Haftung und Versicherung im Pensionsbetrieb - bolwindokters
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<strong>Haftung</strong> <strong>und</strong> <strong>Versicherung</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Pensionsbetrieb</strong><br />
Sowohl Pferdebesitzer als auch Pensionsstallbetreiber haben ein <strong>Haftung</strong>srisiko. Es kann mit diversen<br />
<strong>Versicherung</strong>en abgedeckt werden. Rechtsanwältin Olga A. Voy informiert.<br />
Foto: W. Pögel<br />
Ein Pensionspferdehalter haftet<br />
nicht nur den Einstellern gegenüber<br />
zur ordnungsgemäßen Erfüllung<br />
seiner vertraglichen Pflichten.<br />
Ihm obliegt gleichsam die allgemeine<br />
Verkehrssicherungspflicht auf seiner<br />
Anlage. Nicht zuletzt haftet er als Tierhüter<br />
für Schäden, die die eingestallten<br />
Pferde Dritten gegenüber verursachen.<br />
So ist für Pensionsbetreiber <strong>und</strong> Einsteller<br />
gleichermaßen zu klären, ob alle<br />
Risiken untereinander <strong>und</strong> gegenüber<br />
Dritten abgesichert sind. Zudem stellt<br />
sich die Frage: Was kann der Pensionspferdehalter<br />
noch tun, um sein <strong>Haftung</strong>srisiko<br />
zu dez<strong>im</strong>ieren?<br />
Zunächst sollte <strong>im</strong> Einstellervertrag<br />
geregelt sein, welche <strong>Versicherung</strong>en<br />
von beiden Vertragspartnern abgeschlossen<br />
sind. Dritten gegenüber, die<br />
durch ein Tier geschädigt werden, beispielsweise<br />
durch auf die Straße gelaufene<br />
Pferde, haften sowohl der Tierhalter<br />
als auch der Stallbesitzer in seiner<br />
Funktion als Tierhüter gleichermaßen<br />
für den Schaden.<br />
Der Tierhalter haftet auch dem Tierhüter<br />
gegenüber, wenn der Tierhüter<br />
selbst durch das eingestallte Pferd geschädigt<br />
wird. Daher sollte der Pensionspferdehalter<br />
auf jeden Fall <strong>im</strong> Vertrag<br />
verlangen, dass für jedes eingestallte<br />
Pferd seitens des Einstellers eine Tierhaftpflichtversicherung<br />
besteht.<br />
Für den Pensionsbetreiber selbst ist<br />
eine <strong>Versicherung</strong> des Tierhüterrisikos<br />
unerlässlich. Schäden, die auf der Reitanlage<br />
durch Verletzung allgemeiner<br />
Sorgfaltspflichten entstehen, sollten<br />
durch eine Betriebshaftpflichtversicherung<br />
abgedeckt sein.<br />
Eingestallte Pferde sind<br />
nicht <strong>im</strong>mer mitversichert<br />
Nicht jeder Pensionspferdehalter ist<br />
gegen Feuer-, Sturm- <strong>und</strong> Wasserschäden<br />
versichert. Dies hängt mitunter<br />
auch davon ab, ob er Eigentümer der<br />
Anlage ist oder nur Pächter. Regelmäßig<br />
beziehen sich diese <strong>Versicherung</strong>en<br />
aber auch nur auf Schäden an den Gebäuden<br />
– nicht hingegen auf die eingestallten<br />
fremden Pferde.<br />
Auch eine <strong>Versicherung</strong> gegen Diebstahl<br />
der vom Einsteller eingebrachten<br />
Sachen besteht nicht an jedem Reitstall.<br />
Einem Pensionspferdehalter<br />
obliegt die allgemeine Verkehrssicherungspflicht<br />
auf seiner Anlage.<br />
Fragen Sie nach!<br />
Für „Reiter & Pferde in Westfalen“ beantwortet<br />
Rechtsanwältin Olga A. Voy auch Leserfragen<br />
(Personennamen werden nicht<br />
veröffentlicht). Anfragen bitte per E-Mail an:<br />
reiterredaktion@lv-h.de<br />
Der Pensionsbetreiber sollte auf das<br />
Nichtbestehen einer solchen <strong>Versicherung</strong><br />
hinweisen. Die Einsteller haben<br />
die Möglichkeit, das Sattel- <strong>und</strong> Zaumzeug<br />
über ihre Hausrat- oder eine extra<br />
Spindversicherung zu versichern.<br />
Bleibt die nicht unwesentliche Frage:<br />
wer haftet für Schäden an dem eingestellten<br />
Pferd? Dabei kommt es natürlich<br />
zunächst darauf an, wer diesen<br />
Schaden verursacht hat. Bei gegenseitigen<br />
Verletzungen der Pferde haften<br />
gegebenenfalls die Tierhalter untereinander,<br />
bei Verschulden dritter Personen<br />
muss die handelnde Person in<br />
Anspruch genommen werden.<br />
Kommt eine vertragliche Pflichtverletzung<br />
des Stallbetreibers als Schadensursache<br />
in Betracht, beispielsweise<br />
ein kaputter Zaun oder verdorbenes<br />
Futter, greift keine der bisher genann<br />
14 ● Reiter & Pferde 5/09
Magazin ● ● ● ● ● Recht & Rat<br />
Olga A. Voy ist<br />
Rechtsanwältin in<br />
Hattingen; sie ist<br />
Fachanwältin für<br />
Medizinrecht, einer<br />
ihrer Schwerpunkte<br />
ist außerdem die<br />
Rechtsprechung in<br />
Sachen Pferd (www.<br />
voy-anwaeltin.de).<br />
ten <strong>Versicherung</strong>en ein. Das Risiko von<br />
Schäden an den in Obhut genommenen<br />
Pferden kann der Pensionsbetreiber<br />
extra mit der so genannten Obhutsschadensversicherung<br />
versichern. Allerdings<br />
sind die meisten dieser <strong>Versicherung</strong>en<br />
auf eine best<strong>im</strong>mte Summe<br />
pro Pferd begrenzt.<br />
Einstellern verbleibt die Möglichkeit,<br />
eine Kranken- <strong>und</strong> OP- oder eine Tierlebensversicherung<br />
für das Pferd abzuschließen.<br />
Hierbei kann die Höhe<br />
individuell mit der <strong>Versicherung</strong> ausgehandelt<br />
werden. Kann der Pensionsbetreiber<br />
nicht versicherte Risiken <strong>im</strong><br />
Einstellungsvertrag ausschließen? Obgleich<br />
zahlreiche verbreitete <strong>und</strong> erhältliche<br />
Einstellerverträge <strong>Haftung</strong>sbeschränkungen<br />
oder gar -ausschlüsse<br />
zugunsten des Pensionsbetreibers enthalten,<br />
mehren sich zu Recht die St<strong>im</strong>men,<br />
die nahezu sämtliche Klauseln<br />
dieser Art für unwirksam halten.<br />
Nicht versicherte Risiken<br />
ausschließen?<br />
Da die vertragliche Hauptleistungspflicht<br />
des Pensionspferdehalters nun<br />
mal typischerweise die Sorge für das<br />
eingestellte Pferd ist, kann die <strong>Haftung</strong><br />
für Schäden am eingestellten Pferd <strong>im</strong><br />
Vertrag keineswegs komplett ausgeschlossen<br />
werden.<br />
Auch eine Beschränkung dieser <strong>Haftung</strong><br />
auf Vorsatz <strong>und</strong> grobe Fahrlässigkeit<br />
des Stallbetreibers <strong>und</strong> seiner Angestellten<br />
dürfte nach den von der<br />
Rechtsprechung entwickelten Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
zur <strong>Haftung</strong>sfreizeichnung nicht<br />
möglich sein. Ein formularmäßiger<br />
Ausschluss der <strong>Haftung</strong> (auch für nur<br />
einfache Fahrlässigkeit) für vertragstypische,<br />
vorhersehbare Schäden, die aus<br />
der Verletzung vertragstypischer Pflichten<br />
entstehen, ist wiederholt als unwirksam<br />
beurteilt worden (bspw. BGH,<br />
24.10.2001 für Schäden am Hausrat des<br />
Mieters durch Verletzung mietvertraglicher<br />
Pflichten durch den Vermieter).<br />
Hinsichtlich der Angemessenheit<br />
dieser Risikoverteilung argumentierte<br />
der B<strong>und</strong>esgerichtshof, dass es für den<br />
Vermieter durch den Abschluss einer<br />
üblichen <strong>Versicherung</strong> möglich <strong>und</strong><br />
zumutbar sei, den dem Vertragspartner<br />
drohenden Schaden abzudecken. Die<br />
Kosten für diese <strong>Versicherung</strong> könnten<br />
schließlich auf den Vertragspartner<br />
umgelegt werden.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> müsste allerdings<br />
wenigstens eine vertragliche<br />
<strong>Haftung</strong>sbegrenzung des Stallbesitzers<br />
für Schäden am Pferd des Einstellers<br />
der Höhe nach möglich sein, nämlich<br />
auf die Summe, die pro Pferd <strong>im</strong> Schadensfall<br />
von der <strong>Versicherung</strong> gezahlt<br />
wird.<br />
Sollte dem Einsteller an einer Schadensabsicherung<br />
über diese <strong>Haftung</strong>shöchstsumme<br />
hinaus gelegen sein, so<br />
sollte er auf die Option verwiesen werden,<br />
sein Pferd selbst zu versichern.<br />
Olga A. Voy<br />
<strong>Haftung</strong> des Ausbilders<br />
Frage: Ich habe einen landwirtschaftlichen<br />
Nebenerwerbsbetrieb mit<br />
Pferdehaltung. Der Betrieb unterliegt<br />
steuerlich der Regelbesteuerung. Ebenso<br />
ist der Betrieb bei der landwirtschaftlichen<br />
Berufsgenossenschaft mit<br />
Pferdehaltung gemeldet. Die Anlage<br />
besteht aus einem Pferdestall mit 15<br />
Stellplätzen, einer Reithalle <strong>und</strong> einem<br />
Außenplatz.Außerhalb der Anlage habe<br />
ich Reitwege angepachtet, um den Einstallern<br />
das Geländereiten zu ermöglichen.<br />
Neben fünf eigenen Pferden stehen<br />
sieben Pesionsreitpferde <strong>und</strong> drei<br />
Pensionsaufzuchtpferde auf der Anlage.<br />
Die Pensionsreitpferde werden von<br />
den Besitzern <strong>und</strong> gelegentlich von<br />
Reitbeteiligungen geritten.<br />
Ich war früher selbst aktiver Turnierreiter<br />
<strong>und</strong> werde von den Einstallern<br />
gebeten, Reitunterricht zu erteilen; ich<br />
habe keine Ausbilderlizenz.<br />
Wie ist die <strong>Haftung</strong> geregelt?Kann<br />
ich mich durch einen Aushang etwa<br />
mit dem Wortlaut: „Das Reiten auf dieser<br />
Anlage oder auch <strong>im</strong> Gelände geschieht<br />
auf eigene Gefahr, die Betreiberfamilie<br />
übern<strong>im</strong>mt keinerlei<br />
<strong>Haftung</strong>!“ schützen?<br />
Name der Redaktion bekannt<br />
Antwort: Durch einen Aushang in<br />
der von Ihnen vorgeschlagenen Weise<br />
können Sie auf keinen Fall Ihre <strong>Haftung</strong><br />
ausschließen, insbesondere nicht<br />
für Personenschäden Ihrer Einstaller!<br />
Dies hat mit der steuerlichen Bewertung<br />
oder Einstufung Ihres Betriebes<br />
gar nichts zu tun. Auch ob Sie<br />
eine Ausbilderlizenz haben, ist unerheblich.<br />
Ausschlaggebend ist zum einen,<br />
dass Sie den Einstallern<br />
Leistungen gegen Entgelt anbieten<br />
(also: Boxenmiete, Nutzung eines<br />
Platzes, Reithalle, sogar Reitwege –<br />
bis hin zu Unterricht). Damit sind Sie<br />
vertraglich mit den Einstallern verb<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> gesetzlich dazu verpflichtet,<br />
in zumutbarer Weise jegliche<br />
Schäden von Leben <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit sowie am Eigentum Ihrer<br />
Vertragspartner abzuwenden. In AGB,<br />
Musterverträgen oder Aushängen<br />
können Sie die <strong>Haftung</strong> weder beschränken<br />
(etwa auf Vorsatz <strong>und</strong> grobe<br />
Fahrlässigkeit) noch ausschließen.<br />
In schriftlichen Muster-Einstellerverträgen<br />
könnten Sie höchstens Ihre<br />
<strong>Haftung</strong> für Schäden an den eingestallten<br />
Pferden der Höhe nach begrenzen<br />
<strong>und</strong> zwar auf die <strong>Versicherung</strong>ssumme,<br />
die eine so- genannte<br />
Obhutsschadensversicherung pro<br />
Pferd pro Schaden zahlen würde,<br />
wenn Sie eine solche <strong>Versicherung</strong><br />
abgeschlossen haben. Ansonsten besteht<br />
nur noch die Möglichkeit individualvertraglich,<br />
d.h. in Absprache<br />
mit jedem einzelnen Ihrer K<strong>und</strong>en<br />
schriftlich oder mündlich eine <strong>Haftung</strong>sbeschränkung<br />
auszuhandeln.<br />
Dies wäre dann unter Umständen<br />
wirksam.<br />
Zum anderen obliegt Ihnen aber<br />
auch eine sogenannte „Verkehrssicherungspflicht“<br />
auf Ihrem Betrieb<br />
<strong>und</strong> zwar nicht nur gegenüber den<br />
Einstallern sondern gegenüber jedermann,<br />
der mit Ihrer Anlage in Berührung<br />
kommt, also auch Besucher,<br />
Lieferanten, Spaziergänger, Reitbeteiligungen,<br />
etc.. Diese Pflicht beinhaltet,<br />
dass Sie dafür sorgen, dass auf Ihrem<br />
Gelände keine Gefahrenquellen<br />
entstehen oder unterhalten werden.<br />
Auch diese Verantwortung können<br />
Sie nicht pauschal gegenüber jedem<br />
ausschließen. Die sicherste Möglichkeit,<br />
sich zu schützen, ist der Abschluss<br />
entsprechender <strong>Versicherung</strong>en.<br />
Reiter & Pferde 5/09 ● 15