26.10.2012 Aufrufe

Hexe! - B.b.'s Blog

Hexe! - B.b.'s Blog

Hexe! - B.b.'s Blog

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Hexe</strong>!<br />

(4)<br />

Autorin: Barbara (barbarella_1970@yahoo.de)<br />

Schreibecke: Iris_Sinclair.LiveJournal.com<br />

Nachdem der gute Mr. Alexander Sinclair schon einmal mitten in der Nacht aus dem Bett<br />

geklingelt worden ist, weil er als Vertreter von AVALON für jemanden Kaution stellen sollte, der<br />

wegen Randalierens in einer Bar verhaftet worden ist und Panik vor dem Morgengrauen<br />

hatte... na wie auch immer... Iris hat es ja zwar ganz lustig gefunden, doch Alexei findet sowas<br />

wohl weniger amüsant, zumal er nur äusserst ungern mit Polizei und Gerichten zu tun hat,<br />

auch wenn sich ein FBI-Ausweis in seiner Tasche befindet.<br />

Und ausserdem... nachdem sie es im ersten Jahr mit AVALON eher ruhig hat angehen lassen,<br />

hat Iris offenbar vor, in den nächsten Jahren die halbe Welt aufzukaufen, weshalb die dadurch<br />

nötigen Verträge wohl auch ein gefundenes Fressen für sämtliche Rechtsverdreher diesseits<br />

und jenseits der Datumsgrenze darstellen dürften.<br />

- - - - - -<br />

"Aha, dann ging<strong>'s</strong> also irgendwann mal endlich los, damit aus der kleinen popligen Firma<br />

schliesslich das mächtige AVALON wurde?" - "Nicht so hastig. Es dauerte ein paar Jahre... denn<br />

man ging sehr diskret vor mit den ganzen Deals, deshalb verging auch einige Zeit, bis AVALON<br />

überhaupt in der Öffentlichkeit bekannt wurde." - "Aber offiziell hat man bei AVALON<br />

Poltergeister gejagt und lauter solches Zeugs?" - "Ja. Das war der offizielle Teil der Stiftung."<br />

- - - - - -<br />

Alex starrt auf die Papiere, die Iris auf dem Tisch ausgebreitet hat, darunter auch Landkarten,<br />

wo sie so viele Gebiete markiert hat, dass die Welt fast schon violett eingefärbt scheint. Iris<br />

kennt sich mit Juristischem Kram aus, wie er wohl weiss, aber sie kann sich ja jetzt schlecht<br />

auch noch als Anwältin ausgeben oder sowas in der Art, weil das doch dann langsam etwas<br />

auffällig würde... also sinniert er stirnrunzelnd: "Vielleicht sollten wir uns ja gleich einen<br />

hauseigenen Anwalt zulegen oder sowas in der Art..." - "Gute Idee!" meint Iris lächelnd und ihr<br />

schwebt da urplötzlich auch schon jemand vor. Jemand, der vor einem halben Jahr oder so vor<br />

WOLFRAM & HART davongelaufen ist und nun immer noch ziellos in der Gegend herumirrt.<br />

[PALACE-HOTEL IN WASHINGTON]<br />

* * *<br />

Irgendwie hat Alex bei dem Namen Lindsey McDonald eher eine Frau erwartet - zumal Iris in<br />

geschäftlichen Dingen ja eigentlich bevorzugt mit Frauen zu tun hat, wann immer es sich<br />

einrichten lässt -, doch es ist ein junger Mann, der zu ihm hereinkommt... in den Raum im<br />

Palace, der vorläufig als Büro von AVALON fungiert.<br />

"Mr. Sinclair!" Lindsey McDonald streckt dem attraktiven Mann mit den grünen Augen seine<br />

Hand entgegen, versucht (vergeblich) ihn anhand seines Händedrucks einzuschätzen, und


emüht sich, möglichst professionell und dynamisch und überhaupt zu wirken; doch die<br />

Wahrheit ist, dass er völlig abgebrannt und ziemlich verzweifelt ist. Seit er von WOLFRAM &<br />

HART weg ist, mag zwar sein Gewissen etwas erleichtert sein, doch ansonsten ist es gar nicht<br />

toll für ihn gelaufen. Na ja, nicht dass es während der Zeit in der Anwaltskanzlei besonders gut<br />

für ihn gelaufen wäre, aber wenigstens hatte er Geld und alle damit verbundenen<br />

Annehmlichkeiten. Jetzt hat er nichts mehr. Bis auf seine Gitarre, die er gerade noch retten<br />

konnte, bevor man seine Wohnung in L.A. abgefackelt hat... Darum ist es ein echter Glücksfall,<br />

dass ihm jemand eine Visitenkarte von AVALON zusteckte und er sogar tatsächlich einen<br />

Termin bekam. Zwar hat er noch nie von dieser Stiftung gehört, die ja wohl noch ziemlich neu<br />

ist, doch irgendwie erscheint ihm dies geradezu wie die sprichwörtliche letzte Chance. Und<br />

nicht nur die Stiftung ist ziemlich neu, auch der Stiftungsratsvorsitzende ist irgendwie noch<br />

recht jung, wo man sich doch sonst unter dem Begriff eher einen würdigen älteren Herrn<br />

vorstellt.<br />

Alex kommt es ein wenig komisch vor, von diesem jungen Anwalt ständig Mr. Sinclair genannt<br />

zu werden, während der ihm gerade enthusiastisch und mit viel Elan klarzumachen versucht,<br />

dass AVALON es nicht bereuen würde, ihn zu engagieren, weil er ja durchaus schon Erfahrung<br />

mit seltsamen mysteriösen Fällen bzw. schwierigen Klienten hätte. Er ist süss... äh es ist süss,<br />

wie der junge Anwalt, der es wohl wirklich nötig hat, ihm nach allen Regeln der Kunst Honig<br />

um den Bart schmiert. Es ist selten, dass ihn jemand Mister nennt, denn seine Freunde<br />

nennen ihn alle Alexei und beim FBI wird er natürlich als Agent Sinclair angesprochen. Und<br />

überhaupt... also irgendwie kommt ihm Lindsey McDonald gar nicht wie ein Anwalt vor, denn<br />

Anwälte sind doch für gewöhnlich alt und distinguiert, so wie diese vier Typen, die bis in die<br />

Nacht hinein die Verträge für AVALON ausarbeiten mussten, und sehen nicht so aus, als hätten<br />

sie letztes Jahr noch im College Football gespielt...<br />

"Na dann zeigen Sie mal, Lindsey!" meint Alex schliesslich, dem der junge Mann irgendwie<br />

sympathisch ist, obwohl er auch einen gewissen gehetzten Eindruck macht; er erinnert ihn<br />

sogar ein klein wenig an sich selbst, als er noch jünger war... Eigentlich hat er erwartet, dass<br />

der Anwalt nach dem ganzen Gerede nun vielleicht noch irgendwelche Papiere zücken würde,<br />

beeindruckende Referenzen oder sowas in der Art - aber Lindsey sieht ihn nur mit so einem<br />

komischen schrägen Blick an und beginnt dann damit, sein Jackett abzulegen, seine Krawatte<br />

abzunehmen und das Hemd aufzuknöpfen, als wolle er hier einen Strip hinlegen.<br />

Alex traut seinen Augen kaum, doch irgendwie findet er es einfach zu faszinierend, was der<br />

Anwalt da treibt, um ihn zu unterbrechen. Er fragt sich ob dieser Lindsey McDonald wohl<br />

SOWAS gemeint hat mit den SPEZIELLEN DIENSTEN und ob der Mann wohl nur auf solche<br />

Weise an seinen letzten Job bei WOLFRAM & HART gekommen ist und was er für diese Typen<br />

wohl noch alles getan haben mag, die gemäss Iris' Aussagen auch mit finsteren Dämonen<br />

Geschäfte machen; und wie verzweifelt er wohl sein muss, um es jetzt wieder so zu<br />

versuchen... und er erinnert sich dunkel an eine Zeit, als er auch alles getan hatte für den<br />

verdammten Job; denn auch das Konsortium hat restlos alles von den 'Mitarbeitern' verlangt,<br />

ohne Rücksicht auf irgendwas, so wie diese obskure Anwaltskanzlei in L.A. offenbar auch... Wie<br />

weit würde Lindsey jetzt gehen?<br />

Lin ist etwas unsicher, weil Mr. Sinclair immer noch nichts sagt, sondern ihn nur mit diesen<br />

erstaunlichen grünen Augen ansieht, als wäre er die seltsamste Sache der Welt. Verdammt,<br />

diese grünen Augen! Er lässt sein Hemd zu Boden gleiten und geht dann langsam um den<br />

Schreibtisch herum zu Mr. Sinclair, der nun immerhin seinen Sessel in seine Richtung<br />

herumdreht, na immerhin mal sowas wie eine Reaktion. Während er immer noch wirres Zeug<br />

murmelt von wegen, dass er wirklich alles tun würde für den Job und immer sein bestes geben<br />

würde blablabla... geht er nun vor Mr. Sinclair auf die Knie, dessen Hände locker auf den<br />

Lehnen des Bürosessels liegen. An der linken Hand trägt er einen goldenen Ehering, wie Lin<br />

nicht umhin kommt zu bemerken. Tja, das heisst eben noch gar nichts. Auch seine Chefs bei<br />

WOLFRAM & HART waren verheiratet, um was zum Vorzeigen zu haben, was Repräsentatives<br />

an ihrer Seite, und doch pflegten sie offenbar das Motto, dass so ein kleiner Blowjob<br />

zwischendurch wohl ganz gut wäre, den Angestellten oder Junior Partnern zu zeigen, wo ihr<br />

Platz war, nämlich UNTEN.<br />

Als Alex schliesslich Lindsey<strong>'s</strong> Finger am Reissverschluss seiner Hose spürt, wird ihm<br />

schlagartig klar, dass der Mann es offenbar wirklich ernst meint. Und einige Augenblicke spielt<br />

er mit dem verlockenden Gedanken, es doch einfach geschehen zu lassen, einfach so aus<br />

Spass, denn es ist verdammt lange her, dass er in einen solchen Genuss kam, obwohl er es<br />

bislang noch nie vermisst hat. Hmmm, vermutlich ist sogar genau das der Grund, dass Iris


ausgerechnet diesen Mann hier zu einem Vorstellungsgespräch gebeten hat, denn das wäre ihr<br />

wirklich durchaus zuzutrauen. Oh ja, dieser Lindsey McDonald ist wirklich süss und trifft sowohl<br />

Iris' wie Alex' Geschmack... und doch kommt es ihm irgendwie verkehrt vor, die offensichtliche<br />

Notlage und Verzweiflung dieses jungen Anwalts hier einfach so auszunutzen.<br />

"Moment mal!"<br />

Lin erstarrt mitten in der Bewegung. "Ja, Mr. Sinclair?" fragt er unsicher und starrt wieder in<br />

diese schönen grünen Augen. Ihm wird plötzlich mit leisem Schrecken klar, dass er es wirklich<br />

gerne will, nicht nur wegen des Jobs, sondern weil dieser Kerl hier einfach so verdammt lecker<br />

ist; ganz anders als so manch andere Kerle, mit denen er schon zu tun hatte. Bei ihm wäre es<br />

ihm sogar ein Vergnügen... "Mr. Sinclair?" - "Was zum Teufel tun Sie hier eigentlich, Lindsey?"<br />

- Es ist wirklich nett, wie Mr. Sinclair, seinen Namen sagt, beim Klang dieser Stimme wird ihm<br />

ganz warm ums Herz... aber... "Was ich hier tue?!" echot Lin und ihm wird auf einmal<br />

schlagartig klar, dass Mr. Sinclair mit seiner sanften Stimme wirklich aufrichtig überrascht<br />

darüber scheint, was er hier tut, als hätte er sowas nun wirklich nicht erwartet. "Aber..." Oh<br />

Gott! Mr. Sinclair hat sowas wirklich überhaupt nicht erwartet, ganz und gar nicht... und jetzt<br />

wird er vermutlich denken, er wäre total pervers, und wird ihn zum Teufel jagen. "Tut mir leid!<br />

Ich dachte... Oh mein Gott, es tut mir so leid!" fängt er schockiert an zu stammeln, während er<br />

immer noch mit nacktem Oberkörper vor ihm kniet, unfähig den Blick von diesen grünen<br />

Augen zu wenden und doch auch genau so unfähig, diesen grünen Augen länger<br />

standzuhalten. "Ihre Sekretärin hat mir so einen anzüglichen Blick zugeworfen und da dachte<br />

ich... Bitte verzeihen Sie mir, es war ein Missverständnis, es tut mir so leid!" babbelt er weiter<br />

mit sich fast schon überschlagender leiser Stimme und fragt sich im gleichen Moment, warum<br />

er sich überhaupt noch entschuldigt, denn den Job kann er nach dieser unglaublichen Blamage<br />

ja sowieso vergessen. Er sollte sich lieber aus dem Staub machen, bevor es Mr. Sinclair noch<br />

einfällt, den Sicherheitsdienst zu rufen und ihn hochkant rauswerfen zu lassen...<br />

Alex betrachtet den jungen Anwalt zu seinen Füssen, dem man deutlich ansieht, dass er am<br />

liebsten im Erdboden versinken würde, ein Häufchen Elend. "Meine Sekretärin?" wiederholt er<br />

und beobachtet fasziniert, dass Lindsey nahe dran ist, in Tränen auszubrechen, ein Bild<br />

hoffnungsloser Verzweiflung, und er ist fast versucht, ihn in den Arm zu nehmen und zu<br />

trösten. "Ich habe gar keine Sekretärin." - "Aber diese Blondine im Vorzimmer..." stammelt<br />

Lin, der sich wenigstens ein wenig rechtfertigen will, nicht dass Mr. Sinclair überall rumerzählt,<br />

da wäre so ein perverser Anwalt unterwegs, so dass er nirgends mehr auch nur ein<br />

Vorstellungsgespräch bekommen würde. Allerdings hat er die letzten Monate auch so nirgends<br />

ein Vorstellungsgespräch bekommen, sobald man hörte, wo er früher gearbeitet hatte... Und<br />

jetzt das! Diese Blondine im Vorzimmer hat ihn mit ihren Blicken förmlich ausgezogen, ein<br />

paar mysteriöse Andeutungen gemacht... und ihn damit auf den falschen Gedanken gebracht,<br />

dass hier auch sowas von ihm erwartet würde... "Tut mir so leid!" wiederholt er nun schon<br />

zum x-ten Mal.<br />

"Na, ist er nicht süss?!"<br />

Die Stimme lässt sowohl Alexei<strong>'s</strong> wie auch Lin<strong>'s</strong> Kopf herumfahren. Da ist sie ja, die Blondine,<br />

die sich nun einfach auf den Schreibtisch setzt und interessiert auf Lindsey McDonald<br />

heruntersieht, der immer noch wie festgeklebt auf dem Boden kniet und sie nun anstarrt wie<br />

ein hypnotisiertes Kaninchen die Schlange. - "Lindsey, das hier ist Iris Sinclair, die Gründerin<br />

von AVALON." erklärt Alex - und dem jungen Anwalt ist nach einem Blick auf den goldenen<br />

Ring an ihrer linken Hand schlagartig klar, dass Mr. Sinclair nicht etwa der Bruder, sondern der<br />

Ehemann dieser Frau ist, die ihn schon wieder so merkwürdig ansieht. Er kommt sich nackt vor<br />

unter ihren Blicken. Er ist ja auch halbnackt... Lin kann sich nicht so recht entscheiden, ob er<br />

erbleichen oder erröten soll, und er wünscht sich in diesem Moment einfach nur noch im<br />

Erdboden zu versinken oder einfach zu sterben, weil ihm wirklich für den Bruchteil einer<br />

Sekunde schwarz vor Augen wird. Aber der Moment geht wieder vorbei und er steht endlich<br />

auf, wobei seine Knie leicht zittern. "Tut mir wirklich leid... ich werd dann mal lieber gehen..."<br />

Doch kaum hat er sich nach seinem Hemd gebückt und will gerade wie ein geprügelter Hund<br />

davonschleichen - als ihn ihre Stimme zurückhält, als hätte sie ein Lasso nach ihm geworfen.<br />

"Wo willst du denn hin?"<br />

Mrs. Sinclair sagt es in einem Ton, als ob sie es schade fände, wenn er geht. "Mrs. Sinclair...<br />

ich weiss es offen gestanden noch nicht..." murmelt er leise und wagt kaum zu hoffen, dass<br />

sich Leute wie Mr. und Mrs. Sinclair wirklich für sein Schicksal interessieren könnten. - "Na das<br />

hab ich mir gedacht. Und warum bleibst du dann nicht einfach hier?" - "Was?!" - "Na du suchst<br />

doch verzweifelt einen neuen Job, wie wir ja schon festgestellt haben, nicht wahr?" Sie lächelt


anzüglich und sowohl Lindsey wie auch Alexei werden dabei rot, der eine mehr, der andere<br />

weniger. "Es ist nicht gut für dich gelaufen, seit du bei WOLFRAM & HART davongelaufen bist...<br />

und trotzdem war es eine gute Entscheidung, glaub mir!" Es wäre doch zu schade um ihn<br />

gewesen, wenn er auch hier irgendwann von Padmara oder Angel oder sonst jemandem bei<br />

einem Kreuzzug gegen Finstere Mächte zerhackt worden wäre, weil er gerade auf der falschen<br />

Seite stand...<br />

Er starrt sie an, als wollte er ihre Gedanken lesen, doch dann wird ihm auf einmal schlagartig<br />

bewusst, dass sie es ist, die seine Gedanken liest. Sie weiss alles! Diese plötzliche Erkenntnis<br />

lässt ihn erst mal kurz nach Luft schnappen, doch zu seiner eigenen Verblüffung fühlt er sich<br />

noch nicht mal besonders unbehaglich dabei... Aber er wird nun neugierig... Wer oder was ist<br />

sie überhaupt, dass sie seine Gedanken lesen kann?!<br />

"Ich bin eine <strong>Hexe</strong>." Sie sagt es in so einem Ton, als wäre es doch das selbstverständlichste<br />

der Welt; und legt aber im gleichen Moment vielsagend einen Finger auf ihre Lippen. "Und ich<br />

habe manchmal einen etwas seltsamen Sinn für Humor, sorry." Sie zuckt kurz die Schultern.<br />

"Wenn du bei AVALON einsteigst, wirst du es auch mit jeder Menge seltsamer Sachen zu tun<br />

bekommen. Aber du bist ja schon einiges gewohnt, also wird dich wohl kaum noch etwas<br />

schocken können, zumal wir hier die Guten sind, wie ich mir gerne einbilde..." Sie legt den<br />

Kopf etwas schief. "Da ich eigentlich nicht viele juristische Komplikationen erwarte, wirst du<br />

dich als Anwalt wohl nicht überarbeiten müssen. Allerdings solltest du auf Abruf bereit sein,<br />

wenn doch mal was ist und beispielsweise ein Freund mitten in der Nacht noch schnell vor<br />

Sonnenaufgang aus dem Knast geholt werden muss oder sowas in der Art... Es ist natürlich<br />

auch nicht verboten, dich an irgendwelchen Fallrecherchen zu beteiligen, wenn dir langweilig<br />

ist, oder Melissa beim Papierkram zu helfen. Du kannst hier gratis im Palace wohnen, erhältst<br />

einen Dienstwagen und bekommst zudem noch Geld und allfällige Spesen. Dein Lohn ist für<br />

deine Arbeit. Und im übrigen... was das Vergnügen angeht..." Sie sagt es in einem Tonfall,<br />

der Lindsey wieder die Schamröte ins Gesicht treibt. "Das ist absolut freiwillig und wird auch<br />

nicht bezahlt." Sie lächelt ein steineschmelzendes Lächeln. "Na, was sagst du dazu?"<br />

Ach du lieber Himmel, das ist alles fast zu schön, um wahr zu sein... "Wann kann ich<br />

anfangen?" fragt er schlicht, wobei er immer noch mit nacktem Oberkörper dasteht, seine<br />

Hände um sein buchstäblich letztes Hemd verkrampft. Was auch immer man ihm hier zahlen<br />

wird, es wird schon genug sein. "Ich danke Ihnen für diese Chance, Mrs. Sinclair, Sie werden<br />

es nicht bereuen!" - "Na dann fang schon mal damit an, dass du mich Iris nennst!" Mit<br />

katzenhafter Geschmeidigkeit läuft sie dicht an ihm vorbei - was ihm einen wohligen Schauer<br />

den Rücken runterjagt, als ihm ein Hauch ihres Vanille-Duftes in die Nase steigt - um an der<br />

Hausbar eine Flasche mit grünem Inhalt und drei kleine Schnapsgläser zu holen, die sie auf<br />

den Schreibtisch stellt. Sie schenkt ein und reicht schon mal ein Glas ihrem Mann, mit dem sie<br />

einen verschwörerischen Blick wechselt. Dann reicht sie auch Lindsey ein Glas - der vorsichtig<br />

daran schnuppert und das Getränk nicht identifizieren kann. Was auch immer es ist, es riecht<br />

nach Pfefferminze. "Danke, Iris!" Iris stösst mit ihm an und er folgt ihrem Beispiel, die<br />

sirupartige Flüssigkeit mit einem Zug herunterzuschlucken. Und während er sich noch überlegt,<br />

dass dieses Zeugs ja gar nicht übel schmeckt... spürt er plötzlich Iris' Lippen auf seinen und<br />

ehe er es sich versieht, knabbert sie an seinen Lippen herum und frisst ihn fast auf. Jedenfalls<br />

für ein paar wundervolle Augenblicke...<br />

... und dann löst sie sich mit einem verschwörerischen Lächeln wieder von ihm. "So, dann<br />

wär<strong>'s</strong> also besiegelt!" Hüftschwingend verschwindet sie dann aus dem Raum...<br />

... während Lindsey McDonald seiner neuen Chefin noch leicht atemlos hinterher starrt. Erst<br />

jetzt fällt ihm auf, dass sie ihm die Unterlippe blutig gebissen hat, doch irgendwie fühlt sich<br />

das sogar gut an... "Was für eine Frau!" - "Eine <strong>Hexe</strong>!" erinnert ihn Alex lächelnd - worauf sich<br />

der junge Anwalt fast etwas schuldbewusst wieder Mr. Sinclair zuwendet. "Sie können sich<br />

wohl ziemlich glücklich schätzen!" meint er schliesslich, um irgendwas zu sagen. Ihm fällt auf,<br />

dass er immer noch sein Hemd in den Händen hält, und macht sich verlegen daran, es wieder<br />

anzuziehen, wobei er erneut errötet und sich nun aber kaum noch traut, Mr. Sinclair in die<br />

Augen zu sehen.<br />

"Es braucht Ihnen nicht peinlich zu sein, Lindsey." Irgendwie hat Alex das Gefühl, er sollte sich<br />

lieber gleich mal mit ihm aussprechen, wenn sie in Zukunft zusammenarbeiten wollen, denn<br />

ganz offensichtlich hat Iris diesen jungen Anwalt ja gerade engagiert. "Ich schätze mal, Iris hat<br />

Sie absichtlich auf komische Gedanken gebracht, also machen Sie sich nichts draus. Das<br />

gehört zu ihrer seltsamen Art von Humor..." - "Na ja..." Er weiss nicht so recht, wie er es<br />

sagen soll. "Ich muss gestehen, dass diese Gedanken eigentlich gar nicht mal sooo abwegig


waren..." Dann fällt ihm wieder ein, dass er wohl lieber endlich den Mund halten sollte, bevor<br />

er doch noch hochkant rausgeworfen wird, denn was soll sein Boss nur von ihm halten... -<br />

"Ach ja?" Alex kann sich ein Lächeln nicht verkneifen - was Lindsey nicht so recht zu deuten<br />

weiss und er fragt sich deshalb, ob sein Boss wohl nur höflich bleiben will, um ihn doch lieber<br />

bei nächstbester Gelegenheit auf die eine oder andere Art loszuwerden, oder ob er sich bloss<br />

etwas über ihn lustig macht, wie er nun wieder mit hochrotem Kopf dasteht und mit seinem<br />

Krawattenknoten kämpft. "Tut mir leid, Mr. Sinclair, ich sollte wohl endlich meine Klappe<br />

halten!" murmelt Lin und grübelt darüber nach, warum in aller Welt er hier eigentlich ständig<br />

von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpert. Nicht nur diese Zauberhafte <strong>Hexe</strong> ist überaus<br />

erstaunlich, auch die blosse Gegenwart ihres Mannes fängt schon wieder an seine Sinne zu<br />

verwirren und er beginnt sich zu fragen, ob der vielleicht auch über irgendwelche magischen<br />

Kräfte verfügt.<br />

"Schon gut, bei uns wird eigentlich immer ziemlich offen gesprochen." Er steht auf und giesst<br />

Lindsey<strong>'s</strong> Schnapsglas nochmal voll, bevor er nun sein eigenes Glas erhebt, das er bislang<br />

noch nicht geleert hat. "Und deshalb: Nennen Sie mich ruhig Alexei!" Sie stossen an, trinken<br />

und als er bei dem jungen Anwalt wieder so einen seltsamen Blick bemerkt, meint er rasch:<br />

"Keine Sorge, wir brauchen uns nicht zu küssen. Iris ist diejenige, die immer alle möglichen<br />

Leute abzuknutschen pflegt!" - "Oh..." Lin klingt fast etwas enttäuscht. Es hätte ihm wirklich<br />

nichts ausgemacht, wenn es hier zu den Gepflogenheiten gehören würde, auch Alexei zu<br />

küssen... und gleichzeitig fragt er sich, wieso er jetzt schon wieder auf so komische Gedanken<br />

kommt. "Sowas wäre Ihnen wohl ziemlich unangenehm, Mr. Sinclair... äh Alexei." Lin lässt sich<br />

den Namen förmlich auf der Zunge zergehen. - "Nicht unangenehm." korrigiert Alex lächelnd.<br />

"Ich habe in meinem Leben nicht nur Frauen, sondern auch schon so manchen Mann<br />

geküsst..." erzählt er frei heraus und fragt sich im gleichen Augenblick, warum er sich<br />

eigentlich bemüssigt fühlt, diesem Anwalt jetzt auch noch gleich seine bisexuellen Neigungen<br />

auf die Nase zu binden. "Und wo wir schon mal dabei sind... Ich habe Sie da vorhin auch nicht<br />

gestoppt, weil es mir etwa so schrecklich unangenehm gewesen wäre, ich war nur überrascht."<br />

Hoppla! "Und weshalb haben Sie mich dann gestoppt?" fragt Lin mit leiser Stimme und<br />

irgendwie ist er wirklich fast enttäuscht, dass Alexei es getan hat; aber irgendwie auch<br />

verständlich, wenn die eigene Ehefrau in der Nähe herumschleicht, die vielleicht sonstwas mit<br />

ihren Magischen Kräften anstellen könnte. Na ja, allerdings scheint Iris ja eigentlich nicht<br />

gerade zur eifersüchtigen oder gar prüden Sorte zu gehören... - "Ich wollte nicht, dass Sie es<br />

tun, nur um an den Job zu kommen, und es hinterher bereuen... das wäre nicht recht<br />

gewesen." - "Wow, ein Mann mit Anstand!" Sofort beisst sich Lin auf die Zunge, denn<br />

irgendwie kommt es ihm seltsam vor, mit seinem Chef so salopp zu reden, auch wenn Mr.<br />

Sinclair hier so ganz anders wirkt als seine alten Chefs, die wirklich alte verknöcherte Kerle<br />

waren. "Tut mir leid!" - "Lindsey, hören Sie auf, sich ständig zu entschuldigen. Wollen Sie<br />

lieber eine Wohnung mit Morgensonne oder Abendsonne?" - Morgensonne, Abendsonne...<br />

"Was?" fragt er verdattert über den plötzlichen Themenwechsel. - "Sie können sich eine Suite<br />

aussuchen. Kommen Sie!"<br />

Lindsey McDonald entscheidet sich für eine Suite nach Westen raus, gleich unterhalb des<br />

Büros... und kann es kaum glauben, dass er endlich mal wieder in einem richtigen Bett<br />

schlafen wird. Es ist wirklich ein echter Glücksfall, dass er an AVALON geraten ist...<br />

*


"Was ist mit Ihren Sachen?" erkundigt sich Alex - und reisst Lin damit aus seinen Gedanken.<br />

Peinlich berührt starrt er seinen Boss an, der ihn wohl für ziemlich kindisch halten muss, weil<br />

er sich so auf das grosse weiche Bett geworfen hat. Er kommt sich hier wirklich vor wie im<br />

Märchen, wo der arme Junge von der Strasse plötzlich im Königsschloss wohnen darf...<br />

Schleunigst steht er wieder auf, wobei ihm durch das schnelle Aufstehen einen Augenblick<br />

wieder schwarz vor Augen wird. Mit seinem Kreislauf ist es momentan nicht zum besten<br />

bestellt, irgendwie ist ihm das Leben auf der Strasse wohl nicht gut bekommen. "Meine<br />

Sachen?" Er will seinem Boss lieber nicht erzählen, dass all seine Habe in Flammen<br />

aufgegangen sind, denn was würde das wohl für einen Eindruck machen... - "Na haben Sie<br />

nicht wenigstens noch irgendwo Gepäck oder sowas?" fragt Alex. "Wie sind Sie denn überhaupt<br />

nach Washington gekommen?" - "Mit dem Bus." Lin klingt etwas kleinlaut. Erfolgreiche Anwälte<br />

wären wohl geflogen und hätten sich dann ein Taxi genommen oder einen Mietwagen. Oder je<br />

nach Distanz wären sie mit dem eigenen Auto gefahren. Es ist eine Schande, nicht mal ein<br />

Auto zu haben... Erfolgreiche Anwälte hätten es aber auch nicht nötig gehabt, auf die Knie zu<br />

gehen und praktisch nackt um einen Job zu betteln... Noch schlimmer wäre es wohl, wenn er<br />

seinem Boss erzählen müsste, dass er die letzten Monate die meiste Zeit getrampt ist und sich<br />

nicht selten von Essensresten aus Mülleimern ernährt hat. Fast wie früher in seiner Kindheit...<br />

Mit dem letzten Geld hat er heute in einem Waschsalon seinen Anzug wieder vorzeigbar<br />

hergerichtet und sich selbst gewaschen, damit er nicht wie der letzte Penner daherkommt.<br />

Dafür hatte er heute noch nichts zu essen, noch nicht mal einen Kaffee. "Ich... äh... habe<br />

gewissermassen alle Zelte hinter mir abgebrochen." - "Aha. Verstehe..." Alex hat das Gefühl,<br />

dass Iris ihm wohl noch so einiges über ihren neuen Anwalt erzählen sollte. "Dann haben Sie<br />

also nicht mal ein Koffer?" - "Also..." Für einen Moment hat er wieder so ein schwummriges<br />

Gefühl. Hunger. Wenn er erst mal wieder was im Magen hat, wird sich das hoffentlich legen.<br />

"Äh... ich hab noch was in einem Schliessfach beim Busbahnhof." - "Na fein, dann fahr ich Sie<br />

schnell hin und Sie können Ihr Zeug holen!" meint Alex aufgekratzt, bemerkt jedoch sogleich<br />

Lindsey<strong>'s</strong> fast schon schockierten Blick. "Jetzt sehen Sie mich doch nicht so an! Hab ich gerade<br />

einen Fauxpas begangen? Gehört sich sowas nicht für den Stiftungsratvorsitzenden von<br />

AVALON?" Er lächelt verschwörerisch. "Wissen Sie, die Rolle ist noch ungewohnt für mich, da<br />

Iris ja die Stiftung erst Anfangs Jahr gegründet hat und ich noch nicht viel Gelegenheit hatte,<br />

irgendwie den Chef zu spielen, zumal die einzigen Mitarbeiter, die wir bislang haben, schon<br />

vorher Freunde von uns waren und erst noch etwas älter sind, so dass die eher einen<br />

Lachanfall bekämen, bevor sie mich als Chef ansehen würden..." Allerdings scheinen die<br />

gleichen Freunde keine Probleme damit zu haben, die angeblich ebenso junge Iris als Chefin<br />

anzusehen. Weil die ja schliesslich eine <strong>Hexe</strong> ist... - "Also ich kenne mich mit AVALON auch<br />

noch zu wenig aus, um zu wissen, was sich da gehört..." erklärt Lin vorsichtig. "Allerdings habe<br />

ich noch nie so einen Boss wie Sie getroffen!" - "Und ist das jetzt gut oder schlecht?" - "Ich...<br />

äh..." Langsam ist Lin ganz verwirrt. Was wollte er eigentlich sagen? - "Na los, gehen wir!"<br />

Alex berührt Lindsey leicht am Rücken - worauf sich dieser endlich in Bewegung setzt, den<br />

diese harmlose schiebende Berührung fast schon elektrisiert.<br />

*<br />

Unten in der Tiefgarage läuft ihnen noch eine hochschwangere Frau über den Weg, von der Lin<br />

gleich mal neugierig angestarrt wird. - "Melissa, das hier ist Lindsey McDonald, der heute von<br />

Iris engagiert worden ist und damit in Zukunft auch zu unserem Team gehört. Lindsey, das ist<br />

Melissa Skinner, sie ist gewissermassen die Administrative Zentrale von AVALON, also stellen<br />

Sie sich gut mit ihr!" stellt Alex lächelnd vor - worauf Melissa nun Lindsey erst mal von oben<br />

bis unten mustert. "Sie sind also dieser Anwalt aus L.A.?" Na da hat Iris ja nicht zuviel<br />

versprochen, er ist wirklich süss. "Willkommen in Washington!"<br />

Nach ein paar Takten Smalltalk geht Melissa dann schliesslich weiter nach oben, um mit Iris<br />

zusammen Yoga-Übungen zu machen und ein Bisschen zu tratschen...<br />

... während sich Lin schliesslich zu Alexei in ein schwarzes Auto undefinierbarer Marke setzt,<br />

das jedoch innen äusserst bequem, ja geradezu schon luxuriös eingerichtet ist.<br />

[Unterwegs in Washington]<br />

*<br />

Nachdem sie ein paar Minuten gefahren sind, wagt Lin endlich eine schüchterne Frage: "Ist es<br />

Ihnen überhaupt recht, dass Iris mich engagiert hat?" Ihm ist aufgefallen, dass Mr. Sinclair<br />

dieser Melissa gegenüber betont hat, dass Iris den neuen Anwalt engagiert hat. Er sieht seinen


Boss von der Seite her an - der ihm nun einen flüchtigen Blick zuwirft, bevor er sich wieder auf<br />

die Strasse konzentriert. "Ich vertraue Iris' Menschenkenntnis. Davon abgesehen würde ich Sie<br />

mal so auf den ersten Blick für einen netten Kerl halten, deshalb hätte ich Sie wohl auch so<br />

eingestellt." - "Trotz meines peinlichen Auftritts?" - "Ach, das war wenigstens mal was<br />

anderes..." grinst Alex. "Ehrlich, machen Sie sich doch nicht so einen Kopf darum... das war<br />

nur einer von Iris' Scherzen, dass sie Sie auf solche Gedanken gebracht hat." - "Hmmm..."<br />

Sein Boss scheint komplett zu ignorieren, dass er wirklich bereit war, so ziemlich alles für den<br />

Job zu tun, Scherz hin oder her. Jeder seriöse Anwalt hätte doch auf dem Absatz Kehrt<br />

gemacht, wenn Iris mit irgendwelchen Andeutungen gekommen wäre. Entweder scheint Alexei<br />

das egal zu sein... oder er glaubt womöglich, dass Iris wirklich jeden dazu bringen könnte, auf<br />

solche komischen Gedanken zu kommen.<br />

"Sie sehen so blass aus... ist Ihnen nicht gut?" erkundigt sich Alex nach einem besorgten Blick<br />

zu seinem wieder so schweigsamen Beifahrer. "Falls Ihnen schlecht wird: Im Handschuhfach<br />

müssten noch Kotztüten sein..." - Da er ja nichts im Magen hat, kann er doch eigentlich gar<br />

nicht... aber wer weiss, so schwummrig wie er sich fühlt... Obwohl er es ziemlich peinlich<br />

findet, öffnet Lin das Handschuhfach. Da drin sind nicht nur Kotztüten, sondern vor allem auch<br />

eine wahnsinnige Kollektion von Schokoriegeln und anderen Süssigkeiten. Oh mein Gott.<br />

Hungrig starrt er auf das Zeug und wirft seinem Boss kurz einen scheuen Blick zu. - "Bedienen<br />

Sie sich ruhig! Vielleicht ist ja etwas Zucker genau das richtige!" erklärt Alex aufmunternd -<br />

worauf sich Lin endlich einen Schokoriegel schnappt und den genüsslich verdrückt. Oh Gott, ist<br />

das gut!<br />

Meine Güte, der schlingt das süsse Zeug ja runter, als hätte er mindestens ne Woche<br />

gehungert! geht es Alex durch den Kopf und er erinnert sich vage an die Bohnensuppe, die Iris<br />

ihm servierte, nachdem sie ihn aus dem See gefischt hatte. Das war damals auch das<br />

köstlichste gewesen, das er je gegessen hatte... "So, wir sind da!" meint er, nachdem er den<br />

Wagen schwungvoll eingeparkt hat.<br />

Wie peinlich kann es eigentlich noch werden? fragt sich Lin, während er nun unter den<br />

aufmerksamen Blicken seines neuen Chefs den letzten Rest seiner Habseligkeiten aus dem<br />

Schliessfach holt. Alles was übrig geblieben ist von dem ganzen Reichtum, für den er<br />

gewissermassen seine Seele verkauft hatte, passt nun in eine zerfetzte Sporttasche, die so gar<br />

nicht zum Anwalts-Image passt. Darin ist auch ein zerrissener Fetzen, der einmal ein Mantel<br />

war; doch da Lindsey nicht wie der letzte Penner zum Vorstellungsgespräch erscheinen wollte,<br />

hat er lieber so getan, als würde ihm die Novemberkälte nichts ausmachen. Und dazu natürlich<br />

noch seine Gitarre, sein kostbarster Besitz... Sein Boss scheint sich kein Bisschen darum zu<br />

scheren, dass sein neuer Anwalt Gepäck wie ein Tramp hat, dafür ist er offenbar an der Gitarre<br />

um so mehr interessiert... - "Cool, Sie machen Musik?" - "Wenn ich Zeit und Lust habe..." Oder<br />

mir ein paar Cents zusammenbettle! fügt er in Gedanken hinzu. - "Das ist schön. Iris ist auch<br />

sehr musikalisch, wenn sie Zeit und Lust hat." - "Ach, was für ein Instrument spielt sie denn?"<br />

- "Na ja... eigentlich so gut wie alles." meint er schulterzuckend und denkt daran, wie Iris ihm<br />

mal gesagt hat, dass sie schliesslich viel Zeit hatte, alles zu lernen. "Und eine schöne Stimme<br />

hat sie auch." Er lächelt und schaut Lindsey an. "Sie singen sicher auch, oder?" - "Ähm... ja."<br />

gesteht Lin und hofft, dass er seinem Boss nicht gleich was vorsingen soll, denn dann würde<br />

ihm jetzt vermutlich die Puste ausgehen. Aber vermutlich will Mr. Sinclair sowieso nur höflich<br />

sein. - "Das ist ja toll!" meint Alex begeistert, der hinterhältig lächelnd glaubt, soeben einen<br />

'Freiwilligen' für den nächsten 'Bunten Abend' gefunden zu haben...<br />

Da Lindsey immer noch ein Bisschen so aussieht, als könnte er im nächsten Moment aus den<br />

Latschen kippen, nimmt Alex ihm trotz seiner Proteste wenigstens die Tasche ab und trägt sie<br />

zum Auto, wo er dann auch die Gitarre vorsichtig in den Kofferraum legt.<br />

Himmel, der Boss ist doch nicht auf den Kopf gefallen, der muss doch merken, dass sein neu<br />

engagierter Anwalt völlig abgebrannt ist! überlegt sich Lin auf der Rückfahrt. Verdammt, Iris<br />

hat seine Gedanken gelesen und weiss deshalb wohl so gut wie alles über ihn! Und vermutlich<br />

hat sie schon vorher so einiges gewusst, da sie ganz offensichtlich über seine früheren<br />

Arbeitgeber bescheidweiss, so wie sie bei Erwähnung von WOLFRAM & HART anzüglich gegrinst<br />

hat... und er Idiot hat sie für die Sekretärin gehalten... Allerdings scheint sie ihrem Mann noch<br />

nichts erzählt zu haben, da ja Mr. Sinclair bei seinem Anblick erst einmal ziemlich verblüfft<br />

schien. Bestimmt hat der Boss eine Frau erwartet... Aber wie auch immer, es ist doch höchst<br />

ungewöhnlich, dass jemand wie Mr. Sinclair höchstpersönlich einen neuen Mitarbeiter in der


Gegend rumkutschiert. Andere hätten höchstens ihren Chauffeur geschickt. Andere hätten ihn<br />

gar nicht erst eingestellt, geschweige denn auch noch die Tasche getragen...<br />

[ZURÜCK IM PALACE-HOTEL]<br />

*<br />

"Lindsey?!" - Jemand rüttelt sachte an seiner Schulter und Lin sieht sich um. Uuups! Da steht<br />

sein Boss an der offenen Beifahrertür. Sie sind schon wieder in der Tiefgarage des Palace, so<br />

wie<strong>'s</strong> aussieht. "Oh... wir sind ja schon da!" Na, heute ist er wohl ein richtiger Blitzmerker. So<br />

ein richtig ausgeschlafener Anwalt, ein aufgeweckter Bursche, ha ha ha... Spätestens jetzt<br />

würde ihn doch jeder normale Boss wieder hochkant rauswerfen, oder?! - "Sie sind wohl müde<br />

von der langen Reise." Alex nimmt ganz selbstverständlich Lindsey<strong>'s</strong> Tasche und die Gitarre<br />

aus dem Kofferraum und geht damit zum Lift - so dass Lin gerade noch aussteigen, die Autotür<br />

zumachen und ihm nachhetzen kann. "Sollten Sie das Auto nicht abschliessen?" fragt er<br />

schliesslich, um irgendwas zu sagen, als der Boss keine Anstalten macht, ihm wenigstens jetzt<br />

im Lift sein Gepäck wieder zu übergeben. - Alex kann sich ein leises Grinsen nicht verkneifen.<br />

"Das ist Iris' Auto. Niemand hier würde Iris' Auto stehlen!" - "Aha?" - "Nur keine Sorge, das<br />

werden Sie irgendwann alles verstehen."<br />

Als sie wieder in Lindsey<strong>'s</strong> neuer Wohnung ankommen, steht dort nun in der Stube ein<br />

Blumenstrauss mit einer Karte HERZLICH WILLKOMMEN BEI AVALON. Ausserdem hat jemand<br />

in der Küchenecke den Kühlschrank gefüllt.<br />

"Und wenn Sie keine Lust zum Kochen haben, können Sie sich auch was beim Zimmerservice<br />

bestellen!" erklärt Alex und bemerkt auf dem Tisch noch ein paar Sachen. "Ach ja, das sollten<br />

Sie jetzt noch unterschreiben, dann haben Sie morgen schon eine Kreditkarte für Ihr<br />

Spesenkonto; da können Sie alles drüber bezahlen, denn Ihr Gehalt wird auch gleich auf dieses<br />

Konto überwiesen. Und hier sind Ihre Schlüssel fürs Palace. Morgen werde ich Sie dann etwas<br />

rumführen, ist das recht?" - "Äh... ja, natürlich!" Vielleicht ist er ja schon gestorben und jetzt<br />

im Himmel?! "Danke für alles, Alexei!" Mr. Sinclair erscheint ihm wie ein barmherziger Engel<br />

oder sowas in der Art. Ein sehr attraktiver Engel. Uuups, Engel ist wohl die falsche Metapher,<br />

denn er will bei diesen schönen grünen Augen nicht an Angel denken! Hmmm... Also wenn Iris<br />

die <strong>Hexe</strong> ist, dann ist Alexei... keine Ahnung, der Boss eben.<br />

* * *<br />

"Na, wie gefällt er dir?" erkundigt sich Iris mit verschmitztem Lächeln - worauf Alexei nach<br />

einer Weile schliesslich ganz schlicht antwortet: "Süss." Sie kann ja ohnehin in seinen<br />

Gedanken lesen, falls er mal einen klaren Gedanken fassen kann, denn noch ist ihm nicht so<br />

ganz klar, weshalb Iris ausgerechnet diesen Mann ausgesucht hat, und solange er das nicht<br />

weiss, will er eigentlich lieber gar nicht erst damit anfangen, zuviel über Lindsey McDonald<br />

nachzudenken. - "Na da bin ich aber froh, dass ich deinen Geschmack getroffen habe!" feixt<br />

sie, obwohl sie den armen Kerl wohl in ihrer derzeitigen Guter-Samariter-Laune wohl sowieso<br />

auf die eine oder andere Art von der Strasse aufgelesen hätte. Lindsey McDonald hat hier zwar<br />

nie seine rechte Hand verloren wie in gewissen anderen Varianten, aber ansonsten doch recht<br />

viel mitgemacht...<br />

... und zur Zeit wälzt er sich zwei Stockwerke tiefer genüsslich auf seinem grossen Bett herum,<br />

stopft sich mit Fressalien voll und freut sich darüber wie ein Kind unterm Weihnachtsbaum...<br />

Iris lächelt bei dem Gedanken, wie der frischgebackene Anwalt der AVALON-STIFTUNG nun<br />

gerade an seine neuen Chefs denkt. Auf diese Weise hat er über seine alten Chefs nie<br />

nachgedacht...<br />

"Warum hat eigentlich Melissa schon gewusst, dass Lindsey McDonald dieser Anwalt aus L.A.<br />

ist, während du mir überhaupt nichts erzählt hast?" grummelt Alex nach einer Weile. - "Es<br />

sollte doch eine Überraschung sein!" erklärt Iris. "Man findet nicht alle Tage einen Anwalt, der<br />

schon Erfahrung mit Dämonen hat..." - "Hmmm... Sag mal, Iris, willst du mir nicht ein<br />

Bisschen mehr über unseren neuen Anwalt erzählen? Irgendwie scheinst du ihn zu kennen und<br />

ihm wohl auch zu vertrauen, sonst hättest du ihm wohl kaum erzählt, dass du eine <strong>Hexe</strong><br />

bist..." - "Du willst also mehr über ihn wissen? Na schön. Aufgewachsen ist er in ärmlichen<br />

Verhältnissen... und er wollte unbedingt reich werden." fängt Iris an zu erzählen - und Alex


muss bei ihrem Bericht ein paar Mal schlucken, denn das klingt wahrlich auch nicht viel besser<br />

als das Leben von Alex Krycek unter der Fuchtel des Konsortiums. "Ach du liebe Zeit, dann war<br />

er wohl wirklich schon fast am verhungern..." murmelt er schliesslich und wundert sich nun<br />

nicht mehr, dass Lindsey heute Nachmittag ein paar Mal fast weggetreten war. Warum er sich<br />

wie blöd über das weiche Bett freute und ihm die Aussicht auf Zimmerservice fast<br />

Freudentränen in die Augen trieb, so wie<strong>'s</strong> ausgesehen hat.<br />

Als Alex später eingeschlafen ist, wandern Iris' Gedanken auch wieder zu Lindsey McDonald,<br />

weil sie sich fragt, ob der wohl auch schon schläft. Nein. Sie wechselt für ein paar Sekunden in<br />

einen körperlosen Zustand, lässt sich fallen, quer durch das Büro im Stockwerk untendran...<br />

*<br />

... und materialisiert wieder in Lindsey<strong>'s</strong> Bett, das leer ist. Aus dem Badezimmer ertönen<br />

typische Würggeräusche... und Lindsey hängt zitternd und schon halb bewusstlos über der<br />

Kloschüssel, sein Körper von kaltem Schweiss bedeckt.<br />

"Ooooh..." Sie geht neben ihm in die Hocke, streicht ihm die Haare aus dem Gesicht und<br />

schaut einen Moment in seine fiebrig glänzenden Augen. "Hast du sowas öfters?" Sie sieht an<br />

seinem ungläubigen Blick, dass er sich darüber wundert, dass sie plötzlich hier ist und dass sie<br />

überhaupt an ihm Interesse zeigt, denn normalerweise war es den Leuten doch egal, ob er<br />

lebte oder starb. Er versucht den Kopf zu schütteln, doch ihm brummt der Schädel und er<br />

muss sofort wieder würgen, wobei allerdings schon nichts mehr kommt, weil sein Magen<br />

bereits wieder völlig leer ist, der wohl soviel Nahrung auf einmal wie heute nicht mehr gewohnt<br />

ist. Ihr ist schon heute Nachmittag nicht verborgen geblieben, dass er viel magerer war, als sie<br />

ihn in Erinnerung hatte, als hätte er hier nach dem Weggang von WOLFRAM & HART wirklich<br />

Hunger leiden müssen.<br />

Es ist ihm unsäglich peinlich, dass seine neue Chefin ihn so sieht. Nur in Boxershorts im<br />

Badezimmer und sich dazu noch die Seele aus dem Leib kotzend ist nicht gerade die Art von<br />

Präsentation, die ihm vorschwebte, wollte er sich doch eigentlich ganz gerne als dynamischen<br />

Anwalt verkaufen, korrekt gekleidet in Anzug und Krawatte. Stattdessen reicht sie ihm ein Glas<br />

Wasser mit einem Schuss Pfefferminzlösung, damit er den furchtbaren Geschmack aus seinem<br />

Mund spülen kann, und wäscht ihm das Gesicht mit einem nassen Lappen. Und spätestens als<br />

Iris ihn mühelos hochhebt und zu seinem Bett trägt, wird ihm klar, dass diese <strong>Hexe</strong> wirklich<br />

übermenschliche Kräfte hat. Er hat wohl irgendwie erwartet, dass sie ihn zudecken würde,<br />

doch sie betrachtet seinen Körper, der immer noch etwas unkontrolliert zittert, und untersucht<br />

ihn gründlich, als würde sie nach Einstichstellen für Drogen fahnden oder sowas in der Art.<br />

Dabei brennt nur die Nachttischlampe, also muss sie entweder verdammt gute Augen haben,<br />

mit denen sie auch im Dunklen sehen kann, oder sie hat noch sonstwie einen Sechsten Sinn<br />

für sowas. Und natürlich hat sie Fingerspitzen, die jede noch so kleine Unebenheit ertasten. Er<br />

jappst kurz nach Luft, als ihre Hände auch unter seine Shorts gleiten... und dort die Narben<br />

erfühlen. Er ist dankbar, dass sie keine Fragen stellt, denn er will sich jetzt nicht den perversen<br />

Dämon in Erinnerung rufen, der ihn missbrauchte, während sein Chef ungerührt zusah, weil<br />

der Kunde ja König ist...<br />

Endlich deckt sie ihn zu. "Du bist krank." Sie legt den Kopf etwas schief und sieht in sein<br />

ängstliches Gesicht, denn er ahnt bei ihrem Tonfall, dass es wohl weit über Übelkeit-nachzuviel-Fressalien<br />

hinausgeht. "Du bist mit so eine Art Dämonenvirus infiziert." War das in<br />

anderen Varianten etwa auch so? Ist ihr jedenfalls bislang noch gar nicht aufgefallen, wobei es<br />

ja nicht gerade zu ihren bevorzugten Hobbys gehört hat, irgendwelche Anwälte medizinisch zu<br />

untersuchen... "Damit will WOLFRAM & HART wohl die Mitarbeiter bei der Stange halten, damit<br />

niemand die Firma verlassen kann... und wenn doch, ist man spätestens ein paar Monate<br />

später tot, wenn nicht ständig das Gegenmittel oder besser gesagt Beruhigungsmittel<br />

verabreicht wird. Darum ging es dir in den letzten Monaten auch ständig so dreckig. Es lag<br />

nicht nur an den Umständen." Sie legt ihre Hand auf seine Stirn - worauf er plötzlich ruhiger<br />

atmen kann und nicht mehr so zittern muss. "Dann muss ich also sterben?" flüstert er und<br />

kämpft gegen die aufsteigenden Tränen an. Tränen der Wut. Ist ja wieder mal typisch, dass<br />

eine solche Hiobsbotschaft gerade dann kommt, als er gedacht hat, dass es in seinem Leben<br />

endlich wieder aufwärts geht, verdammt, verdammt, verdammt! - "Irgendwann schon, aber<br />

jetzt noch nicht. Ich hab dich heute Nachmittag ein klein wenig gebissen und damit<br />

gewissermassen geimpft. Darum hast du jetzt auch Fieber bekommen... Vielleicht wäre es gut,<br />

noch ein wenig nachzuimpfen..." Sie beugt sich zu ihm runter und haucht ihm ins Ohr: "Soll


ich?" - "Ja, bitte!" flüstert er fast tonlos, obwohl er sich einen Augenblick über sich selber<br />

wundert, dass er dieser <strong>Hexe</strong> einfach so vertraut.<br />

Er spürt wieder ihre Lippen auf seinen und öffnet leicht seinen Mund, als ihre Zunge<br />

hereingelassen werden will. Sie schmeckt irgendwie nach Vanille und schliesslich saugt er<br />

gierig an ihren Lippen, nicht nur weil der Speichel dieser Zauberhaften <strong>Hexe</strong> wohl das reinste<br />

Lebenselixier darstellt, sondern auch weil Iris so verdammt süss schmeckt. Er schmeckt auch<br />

sein eigenes Blut, doch sie hat ihn so sanft gebissen, dass er davon kaum etwas gemerkt hat,<br />

vermutlich weil er mit seinen Gedanken ziemlich abgelenkt war...<br />

Noch bevor er DANKE sagen kann, ist er auch schon eingeschlafen. Sie wuschelt ihm durch die<br />

Haare, deckt ihn zu und macht sich dann wieder aus dem Staub.<br />

* * *<br />

Lin wird langsam wach, als jemand an seinem Handgelenk den Puls fühlt, um zu sehen, ob er<br />

noch lebt. Als dann noch jemand eine Hand auf seine Stirn legt, um zu sehen, ob er Fieber hat,<br />

macht Lin die Augen auf. Es ist nicht irgendjemand, der da plötzlich an seinem Bett sitzt. Es ist<br />

Mr. Sinclair höchstpersönlich, der ihn geweckt hat, nachdem er in der Nacht zuvor noch von<br />

Iris ins Bett gebracht wurde... Wie hypnotisiert starrt er in diese wunderbaren grünen Augen.<br />

Der Boss trägt heute gar keinen Anzug, sondern dunkle Jeans, ein weisses T-Shirt und dazu<br />

eine dünne Lederjacke anstelle eines noblen Jacketts. Und er sieht in diesem legeren Look<br />

hinreissend aus. Heiss. Dieser Mann würde wohl selbst in Sack und Asche noch gut aussehen.<br />

"Sind Sie etwa krank, Lindsey?" - Diese wundervolle Stimme, mit aufrichtiger Besorgnis, jagt<br />

ihm einen Schauer den Rücken runter. Oh Gott, er hat seinen Boss vermutlich gerade<br />

angestarrt wie ein Idiot... "Ich... weiss nicht." Offensichtlich scheint Iris ihrem Mann noch<br />

nichts von dieser Dämonenvirus-Geschichte erzählt zu haben und er will seinem Boss nur<br />

ungern am frühen Morgen damit den Appetit verderben, indem er ihm in allen Einzelheiten<br />

schildert, wie sterbenselend ihm gestern Nacht noch war, bevor Iris... na ja, tat, was auch<br />

immer sie tat. "Gestern Abend war mir nur etwas schlecht." - "Oh... wir haben uns schon<br />

Sorgen gemacht, sonst hätte ich nicht den Generalschlüssel benutzt. Aber Sie haben das<br />

Telefon nicht abgenommen und auch nicht aufs Klopfen reagiert." - "Generalschlüssel?" - "Oh,<br />

den habe ich nicht etwa, weil ich Ihr Chef bin und Sie ständig überwachen wollte, sondern weil<br />

mir das Palace gehört." Es klingt fast nach einer Entschuldigung. - "Wow." Na ja, das erklärte<br />

immerhin, weshalb er sich einfach so eine Suite aussuchen konnte. - "Eigentlich wollte ich Sie<br />

auf einen kleinen Rundgang einladen, um Ihnen hier alles zu zeigen. Aber wenn<strong>'s</strong> Ihnen nicht<br />

gut geht, schlafen Sie sich lieber erst mal aus!"<br />

Verdammt, Lin hätte ihn auf der Stelle küssen können, doch er stottert nur, dass er schon<br />

okay und in ein paar Minuten fertig wäre. Während Alexei nun in der Stube wartet, springt Lin<br />

schnell unter die Dusche. Und gerade, als er danach widerwillig wieder in seine Sachen<br />

schlüpfen will... fällt ihm auf, dass die gar nicht mehr da sind. Nicht dass er seine alte<br />

vergammelte Unterwäsche und die Socken mit den Löchern drin sehr vermissen würde; aber<br />

das war die einzige Kleidung, die ihm nebst den zerrissenen Jeans in seiner Tasche noch<br />

geblieben ist. Er reisst den Schrank auf, weil er seine Sachen ja vielleicht gestern dort verstaut<br />

hat... doch da sind sie nicht. Dafür sind dort ein paar Socken, Unterwäsche und andere<br />

Kleidungsstücke gestapelt. In seiner Grösse. Sogar Schuhe.<br />

"Oh, gut, die Sachen passen!" meint Alex lächelnd, als Lindsey mit Jeans rauskommt, die<br />

wirklich wie angegossen sitzen. Und wenn er sich diesen Hintern so ansieht, kann er Iris' leisen<br />

Po-Fetischismus durchaus verstehen... Er reicht Lindsey eine Tasse von dem Kaffee, den er<br />

inzwischen gemacht hat. "Ich hab doch geahnt, dass Iris gutes Augenmass hat." - Lin rollt es<br />

bei dem starken Kaffee fast die Zehennägel auf, also tut er lieber noch etwas Milch rein. "Ach,<br />

dann hat also sie..." - "Ja, sie hat. Hoffentlich haben Sie nichts dagegen..." - "Oh, nein, ganz<br />

und gar nicht!" - "Na dann ist ja gut. Manchen Leuten ist es nämlich zuweilen etwas<br />

unheimlich, wenn Iris so... äh... hilfsbereit ist. Dabei meint sie es wirklich nur gut. Wie auch<br />

immer..." Er zupft kurz an Lindsey<strong>'s</strong> Hemd. "Die Farbe hier passt gut zu Ihren Augen!" -<br />

"Was?" Lin errötet schon wieder. Verzweifelt versucht er endlich mal wieder in seinen<br />

'Professionellen-Anwalt-Modus' zurückzufinden, doch das ist verdammt schwer bei so einem<br />

Boss, besonders wenn der dann plötzlich auch noch solche Sachen sagt. Wann hat ihm sonst<br />

das letzte Mal jemand was nettes gesagt?


Danach zeigt Alex dann Lindsey alles, von der Tiefgarage ("Hier wird dann Ihr Wagen stehen!")<br />

bis zur Dachterrasse ("Im Sommer gibt<strong>'s</strong> hier oben öfters mal Grillfeste oder sowas in der<br />

Art!")...<br />

Beim exklusiven Schneider im 2. Stock, muss Lin sich unter den aufmerksamen Blicken von<br />

Alexei gleich mal Mass nehmen lassen für ein paar neue Anzüge, denn seinem Boss ist<br />

durchaus nicht entgangen, dass sein neuer Anwalt ausser dem Anzug, den er gestern am Leibe<br />

trug, nur noch ein Paar zerrissene Jeans sein eigen nennen kann, wobei er allerdings kein Wort<br />

darüber verliert. Ganz selbstverständlich besteht er auch darauf, Lin schon mal einen warmen<br />

Mantel zu kaufen.<br />

Natürlich ist es Lin schon nach dieser kurzen Zeit nicht entgangen, dass Alexei zwar sein Boss<br />

ist, doch Iris letztendlich das Sagen hat. Sie hat ihn eingestellt. Und Alexei erzählt auch jedem<br />

frei heraus, dass Iris ihn engagiert hätte; weil ansonsten wohl die unvermeidliche Rückfrage<br />

kommen würde, was wohl Iris dazu sagt, wenn er einfach jemanden einstellt... Sie hat<br />

AVALON mit ihrem Geld gegründet und dass sie ihren Mann zum Stiftungsratsvorsitzenden<br />

gemacht hat, ändert daran auch nichts. Ebenso ist Mr. Alexander Sinclair zwar der<br />

eingetragene Eigentümer des Palace, doch vom Direktor bis zum letzten Pagen scheint jeder<br />

zu wissen, dass es Iris' Geld war, mit dem das Hotel gekauft wurde, und entsprechend verhält<br />

man sich auch. Der Direktor läuft ihnen beim Rundgang auch tatsächlich über den Weg, worauf<br />

Alexei natürlich Lindsey McDonald als neuen Mitarbeiter von AVALON und auch als neuen<br />

Bewohner von 11a vorstellt... - "Ah ja, der Anwalt aus L.A., sehr erfreut, Mr. McDonald!"<br />

erklärt der Hoteldirektor aalglatt und wendet sich Alexei zu. "Mr. Sinclair, Ihre Frau hat mich<br />

schon informiert, dass für den Gentleman hier die gleichen Konditionen gelten wie für Ihre<br />

Freunde von 13b." - "Ja, genau, dann wäre wohl alles geklärt!" meint Alex mit tiefgefrorenem<br />

Lächeln... das erst wieder auftaut, nachdem der Direktor verschwunden ist. "Wissen Sie,<br />

Lindsey, der Typ da ist so ziemlich der einzige, der mich ständig Mr. Sinclair nennt. Mir läuft<br />

jedes Mal ein kalter Schauer den Rücken runter." Er sieht sich verschwörerisch um. "Er ist<br />

auch noch einer von denen, die denken, ich hätte Iris nur des Geldes wegen geheiratet, und<br />

das lässt er mich bei jeder Gelegenheit spüren." - "Und warum feuern Sie ihn dann nicht<br />

einfach?" - "Na ja, er ist ein guter Hoteldirektor. Und so sehr nervt er ja auch wieder nicht,<br />

zumal er mir für gewöhnlich aus dem Weg geht." Er lächelt breit. "Gehen wir mal ins Büro und<br />

sehen nach, ob Ihre Kreditkarte und der ganze Kram schon gekommen ist."<br />

Später hat Lin gemerkt, dass Iris und Alexei immer sehr grosszügig zu all ihren Freunden sind,<br />

doch an jenem ersten Tag kommt es ihm fast wie ein Traum vor, von den Sinclairs zum<br />

Mittagessen eingeladen zu werden, wobei sogar der Boss höchstpersönlich kocht. Und wie sich<br />

herausstellt, kocht er sogar ausgesprochen gut...<br />

Als Alexei seine Jacke auszieht, kommt darunter ein Schulterholster samt Waffe zum<br />

Vorschein, worauf Lin wohl ein ziemlich dummes Gesicht gemacht haben muss, denn plötzlich<br />

hält ihm sein Boss einen Ausweis unter die Nase. - "Special Agent Alexander Sinclair, FBI!" -<br />

"Oh! Ich hab gar nicht gewusst..." - "Na wie auch, wir haben es Ihnen ja bislang noch nicht<br />

erzählt!" meint Alex lächelnd. "Besonders Special Agent Iris Sinclair ist die berüchtigtste<br />

Geheimwaffe von Deputy Director Walter Skinner." - "Skinner?" - "Jawohl, der Mann von<br />

Melissa Skinner. Er war früher auch der Boss von Mulder und Scully, als die noch beim FBI<br />

waren. Inzwischen gehören sie aber auch zu AVALON... und Skinner ist nun nicht mehr ihr<br />

Boss, sondern nur noch ihr Schwager." Er lächelt seinen Anwalt beruhigend an. "Nur keine<br />

Sorge, heute Abend werden Sie die alle kennen lernen!"<br />

Wow, seine Chefs sind Geheimwaffen des FBI, wie aufregend! Zwar nur gelegentlich und unter<br />

grösstmöglicher Diskretion, wie Iris dann noch erzählt, aber immerhin... Special Agent<br />

Alexander Sinclair, das klingt wirklich erregend... äh aufregend...<br />

... und Lin ertappt sich seitdem des öfteren dabei, wie er sich ausmalt, von Alexei und Iris<br />

verhaftet und verhört zu werden à la GUTER COP, BÖSER COP, und dann... Himmel, immer<br />

wieder diese komischen Gedanken!<br />

☯<br />

Bei WOLFRAM & HART war sein Büro videoüberwacht und das Telefon angezapft und alle paar<br />

Wochen kamen obskure Gedankenleser vorbei, die alle überprüften. Bei AVALON hat er<br />

tatsächlich sowas wie Privatsphäre, denn es gibt nur Iris, die hin und wieder an ihn denken


könnte... Und Iris würde ihn wohl nicht gleich töten, wenn er mal einen Fehler machen sollte -<br />

doch sie würde Lindsey McDonald bestimmt höchstpersönlich das Leben zur Hölle machen,<br />

sollte er sie jemals verraten.<br />

Er fragt sich, warum sie ihn wohl hat wissen lassen, dass sie weitaus mehr als einfach eine<br />

<strong>Hexe</strong> ist, doch ihre seltsamen Freunde nicht. Na ja, die hatten wohl noch nie so hautnah mit<br />

Dämonen zu tun wie seine Wenigkeit, das wird<strong>'s</strong> wohl sein. Obwohl... X-Akten des FBI! Es gibt<br />

wohl wirklich nichts, was es nicht gibt... Er fragt sich, mit wie vielen Klienten von WOLFRAM &<br />

HART es Mulder und Scully unwissentlich schon zu tun gehabt haben mögen... Und dann noch<br />

die Sache mit den angeblichen Aliens und so einer obskuren Konsortiums-Verschwörung, das<br />

klingt doch wirklich alles ziemlich haarsträubend. Allerdings wohl auch nicht viel<br />

haarsträubender als wenn er diesen ehemaligen FBI-Agenten erzählt, dass er schon Dämonen<br />

vor Gericht vertreten hat...<br />

- - - - - - - - - - - - -<br />

"In L.A. muss ein ganzes Nest sein!" grübelt Mulder herum, nachdem er sich ausgestreckt hat.<br />

- "Hmmm?" meint Dana, die schon im Bett gelegen und gelesen hat. - "Na ja... Iris und<br />

Alexei." Jawohl, die sind ja schliesslich mal aus Los Angeles nach Washington gekommen. "Ich<br />

meine, Iris ist eine <strong>Hexe</strong>!" Und zwar die zauberhafteste <strong>Hexe</strong>, die er sich vorstellen kann. Wie<br />

gut, dass sie Freunde sind, denn so jemanden möchte er nicht zum Feind haben... "Und jetzt<br />

auch noch dieser Anwalt da..." Ist der Typ überhaupt richtiger Anwalt? Hat der junge Kerl<br />

wirklich schon fertig studiert? Na schön, Iris scheint ihn zu mögen, sonst hätte sie ihn wohl<br />

kaum engagiert und auch noch zum Essen eingeladen, aber trotzdem wird er noch die Lone<br />

Gunmen auf ihn ansetzen, um seinen Background zu checken, nur so zur Sicherheit... "Lindsey<br />

McDonald, der bei so einer obskuren Kanzlei war, die angeblich mit Dämonen im Bunde steht."<br />

Dana hat ihr Buch weggelegt und starrt ihren Mann an. Irgendwie gefällt ihr der Ausdruck in<br />

seinem Gesicht nicht so ganz. "Erzähl mir jetzt nicht, dass du gerne WOLFRAM & HART unter<br />

die Lupe nehmen würdest!" meint sie und klingt wenig begeistert. Sie sieht das mit den<br />

Dämonen zwar eher metaphorisch, doch trotzdem will sie mit den Typen lieber nichts zu tun<br />

haben, wenn Iris sagt, da sollte man lieber nicht die Nase reinstecken, weil die sonst<br />

womöglich abgebissen wird. Vielleicht haben die ja mit der Mafia zu tun oder sowas in der<br />

Art... - "Wäre doch ne tolle X-Akte!" - "Es ist aber nichts neues, dass sich Anwälte nicht selten<br />

mit üblem Gesindel einlassen!" seufzt sie. "Dafür hab ich eine andere X-Akte für dich." Sie<br />

sollte es ihm wohl endlich mal sagen, nachdem sie sich nun sicher ist. "Wir erwarten noch ein<br />

Kind."<br />

Es dauert eine Weile, bis Dana<strong>'s</strong> Worte ganz in sein Bewusstsein vorgedrungen sind, doch dann<br />

rastet er vor Freude schier aus, knutscht sie von oben bis unten ab und nimmt sie schliesslich<br />

wieder in den Arm. "Und das sogar ganz ohne Voodoo-Zauber..." Ach, pfeif drauf, sämtliche<br />

Dämonen und Anwälte, die mit ihnen im Bunde stehen, können ihm jetzt gestohlen bleiben,<br />

denn nun gibt es wieder wichtigeres... Irina wird ein kleines Brüderchen bekommen! Oder ein<br />

Schwesterchen? Na ja, abwarten!<br />

- - - - - - - - - - - - -<br />

Alexei hat ihm sogar erzählt, dass er sich ohne Waffe nackt vorkäme und deshalb mit einer<br />

Pistole unter seinem Kopfkissen schläft. Ansonsten hat der Boss allerdings nicht allzu viel<br />

persönliches preisgegeben, abgesehen von offensichtlichen Dingen, die im Verschwörerkreis<br />

ohnehin bekannt sind... Na schön, Lin weiss immerhin, dass Iris mehr ist als einfach NUR eine<br />

Voodoo-<strong>Hexe</strong> mit übersinnlichen Fähigkeiten und dass deshalb die Geschichte ihres Lebens in<br />

Wahrheit wohl etwas anders aussieht, als das was in den Akten steht oder was sie ihren


Freunden erzählt hat. Daraus folgt jedoch auch, dass sie womöglich den guten Alexei nicht<br />

einfach beim FBI in Los Angeles kennengelernt hat und dann mit ihm nach Las Vegas<br />

durchgebrannt ist, was ja durchaus eine sehr schöne Story ist... aber eben, vermutlich nur<br />

eine Story. Allerdings will er seinen Chefs lieber keine Löcher in den Bauch fragen. Weder der<br />

<strong>Hexe</strong> noch seinem Boss.<br />

"Hier!" Ohne weiteres gibt Alex Lindsey seine Waffe, als der sich dafür interessiert - und der<br />

nun das ungewohnte Ding in seinen Händen wiegt, als käme es von einem fremden Stern. Er<br />

hatte noch nie eine Waffe in der Hand. Jedenfalls keine solche Waffe. Man hatte ihm gezeigt,<br />

wie man mit einem Holzpflock einen Vampir tötet, doch WOLFRAM & HART hat nie zugelassen,<br />

dass die Anwälte bewaffnet rumlaufen. Man befürchtet wohl, sie könnten dann in plötzlichen<br />

Gefühlsaufwallungen womöglich mal ihre Chefs erschiessen. Und er hätte seinen Chef wohl oft<br />

erschossen, wenn er eine Waffe gehabt hätte...<br />

Lin zuckt etwas zusammen, als Alexei seine Hand berührt, um ihm zu zeigen, wie man die<br />

Waffe richtig hält. Der Boss legt seine Hand über Lin<strong>'s</strong> und stellt sich dann so hinter ihn, dass<br />

Lin die beunruhigend-beruhigende Nähe auch an seinem rechten Arm und auf der Rückseite<br />

spürt, während sie ein Bisschen zielen üben. Na ja, auf die Waffe kann sich Lin allerdings nicht<br />

so recht konzentrieren, er folgt wie eine Marionette mit rasendem Herzklopfen Alexei<strong>'s</strong><br />

Bewegungen, als wäre er Wachs in seinen Händen... Oh Gott, er kann ihn riechen, sein<br />

Aftershave oder was immer es ist, passt perfekt zu seinem natürlichen Duft und ein klein<br />

wenig riecht der Boss auch nach Vanille... nach Iris. Diese Nähe macht Lin ganz kribbelig und<br />

am liebsten würde er sich einfach etwas zurücklehnen, um den Kontakt noch zu intensivieren,<br />

doch das traut er sich dann doch nicht, denn was würde wohl sein Boss von ihm denken!<br />

Oh Gott, diese Nacht würde er wohl wieder heisse Träume haben...<br />

Im Traum lebt Lin wieder auf der Strasse und versucht sich in der belebten Unterführung bei<br />

irgendeinem Bahnhof irgendwo im Land ein paar Dollar zusammenzubetteln, weil er mal<br />

wieder aus seinem letzten Job als Aushilfskellner geflogen ist... Ein Typ hört sich ein Lied zu<br />

Ende an und kommt danach näher, wirft ein paar Münzen in die Gitarrenhülle auf dem Boden<br />

und flüstert ihm ins Ohr, dass fünfzig Dollar für ihn drin wären, wenn er ihn mal kurz für ein<br />

paar Minuten begleiten würde... und Lindsey weiss, was das bedeutet, denn solche Angebote<br />

hat er schon früher erhalten. Am Anfang lehnte er noch entrüstet ab, weil er noch die Hoffnung<br />

hegte, irgendwo einen Job zu bekommen, wo er sowas nie wieder tun müsste, wo die Leute<br />

noch nie was von WOLFRAM & HART gehört haben und ihn deshalb auch nicht gleich zum<br />

Teufel jagen, doch inzwischen kann er es sich nicht mehr leisten, fünfzig Dollar abzulehnen,<br />

wenn er nicht verhungern will. Also folgt er dem Typen aufs öffentliche Herrenklo und geht mit<br />

ihm in eine der Kabinen. Schon allein von dem Geruch hier drinnen kann einem schlecht<br />

werden, auch von dem Schweissgeruch des Kerls, doch von dem, was Lin hier gleich tun muss,<br />

erst recht. Doch er öffnet dem anderen trotz seines Widerwillens die Hose, geht in die Knie und<br />

tut, was zu tun ist, um es für die fünfzig Dollar, die er gleich eingesteckt hat, möglichst schnell<br />

hinter sich zu bringen...<br />

... allerdings platzt nun plötzlich eine Polizei-Razzia rein, die Tür wird eingetreten und jemand<br />

steht mit gezückter Waffe da. 'FBI! Sie sind verhaftet!' Das Gesicht von Special Agent<br />

Alexander Sinclair drückt Abscheu aus, als er Lin unsanft gegen die Wand knallt und ihm<br />

Handschellen anlegt. 'Ist ja ekelerregend!' schimpft er...<br />

... und schleppt Lin im nächsten Moment auch schon durch dunkle Gefängnisgänge in einen<br />

kalten kahlen Raum zum Entlausen, wo er Lin erst mit vorgehaltener Waffe zwingt, unter den<br />

Augen von grölenden Wärtern und Mitgefangenen all seine Kleider auszuziehen, sich dann breit<br />

grinsend über die Narben lustig macht, ihn dann mit einem Schlauch von oben bis unten<br />

abspritzt und dann schliesslich unter wüsten Beschimpfungen und mit dreckigem Lachen mit<br />

einem Knüppel auf den verabscheuungswürdigen nackten Körper des Gefangenen einschlägt...<br />

Neeeiiiiiin!<br />

"Bitte nicht, bitte nicht, bitte nicht..." wimmert Lin im Schlaf und wacht dann endlich auf. Sein<br />

Herz klopft wie wild und er ist noch etwas verstört von seinem Alptraum. Nach schönen<br />

Träumen, wo die Polizei-Razzia für ihn gut endet und sich Special Agent Alexander Sinclair sich<br />

seiner in besonders liebevoller Weise annimmt, folgen immer wieder solche Alpträume, wo es<br />

schlecht für ihn endet. Er bemerkt, dass seine Wangen nass sind vor Tränen, und vergräbt<br />

schliesslich sein Gesicht im Kissen. Jawohl, sein Boss würde sich ekeln vor ihm, wenn er<br />

wüsste, was er schon alles mitgemacht hat, ganz bestimmt fände er es total abstossend und er


würde niemals... äh... Oh Gott, Alexei ist immer so verdammt anständig... er könnte sicher<br />

nicht verstehen, dass er... verdammt, er versteht sich ja oft selbst nicht!<br />

Nicht selten hat er in den letzten Monaten daran gedacht, seinem Leben endlich ein Ende zu<br />

setzen. Doch sein Überlebensinstinkt war bislang immer stärker gewesen. Und nun fragt er<br />

sich, ob er diese Chance hier bei AVALON überhaupt verdient hat... oder ob es vielleicht seine<br />

Strafe ist, nun für alle Zeiten solch hinreissende Chefs vor seiner Nase zu haben, denen er<br />

aber niemals zu nahe kommen dürfte...<br />

☯<br />

Wintersonnenwende. Iris knutscht unter dem Mistelzweig in aller Öffentlichkeit auch einen<br />

völlig verblüfften Lindsey McDonald ab, der einfach gegen die Wand gepresst wird und nicht<br />

weiss, wo er mit seinen Händen hin soll. Alle anderen finden die Szene offensichtlich sehr<br />

lustig, denn sie sind das ja schon gewohnt von der Zauberhaften <strong>Hexe</strong>...<br />

*<br />

Irgendwie scheint man im Verschwörerkreis einen gewissen Argon zu vermissen, so einen<br />

komischen Geheimdienst-Typen... "Unter uns gesagt: Argon ist ein Dämon!" klärt Iris den<br />

irritierten Lindsey leise flüsternd auf. "Aber das brauchen die anderen ja nicht unbedingt zu<br />

wissen!" - Lin nickt nur und starrt sie wieder verschreckt an, als befürchte er, sie könnte gleich<br />

wieder über ihn herfallen. Doch zum Glück steht er diesmal nicht unter einem Mistelzweig. Na<br />

ja, nicht dass es ihm nicht gefallen würde, von ihr angeknabbert zu werden, aber sie ist<br />

immerhin seine Chefin, eine <strong>Hexe</strong>, die Frau von seinem Boss... und alle Leute können hier<br />

einfach zusehen... Oh Gott, er braucht ganz dringend eine kalte Dusche!<br />

- - - - - -<br />

"Na sieh mal einer an, dann hat Iris also noch einen kleinen Spielgefährten in ihren Kreis<br />

aufgenommen!" grinst die Fürstin. "Damit ihr Alexei nicht so alleine ist, wenn sie mal wieder in<br />

geheimer Mission unterwegs ist oder auch mal für sich sein will oder irgendwann wieder<br />

jenseits der Spiegel verschwindet?" - "Tja..." All'Una zuckt die Schultern. "Vielleicht." - "Hat sie<br />

getrickst? Oder hat sie nur äh etwas nachgeholfen?" - "Ich weiss es nicht, Jaella!" Und das<br />

entspricht sogar der Wahrheit, denn All'Una weiss zwar so einiges, hat diesbezüglich aber<br />

keinen blassen Schimmer, weil Iris darüber nichts in ihren Aufzeichnungen erwähnte.<br />

- - - - - -<br />

- - - - - -<br />

"Was ist denn eigentlich aus der Leihe geworden?" - "Die Leihe?" - "Na Melissa wollte doch ein<br />

Kind und hat sich dafür Alexei ausgeliehen... und es hat ja offenbar auch geklappt. Also, was<br />

ist es geworden?" - "Ach sooo..." All'Una nimmt nochmal einen kräftigen Schluck, bevor sie<br />

weitererzählt, was in Iris' kleinem Verschwörerkreis alles so passiert ist, und ihr kommt in den<br />

Sinn, dass man solche Geschichten auch mal Seifenopern nannte... obwohl ihr nicht so ganz<br />

klar ist, was sowas mit Seife zu tun hat und gesungen wird ja eigentlich auch nicht, aber<br />

egal...<br />

- - - - - -<br />

[PALACE-HOTEL IN WASHINGTON]


"Hey, Max!" flüstert Mulder in diesem gewissen leisen Ton, mit dem man für gewöhnlich nun<br />

mal mit frischgeborenen Babys zu sprechen pflegt. "Ich bin dein Onkel Mulder!" Onkel Mulder?<br />

Das hört sich ja echt bescheuert an. Onkel Fox würde seiner Meinung nach aber auch nicht viel<br />

besser klingen... "Und das hier ist Irina, deine Cousine!" flüstert Mulder weiter, wobei die<br />

kleine Irina ihren neuen Cousin kritisch zu beäugen scheint.<br />

Dana ist bei der Geburt ihres Neffen vorhin dabei gewesen - auf Melissa<strong>'s</strong> Wunsch hat dieses<br />

Ereignis wie bei der kleinen Irina damals in Iris' grosser Badewanne stattgefunden - und die<br />

frischgebackene Tante hält ihn nun stolz im Arm, während sie ihn den anderen in der Stube<br />

vorstellt...<br />

... während Melissa, Walter und Iris noch im Badezimmer sind.<br />

Alexei besieht sich das kleine Kerlchen besonders aufmerksam, der offensichtlich die blauen<br />

Augen von Melissa geerbt hat und überhaupt gesund und munter ist. Dana wechselt einen<br />

verschwörerischen Blick mit ihm, denn Melissa hat ihr von dem ARRANGEMENT erzählt und<br />

deshalb weiss sie auch, auf welche Weise ihr Neffe gezeugt wurde... und Alexei weiss, dass sie<br />

es weiss.<br />

Nach ein paar Minuten öffnet Iris die Badezimmertür und Walter trägt die überglückliche aber<br />

todmüde Melissa rüber ins Schlafzimmer, obwohl er selber so erschöpft aussieht, als hätte er<br />

mindestens einen Marathonlauf hinter sich...<br />

Mulder kann seinen Schwager verstehen (und er liebt es, seinen ehemaligen Vorgesetzten<br />

Walter Skinner ständig seinen Schwager zu nennen) und er kann sich ziemlich gut vorstellen,<br />

wie sich der Mann jetzt fühlt. Irina<strong>'s</strong> Geburt war für ihn selbst fast sowas wie eine Religiöse<br />

Erfahrung. Und bei der Geburt seines Sohnes dabei zu sein - besonders wenn dies nicht in der<br />

sterilen Umgebung eines Krankenhauses, sondern bei beruhigender Musik und Kerzenschein<br />

geschehen ist - dürfte sogar einen Mann wie Skinner schwer beeindruckt haben.<br />

Iris lässt sich von Alexei nochmal einen doppelten Espresso geben und so wie sie aussieht,<br />

scheinen für sie ein paar Stunden als Hebamme weitaus anstrengender zu sein als sich einen<br />

Tag lang mit irgendwelchen Terroristen rumzuschlagen. Na ja, anstrengender, aber auch<br />

schöner. "Er ist richtig süss, der kleine Max!" Und er wollte gar nicht raus, der kleine Max,<br />

doch das wird niemand je erfahren, dass es da drin für ein paar Augenblicke echt auf Messers<br />

Schneide stand, als sich die Nabelschnur um seinen Hals gewickelt hatte und ihn beinahe<br />

erwürgte. Innerhalb einer Sekunde reagierte Iris und verhinderte so bleibende Schäden durch<br />

mangelnden Sauerstoff im Gehirn... aber mit solchen Details wird sie hier niemanden belasten,<br />

am allerwenigsten Melissa, aus deren Sicht alles völlig glatt gelaufen ist.<br />

Als der kleine Max schliesslich protestierend zu heulen beginnt, bringt Tante Dana ihn schnell<br />

wieder zu seiner Mutter, damit sein Hunger gestillt werden kann.<br />

Maximilian Edward Skinner ist im Dezember 2000 kurz nach den Feiertagen - und offiziell ohne<br />

irgendwelche Probleme - im Sternzeichen Steinbock geboren worden. Das beste<br />

Weihnachtsgeschenk, das sich Melissa und Walter Skinner haben vorstellen können.<br />

"Immerhin hat Walter jetzt mit dem kleinen Max einen guten Grund, nicht zu dieser lustigen<br />

Silvesterparty zu gehen, Beförderung hin oder her..." sinniert Iris beim gemeinsamen<br />

Abendessen. Zu der üblichen Runde mit Mulder, Dana und Irina von nebenan, hat sich<br />

inzwischen auch Lindsey gesellt, damit der nicht ständig alleine in seinem Apartment hockt,<br />

wenn er schon keine Lust hat auszugehen und sein Single-Leben zu geniessen... - "Braucht es<br />

dazu etwa einen Grund?" fragt Alex und starrt sie dann fast entsetzt an, als er ihren<br />

Gesichtsausdruck nicht deuten kann. "Du willst doch wohl nicht etwa da hingehen, morgen<br />

Abend?!" Zuzutrauen wär<strong>'s</strong> ihr durchaus...<br />

"Welche Silvesterparty?" erkundigt sich Lin leise flüsternd bei Mulder, der gleich neben ihm<br />

sitzt - und der ihn nun angrinst. "Die Silvesterparty des FBI. Letztes Jahr hat es da ein<br />

Bisschen Ärger gegeben." - "Ärger? Was für Ärger denn?" fragt Lin neugierig. - "Ach, ich war<br />

nicht dabei..." meint Mulder etwas ausweichend, weil er nicht so recht weiss, ob er dem Anwalt<br />

die Geschichte erzählen soll.<br />

Alex hat das Geflüster gehört. "Oh, ich kann Ihnen sagen, was letztes Jahr los war, Lindsey:<br />

Zwei Kerle hielten es für besonders lustig, mich auf dem Herrenklo zusammenzuschlagen, weil


nämlich Special Agent Alexander Sinclair in gewissen Kreisen nicht gerade der Beliebteste ist.<br />

Worauf dann natürlich unsere Zauberhafte <strong>Hexe</strong> hier, ihres Zeichens die Geheimwaffe von<br />

Director Walter Skinner, in die Rolle des Racheengels schlüpfte und die beiden Idioten<br />

praktisch auf offener Bühne mit Fusstritten traktierte, bis sie um Gnade winselten." - "Also<br />

wenn du das so erzählst, Schatz, klingt das irgendwie... na ich weiss auch nicht..." meint Iris<br />

nun, während sie Lindsey<strong>'s</strong> schockiertes Gesicht betrachtet, der sich wohl nicht vorstellen<br />

kann, wie jemand auf die Idee kommen kann, Alexei zusammenzuschlagen, oder warum der<br />

gute Alexei bei irgendwem nicht beliebt sein könnte, wo er doch immer so nett ist. "Ausserdem<br />

waren das Männer von Kersh. Und Kersh ist ja inzwischen tot." Und Lindsey hat zwar keine<br />

Ahnung, wer Kersh ist, doch die Tatsache, dass der Kerl inzwischen tot ist, scheint ihn<br />

ungemein zu beruhigen. Na im Laufe der Zeit wird auch er die alten Geschichten bald<br />

auswendig kennen...<br />

"Also Mon und John haben gesagt, wenn Walter nicht geht und wenn ihr nicht geht, dann<br />

gehen sie auch nicht!" lässt sich nun Dana vernehmen - worauf Alex wieder den Kopf zu<br />

schütteln beginnt. "Ich gehe da nicht hin!" sagt er in geradezu beschwörendem Ton - und Iris<br />

grinst ihn an. "Denkst du im Ernst, ich will dahin?" - "Also nicht?" Auf Alex' Gesicht macht sich<br />

Erleichterung breit. "Warum jagst du mir dann so einen Schrecken ein?!"<br />

* * *<br />

Die Silvesterparty des Verschwörerkreises findet wieder in Iris' Suite statt, eher ruhig und<br />

friedlich, denn Trubel gibt es in der Welt da draussen ja schon genug...<br />

*<br />

Walter, Melissa und Max sind schliesslich über den Flur zu Mulder, Dana und Irina, um dort<br />

nach der durchgeplauderten Nacht auszuschlafen. John und Mon haben sich auf das Bett im<br />

Büro gelegt... und Lindsey wollte eigentlich in seine Wohnung, die ja nur zwei Stockwerke<br />

untendran liegt, hat es aber nur gerade bis zur Couch geschafft.<br />

Alex fragt leise und leicht lallend, wie viele Wodkas sie denn dem armen Anwalt eingeschenkt<br />

hätte - doch Iris zuckt nur die Schultern und deckt Lindsey mit einer Wolldecke zu. "Er ist süss,<br />

nicht wahr?" flüstert sie in verschwörerischem Ton und wuschelt dem schlafenden Lindsey kurz<br />

durch die Haare, worauf der ein leises seufzendes Geräusch von sich gibt - und Alex nickt<br />

einfach. Für einen Augenblick fragt er sich, wie sich Lindsey McDonald wohl anhört, wenn er<br />

erregt ist und schliesslich kommt. Und im nächsten Augenblick fragt er sich, wie er plötzlich<br />

auf solche Fragen kommt.<br />

Iris bugsiert Alexei schliesslich ins Bett und zieht ihn aus. Und dann testet sie mal wieder, wie<br />

er sich anhört, wenn er erregt ist und schliesslich kommt... ein ganz wunderbarer Sound, wie<br />

sie findet, obwohl oder gerade weil er dabei selten laut ist.


Wie aus dem Boden gewachsen steht plötzlich Walter Skinner neben Alexei in der Ecke.<br />

"Danke." - "Wa...?" Alex schaut Skinner einen Augenblick lang verblüfft an, noch ein Stück von<br />

dem Kuchen im Mund, der jetzt beim Kaffeekränzchen nach der Taufe serviert wird. Auch<br />

wieder eine katholische Taufe... Obwohl Melissa mit ihrem Hang zur Esoterik ja eigentlich noch<br />

viel weniger katholisch bzw. christlich-religiös ist als Dana, ganz besonders wenn man daran<br />

denkt, dass sie womöglich sofort exkommuniziert werden würde, wenn der Pfarrer wüsste,<br />

dass ihr Sohn bei flackerndem Kerzenschein und umringt von Magischem Klimbim empfangen<br />

wurde, während sie zu viert im Bett waren... Und obwohl Skinner ja weder katholisch und auch<br />

sonst nicht gerade der Frömmste ist... Aber hier wimmelt es natürlich wieder von Scullys und<br />

deshalb gab<strong>'s</strong> auch diesmal wieder eine Kirchliche Zeremonie mit allem drum und dran... aber<br />

egal... "Was?!" wiederholt Alex dann, nachdem er das Kuchenstück endlich runtergeschluckt<br />

hat. "Wofür?" - "Na dafür!" Skinner deutet auf Melissa und den kleinen Max, die von ihrer<br />

Verwandtschaft regelrecht belagert werden. "Ohne dich und Iris wäre das niemals möglich<br />

geworden." - "Schon gut!" meint Alex etwas verlegen und überlegt sich gerade, dass es sich<br />

wohl irgendwie komisch anhört, wenn er sagt, dass er doch gerne geholfen hätte...<br />

"Wir haben eigentlich nie miteinander geredet..." fängt Skinner in verschwörerischem<br />

Flüsterton an, der sich nun endlich mal ein Herz gefasst hat. Na ja, er hat durchaus schon des<br />

öfteren mit Special Agent Alexander Sinclair über alles mögliche geredet - doch Alex weiss<br />

schon, was er meint, denn es gibt da irgendwie so eine Art stillschweigende Vereinbarung,<br />

dass über gewisse Dinge einfach nicht gesprochen wird. Also fragt er mit Unschuldsmine:<br />

"Worüber?" - "Das weisst du doch verdammt gut, Alexei... Iris." Er sieht ihn fragend an: "Bist<br />

du eigentlich jemals eifersüchtig gewesen?" - Alex atmet tief durch. "Na ja..." meint er dann<br />

schliesslich und kann sogar bei der Wahrheit bleiben. "Trotz Freier Liebe und Offener Ehe... da<br />

hat es schon gelegentlich so ein oder zwei Sekunden gegeben... na ja, wo ich mich gefragt<br />

habe, was sie eigentlich an dir findet." - "Das habe ich mich auch oft gefragt!" Skinner kann<br />

sich ein Lächeln nicht verkneifen, wird aber dann plötzlich wieder ernst. "Allerdings muss ich<br />

gestehen, dass es eine Zeit gab, wo ich nicht nur rasend verliebt, sondern auch rasend<br />

eifersüchtig war... obwohl das wirklich sehr dumm war. Ich wünschte mir sogar ein paar Mal,<br />

dass... äh du tödlich verunfallen würdest, damit ich Iris dann trösten und zu Mrs. Skinner<br />

machen könnte..." Er schüttelt über sich selber den Kopf, als er an diese Zeit zurückdenkt -<br />

und Alex zieht nur die Augenbrauen hoch und sagt nichts dazu, dass der gute alte Walter<br />

Skinner ihm gewissermassen gerade seine damaligen Mordgedanken gebeichtet hat. Na schön,


er hat sich sowas ja durchaus schon gedacht gehabt damals... aber irgendwie ist es schon<br />

etwas komisch, das jetzt so aus seinem Munde zu hören.<br />

Walter Skinner schämt sich heute für seine damaligen völlig sinnlosen Eifersuchtsattacken.<br />

"Aber ich habe dann doch festgestellt, dass diese Träume sinnlos sind. Du bist der perfekte<br />

Mann für Iris. Und ich war nur... eine Abwechslung." Das klingt ziemlich abgeklärt, weil er<br />

inzwischen ja darüber hinweg ist. Sicherlich bräuchte Iris auch heute nur mit dem Finger zu<br />

schnippen und er läge ihr jederzeit wieder zu Füssen und würde mit ihr bis ans Ende der Welt<br />

durchbrennen, doch er weiss, dass sie das nicht tun wird. Niemals hätte sie das getan, noch<br />

würde sie es jemals tun. - "Hey, Walter, du warst nicht nur einfach eine Abwechslung... du<br />

weisst genau, dass sie dich wirklich mag." - "Ja ja, ich weiss... wir sind Freunde!" Nun lächelt<br />

Skinner wieder. "Und es bedeutet mir sehr viel, dass wir Freunde sind. Sie hat Melissa und<br />

mich verkuppelt, wofür ich ihr nicht genug danken kann." Und damit meint er nicht nur, dass<br />

er es geil fand, dass Iris der guten Melissa ganz offensichtlich ein paar Tricks verraten hatte,<br />

da es wohl unmöglich Zufall sein konnte, dass eine Frau auf Anhieb so vertraut mit ihm<br />

umging und genau wusste, wie man ihn am schnellsten in den süssen Wahnsinn treiben<br />

konnte... Ausserdem hat sie Melissa wohl auch noch was von ihrem betörenden Parfum<br />

gegeben, denn sie duftet manchmal auch ganz schön nach Vanille... "Und ohne Iris' Ideen<br />

gäbe es jetzt auch den kleinen Max nicht." Er wagt es nicht, Iris direkt danach zu fragen, ob<br />

ihr schon diese Art von ARRANGEMENT vorschwebte, als sie ihn und Melissa verkuppelt hat,<br />

doch immerhin hat Iris sowohl von Melissa<strong>'s</strong> Kinderwunsch wie auch von seiner<br />

Zeugungsunfähigkeit gewusst; doch vielleicht war das alles ja letztendlich auch nur eine<br />

spontane Idee, alles Zufall oder eine glückliche Verkettung von Umständen. "Und ohne Iris<br />

wäre ich jetzt sowieso schon längst tot." Und er verdankt sein Leben dabei wohl auch etlichen<br />

glücklichen Schicksalsfügungen, wie sie um Iris herum wohl häufig anzutreffen sind... Er sieht<br />

Alexei an, der längst nicht mehr nur der Mann von Iris Sinclair, sondern zu einem Freund<br />

geworden ist. "Jedenfalls... Ich danke dir, Alexei!"<br />

*<br />

Melissa beobachtet leicht amüsiert, wie Walter und Alexei in der anderen Ecke der Stube einen<br />

festen Händedruck wechseln, richtig rührend. Sie freut sich ebenso wie Iris darüber, dass die<br />

beiden sich so gut verstehen, denn irgendwelche Eifersüchteleien würden ja nur die<br />

Atmosphäre vergiften.<br />

Auch wenn sie sich hin und wieder bei dem Gedanken ertappt hat, dass sie sich nicht ganz<br />

ungern vorstellen würde, in Walter nicht nur einen seriösen älteren Ehemann, sondern in<br />

Alexei auch einen feurigen jungen Liebhaber zu haben... Aber das war er nur in jener einen<br />

Nacht. Selbst wenn Iris wohl nicht mal was dagegen hätte...<br />

Egal, was ihre katholische Verwandtschaft dazu sagt, diese Taufe wird nun in Iris' Wohnung<br />

gefeiert, trotz der exotischen Totem-Masken an den Wänden und all dem anderen Kram. Und<br />

ihr Bruder kann sich ihretwegen ruhig auf den Kopf stellen... dafür interessieren sich ihre<br />

Schwägerinnen um so mehr für die Badewanne hier, in der die Geburt stattgefunden hat.


*<br />

Lindsey McDonald hat für Alexander Sinclair ein Testament aufsetzen müssen, worin sein<br />

Patenkind, Maximilian Edward Skinner, zu seinem Alleinerben bestimmt wird - und irgendwie<br />

glaubt der Anwalt zu wissen, was seinen Boss zu diesem Schritt bewogen hat. Er ist wohl eben<br />

doch nicht ganz so treu, wie die meisten immer zu glauben scheinen...<br />

Als Lin das erste Mal für seinen Boss einen Vertrag aufgesetzt und dabei natürlich den vollen<br />

Namen Alexander Maximilian Sinclair verwendet hat, da hat ihm Alexei verraten, dass er<br />

seinen zweiten Vornamen ziemlich furchtbar findet. Tja, und nun heisst so sein illegitimer<br />

Sohn, als hätten Melissa und Walter Skinner das extra gemacht, um ihn zu ärgern... Na ja,<br />

inzwischen scheint sich Alexei allerdings mit dem Namen Max angefreundet zu haben,<br />

zumindest wenn<strong>'s</strong> um den kleinen Max geht.<br />

C'est la vie!<br />

Lindsey McDonald kommt sich auf dieser Familienfeier doch etwas komisch vor, auch wenn er<br />

hier ja durchaus nicht der einzige ist, der nicht direkt zur Familie gehört.<br />

John Doggett und Monica Reyes sind ebenfalls hier, doch die gehören ja schon etwas länger zu<br />

diesem kleinen Verschwörerclub, wobei ja insbesondere Mon auch ein Faible für Esoterik hat<br />

und damit nicht nur die erste Anlaufstelle beim FBI für AVALON darstellt, sondern auch eine<br />

gute Freundin ist von Melissa, Dana und nicht zuletzt auch Iris... eine Freundschaft, die über<br />

gemeinsame Meditationsübungen, Yoga und sonstigen Kram weit hinaus geht.<br />

Zu Lin<strong>'s</strong> Leidwesen ist er nun auch noch an Bill Scully geraten, der es wohl seltsam beruhigend<br />

findet, dass ein richtiger echter Anwalt für AVALON tätig ist. Wenn der wüsste, wo er vorher<br />

gearbeitet hat bzw. dass er fiese Dämonen vertreten hat und sowas alles... da würde der wohl<br />

den guten Lindsey McDonald nicht mehr für so seriös halten, aber da man Lin eingeschärft hat,<br />

Bill Scully am besten gar nichts zu erzählen, hält er sich daran und betreibt mehr oder<br />

weniger nur Smalltalk, was er ja zum Glück sehr gut kann. Nachdem Bill Scully sich schliesslich<br />

mit dem Gedanken angefreundet hat, dass seiner Schwester Melissa die Arbeit bei AVALON<br />

nicht nur Spass macht, sondern dass es zudem noch ungefährlich ist und sogar gut bezahlt<br />

wird, scheint der gute Mann eine Weile sogar richtig umgänglich zu sein... bis er dann doch<br />

wieder noch ein paar komische Bemerkungen über Iris und Alexei fallen lässt, die dem jungen<br />

Anwalt ziemlich gegen den Strich gehen, da er seine neuen Chefs ja geradezu verehrt und<br />

nichts auf sie kommen lassen möchte. Auch wenn es natürlich ziemlich offensichtlich ist, dass<br />

Iris nicht besonders christlich ist, was geht das denn andere Leute an, schliesslich hält die<br />

<strong>Hexe</strong> doch keine Satanischen Messen mit Menschenopfern ab oder sowas in der Art?!<br />

Jedenfalls hofft Lin das doch schwer... Am liebsten würde Lin diesem Bill Scully unter die Nase<br />

reiben, dass sein Neffe Max dank dieses ach so merkwürdigen Alexei wohl irgendwann mal ein<br />

schwerreicher Mann sein wird; doch natürlich darf er darüber nichts verraten und er wird sich


lieber daran halten, wenn ihm sein Leben lieb ist. Wenn man es mit Dämonen und <strong>Hexe</strong>n zu<br />

tun hat, die stets auf Diskretion bedacht sind, bekommt das Wort Anwaltliche<br />

Schweigepflicht eine ganz neue Qualität!<br />

Nur nichts verraten...<br />

"Na, Lindsey, wie schmeckt der Punsch?" fragt Alexei gutgelaunt - worauf Lin, erst mal total<br />

aus seinen Gedanken gerissen, ein strahlendes Lächeln aufsetzt und zudem richtig erleichtert<br />

wirkt, als Bill Scully sich kurz darauf entschuldigt und verschwindet.<br />

"Alexei, ich habe übrigens die Papiere schon mal vorbereitet, wie Sie es gewünscht haben..."<br />

fängt Lin in verschwörerischem Ton an. "Wenn Sie damit einverstanden sind, bräuchten Sie<br />

dann nur noch zu unterschreiben." - "Sehr gut. Können wir das dann vielleicht heute Abend<br />

gleich noch erledigen?" Alex würde es sehr gerne erledigt haben, weil er denkt, dass er danach<br />

wohl besser schlafen kann, wenn er gewissermassen seine Angelegenheiten geregelt hat;<br />

wobei er vor noch nicht allzu langer Zeit niemals gedacht hätte, dass es für ihn überhaupt noch<br />

jemals was zu regeln geben würde. - Lin nickt. "Natürlich!" Und wenn es erst nach Mitternacht<br />

sein wird, für seinen Boss hat er doch immer Zeit. Wie oft hat er sich in den letzten Wochen<br />

schon vorgestellt, wie es wohl bei irgendwelchen mitternächtlichen konspirativen Treffen so<br />

zugehen könnte... aber vermutlich geht einfach nur seine schmutzige Phantasie mit ihm durch!<br />

Oh ja, Lindsey McDonald denkt des öfteren an seinen Boss, der nicht nur furchtbar nett ist,<br />

sondern auch... ach, verdammt! Der gute Alexander Sinclair scheint nicht einmal zu ahnen,<br />

wie gut er eigentlich aussieht, wie geschmeidig er sich bewegt, wie verdammt verführerisch<br />

seine grünen Augen schauen können. Schon wenn er nur ganz harmlos durchs Foyer des<br />

Palace spaziert, werden ihm so manche begehrlichen Blicke zugeworfen, die er allerdings noch<br />

nicht mal zu bemerken scheint. Und dass Alexei mit Iris verheiratet ist, scheint seine<br />

Attraktivität nur noch zu steigern. Wie sehr haben Iris' Pheromone oder was auch immer -<br />

dieses gewisse etwas, 'je ne sais qois' - wohl schon auf Alexei abgefärbt?!<br />

* * *<br />

Auch an Iris' Seite hat Alex nicht verlernt, seinen Instinkten zu trauen oder auch Schlösser und<br />

Alarmanlagen zu knacken, denn schliesslich ist seine Zauberhafte <strong>Hexe</strong> nicht Tag und Nacht<br />

zur Stelle, um alle Türen zu öffnen und er sollte auch alleine mit allem fertig werden können,<br />

wie sie ja auch selber sagt.<br />

Jedenfalls besitzt er genug Menschenkenntnis und Feingefühl, dass ihm durchaus nicht<br />

entgangen ist, wie Lindsey McDonald ihn immer wieder ansieht, wenn er glaubt, er wird nicht<br />

beobachtet. Natürlich sieht der Anwalt auch Iris an... aber wer tut das nicht! Alex weiss nur<br />

noch nicht so ganz, wie er mit dieser SCHWÄRMEREI umgehen soll, denn einerseits würde es<br />

ihn ja schon etwas reizen... aber andererseits... na ja.<br />

Was soll<strong>'s</strong>...<br />

... jetzt geht<strong>'s</strong> erst mal um die Papiere. Irgendwie kommt es Alex etwas komisch vor, sein<br />

persönliches Testament im Büro von AVALON zu unterzeichnen, weil er sich gerade jetzt nach<br />

der Feier zur Taufe von Max nicht wie der Stiftungsratsvorsitzende Alexander Sinclair fühlt,<br />

sondern einfach wie der Privatmensch Alexei. Lindsey legt ihm die Papiere vor und fängt an zu<br />

erläutern, warum das ganze Werk in Juristensprache dann auf einmal so viele Seiten haben<br />

muss.


Argon, für den Schlösser und Alarmanlagen auch ohne jeglichen Technischen Schnickschnack<br />

kein Problem darstellen, hat sich hereingeschlichen und entdeckt, dass Iris' kleines<br />

Sexspielzeug nicht alleine ist. Ein anderer Mann beugt sich über den Schreibtisch, deutet dabei<br />

mit dem Finger in irgendwelchen Papieren rum und schwafelt von Juristischen Klauseln... Na<br />

sowas! Argon interessiert sich nicht die Bohne für Juristische Klauseln, aber der Hintern des<br />

Kerls scheint ganz nett zu sein. Für einen Moment überlegt er sich, einfach hinzugehen, dem<br />

Kerl mit einem Rutsch die Hosen runterzuziehen und ihn dann einfach von hinten zu nehmen,<br />

während der sich noch immer über den Schreibtisch beugt...<br />

Aber wie gerne er auch Alexei<strong>'s</strong> dummes Gesicht dabei sehen würde, wenn er einfach seinen<br />

Juristischen Berater vögelt, Argon beherrscht sich, da Iris es wohl zweifellos nicht sehr gut<br />

heissen würde, wenn er sich einfach so an ihrem Anwalt vergreift. So wie sie es vor gut einem<br />

Jahr auch nicht gutgeheissen hat, dass er an ihrem Schätzchen rumgeknabbert hatte. Na<br />

schön, Iris hat sogar richtiggehend getobt vor Wut, dass er es gewagt hatte, Alexei im<br />

Überschwang der Gefühle zu beissen... Und das Schätzchen hat richtig fasziniert zugesehen,<br />

wie sich Iris und Argon in einer für ihn glücklicherweise völlig unverständlichen<br />

Dämonensprache wegen ihm angegiftet haben. Wenn der gute Mann wüsste, dass sie über ihn<br />

dabei fast wie über ein Stück Fleisch sprachen, hätte er vermutlich noch viel blöder aus der<br />

Wäsche geguckt, aber er hat wohl auch so mitbekommen, dass sich Iris nicht etwa darüber so<br />

tödlich aufgeregt hat, dass Argon sich an ihn rangemacht, ihn verführt und gevögelt hat,<br />

sondern einzig und allein deswegen, weil er es dabei auch noch gewagt hat, ihn zu beissen,<br />

weil das nämlich tabu ist. Zugegeben, es war dumm von Argon, denn niemand bei klarem<br />

Verstand käme auf die Idee, auf dem Eigentum eines anderen Dämons - oder einer Amayra-<br />

<strong>Hexe</strong> - Spuren zu hinterlassen, sowas gehört sich einfach nicht, selbst wenn eben dieses<br />

Eigentum ansonsten frei wie ein Vogel ist. Aber da hat wohl sein klarer Verstand ein Bisschen<br />

ausgesetzt, vermutlich weil dieser verdammte Alexander Sinclair schon zu sehr nach Iris riecht<br />

und damit in seinen Augen das leckerste Menschliche Filetstück auf diesem Planeten ist.<br />

*<br />

Als Alex nun Lindsey die unterzeichneten Papiere wieder in die Finger drückt, bemerkt er<br />

endlich den Dämon, der geradezu lauernd im Schatten steht. Na ja, irgendwie lauert der Kerl<br />

ständig auf irgendwas... "Argon!"<br />

Lin fährt herum und starrt angestrengt in die Richtung, in die sein Boss gerufen hat, als er<br />

plötzlich eine Stimme in seinem Rücken hört, bei der sich seine Nackenhärchen sträuben. - "Na


wen haben wir denn da? Kaum bin ich mal ein paar Wochen nicht da, gibt<strong>'s</strong> Frischfleisch!" -<br />

Der Dämon schnuppert so seltsam und scheint Lindsey mit seinen Blicken förmlich<br />

auszuziehen, was Alex gar nicht gefällt. "Argon!" protestiert er. "Was zum Teufel willst du<br />

hier?!" Er sieht Argon<strong>'s</strong> anzügliches Lächeln und will die Antwort lieber erst gar nicht hören,<br />

jedenfalls nicht in Gegenwart seines Anwalts. "Lindsey, Sie können jetzt gehen, gute Nacht!"<br />

meint er hastig und würde ihn wohl am liebsten einfach zur Tür rausschieben - doch Lin bleibt<br />

wie angewurzelt stehen und bemüht sich, keinen Muskel zu bewegen, während Argon nun noch<br />

mehr an ihm rumschnuppert, was ihm kalte Schauer über den Rücken jagt.<br />

"Na was haben wir denn da... ein Dämonenliebchen!" knurrt Argon abschätzig, obwohl er ja<br />

schliesslich selbst ein Dämon ist. - "Was?!" meint Alex, der jedoch beobachten kann, wie<br />

Lindsey ganz blass wird und leicht zu zittern beginnt, während er jedoch immer noch stocksteif<br />

dasteht. Er hat wohl gelernt, Dämonen zu erkennen, selbst wenn sie Menschliche Gestalt<br />

tragen. Könnte aber auch daran liegen, dass Iris schon mal seinen Namen erwähnt hat,<br />

weshalb Lindsey offenbar weiss, dass Argon ein Dämon ist, der jederzeit ein beeindruckendes<br />

Raubtiergebiss zeigen und ihm den Kopf abbeissen könnte. Ein Dämon, der immer noch so<br />

verdächtig an dem Anwalt rumschnuppert. "Argon, lass bloss die Finger von ihm!" warnt er.<br />

"Iris hat Mr. Lindsey McDonald höchstpersönlich eingestellt und sie wird sehr böse werden,<br />

wenn du ihm was tust!" - LINDSEY MCDONALD?! "Ich werde ihm nichts tun!" meint Argon<br />

naserümpfend, der sich schon einen Moment lang fragt, aufgrund was für eines Gute-<br />

Samariter-Komplexes die gute alte Iris wohl ausgerechnet diesen Burschen hier engagiert hat,<br />

wo sie sich doch die besten Anwälte des ganzen Landes leisten könnte. "Ich habe kein<br />

Interesse an Secondhandware von WOLFRAM & HART..." Er grinst nun Alexei an und fühlt sich<br />

berufen, diesem in den blühendsten Farben zu schildern, dass Lindsey McDonald dort<br />

Fussabtreter für die Chefs und kleiner Leckerbissen für zahlungswillige Kunden war, die mit<br />

besonderen Zückerchen gelockt werden mussten, und dabei hätte er für seine sogenannte<br />

Karriere sogar für schleimige Drognuts und anderes Gesindel brav stillgehalten und die Kunden<br />

vorne und hinten bedient...<br />

Alex sieht, wie sich bei Argon<strong>'s</strong> Worten in Lindsey<strong>'s</strong> Augen plötzlich Tränen sammeln, wie er die<br />

Zähne so fest zusammenbeisst, dass ihm wohl schon bald der Kiefer wehtun muss... und wie<br />

er wohl vor Scham am liebsten einfach im Boden versinken würde, als er hier so brutal an<br />

seine wenig ruhmreiche Vergangenheit erinnert wird. Dass er vor gut einem Monat aufgrund<br />

jenes kleinen Missverständnisses peinlich berührt vor seinem zukünftigen Boss mit nacktem<br />

Oberkörper auf dem Boden kniete, war für ihn wohl nicht mal annähernd so schlimm wie diese<br />

Szene jetzt, wo von Argon, sensibel wie eine Dampfwalze, gewissermassen sein Innerstes nach<br />

Aussen gekehrt wird... "Es reicht, Argon, hör endlich auf!" - "Aber..." Irgendwie würde der<br />

Dämon noch gerne etwas länger mit seinem Insider-Wissen prahlen, wo er mal so richtig in<br />

Fahrt ist - doch Alexei schneidet ihm das Wort ab: "Erzähl mir lieber was, das ich noch nicht<br />

weiss! Nicht? Na dann verzieh dich endlich wieder!" - "Uuuups!" Argon zieht eine Braue hoch<br />

und starrt Alexei an, als wäre dem gerade ein zweiter Kopf gewachsen. Wow, der sieht ja<br />

wirklich aufgebracht aus, und so sehr es Argon auch Spass macht, ihn zu ärgern, irgendwie<br />

fühlt er wohl, dass es für heute genug ist. "Na dann, bis zum nächsten Mal!"<br />

Argon verschwindet. Durch die Tür.<br />

"Tut mir leid, Lindsey. Argon kann ganz schön nervig sein. Ignorier ihn am besten..." versucht<br />

Alexei mit sanfter Stimme Lindsey aufzumuntern, der immer noch wie ein begossener Pudel<br />

dasteht und sich nicht von seiner Erstarrung hat lösen können. "Lindsey!" Er steht auf und legt<br />

ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn nun sachte ein wenig zu schütteln. "Hat er dich etwa<br />

verhext?" meint er dann auf einmal besorgt...<br />

... worauf Lin endlich den Kopf schüttelt und mit einem fast unhörbaren Schluchzen abwinkt.<br />

Er wagt nicht mehr, seinem Boss in die Augen zu sehen. "Sie haben es schon gewusst?" fragt<br />

er dann mit zitternder Stimme. Sicherlich hat Iris alles in seinen Gedanken gelesen und<br />

womöglich hat sie ja noch andere Quellen... doch bislang hat er aus irgendwelchen wohl<br />

ziemlich irrationalen Gründen doch gehofft, sie hätte Alexei nichts davon erzählt. Oh mein<br />

Gott, sein Boss hat die letzten paar Wochen mit ihm zusammengearbeitet, hat ihn wie einen<br />

richtigen Menschen, sogar mit Respekt behandelt und war immer so nett... und das obwohl er<br />

es die ganze Zeit über gewusst hat? - "Na ja, als Iris mir erzählt hat, was du so ungefähr alles<br />

hast durchmachen müssen, bis du schliesslich bei uns gelandet bist, hat sich das alles<br />

irgendwie anders angehört... aber ja, ich hab<strong>'s</strong> gewusst." Alexei sieht Lindsey an und glaubt


fast in einen Spiegel zu sehen, denn so ähnlich war er auch mal drauf und konnte kaum<br />

glauben, dass sich nach all den Schrecknissen überhaupt noch jemand um ihn kümmerte...<br />

und doch hat Iris ihn aufgelesen. Lindsey McDonald hat ebenfalls eine Chance verdient! Alex<br />

hebt sein Kinn sanft an, damit Lindsey ihm in die Augen sehen muss. "Was ist los?"<br />

"Was los ist?" flüstert Lin nach einer Weile. "Ich war ein dummes kleines Dämonenliebchen...<br />

also kein Wunder, dass Sie..." Er stockt und beisst sich selbst auf die Zunge, denn er kann<br />

seinem Boss doch nicht sagen 'Kein Wunder, dass Sie mich nicht küssen wollten!' oder sowas<br />

in der Art. - "Dass ich was?" fragt Alex mit leiser Stimme, der sogar einen Augenblick lang mit<br />

dem Gedanken spielt, sich selbst als Dämonenliebchen zu outen; auch wenn Argon vermutlich<br />

einwenden würde, dass das doch was gaaanz anderes wäre... - Lin macht nun einfach die<br />

Augen zu, weil es ihn schmerzt und gleichzeitig erregt, Alexei<strong>'s</strong> Gesicht so nahe bei sich zu<br />

haben, dass er sogar seinen Atem auf der Haut spüren kann. "... äh... dass Sie nicht..."<br />

stammelt Lindsey fast unhörbar und versucht sich darauf zu konzentrieren, gerade stehen zu<br />

bleiben, denn seine Beine kommen ihm irgendwie weich wie Pudding vor. Oh Gott, er will hier<br />

jetzt nicht zusammenbrechen wie ein verdammter Waschlappen... - "Dass ich nicht was?" -<br />

Mit einer nervösen Geste leckt sich Lindsey über die Lippen und überlegt sich, was in aller Welt<br />

er jetzt nur tun soll. Na ja, einfach in Ohnmacht fallen fände er langsam vielleicht doch eine<br />

äusserst verführerische Option... doch plötzlich spürt er eine Umarmung und weiche warme<br />

sanfte Lippen auf seiner Wange. Eigentlich ist das harmlose Küsschen nur ein Hauch, doch es<br />

elektrisiert ihn geradezu... und er schaut Alexei nun leicht fassungslos an, weil er es kaum<br />

glauben kann, dass sein Boss ihn gerade geküsst hat. Wie oft hat er in den letzten Wochen<br />

schon davon geträumt! "Oh mein Gott!" haucht er unhörbar und eine Träne aus seinem linken<br />

Auge bahnt sich gerade einen Weg über die soeben geküsste Wange.<br />

"O oh..." meint Alex, der das OH MEIN GOTT schon ein wenig missversteht und denkt, er hätte<br />

die Lage womöglich ganz falsch eingeschätzt. Das kommt wohl davon wenn ein ehemaliger<br />

Geheimagent und ein Anwalt miteinander zu tun haben, die beide gelernt haben, wie gedruckt<br />

zu lügen, und zudem daran gewöhnt sind, sich für gewöhnlich nie irgendwas anmerken zu<br />

lassen... "Tut mir leid, Lindsey, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich hab mir nur gedacht,<br />

dass du wohl etwas Aufmunterung vertragen könntest. Jedenfalls wollte ich dir nur sagen, dass<br />

du dich hier und heute nicht mehr zu schämen brauchst, denn schliesslich hast du diese<br />

Vergangenheit hinter dir gelassen. Und auch wenn du die Erinnerungen nie mehr loswirst... es<br />

ist nun mal passiert, doch es ist vorbei. Und du bist ein feiner Kerl." Mit fahrigen Bewegungen<br />

nimmt er ihm dann die Papiere ab, die Lindsey immer noch in der Hand gehalten hat, und<br />

verstaut diese dann erst einmal im Safe. Als er sich wieder nach dem Anwalt umsieht, steht<br />

der immer noch wie angewurzelt da und starrt ihn unaufhörlich an mit einem Ausdruck in den<br />

Augen, den Alex ja normalerweise fast schon als SCHLAFZIMMERBLICK interpretieren würde...<br />

doch was ist hier schon normal?!<br />

Lin ringt mit sich, endlich was zu sagen... Alexei zu sagen, dass er ihm keineswegs zu nahe<br />

getreten wäre, sondern gern noch etwas näher treten dürfte... Verdammt, es war nur ein<br />

harmloses Wangenküsschen! Iris knutscht ständig alle ihre Freunde ab, da sagt ja auch keiner<br />

was... Und in Russland oder anderen Teilen der Welt wäre sowas auch unter Männern ganz<br />

normal. Zu schade, dass Alexei bei seinem Russisch-Kurs damals, wenn es denn je tatsächlich<br />

einen gegeben haben sollte, sich nicht auch diese netten Bräuche angeeignet hat. Na ja, hier<br />

in Amerika hätten sie ihn deswegen für gewöhnlich wohl eher blöd angeschaut... sehr schade<br />

eigentlich... "Sie wollten mich also etwas aufmuntern?" Himmel, seine Stimme klingt ja total<br />

weinerlich, wie unglaublich erbärmlich, geradezu ekelerregend... wirklich wie ein dummes<br />

kleines Dämonenliebchen, das gespielt masochistisch darum bettelt, noch ein paar Schläge zu<br />

erhalten, damit nichts schlimmeres passiert. Natürlich wollte Mr. Sinclair ihn nur etwas<br />

aufmuntern, was denn sonst! Immerhin hat Iris ihn aus unerfindlich Gründen ins Team geholt<br />

und nun gehört er nun mal dazu und deshalb wird er hier bei AVALON auch immer ein Dach<br />

über dem Kopf und dazu noch gratis Aufmunterung erhalten, das gehört hier bei den Guten ja<br />

gewissermassen zum Service, aber das heisst noch lange nicht, dass sie sich jemals das<br />

ehemalige Dämonenliebchen von WOLFRAM & HART auch ins Bett holen würden, denn er ist<br />

für sie vermutlich nicht viel besser als ein streunender Kater, den sie aus reiner Nächstenliebe<br />

durchfüttern, aber deshalb bleibt er doch Abschaum der Menschheit, so ungefähr wie etwas<br />

das sie aus dem Abfall gerettet haben, um es dann als moderne Kunst in den Garten zu<br />

stellen, doch sie würden das unansehnliche Ding mit den vielen Dellen und dem ganzen Rost<br />

wohl nicht mal mit blossen Händen anfassen, wobei allerdings Iris ihn ja wirklich geküsst hat,<br />

doch das war ja gewissermassen zu Medizinischen Zwecken und überdies ist Iris eine <strong>Hexe</strong>,


doch Alexei würde doch niemals... ach verdammt... und warum dreht sich jetzt auf einmal<br />

alles? Irgendwie verschwimmen die Farben, alles wird so schwummrig, als würde die ganze<br />

Welt gerade in Watte verpackt, weiche dunkle Watte...<br />

Alexei kommt wieder näher und versucht aus dem Anwalt schlau zu werden. Iris hat ihm sogar<br />

auf den Kopf zu gesagt, dass Lindsey von ihm schwärmen würde. Na ja, wie hat sie es<br />

ausgedrückt: 'Rate mal, der die Hauptrollen in seinen feuchten Träumen spielt: wir! Na ja,<br />

insbesondere du, mein Süsser, um genau zu sein!' Sie schien darüber sehr amüsiert und hat<br />

ihr anzüglichstes Lächeln aufgesetzt... Und jetzt fragt er sich langsam, ob sie ihm damit<br />

vielleicht nur einen Streich spielen wollte und die ganze Geschichte mit Lindsey McDonald<br />

womöglich ein abgekartetes Spiel ist, um ihn vielleicht zu testen oder sowas in der Art...<br />

irgendwie wird man bei all den Intrigenspielchen, Geheimnissen und sonstiger Paranoia noch<br />

ganz wirr im Kopf, verdammt, oder denkt er jetzt einfach nur wieder viel zu viel nach?!<br />

"Lindsey?" Irgendwie sieht Lindsey gar nicht gut aus, sein Atem geht immer flacher und<br />

schneller... und schliesslich kann Alexei geradezu wie in Zeitlupe beobachten, wie er das<br />

Bewusstsein verliert, die Augen etwas verdreht und wie ein nasser Sack zu Boden fällt. Oder<br />

vielmehr in Alexei<strong>'s</strong> Arme, der rasch einen Satz nach vorne gemacht hat, um ihn aufzufangen.<br />

Er schleift ihn zur Couch, wo er ihn erst mal hinlegt und ihm ein Kissen unter den Kopf schiebt.<br />

"Lindsey!" Er probiert es mit sanftem Tätscheln, doch keine Reaktion. Iris! denkt Alex so laut<br />

er kann, weil er nicht weiss, was mit Lindsey los ist, ob sein Zustand eine normale Ursache hat<br />

oder womöglich noch mit dieser komischen Dämonenvirus-Geschichte zusammenhängt, wo<br />

wohl jeder normale Arzt hilflos wäre. "Bitte, Iris, komm und hilf ihm!" flüstert er und starrt zur<br />

Decke hoch, wo jetzt vielleicht gerade Iris ein Stockwerk weiter oben im Bett liegt, nachdem<br />

die Gäste gegangen sind. Oder sich sonstwo rumtreibt... Na toll, wirklich ganz toll! "Lindsey!<br />

Wach auf, verdammt!" ruft Alex nun etwas eindringlicher und verpasst dem bewusstlosen<br />

Anwalt ein paar härtere Ohrfeigen...<br />

... die schliesslich Wirkung zeigen. "Auuuuuuuu..." stöhnt Lin leise, doch es sind nicht nur<br />

Alexei<strong>'s</strong> Ohrfeigen, die ihn so schmerzen. Es fühlt sich an, als hätte sich irgendein Insekt in<br />

seinen Schädel gebohrt und würde dort jetzt rumkrabbeln und sämtliche Nervenzellen in den<br />

Selbstmord treiben... "Was ist passiert?" murmelt er benommen. "Haben wir Stromausfall?" -<br />

"Du bist bewusstlos zusammengeklappt. Aber wieso Stromausfall?" - "Na weil es so dunkel<br />

ist..." - "Aber..." Alex unterbricht sich und starrt auf Lindsey<strong>'s</strong> Augen, die eigentlich noch ganz<br />

normal aussehen. Aber der Anwalt lässt seinen Blick ruhelos schweifen, scheint sich jedoch auf<br />

nichts fixieren zu können... weil er nichts sieht - und das scheint Lindsey auch gerade klar zu<br />

werden. "Oh nein... so dunkel kann es gar nicht sein... ich bin blind, nicht wahr?!" Er bemüht<br />

sich redlich, möglichst gefasst zu bleiben, doch er kann nicht verhindern, dass in seiner<br />

Stimme leise Hysterie mitschwingt. Vor ein paar Stunden war die Welt noch in Ordnung. Neues<br />

Spiel, neues Glück! Dann taucht plötzlich dieser Argon auf, erinnert ihn wieder daran, was für<br />

ein Stück Dreck er doch eigentlich ist... und dann bricht er als Krönung aller Peinlichkeiten<br />

auch noch vor seinem Boss bewusstlos zusammen. Und wacht blind wieder auf... und doch ist<br />

Alexei immer noch hier bei ihm, obwohl der Boss schon die ganze Zeit gewusst hat, was er<br />

doch für ein erbärmliches Stück Menschlichen Abfalls ist... und der Boss hält immer noch seine<br />

Hand, wie ihm gerade auffällt.<br />

*<br />

"Ein Hirntumor?!" Lin bricht gleichermassen in hysterisches Gekicher und in Tränen aus, denn<br />

langsam ist einfach alles zu viel. Ja, es ist definitiv zuviel, Iris' sanfte Stimme zu hören, die<br />

ihm einen Hirntumor diagnostiziert, während er immer noch Alexei<strong>'s</strong> Hand umklammert hält,<br />

und er fragt sich, was die <strong>Hexe</strong> dabei wohl für ein Gesicht macht... Aus dem letzten<br />

Überbleibsel des Dämonenviruszeugs ist also ein Hirntumor geworden, natürlich einer von der<br />

bösartigsten und inoperablen Sorte, was denn sonst... Vielleicht hat ja Argon<strong>'s</strong> blosse<br />

Dämonische Anwesenheit einen plötzlichen Wachstumsschub ausgelöst, oder auch der Stress,<br />

wer weiss, denn Iris versichert, dass dieses Ding vorgestern noch nicht da war, als sie ihren<br />

Anwalt gewohnheitsmässig abcheckte. Lin hört Iris und Alexei leise miteinander flüstern, es<br />

geht um Heilungschancen oder sowas in der Art.<br />

"Bitte, Iris, hilf ihm, er hat eine Chance verdient!" sagt Alexei schliesslich etwas lauter. "Und es<br />

wäre doch wirklich schade um ihn, nicht wahr, also bitte Iris, mach dieses komische Ding aus<br />

ihm raus und mach ihn dann wieder gesund, bitte!"


Eine Weile herrscht Schweigen... doch dann kommt es Lin plötzlich so vor, als würde<br />

tatsächlich eine Hand in sein Gehirn hineingreifen und das DING dort packen und<br />

herausreissen und irgendwie glaubt er sogar zu hören, wie Iris' Hand ES zu Staub<br />

zerquetscht... Erstaunlich, was man unter Drogen alles für Sachen träumt! ist sein letzter<br />

Gedanke, bevor er in tiefe Bewusstlosigkeit versinkt.<br />

* * *<br />

Als Lin wieder aufwacht, liegt er nackt in seinem Bett, völlig schmerzfrei. Und er kann sehen!<br />

Hat er das gestern vielleicht alles nur geträumt? Moment mal... aber da liegt ja Alexander<br />

Sinclair neben ihm auf dem Bett! Lin reibt sich die Augen, doch Alexei liegt immer noch da.<br />

Angezogen. Nur Jackett und Schuhe hat er ausgezogen, um sich ein Bisschen auszuruhen, und<br />

nun schläft er tief und fest. Er sieht so friedlich und entspannt aus, den Kopf etwas zur Seite<br />

geneigt, in Lin<strong>'s</strong> Richtung, den rechten Arm ausgestreckt, den linken angewinkelt, so dass die<br />

Hand locker auf seinem flachen Bauch ruht. Der goldene Ehering am Finger glänzt in der<br />

Abendsonne. Moment mal, Abendsonne? Hat er denn etwa den ganzen Tag geschlafen?!<br />

Als er in der Küche die Kaffeemaschine hört, zuckt Lin etwas zusammen, gerade als er mit<br />

dem Gedanken zu spielen angefangen hat, seinem Boss im Schlaf vielleicht ein kleines<br />

Küsschen auf die Wange zu drücken, gewissermassen als Revanche für gestern Nacht. Doch<br />

gleichzeitig kommt ihm das auch schon wieder wie ein Sakrileg vor, denn er hat kein Recht,<br />

mit seinen dreckigen Pfoten seinen Boss anzurühren...<br />

Wenig später kommt Iris mit zwei Tassen ins Zimmer. "Na, auch wieder wach?" fragt sie<br />

lächelnd. "Kaffee?" - Kaffee?! Das was Iris da immer kocht ist kein Kaffee, sondern so starker<br />

Tobak, dass man damit jemanden totschlagen könnte! Aber vielleicht sollte er sich ja mal<br />

langsam an das starke Gebräu seiner Chefs gewöhnen... "Danke!" murmelt er und will nach<br />

einer Weile schon zur Rede ansetzen - als sie ihn lächelnd unterbricht: "Es war kein Traum. Du<br />

bist von dem ganzen Dämonenviruszeugs geheilt. Der Schlaf hat dir gut getan." Und mit einem<br />

Seitenblick auf den immer noch schlafenden Alexei erklärt sie ihm: "Er war die ganze Nacht<br />

wach und hat auch noch den grössten Teil des Tages bei dir gesessen, weil er wohl befürchtet<br />

hat, du könntest plötzlich aufhören zu atmen oder sowas in der Art. Vor einer Stunde ist er<br />

endlich weggedämmert. Er sieht süss aus, wenn er schläft, nicht wahr?"<br />

Lin nickt nur und errötet. Um sich etwas abzulenken, widmet er sich dem Kaffee... kann jedoch<br />

seine Blicke nicht von Iris wenden, wie sie nun Alexei langsam weckt, indem sie ihn mit ihren<br />

Haaren kitzelt. Es ist lustig, wie Alexei sein Gesicht verzieht und schliesslich im Halbschlaf<br />

sogar mit der Hand nach der vermeintlichen Fliege schlägt. Iris küsst ihren Mann auf den Mund<br />

- und Alex wird endlich wach, legt seine Arme um sie und drückt sie an sich, während er ihren<br />

Kuss leidenschaftlich erwidert. Bis ihm wieder einfällt, dass sie ja hier in Lindsey<strong>'s</strong> Zimmer<br />

sind. "Oh, uuuh..." Er wirft ihr einen leicht vorwurfsvollen Blick zu, da er es ein klein wenig<br />

peinlich findet, wenn sie ihn mit einem Kuss weckt, wenn noch andere Leute in der Nähe sind<br />

und zuschauen... denn irgendwodurch ist er schon ein wenig schüchtern. Aber natürlich macht<br />

sie sich nichts draus und grinst ihn frech an, denn sie weiss genau, dass er ihr nicht böse sein<br />

kann... nicht mal, wenn Lindsey jetzt ziemlich verlegen guckt bzw. nicht so recht zu wissen<br />

scheint, wo er hingucken soll. "Alles wieder okay, Lindsey?" fragt Alex - worauf Lin etwas<br />

zusammenzuckt und sich überlegt, was alles okay und nicht okay ist... "Die Schmerzen sind<br />

weg und ich kann wieder sehen." Das stimmt jedenfalls. "Danke!" Er sieht Iris eindringlich an.<br />

"Womit hab ich das nur verdient, dass Sie so gut zu mir sind?"<br />

"Verdient?" Iris muss lachen. "Du hast Glück gehabt, nichts weiter!" Sie tätschelt seine Wange,<br />

legt dann aber plötzlich ihre Hand in seinen Nacken, zieht seinen Kopf näher ran und küsst ihn<br />

einfach auf den Mund... und verwickelt ihn kurzerhand in eine wilde Knutscherei, die ihm<br />

schier den Atem raubt und seine ohnehin schon wirren Gedanken und Gefühle noch viel mehr<br />

verwirrt, als er nämlich plötzlich daran denken muss, dass ihre Lippen nur ein paar Sekunden<br />

zuvor noch auf Alexei<strong>'s</strong> Mund waren... Er spürt leicht ihren sanften Biss, also erhält er hier<br />

wohl gerade eine weitere Schutzimpfung oder wie auch immer man es nennen will.<br />

Während Lin wieder nach Luft ringt, kann er schliesslich gerade noch verhindern, dass Iris ihm<br />

einfach die Decke wegzieht, und leise Panik breitet sich auf seinem Gesicht aus. - "Iris, lass ihn<br />

doch in Ruhe, du siehst doch..." mischt sich Alexei leise ein - wird jedoch von Iris<br />

unterbrochen: "Eben sehe ich es! Mit den sexuellen Spannungen hier könnte man Las Vegas<br />

beleuchten!" Sie kichert leise und zieht Lindsey dann mit einem Ruck die Decke weg, so dass<br />

er nun splitterfasernackt vor ihnen liegt - und mit seinen Händen reflexartig sein bestes Stück


edeckt, dem die Knutscherei vorhin auch ausgesprochen gut gefallen zu haben scheint.<br />

"Warum... äh... was..." fängt er an zu stammeln und läuft rot an. Und er sieht Alexei an, der<br />

ihn erst etwas verlegen und dann interessierter mustert, seinen Blick schliesslich auf die<br />

Narben heftet...<br />

... die Lin für immer als Dämonenliebchen gezeichnet haben. Die Handabdrucke eines Dämons<br />

auf seinen Hüften. Male von kräftigen Fingern mit langen Klauen, eingebrannt vom<br />

salzsäurehaltigen Schweiss des Blalok, der ihn im Büro seines Chefs vor dessen Augen brutal<br />

durchgefickt hat... weshalb ihm seitdem immer total mulmig war, wenn er ins Büro seines<br />

Chefs gerufen wurde, obwohl oder vielleicht eher gerade weil der sehr zufrieden mit ihm und<br />

seinen Blowjobs war... Lindsey fühlte sich seitdem gebrandmarkt und war es in den Augen<br />

vieler Dämonischer Klienten wohl auch, die es für selbstverständlich erachteten, dass auch<br />

sexuelle Dienstleistungen jeglicher Art zur Juristischen Beratung von Mr. McDonald gehören<br />

würden. Lin hat diese Male nie einem Menschen gezeigt. Na ja, es gab auch keinen Menschen,<br />

dem er es hätte zeigen können, und ihm war das ganz recht so, denn bei dem Job wäre sowas<br />

wie eine normale Beziehung sowieso von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Er war<br />

auch nie wieder in einer Sauna oder bei sonstigen Sachen, wo er jemals in die Verlegenheit<br />

gekommen wäre, dass irgendjemand diese Schandmale zu Gesicht bekommen könnte...<br />

... doch Alexei wendet seinen Blick nicht angewidert von ihm ab, sondern sieht Lin offen ins<br />

Gesicht, ohne eine Spur von Abscheu in den schönen grünen Augen. Bei diesem Blick könnte<br />

Lin förmlich dahinschmelzen... - "Wow, da kann ich ja froh sein, dass Argon keine Salzsäure<br />

schwitzt. Ich hatte bloss mal blaue Flecken..." - Lin starrt nun Alexei an und überlegt, was der<br />

gerade gesagt hat... Was hat er da gerade gesagt?! Er muss seinen Boss wohl mit offenem<br />

Mund angestarrt haben, denn Iris drückt ihm plötzlich sanft seinen Unterkiefer nach oben, so<br />

dass seine Zähne aufeinanderschlagen. "Argon?!" jappst er dann schliesslich. - "Ach, der steht<br />

nur deshalb auf mich, weil ich doch Iris' kleines Sexspielzeug bin..." grinst Alex und bekommt<br />

dafür von Iris einen spielerischen Klaps und dann noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange.<br />

"Eigentlich ist er gar kein so übler Kerl. Nur führt er sich manchmal einfach unmöglich auf... so<br />

wie gestern Abend beispielsweise. Und dabei hat er es vermutlich noch nicht mal böse<br />

gemeint!" - "Aber er hat mit allem recht gehabt..." flüstert Lin leise und senkt den Kopf.<br />

"Na und?!" meint nun Iris und hebt seinen Kopf, damit Lindsey ihr in die Augen sieht. "Wir alle<br />

hier sind Dämonenliebchen, auf die eine oder andere Weise." Ein anzügliches Lächeln huscht<br />

kurz über ihr Gesicht. "Dein Pech ist, dass du es mit ziemlich unangenehmen Dämonen zu tun<br />

hattest... Bei AVALON ist es anders, glaub mir. Kein Dämon, der noch halbwegs bei Verstand<br />

ist, wird es wagen, meinen Anwalt gegen seinen Willen anzurühren." Sie wechselt einen<br />

verschwörerischen Blick mit Alexei, der mit seinen Lippen ein lautloses BITTE formt, und<br />

streicht dann sachte über Lindsey<strong>'s</strong> Hüften, um die Spuren auszulöschen, die dieser Blalok vor<br />

Jahren hinterlassen hat.<br />

Lin<strong>'s</strong> Atem geht schneller, als Iris ihn so berührt... und als er endlich bemerkt, dass sie damit<br />

seine Schandmale verschwinden lässt, wird ihm erst recht vor Freude fast schwindlig... und es<br />

ist ihm plötzlich verdammt egal, dass seine Erektion sichtbar wird, als Iris schliesslich mit<br />

sanfter Gewalt seine Hände beiseitelegt und ihre Fingerspitzen über seinen Körper wandern<br />

lässt. Was soll<strong>'s</strong>! Er gehört jetzt mit Haut und Haar dieser Zauberhaften <strong>Hexe</strong>, ohne die er wohl<br />

schon gar nicht mehr am Leben wäre, und sie kann mit ihm tun und lassen, was immer sie<br />

will... Er atmet tief durch und liefert sich gewissermassen komplett aus, doch Iris belässt es<br />

dabei, mit ihren Fingerspitzen unsichtbare Muster auf seinen nackten Körper zu zeichnen, eine<br />

süsse Folter, die in Lin je länger je mehr brennendes Verlangen weckt nach heissen Küssen<br />

und noch viel mehr... Er sieht, dass Alexei nähergerückt ist, und wünschte sich... er wünschte<br />

sich so sehr... Er hat aber kein Recht, irgendwas zu wünschen!<br />

"Lindsey, Lindsey, Lindsey..." murmelt Iris. "Warum denkst du nur immer noch so schlecht von<br />

dir?" - "Was ist denn jetzt schon wieder?" flüstert Alex leicht besorgt. - "Ach, unser Freund hier<br />

würde es dringend brauchen, mal wieder so richtig... äh umarmt zu werden... aber er denkt<br />

wohl, dass er keine Zuneigung verdient, weil er sich für total schlecht, dumm oder sonstwas<br />

hält. Selbstwertgefühl gegen Null... na du weisst schon. Er hält sich im Grunde für ein<br />

wertloses Stück Scheisse... und das alles hier jetzt nur für einen Traum." - Lin schluckt schwer,<br />

als Iris tatsächlich in Worte fasst, was ihm so durch den Kopf schwirrt. Und jetzt, wo es so<br />

ausgesprochen ist, kommt er sich noch viel dümmer vor.<br />

"Na das kommt mir doch vage bekannt vor..." murmelt Alex, der plötzlich weiss, was er zu tun<br />

hat. Er rutscht noch näher und verpasst Lindsey ein paar schallende Ohrfeigen. "Das ist kein<br />

Traum!" Es sind wohl weniger die Ohrfeigen an sich, als die Emotionen, die Lindsey nun wieder


Tränen in die Augen jagen. Wie auch immer, Alex folgt endlich seinem Instinkt, zieht den<br />

jüngeren Mann an sich und umarmt ihn fest, fängt an ihn beruhigend zu streicheln. Es ist ein<br />

seltsames Gefühl, den nun hemmungslos schluchzenden Lindsey in den Armen zu halten, der<br />

jetzt nicht nur körperlich sondern auch emotional völlig entblösst ist und sich an ihn klammert<br />

wie an einen Rettungsanker.<br />

"Na endlich!" seufzt Iris unhörbar und verdreht leicht die Augen, doch sie lächelt zufrieden.<br />

Eigentlich hätte sie fast nicht gedacht, dass Alexei sooo schüchtern ist... aber offensichtlich hat<br />

er gewissermassen erst ihren ausdrücklichen Segen gebraucht, bevor er es jetzt endlich mal<br />

gewagt hat, den Mann auch nur anzufassen, den er ja auch durchaus süss findet, und sich von<br />

ihm auch anfassen zu lassen...<br />

Irgendwann haben sie angefangen sich zu küssen. Lin wundert sich nicht, dass sein Boss<br />

phantastisch küssen kann, und er hofft nur, dass er sich nicht zu blöd anstellt, denn er kann<br />

sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er - mal abgesehen von Iris jetzt - das letzte Mal<br />

jemanden geküsst hat. Gottlob standen die Dämonen nicht so aufs Küssen, bei seinem Glück<br />

hätte ihm bestimmt noch einer die Zunge abgebissen oder sonstwas mit ihm angestellt... Aber<br />

das hier ist wirklich phantastisch. Er hat seinem Boss das Hemd aufgeknöpft und sich schon<br />

mal ganz langsam bis zum Bauchnabel runtergeküsst. Nun macht er sich an der Hose zu<br />

schaffen...<br />

"Moment mal!"<br />

Lin stöhnt leicht frustriert auf. "Wenn du mich jetzt schon wieder fragst, was zum Teufel ich<br />

hier mache, fang ich an zu schreien!" murmelt er und starrt in Alexei<strong>'s</strong> vor Erregung glänzende<br />

Augen. Eigentlich sieht sein Boss aber ganz und gar nicht so aus, als ob er ernsthaft wollte,<br />

dass er jetzt aufhört... - "Ich wollte nur sagen... du musst das nicht tun... du hast den Job<br />

bereits..." meint er leicht keuchend. "Du musst nicht denken, du wärst mir irgendwas schuldig,<br />

und deshalb..." - "Alexei, du redest wieder mal viel zuviel!" unterbricht ihn Iris und legt einen<br />

Finger auf seine Lippen. "Glaub mir, ihr wollt es beide!" Eine Versicherung, die schliesslich die<br />

Männer irgendwie beruhigt und erleichtert aufatmen lässt. - "Na wenn das so ist..." meint Alex<br />

und hebt endlich die Hüften etwas an, damit Lindsey ihm die Hose leichter ausziehen kann -<br />

was dieser auch sofort tut, indem er die Boxershorts gleich mit runterzieht, womit nun auch<br />

Alexei komplett nackt ist. Himmel, sein Boss sieht von Kopf bis Fuss einfach gnadenlos gut<br />

aus, wunderschön... "Ich will es wirklich!" bekräftigt Lin und fährt erst mal damit fort, Alexei<br />

von oben bis unten abzuküssen. "Ich will dich... wenn du mich auch willst..." - "J... ja... ich will<br />

dich auch..." gesteht Alex endlich mit heiserem Flüstern und vergräbt seine Finger in Lindsey<strong>'s</strong><br />

Haaren...<br />

... der nun zum ersten Mal freiwillig einen Blowjob gibt und das auch noch gerne tut. Es macht<br />

ihn unglaublich an, wie sich Alexei vor Lust unter ihm windet und dabei diese süssen kleinen<br />

Geräusche macht, fast so eine Mischung aus Stöhnen und Miauen. Er freut sich geradezu, dass<br />

es nicht schon so schnell vorbei ist, während er seinen Boss nach allen Regeln der Kunst<br />

verwöhnt, wie er noch nie jemanden verwöhnt hat. Und als schliesslich Alexei<strong>'s</strong> gestöhnte<br />

Warnung kommt, lässt er ihn nicht etwa los, sondern will ihn schmecken. Und es schmeckt...<br />

gut... sonderbar... irgendwie fast ein wenig nach Vanille?!<br />

"Oh, Himmel, du bist wirklich unglaublich, Lindsey..." ächzt Alex noch ein wenig ausser Puste<br />

und zieht ihn wieder hoch, um ihn zu küssen. Danach beginnt er, mit Händen und Mund den<br />

Körper des anderen Mannes zu erforschen... und es kommt ihm auch kein Bisschen pervers<br />

vor, dass Iris ihm dabei zusieht und lächelt, als hätte sie gerade den Hauptpreis in der Lotterie<br />

gewonnen.<br />

Ein paar - sehr schöne - Stunden später spielt Lindsey McDonald endlich mal wieder auf seiner<br />

Gitarre und singt dazu - während Alexei und Iris in seinem Bett liegen und ihm lächelnd<br />

zuhören, während sie im Takt mit den Füssen wackeln. Er ist wirklich süss... und er hat eine<br />

nette Stimme. Könnte ruhig öfters Musik machen... Na ja, in Zukunft dürfte er wohl öfters<br />

Grund zur Freude haben als in der Vergangenheit.<br />

Gut gelaunt schäkern sie herum, reissen Witze, kitzeln sich gegenseitig aus und lachen viel<br />

zusammen. Ménage à trois... Tja, das macht ja richtig Spass!<br />

Lindsey ist glücklich wie noch nie in seinem Leben und kommt sich vor wie im Himmel...<br />

*


Eine Woche später bekommt Lindsey McDonald einen Telefonanruf von WOLFRAM & HART - na<br />

das hat ja lange gedauert! Haben die tatsächlich so lange gebraucht, um herauszufinden, dass<br />

er nach Washington gegangen ist und nun für AVALON arbeitet... oder haben sie sich so lange<br />

Zeit gelassen, weil sie damit gerechnet haben, dass er wegen des Dämonenviruszeugs sowieso<br />

bald tot umfallen würde?<br />

Aber da er offensichtlich nicht tot umgefallen ist, wollen sie ihn zurückhaben... oder...<br />

"Oder was?!" schnauzt Lin zurück. "Mit was wollen Sie mir noch drohen? Dass Sie mich<br />

umbringen? Ich gehe auf gar keinen Fall zurück, merken Sie sich das!" Er knallt den Hörer auf.<br />

Mr. Alexander Sinclair hat am gleichen Tag ebenfalls einen Telefonanruf von WOLFRAM & HART<br />

erhalten. Er hört sich eine Weile das Geschwätz an (was für ein schlimmer Finger doch dieser<br />

Lindsey McDonald wäre und dass er ihn lieber entlassen sollte, wenn er weiss was gut für ihn<br />

ist)... und legt dann einfach auf.<br />

"Deine alten Freunde scheinen Sehnsucht nach dir zu haben!" meint Alexei danach zu Lindsey,<br />

der ebenfalls im Büro ist - und der nun etwas nervös wird. "Da war WOLFRAM & HART dran<br />

und du hast einfach aufgelegt?" - "Ach, wolltest du vielleicht noch ein wenig plaudern?" neckt<br />

ihn Alexei. - "Die haben mich heute morgen schon aus dem Bett geklingelt." Lin schluckt kurz.<br />

"Sie wollen, dass ich zurückkomme, sonst..." - "Sonst was?" - "Weiss nicht, ich hab<br />

aufgelegt..."<br />

Lin fängt an zu überlegen, mit was ihm seine ehemaligen Arbeitgeber wohl drohen könnten,<br />

wo ihn doch selbst Morddrohungen nicht mehr wirklich schrecken können. Natürlich will er<br />

leben, gerade jetzt wo sein Leben endlich schön ist! Doch auch gerade darum würde er lieber<br />

sterben als zu WOLFRAM & HART zurückzukehren, denn das dort war kein richtiges Leben, das<br />

ist ihm jetzt klar... Doch was wäre, wenn sie jemand anders bedrohen würden? Seine Familie<br />

hat er schon seit Jahren nicht mehr gesehen, hat seinen Geschwistern nur hin und wieder Geld<br />

zukommen lassen... aber jetzt sind Iris und Alexei seine Familie. Würde man soweit gehen,<br />

seine neuen Arbeitgeber zu bedrohen, falls sie wissen, dass er mit denen mehr als nur<br />

befreundet ist? Und was würde er tun, wenn es so wäre? Der blosse Gedanke, dass sie<br />

vielleicht Iris und Alexei was antun könnten, wenn er nicht kooperiert, macht ihn ganz krank,<br />

obwohl er sich bei Iris nicht sicher ist, ob die ihr überhaupt etwas antun könnten, immerhin ist<br />

sie mehr als nur eine gewöhnliche <strong>Hexe</strong>. Doch die Idee, einen von Kugeln durchsiebten oder<br />

von Dämonen zerfetzten Alexei in seinen Armen sterben zu sehen, treibt ihm fast die Tränen in<br />

die Augen.<br />

"He!" meint Alex sanft und zieht Lindsey in seine Arme. "Die können dir nichts anhaben, denn<br />

du stehst jetzt unter dem Schutz von AVALON und wir stehen auch mit Dämonen im Bunde!" -<br />

Lin geniesst die Umarmung, Alexei<strong>'s</strong> beruhigende Körperwärme, und er will seinen Boss jetzt<br />

nicht damit beunruhigen, dass er sich eigentlich eher um ihn als um sich selbst Sorgen macht.<br />

* * *


Als Iris abends von ihrem kleinen Ausflug zum FBI zurückkommt, wo sie als Special Agent<br />

Sinclair mal wieder gute Ratschläge gegeben hat, erzählen sie ihr natürlich gleich von den<br />

Telefonanrufen - doch sie wirkt nicht sehr überrascht, setzt sich in den Sessel vor dem erst<br />

kürzlich eingebauten offenen Kamin und macht mit einem Fingerschnippen Feuer. "Und ich hab<br />

heute ein Express-Schreiben erhalten!" Immerhin haben die Typen soweit ihre Hausaufgaben<br />

gemacht, dass sie von ihrer gelegentlichen Tätigkeit beim FBI wissen, sonst hätte der Brief sie<br />

wohl kaum erreicht. Sie kramt einen grossen Umschlag aus ihrer Tasche. "Ein paar hübsche<br />

Fotos von Lindsey." Fotos von der Art, wie man sie wohl nie seiner Mutter zeigen würde... Sie<br />

wirft den Umschlag einfach in die Flammen - wofür Lin ihr wirklich dankbar ist. Zwar weiss<br />

Alexei ja, was er bei WOLFRAM & HART alles so getrieben hat, aber er muss es ja nicht<br />

unbedingt auch noch auf Fotos sehen...<br />

"Tja, irgendwie scheinen die guten Leute wohl nicht zu wissen, mit wem sie es hier zu tun<br />

haben, wenn die meinen, sie könnten uns mit wichtigtuerischen Telefonanrufen oder solchem<br />

Quatsch da schockieren..." Iris zückt ihr Handy und wählt eine Nummer in Los Angeles, die<br />

Lindsey nur allzu bekannt ist, denn es ist die Nummer seines ehemaligen Chefs. "Hallöchen!"<br />

säuselt sie mit zuckersüsser Stimme ins Telefon, als sich jemand meldet. "Sie waren so<br />

freundlich, mir heute per Express ein paar Fotos von Lindsey McDonald zu schicken..." Sie<br />

lächelt diabolisch. "Jawohl, ich bin Iris Sinclair, ganz richtig geraten. Hören Sie mal, ich kann ja<br />

durchaus verstehen, dass Sie ihn vermissen, er ist ja wirklich eine Sahneschnitte... aber geben<br />

Sie<strong>'s</strong> auf, er kommt nicht mehr zurück zu Ihnen und WOLFRAM & HART." Als am anderen Ende<br />

der Leitung nun wilde Drohungen ausgestossen werden, verdreht Iris nur leicht die Augen. Als<br />

sie nun wieder spricht, klingt ihre Stimme überhaupt nicht mehr zuckersüss, sondern scharf<br />

wie ein Dolch. "Hör mal gut zu und merk dir das: Lindsey McDonald gehört jetzt zu AVALON<br />

und damit basta. Solltet ihr ihn oder uns jemals wieder irgendwie belästigen, werden wir<br />

verdammt böse. Und glaub mir, das wollt ihr nicht erleben, wenn wir böse werden. Da werden<br />

euch eure Dämonen auch nicht helfen... denn unsere Dämonen sind besser, ätsch!" Nun spielt<br />

ein leises Lächeln um ihre Lippen, während in einem gewissen Büro in L.A. wohl gerade einen<br />

Moment verblüffte Sprachlosigkeit herrscht. "Ganz recht!" bestätigt Iris. "Kommt uns nicht in<br />

die Quere... dann tun wir euch wohl auch nichts." Damit klappt sie ihr Handy wieder<br />

zusammen.<br />

Lin sieht sie an. "Denkst du, er hat dir geglaubt?" Er versucht sich die Reaktionen seiner Bosse<br />

auf Iris' Drohungen vorzustellen, doch da er sich nicht daran erinnern kann, dass jemals<br />

irgendjemand Wolfram & Hart auf solche Weise gedroht hat, kann er das nur schwer<br />

abschätzen. - "Sie werden es schon glauben..." Iris scheint sich ziemlich sicher zu sein, grinst<br />

breit und wählt dann noch eine Nummer. "Hi, Padmara! Ich bin<strong>'s</strong>, Iris!" Darauf verfällt sie in<br />

einen Dämonischen Dialekt...<br />

... so dass Alexei und Lindsey zu ihrem Leidwesen kein Wort mehr verstehen und sich nur<br />

fragen können, wer zum Teufel wohl Padmara ist. Irgendwie glauben sie jedoch, aus der<br />

Unterhaltung auch mal sowas wie WOLFRAM & HART herauszuhören.<br />

Nachdem Iris das Handy wieder zusammengeklappt hat, kann Lindsey seine Neugier nicht<br />

länger zügeln, wenn schon Alexei nicht fragt, was ihm auf der Zunge brennt. "Wer ist<br />

Padmara?!" - "Oooch, sowas wie eine alte Freundin. Dämonischer Art." - Na sowas, und die<br />

ruft sie auf dem Handy an? Ist wohl eine ziemlich moderne Dämonin... "Und was..." fängt er<br />

weiter an zu fragen - wird jedoch von Iris unterbrochen. "Na ja, Padmara ist gewissermassen<br />

äh sowas..." Tja, wie könnte man das wohl beschreiben? Eine Dämonische Göttin, Jägerin und<br />

Sammlerin, die vor Urzeiten auch schon mal als Göttin verehrt worden war, allerdings unter<br />

anderen Namen... "Sowas wie eine Diebische Elster." Na ja, eher eine Nebelkrähe, aber egal.<br />

Und irdische Amayra-<strong>Hexe</strong>n haben sich schon immer gerne hin und wieder bei ihr und ihren<br />

angehäuften Schätzen bedient. "Und ich habe sie nur darauf aufmerksam gemacht, dass sie<br />

sich doch mal bei WOLFRAM & HART umsehen könnte, die hätten bestimmt ein paar<br />

interessante Dinge in ihren geheimen Tresoren versteckt..." Sie lächelt hinterhältig - und<br />

Lindsey lächelt nun auch, als er sich die dummen Gesichter seiner ehemaligen Chefs vorstellt,<br />

wenn plötzlich mal gewisse interessanten Dinge verschwunden wären, auf die sie immer so<br />

stolz sind, sie in ihrem Besitz zu haben.<br />

"Eine Diebische Elster?" meint nun Alexei, der im Geiste gerade ein paar Puzzleteile<br />

zusammensetzt. "Hat sich diese Padmara zufälligerweise auch mal in einem gewissen<br />

Kunstmuseum in Washington bedient?" - "Genau, mein Schatz!" antwortet Iris. - "Ist etwa der<br />

Schwachsinn mit der Geiselnahme auf deren Mist gewachsen?!" empört er sich nun - doch Iris<br />

winkt ab. "Zwar habe ich damals die anderen glauben lassen, die Geiselnahme wäre womöglich


eine Tarnung für den Diebstahl gewesen... aber Padmara hat damit in Wahrheit nichts zu tun<br />

gehabt und einfach die günstige Gelegenheit genutzt. Die Möchtegern-Terroristen waren<br />

wirklich so idiotisch!" - Hach, Möchtegern-Terroristen? Also für Alex' Geschmack waren die<br />

Kerle terroristisch genug, so wie sie ihn zugerichtet hatten. "Aha..." murmelt er, noch nicht<br />

ganz überzeugt, ob diese ominöse Padmara wirklich so harmlos ist. - "Ach, kommt,<br />

Schätzchen, macht euch keine Sorgen!"<br />

So ganz auf Anhieb scheinen die Typen von WOLFRAM & HART wohl Iris' Warnung nicht<br />

geschnallt zu haben... oder sie zumindest nicht ernst genug zu nehmen. Schwerer Fehler.<br />

[In einer Tiefgarage]<br />

* * *<br />

Lin hat sich noch ein paar Sport-Klamotten gekauft und trägt deshalb eine grosse Einkaufstüte,<br />

als er wieder zu seinem Wagen zurückschlendert. Er hat sich für einen silbernen Mercedes<br />

entschieden, als er sich seinen Dienstwagen aussuchen durfte, ein gutes Auto. Eigentlich wäre<br />

er mit einem weniger teuren Auto durchaus auch zufrieden gewesen, aber Iris hat gemeint, als<br />

Anwalt würde er gewissermassen AVALON repräsentieren, da könne er ruhig eine Nobelkutsche<br />

fahren. Auf seine Frage, warum sie selbst dann keine Nobelkutsche fährt, hat sie nur gemeint,<br />

sie wäre eben reich und exzentrisch. Na ja... Ein Bisschen hat er seinem alten roten Truck<br />

hinterhergetrauert, das in L.A. einer Autobombe zum Opfer gefallen ist... eigentlich schon<br />

komisch: WOLFRAM & HART haben ihm eine Bombe ins Auto gelegt, seine Wohnung<br />

abgefackelt, ihn sowieso mit diesem Dämonenviruszeugs verseucht... und sobald sie hören,<br />

dass er hier in Washington bei AVALON ist, wollen sie ihn plötzlich zurückhaben? Na ja, nicht<br />

so ganz plötzlich, aber immerhin. Seit Iris' Telefonat mit seinem ehemaligen Chef vor drei<br />

Tagen ist er ein wenig nervös, auch wenn seine Chefin ja gesagt hat, sie sollten sich keine<br />

Sorgen machen...<br />

Er pfeift eine bewusst fröhliche Melodie und denkt an das Basketballspiel übermorgen, wo er<br />

mit Alexei zusammen vorhat, Mulder und Doggett runterzuputzen, die vermutlich denken, sie<br />

könnten wohl endlich mal gewinnen, wenn Iris nicht mitspielt, aber da könnten die wohl noch<br />

ihr blaues Wunder erleben, denn er hat vor, mit seinem Boss heute noch etwas zu trainieren.<br />

Er holt den Autoschlüssel aus seiner Jackentasche und drückt beim Anhänger ein Knöpfchen,<br />

worauf sich sein Wagen automatisch entriegelt; es lebe die moderne Technik. Bei seinem<br />

Wagen angelangt öffnet er den Kofferraum, legt die Einkaufstüte rein, schliesst die Klappe<br />

wieder und gerade als er sich umdreht...<br />

... starrt er direkt einem böse grinsenden Dämon in die Augen.<br />

[Unterwegs auf irgendeiner Strasse]<br />

*<br />

Als Lindsey wieder zu sich kommt, schmeckt er zuerst den Knebel und dazu Blut in seinem<br />

Mund und er spürt, dass er gefesselt ist in reichlich unbequemer Haltung... und es rumpelt ein<br />

Bisschen. Dumm ist nur, dass seine linke Schulter bei jedem Rumpeln wie die Hölle schmerzt.<br />

Rumpeln? Oh Gott, die haben ihn einfach in einen Kofferraum gesperrt...<br />

... und entführen ihn wohl gerade nach Los Angeles! Oh mein Gott, nein!<br />

Panik macht sich in ihm breit, denn er hat das Gefühl zu ersticken und so versucht er<br />

verzweifelt, sich irgendwie zu befreien, obwohl seine Schulter unerträglich weh tut, wenn er<br />

sich bewegt. Aber ohne zu zögern würde er aus dem fahrenden Auto springen, wenn es ihm<br />

nur irgendwie gelingen würde, den Deckel aufzumachen, denn lieber würde er mit<br />

gebrochenem Genick tot in irgendeinem Strassengraben enden wollen, als zurück zu gehen,<br />

wo er dann nach einer Gehirnwäsche vielleicht keine Gelegenheit mehr hat, sich umzubringen<br />

oder sich auch nur an Iris und Alexei zu erinnern. Und er fände er furchtbar, wenn er bei so<br />

einer Gehirnwäsche Iris verraten würde... Nein, lieber würde er sterben! Wenn er den<br />

Kofferraumdeckel schon nicht aufbekommt, so findet er hier vielleicht irgendwas scharfes, um<br />

sich die Pulsadern aufzuschneiden... aber womöglich ist das alles aber auch gar nicht nötig,<br />

weil er hier vorher ersticken und jämmerlich verrecken wird, weil die Dämonen wohl vergessen


haben, dass ein Mensch Luft zum Atmen braucht... oder ist es vielleicht Absicht und man will<br />

nur seine Leiche, um dann vielleicht seinen Kopf in der Kanzlei irgendwo an die Wand zu<br />

hängen als abschreckendes Beispiel dafür, was man mit Verrätern macht? Wenigstens kann er<br />

sich damit trösten, dass die letzten Wochen und Tage die schönste Zeit seines Lebens gewesen<br />

sind. Und dass sich seine neuen Chefs vermutlich an seinen alten Chefs ganz furchtbar rächen<br />

werden und WOLFRAM & HART gewaltig in den Hintern treten... Vielleicht sind es ja einfach<br />

nur Halluzinationen infolge Sauerstoffmangel oder sein Körper schüttet wegen der Schmerzen<br />

nun grosse Mengen körpereigene Drogen aus... aber er malt sich gerade mit dem grössten<br />

Vergnügen aus, wie Alexei mit einer Waffe im Anschlag die Anwaltskanzlei stürmt, um ihn zu<br />

rächen. Natürlich nicht allein, sondern zusammen mit Iris. Aber Iris mag ja gar keine Pistolen.<br />

Aber wie wär<strong>'s</strong> mit einem Schwert? Ja genau, Iris als schwertschwingende Amazone, das<br />

passt! Mit einem Schwert kann sie auch Dämonen den Kopf abschlagen... Und während sein<br />

Atem immer flacher und flacher geht, läuft seine Phantasie auf Hochtouren, malt sich aus, wie<br />

Iris und Alexei seine Leiche finden und ihn angemessen bestatten. Auf seinem Grabstein soll<br />

nicht WOLFRAM & HART stehen, sondern AVALON!<br />

Plötzlich reisst der Wagen einen Vollstopp bzw. kracht irgendwo dagegen und Lin wird<br />

herumgeworfen, wird vor Schmerz fast bewusstlos. Benebelt hört er von draussen gellende<br />

Schreie und leider völlig unverständliche Gesprächsfetzen. Dann wird der Kofferraum<br />

aufgerissen, frische Luft strömt herein...<br />

... und Lindsey sieht nun benommen mit grossen verschreckten Augen in Alex' besorgtes<br />

Gesicht, auf dem sich nun Erleichterung breit macht, als er seinen Anwalt lebend vorfindet,<br />

zumal der ja mehr als nur sein Anwalt ist... Er macht Lindsey den Knebel ab und schneidet die<br />

Fesseln mit seinem scharfen Taschenmesser durch, obwohl Alex zugeben muss, dass ein<br />

gefesselter Lindsey ein durchaus niedlicher Anblick ist. "Hey, da bist du ja!" Er kann nicht<br />

anders und muss den Kerl, um den er sich vorhin noch solche Sorgen gemacht hat, einfach<br />

umarmen und abküssen - und Lin ist überglücklich, auch wenn er vor Schmerz<br />

zusammenzuckt. "Alexei!" Trotz vorheriger Atemnot küsst er ihn heftig zurück und erkundigt<br />

sich erst danach etwas atemlos: "Wie hast du mich gefunden?" - "Bedank dich bei Iris..."<br />

erklärt Alex schlicht...<br />

... worauf auch prompt Iris im Blickfeld erscheint. "He, willst du hier drin Wurzeln schlagen?"<br />

Sie winkt ihn raus, stockt dann jedoch, als sie sein schmerzverzerrtes Gesicht bemerkt. "Was<br />

tut weh?" Ohne eine gesprochene Antwort abzuwarten, berührt sie seine linke Schulter -<br />

worauf Lin nun aufschreit. Mit der rechten Hand hält er sich an Iris fest und lehnt sich wie<br />

gewünscht an sie, wobei ihm ohnehin nicht viel anderes übrigbleibt, wenn er nicht<br />

zusammenklappen will, während er ja immer noch im Kofferraum kniet. Durch<br />

zusammengebissene Zähne keucht er und versucht ein Schreien zu unterdrücken, so dass nur<br />

gelegentlich ein Wimmern zu hören ist, während nun Iris vorsichtig sein Hemd auszieht und<br />

dann an seiner nackten linken Schulter herumtastet und unschwer feststellt, dass sie<br />

gebrochen ist. Worauf Alexei sie sofort bittet, die Verletzung zu heilen. Lin spürt, wie sie ihm<br />

die Hand auflegt, und er fühlt ein seltsames Kribbeln in seiner Schulter, während die<br />

Schmerzen verschwinden.<br />

Und nachdem Lin der Zauberhaften <strong>Hexe</strong> zum Dank die Hände geküsst hat, lächelt Iris und<br />

winkt Alexei, der ihn nun wieder umarmt und ihm dabei hilft herauszuklettern. Er hat noch<br />

zitternde Knie und klammert sich an seinem Boss fest, um nicht umzufallen. Danach macht er<br />

ein paar Schritte und sieht im Inneren der Limousine die Überreste der drei toten Dämonen,<br />

die gerade dabei sind, sich zu widerlichem Matsch aufzulösen. Er ist irgendwie froh, dass man<br />

ihn nicht in seinem eigenen Auto entführt hat, denn die Flecken kriegt man nie wieder raus.<br />

"Du hast sie gekillt?" meint er etwas ungläubig und schwer beeindruckt, denn er weiss gut,<br />

dass diese Schlägertypen verdammt hartnäckig sein können... aber die <strong>Hexe</strong> ist wohl doch<br />

gefährlicher, als WOLFRAM & HART sich das vermutlich vorgestellt haben, wo man wohl<br />

wirklich nicht die geringste Ahnung hat, mit wem sie es hier zu tun haben. - "Aber sicher!" Sie<br />

lächelt diabolisch. "Das wird deinen ehemaligen Chefs hoffentlich eine Lehre sein... und<br />

sonst..." Irgendwie ist ihr Grinsen etwas dreckig, als würde sie es geradezu begrüssen, wenn<br />

es gewissermassen zum Krieg kommen würde. - "Hoffentlich..." meint Lin, der nicht gerade<br />

scharf auf so einen Dämonenkrieg ist. Besonders dann nicht, wenn er ja gewissermassen wie<br />

der Knochen ist, um den sich zwei Hunde streiten. Ihm ist ziemlich schwummrig und als er nun<br />

auf seine Uhr sieht, wird ihm bewusst, dass er mehrere Stunden in der Hand seiner Entführer


gewesen sein muss. Dankbar ergreift er die Wasserflasche, die Alex ihm nun reicht, denn er ist<br />

wirklich am verdursten.<br />

"Na ja. Ich sollte denen vielleicht noch eine Nachricht zukommen lassen, zumal die Typen ja<br />

etwas schwer von Begriff zu sein scheinen..." sinniert Iris und zückt wieder ihr Handy,<br />

nachdem sie sich auf die Kofferraumhaube ihres eigenen Wagens gesetzt hat, der übrigens<br />

völlig unversehrt ist, während die Limousine von WOLFRAM & HART vorne ziemlich eingedellt<br />

ist. Inzwischen hat sie die Nummer von Lindsey<strong>'s</strong> ehemaligem Chef unter den Kurzwahlen<br />

gespeichert, so dass es schon ziemlich schnell zu klingeln anfängt. "Raten Sie mal, wer dran<br />

ist..." flötet sie mit zuckersüsser Stimme in den Apparat. "Oh... nun bin ich aber gekränkt,<br />

dass Sie mich nicht erkennen. Wo Sie mich doch anscheinend unbedingt zu Ihrem schlimmsten<br />

Alptraum machen wollen..." Ein bösartiges Lächeln spielt nun um ihre Lippen. "Na also, es geht<br />

doch. Wie Sie sich vielleicht denken können, hat es nicht geklappt." Sie verdreht kurz die<br />

Augen. "Die sind tot." Sie rollt noch mehr mit den Augen. "Glauben Sie<strong>'s</strong> oder lassen Sie<strong>'s</strong>. Ich<br />

hab Ihnen nur mitteilen wollen, dass ich mir nun jedes Mal, wenn Sie meinen Anwalt irgendwie<br />

belästigen, und sei es auch nur mit einem Telefonanruf, einen von Ihren Anwälten holen<br />

werde. Und schon beim nächsten Mal werden Sie das sein... also beten Sie lieber, dass es kein<br />

nächstes Mal geben wird!" Sie klappt das Handy zusammen und lächelt versonnen.<br />

Lin hat immer noch eine Hand um Alexei<strong>'s</strong> Hüfte gelegt, um auch wirklich gerade zu stehen<br />

und nach der langen Zeit im stickigen Kofferraum nicht einfach zusammenzuklappen; und<br />

ausserdem spürt er gerne seinen Boss so nah bei sich, wenn der ihm freundschaftlich den Arm<br />

um die Schulter legt... Aber jetzt wirft er erst mal Iris einen leicht schrägen Blick zu. "Du willst<br />

wirklich einen Anwalt von WOLFRAM & HART holen?" Tja, also Iris wirkt nicht, als wäre sie<br />

diesbezüglich zu Scherzen aufgelegt und ausserdem wäre wohl ihr Ruf ruiniert, wenn sie es bei<br />

einer leeren Drohung belassen würde. "Wen denn?" - "Wen würdest du denn vorschlagen?" -<br />

"Kommt wohl darauf an, was du mit dem Typ dann vorhast..." meint Lin vorsichtig. Obwohl er<br />

die meisten seiner ehemaligen Kollegen eher hasst, will er doch nicht einen Namen nennen im<br />

Bewusstsein, dass er damit gerade ein Todesurteil gesprochen hat. - "Ein neues Leben." - "Wie<br />

soll das gehen?" - "Na in diesem Falle wohl erst mal Gehirnwäsche bzw. De-Programmierung...<br />

und natürlich Ausschaltung des Dämonenviruszeugs. Neue Identität. Offiziell wird er oder sie<br />

natürlich sterben..." Sie lächelt verschwörerisch. "Weisst du... AVALON ist ziemlich gut was<br />

Neue Identitäten angeht!"<br />

[LOS ANGELES]<br />

* * *<br />

Noch am selben Abend verschwindet in L.A. eine Anwältin von WOLFRAM & HART spurlos und<br />

das anscheinend mitten in der Kanzlei. Und als man gerade dabei ist, nach ihr zu suchen, fällt<br />

auch auf, dass einiges Zeugs aus den Tresoren fehlt: Magischer Klimbim von unschätzbarem<br />

Wert.<br />

Das wird den Senior-Partnern aber gar nicht gefallen...<br />

[PALACE-HOTEL IN WASHINGTON]<br />

* * *<br />

"Hehehe, also WOLFRAM & HART können uns mal den Buckel runterrutschen!" verkündet Lin<br />

schon leicht angesäuselt - einer von vielen Trinksprüchen an diesem Abend - und stösst<br />

nochmal mit Alexei an, der zur Feier des Sieges bei ihrem ersten Basketballspiel heute einen<br />

vorzüglichen alten Fusel aufgetrieben hat. Das Etikett blieb unlesbar, selbst als sie die<br />

fingerdicke Staubschicht weggepustet haben, aber der edle Tropfen schmeckt wirklich<br />

verdammt gut.<br />

Iris ist nicht da, denn die ist mal wieder verschwunden - WEGGEBEAMT oder wie sie es immer<br />

so nett sagt: 'ICH HÜPF MAL SCHNELL WOHIN!' - um wieder mal Wale zu retten oder sonstige<br />

Viecher, vielleicht irgendwelche Politiker zu Tode zu erschrecken, irgendwo mit Dämonischem<br />

Gesindel einen drauf zu machen oder sonst irgendwas verrücktes zu tun - womöglich feiert sie<br />

ja auch mit dieser ominösen Padmara -, wobei er seine Süsse <strong>Hexe</strong> in Verdacht hat, zuweilen<br />

auch ganz schön voyeuristisch zu sein und auch nur einfach so aus Spass irgendwelche Sachen<br />

zu beobachten... na ja, so Sachen halt... Alex muss bei dem Gedanken etwas kichern. Früher<br />

ist sie wohl für gewöhnlich nur verschwunden, wenn er tief und fest geschlafen hat... doch


jetzt hat er mit Lindsey ja Gesellschaft und es macht ihr ganz offensichtlich nichts aus, die<br />

beiden Männer auch mal alleine zu lassen, zumal Iris sie ja schliesslich regelrecht verkuppelt<br />

hat. Als Lindsey McDonald gewissermassen in den Verschwörerkreis aufgenommen wurde,<br />

haben die anderen hinter vorgehaltener Hand schon bald Sprüche gemacht, wie lange es wohl<br />

dauern würde, bis sie auch ihren Anwalt mit jemandem zusammenbringt. Tja, wenn die<br />

wüssten... obwohl sie es ja womöglich schon wissen oder ahnen, wer weiss das schon. Na<br />

egal, immerhin haben Mulder und Doggett heute Abend schon mal spekuliert, dass Alexei und<br />

Lindsey doch bestimmt heimlich trainiert haben müssten...<br />

"Ich glaub wir solltn aufhörn, sonst sinnn wir bald zuuu btrunkn um zu hmpf..." nuschelt er<br />

leise und zieht Lindsey etwas näher, worauf der ihm ohne zu zögern gleich einen Kuss gibt.<br />

Lindsey ist der beste männliche Küsser, der Alex bislang untergekommen ist, aber vielleicht<br />

meint er das auch nur, weil er ihn so gern hat, wer weiss... Seine Küsse sind anders als die<br />

von Iris, schon allein weil er nicht nach Vanille schmeckt, zumindest noch nicht. Er selbst soll<br />

angeblich auch schon ein Bisschen nach Vanille schmecken... behauptet zumindest Lindsey,<br />

der von dem Geschmack hellauf begeistert ist. Tja, da kann<strong>'s</strong> ihm wohl nur recht sein, dass die<br />

Amayra-<strong>Hexe</strong> irgendwie abfärbt. "Du bisss ssssüüüsssssss..."<br />

- - - - - -<br />

"Warum hat denn eigentlich Iris mit AVALON diese ulkige Anwaltskanzlei nicht einfach<br />

übernommen? Auch sonst war sie ja anscheinend immer sehr zurückhaltend. Etwa wegen<br />

irgendwelcher Spielregeln?" - "Ach, ich weiss auch nicht..." meint All'Una. "Aber man kann<br />

doch nicht jedes Unternehmen, das einem in die Quere kommt, einfach übernehmen, oder<br />

jeden Typen, der irgendwie nervt, gleich um die Ecke bringen oder sonstwie verschwinden<br />

lassen! Irgendwann würde es dann nämlich mal ziemlich langweilig werden..." - "Na ja, auch<br />

wieder wahr."<br />

- - - - - -<br />

Iris' Schlafzimmer duftet wieder mal stark nach Vanille... und das liegt nicht nur an Iris,<br />

sondern zu einem gut Teil auch wieder mal an der berühmt-berüchtigten dicken dunklen<br />

Kerze, der einzigen Beleuchtung im Raum.<br />

Obwohl kaum mehr als Schemen zu sehen sind, ist doch unschwer zu erkennen, dass zwei<br />

Leute gerade Sex haben - SIE heftig keuchend in Reiterstellung oben, während ER unter ihr<br />

liegt, sich auf die Lippen beisst und leise stöhnt - und zwei andere Leute links und rechts von<br />

dem kopulierenden Paar anscheinend interessiert zusehen. Und als sie fertig sind...<br />

... wendet sich Melissa mit zufriedenem Seufzen wieder Walter Skinner zu, der seine Frau in<br />

die Arme nimmt und küsst. Beim ersten Mal war Melissa eher noch etwas schüchtern und<br />

passiv gewesen, hat ES gewissermassen einfach als Geschenk empfangen. Heute ist sie sehr


aktiv, ja fast schon aggressiv gewesen und hat sich gewissermassen einfach geholt, was sie<br />

wollte.<br />

Alex fühlt sich irgendwie ein Bisschen benutzt... auch wenn er nicht behaupten kann, dass es<br />

ihm nicht gefallen hätte, schliesslich liegt er auch bei Iris meist unten und ist dabei schon weit<br />

heftiger geritten worden. Aber er ist froh, dass er von seiner Zauberhaften <strong>Hexe</strong> doch noch ein<br />

paar Streicheleinheiten bekommt, denn solche Zärtlichkeiten hat er vorhin irgendwie vermisst.<br />

Allerdings wohl ganz gut so, denn es war ja schliesslich nicht rein zum Vergnügen, das darf er<br />

nicht vergessen, und deshalb hat Melissa ihn auch nicht geküsst, ebenso wenig wie er sie. Er<br />

kuschelt sich jetzt lieber an Iris, küsst sie und schläft in ihren Armen ein.<br />

- - - - - -<br />

"Ach was, noch eine Leihe!" - "Oh ja. Und da ist wirklich was ganz besonderes daraus<br />

geworden..." - "Was denn?!" - "Na das werdet Ihr schon noch erfahren, Jaella!" meint All'Una<br />

mit versonnenem Lächeln.<br />

- - - - - -<br />

"Sieh mich nicht so an!" meint Alex irritiert - worauf Lin den Kopf senkt. Die letzte Nacht hat er<br />

kaum ein Auge zugemacht, weil er die ganze Zeit daran denken musste, was wohl gerade in<br />

Iris' Bett los war... und er wüsste wohl von diesem ARRANGEMENT nichts, wenn nicht er<br />

mittlerweile die meiste Zeit mit im Bett seiner Chefs schlafen würde. "Tut mir leid!" flüstert er.<br />

Er weiss von Iris' flüchtiger Affaire mit Walter Skinner und wie sie ihn dann gewissermassen<br />

mit Melissa Scully verkuppelt hat und dann auch noch auf ganz andere Ideen gekommen ist...<br />

doch schon allein der Gedanke, dass Skinner auch mit im Bett war und dabei zugesehen hat,<br />

verursacht bei ihm eine Gänsehaut, obwohl er ja durchaus nichts gegen den Mann hat. Aber zu<br />

viert?! Im Geiste fasst er sich selber an den Kopf, denn er hat gar nicht gewusst, dass er so<br />

scheinheilig ist... Allerdings wird ihm irgendwann klar, dass es im Grunde weniger darum geht,<br />

wie viele Leute mit im Bett waren, sondern vielmehr darum, dass er nicht auch mit im Bett<br />

gewesen ist. "Ich stelle nur gerade fest, dass ich wohl ein wenig eifersüchtig bin..." murmelt<br />

Lin etwas verschämt und senkt den Kopf. - "Eifersüchtig?" wiederholt Alex grinsend, geht zu<br />

Lindsey rüber und zieht ihn in seine Arme. "Dazu besteht keine Veranlassung. Es war ein<br />

Gefallen unter Freunden. Nichts ernstes."<br />

"Nichts ernstes?" wiederholt Lin nun seinerseits. "Du hast einen Sohn, der laut Testament<br />

eines schönen Tages alles von dir erben wird. Bald wirst du noch ein Kind haben, auch wenn es<br />

nicht deinen Namen trägt. Das nennst du nichts ernstes?" - "Nun komm schon, mach<strong>'s</strong> nicht<br />

komplizierter, als es ist. Natürlich freue ich mich über die Kinder, auch wenn es offiziell die von<br />

Walter Skinner sind, Gefallen hin oder her... Aber die Beziehung mit Melissa wird deswegen<br />

nicht ernster. Es ist noch nicht mal eine Beziehung, verdammt, wir sind nur Freunde! Und dass<br />

wir zweimal bei Kerzenschein miteinander geschlafen haben, das gehörte eben zum Gefallen,<br />

hat aber sonst nichts weiter zu bedeuten... Himmel, wieso habe ich plötzlich das Gefühl, ich<br />

müsste mich vor dir rechtfertigen?!" Er wirft Lindsey einen fast schon verärgerten Blick zu, weil<br />

der ihn so irritiert.<br />

Weil Lin nicht so recht weiss, was er sagen soll, küsst er ihn einfach und ist froh, dass der Kuss<br />

erwidert wird. Er hat Alexei nicht verärgern wollen mit seiner plötzlichen Eifersucht. "Tut mir<br />

leid... Ich finde es eigentlich ganz wundervoll, dass du Melissa diesen Gefallen getan hast.<br />

Immerhin hast du gute Gene, die sollten der Menschheit wirklich erhalten bleiben..." - "Ach<br />

ja?" Alex muss grinsen, denn genau das hat Iris auch mal zu ihm gesagt... "Also nicht mehr<br />

eifersüchtig?" erkundigt er sich vorsichtig und schaut in Lindsey<strong>'s</strong> Augen - der nun ein Lächeln<br />

aufsetzt und tief durchatmet. "Ich schätze mal, der Anfall ist wieder vorbei!" - "Das ist gut."<br />

meint Alex und wuschelt ihm durch die Haare, bevor er ihn erneut küsst.<br />

- - - - - -<br />

"Hmmm... Was hatte denn schon wieder Walter Skinner mit Melissa<strong>'s</strong> Kindern zu tun?!" -<br />

"Äh..." - "Ach ja!" Nun erinnert sich die Fürstin geradezu schlagartig wieder daran, dass ja<br />

nach den abartigen Patriarchalen Sitten und Gebräuchen die Kinder den Namen des<br />

Ehemannes der Mutter tragen, was ja nun wirklich hirnrissig ist. Menschen!


- - - - - -<br />

Verdammt, das hier ist kein Basketballspiel mehr, sondern ein Duell. Lin weiss selbst nicht<br />

mehr, was für ein Teufel ihn ritt, dass er überhaupt auf die Idee verfallen konnte, Alexei<br />

eifersüchtig zu machen, denn offenbar hat der Versuch besser funktioniert, als er gedacht<br />

hätte... zumindest scheint sein Boss heute geradezu stinkwütend zu sein, so hart wie er ihm<br />

die Bälle bei ihrem kleinen privaten Training zuwirft. Wunderbar! Allerdings würde sich Alexei<br />

wohl eher die Zunge abbeissen, als zuzugeben, weswegen er wirklich sauer ist; denn da sei<br />

Gott vor, dass Mr. Alexander Sinclair - augenscheinlich glücklich verheiratet in Offener Ehe mit<br />

einer Zauberhaften <strong>Hexe</strong> und deshalb bezüglich Freier Liebe jeglicher Couleur ja sooo tolerant<br />

- jemals zugeben würde, dass Eifersucht kein Fremdwort für ihn ist.<br />

Doch um eine Reaktion zu provozieren, die über das Werfen von harten Bällen hinausgeht,<br />

stichelt Lin weiter... Ein Wort gibt das andere, bis Alexei schliesslich die Drohung entschlüpft,<br />

er würde ihm den Hintern versohlen, wenn er jetzt nicht endlich still wäre. Das ist einfach zuuu<br />

gut! "Ach ja?" spöttelt Lin und legt es darauf an. "Da müsstest du mich aber erst erwischen!" -<br />

"Ach, glaubst du etwa, du könntest mir entkommen?" Alex sagt es irgendwie in drohendem<br />

Ton und schmeisst nun den Basketball achtlos in die Ecke. - O oh... jetzt wird<strong>'s</strong> wohl wirklich<br />

ernst!<br />

Trotz Lindsey<strong>'s</strong> halbherzigem Versuch, ihm zu entwischen, hält Alex seinen sich windenden<br />

Anwalt schon bald mit eisernem Griff fest und zwingt ihn schliesslich auf die Knie. "Na warte,<br />

dir werd ich<strong>'s</strong> zeigen!" ächzt er, wobei sie nach dem ganzen Training sowieso beide etwas<br />

ausser Puste sind. Er zieht ihm mit einer Hand die Shorts runter, denn wenn man jemandem<br />

den Arsch versohlt, dann gehören die Schläge doch schliesslich auf den nackten Hintern. Hat<br />

Lindsey wirklich gedacht, er würde nicht ernst machen? Nach fast einem halben Jahr sollte er<br />

ihn wirklich besser kennen... "Halt still, sonst reiss ich dir die Eier ab!" droht er - halb ernst<br />

halb spasseshalber - und fasst Lindsey mit seiner linken Hand tatsächlich mit festem Griff an<br />

die Hoden, so dass dieser nun mit leisem Stöhnen auf alle viere geht und sich bemüht,<br />

tatsächlich ruhig zu bleiben. Beim ersten Schlag mit der rechten Hand auf den wunderbaren<br />

Hintern, zuckt Lindsey zusammen und gibt einen überraschten Laut von sich. "Das kommt<br />

davon, wenn man mich ärgert..." flüstert Alex und lässt die nächsten Schläge klatschend auf<br />

ihn niederprasseln.<br />

"Es tut mir leid!" murmelt Lin irgendwann zwischen dem halb schmerzlichen und halb schon<br />

erregten Stöhnen. - "Was?" - "Es tut mir leid, dass ich dich verärgert habe!" erklärt er nun<br />

etwas lauter. "Das war nicht gut... ich hab<strong>'s</strong> verdient, dass du... aaaaaah..." Nun spürt er<br />

Alexei<strong>'s</strong> sanfte Fingerspitzen, die irgendwelche Muster auf seinen malträtierten heissen Hintern<br />

malen... und im scharfen Kontrast dazu gibt<strong>'s</strong> bald darauf wieder einen festen Schlag. "Ja,<br />

schlag mich!" seufzt er und kann kaum glauben, was er da sagt, doch Alexei<strong>'s</strong> Hände fühlen<br />

sich einfach zu gut an... so erregend, egal ob das jetzt pervers ist oder nicht... - "Wann ich<br />

dich wie schlage, bestimme immer noch ich!" erklärt Alex mit leisem Lächeln, als ihm klar<br />

wird, dass es Lindsey sogar gefällt, na wer hätte das gedacht. Irgendwie ist seine Wut schon<br />

fast verraucht. - "Natürlich, du bist der Boss!" beeilt sich Lin zu sagen und geniesst die<br />

zärtlichen Streicheleinheiten, bevor wieder ein paar Schläge kommen, denen er sich jedoch<br />

mittlerweile sogar entgegenstreckt. Er hätte gar nicht gedacht, dass er mal auf Spanking<br />

stehen würde, doch von Alexei würde er sich wohl sogar fesseln und mit heissem Wachs<br />

betröpfeln lassen oder sowas in der Art... "Ich wollte dich nur provozieren..." gesteht er. "Aber<br />

ich gehöre dir!"<br />

Ja, das ist es. Alex betrachtet Lindsey gewissermassen als sein Eigentum. Na ja, als Iris' und<br />

sein Eigentum. Besitzdenken! Er hätte gar nie gedacht, dass er dazu neigen würde, doch<br />

offensichtlich ist es so, denn schon bei dem Gedanken daran, Lindsey würde jetzt noch mit<br />

irgendwelchen anderen Leuten rummachen, bekommt er nicht übel Lust, irgendwas<br />

kaputtzuschlagen. "Jawohl, du gehörst mir!" flüstert er und betrachtet den geröteten Hintern<br />

seines Lovers. Sehr verlockend, einfach zuuu verlockend... Er zieht seine eigenen Shorts<br />

runter und hört Lindsey kurz freudig aufkeuchen, als dem wohl dämmert, was er jetzt vor hat.


Und er hat es nicht nur vor, er muss es tun, sonst wird er explodieren, hat er jedenfalls das<br />

Gefühl. - "Ja, nimm mich... fick mich!" bettelt Lin nun geradezu und will ihn endlich hart und<br />

tief in sich spüren, weshalb er ihm seinen Hintern nun auffordernd weiter entgegenstreckt...<br />

und er bekommt, was er will, was er braucht - und was Alex braucht, der nun ohne weiteres<br />

mit einem starken Stoss eindringt, da Lindsey offensichtlich ebenso heiss drauf ist wie er selbst<br />

und seine Lusttropfen schon genug Gleitmittel sind. Ein unbeschnittener Penis hat eben doch<br />

auch seine Vorteile... Seine Hände legt er danach um Lindsey<strong>'s</strong> Hüften und gibt den Takt an,<br />

wobei sie wieder mal schnell einen gemeinsamen Rhythmus gefunden haben. - "Ja!" hechelt<br />

Lindsey immer wieder. "Fester! Härter!" Oh Gott, das ist so gut... und genau immer wieder die<br />

Stelle, deren Berührung ihn schier in den süssen Wahnsinn treibt, ohne dass er noch selber bei<br />

sich Hand anlegen müsste. Sein Boss ist wirklich gut, so gut, sooo guuut... und das sagt er<br />

ihm auch, brabbelt noch eine Menge Unsinn... "Aleeexxxxx!" schreit er wie von Sinnen, als er<br />

schliesslich kommt.<br />

Alex liebt es, ihn so lustvoll stöhnen zu hören und als Lindsey schliesslich seinen Namen ruft,<br />

da treibt es ihn auch selbst über den Rand und er bricht danach fast über ihm zusammen.<br />

Langsam flutscht er raus, bleibt aber noch etwas auf ihm liegen, denn Lindsey ist eine<br />

vorzügliche Matratze, so schön warm und weich... Unwillkürlich beginnt er ihn etwas zu<br />

streicheln, was seiner lebenden Matratze ein wohliges Grummeln entlockt.<br />

"Hey, Boss..." murmelt Lin nach ein paar Minuten. "Verzeihst du mir?" - "Was?!" Alex war<br />

gerade damit beschäftigt, ihm am Schulterblatt durch stetes Knabbern und Saugen einen<br />

Knutschfleck zu verpassen, und dreht sich nun so über ihn, dass er Lindsey ins Gesicht sehen<br />

kann. "Was soll ich dir verzeihen?" - "Na dass ich versucht habe, dich mit dem blöden<br />

Geschwätz eifersüchtig zu machen... das war kindisch von mir." - Na ja, also irgendwie muss<br />

Alex zugeben, dass er es so im nachhinein betrachtet sogar fast schon niedlich findet... "Ich<br />

bin nicht eifersüchtig!" protestiert er. "Ich bin nur... etwas besitzergreifend..." - "Ah, sooo..."<br />

Lin lächelt breit. "Okay, Boss, ich gehöre dir..." - Alex findet es irgendwie heiss, wenn Lindsey<br />

ihn mit diesem Schlafzimmerblick ansieht und Boss nennt. "Ja, mein Süsser..." Er wuschelt<br />

ihm durch die Haare. Und dann fällt ihm plötzlich auf, dass der Boden der Sporthalle hier doch<br />

eigentlich ziemlich unbequem sein muss, auf dem Lindsey ohne weiche Unterlage liegt. "Hey,<br />

das muss doch ganz schön hart sein..." - "Manchmal mag ich<strong>'s</strong> ganz gerne etwas hart..." - "Ich<br />

meinte den Boden hier." - "Oh..." Lin muss grinsen. "Geht schon, Boss!" - Alex küsst ihn auf<br />

den Hals. "Es ist süss, wie du mich ständig Boss nennst..." Vorsichtig rollt er sich runter von<br />

ihm. "Aber du musst nicht..." - "Ja, ja, aber ich tu es gerne..." unterbricht Lin ihn und beugt<br />

sich zu ihm rüber, um ein wenig an seinen Nippeln zu saugen und zu knabbern. "Du bist so<br />

gut..." flüstert er. "Du machst mich immer so verdammt heiss..." - Verdammt, das gilt<br />

umgekehrt genauso... "Gehen wir rauf!" flüstert er. "Im Bett ist es wesentlich gemütlicher!" -<br />

"Gut, Boss, da hast du wohl recht..."<br />

"Weisst du eigentlich, was dein kleines Sex-Spielzeug gerade so treibt?"<br />

grummelt Argon, dem sein Besitzdenken auch ein Bisschen zu schaffen macht, obwohl Alexei<br />

ja nicht mal ihm gehört, sondern Iris... und die scheint wohl nichts dagegen zu haben, so wie<br />

sie lächelt. Verdammt, die Amayra-<strong>Hexe</strong> ist immer so verflucht tolerant und verständnisvoll<br />

gegenüber den Menschen, die sie ihre Freunde nennt... sie ist fast zu gut für diese Welt!<br />

Nach einer schönen entspannenden gemeinsamen Dusche liegen sie nun im weichen Bett und<br />

machen da weiter, wo sie in der Sporthalle aufgehört haben... und danach kuscheln sie noch<br />

rum.<br />

"Ich hab dir einen Knutschfleck gemacht..." informiert Alex und fährt mit den Fingerspitzen<br />

nochmal zart über sein Werk, das in kräftigem Rot auf Lindsey<strong>'s</strong> Schulterblatt prangt. Wenn er<br />

überhaupt schon jemals jemandem vorsätzlich einen Knutschfleck verpasst hat, dann muss<br />

das so ewig her sein, dass er sich nicht mehr daran erinnern kann. Bei Iris kann er sich die<br />

Seele aus dem Leib saugen, doch ihre makellose Haut nimmt einfach nichts an, weder blaue<br />

Flecken noch rote Knutschflecken. - "Oh... gut." meint Lin lächelnd. "Damit hast du mich wohl<br />

als dein Eigentum markiert, Boss!" - Hmmm... eigentlich war ihm einfach nur danach. Aber<br />

wenn er<strong>'s</strong> recht bedenkt... Er dreht Lindsey wieder rum, damit er ihm ins Gesicht sehen kann.<br />

"Genau, mein Süsser!" meint er grinsend und gibt ihm einen Kuss, worauf Lindsey sich enger


an ihn schmiegt. Ein warmer Körper mit Puls und Herzschlag, dessen Schweiss menschlich<br />

salzig und nicht nach Vanille schmeckt und bei dem es richtige Knutschflecken gibt... so schön,<br />

so knuddelig, so richtig zum Anbeissen, zum Rumknabbern, zum Auffressen...<br />

"Iris hätte wohl was dagegen, wenn ich dir auch einen Knutschfleck mache..." murmelt Lin. Die<br />

Zauberhafte <strong>Hexe</strong> ist ja zwar nicht eifersüchtig, aber irgendwie auch ein Bisschen<br />

besitzergreifend, denn wenn sie nicht duldet, dass jemand anders Alexei beisst, dann mag sie<br />

es bestimmt auch nicht, dass irgendjemand anders ihrem Schätzchen Knutschflecken macht.<br />

Wobei ihn das gerade auf eine Idee bringt... Er entdeckt einen älteren Knutschfleck von Iris.<br />

"Ob sie wohl was dagegen hat, wenn ich einen Knutschfleck von ihr wieder ein Bisschen<br />

auffrische?" - "Ähm..." Alex versucht sich vorzustellen, was Iris wohl dazu sagen würde. "Als<br />

Argon an mir rumgeknabbert hat, da hat sie ihm dafür fast den Kopf abgerissen..." murmelt er<br />

und er will sich lieber gar nicht vorstellen, was Iris wohl in so einem Fall mit Lindsey machen<br />

würde. Anschreien? Ohrfeigen? Auspeitschen? - "Argon!" Lin ertappt sich dabei, wie er schon<br />

beim blossen Klang dieses Namens wieder irgendwie eifersüchtig wird. "War der in letzter Zeit<br />

wieder hier?" - "Bei Iris, nicht bei mir..." - "Aha..." Lin versucht sich seine Erleichterung nicht<br />

allzu sehr anmerken zu lassen, doch er ist froh, wenn dieser Dämon die Finger von seinem<br />

Boss lässt. Wer weiss, wie lange... - "Denk nicht mehr an Argon. Er wird dich in Ruhe lassen."<br />

- "Aber dich nicht..." murmelt Lin, dem es nicht gefällt, dass Alexei von einem Dämon<br />

begrabscht wird, nur weil der zufälligerweise mit Iris befreundet ist und zu denken scheint,<br />

dass diese Freundschaft das gelegentliche Ausleihen des SEXSPIELZEUGS mit einschliesst. -<br />

"Bist du etwa eifersüchtig?" erkundigt sich nun Alex und kann in Lindsey<strong>'s</strong> Miene die Antwort<br />

lesen, worauf er ihn noch etwas fester an sich drückt. "Bitte mach dir nichts draus, das mit<br />

Argon ist... verdammt, ich weiss selbst nicht, was es ist. Hin und wieder schneit er wie ein<br />

Blizzard rein und ist dann ebenso schnell wieder weg." - Na super, Argon ist also wie eine<br />

Naturgewalt, da kann man als normaler Mensch natürlich nicht mithalten... "Und was bin dann<br />

ich?" - "Du..." Er sieht in Lindsey<strong>'s</strong> Augen, küsst ihn sanft und lächelt ihn an. "Du bist mein<br />

wunderbarer... schlauer... süsser... niedlicher... hübscher..." Nach jedem Wort küsst er ihn<br />

irgendwo und bringt Lindsey damit nicht nur wieder schneller zum Atmen, sondern auch zum<br />

Erröten, während er sich noch viel mehr passende Adjektive ausdenkt und ihn zu guter Letzt<br />

wieder auf den Mund küsst. "... Freund."<br />

Beim nächsten "Sportturnier" bzw. spätestens in der Sauna fällt den anderen auf, dass Lindsey<br />

mit einem Knutschfleck verziert ist. Sofort beginnen Mulder und Doggett, die heute wieder mal<br />

verloren haben, über eine mögliche Freundin zu spekulieren, um den Mann, der heute am<br />

meisten Körbe geworfen hat, wenigstens so noch ein Bisschen zu ärgern... aber wie sagt der<br />

Anwalt so schön: Er verweigere jede Aussage!<br />

Alex lächelt bloss und lässt sich ebenfalls nichts entlocken über seinen Anwalt, bis auf das<br />

Statement, dass man Privatleben so nennt, weil es privat sein soll...<br />

- - - - - -<br />

"Sag bloss, die anderen haben nicht mal was gemerkt, dass dieser Lindsey jetzt auch<br />

dazugehörte... waren die denn blind?" - "Na ja, offenbar war es zu der damaligen Zeit noch<br />

meist so, dass nur Heterosexualität als normal galt und alles andere war wohl bestenfalls


exotisch. Jedenfalls haben sie es da wohl noch nicht gleich an die Grosse Glocke hängen<br />

wollen. Obwohl ich mal schätze, dass ihre Freunde es doch ziemlich bald mal gemerkt haben<br />

müssen, denn sonst hätten sie ja wirklich blind sein müssen!" - "Ach. War das dann wohl auch<br />

sowas, über das im Verschwörerkreis einfach nicht geredet wurde?" - "So ungefähr muss es<br />

wohl gewesen sein..."<br />

- - - - - -<br />

"Ausgerechnet William?!" meint Iris und betrachtet das Bündel Mensch in ihren Armen, das die<br />

selben sanften haselnussbraunen Augen hat wie sein Vater. "Muss das sein?!" - "Was hast du<br />

bloss gegen den Namen, Iris?" fragt Mulder, der froh ist, dass auch diese Geburt in der<br />

Badewanne so wunderbar geklappt hat. Inzwischen liegt Dana gemütlich im grossen Bett und<br />

er sitzt an ihrer Seite, hat sich nur schnell Shorts und T-Shirt übergeworfen... denn es ist ja<br />

warm, nur ein paar Tage vor der Sommersonnenwende. "William klingt doch gut!" -<br />

"Hmmm..." grummelt Iris nur, die ihnen natürlich nicht erzählen kann, was ihr bei diesem<br />

Namen alles durch den Kopf geht.<br />

"Also wirklich, Iris!" meint Melissa, die auch dieses Mal wieder als Assistenz-Hebamme dabei<br />

gewesen ist, um ihrer Schwester zu helfen. "Unser Vater hat William geheissen. Mulder<strong>'s</strong> Vater<br />

hat William geheissen. Unser Bruder Bill heisst offiziell ja auch William. Und William ist sogar<br />

Mulder<strong>'s</strong> zweiter Vorname." - "Ja, schon gut!" erklärt Iris und verdreht kurz die Augen.<br />

"Bekommt er auch noch einen zweiten Vornamen?" - "Charles!" antwortet Dana. "William<br />

Charles Mulder." - "Ach." Zwar denkt Iris für einen Moment, dass der Junge mit den Namen<br />

seiner beiden Onkels eigentlich total gestraft ist, doch dann findet sie, dass es ja eigentlich gar<br />

nicht mal sooo schlecht klingt. Sie reicht den kleinen Will an Dana. "Er hat Hunger!"<br />

*<br />

Als Iris in die Stube geht, wird sie neugierig angestarrt, doch erst lässt sie sich von Alexei<br />

einen Drink einschenken, bevor sie erzählt, dass die Geburt gut verlaufen ist, Mutter und Kind<br />

wohlauf sind, der kleine William Charles Mulder so gross und so schwer sei, haselnussbraune<br />

Augen hätte und jetzt sehr hungrig wäre.<br />

Sie betrachtet Irina und Max, die beide auf dem Teppich rumkrabbeln und spielen. Jeder, der<br />

sie so zusammen sieht, würde die beiden Rotschöpfe für Geschwister halten. Scullyrot und<br />

Neigung zu Sommersprossen. Kann ja sein, dass Dana ihrem Sohn den Namen William Charles<br />

gibt, um ihre Brüder etwas zu besänftigen, weil der kleine Junge jetzt kein Bisschen wie ein<br />

Scully aussieht, sondern wie der bei Bill immer noch nicht sonderlich beliebte Fox William<br />

Mulder...<br />

- - - - - -<br />

"Warum hat Iris denn bei dem Namen William so lachen müssen?" - "Offenbar hat Iris in<br />

anderen Varianten schon erlebt, dass um einen Sohn von Dana Scully ziemliches Brimborium<br />

der einen oder anderen Art gemacht wurde... und der hiess dann eben auch William." - "Ach<br />

so." Die Fürstin nickt verstehend, auch wenn sie eigentlich wieder mal nicht alles versteht,<br />

denn irgendwie scheinen Iris' Aufzeichnungen zuweilen doch ein wenig verwirrend und wer<br />

weiss, wie viel sie da geschönt hat... Aber vielleicht wäre das alles wohl besser verständlich für<br />

jemanden, der selbst von Terra stammt bzw. aus jener Zeit... oder zumindest Terra mal einen<br />

Besuch abgestattet hat so wie All'Una. Wie auch immer, irgendwie findet sie es doch recht<br />

interessant und auch amüsant, wie das mit dieser ominösen Avalon-Variante war, von der ihr<br />

vorgeschwärmt wurde... "Und was war mit der zweiten Leihe von Melissa? Du hast gesagt, da<br />

wäre was ganz besonderes draus geworden! Und?!"<br />

- - - - - -


"Oh..." Iris strahlt geradezu, nachdem sie die Nabelschnur abgeklemmt und das neugeborene<br />

Kind gewissenhaft inspiziert hat. "Ein wunderhübsches kerngesundes Mädchen!" Sie legt es<br />

Melissa auf den Bauch, der inzwischen nicht mehr von Wasser bedeckt ist, weil der Stöpsel in<br />

der Badewanne schon rausgezogen worden ist.<br />

Melissa streichelt ihre Tochter, die ziemlich müde aussieht, aber zielsicher die Brust findet, um<br />

zu trinken. Ein dunkler Flaum bedeckt ihr Köpfchen, also wird sie wohl im Gegensatz zu ihrem<br />

Bruder kein Scully-Rotschopf. Und als sie die Augen aufschlägt, um ihre Mutter anzusehen...<br />

da durchzuckt es Melissa fast wie ein Blitz und Walter klappt für einen Moment der Kiefer<br />

runter. Grüne Augen. Alexei<strong>'s</strong> grüne Augen!<br />

*<br />

Natürlich verliert niemand ein Wort darüber, dass Alexandra Margaret Skinner die gleichen<br />

grünen Augen hat wie Alexander Sinclair, doch die Blicke sagen alles, als man das nun gut in<br />

warme Sachen verpackte Mädchen in der Stube vorführt...<br />

... wobei auch Alexei vor Erstaunen grosse Augen macht; und sich sehr zusammenreissen<br />

muss, um nicht vor Freude an die Decke zu springen, laut zu singen oder sonst irgendwas<br />

verrücktes anzustellen. Er freut sich wirklich wie blöd, obwohl es einerseits ziemlich irrational<br />

ist, denn bei Max ist er ja auch nicht sooo durchgedreht, aber andererseits sind diese grünen<br />

Augen einfach zu entzückend, als dass er dabei ruhig und gelassen bleiben könnte... obwohl er<br />

sich ja wirklich alle Mühe gibt.<br />

Draussen tobt ein Schneesturm, der den Tag fast zur Nacht macht, es ist mitten im Winter, der<br />

9. Februar 2002, doch hier drin ist allen warm ums Herz beim Anblick der Kinder und<br />

insbesondere wenn man die liebreizende Alexandra anschaut, die ziemlich lebhaft ist.<br />

*<br />

Alex zuckt zusammen, als er einen ungebetenen Gast im Bürozimmer erkennt. "Argon!" ächzt<br />

er und verdreht die Augen. Nein, bitte nicht. Nicht heute! Er wirft kurz einen Blick auf Lindsey<br />

im Bett, der tief und fest schläft und wohl auch nicht so schnell aufwachen würde. Dann<br />

wendet er sich wieder Argon zu, der grinst wie ein Honigkuchenpferd. "Was willst du?!" - "Ich<br />

wollte dir nur gratulieren!" erklärt der Dämon und klopft Alexei freundschaftlich auf die<br />

Schulter. "Ich habe vorhin einen Blick auf Alexandra geworfen..." Er deutet vage in Richtung<br />

Schlafzimmer, wo es sich Melissa und Walter mitsamt der kleinen Alexandra für diese Nacht<br />

noch gemütlich gemacht haben, während Dana und Mulder zusammen mit Irina, Max und<br />

William in der Stube campieren. "Lieber Himmel, die ist ja sooo süss!" Er tätschelt seine<br />

Wange. "Das hast du wirklich gut gemacht!" Danach verschwindet er einfach wieder...<br />

... und lässt einen ziemlich verwirrten Alex zurück...<br />

... der immer noch dasteht wie bestellt und nicht abgeholt, als Iris eine Minute später zu ihm<br />

reinkommt. Er sieht sie an - und sie streicht ihm über die Wange. "Was ist los, Schätzchen?"<br />

Eine rhetorische Frage, schliesslich kann sie in seinen Augen sehen, dass Argon gerade hier<br />

war. - "Bilde ich mir das nur ein, oder bist du bei Alexandra irgendwie aufgeregter gewesen als<br />

bei Irina, Max oder William?" fragt er plötzlich. "Schon gleich nach dieser Nacht..." Er wird<br />

etwas rot, als er an die letzte Nacht mit Melissa zurückdenkt und dass er froh um den Vanille-<br />

Duft der Kerze war, damit er sich nicht so vergewaltigt vorkam. "Da hast du so einen<br />

seltsamen Blick drauf gehabt, wenn du Melissa angesehen hast. Melissa<strong>'s</strong> Bauch. Was ist los<br />

mit Alexandra?" - "Sie ist was besonderes. Und sie ist ganz furchtbar reizend!" antwortet Iris -<br />

doch irgendwie scheint ihn das nur mässig zu beruhigen. "Es ist doch alles in Ordnung mit<br />

ihr?" - "Oh ja, alles in bester Ordnung!" versichert Iris und gibt ihm einen Kuss. "Und jetzt geh<br />

ins Bett, du bist müde!" Sie deutet auf den Platz neben Lindsey - und Alex legt sich endlich


hin, wie er es eigentlich schon vor ein paar Minuten tun wollte. "He, was ist mit dir?" erkundigt<br />

er sich flüsternd, als sie sich wieder zum Gehen wendet... doch nach einem Blick von ihr fallen<br />

ihm die Augen zu.<br />

- - - - - -<br />

"Grüne Augen?!" - "Mmmhmmm." - "So sooo..." Die Fürstin legt den Kopf ein wenig schief -<br />

und All'Una muss lächeln bei dem Gedanken, dass dies hier eben überhaupt nichts mit den<br />

Thyuda-Schlangen zu tun hatte. Zumal die ja schliesslich grüne Augen nicht für sich alleine<br />

gepachtet haben. Und ausserdem hat es den berühmt-berüchtigten Panther-Blick der Thyuda-<br />

Schlangen schon in allen möglichen Farben gegeben, auch wenn die grünen Augen natürlich<br />

am bekanntesten sind, wie beispielsweise die jener Atrix da Thyuda, die einst vor dem Zorn<br />

dieser Bestie in Atra-Deltana nach Terra geflohen war... und die ihren Goldschmuck sowie ihre<br />

Arda-Ringe einer Enkelin namens Shanna vermacht haben soll, wobei Shannan d'Or ja<br />

bekanntlich schon eine Ewigkeit verschollen ist. Aber egal. In der Avalon-Variante gab es<br />

ausser den Arda-Ringen an Iris' Fingern nun mal kein weiteres Syra und so hat es dort<br />

demzufolge auch keine Amayra-<strong>Hexe</strong>n gegeben, die sich als Nachfahren der Thyuda-Schlangen<br />

von anno dazumal schliesslich 'Schleichende Schlange' oder sonstwie nannten und später diese<br />

Bestie in Atra-Deltana ganz schön ins Schwitzen brachten... doch dafür gab es in der Avalon-<br />

Variante ja auch diese Bestie in Atra-Deltana nicht.<br />

- - - - - -<br />

ENDE DES 4. TEILS<br />

B.B. / geschrieben im Mai 2002<br />

Anmerkungen der Autorin:<br />

Hier hat<strong>'s</strong> jetzt mal meine ersten "richtigen" Slash-Szenen (auf Papier) gegeben, es hat mich<br />

einfach mal so überkommen... *diabolisch-lächel* Ehrenwort, eigentlich habe ich für die<br />

Geschichte nur einen Anwalt gesucht, der sich schon etwas mit Dämonen auskennt und<br />

deshalb für AVALON geeignet wäre... aber irgendwie hat sich das mit Lindsey McDonald dann<br />

fast selbständig gemacht, und *schwupps* war er auch schon im Bett seiner Chefs... na ja,<br />

vermutlich war ich da schon mit dem Slash-Virus infiziert... bei der Gelegenheit einen schönen<br />

Gruss an die Mailingliste DeutscherAngelSlash! ;-)<br />

Und übrigens: Mit der Erwähnung der Thyuda-Schlangen (oder von Atra-Deltana) spanne ich<br />

nur eine Brücke zu meiner Amayra-Variante - in ferner Zukunft und in noch ferneren Welten<br />

*smile* -... doch das ist ja mit All'Una eigentlich sowieso schon der Fall. Na egal, nur dass ihr<strong>'s</strong><br />

wisst! ;-)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!