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Spezial<br />
11<br />
Dezember_2012<br />
NOVEMBER_2012<br />
TOMORROWTODAY<br />
Save the Date:<br />
Alpbacher<br />
Technologiegespräche 2013<br />
Erfahrungen und Werte<br />
22.-24.08.2013<br />
Congress Centrum<br />
Alpbach/Tirol<br />
Developing the technologies, methods and tools of tomorrow<br />
➜ HEALTH & ENVIRONMENT<br />
MOLEKULARE SPURENSUCHE IM DIENST<br />
Alpbacher<br />
DER GESUNDHEIT<br />
Biomarker läuten eine neue Ära in der personalisierten Medizin<br />
ein. Das AIT nutzt sie, um komplexe Krankheiten früher identifizieren<br />
zu können.<br />
Technologiegespräche<br />
INNOVATIONEN FÜR DIE NACHHALTIGE<br />
<br />
<br />
BODENSANIERUNG<br />
<strong>Innovativ</strong>e biologisch-chemische In-situ-Verfahren sanieren kontaminierte<br />
Böden nicht nur sanfter zur Umwelt als herkömmliche<br />
Methoden, sondern oft auch beträchtlich kostengünstiger.<br />
➜ MOBILITY<br />
DIE LEICHTE ZUKUNFT DER<br />
ELEKTROMOBILITÄT<br />
Mit seinem interdisziplinären Know-how in den Bereichen elektrische<br />
Antriebstechnik und Leichtbau unterstützt das AIT die<br />
Automobilindustrie bei ihrem Ziel, Elektroautos leichter, sparsamer<br />
und dennoch sicherer zu machen.<br />
<br />
Christine Tissot<br />
Head of Mobility Department<br />
am AIT <strong>Austria</strong>n<br />
Institute of Technology<br />
➜ ENERGY<br />
NACHHALTIGKEIT IM GROSSEN MASSSTAB<br />
Immer mehr Industrie- und Gewerbebetriebe nutzen das hohe<br />
Know-how der Energie-ExpertInnen des AIT, die für Wohngebäude<br />
im Bereich des effizienten und umweltverträglichen Heizens und<br />
Rückblick 2012<br />
Kühlens neue Maßstäbe gesetzt haben.<br />
Alle<br />
➜Ergebnisse SAFETY & SECURITY<br />
vom wichtigsten<br />
Meetingpoint KÜNSTLICHE SEHZELLEN der heimischen<br />
– DEM AUGE<br />
GANZ Technologieszene NAHE<br />
ab Seite 3<br />
AIT-Sensor-SpezialistInnen entwickeln neue optische Sensoren,<br />
die sich das Auge als Vorbild genommen haben. Diese künstlichen<br />
Sehzellen können gleichzeitig helle und dunkle Szenen erfassen<br />
und sind zudem rascher als herkömmliche Kamerasensoren.<br />
Ausblick 2013<br />
➜ FORESIGHT & POLICY DEVELOPMENT<br />
AIT Aufsichtsratsvorsitzender<br />
WISSEN VERBINDET – VERBINDUNG<br />
Hannes Androsch über künftige<br />
Herausforderungen Seite<br />
SCHAFFT WISSEN<br />
16<br />
<br />
<br />
<br />
Über Forschungsnetzwerke erhalten innovierende Organisationen<br />
Zugang zu externen Wissensquellen. WissenschaftlerInnen des<br />
AIT-Department Foresight & Policy Development analysieren<br />
Struktur und Dynamik solcher Netzwerke in Europa.
Foto: Congress Centrum Alpbach<br />
Alpbacher<br />
Technologiegespräche 2012<br />
Vom 23. bis 25. August fanden in<br />
Alpbach die jährlichen Technologiegespräche<br />
statt. Zentraler<br />
Bestandteil des vom AIT <strong>Austria</strong>n<br />
Institute of Technology und ORF/Ö1<br />
organisierten wichtigsten Meetingpoints<br />
der heimischen Technologieszene<br />
sind traditionell die<br />
einzelnen Arbeitskreise. Lesen Sie<br />
nachfolgend die Ergebnisse aller 13<br />
Diskussionsrunden.<br />
IMPRESSUM. Tomorrow Today ist ein Magazin, das in Form einer Medienkooperation mit dem AIT <strong>Austria</strong>n Institute of Technology umgesetzt wird. Die redaktionelle<br />
Verantwortung liegt bei <strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>. Medieninhaber und Verleger_Bohmann Druck und Verlag GesmbH & Co. KG., A-1110 Wien, Leberstr. 122, Tel.: +43 1 740 95-0.<br />
DVR:0408689. Geschäftsführung_Gabriele Ambros, Gerhard Milletich. Herausgeber_AIT <strong>Austria</strong>n Institute of Technology, Tech Gate Vienna, Donau-City-Straße 1, 1220 Wien,<br />
Tel.: +43 (0) 50550-0. Chefredaktion_Michael Hlava, E-Mail:michael.hlava@ait.ac.at, Markus Klaus-Eder, E-Mail: klaus-eder@bohmann.at. Redaktion_Daniel Pepl.<br />
Projektmanagement_Daniel Pepl. GrafischesKonzept_Anita Frühwirth/EFFUNDWE. Layout_Markus Frühwirth (REPROMEDIA). Druck_Leykam Druck Ges.m.b.H. & Co KG.<br />
Titelfoto_Congress Centrum Alpbach. Erscheinungsweise_6-mal jährlich. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind<br />
vorbehalten. ISSN 1994-5159 (Print), ISSN 1994-5167 (Online). Gratis Abo via E-Mail_cmc@ait.ac.at.
03<br />
/// Arbeitskreis 1 ///<br />
SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN:<br />
ZUKUNFT FÜR EUROPAS JUGEND<br />
Schlüsseltechnologien wie Mikro- und Nanoelektronik<br />
wird eine hohe Bedeutung für Europas<br />
Zukunft als wirtschaftlicher Global Player<br />
zugesprochen. Europa soll durch die Ausrichtung<br />
auf diese Technologien global an Wettbewerbsstärke<br />
gewinnen und Zukunftsmöglichkeiten für<br />
die europäische Jugend erschließen. Welche Ansprüche<br />
ergeben sich daraus? Was kann die Jugend<br />
beitragen und welche Rahmenbedingungen<br />
benötigt sie? Diskutiert wurde das Thema mit<br />
Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft<br />
sowie jungen High-Potentials aus Europa,<br />
Indien und Asien. Sabine Herlitschka, Infineon,<br />
unterstrich als Mitorganisatorin des Arbeitskreises<br />
die wichtige Rolle von Technologie, insbesondere<br />
der Key Enabling Technologies (KETs), für<br />
die Zukunft unserer Gesellschaft. Bala Karunamurthy,<br />
„Center of Competence for Automotive<br />
and Industrial Electronics“ (KAI) zog einen Vergleich<br />
der Forschungslandschaften in Indien und<br />
Europa. Er identifizierte die Kooperation zwischen<br />
privaten und öffentlichen Organisationen<br />
als einen der wichtigsten Innovationstreiber in<br />
Europa. Christian Krieg, SBA Research, unterstrich<br />
die Bedeutung der Freiheit für die Jugend<br />
als Garant für neue Innovationen. Freiheit in<br />
Form von finanzieller Unabhängigkeit und Freiheit<br />
der Bildung schaffen die notwendige Diversität<br />
unter jungen Leuten, um neue Ansätze für<br />
Problemlösungen zu finden.<br />
Dem Thema „Europas Zukunft gestalten – welche<br />
Grundbedingungen benötigt die Jugend“ widmete<br />
sich Jutta Krischan, Absolventin der TU Wien. Sie<br />
ging näher auf die zukunftsträchtigen KETs ein<br />
und sprach über die Voraussetzungen, die junge<br />
WissenschaftlerInnen für die Schaffung von Innovationen<br />
benötigen. Li Min, Infineon, verwies auf<br />
die ähnliche Situation der jungen Generation in Europa<br />
und China. Beide Regionen versuchen, Innovationen<br />
im Energiesektor zu generieren; durch<br />
den starken Trend in Richtung nachhaltiger und<br />
effizienter Energie wird ihrer Meinung nach die<br />
Zahl der Innovationen auf diesem Gebiet in naher<br />
Zukunft deutlich ansteigen. „Eine österreichische<br />
Perspektive“ zum Thema Bildung präsentierte<br />
Sabine Seidler, Rektorin der TU Wien. Eine Gegenüberstellung<br />
der künftigen Bildungspläne der<br />
Europäischen Union und der aktuellen Situation<br />
in Österreich bot die Grundlage für eine kritische<br />
Diskussion der Chancen und Herausforderungen.<br />
In ihrem Vortrag beleuchtete sie die Disparitäten<br />
zwischen dem Status quo und der geplanten Forschungsroadmap<br />
der EU und des künftigen Forschungsprogramms<br />
„Horizon 2020“. Franz Viehböck,<br />
Berndorf, betonte die Wichtigkeit neuer<br />
Technologien auch für reife Industrien (z. B. die<br />
metallverarbeitende Industrie). Darüber hinaus<br />
ging er auf wichtige Schlüsseltechnologien wie<br />
Umwelttechnologie oder Gesundheit im Allgemeinen<br />
näher ein und gab einen Ausblick auf die<br />
künftige Entwicklung Europas. Ke Gong zeigte, in<br />
welchen Schlüsseltechnologien China eine globale<br />
Führungsrolle anstrebt. Unterstützt durch zahlreiche<br />
nationale F&E Programme hat China bereits<br />
jetzt bedeutende Fortschritte erzielt.<br />
Schlussfolgerungen<br />
■■<br />
In der Forschung sollte der Schwerpunkt auf<br />
Forschungsinfrastruktur sowie Förderung<br />
von Talenten liegen, um im Wettkampf um die<br />
besten Köpfe zu bestehen.<br />
■■<br />
Die zentralen Technologien beschäftigen sich<br />
mit Energie und Ressourcen.<br />
■■<br />
Diversität sollte auf allen Ebenen gefördert<br />
werden, um eine attraktive Umgebung für<br />
junge Talente zu schaffen. „Talent Management“<br />
als Schlüssel!<br />
■■<br />
■■<br />
Kooperation sollte auf allen Ebenen gefördert<br />
werden. Public Private Partnerships und die<br />
Zusammenarbeit zwischen Universität und<br />
Wirtschaft sind von großer Bedeutung!<br />
Universitäten sollten vermehrt strategische<br />
Überlegungen anstellen, sich auf ihre Stärkefelder<br />
konzentrieren und definieren, wofür sie<br />
stehen. Jede Universität sollte ihre eigene<br />
unverwechselbare Marke entwickeln.
04<br />
/// Arbeitskreis 2 ///<br />
Chancen und Grenzen von<br />
„Ambient Assisted Living“<br />
Zukunftsthesen:<br />
FotoS: Christian Klobucsar<br />
THESE 1: AAL wird 2020 funktionieren, weil<br />
■■<br />
es gemeinsame Geschäftsmodelle gibt,<br />
■■<br />
das Bewusstsein für AAL in der Gesellschaft<br />
vorhanden ist,<br />
■■<br />
es einen neuen Beruf/Dienstleister gibt, der<br />
die Stakeholder als Vermittler anspricht,<br />
■■<br />
Pilotregionen gezeigt haben, dass der ökomische<br />
Nutzen geben ist,<br />
■■<br />
Einzellösungen zu Gesamtlösungen verknüpfbar<br />
sind.<br />
THESE 2: AAL Lösungen werden sich nur dann<br />
durchsetzen, wenn Sie frühzeitig unter einem<br />
Life-Style-Aspekt vermarktet werden.<br />
Der stetige demografische Wandel verändert<br />
die Alterspyramide in unserem Land dramatisch.<br />
Als Folge dieser zunehmenden Alterung<br />
nehmen unter anderem die chronischen<br />
Erkrankungen zu. Diskutiert wurden die Chancen<br />
und Grenzen der Produkte und Lösungskonzepte<br />
aus dem Bereich „Ambient Assisted Living“<br />
(AAL) wenn es darum geht, die öffentliche<br />
Hand wie auch die Betroffenen bzw. die BürgerInnen<br />
vor diesem<br />
Hintergrund zu entlasten.<br />
Während des Arbeitskreises<br />
wurden<br />
unter der Leitung<br />
der Podiumsteilnehmer-Innen<br />
in vier<br />
thematischen Kleingruppen<br />
Zukunftsthesen<br />
erarbeitet<br />
und anschließend<br />
mittels elektronischer<br />
Abstimmungsgeräte<br />
über<br />
die Plausibilität der<br />
Thesen abgestimmt.<br />
THESE 3: Im Jahr 2020 ist in Neubauten und<br />
Altbauten die technische Basisausstattung für<br />
AAL-An wen dungen vorhanden.<br />
THESE 4: AAL-Leistungen werden zukünftig für<br />
jedermann in einem ökonomisch sinnvollen Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />
erwerbbar sein und in einem<br />
Mix von Selbstzahler-, Versicherungs- und<br />
gesetzlicher Leistungen existieren.
05<br />
/// Arbeitskreis 3 ///<br />
Smart City - Der<br />
Mensch im Mittelpunkt<br />
Der Begriff Smart City ist bis dato nicht ausdefiniert.<br />
Somit unterscheidet sich auch die individuelle<br />
Auslegung sowie Vision, Umsetzung und<br />
in welchen Bereichen Städte smart werden wollen<br />
oder können. Aus diesem Grund sprechen wir<br />
auch von individuellen smarten Lösungen für lebendige<br />
Städte mit all ihren Eigenheiten und unterschiedlichen<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Besonders wichtig ist, dass eine Smart City nie<br />
ohne Smart Citizen gedacht werden darf, da man<br />
nicht den Fehler begehen soll, eine hochtechnologisierte<br />
Stadt zu bauen, die sich niemand leisten<br />
kann - und in der eigentlich niemand wohnen<br />
will.<br />
Eine Smart City muss aber auch als Bestandsstadt<br />
eine flexible Stadt sein, die nicht nur auf<br />
ihre Bewohner eingehen kann, sondern auch aufgrund<br />
ihrer interdisziplinären Vernetzung, flexibel<br />
in ihrer Struktur sein muss. Hierfür bedarf es<br />
nicht nur, miteinander interagierenden technischen<br />
Lösungen, sondern auch der Abholung der<br />
Bevölkerung auf einer emotionalen Ebene und einer<br />
grundlegenden Bewusstseins- und Verhaltensänderung.<br />
Es geht also um die Integration<br />
von Planungsprozessen in Abstimmung mit den<br />
Bewohnern und zukünftigen Infrastrukturkonsumenten.<br />
Eine Stadt kann (und soll) ihren Energieverbrauch<br />
nicht selbst erzeugen. Wobei aber alle<br />
TeilnehmerInnen mit den Vortragenden übereinstimmten,<br />
war die Überzeugung, dass dies auch<br />
in Zukunft nicht zur Gänze passieren wird. Trotzdem<br />
wird in Zukunft ein steigender Anteil an<br />
Strom und Wärme in den Städten selbst produziert<br />
werden. Methoden und Planung haben sich<br />
hierbei generell verändert und sind komplexer<br />
geworden. Hier steckt vor Allem für die Wirtschaft<br />
in Europa ein enormes Beschäftigungsund<br />
Geschäftspotential.<br />
Was besonders in Zeiten einer Wirtschaftskrise<br />
drängt, ist die Frage der Finanzierung.<br />
Smart City hat zudem mit Informationen zu tun.<br />
Die Erfahrung hat gezeigt, dass besonders den<br />
Nutzern der Datenschutz wichtig ist. In einer<br />
Stadt in der alles und jeder interagierend vernetzt<br />
ist, wird es unumgänglich sein, dass Daten von<br />
Preis gegeben werden müssen. Essentiell ist dabei,<br />
dass Standards denen wir schon jetzt (eBanking,<br />
bargeldloser Zahlungsverkehr) unser Vertrauen<br />
schenken, auch für zukünftige<br />
Applikationen gelten - und somit die Datensicherheit<br />
gewährleistet ist.<br />
Den Abschluss des Arbeitskreises bildete eine<br />
Gruppenarbeit in der sich drei Gruppen der Aufgabe<br />
stellten, ihre Smart City Vision zu skizzieren.<br />
Dabei wurde unter anderem festgestellt,<br />
dass auf die BürgerInnen große Herausforderungen<br />
zukommen. Zum einen stehen sie vor Entscheidungen,<br />
die unmittelbar auch Widerstand<br />
hervorrufen. Zum anderen sind sie aufgerufen,<br />
selbstverantwortlich die Stadt mitzugestalten.<br />
Für die regierenden PolitikerInnen eine Herausforderung,<br />
die sie bisher zuwenig wahrgenommen<br />
haben.<br />
Für die europäische Wirtschaft bieten die Mega-<br />
Citys in Asien, Südamerika und Afrika große<br />
Chancen, da dort mangels vorhandener Infrastruktur<br />
moderne Systeme leichter zu implementieren<br />
sind.
06<br />
/// Arbeitskreis 4 ///<br />
Demographie und Humankapital<br />
als Chance<br />
für Innovation<br />
Mit den Auswirkungen der demographischen<br />
Entwicklung auf das Humankapital von Unternehmen<br />
beschäftigte sich dieser Arbeitskreis. Da<br />
Humanressourcen als einer der treibenden Wettbewerbsfaktoren<br />
in einer globalisierten Wissensgesellschaft<br />
gelten, sind diese Auswirkungen<br />
durchaus massiv. Um den zukünftigen Wohlfahrtsverlust<br />
aus Wachstumseinbußen zu begrenzen,<br />
ist ein Handeln aller Akteure erforderlich.<br />
Der demographischen Wandel muss jedoch<br />
auch als Chance und Treiber gesellschaftlicher<br />
Innovation begriffen werden. Ziel war es, innovative<br />
Wege zur Bewältigung der demografischen<br />
Herausforderungen für den Erhalt der Innovations-<br />
und Wettbewerbsfähigkeit zu identifizieren<br />
und einer Bewertung zu unterziehen.<br />
Mario Cervantes präsentierte jüngste Studien<br />
der OECD über Innovation einerseits und alternde<br />
Gesellschaften andererseits.<br />
Wolfgang Lutz stellte wegweisende Tools zur demographischen<br />
Analyse vor, die vom Wittgenstein<br />
Centre for Demography and Global Human Capital<br />
entwickelt wurden und mit deren Hilfe die Dynamik<br />
von Populationen im Hinblick auf weitere<br />
wichtige Quellen der Heterogenität, wie Bildungsniveau,<br />
Gesundheitsstatus und Erwerbsquote erfasst<br />
und beschrieben werden kann.<br />
Thieß Petersen zeigte, dass alternde Gesellschaften<br />
zu sinkender Produktivität und damit<br />
auch geringerer Innovation neigen. Gleichzeitig<br />
steigt jedoch der Innovationsbedarf alternder Gesellschaften,<br />
um die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
gegenüber den aufstrebenden Schwellenländern<br />
sicherstellen zu können.<br />
Margret Wintermantel beschäftigte sich mit Aspekten<br />
der Internationalisierung im Kontext von<br />
Demographie und Innovation. Sie wies darauf hin,<br />
dass bei der Rekrutierung von StudentInnen und<br />
ForscherInnen bereits jetzt ein globaler Wettbewerb<br />
herrscht, in dem internationale Attraktivität<br />
eine wichtige Rolle spielt und dass dieser Wettbewerb<br />
eine Chance für Wandel und Entwicklung<br />
bietet.<br />
Martin Baethges thematisierte die Probleme der<br />
Strategien zur Bewältigung der demographischen<br />
Herausforderungen in Deutschland vor<br />
dem Hintergrund des dort eingeschlagenen<br />
Wegs der industriellen Entwicklung unter Berücksichtigung<br />
jüngster Prognosen von Angebot<br />
und Nachfrage nach Facharbeitskräften bis<br />
2030. Ulrich Schuh gab einen Überblick über<br />
neue Erkenntnisse der volkswirtschaftlichen<br />
Forschung zu den Zusammenhängen zwischen<br />
demographischer Entwicklung einerseits und<br />
Produktivitätswachstum und Innovation andererseits.
07<br />
/// Arbeitskreis 5 ///<br />
Produktionsstandorte<br />
der Zukunft –<br />
Entscheidungsfaktoren,<br />
Chancen und Risiken<br />
Die Zukunft der österreichischen Produktion<br />
ist zu einem großen Ausmaß von einer gezielten<br />
Modernisierung der Produktionsprozesse, von einer<br />
„Intelligenten Produktion“ für neue, wettbewerbsfähige<br />
und nachhaltige Produktion abhängig.<br />
Dazu notwendige Forschung und<br />
Entwicklung in Kooperation mit Wissenschaft und<br />
Industrie ist dabei essentiell. Wettbewerb und<br />
Kostendruck werden weiter zunehmen und im<br />
Besonderen fernöstliche Länder werden ihre<br />
technologischen Fertigkeiten ausbauen.<br />
Gelingt es nicht, eine effiziente, adaptive und intelligente<br />
Produktion zu realisieren, besteht die<br />
Gefahr, dass die Produktion und auch langfristig<br />
die Forschung und Entwicklung abwandern werden.<br />
Der Arbeitskreis versuchte Trends und Entwicklungen<br />
für die Sachgüterindustrie in Österreich,<br />
Europa und weltweit zu erarbeiten und<br />
Maßnahmen zu definieren, wie die öffentliche<br />
Hand darauf angemessen reagieren kann. Im Arbeitskreis<br />
wurde unter anderem die Situation der<br />
Sachgüterindustrie in den drei großen Wirtschaftsräumen<br />
Europa, USA und Asien analysiert.<br />
Österreich hat sich relativ rasch von der Wirtschaftskrise<br />
2009 erholt. Grund dafür ist die auf<br />
Export orientierte heimische Industrie. In diesem<br />
Zusammenhang sind große Leitbetrieben für den<br />
österreichischen Wirtschaftsstandort, als Arbeitgeber<br />
und Partner für KMU und Forschungseinrichtungen,<br />
wichtig.<br />
Eine fundamentale Säule der Wettbewerbsfähigkeit<br />
der heimischen Industrie aus wissenschaftlicher<br />
Sicht stellt die Automatisierung dar. Auch<br />
der Erhalt der Fertigung der Mikro- und Nanoelektronik<br />
in Europa und die dazu notwendige<br />
Beherrschung der technologischen Grundlagen<br />
und Produktionstechniken rücken in Europa<br />
wieder verstärkt in den Vordergrund. Künftig<br />
wird eine weitere Regionalisierung der Produktion<br />
und eine dadurch bedingte effiziente Vernetzung<br />
von F&E mit globalen Forschungszentren<br />
stattfinden. Investitionen der öffentlichen Hand<br />
in Produktionsforschung erfolgt über die vom<br />
BMVIT initiierten und von der FFG abgewickelten<br />
FTI-Initiative „Intelligente Produktion“. Die Beteiligung<br />
der Industrie an der ersten Ausschreibung<br />
des FTI Schwerpunkts „Intelligente Produktion“<br />
war so groß, dass für die zweite<br />
Ausschreibung die Mittel auf insgesamt 70 Millionen<br />
Euro erhöht wurden.
08<br />
/// Arbeitskreis 6 ///<br />
Klettersteig in die wissenschaftliche<br />
Karriere<br />
Der Arbeitskreis war mit jungen WissenschaftlerInnen<br />
auf unterschiedlichen Karrierestufen,<br />
VertreterInnen der Wissenschaftspolitik<br />
und der Forschungsförderung besetzt. Diskutiert<br />
wurde, welche Wege Universitäten, außeruniversitäre<br />
Forschungsinstitutionen und akademische<br />
Ausbildungsstätten jungen Menschen in die wissenschaftliche<br />
Forschung und gegebenenfalls<br />
auch aus der wissenschaftlichen Forschung in<br />
andere Berufsbereiche anbieten können, aber<br />
auch, zu welchen Leistungen junge Menschen im<br />
Wissenschaftssystem bereit sein müssen und<br />
was sie dafür erwarten können. Wissenschaftsminister<br />
Karl Heinz Töchterle wies darauf hin,<br />
dass die Hochschullaufbahn lange Zeit als sehr<br />
komfortabel angesehen werden konnte. Die Herausforderung<br />
heute besteht unter anderem darin,<br />
in unübersichtlichen Karriereverhältnissen das<br />
richtige Maß zwischen Planbarkeit und Flexibilität<br />
zu finden. Christoph Kratky, FWF, stellte<br />
die Metapher des Klettersteiges für die wissenschaftliche<br />
Karriere in Frage: Klettern erfordere<br />
eine Menge an Fähigkeiten und ein klares Ziel,<br />
dieses Ziel sei in planbarer Form in der Wissenschaft<br />
oftmals nicht gegeben. Barbara Weitgruber,<br />
BMWF, wies darauf hin, dass jedes Wissenschaftssystem<br />
danach beurteilt werden<br />
könne, wie es seinen wissenschaftlichen Nachwuchs<br />
fördert. Insofern seien auch die Leistungsvereinbarungen<br />
ein wichtiges Instrument<br />
der Lenkung und Förderung.<br />
Martin Bruder, Uni Konstanz, wies auf die Pro-<br />
blematik des „Kletterns ohne Sicherungsseil“ in<br />
der drittmittelfinanzierten Wissenschaft hin, die<br />
vor allem für den Nachwuchs gegeben sei.<br />
Christiane Hintermann, Ludwig-Boltzmann<br />
Institut, machte auf das Lebensalter als wichtige,<br />
aber problematische Komponente in der Forschungsförderung<br />
aufmerksam. Martina Höckner,<br />
Uni Innsbruck, verwies auf den schwierigen<br />
Weg zwischen Idealismus und realistischer Einschätzung<br />
der Bedingungen wissenschaftlicher<br />
Karrieren. Harald Janovjak, IST <strong>Austria</strong>, betonte,<br />
dass jeder Tag in der Wissenschaft „eine<br />
kleine Mondlandung“ sei. Er sprach die Notwendigkeit<br />
von engagierten Mentoren und eine offene<br />
„Kündigungskultur“ an.<br />
Die Podiumsdiskussion des Nachmittages wurde<br />
mit einem kritischen Statement von Thomas Köcher,<br />
IMP, zur Überproduktion von Post-Docs im<br />
Verhältnis zur Verfügbarkeit von wissenschaftlichen<br />
Karrierestellen eingeleitet. Danach stellten<br />
Vertreter der Universitäten und außeruniversitärer<br />
Institutionen ihre Karrieremodelle vor und<br />
legten ihre Einschätzung der Karrierehindernisse<br />
für den Nachwuchs im österreichischen Wissenschaftssystem<br />
dar. Laut Helmut Denk, ÖAW,<br />
versucht die Akademie im Zuge ihres Reformprozesses<br />
ein transparentes Karrieremodell für den<br />
wissenschaftlichen Nachwuchs nach dem Motto<br />
„nur die besten Köpfe“ zu entwickeln. Wolfgang<br />
Knoll, AIT, zeigte, wie das AIT für die Förderung<br />
seiner MitarbeiterInnen strategische Partnerschaften<br />
mit der Industrie bildet und einen klaren<br />
Karrierepfad anbietet. Wolfgang Schütz, Med-<br />
Uni Wien, illus trierte die Vorteile des Kollektivvertrages<br />
der Universitäten und dessen Orientierung<br />
am amerikanischen Tenure-System. In den Diskussionen<br />
und Ausführungen wurde deutlich,<br />
dass das Problem der Karriere des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses nicht als ein partikulares<br />
Problem gelöst werden kann, sondern nur im<br />
Rahmen eines kompletten reformativen Prozesses,<br />
der den gesamten Bereich von Wissenschaft,<br />
Forschung und Bildung erfasst.
09<br />
/// Arbeitskreis 7 ///<br />
Schlüsselelemente<br />
erfolgreicher<br />
Innovationskulturen<br />
Im Gegensatz zur propagierten<br />
Innovationskultur,<br />
die auf neue Handlungsweisen<br />
und Prozesse bis<br />
hin zu Geschäftsmodellen<br />
setzt, suchen Menschen<br />
üblicherweise Sicherheit in<br />
vergangenen Erfolgen und<br />
weniger in zukünftigen<br />
Möglichkeiten. Welche<br />
Schlüsselelemente zukünftiger<br />
Innovationskulturen<br />
wird es geben können? Der<br />
Fragestellung, welche<br />
Schlüsselelemente zukünftiger<br />
Innovationskulturen<br />
es künftig geben wird können,<br />
haben sich die Mitglieder des Arbeitskreises<br />
aus ihren unterschiedlichen Hintergründen<br />
und Zugängen zu dieser Thematik gewidmet und<br />
sind zu der Auffassung gekommen, dass es zukünftig<br />
nicht mehr möglich sein wird, Innovation<br />
nicht zu einem Thema für alle Beschäftigten zu<br />
machen. Vielmehr wird gelten, wertvolles Potenzial<br />
zu erschließen, das bislang nicht genügend<br />
beachtet wurde.<br />
Als wesentlich wurden von den Teilnehmenden<br />
des Arbeitskreises folgende kritische Schlüsselelemente<br />
für erfolgreiche Innovationskulturen<br />
erachtet:<br />
■■<br />
■■<br />
■■<br />
■■<br />
■■<br />
■■<br />
Veränderungsbereitschaft<br />
Auswahl der geeigneten Kooperationspartner<br />
Gemeinsame Zielsetzungen/Partizipation aller<br />
Beteiligten unter Berücksichtigung zukünftiger<br />
Markttrends (Marktforschung)<br />
Entwicklung von verlässlichen Strukturen und<br />
Handlungsroutinen mit genauer Definition der<br />
Rollen im gesamten Veränderungsprozess<br />
wechselseitige Akzeptanz/Wertschätzung/Vertrauen<br />
zwischen Kooperationspartnern<br />
offene Kommunikation und Organisation des<br />
Projektes<br />
■■<br />
Freiräume für Mitarbeiter, um kreativ zu sein –<br />
Ideen auch aufgreifen<br />
■■<br />
hohe Frustrationstoleranz<br />
■ ■ „Menschenrecht auf Irrtum“<br />
Auch entstehen Innovationen zunehmend an interdisziplinären<br />
und organisationalen Schnittstellen.<br />
Hier gilt es, entsprechende Strukturen<br />
und auch Funktionen zu entwickeln, um diesen<br />
Entwicklungen gerecht zu werden. Nach Einschätzung<br />
des Arbeitskreises wird sich auch die<br />
Innovationskultur der Zukunft nicht automatisch<br />
einstellen, sie ist vielmehr aktiv zu gestalten im<br />
Rahmen einer reflektierten, individuellen und<br />
ziel orientierten Herangehensweise. Zudem wird<br />
Innovationskultur mehr denn je eine internationale<br />
Dimension adressieren. Denn es bleibt zu<br />
bedenken, dass Innovationskulturen, insbesondere<br />
auch auf Länderebene, historisch gewachsen<br />
und daher schwer änderbar sind.
10<br />
/// Arbeitskreis 8 ///<br />
Lernen durch innovative<br />
Bildungsnetzwerke<br />
Netzwerke sind soziale Konstrukte, die<br />
auf der Basis von Erfahrung und Austausch dazu<br />
beitragen, dass ihre Mitglieder Lösungen und<br />
Handlungsimpulse für die eigenen Herausforderungen<br />
entwickeln. Im Bildungssystem leisten sie<br />
einen wesentlichen Beitrag zur Öffnung für ein<br />
neues Denken, das die SchülerInnen und ihre Zukunft<br />
in den Mittelpunkt stellt.<br />
Damit werden Netzwerke zu Geburtsstätten zukünftiger<br />
Möglichkeiten des Lernens. Wie bringen<br />
sie Systemveränderung in den schulischen<br />
Alltag? Im Arbeitskreis wurden Bildungsnetzwerke<br />
hinsichtlich ihrer Relevanz im Umfeld einer<br />
Schule im Wandel diskutiert.<br />
Harald Katzmair führte in die Welt der Netzwerke<br />
als Orte des Lernens ein. Die Rollendiversität<br />
ist der wichtigste Erfolgsfaktor für innovative<br />
Netzwerke. Die zentrale Erkenntnis aus 15<br />
Jahren Netzwerkanalyse ist: Ambiguitätsfähigkeit<br />
setzt gute Ressourcen voraus. Ressourcen<br />
produzieren Diversität und diese produziert Wert<br />
und Werte. Diesen autokatalytischen Zyklus zwi-<br />
schen Ressourcen, Komplementarität der Rollen<br />
und gemeinsamen Werten gilt es am Leben zu<br />
erhalten.<br />
Michael Schratz präsentierte das konkrete Beispiel<br />
eines Bildungsnetzwerkes. Die Leadership<br />
Academy (LEA) vernetzt Führungskräfte aus den<br />
unterschiedlichen Ebenen des österreichischen<br />
Bildungssystems, damit Reforminitiativen in ihren<br />
Verantwortungsbereichen wachsen können.<br />
Die soziale Architektur der LEA schafft eine innovationsförderliche<br />
Kultur zur Entfaltung der kreativen<br />
Potentiale über Person und Institution.<br />
Großgruppenformate bilden den Rahmen für gemeinsame<br />
Visionen der Schule von Morgen,<br />
Lernpartnerschaft und kollegiales Teamcoaching<br />
unterstützen den Musterwechsel vom Leadership<br />
zum Lernen.<br />
Tanja Westfall-Greiter stellte eine Professionelle<br />
Lerngemeinschaft für die Rolle „LerndesignerIn“<br />
im Bereich der Neuen Mittelschule vor. Es<br />
wurde damit sichtbar, dass die digitale Vernetzung<br />
eine Ergänzung zu realen Begegnungen<br />
war, dass persönliche Treffen zum Aufbau des<br />
Vertrauens und zur Entwicklung der Zusammenarbeit<br />
notwendig waren.<br />
Sonja Gabriel und Michael Wagner nahmen sich<br />
das Lernen der SchülerInnen zum Thema und<br />
zeigten einen Ausblick in eine mögliche Zukunft<br />
von vernetztem Lernen in virtuellen Welten, ähnlich<br />
wie es heute bei Online Games bereits erfolgt.<br />
Peter Labudde berichtete über die Einführung<br />
der Bildungsstandards in der Schweiz und die<br />
Bedeutung, die traditionelle und innovative Netzwerke<br />
bei der Entwicklung der Bildungsstandards<br />
gespielt haben.<br />
Konrad Krainer und Gabriele Khan beschäftigten<br />
sich mit fachbezogenen Bildungsnetzwerken<br />
im Rahmen des Projekts IMST. Konrad Krainer<br />
skizzierte den Aufbau sowie die Entwicklung von<br />
neuen regionalen Netzwerken. Gabriele Khan<br />
stellte als konkretes Beispiel das regionale Netzwerk<br />
Kärnten vor.
11<br />
/// Arbeitskreis 9 ///<br />
Gesucht:<br />
jung,<br />
technisch<br />
begabt,<br />
wissbegierig<br />
Talent, Interesse und vor allem die Neugier<br />
werden unseren Kindern in die Wiege gelegt. Die<br />
heutige junge Generation gehört zudem zu den<br />
Digital Natives.<br />
Der tägliche Gebrauch von modernen Kommunikationsmitteln<br />
ist Routine. Dennoch ist ein Desinteresse<br />
gerade an den technischen Zusammenhängen,<br />
sogar eine gewisse Technikferne<br />
bei Jugendlichen erkennbar. Daher geht es jetzt<br />
darum, bei unseren Kindern wieder die Neugierde<br />
und den Forschergeist zu wecken und ihnen<br />
ein Milieu zu bieten, in dem sie dies ausleben<br />
können.<br />
Ein möglicher Lösungsansatz ist, Kinder und Jugendliche<br />
möglichst früh und umfassend auch<br />
außerschulisch mit der Realität des alltäglichen<br />
Arbeitsumfelds von Technikern und Naturwissenschaftlern<br />
zu konfrontieren.<br />
Eine Vielzahl an Projekten, wie etwa die „Lange<br />
Nacht der Forschung“, die gemeinsam mit Unternehmen<br />
umgesetzt und von Bund und Ländern<br />
gefördert werden, zeigen einen möglichen Weg.<br />
Firmen haben jedoch auch ihren Beitrag zu leisten,<br />
um qualifiziertes, interessiertes Personal<br />
heranzubilden.<br />
Dabei gibt es noch keine einheitliche Vorgangsweise,<br />
Synergien werden zu wenig genutzt und<br />
das Angebot ist viel zu oft wenig bekannt. Außerschulische<br />
Lernangebot, die zum realen Erleben<br />
in Naturwissenschaft und Technik führen, müssen<br />
besser ins bestehende Bildungssystem integriert<br />
werden.<br />
Begleitendes Monitoring und Forschungsarbeit<br />
über die Wirkungsweise der gesetzten Maßnahmen<br />
ist unerlässlich und soll als Entscheidungsgrundlage<br />
für die Finanzierung diverser Projekte<br />
fungieren. Interesse wecken ist der erste Schritt,<br />
danach sind Angebote zu schaffen, besondere Talente<br />
zu fördern und zu fordern.<br />
Ein Erkennen von Begabungen beginnt bereits im<br />
Kindergartenalter und muss in Folge auch in der<br />
Schule weiter gefördert werden. Hierfür ist einerseits<br />
eine allgemeine Aufgeschlossenheit zum<br />
Thema „Talente Kreativität.<br />
Begabung“ generell, ganz besonders für den Bereich<br />
Technologie, nötig, und andererseits das<br />
Engagement und Miteinander von Eltern,<br />
Schule, Forschungsinstituten und der Wirtschaft<br />
unumgänglich.
12<br />
/// Arbeitskreis 10 ///<br />
Smart Governance for<br />
Smart Specialisation<br />
Die geänderten Rahmenbedingungen für<br />
Innovationspolitik in Europas Regionen bildeten<br />
die Grundlage der Vorträge und Diskussionen.<br />
Regionale Innovationspolitik gewinnt zunehmend<br />
an Bedeutung, während gleichzeitig auch<br />
der Bedarf an neuen Ansätzen für die Entwicklung<br />
von Innovationsstrategien und Politikprogrammen<br />
steigt.<br />
Durch diese neuen Herausforderungen werden<br />
auch Innovationen zur Steuerung regionaler Innovationssysteme<br />
immer wichtiger. Diese Entwicklung<br />
erfordert vor allem eine verstärkte<br />
Partizipation regionaler Stakeholder und eine<br />
verbesserte Strategic Policy Intelligence.<br />
Das Setzen von Prioritäten in einem fundierten<br />
Dialog zwischen regionalen Stakeholdern muss<br />
als Ausgangspunkt für diese neuen Ansätze in<br />
der Innovationspolitik betrachtet werden.<br />
Die Definition einer gemeinsamen Vision für die<br />
Zukunft ist essentiell für die erfolgreiche strategische<br />
Entwicklung einer regionalen Innovationspolitik.<br />
Regional Foresight gilt in diesem Zusammenhang<br />
neben Evaluierung und Monitoring<br />
als Grundpfeiler für Strategic Intelligence auf<br />
regionaler Ebene.<br />
Praktische Erfahrungen aus ausgewählten europäischen<br />
Regionen zeigen, dass ein gut koordiniertes<br />
Zusammenspiel der relevanten Stakeholder<br />
aus allen drei Bereichen der regionalen<br />
„Triple Helix“ die zentrale Voraussetzung für<br />
eine erfolgreiche Innovationspolitik darstellt.<br />
Auch wirtschaftlich starke Regionen suchen dabei<br />
Möglichkeiten der Spezialisierung in bestimmten<br />
Nischen an der Schnittstelle zu den<br />
Key Enabling Technologies. Erfolgreiche regionale<br />
Innovationspolitik darf sich nicht nur auf<br />
Leitbetriebe konzentrieren, sondern muss auch<br />
die Bedürfnisse von Klein- und Mittelbetrieben<br />
entsprechend berücksichtigen.<br />
Im Bereich der Partizipation gibt es noch Raum<br />
für Innovationen. Jüngste Entwicklungen wie die<br />
sozialen Medien oder Twitter werden in Zukunft<br />
wahrscheinlich neue Wege eröffnen, um eine<br />
breitere Stakeholderbasis in die Entwicklung regionaler<br />
Innovationsstrategien einzubinden.<br />
Spezielles Know-how und besondere Fähigkeiten<br />
werden nötig sein, um die Jugend zu einer<br />
verstärkten Beteiligung an diesen Prozessen zu<br />
ermutigen.<br />
Die Diskussionen haben gezeigt, dass Strategien<br />
der „Smart Specialisation“ neue vielversprechende<br />
Perspektiven für die strategische Entwicklung<br />
einer regionalen Innovationspolitik bieten,<br />
obwohl angemerkt werden muss, dass<br />
verschiedene Aspekte bereits in einigen europäischen<br />
Regionen erfolgreich in der Praxis angewendet<br />
werden.<br />
Partizipation ist der Schlüssel für nachhaltigen<br />
Erfolg, da sie Stakeholder über die Phase der<br />
Strategieentwicklung hinaus mobilisiert. Dennoch<br />
werden in den kommenden Jahren neue<br />
Formen der Regional Governance zu prüfen<br />
sein.
13<br />
/// Arbeitskreis 11 ///<br />
Medizintechnik:<br />
Herausforderungen<br />
und Chance<br />
Medizinprodukte erfüllen neben den hohen<br />
Ansprüchen von ÄrztInnen und PatientInnen<br />
auch außerordentlich hohe regulatorische und sicherheitstechnische<br />
Anforderungen. Im Gegensatz<br />
zu Medikamenten müssen Medizinprodukte<br />
jedoch keine vorteilhafte Wirkung im Zulassungsprozess<br />
nachweisen.<br />
VertreterInnen aus Industrie, öffentlicher Hand<br />
und Forschung diskutierten im Spannungsfeld<br />
„Innovation – Legislative – Gesundheitsökonomie“<br />
zukünftige gesetzliche Änderungen, Marktchancen<br />
und Eintrittshürden und beleuchteten<br />
dabei technologische und gesellschaftspolitische<br />
Herausforderungen und Chancen der Medizintechnik.<br />
Der Arbeitskreisleiter Univ.-Prof. Dr. Thomas R.<br />
Pieber, stellte in seinem Eröffnungsstatement<br />
fest dass die Abschätzbarkeit der klinischen<br />
Wirksamkeit von Medizinprodukten derzeit noch<br />
sehr schwierig ist.<br />
Denn derzeit gibt es keine systematische Prüfung<br />
von Sicherheit und Wirksamkeit, weder vor,<br />
noch nach der Zulassung. In diesem Zusammenhang<br />
werden immer öfter Register gefordert,<br />
um Behandlungsergebnisse zu dokumentieren<br />
und den Nutzen für die Patienten/innen<br />
evaluieren zu können.<br />
Fazit:<br />
■■<br />
Der Bereich Medizintechnik ist ein hoch reguliertes<br />
und transdisziplinäres Umfeld, das dadurch<br />
sehr viele Herausforderungen, aber auch<br />
hohe Chancen beinhaltet.<br />
■■<br />
Voraussetzung in allen Themenbereichen ist<br />
die gute Kooperation aller beteiligten Forschungsdisziplinen,<br />
die Unterstützung von<br />
Fördergebern, aber auch ein entsprechend<br />
zielgerichtetes, veränderungsfähiges regulatorisches<br />
Umfeld.<br />
■■<br />
■■<br />
■■<br />
■■<br />
■■<br />
Eine Definition zu „Medizinprodukt“ durch den<br />
Gesetzgeber ist wünschenswert.<br />
Register zur Evaluierung des Nutzens der Medizinprodukte<br />
können wesentlich zur Verbesserung<br />
der Medizinprodukte und zur Entscheidung<br />
der Zahler beitragen.<br />
Entwicklung eines finanzierbaren Systems, klinische<br />
Wirksamkeitsprüfungen für Medizinprodukte<br />
durchführen zu können (Beispiel<br />
Deutschland).<br />
Die Einbeziehung von PatientInnenverbänden<br />
und der Zahler (Krankenkassen) in eine frühe<br />
Entwicklungsstufe der Medizinprodukte kann<br />
den Nutzen optimieren.<br />
Die gute Kommunikation der Ergebnisse kann<br />
ein wesentlicher Faktor zur Erzielung der Geldmittel<br />
(Förder-, Kapitalgeber) für die Entwicklung<br />
der Medizinprodukte sein.
14<br />
/// Arbeitskreis 12 ///<br />
Cyber-Sicherheit<br />
als kritischer<br />
Stabilitätsfaktor<br />
Cyber-Sicherheit wird zu einem brennenden<br />
Thema. Im Jahr 2020 wird es etwa 20 Milliarden<br />
mit dem Internet verbundene Geräte geben –<br />
PCs, Smartphones, Maschinen in Banken, Spitälern,<br />
Industrieanlagen, Ämtern und natürlich<br />
Privathaushalten. Diese Geräte können durch<br />
Internetangriffe in ihrer Funktionsweise beeinflusst<br />
werden.<br />
Sensible Inhalte können in die Hände unbefugter<br />
Personen geraten. Wie hoch ist die Cyber-Sicherheit<br />
wirklich? Außerdem steigt, z.B. in sozialen<br />
Netzwerken, die Menge bewusst geteilter<br />
persönlicher Inhalte.<br />
Sensible Daten werden in der Cloud abgespeichert.<br />
Durch ACTA soll nun auch der Datenverkehr<br />
kontrolliert werden. Ist das der Beginn des<br />
gläsernen Users? Das war die Ausgangslage für<br />
den Arbeitskreis „Cyber-Sicherheit als kritischer<br />
Stabilitätsfaktor“.<br />
Die wohl eindeutigste Aussage über Qualität und<br />
Verlauf des Workshops war aus dessen Dauer<br />
abzulesen: Trotz Kürzung von Kaffee- wie Mittagspause<br />
musste die Diskussionszeit mehrfach<br />
und erheblich verlängert werden, da es so viele<br />
Fragen, Anregungen und Interventionen aus<br />
dem Publikum gab.<br />
Im Verlauf der Vorträge kristallisierten sich zwei<br />
Meta-Themenkreise heraus, denen das Hauptinteresse<br />
von Panel wie Publikum galt.<br />
Zum einen wurde ein von Prof. Sarah Spiekermann<br />
präsentiertes neuartiges Modell ausführlich<br />
und streckenweise durchwegs kontrovers<br />
diskutiert. Die Kernaussage: Ein nachhaltiges<br />
Konzept einer datenschutzfreundlichen Datenökonomie<br />
braucht die Anerkenntnis von personenbezogenen<br />
Daten als persönliches Eigentum<br />
sowie die Wahlmöglichkeit des Benutzers, diese<br />
Daten anonymisiert für den Datenmarkt bereitzustellen.<br />
Als zweites Metathema entpuppte sich der von<br />
Pascal Gloor angerissene pädagogische Ansatz,<br />
mit dem versuchte wurde, die aufgeworfenen<br />
Fragen zu Verantwortung und Dimensionen<br />
der dringend gebotenen, frühzeitigen Cyber-Security-Pädagogik<br />
zu beantworten.<br />
Was Besetzung und Mindsets des Panels betrifft,<br />
so war es für Publikum wie Moderator<br />
doch einigermaßen erstaunlich, wie hier PiratInnen<br />
und PolizistInnen, CTOs von Telekom-<br />
Marktführern und IT-Security-ExpertInnen mit<br />
einer ausgesprochen diskussionswütigen Audience<br />
interagierten und zu gemeinsamen Perspektiven<br />
fanden, die am Beginn der Diskussion<br />
noch unvereinbar schienen.<br />
Mehr als ein Drittel der Anwesenden ergriffen –<br />
nicht nur einmal – das Wort.
15<br />
/// Arbeitskreis 13 ///<br />
Moderne Technologien<br />
und ihre Rolle in<br />
Demokratieprozessen<br />
Mit eindrucksvollen Zahlen demonstrierte<br />
Anton Aschwanden, Google, die Dimensionen,<br />
die die moderne Informationsgesellschaft heute<br />
angenommen hat. Im Frühjahr 2011 gab es bereits<br />
325 Millionen Websites weltweit, pro Minute<br />
werden 100.000 Kurznachrichen über Twitter verbreitet<br />
und 72 Stunden Videos auf YouTube hochgeladen<br />
- eine Fülle, die in früheren Jahrzehnten<br />
undenkbar gewesen wären.<br />
Allerdings schränkte Bernhard Palme, Professor<br />
am Institut für Alte Geschichte, Papyrologie und<br />
Epigraphik der Universität Wien, ein, fehle zunehmend<br />
der Selektionsprozess, der mit den bisherigen<br />
Instrumenten der Massenkommunikation<br />
Hand in Hand ging. Im Bereich der Wissenschaft<br />
sei ein Mangel an kritischer, qualitätsorientierter<br />
Arbeit bereits deutlich merkbar, so Palme. Für<br />
eine funktionierende Cyberdemokratie reiche es<br />
nicht aus, nur Meinungsäußerungen in Foren<br />
oder Sozialen Netzwerken zu posten, so der<br />
Journalist Matthias G. Bernold. Erfolgreich sei,<br />
wer über die beste Organisation verfügt. In den<br />
nächsten Jahren werde sich die Art, wie Politik<br />
funktioniere, grundlegend ändern. Politiker würden<br />
ihren Expertenstatus verlieren und zu Moderatoren<br />
werden.<br />
Als Moderatoren verstehen sich auch die Aktivisten<br />
der Piratenpartei in Österreich. Nach Rodrigo<br />
Jorquera, Mitglied des Bundesvorstandes, stehen<br />
bei der Piratenpartei weniger herkömmliche<br />
politische Positionen im Zentrum, sondern die<br />
Strukturen, wie Beschlüsse gefasst werden.<br />
Diese Form der Politik – „Schwarmintelligenz“<br />
(eine Form von Internet-Basisdemokratie) statt<br />
Parteiprogramm – fand allerdings nicht nur Zustimmung.<br />
Von Basisdemokratie sei in China jedenfalls noch<br />
wenig zu bemerken, so die Moderatorin Cornelia<br />
Vospernik, langjährige ORF-Korrespondentin in<br />
China. Sie schilderte die Strukturen der chinesi-<br />
schen Internet-Zensur aus persönlicher Erfahrung.<br />
Allerdings dürfe man nicht glauben, dass<br />
alle chinesischen Internetnutzer nur am Umsturz<br />
des Systems interessiert seien, ganz im Gegenteil.<br />
Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
hätten zwar einen wesentlichen Anteil<br />
am Umsturz des politischen Systems in Ägypten<br />
gehabt, berichtete Karim El-Gawhary,<br />
ORF-Korrespondent für den Nahen Osten. Man<br />
dürfe aber nicht vergessen, dass ein Drittel der<br />
Ägypter nicht lesen kann und nur ein Viertel Zugang<br />
zum Internet hat.<br />
Wesentlich für die neue Form der Politik sei es,<br />
die derzeit brennenden Fragen des Datenschutzes<br />
zu klären, waren sich Max Schrems, Gründer<br />
und Aktivist von „europe-v-facebook.org“ und<br />
Gerald Ganzger, Rechtsanwalt, einig. Während<br />
für Schrems vor allem das Vertrauen in die Technologie<br />
wichtig ist, relativierte Ganzger die Hoffnung<br />
auf eine schnelle Klärung der rechtlichen<br />
Situation - das Internet-Recht sei eine permanente<br />
Gratwanderung.<br />
Generalconclusio: Die Art, wie Politik funktioniert,<br />
wird aufgrund der modernen Informationstechnologien<br />
in wenigen Jahren grundlegend anders<br />
aussehen als heute.
16<br />
Foto: Milenko Badzic<br />
ALPBACH RELOADED:<br />
TECHNOLOGIEGESPRÄCHE 2.0<br />
/// Tomorrow Today sprach mit AIT Aufsichtsratsvorsitzenden Hannes Androsch,<br />
was aus seiner Sicht den Magnetismus des jährlichen Europäischen Forums<br />
Alpbach ausmacht, wo allfälliger Nachjustierungsbedarf besteht und welche<br />
technologiepolitischen Herausforderungen generell künftig in Alpbach diskutiert<br />
werden sollten. ///<br />
Im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche,<br />
die seit vielen Jahren als zentraler<br />
Höhepunkt der Forschungs-, Technologie- und<br />
Innovationszene vom AIT <strong>Austria</strong>n Institute of<br />
Technology und dem ORF/Radio Ö1 organisiert<br />
und umgesetzt werden, trafen sich Ende August<br />
mehr als 1.100 EntscheidungsträgerInnen aus<br />
Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zum interdisziplinären<br />
Meinungsaustausch. Unter dem<br />
Thema „Globale Zukunft – Erwartungen an Wissenschaft<br />
und Technologie“ wurden in 13 Arbeitskreisen,<br />
zahlreichen Plenarveranstaltungen und<br />
Sondersitzungen Lösungsansätze für jene Herausforderungen<br />
diskutiert, die als Grand Challenges<br />
der Zukunft festgemacht wurden. Unter<br />
den Vortragenden, die bei den Technologiegesprächen<br />
mögliche Szenarien für globale technologische<br />
und industrielle Entwicklungen zeichneten,<br />
waren auch in diesem Jahr wieder zahlreiche<br />
NobelpreisträgerInnen, leitende Industrielle aus<br />
aller Welt, Mitglieder der Europäischen Kommission<br />
sowie internationale Führungskräfte aus<br />
Wissenschaft und Politik.<br />
Tomorrow Today wollte von AIT Aufsichtsratsvorsitzenden<br />
Hannes Androsch unter anderem wissen,<br />
ob sich nach fast 70 Jahren der „Spirit“ dieser<br />
Veranstaltung überholt hat, oder ob das<br />
Forum aus seiner Sicht nach wie vor dieselbe Bedeutung<br />
hat wie einst.<br />
Herr Aufsichtsratsvorsitzender, Sie kennen das<br />
Forum Alpbach einst und jetzt. Ist dieses Format<br />
noch zeitgemäß, oder orten Sie Nachjustierungsbedarf?<br />
Hannes Androsch: Was den Magnetismus des Forums<br />
ausmacht, ist die Tatsache, dass uns der
17<br />
Rahmen dieses kleinen Tiroler Bergdorfes seit vielen<br />
Jahren die Möglichkeit bietet, über Grenzen<br />
von wissenschaftlichen Disziplinen, Staaten und<br />
Weltanschauungen hinweg ins Gespräch zu kommen,<br />
um Neues entstehen zu lassen. Und das<br />
konnte in all den Jahren durch zahlreiche Lösungsansätze,<br />
die auf den Gesprächen in Alpbach<br />
fußen, bewiesen werden. Die Technologiegespräche<br />
in Alpbach haben somit dazu beigetragen,<br />
dass wir in der Forschungsintensität, Innovationskraft<br />
und Dynamik durchaus weitergekommen<br />
sind – zwar noch nicht ans Ende der Fahnenstange,<br />
aber immerhin mit teilweise durchaus beachtlichen<br />
Erfolgen. Klar ist aber auch, dass es<br />
nichts gibt, das nicht mit der Zeit verbesserungsfähig<br />
beziehungsweise anpassungsbedürftig wäre.<br />
Mit Franz Fischler hat das Forum Alpbach jetzt<br />
einen neuen Präsidenten bekommen. Das wäre<br />
in der Regel der ideale Zeitpunkt für allfällig erforderliche<br />
Nachjustierungen. Ist die Grundstruktur<br />
der Technologiegespräche inkl. Plenum,<br />
Arbeitskreise und Seminare aus Ihrer Sicht nach<br />
wie vor das Konzept erster Wahl?<br />
Androsch: Präsident Franz Fischler ist sicherlich<br />
eine gute Wahl. Bei allem, was wir anerkennenderweise<br />
seinem Vorgänger, Erhard Busek, dankend<br />
zuordnen können, sind wir, also das AIT<br />
und ORF/Ö1, die mit dem Forum einen Exklusivvertrag<br />
für die Umsetzung der Technologiegespräche<br />
haben, stark daran interessiert, die internationale<br />
Orientierung dieses Formates noch<br />
stärker voranzutreiben. Ich bin überzeugt, dass<br />
dies mit dem „Europäer“ Fischler rasch umzusetzen<br />
ist. Gleichzeitig sollte auch über ein zusätzliches<br />
Modul nachgedacht werden, wo EntscheidungsträgerInnen<br />
mit jungen Menschen<br />
– also den InnovationstreiberInnen der Zukunft –<br />
auf Augenhöhe miteinander diskutieren können.<br />
Zwar gibt es mit dem Format „Junior Alpbach“<br />
seit 1999 entsprechende Ansätze, die 2007 mit<br />
der „Ö1 Kinderuni Alpbach“ erweitert wurden,<br />
um bei jungen Menschen das Bewusstsein und<br />
das Interesse für Wissenschaft zu fördern, aber<br />
der echte befruchtende Austausch fehlt noch.<br />
Das AIT ist gemeinsam mit dem ORF/Ö1 als Veranstalter<br />
auch für den Inhalt der Technologiegespräche<br />
verantwortlich. Ist das aus Ihrer Sicht<br />
„OK“ oder wünschen Sie sich zusätzliche Partner?<br />
Androsch: Grundsätzlich gilt das Sprichwort: Zu<br />
viele Köche verderben den Brei! In höchstem<br />
Maße begrüßens- und wünschenswert wäre es<br />
jedoch, wenn wir die Industriellenvereinigung<br />
wieder als Partner ins Boot holen könnten. Denn<br />
mit diesem Verantwortungsmix verspreche ich<br />
mir eine noch höhere Trefferquote in der Identifikation<br />
künftiger Herausforderungen.<br />
Inhaltlich war in diesem Jahr auch die Helmholtz-Gemeinschaft<br />
eingebunden. Ist das ebenfalls<br />
ein potenzieller Wunschpartner?<br />
Androsch: Natürlich sind wir sehr daran interessiert,<br />
dass sich aus inhaltlicher Sicht die führenden<br />
Köpfe der Welt in die Alpbacher Technologiegespräche<br />
einbringen. Das ist aber ein von<br />
der Grundstruktur der regionalen Verantwortlichkeit<br />
entkoppeltes Thema. Denn da geht es<br />
vielmehr darum, wie wir das bewährte Format<br />
„Alpbach“ auf eine Metaebene heben können.<br />
Konkret könnte ich mir vorstellen, dass sich die<br />
Idee der Technologiegespräche in der vorhandenen<br />
Struktur und Umsetzung auch in andere<br />
Länder exportieren lässt. Es wäre eine interessante<br />
Herausforderung, in Zusammenarbeit mit<br />
gleich orientierten Forschungseinrichtungen –<br />
beispielsweise in der Schweiz, den Niederlanden,<br />
in Deutschland, aber auch über Europa hinaus<br />
– entsprechende Denk-Plattformen<br />
anzubieten, die dann vernetzt eine enorme<br />
Schlagkraft an Lösungsansätzen für künftige Herausforderungen<br />
zu bieten hätten.<br />
Also Fokussierung auf Internationalisierung als<br />
zentrale Leitlinie des Forums?<br />
Androsch: Aus meiner Sicht ja – in einem noch<br />
höheren Maße, als es bereits jetzt der Fall ist.<br />
Und natürlich auch über Europas Grenzen hinaus.<br />
Themenwechsel: Die AIT-Geschäftsführung<br />
wurde in Alpbach von den Stakeholdern für weitere<br />
fünf Jahre bestätigt, was bedeutet, dass die<br />
gesetzten Maßnahmen auch gegriffen haben.<br />
Macht Sie das als AIT-Aufsichtsratschef nicht ein<br />
wenig stolz? Schließlich fußen zahlreiche Maßnahmen<br />
für den erfolgten Turnaround auch auf<br />
Ihrem Input.<br />
Androsch: Stolz ist das falsche Wort – den überlass<br />
ich lieber den Pfauen. Ja, es ist der AIT-<br />
Mannschaft unter der Führung der beiden Geschäftsführer<br />
Anton Plimon und Wolfgang Knoll<br />
gelungen, das AIT <strong>Austria</strong>n Institute of Technology<br />
wieder auf stabile tragfähige Säulen zu setzen.<br />
Die Restrukturierung von Österreichs größter<br />
außeruniversitärer Forschungsstätte ist<br />
sogar derart vorbildlich gelungen, dass nun von
18<br />
Frau Bundesministerin Doris Bures in Auftrag gegeben<br />
werden konnte, mit dem AIT in Expansion<br />
zu gehen – was wir jetzt können und auch tun werden.<br />
Und ich bin mir sicher, dass wir die dafür erforderlichen<br />
zusätzlichen Mittel auch bekommen<br />
werden. Denn mit dem Ausbau der Internationalisierung<br />
leistet das AIT einen wichtigen Beitrag zur<br />
Erfüllung der Strategie für Forschung, Technologie<br />
und Innovation der Bundesregierung.<br />
Stichwort FTI-Strategie: Zeitgleich mit der Bundesregierung<br />
hat der Forschungsrat unter Ihrem<br />
Vorsitz im Sommer seine Sicht der aktuellen Situation<br />
präsentiert, die sich nicht in allen Punkten<br />
mit jener der Bundesregierung deckt. Wieviel<br />
Spielraum gibt es Ihrer Meinung nach für eine<br />
Nachjustierung dieser FTI-Strategie?<br />
Androsch: Der Forschungsrat hat als Beratungsorgan<br />
der Bundesregierung nicht nur die Aufgabe<br />
sondern auch die Verpflichtung, die zuständigen<br />
Ressorts darauf hinzuweisen, was<br />
erforderlich ist, um die FTI-Strategie sinnvoll<br />
umsetzen zu können. Und wir werden nicht müde<br />
sein, unserem Auftrag zu entsprechen und somit<br />
jene Maßnahmen einzumahnen, die es aus unserer<br />
Sicht jetzt zu setzen gilt. Dabei geht es nicht<br />
nur um mehr Mittel, sondern vor allem auch um<br />
die Verbesserung der Strukturen in vielen Bereichen.<br />
Beispielsweise in der Vermeidung von Parallelstrukturen<br />
und Zersplitterungen und hin zu<br />
mehr Internationalisierung. Zwar heißt es berechtigter<br />
Weise „ohne Geld ka Musi“, aber werden<br />
begrenzte Mittel effizient eingesetzt, führt<br />
dies ebenso zum Ziel.<br />
Es scheint, als ob bei der Vergabe von Forschungsförderungen<br />
für die Politik vor allem<br />
zählt, wie viele private Investitionen bzw. Arbeitsplätze<br />
ein Fördereuro hebelt. Sehen Sie das<br />
auch als zentrales Merkmal für den Standortausbau<br />
im globalen Wettbewerb oder ist das aus<br />
Ihrer Sicht zu kurz gedacht?<br />
Androsch: Es ist ein legitimes Anliegen. Aber es<br />
setzt das Verständnis voraus, dass es einer Sogwirkung<br />
bedarf. Öffentliche Unterstützung ist wegen<br />
seiner Längerfristigkeit die Voraussetzung<br />
dafür, dass die Wirtschaft mit ihrem dem Markt<br />
geschuldeten zwangsläufig engerem Horizont<br />
entsprechend planen und reagieren kann. Wenn<br />
dies nicht gegeben ist, bedient sich die Industrie<br />
ausländischer Einrichtungen – und das können<br />
wir am wenigsten brauchen. Denn es würde den<br />
Brain drain – also das Abwandern der besten<br />
Köpfe ins Ausland – verstärken. Es ist ja bereits<br />
jetzt so, dass Jahr für Jahr 5.000 kluge Köpfe das<br />
Land verlassen. Wir arbeiten daher derzeit mit<br />
Hochdruck an Lösungsmodellen, wie wir diesen<br />
Trend in einen „Brain gain“, umkehren können,<br />
wo also mehr Schlüsselpersonen aus dem Ausland<br />
nach Österreich kommen, als umgekehrt.<br />
Österreich hat jedenfalls innerhalb der OECD-<br />
Länder bereits jetzt eine der höchsten Förderquoten.<br />
Jammern wir also auf hohem Niveau?<br />
Androsch: Das ist einerseits richtig, auf der anderen<br />
Seite soll für uns natürlich nicht der<br />
Durchschnitt als Latte gelten. Wir haben uns<br />
vielmehr an den erfolgreichsten Ländern der<br />
Welt zu orientieren. Unsere Messlatte müssen<br />
Länder wie Schweden, die Niederlande, Schweiz,<br />
Deutschland, die USA, Japan, Singapur und zunehmend<br />
auch China sein. Verfolgen wir keine<br />
ehrgeizigen Ziele, brauchen wir uns am globalen<br />
Wettbewerb erst gar nicht zu beteiligen.<br />
Ist auch für Sie das Erreichen der festgesetzten<br />
Forschungsquote in Stein gemeisselt? Oder, anders<br />
gefragt, liegt der Erfolg oder Misserfolg eines<br />
Forschungsstandortes tatsächlich in erster<br />
Linie am Budget?<br />
Androsch: Es ist nicht der alleinige Maßstab. Mehr<br />
Mittel sind nicht die Sicherheit für Erfolg – aber<br />
ohne geht es eben auch nicht. Fest steht leider,<br />
dass wir unsere zuletzt vorhandene Forschungsförderungsdynamik<br />
in den letzten Jahren mit einer<br />
Stagnation eingetauscht haben. Das ist langfristig<br />
ein tragischer Fehler, der aber auch kurzfristig erheblich<br />
schmerzt. Dass es auch anders geht, haben<br />
beispielsweise die Deutschen oder Schweizer<br />
bewiesen. Sie haben es geschafft, sehr wohl ihre<br />
Budgets zu konsolidieren, ohne bei Bildung, Wissenschaft<br />
und Forschung sowie dem universitären<br />
Sektor sparen zu müssen, sondern – im Gegenteil<br />
– in diesen Bereichen zum Teil sogar mehr Mittel<br />
zur Verfügung zu stellen. Denn sie haben es verstanden,<br />
dass der Konsolidierungsprozess nicht<br />
ohne Wachstum zu erreichen sein wird. Daher gilt<br />
es auch in Österreich, so rasch es geht die Entscheidung<br />
zu treffen, wenig sinnvolle oder ineffiziente<br />
Ausgaben zu streichen und zukunftsorientierte<br />
zu erhöhen. Das sehe ich als die<br />
Verantwortung für die Prioritäten der Politik.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!
SAVE THE DATE:<br />
ALPBACHER<br />
TECHNOLOGIEGESPRÄCHE 2013<br />
ERFAHRUNGEN UND WERTE<br />
22.-24.08.2013<br />
Congress Centrum Alpbach/Tirol<br />
Informationen: www.alpbach-technologyforum.com, Auskünfte: claudia.klement@ait.ac.at
Mehr Informationen<br />
über uns finden Sie hier:<br />
Wenn es um bahnbrechende Innovationen geht, ist das AIT <strong>Austria</strong>n Institute of<br />
Technology der richtige Partner für Ihr Unternehmen: Denn bei uns arbeiten<br />
schon heute die kompetentesten Köpfe Europas an den Tools und Technologien<br />
von morgen, um die Lösungen der Zukunft realisieren zu können.<br />
Mehr über die Zukunft erfahren Sie hier: www.ait.ac.at