Elektronischer Sonderdruck für Die interventionelle/endovaskuläre ...
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Der Radiologe<br />
Zeitschrift für diagnostische und <strong>interventionelle</strong> Radiologie,<br />
Radioonkologie, Nuklearmedizin<br />
Organ des Berufsverbandes der Deutschen Radiologen e.V. (BDR)<br />
<strong>Elektronischer</strong> <strong>Sonderdruck</strong> für<br />
W. Gross-Fengels<br />
Ein Service von Springer Medizin<br />
Radiologe 2013 · 53:503–512 · DOI 10.1007/s00117-012-2451-8<br />
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013<br />
W. Gross-Fengels · H. Daum · P. Siemens · L. Heuser · K.U. Wagenhofer<br />
<strong>Die</strong> <strong>interventionelle</strong>/endovaskuläre Therapie des<br />
infrarenalen abdominellen Aortenaneurysmas<br />
<strong>Die</strong>se PDF-Datei darf ausschließlich für nicht kommerzielle<br />
Zwecke verwendet werden und ist nicht für die<br />
Einstellung in Repositorien vorgesehen – hierzu zählen<br />
auch soziale und wissen schaftliche Netzwerke und<br />
Austauschplattformen.<br />
www.DerRadiologe.de
Leitthema: Endovaskuläre Versorgung von Aortenaneurysmen<br />
Radiologe 2013 · 53:503–512<br />
DOI 10.1007/s00117-012-2451-8<br />
Online publiziert: 23. Mai 2013<br />
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013<br />
W. Gross-Fengels 1 · H. Daum 2 · P. Siemens 1 · L. Heuser 3 · K.U. Wagenhofer 1<br />
1<br />
Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Asklepios Klinik Harburg, Hamburg<br />
2<br />
Abteilung für endovaskuläre und Gefäßchirurgie, GefässCentrum Hamburg (GCH),<br />
Asklepios Klinik Harburg, Hamburg<br />
3<br />
Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin,<br />
Universitätsklinikum, Knappschaftskrankenhaus Bochum, Bochum<br />
<strong>Die</strong> <strong>interventionelle</strong>/<br />
endovaskuläre Therapie des<br />
infrarenalen abdominellen<br />
Aortenaneurysmas<br />
<strong>Die</strong> nichtoperative, invasive Therapie<br />
des abdominellen Aortenaneurysmas<br />
(AAA) wird im englischen Sprachgebrauch<br />
als „endovascular aortic repair“<br />
(EVAR) bezeichnet. Aufgrund<br />
der geringen Invasivität, der geringeren<br />
peri<strong>interventionelle</strong>n Morbidität<br />
und der Option, Patienten zu behandeln,<br />
die einer operativen Therapie<br />
nicht oder nur mit erhöhtem Risiko<br />
zugeführt werden können, erfährt<br />
das Verfahren eine zunehmende Verbreiterung.<br />
<strong>Die</strong> Implantationstechnik<br />
sowie die Materialien konnten darüber<br />
hinaus in den letzten Jahren<br />
weiter optimiert werden. <strong>Die</strong> korrekte<br />
Auswahl der Patienten sowie funktionierende<br />
interdisziplinäre Behandlungsteams<br />
stellen weitere Erfolgsfaktoren<br />
für die Anwendung des Verfahrens<br />
dar. <strong>Die</strong> vorliegende Arbeit<br />
geht auf die wichtigsten Aspekte der<br />
technischen Durchführung ein und<br />
referiert die Behandlungsergebnisse.<br />
Definitionen<br />
Unter einem Aneurysma wird eine umschriebene<br />
Erweiterung einer Arterie verstanden.<br />
Üblicherweise soll diese Erweiterung<br />
zu einer mehr als 50%igen Vergrößerung<br />
des üblichen Gefäßdurchmessers<br />
führen. Übertragen auf die infrarenale<br />
Aorta abdominalis bedeutet dies,<br />
dass ab einem Durchmesser von 3 cm<br />
ein sog. Bauchaortenaneurysma („abdominal<br />
aortic aneurysm“, AAA) vorliegt.<br />
Meist handelt es sich dabei um ein Aneurysma<br />
verum, d. h. um eine degenerative<br />
Erweiterung aller 3 Wandschichten. Es<br />
werden jedoch auch umschriebene Perforationen<br />
eines arteriosklerotischen Ulkus<br />
(penetrierendes Aortenulkus, PAU)<br />
und Medianekrosen beobachtet. Darüber<br />
hinaus können entzündliche Prozesse die<br />
Wand der Aorta verändern [9, 10, 31]. Dabei<br />
kann es sich um diffuse inflammatorische<br />
Entzündungsprozesse handeln. In<br />
diesem Zusammenhang sind Übergänge<br />
zur periaortalen Inflammationsreaktion<br />
mit Fibrose im Sinne eines Morbus Ormond<br />
beschrieben. In seltenen Fällen gehen<br />
die Erweiterungen der abdominellen<br />
Aortenwand auf eine direkte bakterielle<br />
Besiedelung (mykotisches Aneurysma)<br />
zurück. Sonderformen stellen sekundäre<br />
Gefäßeinrisse mit Verbindung zur V. cava<br />
inferior (aortokavale Fistel) oder zum<br />
Dünndarm dar (aortomesenteriale Fistel).<br />
Eine besondere therapeutische Herausforderung<br />
stellen sekundäre Aneurysmen<br />
dar, die nach operativen Eingriffen,<br />
z. B. Implantation einer Rohrprothese<br />
mit Ausbildung eines Nahtaneurysmas<br />
entstanden sind [5].<br />
Klinik<br />
Bezüglich der klinischen Symptomatik<br />
werden asymptomatische und symptomatische<br />
Patienten unterschieden. Häufig<br />
werden die Aneurysmata zufällig im Rahmen<br />
von Ultraschalluntersuchungen des<br />
Abdomens entdeckt. Klinische Symptome<br />
können sich in Form von Rückenschmerzen<br />
oder eines lokalen Druckschmerzes<br />
manifestieren. Ferner können wandständige<br />
Thromben aus den Aneurysmata<br />
nach peripher embolisieren und dort zu<br />
ischämischen Veränderungen führen (periphere<br />
Durchblutungsstörung der unteren<br />
Extremitäten, Nieren- oder Mesenterialinfarkt).<br />
<strong>Die</strong> Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas<br />
kann zunächst nach retroperitoneal<br />
erfolgen. Kommt es dort zu<br />
einer Tamponade durch das umgebende<br />
retroperitoneale Gewebe, spricht man von<br />
einer gedeckten Ruptur. <strong>Die</strong>se Patienten<br />
werden häufig mit der Differenzialdiagnose<br />
eines Nierentumors, einer Nierenkolik<br />
oder einer Pankreatitis vorgestellt. <strong>Die</strong><br />
Ruptur in die freie Bauchhöhle führt zu<br />
einer massiven Schocksituation. Dann gelingt<br />
es nur sehr selten, die Patienten einer<br />
lebensrettenden Maßnahme zuzuführen.<br />
Das Risiko einer Aneurysmaruptur beträgt<br />
bei Aneurysmen bis zu einer Größe<br />
von 5 cm 3%/Jahr. Bei Aneurysmen von<br />
mehr als 7 cm steigt das Risiko auf mehr<br />
Der Radiologe 6 · 2013 |<br />
503
Leitthema: Endovaskuläre Versorgung von Aortenaneurysmen<br />
als 60% an. Ferner zeigt sich eine Abhängigkeit<br />
der Rupturwahrscheinlichkeit von<br />
der Wachstumsdynamik. Ein erhöhtes<br />
Risiko der Ruptur liegt bei Aneurysmen<br />
vor, die innerhalb von 6 Monaten mehr<br />
als 5 mm an Größe zunehmen. Auch kleinere<br />
Aneurysmen beinhalten jedoch ein<br />
gewisses Rupturrisiko. Bei Aneurysmen<br />
unter 4 cm liegt dies bei ca. 2%/Jahr [9,<br />
10, 31]. Vorbestehende Nierenarterienstenosen<br />
werden bei bis zu 20,4% der Patienten<br />
mit infrarenalen Bauchaortenaneurysmen<br />
beobachtet. Mehr als 15% unserer<br />
Patienten weisen eine gleichzeitig bestehende<br />
periphere arterielle Verschlusserkrankung<br />
auf. <strong>Die</strong>s ist bei der diagnostischen<br />
Abklärung sowie der Therapieplanung<br />
zu berücksichtigen.<br />
Indikationen<br />
Asymptomatische Patienten mit einem<br />
AAA können grundsätzlich konservativ,<br />
interventionell oder konventionell operativ<br />
(„open aortic repair“, OAR) behandelt<br />
werden. <strong>Die</strong> konservative Therapie beinhaltet<br />
z. B. die Gabe von Betablockern zur<br />
Blutdrucksenkung sowie von Lipidsenkern<br />
(Statinen). Ferner ist eine strikte Nikotinkarenz<br />
geboten. Durch eine <strong>interventionelle</strong><br />
oder operative Therapie eines<br />
Aneurysmas soll die Gefahr einer Ruptur<br />
reduziert oder die Auswirkungen bzw.<br />
Folgen einer bereits stattgefundenen Ruptur<br />
gemildert bzw. aufgehoben werden.<br />
Den internationalen Empfehlungen<br />
folgend ist die Indikation zur operativen<br />
oder <strong>interventionelle</strong>n Ausschaltung eines<br />
AAA bei asymptomatischen Patienten ab<br />
einem Durchmesser von 5–5,5 cm (Männer)<br />
bzw. 4,5–5 cm (Frauen) gegeben.<br />
Darüber hinaus sollten alle Patienten mit<br />
symptomatischen AAAs, unabhängig von<br />
der Größe, rasch therapiert werden. Ferner<br />
sind asymptomatische Aneurysmen<br />
invasiv zu therapieren, die mehr als den<br />
doppelten Durchmesser der normalen<br />
Aorta aufweisen. Auch sollten AAA frühzeitig<br />
invasiv behandelt werden, die in<br />
6 Monaten mehr als 0,5 cm an Durchmesser<br />
zunehmen. Ferner kann die Therapie<br />
von AAA von weniger als 5 cm angezeigt<br />
sein, wenn zusätzlich ein behandlungsbedürftiges<br />
Aneurysma der Beckenarterien<br />
oder eine arterielle Verschlusskrankheit<br />
vorliegt. Darüber hinaus ist der Ersatz der<br />
infrarenalen Aorta bzw. die Ausschaltung<br />
des Aneurysmas indiziert, wenn es zu<br />
thrombotischen oder embolischen Komplikationen<br />
gekommen ist [9, 10, 31].<br />
Technik<br />
„Open aortic repair“ (OAR)<br />
<strong>Die</strong> operative Therapie von AAA erfolgt<br />
über einen transabdominellen oder links<br />
retroperitonealen Zugang, dabei wird<br />
klassischerweise die Inlaytechnik gewählt,<br />
d. h. das Aneurysma wird eröffnet<br />
und nach Ausklemmen durch eine<br />
Kunststoffprothese ausgeschaltet und die<br />
Prothese durch Verschluss der alten Aortenwand<br />
vollständig ummantelt. Zur Rekonstruktion<br />
der Aorta muss diese vorübergehend<br />
abgeklemmt werden. <strong>Die</strong>se<br />
Maßnahme führt zu einer akuten Erhöhung<br />
der kardialen Nachlast und kann zu<br />
kardiovaskulären Problemen (z. B. akute<br />
kardiale Dekompensation oder Ischämie)<br />
führen, zumal diese Patienten sehr<br />
häufig diverse kardiovaskuläre Vorerkrankungen<br />
aufweisen. Als weitere postoperative<br />
Komplikationen wurden u. a. Einschränkungen<br />
der Nierenfunktion, distale<br />
Verschleppung von Thrombusmaterial,<br />
Potenzstörungen, Wundinfektionen,<br />
Kolonischämien, aortoduodenale Fisteln,<br />
Protheseninfektionen und Nachblutungen<br />
beschrieben. Ferner kommt es im<br />
weiteren Verlauf bei bis zu 16% der Patienten<br />
zu Narbenhernien der Bauchwand<br />
[9, 10].<br />
„Endovascular aortic repair“ (EVAR)<br />
<strong>Die</strong> endovaskuläre Therapie des AAA basiert<br />
auf grundlegenden angiographischen<br />
Techniken und setzt die Anwendung<br />
komplexer Kathetersysteme voraus. Wesentliche<br />
Pionierarbeiten auf diesem Gebiet<br />
leisteten der Radiologe J. Palmaz und<br />
der Gefäßchirurg C. Parodi, die 1990 ein<br />
infrarenales Aortenaneurysma bei einem<br />
Hochrisikopatienten mittels Stentgraft<br />
ausschalteten [22, 23]. <strong>Die</strong>se Stentgrafts<br />
werden heute auch als aortale Endoprothese,<br />
Endograft oder endoluminärer<br />
Graft bezeichnet. <strong>Die</strong> Komponenten dieser<br />
Systeme werden in den nachfolgenden<br />
Abschnitten erklärt.<br />
Schleuse<br />
<strong>Die</strong> Schleuse dient der atraumatischen<br />
und sterilen Einführung des Stentgrafts.<br />
Ferner können über die Schleusensysteme<br />
verschiedene Drähte und Katheter<br />
auch parallel vorgeschoben werden.<br />
Der Wechsel von Materialien wird vereinfacht,<br />
die exakte Positionierung des<br />
Stentgrafts verbessert. Teilweise sind die<br />
Schleusen in das Stentgraftsystem inkorporiert,<br />
teilweise kommen Spezialschleusen<br />
mit speziellen Ventilmechanismen zur<br />
Anwendung. Durch die Verwendung von<br />
Schleusen lässt sich der peri<strong>interventionelle</strong><br />
Blutverlust erheblich reduzieren.<br />
Freisetzungsmechanismus<br />
Grundsätzlich werden selbst- oder ballonexpandierende<br />
Systeme eingesetzt. Durch<br />
Zurückziehen der äußeren Hülle werden<br />
z. B. Nitinolstents schrittweise freigesetzt.<br />
Andere Systeme verfügen über Reißleinen,<br />
die den Stentgraft freisetzen.<br />
Befestigungsmechanismus<br />
Einzelne Systeme besitzen spezielle mechanische<br />
Vorrichtungen, z. B. Häkchen,<br />
die von innen an der Aortenwand haften<br />
und so eine Abdichtung erlauben und einer<br />
sekundären Dislokation vorbeugen.<br />
Bei anderen Systemen erfolgt die Verankerung<br />
mittels zusätzlicher Ballonangioplastie,<br />
durch Endostapler oder die Ausschäumung<br />
einer Kunststoffmanschette.<br />
Kunststoffkörper<br />
Der Kunststoffgraftkörper ist von innen<br />
oder außen auf die Stents aufgenäht<br />
oder aufgeschweißt bzw. inkorporiert den<br />
Stentkörper. <strong>Die</strong> Kunststoffhülle besteht<br />
aus gängigen Materialien wie Dacron oder<br />
PTFE (Polytetrafluorethylen, Teflon) und<br />
soll eine vollständige Abdichtung gegenüber<br />
dem Blutstrom erlauben.<br />
Stentgerüst<br />
<strong>Die</strong> Stentgrafts sind vollständig oder partiell<br />
mit Stentgerüsten versehen. <strong>Die</strong>se<br />
sollen zur Stabilität des Systems beitragen,<br />
einer Kompression vorbeugen, die Längsschrumpfung<br />
und -stauchung reduzieren<br />
sowie das Gefäßlumen dauerhaft offen<br />
halten. <strong>Die</strong>se Stents bestehen typischerweise<br />
aus Nitinol, Edelstahl oder Speziallegierungen.<br />
Zur Versorgung von AAA<br />
kommen verschiedene Stenttypen zum<br />
504 | Der Radiologe 6 · 2013
Zusammenfassung · Abstract<br />
Einsatz. Am häufigsten werden mehrteilige<br />
Bifurkationsstentgraftsysteme eingesetzt.<br />
Ferner kommen einteilige Rohrgrafts,<br />
aortomonoiliakale Systeme sowie<br />
fenestrierte oder gebranchte Stentgrafts<br />
zur Anwendung.<br />
<strong>Die</strong> Auswahl der entsprechenden Systeme<br />
richtet sich nach den individuellen<br />
angiographischen bzw. morphologischen<br />
Verhältnissen. Zur Planung<br />
wird heute ganz überwiegend die kontrastmittelverstärkte<br />
Multislicecomputertomographie<br />
herangezogen. Vorzugsweise<br />
sollte die Rekonstruktion in max.<br />
2 mm dünnen Schichten erfolgen. Reformatierungen<br />
sollten in allen 3 Raumachsen<br />
vorgenommen werden. Zur Vermessung<br />
der Länge hat sich die sog. Centerlinemethode<br />
bewährt. Bei Patienten mit<br />
einer begleitenden arteriellen Verschlusskrankheit<br />
(AVK) oder weiteren Aneurysmata<br />
setzen wir zur vollständigen Darstellung<br />
und Erfassung sämtlicher Gefäßveränderungen<br />
vor Stentgraftimplantationen<br />
auch eine Messkatheterangiographie<br />
unter Einsatz kalibrierter F4-Messkatheter<br />
ein. <strong>Die</strong> prä<strong>interventionelle</strong> Diagnostik<br />
muss u. a. klären, inwieweit Gefäßanomalien<br />
vorliegen, das Aneurysma die Nierenarterien<br />
mit einbezieht oder nach suprarenal<br />
reicht. Somit wird in supra-, juxta-<br />
und infrarenale Ausdehnungen differenziert.<br />
Ferner muss definiert werden,<br />
inwieweit die Aortenbifurkation beteiligt<br />
ist oder weitere Aneurysmata der Beckenarterien<br />
und Stenosen oder Gefäßverschlüsse,<br />
insbesondere im Bereich der<br />
Zugangsgefäße, vorliegen.<br />
Für die Versorgung infrarenaler Aortenaneurysmen<br />
mit den heute verfügbaren<br />
Standardbifurkationsstentgrafts<br />
gelten in der Regel folgende anatomischen<br />
Voraussetzungen (. Tab. 1).<br />
Bei der absoluten Bewertung der Angulation<br />
ist auch der entsprechende Gefäßdurchmesser<br />
zu berücksichtigen. In<br />
kleineren Gefäßen können auch geringgradigere<br />
Angulationen zu Platzierungsproblemen<br />
führen. Stenosen der Nierenarterien<br />
sollten vor Implantation des<br />
Stentgrafts z. B. mittels PTA und Stentversorgung<br />
therapiert werden. In unserem<br />
Hause führen wir dies zur Reduktion<br />
der Kontrastmittelbelastung sowie der<br />
Narkosezeit vorzugsweise zweizeitig in<br />
Lokalanästhesie durch. Bei der Auswahl<br />
Radiologe 2013 · 53:503–512 DOI 10.1007/s00117-012-2451-8<br />
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013<br />
W. Gross-Fengels · H. Daum · P. Siemens · L. Heuser · K.U. Wagenhofer<br />
<strong>Die</strong> <strong>interventionelle</strong>/endovaskuläre Therapie<br />
des infrarenalen abdominellen Aortenaneurysmas<br />
Interventional endovascular therapy<br />
of infrarenal abdominal aortic aneurysm<br />
Abstract<br />
The catheter-based interventional therapy<br />
(endovascular aortic repair EVAR) of abdominal<br />
aortic aneurysms (AAA) has gained an established<br />
place in the spectrum of therapeutic<br />
options. The procedure is characterized by<br />
low peri-interventional morbidity and mortality.<br />
Multislice computed tomography (CT)<br />
has a dominant role in defining the correct<br />
indications and in selecting an appropriate<br />
stent graft prior to the intervention. The rate<br />
of acute conversions could be reduced from<br />
2.9 % to 0% in our own elective patient population<br />
since 2010. In our vascular centre the<br />
proportion of patients treated by EVAR was<br />
39.5% (102 out of 258). The procedure is used<br />
routinely in patients who have an increased<br />
risk for general anesthesia or open surgery<br />
der distalen Landezone kann es erforderlich<br />
sein, den Stentgraft in der A. iliaca externa<br />
zu verankern. Hierbei muss sichergestellt<br />
sein, dass eine ausreichende Restperfusion<br />
des Colon descendens z. B. über<br />
die Äste der A. iliaca interna der Gegenseite<br />
oder eine funktionierende Riolan-<br />
Anastomose der A. mesenterica superior<br />
gewährleistet ist.<br />
Zusammenfassung<br />
<strong>Die</strong> katheterbasierte, <strong>interventionelle</strong> Behandlung<br />
(„endovascular aortic repair“, EVAR)<br />
abdomineller Aortenaneurysmen („abdominal<br />
aortic aneurysm“, AAA) hat heute einen<br />
festen Platz im Therapiespektrum eingenommen.<br />
Das Verfahren ist durch eine niedrige<br />
peri<strong>interventionelle</strong> Morbidität und Mortalität<br />
gekennzeichnet. Der Multislice-CT-Untersuchung<br />
kommt für eine differenzierte Indikationsstellung<br />
und Auswahl eines geeigneten<br />
Stentgrafts präinterventionell entscheidende<br />
Bedeutung zu. Bei unseren eigenen<br />
Patienten konnte seit 2010 die akute Konversionquote<br />
bei elektiver Versorgung von 2,9<br />
auf 0% reduziert werden. Im hiesigen Gefäss-<br />
Centrum betrug der Anteil endovaskulär behandelter<br />
Patienten 39,5% (102 von 258). Das<br />
Verfahren wird routinemäßig bei Patienten<br />
eingesetzt, die aufgrund von Begleiterkrankungen<br />
ein erhöhtes Narkose- bzw. Operationsrisiko<br />
haben und bei Patienten, bei<br />
denen durch vorangegangene Operationen,<br />
abdominelle Erkrankungen oder Bestrahlungen<br />
die lokale Operabilität erschwert ist. Verschlusssysteme<br />
erlauben bei einem Teil der<br />
Patienten ein vollständig perkutanes Vorgehen.<br />
Nach EVAR wird allerdings eine lebenslange<br />
Nachsorge empfohlen, da auch im<br />
Spätstadium Therapieversager beschrieben<br />
wurden. Bei jüngeren Patienten ohne erhöhtes<br />
Risiko bietet sich nach wie vor die offene<br />
chirurgische Versorgung an. <strong>Die</strong> Arbeit geht<br />
auf Techniken, Ergebnisse und Komplikationen<br />
der EVAR ein.<br />
Schlüsselwörter<br />
Stents · Endovaskuläre Prozeduren ·<br />
Behandlungsergebnisse · Komplikationen ·<br />
Interventionelle Radiologie<br />
due to concomitant diseases. It is also used in<br />
patients with a reduced local operability due<br />
to prior surgery, abdominal diseases or radiation<br />
therapy. Arterial closure devices allow a<br />
completely percutaneous approach in a certain<br />
group of patients. However, after EVAR a<br />
life-long surveillance is mandatory because<br />
delayed therapy failure has been described.<br />
In younger patients who do not have a higher<br />
risk open surgery is still an option. The paper<br />
describes techniques, results und complications<br />
of EVAR.<br />
Keywords<br />
Stents · Endovascular procedures · Treatment<br />
outcome · Complications · Interventional<br />
radiology<br />
Nach Untersuchungen von Hinchliffe<br />
et al. [14] erfüllen mehr als 75% der Elektivpatienten<br />
die CT-morphologischen<br />
Kriterien für die Einbringung eines Stentgrafts.<br />
Für Notfallpatienten wird ein Wert<br />
von mehr als 40% angegeben. Durch eine<br />
weitere Differenzierung der Stentgraftsysteme<br />
dürfte der Anteil von Patienten, die<br />
sich für eine endovaskuläre Versorgung<br />
506 | Der Radiologe 6 · 2013
Tab. 1<br />
Anatomische Voraussetzungen für die EVAR (infrarenales AAA)<br />
Aneurysmahalslänge Min. 15 mm<br />
Aneurysmahalsquerdurchmesser Max. 36 (40) mm<br />
Aortendurchmesser (frei perfundiert) Min. 14 mm<br />
Distale Landungszone, Durchmesser iliakal Max. 25 mm<br />
Distale Landungszone, Länge Min. 10 (20) mm<br />
Zugangsgefäß iliakal, Durchmesser Min. 7 (5) mm<br />
Angulation proximal, Winkel Max. 60 (90)°<br />
Kalksaum proximal, Zirkumferenz betroffen Max. 80%<br />
Thrombus proximaler Hals Max. 40%<br />
A. mesenterica superior, Stenosen Keine<br />
A. renalis, funktionsrelevante Polarterien Keine<br />
EVAR „endovascular aortic repair“, AAA Aortenaneurysma, Min. Minimum, Max. Maximum.<br />
eignen, in Zukunft eher noch weiter ansteigen.<br />
Bei unseren eigenen Patienten (n=258)<br />
betrug in den Jahren 2010–2012 der Anteil<br />
der mittels EVAR letztendlich versorgten<br />
Elektivpatienten 39,5%.<br />
<strong>Die</strong> ausgewählten Stentgraftdurchmesser<br />
sollten im proximalen Bereich<br />
2–5 mm und distal 1–2 mm größer als die<br />
Durchmesser der entsprechenden Gefäßabschnitte<br />
sein. Problematisch kann<br />
sich auch die Bestimmung der adäquaten<br />
Längsausdehnung des Stentgrafts gestalten.<br />
Stentgrafts können bei sehr großen<br />
Aneurysmata sich in das Aneurysma<br />
hineinlegen und somit zu einer Verkürzung<br />
der verfügbaren bzw. effektiven<br />
Längsabdeckung führen. Ferner kann<br />
es bei stark elongierten Aneurysmata zu<br />
einer Aufrichtung und somit Verkürzung<br />
des Aneurysmas durch die Führungsdrähte<br />
kommen. Eine zu lang gewählte<br />
Stentgraftprothese lässt sich intrakorporal<br />
kaum noch verkürzen, eine zu kurz gewählte<br />
kann hingegen modular verlängert<br />
werden. <strong>Die</strong>s führt häufig dazu, dass primär<br />
eher eine etwas zu kurze Stentgraftlänge<br />
ausgewählt wird.<br />
Zugangswege<br />
<strong>Die</strong> technische Vorgehensweise unterscheidet<br />
sich dahingehend, ob ein modulares<br />
Bifurkationssystem, ein sog. Unibodyrohrdesign<br />
oder ein aortomonoiliakales<br />
System zur Anwendung kommt. Als<br />
Standardzugang gilt die Einbringung der<br />
Stentsysteme über die A. femoralis communis.<br />
Bei Bifurkationsmodellen wird<br />
der Hauptkörper meist über die größere<br />
bzw. gerade verlaufende Beckenarterie<br />
eingebracht. Auch sind Knickbildungen<br />
im Bereich der Aortenbifurkation für<br />
die Festlegung des Zugangsweges von Bedeutung<br />
[31]. Im Regelfall sollte die Beckenachse<br />
einen Durchmesser von mindestens<br />
7 mm aufweisen. Ist dies nicht der<br />
Fall, kann auf die Technik des „paving and<br />
cracking“ zurückgegriffen werden [9].<br />
Dabei erfolgt eine mechanische Sprengung<br />
und Bougierung der Beckenachse.<br />
Gegebenenfalls muss zunächst eine Ballonangioplastie<br />
vorgenommen werden.<br />
In Einzelfällen haben wir auch zunächst<br />
einen selbstexpandierenden Nitinolstent<br />
in die Zugangswege implantiert und anschließend<br />
durch diesen Stent das Stentgraftsystem<br />
vorgeführt. Ferner sind heute<br />
Schleusen mit speziellen Beschichtungen<br />
verfügbar, die eine extrem gute Gleitfähigkeit<br />
aufweisen und sich auch durch enge<br />
Gefäßachsen vorschieben lassen. Alternativ,<br />
jedoch mit einer deutlich höheren Invasivität<br />
verbunden, kann die retroperitoneale<br />
Freilegung der Iliakalgefäße mit Anlage<br />
eines sog. Conduits erfolgen. Durch<br />
diese Kunststoffprothese wird dann extraanatomisch<br />
der Stentgraft nach aortal<br />
eingebracht. Hierbei können sich aber Limitationen<br />
bzgl. der Auswahl des Stentgraftsystems<br />
(Länge der iliakalen Schenkel)<br />
ergeben.<br />
In Einzelfällen wurden Zugänge zur<br />
infrarenalen Aorta abdominalis auch<br />
über die A. carotis communis oder sogar<br />
die A. axillaris gewählt. Zur Vermeidung<br />
von Hirnembolien sind jedoch die<br />
hirnversorgenden Gefäße besonders zu<br />
schonen. <strong>Die</strong> letztgenannten Zugangswege<br />
sollten nur in absoluten Ausnahmefällen<br />
und nach umfassender prä<strong>interventionelle</strong>r<br />
Diagnostik und Aufklärung<br />
herangezogen werden. Bei einem extremen<br />
Kinking kann es notwendig sein, einen<br />
Führungsdraht über die A. brachialis<br />
zu platzieren, der über ein Schlingenmanöver<br />
(„gooseneck“, Schwanenhals)<br />
nach femoral ausgeleitet wird. Aufgrund<br />
der beiderseitigen extrakorporalen Fixierung<br />
dieser Drähte gelingt es dann, den<br />
Stentgraft über den femoralen Zugang<br />
einzuführen. Ketelsen et al. [18] empfehlen<br />
bei starkem Kinking der Beckenstrombahn<br />
den Einsatz einer schrittweisen<br />
Doppeldrahttechnik („buddy wire“).<br />
Hierdurch konnten sie auch sehr stark gekrümmte<br />
Beckenachsen aufrichten und<br />
erfolgreich eine EVAR durchführen. Zur<br />
Sondierung des kontralateralen Schenkels<br />
setzen wir meist einen 5-F-Multipurposekatheter<br />
ein. Sekundär kommen Headhunter-<br />
oder Kobrakatheter zur Anwendung.<br />
Bei der Crossoversondierung des<br />
kontralateralen Schenkels verwenden wir<br />
vorzugsweise 4-F-Sidewinder- oder den<br />
sog. RC-Katheter.<br />
Der Zugang zur A. femoralis communis<br />
kann entweder nach operativer Freilegung<br />
oder rein perkutan erfolgen. In den<br />
letzten Jahren wurden zuverlässige perkutane<br />
Naht- und Verschlusssysteme entwickelt,<br />
die den Verschluss auch größerer<br />
Punktionsstellen (bis 22 F) erlauben [11].<br />
Hierbei handelt es sich allerdings derzeit<br />
noch um eine Off-label-Anwendung. <strong>Die</strong><br />
Eingriffe werden in der Regel in Vollnarkose<br />
vorgenommen, obwohl zunehmend<br />
auch Erfahrungen unter Anwendung der<br />
Lokal- oder Spinalanästhesie gesammelt<br />
werden. Nach erfolgreichem, in der Regel<br />
bilateralem Zugang über die Leistenarterie<br />
werden eine Übersichtsarteriographie<br />
angefertigt und der Abgang der Viszeralarterien,<br />
die Lage der Aortenbifurkation<br />
sowie der Abgang der A. iliaca interna<br />
beiderseits markiert. <strong>Die</strong> primäre Sondierung<br />
erfolgt mit weichen, atraumatischen<br />
Drähten. Anschließend erfolgt der<br />
Wechsel auf geeignete Austauschdrähte<br />
(z. B. Amplatz Superstiff, Back-up-Meyer,<br />
Archer, Lunderquist). <strong>Die</strong> Spitze des<br />
Austauschdrahts verbleibt im supradiaphragmalen<br />
Abschnitt der Aorta thoracalis,<br />
jedoch unterhalb des Abgangs der<br />
linken A. subclavia. Wir führen die Intervention<br />
unter systemischer Heparinisierung<br />
(3000–5000 IE Heparin, körpergewichtsadaptiert)<br />
sowie nach intravenöser<br />
Applikation eines Antibiotikums (Einzel-<br />
Der Radiologe 6 · 2013 |<br />
507
Leitthema: Endovaskuläre Versorgung von Aortenaneurysmen<br />
Abb. 1 8 65-jähriger männlicher Patient mit multiplen Risikofaktoren (ASA III) und einem infrarenal lokalisierten, teilthrombosiertem<br />
82 mm großen AAA. a Endovaskuläre Versorgung. Einbringung des Hauptkörpers von rechts, der gecoverte Stentgraftanteil<br />
liegt unmittelbar unterhalb des Abgangs der linken Nierenarterie (s. röntgendichte Markierung). <strong>Die</strong> „bare springs“<br />
befinden sich noch in der geschlossenen Kappe am proximalen Ende des Stentgrafts. b Nach Einbringung des kontralateralen<br />
Schenkels retrograde Darstellung von links femoral, regelhafte Lage des Stentgrafts mit erhaltener Perfusion der A. iliaca interna.<br />
c Mit einem Latexballon wird der Stentgraft anmodelliert. In Höhe der neuen Aortenbifurkation zeigt sich eine typische<br />
Sektkorkenkonfiguration des Ballons. d Angiographische Abschlusskontrolle nach Einbringung des modularen Stentgrafts<br />
(Endurant, Fa. Medtronic), regelhafte Perfusion beider Nierenarterien, korrekte Lage des Stentgrafts. e CT-Kontrolle am Entlassungstag<br />
(4. post<strong>interventionelle</strong>r Tag). Regelhafte Lage der Stentgrafts, vollständige Ausschaltung des Aneurysmas, kleiner<br />
Lufteinschluss ventral als Folge der perkutanen Manipulation, im Verlauf vollständige Rückbildung. f Darstellung der Leistenregion<br />
desselben Patienten vor EVAR. Ausreichende Weite der Zugangsgefäße, nur geringgradige Wandverkalkungen. Entschluss<br />
zum rein perkutanen Vorgehen. g CT-Kontrolle (4. post<strong>interventionelle</strong>r Tag) nach rein perkutanem Vorgehen (Schleusengröße<br />
rechts F20, links F16), beiderseits Verwendung von Proglidesystemen zum arteriellen Verschluss der Punktionsstelle:<br />
Es findet sich nur eine minimale Auflockerung des Weichteilgewebes rechts und keine Hämatombildung. Bei Zustand nach<br />
Einlage eines Blasenkatheters noch geringgradiger Luftspiegel in der Harnblase. Vollständige Rückbildung im Verlauf. ASA<br />
American Society of Anestesiologists, AAA Bauchaortenaneurysma, EVAR „endovascular aortic repair“<br />
dosis, 2 g Cephalosporin) durch. Eine vorbestehende<br />
Medikation mit Thrombozytenaggregationshemmern<br />
(ASS und Clopidogrel)<br />
oder Statinen wird nicht unterbrochen<br />
[31].<br />
Bifurkationsstentgraft<br />
Zunächst erfolgt bei Bifurkationsmodellen<br />
(. Abb. 1a, b, c, d, e) die Einbringung<br />
des Hauptkörpers. <strong>Die</strong>ser wird je<br />
nach Wahl des Modells sowie den bestehenden<br />
anatomischen Verhältnissen<br />
supra- oder unmittelbar infrarenal platziert.<br />
Bei suprarenaler Fixierung erlauben<br />
die so genannten „bare springs“ eine<br />
weiterhin bestehende Perfusion der Nierenarterien.<br />
Der gecoverte Stentanteil beginnt<br />
unmittelbar unterhalb des Abgangs<br />
der Nierenarterien. Bei den meisten Modellen<br />
ist dieser Stentgraftanteil mit einem<br />
speziellen Marker versehen, der eine exakte<br />
Platzierung unter Röntgenkontrolle<br />
erlaubt. Einzelne Systeme gestatten auch<br />
eine gewisse Repositionierung des Stentgrafts,<br />
falls dieser primär zu tief oder zu<br />
hoch im Bezug auf die Nierenarterien abgeworfen<br />
wurde. Der Diagnostikkatheter<br />
(4 F, „straight flush“) verbleibt während<br />
der Implantation zwischen Aortenwand<br />
und Stentgraft. Anschließend wird dieser<br />
bis in die A. iliaca communis zurückgezogen.<br />
Dann erfolgt die retrograde Sondierung<br />
des kontralateralen Schenkels.<br />
Hierzu setzten wir meist einen 5-F-<br />
Multipurpose- oder Cobrakatheter ein.<br />
Sekundär kommen Headhunter-, Berenstein-<br />
oder Renaliskatheter zur Anwendung.<br />
Dabei ist darauf zu achten, dass die<br />
Sondierung nicht fehlerhaft zwischen Gefäßwand<br />
und Stentgraft erfolgt. Auch ist<br />
es möglich, dass der Führungsdraht durch<br />
die Stentgraftmaschen oder den Stentgraft<br />
selbst geführt wird. Hierzu finden sich<br />
entsprechende Fallbeschreibungen in der<br />
Literatur. <strong>Die</strong> Sondierung des kontralateralen<br />
Schenkels ist besonders dann erschwert,<br />
wenn im bifurkationsnahen Abschnitt<br />
des Aneurysmas das freie Aortenlumen<br />
nicht groß genug ist, um beide<br />
iliakalen Schenkel aufzunehmen. Ferner<br />
508 | Der Radiologe 6 · 2013
kann die retrograde Sondierung bei extrem<br />
großen Aneurysmen ohne Thrombosierung<br />
erschwert sein. Einzelne Hersteller<br />
bieten Magnetsysteme an, die eine<br />
halbautomatische bzw. blinde Sondierung<br />
des kontralateralen Schenkels erlauben<br />
sollen. Bei der Crossoversondierung<br />
des kontralateralen Schenkels setzen wir<br />
bevorzugt Sidewinder-II- oder RC-konfigurierte<br />
Katheter ein. Erfolgt die Überstentung<br />
einer aneurysmatisch erweiterten<br />
A. iliaca communis mit Einbeziehung<br />
des Abgangs der A. iliaca interna, muss<br />
geprüft werden, ob vor der Überstentung<br />
eine Embolisation der A. iliaca interna<br />
notwendig ist, um eine retrograde Auffüllung<br />
des Aneurysmasacks zu vermeiden.<br />
Hierzu setzten wir Coils oder Plug-<br />
Okkluder ein. Flüssigembolisate sollten<br />
vermieden werden, da diese zu weit in die<br />
Peripherie geraten und zu einer schmerzhaften<br />
Ischämie der Glutäusmuskulatur<br />
führen können.<br />
Aortomonoiliakaler Stentgraft<br />
Eine zusätzliche Embolisation der kontralateralen<br />
Beckenstrombahn ist notwendig,<br />
wenn ein aortomonoiliakales Vorgehen<br />
gewählt wird. Dabei wird der Stentgraft<br />
proximal unmittelbar unterhalb des<br />
Abgangs der Nierenarterien platziert. Distal<br />
wird er ausreichend weit in die Beckenstrombahn<br />
hineingezogen. Bei offener<br />
A. iliaca communis der Gegenseite muss<br />
das Gefäß mittels Coilembolisation oder<br />
Einbringung eines Amplatz-Okkluders<br />
verschlossen werden, um den retrograden<br />
Zustrom zum aortalen Aneurysmasack<br />
zu vermeiden. Bei aortomonoiliakaler<br />
Vorgehensweise sollte in derselben Sitzung<br />
oder sekundär, d. h. ggf. zweizeitig,<br />
die Anlage eines femorofemoralen Crossoverbypasses<br />
erfolgen.<br />
Suprarenale vs.<br />
infrarenale Fixierung<br />
Für eine suprarenale Fixierung sprechen<br />
die geringere Migrationsgefahr sowie die<br />
Behandelbarkeit auch von angulierten<br />
Aneurysmahälsen. Typ-I-Endoleaks sind<br />
bei suprarenaler Fixierung seltener. Gegen<br />
die suprarenale Fixierung spricht die<br />
Gefahr einer sekundären Nierenarterienstenosierung<br />
durch partielle Verlegung des<br />
Ostiums sowie die Auslösung von Niereninfarkten<br />
durch periphere Mikroembolien,<br />
die ihren Ausgang von den sog. „bare<br />
springs“ nehmen [21]. Ferner ist zu bedenken,<br />
dass bei suprarenaler Fixierung ein<br />
operatives suprarenales „clamping“ bei<br />
evtl. notwendig werdenden Konversionsoperationen<br />
erschwert ist. Dennoch hat<br />
sich die suprarenale Fixierung in vielen<br />
Zentren als regelhaftes Vorgehen etabliert.<br />
<strong>Die</strong> infrarenale Fixierung wird bei langen<br />
und gerade verlaufenden Aneurysmahälsen<br />
bevorzugt.<br />
Fenestrierter Stentgraft<br />
Fenestrierte Stentgrafts kommen zur Anwendung,<br />
wenn das Aneurysma bis nach<br />
juxta- bzw. suprarenal reicht und eine<br />
ausreichend lange und sichere infrarenale<br />
proximale Landungszone nicht besteht.<br />
Wird dies nicht beachtet und kommen in<br />
dieser Situation Standardstentgrafts zur<br />
Anwendung, besteht die erhöhte Gefahr<br />
eines Typ-I-Endoleaks bzw. einer unvollständigen<br />
Aneurysmaausschaltung. Fenestrierte<br />
Stentgrafts werden in der Regel<br />
individuell angefertigt und verfügen<br />
über Einkerbungen (sog. „scallops“) oder<br />
kleine runde oder größere ovale Löcher,<br />
die so den Zustrom zu den abgehenden<br />
Viszeralarterien weiter ermöglichen. Zur<br />
Abdichtung ist die sekundäre Einbringung<br />
kurzer gecoverter Stentgrafts in die<br />
Viszeralarterien notwendig. <strong>Die</strong> typischen<br />
Stentgrafts haben zweiseitig Abgänge für<br />
die Nierenarterien und eine Einkerbung<br />
für den Abgang der A. mesenterica superior.<br />
<strong>Die</strong> Platzierung dieser Stentgrafts ist<br />
komplexer und risikoreicher. Vor diesem<br />
Hintergrund sollten fenestrierte Stentgrafts<br />
nur bei anatomisch geeigneten<br />
und einwilligungsfähigen Patienten mit<br />
einem deutlich erhöhten Risiko für eine<br />
konventionelle offene chirurgische Korrektur<br />
eingesetzt werden. Multimorbide<br />
Hochrisikopatienten, die unter medikamentöser<br />
Therapie nicht gebessert werden<br />
können und eine begrenzte Lebenserwartung<br />
haben, werden in der Regel<br />
auch nicht von der Einbringung einer fenestrierten<br />
Stentgraftprothese profitieren.<br />
<strong>Die</strong> 30-Tage-Mortalität nach Einbringung<br />
fenestrierter Stentgrafts liegt über der von<br />
infrarenal platzierten Bifurkationsstentgrafts.<br />
Scurr et al. [26] berichteten ferner<br />
über neu aufgetretene Funktionsstörungen<br />
der Nieren mit Dialysepflichtigkeit<br />
in 1,9% der Fälle, bei einem mittleren Follow-up<br />
von 20,6 Monaten.<br />
Ergebnisse<br />
In diversen Studien, z. B. der holländischen<br />
DREAM-Studie, wurden die Ergebnisse<br />
der endovaskulären Behandlung mit<br />
der konventionellen Operation verglichen<br />
[7, 8, 13, 24, 27]. <strong>Die</strong> 30-Tage-Letalität in<br />
der Stentgruppe lag zwischen 0,2 und<br />
1,7%, die der konventionell operierten<br />
Patienten betrug zwischen 2,3 und 4,7%.<br />
Der mittlere Blutverlust wurde in der interventionell<br />
behandelten Patientengruppe<br />
mit 310 ml, in der operierten Gruppe<br />
mit 1590 ml angegeben. <strong>Die</strong> Krankenhausverweildauer<br />
lag bei 3,6 vs. 9,9 Tagen.<br />
Ferner wiesen die endovaskulär behandelten<br />
Patienten eine deutlich geringe<br />
Behandlungsnotwendigkeit auf Intensivstationen<br />
auf. Nach Hause entlassen wurden<br />
95% der endovaskulär behandelten<br />
Patienten, bei operierten Patienten betrug<br />
dieser Prozentsatz 83%. Kombiniert man<br />
die Angaben für Mortalität und Morbidität,<br />
sind in der <strong>interventionelle</strong>n Gruppe<br />
4,7% und in der operierten Gruppe 9,8%<br />
hiervon betroffen (. Tab. 2).<br />
<strong>Die</strong>se Unterschiede gleichen sich jedoch<br />
im weiteren Verlauf weitgehend<br />
an. So betrug in der EVAR-I-Studie nach<br />
4 Jahren der Anteil überlebender Patienten<br />
74% in der endovaskulär behandelten<br />
und 71% in der offen chirurgisch behandelten<br />
Gruppe. <strong>Die</strong> Differenz ergab sich<br />
nahezu ausschließlich aufgrund der primär<br />
geringeren Eingriffsmortalität. In der<br />
DREAM-Studie kam es zu einer Angleichung<br />
der Überlebenskurven bereits nach<br />
2 Jahren. In beiden Gruppen überlebten<br />
90% Patienten diesen Zeitraum. Ungünstig<br />
für die EVAR zeigt sich der Vergleich<br />
der beiden Behandlungsmethoden bei<br />
der Betrachtung der Reinterventionshäufigkeit.<br />
In der EVAR-I-Studie lag sie mit<br />
15% nach endovaskulären Behandlungen<br />
doppelt so hoch wie nach chirurgischer/<br />
offener Aneurysmakorrektur. <strong>Die</strong> meisten<br />
dieser Sekundäreingriffe waren durch sog.<br />
Endoleaks bedingt. Dabei handelt es sich<br />
um eine weiterhin bestehende Perfusion<br />
des Aneurysmasacks.<br />
Der Radiologe 6 · 2013 |<br />
509
Leitthema: Endovaskuläre Versorgung von Aortenaneurysmen<br />
Tab. 2 Behandlungsergebnisse für das Bauchaortenaneurysma (AAA) [1, 4, 6, 8, 13, 20, 24,<br />
25, 27, 31]<br />
EVAR<br />
OAR<br />
Frühphase<br />
30- Tage-Mortalität 1,3% 4,7%<br />
Morbidität (Herzinfarkt, Schlaganfall, Darmischämie, Nierenversagen) 3,6% 5,4%<br />
Blutverlust 310 ml 1590 ml<br />
Dauer des Eingriffs 90 min 136 min<br />
Verweildauer Krankenhaus 3,6 Tage 10,3 Tage<br />
Intensivdauer 0,09 Tage 3,5 Tage<br />
Entlassung nach Hause 95% 83%<br />
Kostenrelation 1,3 1,0<br />
Spätphase<br />
„Freedom from reinterventions“ nach 6,0 Jahren 70,4% 81,9%<br />
Überlebenszeit 6 Jahre 68,9% 69,9%<br />
Quality of Life<br />
– Frühphase EVAR >OAR<br />
– Spätphase EVAR
Tab. 3 Empfohlene Grenzwerte für Majorkomplikationen bei der <strong>interventionelle</strong>n<br />
Versorgung von Bauchaortenaneurysmen. (Mod. nach [31])<br />
Art der Komplikation Maximale Häufigkeit (%)<br />
Chronische Verschlechterung der Nierenfunktion 20<br />
Persistierendes Endoleak 15<br />
Lokale Schädigung des Zugangsbereichs 5<br />
Verschluss eines Graftschenkels 5<br />
Verletzung der für die Einbringung genutzten Arterie 3<br />
Kolonischämie 2<br />
Niereninfarkt 2<br />
Infektion der Leiste 1<br />
Infektion des Stentgrafts 0,2<br />
Spinale Ischämie 0,2<br />
Tab. 4 Sekundäre Infektionen bei Bauchaortenaneurysmen<br />
[30]<br />
EVAR OAR<br />
Patientenzahl 1276 12.626<br />
Protheseninfekte<br />
0,16% 0,19%<br />
(4 Jahre)<br />
Perioperative Pneumonie 2,4% 11,1%<br />
Positive Blutkultur 0,7% 1,6%<br />
Leisteninfektion 0,1% 0,5%<br />
EVAR „endovascular aortic repair“, OAR „open<br />
aortic repair<br />
Stentgraftinfektionen bei elektiv versorgten<br />
Patienten mit den konventionellen<br />
Operationstechniken. <strong>Die</strong> Daten zeigen,<br />
dass die Infektionsrate bei EVAR nicht höher,<br />
sondern im Trend niedriger ist als bei<br />
der offenen Versorgung (. Tab. 4).<br />
Eine Aufarbeitung der eigenen Patientendaten<br />
mit 456 CT-Kontrollen bei<br />
113 konsekutiven Patienten (maximales<br />
Nachuntersuchungsintervall 6,7 Jahre) ergab<br />
in keinem Fall Hinweise für eine Infektion<br />
des eingebrachten Stentgrafts [6].<br />
<strong>Die</strong> niedrigen Infektionsraten lassen sich<br />
durch das sehr kleine Operationsfeld, das<br />
geringe Trauma und die fehlende sekundäre<br />
Eröffnung potenziell keimbesiedelter<br />
Körperabschnitte erklären. Der Stentgraft<br />
wird durch die Schleuse komplett<br />
geschützt und erst im Körper letztendlich<br />
freigesetzt. Bei der OAR erfolgt teilweise<br />
extrakorporal ein Zuschneiden bzw.<br />
Bearbeiten der Prothese. Ferner sind die<br />
postoperativen Wandflächen bei der operativen<br />
Einbringung wesentlich größer als<br />
beim endovaskulären Verfahren.<br />
Akute Aortenruptur<br />
Endovaskuläre Techniken werden auch<br />
zur Behandlung akuter Aortenrupturen<br />
eingesetzt. Technische Durchführung, Patientenvorbereitung<br />
sowie die Rahmenbedingungen<br />
unterscheiden sich jedoch gravierend<br />
vom Elektiveingriff. Hierbei muss<br />
entschieden werden, ob zur schnelleren<br />
Abdichtung primär ein aortomonoiliakales<br />
Stentgraftsystem platziert und sekundär<br />
ein femorofemoraler Bypass angelegt<br />
wird oder primär ein Bifurkationsstentgraft<br />
verwendet wird. In beiden Fällen erfordert<br />
dies eine umfangreiche Lagerhaltung.<br />
Zur temporären suprarenalen Ballonokklusion<br />
können bei Patienten mit<br />
rupturierten Aneurysmen Okklusionsballons<br />
eingesetzt werden. Hierdurch<br />
kann Zeit gewonnen werden, die dann zur<br />
Platzierung des Stentgrafts genutzt wird.<br />
<strong>Die</strong> Auswahl geeigneter Anästhesieverfahren<br />
unter subtiler Steuerung des Blutdrucks<br />
stellt einen wichtigen Erfolgsfaktor<br />
für die Durchführung von Stengraftimplantationen<br />
bei Patienten mit perforierten<br />
Aortenaneurysmen dar.<br />
Ten Bosch et al. [28] führten eine Studie<br />
bei instabilen Patienten mit perforierten<br />
Aortenaneurysmen durch. Aufgenommen<br />
wurden nur Patienten mit einem<br />
perforierten AAA, die sich aufgrund der<br />
Morphologie für eine endovaskuläre Versorgung<br />
eigneten; 25 Patienten wurden<br />
endovaskulär, 79 konventionell offen chirurgisch<br />
versorgt. <strong>Die</strong> Ein- bzw. 6-Monats-<br />
Letalität lag in der Interventionsgruppe<br />
bei 20,0 und 28,0%. In der klassisch chirurgisch<br />
versorgten Gruppe lagen diese<br />
Werte bei 45,5 und 54,5%. <strong>Die</strong> logistischen<br />
Anforderungen sind insbesondere für die<br />
endovaskuläre Versorgung von Patienten<br />
mit rupturierten Aneurysmen sehr hoch.<br />
Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit,<br />
v. a. zwischen Radiologie, Gefäßchirurgie<br />
und Anästhesie, ist unabdingbar.<br />
Mykotische Aneurysmen<br />
Mykotische Aneurysmen galten zunächst<br />
als Kontraindikation zur <strong>interventionelle</strong>n<br />
Behandlung. Zwischenzeitlich liegen auch<br />
für diese Patientengruppen Erfahrungen<br />
vor. Kan et al. [16] behandelten 41 Patienten<br />
mit mykotischen Aneurysmen – 20<br />
wurden mittels EVAR, 21 mittels konventioneller<br />
Operation therapiert. <strong>Die</strong> Spätletalität<br />
betrug in der endovaskulär versorgten<br />
Gruppe 10,5% und in der operativ<br />
versorgten Gruppe 45,0%. <strong>Die</strong> Autoren<br />
kommen zu dem Schluss, dass bei Patienten<br />
mit mykotischem Bauchaortenaneurysma<br />
die EVAR eine Alternative zur offenen<br />
Operation darstellen kann.<br />
Aortoenterale Fisteln<br />
Aortoenterale Fisteln gehen häufig mit<br />
massiven oberen gastrointestinalen Blutungen<br />
einher und sind mit einer hohen<br />
Letalität verbunden. Inzwischen liegen<br />
einzelne Fallberichte zur endovaskulären<br />
Versorgung dieser Patienten vor. Lonn<br />
et al. [19] kommen zu dem Schluss, dass<br />
die EVAR als überbrückende Maßnahme<br />
(„bridging“) vor einer endgültigen chirurgischen<br />
Sanierung zur Stabilisierung der<br />
Patienten eingesetzt werden kann. Ohne<br />
endgültige operative Sanierung muss allerdings<br />
im Langzeitverlauf bei diesen Patienten<br />
mit Stentgraftinfektionen gerechnet<br />
werden.<br />
Sekundäre Notfalloperationen –<br />
Aneurysmarupturen nach EVAR<br />
Im Langzeitverlauf ergeben sich nach<br />
EVAR im Vergleich zur klassischen offenen<br />
Operation unterschiedliche Komplikationsmuster.<br />
Nach offener Aneurysmachirurgie<br />
werden Potenzstörungen, Narbenhernien,<br />
abdominelle Verwachsungen,<br />
Fisteln ebenso wie Nahtaneurysmen<br />
beobachtet. Sekundäre Rupturen des primär<br />
ausgeschalteten Aneurysmas sind<br />
nach operativer Therapie jedoch deutlich<br />
seltener als nach EVAR zu erwarten. Nach<br />
Der Radiologe 6 · 2013 |<br />
511
Leitthema: Endovaskuläre Versorgung von Aortenaneurysmen<br />
Angaben von Bastos Goncalves et al. [2]<br />
muss, auch bei der Verwendung neuerer<br />
Stentgrafts, in einem Zeitraum von 10 Jahren<br />
bei bis zu 2,1% der Patienten mit einer<br />
sekundären Aneurysmaruptur gerechnet<br />
werden. Ferner stellen operative Zweiteingriffe<br />
nach Stentgrafteinbringung hohe<br />
technische Anforderungen an den Operateur.<br />
Teilweise sind die operativen Möglichkeiten<br />
eingeschränkt. Kelso et al. [17]<br />
berichten über eine Krankenhausmortalität<br />
bei sekundären Konversionen von 19%.<br />
Zusammenfassung und Ausblick<br />
<strong>Die</strong> endovaskuläre Therapie von Bauchaortenaneurysmen<br />
ist zum unverzichtbaren<br />
Bestandteil des Therapiespektrums<br />
geworden. Vorteile bieten sich insbesondere<br />
für Patienten mit erhöhtem Risikoprofil<br />
sowie nach bereits erfolgten abdominellen<br />
Operationen an. <strong>Die</strong> dauerhafte<br />
Funktionsfähigkeit von Stentgrafts<br />
ist jedoch noch nicht hinreichend gesichert,<br />
sodass bei jüngeren Patienten mit<br />
normalem oder niedrigem Risikoprofil<br />
sich weiterhin die konventionelle operative<br />
Ausschaltung des Bauchaortenaneurysmas<br />
anbietet. Für die erfolgreiche Anwendung<br />
der AAA-EVAR sind eine enge<br />
interdisziplinäre Abstimmung und direkte<br />
Kooperation unverzichtbar. Zukünftig<br />
werden Systeme mit noch kleineren<br />
Schleusensystemen, z. B. 10–14 F, verfügbar<br />
sein. <strong>Die</strong> neuen Einführungsbestecke<br />
werden eine noch höhere Flexibilität und<br />
bessere Gleitfähigkeit aufweisen. Neue<br />
Prothesenmaterialien werden auch im<br />
Langzeitverlauf intakt bleiben. Aufgrund<br />
dieser technischen Weiterentwicklungen<br />
wird die rein perkutane Versorgung<br />
unter Verwendung optimierter Nahtsysteme<br />
weiter an Bedeutung zunehmen. In<br />
entsprechenden Gefäßzentren muss eine<br />
Rund-um-die-Uhr-Versorgung durch entsprechende<br />
interdisziplinäre Teams sichergestellt<br />
sein. In der Nachsorge wird<br />
die Anwendung der Computertomographie<br />
zunehmend durch den Einsatz kontrastmittelverstärkter<br />
Ultraschalltechniken<br />
ersetzt. Aufgrund der demographischen<br />
Daten sowie des geschilderten<br />
medizinischen Fortschritts wird es zu<br />
einem relativen und absoluten Anstieg<br />
der EVAR-Prozeduren kommen.<br />
Korrespondenzadresse<br />
Prof. Dr. W. Gross-Fengels<br />
Abteilung für Diagnostische<br />
und Interventionelle Radiologie,<br />
Asklepios Klinik Harburg,<br />
Eißendorfer Pferdeweg 52,<br />
21075 Hamburg<br />
w.gross-fengels@asklepios.com<br />
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor<br />
weist auf folgende Beziehungen hin: Fa. Cordis –<br />
Durchführung von Workshops und Symposien; Fa.<br />
Bracco – Durchführung von Sono-Kursen.<br />
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