderungen zu
sein, die Schüle an ihrer Arbeit begeistern. Sie begegnet
ihnen mit großer Aufmerksamkeit und einem klaren
Blick für das Wesentliche. Auf dem Weg zum Erkenntnisgewinn
hilft es ihr, wenn betroffene Familien
in die HSP-Spezialambulanz kommen. „Dann kann ich
vergleichen, welche von den vielen Abweichungen bei
den betroffenen Familienmitgliedern identisch sind,
bei den gesunden aber nicht. Um neue Ergebnisse zu
bekommen, müssen wir versuchen, in der riesigen Datenmenge
Muster zu erkennen.“
Dazu müssen die Forscher jedoch auf einen gro-
Elf Jahre nach seiner Gründung
die wissenschaftliche Arbeit der am HIH zusammenge­
ßen Datenstamm zugreifen können – kein Leichtes bei
durch die Gemeinnützige Hertie-
schlossenen Forscher auf der anderen Seite. In der Neuro­
einer seltenen Erkrankung wie HSP. Auf der ganzen
Stiftung, die Universität Tübingen
logischen Klinik versorgen vier klinische Abteilungen Pati­
Welt stehen deshalb Wissenschaftler in intensivem
und das Universitätsklinikum Tübingen gehört das Her­
enten mit der gesamten Breite neurologischer Erkrankun­
Kontakt, treffen sich regelmäßig und tauschen ihre Er-
tie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) auf dem Ge­
gen und ermöglichen so sowohl eine patientennahe klini­
gebnisse aus. „Das ist das Schöne an der Erforschung
biet der klinischen Hirnforschung zum Spitzenfeld euro­
sche Hirnforschung als auch eine rasche Umsetzung
einer seltenen Krankheit. Ich werde vielleicht keine
päischer Forschungseinrichtungen. Herausragende For­
grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse in die klini­
Plenarsäle bei einem Vortrag über HSP füllen. Aber da-
schungsergebnisse haben das Institut auch über die
sche Anwendung. Die strukturelle Verflechtung des HIH
Portion Sorgfalt und jede Menge Geduld. Denn unter
für kenne ich die meisten Forscher weltweit persön-
Grenzen Europas hinaus bekannt gemacht. Seine Arbeits­
mit der Neurologischen Klinik schafft eine multifunktio­
rund 25.000 Genen gilt es nun, das veränderte Gen zu
lich, die sich ernsthaft mit dieser Krankheit befassen.
schwerpunkte liegen im Bereich neurodegenerativer und
nelle Einrichtung, die klinische Hirnforschung, medizini­
finden, das verantwortlich ist für die Erkrankung ihres
Diese Begegnungen sind sehr bereichernd“, freut sich
entzündlicher Hirnerkrankungen wie z. B. der Alzheimer-
sche Behandlung und wissenschaftliche Ausbildung un­
Patienten. Über 50 unterschiedliche HSP-Typen hat die
Schüle. Insbesondere in Europa und den USA arbeiten
oder Parkinson- Erkrankung, der Schlaganfallforschung,
ter einem Dach vereint.
Forschung bereits identifiziert. Sie werden mit „SPG“,
die Wissenschaftler eng miteinander zusammen. Im
Epilepsien und der Erforschung der Grundlagen und Stö­
Das HIH geht auch strukturell neue Wege. Die Reform­
das für „Spastic Paraplegia Gene“ steht, bezeichnet und
Rahmen eines Stipendiums der Europäischen Union,
rungen von Wahrnehmung, Motorik und Lernen. Zu den
ansätze gelten vor allem drei Schwerpunkten: Die Einrich­
durchnummeriert. Mit jedem Fall jedoch, bei dem
der Marie-Curie Actions, wechselt Schüle nun auch für
bedeutenden Forschungserfolgen des HIH zählen die Ent­
tung einer Department-Struktur, die Einrichtung eines
diese bekannten Gene keine Veränderung aufweisen,
zwei Jahre mit einem Teil ihres Forschungsteams an
deckung wichtiger genetischer und molekularer Grundla­
Pools von flexibel und kurzfristig einsetzbaren Fördermit­
beginnt die Suche nach dem einen entscheidenden
das Hussman Institute for Human Genomics an der
gen der Entstehung und Progression neurologischer Er­
teln und der Aufbau eines Modells für einen leistungsab­
Gen neu. „Das Problem ist aber, dass wir alle von Natur
University of Miami, um dort ihre Studien in Zusam-
krankungen.
hängigen Gehaltszuschlag für die Mitarbeiter. Ein weite­
aus unterschiedliche Gene haben. Eine Abweichung im
menarbeit mit amerikanischen Kollegen fortzusetzen.
Gemeinsam mit der Neurologischen Klinik des Universi­
rer innovativer Aspekt des HIH ist die Einrichtung von ab­
genetischen Bauplan ist an etwa ein bis zwei Millionen
Die Frage nach einem Blick in die berufliche Zukunft
tätsklinikums Tübingen bildet das HIH das „Zentrum für
teilungsunabhängigen Junior-Arbeitsgruppen im „Tenure-
Stellen vollkommen normal – für mich geht es darum,
beantwortet die Forscherin mit einem Lächeln. „Wenn
Neurologie“. Dieses Zentrum unterscheidet sich von an­
Track-Verfahren“. Insgesamt sind zurzeit 18 Professoren
die entscheidende Abweichung zu finden, die die
ich Glück habe, darf ich mich noch lange mit der Er-
deren Einrichtungen der Hirnforschung insbesondere
und etwa 350 Mitarbeiter in 25 Arbeitsgruppen am HIH
Krankheit verursacht“, erklärt die Wissenschaftlerin.
forschung von HSP beschäftigen“, sagt sie. Und sieht
durch die enge Verknüpfung von Forschungsexzellenz
tätig. Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung bewilligte seit
Umso erfreulicher ist es, dass es Schüle gelungen ist,
dabei sehr zufrieden aus.
und Anwendungspraxis. Seine Aufgabe ist die Kranken­
der Gründung über 37 Millionen b für das HIH, davon
weitere HSP-Gene zu entdecken: Sie wird die Liste um
versorgung durch die Neurologische Klinik auf der einen,
2,6 Millionen b im Jahr 2012.
drei „neue“ Gene ergänzen.
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